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Das Reh und der Rabe

Schüler mit Biss
von

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Die Ernennung!

Hallo alle zusammen, mein Name ist Eric Nemours. Ich bin 17 Jahre alt und bin vor kurzem aus Paris hier her gezogen. Ich komme aus gutem Hause und meine Eltern wollten eigentlich, dass ich wie in Frankreich auch privat unterrichtet werde. Doch nach einigen betteln und flehen haben sie meinen Wünschen nachgegeben und mich auf eine öffentliche Schule geschickt. Naja ‚öffentliche’ Schule ist nicht ganz richtig. Es ist ein Jungeninternat. Ich hatte mich sehr auf meinen ersten Schultag an einer ganz gewöhnlichen Schule gefreut. Wenn ich jetzt so zurück denke ist der Tag an sich ganz gut gelaufen. Zumindest bist zu dem Augenblick an dem ich IHM begegnet bin.

Ich war gerade auf dem Weg in mein Zimmer um meine Bücher für die nächste Stunde zu hohlen als ich plötzlich in jemanden hinein rasselte. Quiekend taumelte ich zurück und landete ziemlich unsanft auf meinem Hinterteil. „Endschuldigung...ich hab nicht aufgepasst“ fiepste ich leise und rieb mir die Nase. Als ich auf sah gefror mir regelrecht das Blut in den Adern. Fast schwarze Augen funkelten mich mürrisch an. Ich schluckte hart und traute mich noch immer nicht so recht auf zu stehen. Der Junge der vor mir stand musste mindestens zwei Jahre älter sein und sah auch nicht gerade freundlich aus. Pechschwarzes langes Haar hing ihm im Gesicht und verdeckte die eine Hälfte. Die andere Hälfte des Haars war dafür ordentlich nach hinten gekämmt. Ich kann nicht mehr sagen ob es Angst oder Faszination war das mich so gelähmt hatte. Erst als mein Gegenüber giftig schnaufte und leicht nach mir trat wurde ich aus meiner Trance gerissen. „Glotz nicht so blöd, du Bubi“ knurrte er gefährlich und stampfte an mir vorbei. Die Bemerkung ‚Bubi’ konnte ich ihm noch nicht einmal übel nehmen. Ich war noch nicht einmal 1, 65m groß, hatte blasse Haut, große blaue Augen, blondes, schulterlanges Haar und sah im Großen und Ganzen wirklich nicht männlich aus. Nein viel eher konnte man mich mit dem Worten ‚zierlich’ oder ‚mädchenhaft’ beschreiben, anstatt mit männlich. Sicher, solche Bemerkungen haben mich schrecklich geärgert, doch ich hatte schon früh gelernt dass es besser war es einfach stillschweigend hin zu nehmen und seinen Ärger herunter zu schlucken.

Ein schrilles Klingeln schallte über den Flur und ließ mich zusammen zucken. Fluchend rappelte ich mich wieder auf und hastete in mein Zimmer. Ich wollte nicht schon am ersten Tag schlecht da stehen weil ich zu spät kam. So eilte ich mit meinen Schulbüchern unterm Arm wieder Richtung Klassenzimmer. Und kam das ich durch die Tür war knallte ich erneut gegen jemanden. Diesmal aber wurde ich am Arm gepackt und fest gehalten bevor ich wieder auf meinem eh schon schmerzendem Hinter landete. Verwundert sah ich in das Gesicht desjenigen der mich vor einem weiteren Sturz bewart hatte. Fassungslos sah ich in diese dunkeln Augen und wagte es kam Luft zu hohlen. Wie konnte ich bloß zweimal am Tag in die gleiche Person rein rennen? Ich hatte gar nicht bemerkt, dass dieser Junge in meiner Klasse war. Eigentlich hätte mir doch so jemand auffallen müssen, oder etwa nicht?! Vielleicht war er ja auch in der ersten Stunde nicht anwesend gewesen, dass würde auch erklären weshalb ich ihn auf den Fluren zum Schlaftrakt begegnet bin. Ich wollte gerade den Mund aufmachen. Doch noch ehe ich etwas sagen konnte oder mich gar entschuldigt hatte, wurde ich auch schon von dem Jungen weiter in den Raum gezerrt und Mitten vor dir Klasse gestellt. Der Junge stand hinter mir und hielt mich an den Schultern fest als wolle er verhindern dass ich weg laufe. Fragend sah ich zwischen ihm und meinen neuen Mitschülern hin und her.

„Dies ist unser neues Reh!“ rief er mit rauer Stimme in die Klasse. Es war still im Raum. Verdammt still. Ich verstand noch immer nicht was los war und wollte mich von dem wesentlich größerem Jungen los eisen als in der Klasse mit einem mal Getuschel und Gemurmel ausbrach.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mit diesem einen Satz mein Schicksal besiegelt war.

Obwohl ich immer noch nicht verstand was das ganze eigentlich zu bedeuten hatte fragte ich nicht weiter nach. Eine Antwort gab mir eh niemand. Naja sie sagten alle das ich es noch schnell genug erfahren würde. So gab ich mich damit zufrieden und beließ es dabei. Der restliche Tag verlief ohne weitere Zwischenfälle. Das einigste was mich störte war das ich mich die ganze Zeit über irgendwie beobachtet fühlte. Das konnte aber auch daran liegen, dass ich fast ganz vorne saß. Ich war es halt nicht gewohnt mit so vielen Leuten in einem Raum zu sitzen und zu lehren. Bis jetzt wurde ich immer Zuhause unterrichtet. Aber das erwähnte ich ja bereits.

Da ich zum ersten Mal auf einer richtigen Schule war, war für mich alles so neu und interessant. Am Anfang traute ich mich nicht wirklich etwas zu sagen, obwohl ich meist immer die korrekte Lösung hatte. Die Lehrer mussten mich teilweise sogar dazu auffordern mal den Mund auf zu machen. Es war mir etwas unangenehm da ich nicht als Streber oder etwas ähnlichem dastehen wollte. Doch es schien keinen zu stören das ich mich öfters meldete als andere und von den Lehrern gelobt wurde. Dabei hatte ich gehört, dass so etwas in Schulen nicht gerne von den Schülern gesehen wurde. Aber so wie es aussah wurden mir da nur Ammenmärchen erzählt.

So vergingen meine ersten Tage auf der neuen Schule und das Wochenende rückte näher. Meine Mitschüler waren unglaublich nett und zuvorkommend. Auch die drei Jungs mit dehnen ich mir mein Zimmer teilte waren richtig cool. Ich wusste nicht genau woran es lag, aber irgendwie wurde mein Freundeskreis von Tag zu Tag größer und ich fand schnell Anschluss. Die Sache vom ersten Tag hatte ich schon fast wieder vergessen. Ich haben nur erfahren das der Junge in den ich schon zwei Mal hinein gelaufen bin Raven, der Rabe genannt wurde - welch passender Name - und wirklich schon fast 20 war. Er musste wohl mehrere Klassen wiederholen. Warum, wusste keiner so genau. Er fehlte zwar oft und passte auch nicht wirklich im Unterricht auf, hatte dafür aber fast genauso gute Noten wie ich. Er schien so was wie der stille Anführer hier zu sein. Selbst die Lehrer nahmen sein Verhalten einfach so hin. Nur im Sport war er Feuer und Flamme. Ich konnte wirklich nicht leugnen dass ich beeindruckt war. Selbst wenn Raven nicht gerade nett wirkte. Er sprach auch kaum, zumindest nicht mit mir. Es kam mir schon fast so vor als ginge er mir aus dem Weg. Dennoch bewunderte ich ihn auf irgendeine Art und Weise.

Es war Freitag und die letzte Stunde. Wir hatten gerade Latein - mehr oder weniger - der Lehrer versuchte zwar uns irgendwas bei zu bringen, doch das ziemlich erfolglos. Die meisten Schüler waren damit beschäftigt ihr Wochenende zu planen. Einige wollten zusammen in die nächste Stadt fahren um dort einen drauf zu machen. Dabei muss ich erwähnen das, das Internart recht abgeschieden in einem riesigem Waldgebiet lag. Die Stadt erreichte man nur mit dem Auto, wenn man nicht unbedingt mehrere Stunden zu Fuß latschen wollte. Aber das machte mir nichts. Ich konnte mich auch so gut beschäftigen. Bereits in den ersten Tagen ist die riesige Bibliothek zu meinem absoluten Lieblingsplatz geworden. Das Internart war früher ein altes Kloster. Dementsprechend vielfältig und alt war die Sammlung an Büchern und Literaturen. Aber auch die Pferdestallungen oder der angrenzende See hatten es mit angetan. Hier gab es wirklich jede Menge zu erkunden und erforschen. Kurz gesagt: Es war einfach herrlich. Auch wenn das viele Schüler anderes sahen.

Kaum das es zum Unterrichtsende geklingelt hatte war der Klassenraum auch schon leer. Ich konnte dem Lehrer ansehen wie fertig er war und grinste leicht als ich meine Sachen zusammen packte und als letzter den Raum verließ. Überrascht stellte ich fest, dass noch einige meiner Mitschüler vor der Tür auf mich warteten. Und das nicht nur aus meiner Klasse. Auch aus anderen waren Schüler dabei. Das Internart war zwar groß, hatte aber nicht wirklich viele Klassen. Eher gesagt hab es nur für jede Jahrgangsstufe eine. Aber so war es wenigstens überschaubar mit wem man die nächsten Jahre verbrachte.

Lächelnd trat ich den anderen entgegen. „Wartet ihr auf mich?“ fragte ich und klemmte mir die Bücher unter den Arm. Die Jungs nickten nahezu synchron auf meine Frage. Ein bisschen komisch war dieser Anblick ja schon. Aber irgendwie fand ich es auch niedlich, was mich zum schmunzeln brachte. So ging ich gemeinsam mit den anderen in den Schlaftrakt. Ich verabschiedete mich von dem Rest und verschwand mit meinem Zimmergenossen in unseren Räumen. Alle Zimmer waren mit einem Bad ausgestattet. Naja zumindest war eine Toilette und ein Waschbecken vorhanden, so das man nicht extra in die Gemeinschaftsduschen rennen musste.

Die Jungs versuchten mich zu überreden sie in die Stadt zu begleiten, doch ich lehnte dankend ab. Ich schnappte mir lieber meine Bücher und verzog mich in die Bibliothek, wo ich ungestört war. Während ich in einem der bequemen Sessel saß und mich in einen dicken Wälzer vertieft hatte bekam ich gar nicht mit wie es draußen bereits dunkel wurde. Erst als die große Standuhr neben dem Kamin bereits 11 schlug schreckte ich auf. „So ein mist~“ blubberte ich leise und stellte das Buch zurück ins Regal und machte mich auf den weg zurück in mein Zimmer.

Es war bereits alles dunkel und nur vereinzelt brannte noch Licht. Ich schritt gerade einen langen Gang, der zur einer Seite auf den Innenhof des Internats zeigte, entlang. Ich stutzte, als ich etwas über die alten Pflastersteine huschen sah. Zuerst glaubte es mir nur eingebildet zu haben. Doch als ich die Augen etwas mehr zusammen kniff erkannte ich wirklich eine Gestallt die Richtung See lief. Seltsam, ab 10 Uhr war doch Ausgangsperre.

Heute weiß ich das es besser gewesen währe einfach brav in mein Bett zu gehen, doch ich konnte der Neugierde einfach nicht standhalten. So machte auch ich mich auf den Weg nach unten und huschte leise wie eine Maus durch die Einganghalle und auf den Hof. Es war Spätsommer und die Nacht war noch angenehm mild, dennoch merkte man, dass es langsam Herbst wurde. Doch davon ließ ich mich nicht abhalten. Rasch folgte ich der dunkeln Gestalt die hinter dem südlichen Torbogen verschwand. In einem großen Abstand folgte ich der Gestalt die vermutlich ein Schüler war. Mein blick glitt über dem vom Mond erleuchteten See, am Ufer entlang bis zu der kleinen Bootshütte die etwas abseits stand. Ich konnte den Schüler – zumindest nahm ich an das es einer war – nicht mehr sehen. Dafür fiel mir der fahle Lichtschein in der Hütte auf. Anscheinend war er dort hin gegangen. So folgte ich dem Licht, als währe ich eine Motte. Ich stellte mich auf die Zehnspitzen und lugte durch das kleine Fenster an der Seite der Hütte.

Der Anblick der sich mir bot brannte sich wie ein Fegefeuer in mein Gedächtnis ein und ließ mich diesen Augenblick nie wieder vergessen...

Ein Tag voller Fragen!

Jäh und etwas unsanft brach der nächste Morgen für mich an, als einer meiner Zimmergenossen regelrecht in mein Bett sprang. Verdutzt hob ich den Kopf und blickte in das fröhlich strahlende Gesicht von Benni. Er war so was wie der kleine Sonnenschein in unseren Reihen, es war als würde er an Allem und Jedem etwas Positives sehen können, bis jetzt kannte ich nur sein Lächeln und fragte mich in Gedanken ob er auch jemals ein anderes Gesicht ziehen könnte. Er hatte braunes zotteliges Haar, das ihm wirr in die Stirn fiel und wasserblaue Augen die freudig Glitzerten. Doch heute Morgen hatten sie einen stumpfen Ausdruck als währe er nicht ganz bei sich. „Was…?“ setzte ich an als mir bereits ein starker Geruch von Alkohol in die Nase stieg. Mein erster Impuls war es Benni zurecht zu weisen das es sich nicht gehörte mit einer Fahne zu jemanden ins Bett zu steigen und schon gar nicht zu einem anderen Jungen, doch als hätte er gewusst was ich sagen wollte unterbrach er mich noch bevor auch nur ein Ton meine Lippen verlassen hatte.

„Sei kein Spießer und hab ein bisschen Spaß, im Pub war es so lustig.“

Ich war überrascht das er trotz des beißenden Alkoholgestank der mit entgegen schlug, kein bisschen lallte und bis auf den leicht vernebelten Ausdruck in seinen Augen schien er auch vollkommen nüchtern zu sein.

„Ich bin kein Spießer!“ verteidigte ich mich leicht mürrisch. Es war noch recht neu für mich das mich jemand auf diese Weise morgens weckte. Bis jetzt war ich immer von alleine aufgestanden oder die Bediensteten meiner Eltern haben morgens höfflich an meine Zimmertür geklopft. Daher habe ich auch erst hier bemerkt dass ich doch ein ganz schöner Morgenmuffel sein kann. Wenn ich nicht richtig ausgeschlafen bin, bin ich furchtbar knurrig und auch leicht reizbar. Doch heute wollte ich mal Nachsichtig sein. Immerhin war es ja Samstag, zur Not konnte ich mich später auch noch einmal hin legen.

Benni erschreckte sich wohl genauso sehr wie ich als er mit einem Mal von meinem Bett gerissen wurde und auf dem Fußboden landete. Leise murrend sah er zu Alex auf, musste aber doch bald wieder anfangen zu lächeln.

Alex war derjenige der am wenigstens von und Sprach. Sein richtiger Name war Alexander van Moring. Seine Familie war adelig so weit ich wusste und kam aus Russland. Ich will nicht behaupten, dass alle Jungen, oder Männer aus Russland streng sind, doch wenn man Alex so sah konnte man es fast schon annehmen. Er war der etwa ein halbes Jahr älter als ich und hatte schwarze Haare mit einem seltsam silbernen Tatsch. Seine Augen waren ebenso wie die von Benni blau. Wirkten aber wesentlich dunkler und auch irgendwie bedrohlicher. Alex war das genaue Gegenteil von Benni. Wenn dieser der Sonnenschein war, war Alex eine düstere Gewitterwolke. Er ist wirklich kein schlechter Kerl, nur leider etwas Wortkarg und wirklich streng was das einhalten von Regeln. Doch ihm hatte ich es zu verdanken das ich in der letzten Woche nicht ständig zu spät gekommen bin.

Wie ich schon öfters sagte, genoss ich bis jetzt meinen Unterricht immer zu Hause. Dort mussten sich die Privatlehrer, größtenteils nach mir richten und nicht umgekehrt. Haltet mich für verrückt, wenn ihr wollt, denn obwohl es traumhaft klingt war es nur ätzend und wirklich schrecklich. Kein Wunder das meine Haut so blass ist wie die Fließen in der Gemeinschaftsdusche. Denn im Gegensatz zu einer normalen Schule hatte ich keine geregelten Pausen oder Feierabend. Da war erst Schluss wenn ich den Stoff verinnerlicht hatte und konnte. Hier war es egal, wer bis zum Unterrichtsende nicht mit gekommen war hatte eben Pech gehabt und ende, da wurde nicht ewig und drei Tage nachgeharkt. Entweder man konnte es oder eben nicht. Zum Schluss würde es sich dann eben bei den Zeugnissen bemerkbar machen.

Aber ich schweife von der eigentlichen Gesichte ab:

Nachdem ich von Benni befreit wurden war konnte ich mich auch endlich richtig aufsetzten und sah noch etwas verschlafen in die Runde. Benni war zu Ron aufs Bett gekrochen. Ron ist der älteste, doch anstatt sich Gewissenhaft zu verhalten mit seinen etwas mehr als 18 Jahren, machte er von uns am meisten Blödsinn. Doch zu ihm erzähle ich später noch mehr.

„Dein Handy hat schon den ganzen Morgen geklingelt, aber du hast so tief und fest geschlafen das du gar nichts mit bekommen hast.“ Erklärte mir Alex, der sich nachdem er mich von Benni befreit hatte in den Sessel, der in der Ecke stand, gleiten ließ.

„Mein Handy?“ fragte ich verwirrt nach und tastete nach dem kleinen, matt schwarzen Elektrogerät das auf meinem Nachtschrank lag. Der Display verkündete mit in bunten Buchstaben das ich ganze sechs Anrufe meiner Eltern verpasst hatte.

„Oh!“ war das einzige das mit geistreich dazu einfiel. Wie von selbst drückte ich auf die Wahlwiederholung und wartete auf ein Freizeichen. Es klingelte kleine zwei Mal als auch schon jemand abnahm. Ich erwartete die Stimme von Richard unserem Butler zu hören, doch stattdessen hörte ich nur Stimmengewirr und irgendwas krachen. Vermutlich war des der Hörer der runter gefallen war. Doch gleich darauf sprang mit bereits die besorgte Stimme meiner Mutter entgegen. Im ersten Moment ließ sie mich gar nicht zu Wort kommen. Mit Erleichterung stellte ich fest das wohl alle Mütter gleich waren wenn es darum ging, dass ihre Kinder zum ersten Mal irgendwo alleine waren. Ich war zwar schon das ein oder andere mal ohne meine Eltern verreist, aber auch nur unter der Aufsicht von irgendeinem Angestellten der mich keine Sekunde aus den Augen ließ.

So ruhig wie es ging redete ich auf meine Mutter ein bis sie sich wieder beruhigt hatte. Doch dann kam auch schon der Ärger nach der Furcht und sie wollte wissen warum ich sie in der Woche die ich bereits hier war noch nicht angerufen hatte. Dabei hatte ich ihr doch versprechen müssen mich spätestens am Freitag zu melden. Entschuldigend versicherte ich ihr das ich gestern nur vergessen hatte an zu rufen da ich in der Bibliothek gewesen war und danach…

In diesem Moment geriet ich ins stocken. Ja, was war eigentlich passiert nachdem ich in der Bibliothek gewesen war? Verwundert schüttelte ich den Kopf und fing an zu stottern, etwas das mit nur sehr selten passierte und schon gar nicht vor meiner Mutter. Da ich ihr aber keine unnötigen Sorgen bereiten wollte –und schon gar nicht riskieren wollte, wieder nach Hause geholt zu werden- sagte ich rasch das ich eingeschlafen war und es schlicht und einfach verpasst hatte sie an zu rufen.

Der Rest des Gespräches ging irgendwie monoton vorbei. So als währe ich gar nicht mehr richtig anwesend. Stumpf beantwortete ich noch einige Fragen und legte dann auf. Erst jetzt wurde ich mit der neugierigen Blicke meiner Zimmergenossen bewusst. Mein Kopf schmerzte und ich fuhr mir seufzend durch die Haare als ich krampfhaft versuchte mich zu erinnern was gestern Abend noch war. Ich konnte mich aber beim besten Willen nicht entsinnen wie ich in mein Bett gekommen bin. Doch freundlicher weise –oder auch nicht- nahm mir Alex diese Antwort ab.

„Du warst wirklich in der Bibliothek eingeschlafen. Als wir zurück kamen und du nicht hier warst, sind wir dich suchen gegangen und haben dich her gebracht.“ Gab er tonlos von sich als würde ihn das alles nichts angehen.

„Ich hab dich ausgezogen!“ warf Benni lautstark ein und riss mich aus meiner Grübelei und weg von der Frage ob Alex wirklich die Wahrheit gesagt hatte. „Bitte was?“ gab ich mit leicht krächzender Stimme von mir und hob verwirrt die Bettdecke etwas an. Schließlich wanderte mein Blick von einem Jungen zum anderen. Alex sah unbeteiligt aus dem Fenster während Ron bis über beide Ohren grinste und Benni anscheinend nun doch ein bisschen verlegen wurde über diesen unbedachten Zwischenruf. „Also…naja ich dachte…es…also… es währe unbequem in Klamotten zu schlafen.“ Gestand er leise und versuchte seine Verlegenheit mit einem Lächeln zu kaschieren.

Nachdem ich meinen ersten Schreck überstanden hatte schüttelte ich nur entschieden den Kopf und hob beschwichtigend die Hand. „Schon gut…du kannst mir ja nichts weg gucken.“ Versuchte ich sowohl ihn wie auch mich zu beruhigen und davon zu überzeugen das alles in Ordnung war. Immerhin duschte man hier ja auch zusammen, da war es nicht schlimm wenn mich einer der Jungs ausgezogen hatte. Auch wenn es mich ein wenig wunderte das ich davon nichts bemerkt hatte.

Zu einem Späteren Zeitpunkt würde ich nicht mehr so leichtfertig über so etwas hinweg sehen können.
 

Erst am Nachmittag als ich begann wieder müde zu werden und hin und wieder gähnte, fragte ich mich wie meine Freunde nur so fit sein konnten obwohl sie wohl die halbe Nacht durch gezecht hatten. Auch andere Schüler die erst am Morgen zurück zum Internat kamen sahen munterer aus als ich. Die meisten von ihnen mieften zwar nach Alkohol, aber nicht einer lallte oder schwankte. Teilweise sah ich noch wie sie die letzten Reste aus Weinflaschen in sich rein kippten bevor sie durch das Tor zum Internart gingen. Denn hier war das trinken von Alkohol streng verboten. Ein Grund mehr weswegen die Schüler wohl am Wochenende sofort das weite suchten als währen sie am verdursten.

Müde blinzelte ich in den blauen und Wolkenlosen Himmel über mir. Benni und Ron hatte mich dazu überredet das gute Wetter aus zu nutzen und mit ihnen am See schwimmen zu gehen. Momentan hockte ich auf einer Plattform auf der aus man sich sonnen konnte. Und genau das tat ich. Meine beiden Freunde und noch mindestens 6 weitere Jungs planschten im Wasser herum. Es würde nicht mehr lange dauern bis die Temperaturen so weit absackten das es zu kalt wurde zum Schwimmen. Somit raffte ich mich auf auch noch ein wenig baden zu gehen.

Mit einem mutigen Sprung schwang ich mit vom Rand der Plattform ins Wasser. Als ich wieder durch die Oberfläche brach entglitt mit ein entrüstete Schnaufen. Es war mir als währe ich geradewegs in einen Kübel mit Eiswasser gesprungen. Mein Körper war von der Sonne so auf geheizt das ich nun im Wasser erbärmlich zu frieren begann. Und als währe das nicht schon schlimm genug zog mich irgendwas ruckartig unter Wasser.

Durch den Schreck vergas ich vollkommen dem Mund zu schließen. Sofort bekam ich Seewasser zu schlucken und schlug um mich. Glücklicher weise war ich rasch wieder frei und kam hustend und japsend an die Oberfläche. Ich zitterte und versuchte mich an der Plattform fest zu halten, glitt aber ständig wieder ab und geriet so nur noch mehr in Panik. Vermutlich währe ich noch einmal untergegangen wenn mich nicht jemand am Oberarm gepackt und in einer flüssigen Bewegung aus dem Wasser gezogen hätte.

Das folgende Gezeter bekam ich nur am Rande mit als mir jemand ein Handtuch um die Schultern legte. Ich war regelrecht weg getreten bis man mich direkt ansprach.

„Alles ok, oder willst du ins Krankenzimmer?“

Im Nachhinein kann ich nicht mehr sagen woran es nun gelegen hat. Am Sauerstoffmangel? Oder vielleicht an meinem vor Panik rasendem Herzen? Eventuell aber auch daran das ich den ganzen Tag schon irgendwie mit meinem Gedanken abwesend war! Aber egal was auch war, in diesem Moment kam mir diese eigentlich raue und recht unfreundliche Stimme unglaublich sinnlich und liebevoll vor.

„Eric!!!“ kreischte Benni besorgt in meinem Tagtraum und ließ mich wieder erwachen. Just in diesem Moment blickte ich in tief schwarze Augen die mich von oben bis unten musterten, als könnten sie auf den Grund meiner Seele blicken.

„Wo kommst du denn her?!“ entfuhr es mir überrascht. Eigentlich hätte ich mich sofort bedanken sollen, dass er mich gerettet hatte. Doch mein Kopf schien noch nicht so ganz bei diesem Zeitpunkt angekommen zu sein. Zumal ich plötzlich schreckliche Kopfschmerzen bekam. Den folgenden Schmerzenslaut konnte ich einfach nicht herunter schlucken. Kaum das ich in Ravens Augen geschaut hatte, kam es mir so vor als würde mein Kopf in zwei Teile zerbrechen.
 

Als ich wieder aufwachte starrte ich die hohe Decke des Krankenzimmers an. Wie war ich denn nun hier her gekommen? Schwach erinnerte ich mich daran, dass ich plötzlich auf der Plattform im Wasser Kopfschmerzen bekommen hatte. Wirre Bilder flackerten vor meinem inneren Auge auf. Ich sah wie mich Raven hoch hob und weg trug, wie ich mich regelrecht an ihn kuschelte. Mit flammend roten Wangen setzte ich mich auf. Mir war noch ein wenig schwummerig und das dumpfe Gefühl von Taubheit das ich schon den ganzen Tag mit mir herum geschleppt hatte war noch etwas schlimmer geworden. Das alles kam mir so unreal vor, so als würde ich halb schlafen und halb wach sein. Hatte ich mir das mit Raven vielleicht alles nur eingebildet und war nur beinah beim schwimmen ertrunken?! Verzweifelt suchte ich nach einer logischen Lösung für dieses ganze Durcheinander, fand aber keine.

Es dauerte nicht lange bis der Sanitäter der hier im Internart angestellt war zu mir kam. Mit gekonnten Handgriffen checkte er mich noch einmal komplett durch. „Hast du so was öfters?“ wollte er von mir wissen. Doch darauf konnte ich nur mit den Schultern zucken da ich nicht genau wusste was er meinte. „Kreislaufprobleme?“ harkte er nach und sah mich prüfend an.

„Nein, Sir. Normalerweise nicht.“ Antwortete ich ihm und zuckte abermals mit den Schultern. So was hatte ich bis jetzt wirklich noch nie gehabt. Unweigerlich begann ich wieder Vermutungen darüber an zu stellen woran das lag. Eine Unart die ich einfach nicht ablegen kann. Sobald ich mit einer unbekannten Situation konfrontiert werde, versuche ich alles zu analysieren und Ursachen zu finden, die diese Situation oder den Umstand ausgelöst hat. Doch wie so oft in letzter Zeit blieb meine Analyse erfolglos.

Schließlich schickte mich der Sanitäter zum Abendessen und dann ins Bett. Angeblich hatte ich einfach nur Wassermangel und durch den raschen Wechsel zwischen warum und kalt bin ich dann schlussendlich zusammen geklappt. Das erklärt aber immer noch nicht was mich da runter gezogen hatte, einen üblen Scherz der anderen Schüler schloss ich aus, da diese alle ein gutes Stück weiter weg waren. Und was mich wirklich beschäftigte war die Tatsache, wie Raven auf einmal auf die Plattform gekommen war. Soweit ich das einschätzen kann war er noch nicht einmal nass gewesen. Hatte er ein Boot gehabt? Und ich hatte ihn einfach nur nicht bemerkt?

Erst im Speisesaal ließ ich meine Gedanken ruhen und richtete meinen Blick auf die Anderen. Anscheinend wurde ich schon erwartet, da Benni mir augenblicklich um den Hals fiel und aufgeregt vor sich hin plapperte wie viel Angst er um mich gehabt hatte. Aber ich hörte ihm nur mit halben Ohr zu. Mein Blick wanderte durch den großzügigen Saal in den locker die dreifache Menge an Schülern gepasst hätte und blieb bei einem schwarzen Haarschopf hängen. Raven saß an der hinteren Bank vor der Seinmauer mit dem riesigen Wandbehang der eine Kampfszene aus dem Mittelalter zeigte. Mit sanfter Geste schüttelte ich Benni ab und steuerte auf Raven zu. Ich wollte mich bedanken, nein ich musste es sogar. Doch kaum das ich ein paar Schritte weit gegangen war hob er den Kopf und sah mich überrascht an. Für einen kurzen Moment glaubte ich so was wie Erleichterung in seinem Blick lesen zu können. Doch kaum das ich einen weiteren Schritt gemacht hatte wand er sich wortlos ab, stand auf und ging als hätte er mich nicht bemerkt.

Ein schmerzliches Gefühl der Ablehnung machte sich in mir breit. Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden. Doch das er einfach aufgestanden und gegangen war, obwohl er doch bemerkt haben musste das ich mit ihm sprechen wollte, war für mich doch recht schwer zu begreifen. Ich wollte mich doch einfach nur bedanken. Aber Raven gab mir keinerlei Chance dazu.
 

Weder in den folgenden Tage noch Wochen kam ich dazu mit ihm ein Wort zu wechseln. Ich sah ihn kaum noch und wenn ja dann war er immer mit anderen unterwegs oder verschwand sofort, wenn ich mich in seine Richtung bewegte. Wirkte ich auf ihn so abstoßend das er meine Gesellschaft derartig vermied?! ...
 

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Bitte seit Nachsichtig mit mir^^°

Ich habe schon lange nicht mehr geschirben und schon gar nicht in der Ich-Form

Trotzdem möchte ich allen Danken die sich die mühe machen und mein Krüppel-FF lesen

X3
 

Liebe Grüße

Jack-11

Düstere Zeiten!

Inzwischen sind mehrere Wochen vergangen und noch immer ging mir Raven aus dem Weg. Um genau zu sein wurde es immer schlimmer. Es reichte schon, dass ich in seine Richtung blickte und sofort nahm er reiß aus. Doch auch wenn ich die anderen Schüler fragte was los sei, schüttelten sie nur den Kopf und taten die Sache mit, >So ist er halt< ab. Aber irgendwie wollte ich mich damit nicht zufrieden geben.

Ich wurde teilweise sogar richtig zum Stalker, ich lauerte ihm auf und versuchte ihn ab zu fangen. Doch jedes mal wenn ich glaubte ihn in die Ecke getrieben zu haben war er plötzlich verschwunden. Gab es in diesem Internart eventuell versteckte Geheimtüren, von dehnen ich nur nichts wusste? Anderes konnte ich mir sein ständiges, in Luft auflösen nicht erklären.

Doch so stark mein Drang auch war mit ihm sprechen zu wollen, so ließ er aber doch irgendwann langsam nach. Es ging auf die Herbstferien zu. Der Wald, um das Internart herum strahlte nun in leuchtenden Farben. Ich mochte den Herbst einfach. Auch wenn es öfters regnete und es immer kälter wurde genoss ich die Veränderungen der Natur. Der Herbst beruhigte mich auf eine komische Art und weise.

In den vergangen Wochen, hatte ich viel über mein Internart und meine Mitschüler gelernt. Das Gebäude war schon seit vielen hundert Jahren im Besitz der gleichen Familie. Im frühen Mittelalter, war es eine große Gaststätte, dann das Herrenhaus der Familie und schließlich war es bis vor knapp einhundert Jahren ein Klostar, bis es zu einem Internart umgebaut wurde war. Ein Teil des Gebäudes, soll angeblich noch genauso sein wie er errichtet wurden war. Ich war zwar schon öfters durch die Gänge geschlichen und hatte die ein oder andere interessante Endeckung gemacht, aber bis jetzt habe ich noch nicht einmal ansatzweise diesen sagenumwobenen Teil gefunden. Vielleicht hatten mich meine Mitschüler auch einfach nur angeflunkert. Somit kommen wir auch direkt zum nächsten Punkt:

Meine Mitschüler:

Die Schule an sich ist ja schon interessant, aber die Jungs die hier herum laufen sind noch viel interessanter. Bekommt das jetzt bitte nicht in den falschen Hals, aber wenn man in seiner Jugendzeit nur mit Jungs zusammen ist fängt man doch an sie mit anderen Augen zu betrachten als wenn noch Mädchen dabei währen. Mir fiel auf das alle Schüler, ohne Ausnahme, überdurchschnittlich gut aussahen. Man konnte sie regelrecht als Schönlinge bezeichnen. Nicht bei einem von ihnen habe ich so etwas wie Hautunreinheiten, oder gar einen Pickel entdecken können. Sie waren zwar alle vollkommen unterschiedlich, aber einige Sachen waren doch irgendwie bei allen gleich. Alle waren relativ blass. Gut ich war auch nicht viel dunkler. Aber dennoch hatte ich inzwischen etwas mehr Farbe bekommen, dadurch dass ich immer mal wieder draußen war und nicht den ganzen Tag drinnen hocke, auch wenn das hin und wieder ganz schön war.

Zudem erfuhr ich dass jeder meiner Mitschüler aus reichem Hause stammte. Viele von ihnen waren sogar adelig so wie mein Zimmerkollege Alex. Sie kamen aus allen Ecken und Enden der Welt. Ron von dem ich bereits mal erzählt hatte kam aus Schottland. Er versprach mir, mich bei Gelegenheit mal mit zu nehmen und mir sein Land zu Zeigen. Die Jungs aus dem Zimmer Gegenüber kamen aus Amerika und einer aus Neuseeland. Es verwunderte mich dass kaum jemand einen nachweisbaren Akzent sprach. Sowieso gab es hier vieles was mich verwunderte. Mit der Zeit jedoch geriet es in Vergessenheit und ich widmete mich anderen Sachen, an erster Stelle standen nun die zweiwöchigen Herbstferien. Meine Mutter sagte zwar ich solle nach Hause kommen, aber irgendwie hatte ich keine Lust dazu. Natürlich vermisste ich meine Eltern und auch mein Zuhause. Doch ich war der Meinung das es reichte, wenn ich über Weinachten einen Heimatbesuch machte. Sowieso blieben viele Schüler hier. Nur etwa ein Drittel von ihnen fuhr für diese zwei Wochen nach Hause. Meistens jene die keinen all zu großen Weg vor sich hatten. Auch Benni und Alex gehörten zu den wenigen die nach Hause fuhren. Bei Benni konnte ich mir das ja noch gut vorstellen, aber bei Alex irgendwie nicht. Es war für mich einfach ein grotesker Gedanke das dieser ständig streng blickende und distanzierte Junge, zuhause seinen Eltern fröhlich in die Arme fiel und ihnen berichtete wie das Internatsleben bis jetzt so war. Doch was mich wirklich ins Staunen versetzte war die Tatsache das Alex, Benni mit nahm.

Am Morgen waren mehrere Wagen auf den Innenhof des Internats gefahren gekommen, alles ohne Ausnahme nur hochwertige Sonderanfertigungen oder Limousinen. Ich selbst wurde ja auch immer in so noblen Wagen herum gefahren wenn ich zu Hause war, aber irgendwie war es doch schon ein seltsamer Anblick das ganze mal als Außenstehender zu sehen. Früher war das für mich selbstverständlich gewesen. Vermutlich war ich einfach verwöhnt gewesen, doch inzwischen hab ich eingesehen, dass es auch schlichter geht. Mit einem einfachen Bus kam man auch ans Ziel. Das sollte ich nur lieber nicht meine Eltern hören lassen.

Zusammen mit Ron brachte ich meine beiden Freunde zum Wagen. Alex hatte wie alle anderen Schüler auch seinen ganz persönlichen Chauffeur. Abgeholt wurde er in einem schwarz lackierten Rolls Royce, mit dunklen Scheiben. Wenn ich mich so umsah, waren alle Autos Schwarz und hatten verspiegelte Fenster. Teilweise ähnelten sie sogar einem Leichenwagen. Bei dem Gedanken lief es mir kalt den Rücken runter und ich schauderte leicht.

Zum Abschied wurde ich von Benni noch einmal gedrückt und von Alexander bekam ich ein knappes Kopfnicken ehe er dem kleinen Sonnenschein ins Innere des Wagens folgte. Irgendwie wurde ich einfach nicht das Gefühl los das zwischen den Beiden etwas lief. Schon seit einiger Zeit konnte ich beobachten wie sie öfters zusammen waren. Meistens war es Benni der Alex ganz unweigerlich hinterher lief. Es war wirklich ein grotesker Gedanke das zwischen den Beiden so etwas wie eine intime Beziehung bestehen konnte. Andererseits ergänzten sie sich auf eine seltsame Art und Weise wieder. Während Alex der düstere und grantige Part war, war Benni die Freundlichkeit und der Frohsinn im Überfluss. Doch laut aussprechen tat ich meine Gedanken nicht. Vielleicht bildete ich mir das auch einfach nur ein.

Ein paar Minuten blieb ich mit Ron noch draußen in der Kälte und winkte den Beiden nach. Ich konnte es zwar nicht sehen aber bestimmt klebte Benni von innen an der Scheibe und wank mir zurück, während Alex mit verschränkten Armen daneben saß und ihn für kindisch hielt. Schließlich aber wand auch ich mich ab und ging mit meinem Freund wieder hinein. Nach kurzer Diskussion, einigten Ron und ich uns darauf, dass wir zusammen ins Dampfbad gingen. Im Nordflügel gab es für die Schüler und Lehrer eine eigene Sauberlandschaft und Schwimmbäder. Insgesamt gab es zwei große Hallenbäder und eins draußen –dieses war aber nur im Sommer zugänglich, da es nicht beheizt war- außerdem existierten noch ein warm Wasser Becken das bis zur Hälfte nach außen reichte und zwei Whirlpools. Alles in allem, konnte man sich hier richtig entspannen. Nur leider wurden diese Räumlichkeiten nur sehr wenig von den Schülern genutzt. Ich jedenfalls hatte in den Malen wo ich hier war erst zwei mal ein paar Schüler und einmal einen Lehrer gesehen. Doch meistens waren sie kurz nachdem ich gekommen war auch wieder verschwunden. Nur Benni und Ron gingen mit mir regelmäßig schwimmen oder in die Sauna, wenn ich sie frage ob sie mit wollten.

Leicht wehmütig zog ich mich in einer der Kabinen um und wickelte mir das große, weiße Saunahandtuch um die Hüfte. Ron war auch inzwischen fertig und wartete am Durchgang auf mich. Gemeinsam liefen wir den gefliesten Gang entlang bis zu den Saunen. Von hier aus konnte man zu einer Liegewiese nach draußen gehen, oder in eine der vier verschiedenen Saunen. Wie hatten uns ja schon vorher entschieden ins Dampfbad zu gehen. So öffnete ich die Milchglastür und schlüpfte in den nebeligen Dampf. Heute war er ungewöhnlich dicht, so dass ich kaum etwas sehen konnte.

„Komisch…vermutlich hat jemand das Dampfventil vergessen ab zu drehen.“ Sprach Ron meine Gedanken aus und berührte mich leicht an der Schulter damit ich wusste wo er war. Gemeinsam machten wie und auf die Suche nach dem kleinen Rädchen das den Dampf regelte. Es dauerte auch nicht lange bis wie es gefunden hatten und es zurück drehten. Es dauerte auch nicht lange bis sich der Dampf etwas lichtete und ich Ron wieder sehen konnte. Doch dieser schien gerade wo ganz anderes hin zu starren. Neugierig wie ich war, folgte ich seinem Blick. Leicht kniff ich die Augen zu und stellte mich auf die Zehenspitzen um das zu erkennen auf was sich mein Zimmerkollege gerade fixierte.

Ein eigenartiges Schmalzendes klatschendes Geräusch drang an meine Ohren. Zudem hörte es sich an als hätte jemand Schmerzen und wimmerte leise. „Ist da jemand?“ flüsterte ich fragend zu Ron, den ich offensichtlich gerade aus seinen Gedanken riss. Schneller als ich es gewohnt war drehte er sich zu mir um und pinnte mich mit nur einer schnellen Bewegung an die Wand hinter mir.

Mit vor Schreck geweiteten Augen sah ich Ron an. Seine sonst grünen Augen schienen mit einem Mal dunkler geworden zu sein. Ich kann nicht genau sagen was es war. Doch sein Blick bereitete mir Unbehagen und ich hatte das Gefühl meine Haut begann an den Stellen an denen sich unsere Körper berührten zu kribbeln und ganz heiß zu werden. Erst jetzt bemerkte ich richtig, dass sich Ron mit seinem gesamten Körper an mich presste und mir so jegliche Möglichkeit zur Flucht nahm. Irgendwie war ich mit der Situation vollkommen überfordert. Erst recht als ich spürte wie sich etwas Hartes gegen meinen Bauch drückte. Panik stieg in mir auf und ich begann unruhig zu zappeln.

„Ssch~ ganz ruhig…ruhig“ versuchte mich Ron davon zu überzeugen wieder still zu stehen. Doch nicht einmal seine gesäuselten Worte brachten mich dazu wider ruhiger zu werden, viel eher versetzten sie mich nur noch mehr in Panik. „Lass mich“ japste ich, mit den Tränen kämpfend. Noch nie hatte ich Ron so erlebt und das machte mir Angst, große Angst.

Ich wehrte mich nach Leibeskräften, doch für Ron waren meine Wehrversuche wohl nicht mehr als ein Lufthauch. Ohne das ich etwas tun konnte schob er meine Hände über meinem Kopf an der Wand zusammen und umgriff die Gelenke nun mit nur noch einer Hand. Dadurch hatte er seine andere frei. Langsam glitt Rons Hand meinen Hals hinab und über meine Brust. „Du duftes herrlich~“ schnurrte er mir ins Ohr und knabberte leicht daran, bevor er den Kopf noch etwas weiter senkte und sich an meinem Hals zu schaffen machte. „Und bestimmt schme-…ahh~“ Ron kam nicht mehr dazu zu ende zu sprechen als er ruckartig von mir los gerissen wurde. Durch den plötzlichen Übergriffs eines Dritten stolperte ich selbst einen Schritt nach vorne und schlug unsanft auf die Knie auf. Für einen Moment war sich so benommen das ich noch nicht einmal die Schmerzen spürte die mir in den Beinen hoch krochen. Ich war so stark aufgeschlagen das meine Knie aufplatzten und nun bluteten. Doch anstatt mich um mich selbst zu kümmern sah ich entsetzt mit an wie Ron mehrere brutale Hiebe ins Gesicht und auf die Brust hin nehmen musste. Ich glaubte sogar das knacken von Knochen zwischen dem wütenden Fauchen und dem schmerzerfüllten Stöhnen hören zu können. Mit einem letzten kräftigen Tritt in die Magengrube, der Ron ans andere Ende des hell gefliesten Raumes beförderte wand sich die dritte Person endlich zu mir um.

Überraschung breitete sich in meinem Gesicht aus als ich Raven vor mir sah. Er stand halb mit dem Rücken zu mir und endlich wusste ich wieso man ihn wohl den Raben nannte. Auf seinen Schulerblätter waren zwei riesige, schwarze Flügel tätowiert. Zusammen mit seinen Augen und seinen Haaren sah er wirklich aus wie ein Rabe. Vor allem das schwarze Handtuch das ihm um die Hüfte hing und die restlichen Dampfwölkchen die noch um seine Füße schwebten unterstrichen diesen Eindruck. „Dank-…“ setzte ich an, wurde aber barsch von ihm unterbrochen. „Dank mir nicht.“ Keifte er mit einer Stimme die mir fast noch mehr Angst einjagte als Rons Verhalten eben. Ich öffnete den Mund um etwas zu erwidern. Doch abermals kam er mir zuvor. „Komm mir nicht zu nahe, sprich mich nicht an und vor allem Bedank dich nicht bei mir…niemals, nicht solange du die Wahrheit weißt“ fuhr er mich gereizt an und wand sich Ron zu der sich stöhnend die blutende Nase hielt. Ein wenig tat er mir ja schon leid. Raven packte ihn am Oberarm und riss ihn wieder auf die Beine. Ein wütendes Wortgefecht brach zwischen den Beiden aus. Doch ich konnte nicht verstehen was sie sagen, ich kannte ja nicht einmal diese seltsam klingende Sprache in der sie Stritten. Doch eins war klar. Es ging in diesem Streit eindeutig um mich. Mehrmals zeigte Ron in meine Richtung und wurde nur noch gereizter.

Langsam bekam ich Angst das Ron sich womöglich noch eine einfangen würde, wenn das so weiter ging. Das war wohl auch der entscheidende Faktor der mich dazu brachte auf zu stehen und zu den beiden jungen Männern hinüber zu gehen. –Jungs konnte ich sie im Moment beim besten Willen nicht nenne. So wie sie sich angifteten und anscheinend gegenseitig Morddrohungen austauschen waren sie für mich keine Jungs mehr-. Vorsichtig kam ich zu ihnen gelaufen und versuchte mich irgendwie in den Streit mit ein zu mischen um ihn zu schlichten.

„Hört bitte auf“ versuchte ich es. Doch weder Ron noch Raven nahmen von mir Notiz und wurden nur noch lauter. Es war nicht zu vermeiden das mich die schlechte Laune der beiden ansteckte. „Hey!“ giftete ich nun lautstark dazu und packte Raven bei der Schulter. Ruckartig drehte er sich wieder zu mir. Sowohl mir als auch ihm blieb jedes weitere Wort im Halse stecken.

Ich glaubte in rot glühende Kohlen zu blicken die mich zornig anfunkelten. Verblüfft blinzelte ich einige Male. Als ich die Augen erneut aufmachte waren seine Augen jedoch wieder schwarz wie die Nacht. War das nur Einbildung. „Du…“ begann ich ehe mir ein stechender Schmerz durch den Kopf fuhr. Es war der selbe Schmerz den ich auch schon am See empfunden hatte, als ich Raven in die Augen blickte. Bilder von einem blutüberströmten Körper flackerten vor meinem geistigen Auge auf und ließen mich zurück schrecken. Ich bewegte mich so ruckartig und unbedacht das ich ausglitt und nach hinten weg kippte. Mit großer Wahrscheinlichkeit währe ich mit dem Hinterkopf auf den Boden geknallt hätten mich die beiden nicht gleichzeitig abgefangen. „Was hast du?“ wollte Ron wissen der sich das Blut aus dem Gesicht wischte. Dafür das er eben eine so derbe Tracht Prügel eingesteckt hatte schien es ihm bestens zu gehen. Ron hocke zu meiner rechten und Raven zu meiner linken der seinen Blick mustern über mich gleiten ließ. Mein Handtuch hatte sich rot gefärbt an den Stellen wo es meine aufgeschnittenen Knie berührte.

Mit einem fluchen riss er sich von mir los und stieß auch Ron weg der seinem Blick gefolgt war. „Verschwinde…hau ab. SOFORT“ brüllte mich Raven an und machte bereits eine Bewegung als wolle er nach mir treten. Hastig und mehr stolpernd als gehend verließ ich das Dampfbad. Mein Kopf dröhnte noch schlimmer als das letzte mal und wie wurde schlecht. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es die Toilette zu erreichen bevor ich mich übergab. Zum Glück hielten die Schmerzen und das Gefühl der Übelkeit nicht sehr lange an und ich konnte mich bereits nach einigen Minuten wieder aufrappeln. Am Waschbecken wusch ich mich sauber und ging zurück zu den Kabinen. Ich erwartete wenigstens einen der Beiden zu treffen. Doch niemand war da. Auch Rons Sachen waren bereits verschwunden. Wieder überkam mich ein Gefühl der Einsamkeit und der Ablehnung, jetzt mehr den je. Das letzte Mal hatte ich mich noch ein bisschen von Benni und Ron trösten lassen können. Doch Benni war nicht da und Ron…naja das mit Ron war nun auch irgendwie komplizierter geworden. Wie sollte ich ihn jetzt gegenüber treten? Was sollte ich sagen? Was tun? Ich wusste es nicht.
 

In diesem Moment wünsche ich mir zum ersten Mal lieber doch nicht in dieses Internart gekommen zu sein. Doch es würde nicht mein letztes Mal sein…

Eine alte Legende!

Ich kann kaum beschreiben wie ich mich in den folgenden Tagen gefühlt hatte. Ron bekam ich gar nicht zu Gesicht. Er kam nicht einmal zum Schlafen in unser Zimmer. Aber wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann war mir das auch ganz recht so. Dennoch war ich ihm irgendwie nicht böse. Ich wollte ihm einfach nicht böse sein, wir waren doch Freunde und das wollte ich auf keinen Fall zunichte machen. Auch wenn er sich seine Aktion da im Dampfbad wirklich hätte sparen können. Außerdem machten mich Ravens Worte nachdenklich. Was meinte er damit dass ich ihm nicht danken sollte? Vor allem nicht wenn ich nicht die Wahrheit kannte?

Am liebsten wäre ich die Wände hoch gegangen. Dieses ganze Grübeln und Theorien aufstellen war einfach nichts für mich, davon bekam ich nur Kopfschmerzen und Alpträume. Diese hatten sich in den letzten Tagen ziemlich summiert. Es verging kaum noch eine Nacht in der ich nicht schweißgebadet und mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen aufwachte. Meist konnte ich mich nicht erinnern was ich eigentlich geträumt hatte, doch ich fühlte mich schrecklich gehetzt und angsterfüllt. Mir ging es wirklich nicht gut. Das Schlimmste aber an der ganzen Sache war nun das mir irgendwie alle Schüler, die noch hier waren, aus dem Weg gingen. Und das bildete ich mir nun wirklich nicht ein. Sobald ich auf eine Gruppe oder auch einzelne Schüler zuging, wanden sie sich ab und gingen. Hin und wieder wurde ich auch mit einer laschen Ausrede abgespeist ehe sie das Weite suchten. Mit jedem Tag geriet ich mehr in Selbstmitleid und Depressionen. Was nebenbei bemerkt auch eine ziemlich neue Erfahrung für mich war. Immerhin war ich bis jetzt sehr behütet aufgewachsen und hatte noch nie einen Anflug von Depression gehabt.

Oh wie ich doch das Ende der Ferien ersehnte. Ich wollte mich unbedingt von Benni aufmuntern lassen. Er war auch wohl der einzige Grund weswegen ich nicht vollkommen wahnsinnig geworden war. Fast jeden Tag hatte er mir eine liebe SMS geschickt. Darin plauderten wir über Belanglosigkeiten. Daher erwähnte ich auch nichts von Rons versuchten Übergriff und das er fast die ganzen Ferien über verschwunden war. Zuerst hatte ich schon Angst, dass man ihn von der Schule geworfen hatte, aber kurz vor Ende der Ferien sah ich ihn endlich wieder im Speisesaal. Er sah ziemlich mitgenommen und blass aus. Besorgt schnappte ich mir mein Tablett und setzte mich zu ihm. An seinem heftigen Zusammenzucken konnte ich erkennen das er mich bis eben gar nicht bemerkt hatte. Zudem machte er Anstalten die Flucht zu ergreifen so wie die anderen Schüler wenn ich kam. Um dies aber zu verhindern packte ich ihn am Arm und zwang ihn sich wieder zu setzten.

„Hör zu…ich will wirklich nicht mit dir streiten.“ Setzte ich an. Irgendwie musste ich die Situation entschärfen. Einerseits war mir der Gedanke das mich Ron mit anderen Augen als die eines Freundes betrachtete, sehr unangenehm, andererseits wollte ich die Sache auch nicht einfach so im Raum stehen lassen.

„Du bist mir nicht böse?“ krächzte er mit dünner Stimme und sah mich verwundert an. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Nicht mehr…du hast mir ja nichts getan und solange du so etwas in Zukunft lässt, ist alles ok“ beschwichtige ich ihn und legte versöhnlich meine Hand auf seinen Unterarm.

Hörbar gab Ron ein erleichtertes Seufzen von sich und strich mir einige meiner inzwischen lang gewordenen Ponyfransen aus dem Gesicht und lächelte schwach zurück. „Das hier ist wirklich kein Ort für dich“ murmelte er bedrückt und wand sich wieder seinem Essen zu. Ich verstand zwar nicht so ganz was er mir damit jetzt sagen wollte. Beließ es aber erst einmal dabei.

Ich wollte ihn bereits fragen wo er die letzten Tage gewesen war als mit ein eiskalter Schauer den Rücken hinab lief. Sofort drehte ich mich um, da ich das Gefühl nicht los wurde beobachtet zu werden. Das war auch so ein Widerspruch in sich selbst. Zum einen hatte ich mich die letzten Tage schrecklich alleine gefühlt, aber zum anderen wurde ich das Gefühl nicht los ständig unter Beobachtung zu stehen. So als würde mir ununterbrochen jemand im Nacken sitzen. Eben gerade war es wieder so. Doch ich konnte niemanden erkennen der offensichtlich in meine Richtung starrte. Vielleicht sollte ich mich in der nächsten Zeit mal in Behandlung geben lassen. So was war doch nun wirklich nicht mehr normal. Ich bekam schon teilweise den totalen Verfolgungswahn.

Nach dem Essen begleitete ich Ron in den Innenhof des Internates, vielleicht könnten wir bei einem kleinen Ausritt mal in ruhe mit einander sprechen. Ich hatte einfach das Bedürfnis mit jemandem zu sprechen. Früher war ich zwar auch meist allein gewesen, zumindest was die Gesellschaft von Freunden anging, doch inzwischen ertrug ich es einfach nicht mehr alleine zu sein. Mein Drang nach Gesellschaft schien regelrecht übermenschlich geworden zu sein.

Der Stallmeister sattelte uns die Pferde, welche er für uns heraus gesucht hatte. Ich bekam eine weiß braune Stute, namens Ella. Ein wirklich schönes Tier, vor allem diese großen braunen Augen hatten es mir angetan die mir sanftmütig entgegen blinzelten. Ron bekam einen grauen Wallach, auch ein sehr schönes Tier, dass den stolzen Namen Sir Henry trug. Wie man auf das ‚Sir’ gekommen war konnte mir leider niemand sagen, aber es war einfach so! Zusammen mit Sir Henry und Ella, machten wir uns auf den Weg Richtung Wald. Ron wollte mir dort irgendwas zeigen, von dem er der Meinung war es könnte mir irgendwann einmal nützlich sein. Ich hatte zwar keine Ahnung was das sein sollte, dennoch folgte ich ihm einfach mal widerstandslos. Zuerst trotteten wir nur schweigend neben einander her. Ich war schon drauf und dran, aus lauter Frust los zu brüllen und den ganzen Wald zusammen zu schreien als Ron sich endlich erbarmte und das Wort erhob.

Er erzählte mir das er mir einen Ort zeigen und eine Geschichte –eine Legende- erzählen wollte. Eine Legende die ich mir besser ganz genau einprägen sollte.

„Hör zu Eric. Eigentlich dürfte ich dir das gar nicht erzählen, aber früher oder später würdest du es ja doch raus finden“ begann er mit der Geschichte als wir immer tiefer in den Wald ritten. Die Sonne stand nicht sehr hoch am Himmel und warf ihr Licht, in flachen Bahnen, träge durch die bunt gefärbten Blätter der Bäume. Ein spiel aus Licht und Schatten tanzte auf dem ausgetretenen Pfad der durch den Wald, direkt hin zu einer alten verwitterten Ruine führte. Nun gut, Ruine konnte man es nicht mehr nennen. Es waren nur noch wenige Mauern und ein halber Torbogen zu sehen. Ron half mir von Ella ab zu steigen und band die Pferde in der Nähe an einen Baum, damit sie grasen konnten.

Andächtig und voller Neugier durchschritt ich den Rest des einstigen Torbogen. Anhand der Größe der Mauerabstände und der fein gehauenen Bilder, welche auf einigen von Moos bewachsenen Steinen noch zu sehen war, konnte ich fest stellen, dass dieses Gemäuer einst ein wichtiger Punkt gewesen war. Bestimmt eine prunkvolle Kirche, vielleicht sogar ein ganzes Schloss. Als ich weiter voran schritt stach mit ein rechteckig gehauener Felsen ins Auge. Zuerst hielt ich ihn für einen altmodischen Tisch, als ich jedoch näher heran trat konnte ich erkennen, dass es ein steinerner Sarg war. Eine Gänsehaut zog sich meinen Rücken hinab, als ich mich daneben stellte und vorsichtig mit den Fingern über das abgenutzte Gestein strich.

„Was ist das?“ selbst in meinen Ohren klang meine Stimme leise und kraftlos. Fast so als hätte ich Angst vor der Antwort und irgendwie konnte ich diese Tatsache auch gar nicht mal abstreiten.

Ron der reglos am Torbogen gestanden und gewartet hatte kam mir nun endlich nach und stellte sich auf die andere Seite des Steinsarges. Er wirkte seltsam betreten und still. Noch einmal sah ich mich aufmerksam um. War ich Trampel vielleicht einfach so über einen Friedhof oder dergleichen gelatscht, ohne es zu wissen? Ich wollte mich bereits für respektlos abstempeln, als Ron plötzlich den Kopf schüttelte.

„Es ist etwas ähnliches wie ein Friedhof“ sagte er und versetzte mich damit ins staunen. Meine wohl etwas ruckartige Reaktion, brachte Ron zum Schmunzeln. Ich war so erschrocken gewesen das ich unbewusst einen Satz nach hinten gemacht hatte. „Woher?“ „Ich konnte es in deinem Gesicht lesen“ entgegnete Ron amüsiert. Ich schnaufte leise als ich wieder nach vorne trat. Um meine roten Wangen etwas zu verstecken, betrachtete ich die Oberfläche des Deckels eingehend und hielt stur den Kopf gesenkt. Und auch wenn ich nicht aufsah konnte ich regelrecht Ron sehen wie er sich ein Lachen verkneifen musste. Verdammt konnte der Kerl etwa Gedanken lesen? Oder war ich einfach nur so leicht zu durchschauen?

Seufzend sackten meine leicht angespannten Schultern ebenfalls ein Stück nach unten als ich murmelnd von mir gab: „Und was wolltest du mir hier jetzt zeigen? Diesen alten Steinklotz?“ Es war nicht zu verkennen das ich ein wenig sauer darüber war das sich Ron über mich lustig machte. Vor allem jetzt! Nachdem er es gewesen war, der mich im Dampfbad gewaltsam gegen die Wand gepresst hatte. Als aber nicht sofort eine Antwort kam sah ich doch überrascht auf. Ron hatte ebenfalls den Blick gesenkt und strich zögerlich mit den Fingern über einige alte Schriftzeichen und Symbole die den Deckel zierten. Er sah fast so aus als erinnerte er sich an etwas. Und das was es war schien ihn wirklich traurig zu machen.

„Ron?...Roooon?“ Mehrfach musste ich meinen Freund ansprechen bis er überhaupt auf meine Stimme reagierte. Blinzelnd sah er mir in die Augen und machte den Anschein als hätte er mich völlig vergessen.

„Entschuldige bitte, ich hab ein wenig geträumt“ sagte er hastig und schüttelte den Kopf als versuche er so seine Gedanken wieder frei zu bekommen. „Das hab ich gemerkt. Und was war jetzt?“ harkte ich noch einmal nach und sah ihn eindringlich aber auch ein wenig besorgt an. Ron wirkte so bedrückt als wolle er mir irgendetwas sagen, konnte es aber nicht. Was ihm wohl auf der Seele lag? Langsam kam er zu mir rum. Mir wurde unwohl als er die Arme ausstreckte und nach mir griff. Für einen kurzen Moment bekam ich Angst dass er mich nur hier raus gelockt hatte um die Sache aus dem Dampfbad zu beenden. Doch dieser Gedanke verflüchtigte sich sehr schnell wieder. Beherzt griff er mir unter die Arme, und obwohl er nicht sonderlich größer war als ich, hob er mich mit Leichtigkeit auf den Sarg. „Darf man hier denn sitzen?“ fragte ich doch ein wenig nervös. Das kam mir ein wenig wie Grabschändung vor wenn ich einfach auf der Kiste eines Toten saß. Dabei fragte ich mich ob in dem Steinsarg überhaupt noch eine Leiche war, oder ob sich darin nur noch Staub befand. Beruhigend tätschelte mir Ron das Knie und lehnte sich gegen eine alte Steinmauer nicht weit von mir entfernt. Ich persönlich hätte mich da ja nicht gegen gelehnt, immerhin machten die Mauern hier keinen sonderlich soliden Eindruck mehr, auch wenn sie wohl schon so einige Jahrhunderte auf dem Buckel hatte. „Du darfst da sitzen“ sagte er und lächelte mir entgegen. Fragend zog ich die Stirn in Falten. „Das klingt so als währe ich der Einzige der hier sitzen darf!“ gab ich missmutig von mir und wurde wieder mit einem wissenden Lächeln bedacht. Oh Gott wie ich dieses Lächeln von Ron doch hasste. Er war nicht der einzige hier der dieses Lächeln beherrschte und mich damit betrachtete. Auch Benni und selbst Alex sahen mich damit an. Wobei Alex Lächeln eher kalt und gemein wirkte. Aber das war nicht der Grund für meinen Hass. Es war die Tatsache, dass ich mich dann immer klein und naiv fühlte. So als würden die anderen etwas wissen, es mir aber nicht sagen. Das machte mich rasend, weswegen ich Ron auch einen etwas ungeduldigen Blick zuwarf.

Er verschränkte die Arme vor der Brust und begann zu erzählen:

»Es trug sich vor vielen tausenden von Jahren zu, das sich eine Gattung von den Menschen los löste, welche stärker, intelligenter und weitaus gefährlicher waren als eben diese. Gefürchtet und geächtet versteckten sie sich in Höhlen und Wäldern, solange bis sie begannen zu begreifen wer und was sie waren. Sie erkannten dass ihre Kräfte denen von Göttern gleich kamen und sie alles tun konnten was sie wollten. So geschah es das sich diese Wesen zusammen rotteten und wie eine Landplage über die Welt wüteten. Keine menschliche Lebensform war vor ihnen sicher. Es wird erzählt das sie mehr als zwei Jahrzehnte wie die leibhaftigen Teufel über diese Erde wandelten, ehe sie wieder zur Besinnung kamen. Sie versklavten die noch lebenden Menschen und ernannten sich selbst zur höchsten Macht im Universum.

Ihre Herrschaft dauerte mehrere Jahrhunderte an in dehnen sie nachlässig und träge wurden. Die Menschen begannen die Furcht vor ihnen zu verlieren und es kam immer öfters zu Aufständen und Rebellionen.

Im Jahre 0. Als der Sohn Gottes geboren wurde begann der Stern der alten Götter zu sinken. Mit der neuen Religion die sich unaufhaltsam über den Planeten verbreitete wurden sie immer weiter zurück gedrängt. Knapp 500 Jahre nach Christi, zählte ihr erhabenes Volk nur noch wenige Dutzende. Ihr Anführer entschied dass es Zeit war zu handeln. Er entsann seine fähigsten Männer, sie sollten sich auf die Suche nach dem Geheimnis des ewigen Lebens machen. Denn obwohl sie weit länger lebten als jeder Mensch, war die Zeit dennoch ihr größter Feind. Viele Jahre vergingen in dehnen immer mehr von ihnen verschwanden. Als nur noch eine Hand voll von ihnen übrig war kam einer seiner Späher zu ihm zurück und brachte eine blinde Frau mit. Eine Hexe die er weit oben in Norden gefunden hatte. Eine alte Frau, mit krummen Rücken und kaum in der Lage noch aufrecht zu gehen. Die blinde Hexe erklärte das sie ihnen die ewige Jugend schenken könnte, doch den Preis den sie dafür bezahlen müssten sei hoch. Der Anführer jedoch hörte ihr nicht zu. Ihm war es egal was er zahlen musste. Er wollte nur das ewige Leben und das seines Volkes.

In einem uralten Ritual bei Vollmond schlug die Hexe 13 Fledermäusen den Kopf ab und sammelte ihr Blut in einer hölzernen Schale. Die Sprache, die sie sprach war so alt das nicht einmal die Wesen welche sie um Hilfe gebeten hatte, sie noch beherrschten.

Als sich die Nacht dem neuen Morgen beugte, erfüllte die Wesen eine Kraft welche sie zuvor noch nie gespürt hatten. Sie fühlen sich mächtiger denn je. Unbesiegbar und vor allen unsterblich. Sie jubelten und tanzten, feierten ihre Unsterblichkeit. Die Hexe jedoch versuchte sie davon zu überzeugen das sie sich nicht selbst überschätzen sollten und das dieser Zauber auch ein Fluch sein konnte. Doch der Anführer wollte davon nichts wissen und befahl die alte Hexe zu töten damit sie es nicht wagte noch einem anderen außer ihnen die Unsterblichkeit zu verleihen. Doch der Bruder des Anführers, ein Mann namens Luce, versuchte die blinde Hexe zu beschützen. Leider vergeblich. Sein Bruder ließ die Frau verstümmeln und zum sterben zurück. Luce jedoch versuchte sie irgendwie davon zu überzeugen am leben zu bleiben. Doch es war zu spät. Der Tod streckte bereits seine Klauen nach ihr aus.

Doch obwohl sie dem Tode geweiht war lächelte sie Luce an und strich ihm über die Wange. „Dein Herz ist rein und hat die Prüfung bestanden. Nur der Auserwählte ist in der Lage selbst zu leben und leben zu lassen“ flüsterte sie ihm zu.

Als die Sonne ihre Strahlen über das Land schickte sackte der Körper in seinen Armen zusammen und zerfiel vor seinen Augen zu Staub. Als Luce sich umwand um seinen Bruder zur Rede zu stellen erkannte er das er alleine war. All jene die noch von seiner Rasse am Leben gewesen waren, waren nun nichts weiter als ein Häufchen Asche.

Von diesem Tag an begann eine neue Zeit. Luce gründete seine eigene Familie. Er regierte für viele Jahrhunderte, während sein Clan immer mehr wuchs und sich über die ganze Welt verteilte, ohne das die Menschen etwas davon bemerkten. Doch mit den Jahren wurde er der Welt und ihrer Freuden leid. Er empfand nichts mehr als Reizvoll. Er hatte alles gesehen und alles gemacht. Jeder neue Tag seiner Unsterblichkeit langweilte ihn. Aber auch wenn er sich den Tod ersehnte so konnte er dennoch nicht sterben. In seiner Verzweiflung wand er sich an einen großen Hexenmeister und bat ihn darum, die Unsterblichkeit von ihm zu nehmen. Der Magier willigte ein eine Kreatur zu erschaffen die in der Lage war ihn zu töten.

In der folgenden Vollmondnacht vollzog der Magier ein uraltes Ritual und beschwor einen Dämon herauf der Besitz und von einem Wolf ergriff. Doch das Ritual schlug fehl und der Dämon befreite sich von den auferlegten Ketten des Magiers. In dieser Nacht wurde Luce Traum endlich wahr. Er konnte endlich diese Welt verlassen, doch den Preis den er dafür zahlen musste war sehr hoch. Fortan lebte auch sein Volk in Angst und Schrecken vor dieser Bestie. Doch es sollte noch schlimmer kommen. So wie Luce einst seine Familie erschaffen hatte, so wuchs auch der Anteil dieser neuen Rasse.

Lange Zeit herrschte Krieg zwischen den verfeindeten Clans. Ein Krieg der bis ins frühe Mittelalter hinein reichte. Mit der Zeit jedoch begann sich auch ein alter Feind gegen sie zu richten. Die Menschen wurden auf sie aufmerksam und begannen erneut sie zu jagen und zu töten. Beide Seiten mussten schwere Verluste hin nehmen, solange bis sie endlich zur Vernunft kamen. Es wurde ein Pakt geschlossen. Fortan sollten die Rassen getrennt leben und jeder in seinem Territorium bleiben. Um einen Streit von Landesgrenzen vor zu beugen wurde entschieden das einmal im Jahr ein Wettkampf statt fand. Eine gemeinsame Jagt. Der Sieger durfte die Landesgrenzen in einem überschaubaren Rahmen neu abstecken, wenn er es wollte. Mit den Jahren jedoch wurde die Jagt nur noch zu einem symbolischen Spiel führ Jüngere, das traditionsbewusst einmal im Jahr abgehalten wird. Der Sieger jedoch steckt nicht mehr die Landesgrenzen neu, sondern erhält die Beute als Trophäe und hat einen Wunsch frei…«
 

Ein langes Schweigen brach zwischen mir und Ron aus. Neugierig wie ich war musterte ich ihn von unten bis oben. Ron schien die Geschichte ziemlich nah zu gehen. Ob er wirklich an diesen Quatsch glaubte? Ich selbst fand die Gesichte ja ganz interessant. Aber wirklich überzeugend klang sie ja nicht. Dennoch wollte ich noch ein bisschen mehr darüber erfahren.

„Und was hat die Gesichte mit diesem Ort zu tun?“ fragte ich und rutschte langsam von dem Steinsarg runter. Mehr zufällig als beabsichtigt glitt mein Blick in den Himmel. Es waren ziemlich düstere Wolken auf gezogen. Vielleicht war es besser wenn wir und auf den Rückweg machten, aber zuvor wartete ich noch eine Antwort ab.

Ron erklärte mir das diese angebliche Jagt immer hier in der nähe statt fand da an dies der Ort war an dem der Vertrag abgeschlossen wurde. Ich glaubte ihm zwar nach wie vor kein einziges Wort, vor allem da ich Jagten schon von je her barbarisch und schrecklich fand. Mein eigener Vater ist ein begeisterter Jäger und hat in einem seiner Räume mehrere ausgestopfte Tiere. Stolz wie er auf all die toten Tiere ist hatte er auch versucht mir das Jagen bei zu bringen. Aber als ich mit ihm im Wald war und dieses süße Reh erschießen sollte das er für mich heraus gesucht hatte, konnte ich es nicht. Stattdessen hab ich in die Luft geschossen und somit alles Wild in der Umgebung vertrieben gehabt. Mein Vater war davon natürlich ganz und gar nicht begeistert gewesen, doch kaum das ich hinterher heulend zu meiner Mutter gerannt bin und diese ihn erst einmal gehörig zusammen gestaucht hatte, wurde ich von meinem Vater nie wieder mit seinen Jagt Geschichten gequält.

Daher verebbte mein Interesse an dem ganzen recht schnell und ich ritt mit Ron zurück. Auf dem Heimweg zum Internart plauderten wir über alles Mögliche, als währe nie irgendetwas zwischen uns vor gefallen. Ich quetschte Ron ein bisschen über seine Familie aus. Drucksend gestand er mir das er noch 4 ältere Schwestern hatten und er ganz froh war in diesem Jungeninternart zu sein da sie immer auf ihn herum gehackt haben. Ich fand es herrlich erfrischend ihn auch mal so verlegen zu sehen.

Gerade noch rechtzeitig schafften wir es in den Stall, als es auch schon anfing wie aus Eimern zu gießen. Wir brachten die Pferde zum Stallmeister und verabschieden uns von Ella und Sir Henry. Während ich noch ein paar Witze über Rons Leben mit seinen Schwestern riss und wir zurück ins Internartgebäude liefen, bemerkte keiner von uns wie eine dritte Person den Stall erreichte und ihr Pferd abgab….
 

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Sorry für die lange Wartezeit und dieses schreckliche Kapitel ^^°

Bin zur Zeit in Schottland und hab meine Gedanken überall nur nicht hier

*tief verbeug*

Es tut mir wirklich leid

Ich und Du!

Ich wurde am nächsten Morgen von einem lautstarken Klopfen an unserer Zimmertür geweckt. Verschlafen schälte ich mich zwischen meinen Decken hervor und zog mir meine Schlafhose etwas höher, die seltsamer Weise, immer mal wieder in der Nacht herunter rutschte. Ich hörte ein leises knurren von Ron der sich grummelnd in seinem Bett umgedreht und sich die Decke bis über den Kopf gezogen hatte. Das Klopfen wurde noch etwas energische als ich gerade dabei war Richtung Tür zu stolpern. „Ich komm ja schon“ gähnte ich müde und erreicht so dass wenigstens das Geklopfe aufhörte.

Langsam zog ich die Tür ein Stück weit auf und blinzelte in das ausdruckslose und leicht mürrische Gesicht einer meiner Mitschüler. Ich brauchte einen Moment bis ich mich an seinen Namen erinnert hatte. Wenn ich jetzt nicht ganz falsch lag war das José. Er war eine Klassenstufe über mir und so was wie der Schulsprecher. Fragend und auch immer noch etwas müde sah ich ihn an, während Josés Augenbraun langsam nach oben wanderten. Erst jetzt bemerkte ich dass mich der Schulsprecher von oben bis unten musterte. „Noch nie nen halb nackten Jungen gesehen?“ fragte ich ein wenig patzig, ich mochte es einfach nicht schon am frühen Morgen so angestarrt zu werden, dann fühlte ich mich immer so klein und hässlich, bestimmt standen meine Haare zottelig in alle Richtungen ab und ich hatte Ringe unter den Augen. Aber das konnte ich erst mit Sicherheit sagen wenn ich in den Spiegel geschaut hatte. Doch wenn ich ehrlich war wusste ich das ich ziemlich…nun ja nennen wir es bescheiden aussah. Ich konnte in der Nacht wegen dem heftigen Gewitter das aus gebrochen war nicht wirklich schlafen, so hatte ich zuerst Ron noch bei seinen Hausaufgaben geholfen die wir über die Ferien auf bekommen hatte und dann hatte ich wach in meinem Bett gelegen. Das letzte Mal hatte ich heute Morgen kurz vor vier Uhr auf meinen Wecker geschaut.

„Der Direktor möchte Ron sprechen. Sofort!“ unterbrach José mich in meinen Gedanken und seine braunen Augen funkelten wütend auf. Doch er verzog nicht eine Miene. Auch wenn ich bis jetzt noch nicht wirklich was mit unserem Schulsprechen zu tun gehabt hatte, so konnte ich doch jetzt schon sagen, das ich ihn nicht mochte. „Ich sag es ihm“ gab ich daher ein wenig unfreundlich zurück. Mit einem kurzen Nicken drehte sich José um und verschwand hinter der nächsten Ecke. Somit schloss ich die Tür und wand mit unserem Zimmer zu. Im halbdunkeln –die Fensterläden waren noch geschlossen- tastete ich nach den Lichtschalter. Kaum das das Licht eingeschaltet war grummelte Ron nur noch mehr. Allem Anschein nach hatte mein Zimmerkollege diese Nacht auch nicht viel geschlafen. Hoffentlich war ich nicht daran schuld.

Ruhig öffnete ich einen der Fensterläden und stand einen Moment neben Rons Bett, ehe ich die Hand nach ihm ausstreckte und begann ihn an der Schulter zu rütteln. „Komm schon Ron…steh auf! Der Direktor will irgendwas von dir“ erst jetzt, nachdem ich es selbst ausgesprochen hatte fing ich an mich zu fragen wieso Ron denn schon so früh am Morgen zum Schulleiter musste. Hoffentlich war es nichts Schlimmes! Während ich dabei war mir schon alles mögliche vor zu stellen was Ron dort erwartete, kämpfte dieser mit der Müdigkeit. „Guck nicht so als müsstest du zum Alten“ lenkte mich Ron ab der nun eine aufrechte Position eingenommen hatte und mir gegenüber saß. Ein wenig überrascht sah ich Ron an der noch nicht wirklich munter war. Für einen Moment hüpfte mir das Herz etwas höher in der Brust als ich ihn so im fahlen Morgenlicht betrachtete, das durch die Fenster herein schimmerte und ihn in sanftes Licht tauchte.

Keine Ahnung ob Ron gespürt hat das ich ihn anstarre oder ob es nur Zufall war, aber mit einem mal hob er den Kopf und unsere Blicke trafen sich. Jetzt wollte mein Herz keinen Hüpfer mehr machen sondern am liebsten aussetzen. Es kam mir so vor als währe mit einem Mal die Zeit stehen geblieben. „Eric~“ säuselte er mir zu. Seit wann klang mein Name so sinnlich wenn man ihn aussprach? Ich hatte das Gefühl ein Schmetterling flatterte aufgeregt in meiner Brust. Vielleicht träumte ich noch, aber mit einem mal fand ich mich schräg über Rons Schoss wieder der mich in seine Arme geschlossen hatte so das ich nun zu ihm aufsehen musste und er nicht mehr zu mir. „Was…?“ setzte ich an, doch er unterbrach mich mit einer liebevollen Geste, indem er mir hauchzart mit seinem Dauen über die Unterlippe strich. „Hast du Angst?“ ich konnte nicht Antworten und schüttelte daher nur leicht mit dem Kopf. Nein ich hatte keine Angst. Ich fühlte mich so geborgen und sicher wie schon lange nicht mehr, auch wenn ich ein wenig verwirrt war, so gefiel es mir doch in Rons Armen eingekuschelt zu liegen.

Ganz langsam und behutsam beugte er sich zu mir herunter bis seine Haare leicht meine Stirn kitzelten. Ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren, welcher ein wunderbares Prickeln auslöste. Mein Blick war gefangen von diesen herrlich grünen Augen. Mir war nie aufgefallen das sie schimmerten wie ein ruhiger Bergsee im Sonnenlicht.

Wie von selbst fanden sich unsere Lippen. Rons Kuss war nicht fordernd oder brutal wie ich es das letzte mal im Bad hatte befürchten müssen. Nein er war ganz anders. Er berührte mich als währe ich hauchdünnes Glas das schon bei einer einzigen falschen Berührung zerbrach. Und ohne es zu merken schloss ich die Augen und erwiderte den Kuss. Langsam ließ er mich zur Seite gleiten und legte mich auf dem Bett ab während er etwas über mich krabbelte und unser Spiel noch etwas sinnlicher machte indem er mir mit den Fingern durch die Haare und über den Hals strich. Mit sachten Bewegungen hatte seine Zunge meine Mundhöhle erobert und ich ergab mich ihm willenlos. Nie hätte ich gedacht, dass so etwas so gut schmeckte und sich so unglaublich himmlisch anfühlte. Behutsam ließ er von meinen Lippen ab und wanderte mit seinem Mund, küssend über mein Kinn hinab zu meinem Hals an welchen er sich nun mit Hingabe zu schaffen machte.

Jäh und sehr brutal riss mich ein ohrenbetäubender Lärm aus meinen Frühlingsgefühlen –wenn man sie so nennen konnte- und ließ mich zusammen zucken. Von draußen hörte man José gegen die Tür schlagen und wütend nach Ron brüllen. Doch nun wurde auch Ron wütend und riss sich mit einem knurren von mir los. Ich selbst war im ersten Moment vollkommen perplex. Nur langsam begann mein Hirn wieder zu arbeiten und mir wurde klar was ich gerade getan hatte, oder zumindest im Begriff war zu tun. Mir flammendem Gesicht sprang ich aus dem Bett und schloss mich in unserem kleinen Bad ein. Nagut, der Raum besaß nur ein Wachbecken und eine Toilette, dennoch reichte mir das vollkommen aus. Zitternd ließ ich mich auf den Toilettendecke nieder und lauschte mit rasendem Herzen dem Streit der anderen Beiden. Aber ich konnte sie mal wieder nicht verstehen als sie sich gegenseitig anbrüllten. Dann konnte ich nur noch ein Poltern hören und schließlich war es ruhig.

Ich kann nicht sagen wie lange ich mich auf der Toilette eingeschlossen hatte. Aber bestimmt war ich mehr als eine halbe Stunde da drin, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Ganz vorsichtig schob ich den Riegel nach hinten und linste in unser Zimmer. Die Tür zum Flur war nur angelehnt, aber hier war niemand mehr. Mit zitternden Händen schlüpfte ich schnell in meine Klamotten und verschwand aus dem Zimmer. Ich wollte Ron jetzt lieber nicht begegnen. Es war mir so unsagbar peinlich was ich da gemacht hatte. Wieso ich das getan hatte wusste ich nicht einmal. Im Grunde hab ich es nicht einmal gewollt und mich dennoch willenlos hin gegeben. Aber was das schlimmste für mich war, war die Tatsache das, das mein aller erster Kuss gewesen ist. Gut, ich kann mich nicht beschweren das er nicht gut was, keineswegs, der Kuss war wirklich sehr schön gewesen. Aber wieso ausgerechnet mit Ron? Er war doch einer meiner besten Freunde. An diesem Morgen erkannte ich mich selbst nicht wieder.

Das Frühstück ließ ich sausen, ich wollte momentan einfach lieber niemanden unter die Augen treten. Und obwohl ich alleine auf dem Flur war, hatte ich selten so ein starkes Gefühl gehabt beobachtet zu werden. Es kam mir vor als wüsste jeder in dieser Schule was vorhin in unserem Zimmer vorgefallen war.

Meine Rettung war die Bibliothek. Hier traf man so oder so nur selten Schüler an und schon gar nicht in den Ferien. Also war es der perfekte Ort für mich, um mich zu verkriechen und in aller Ruhe darüber nach zu denken was heute Morgen passiert war.

Irgendwie konnte ich nicht still sitzen und wanderte ständig von einem Sessel zum nächsten. Ich bekam bereits Kopfschmerzen von dem ganzen Gegrübel. Ich saß bestimmt zum dritten mal in dem Sessel vor dem Kamin als mir ein Buch auf dem Fußboden auffiel. Lag das vorhin da auch schon? Wenn ja hatte ich es bis jetzt immer großzügig übersehen. Dennoch sah ich mich um. Doch hier war niemand. Die Tür war zu und das Fenster nur einen Spalt breit offen, zumal wir hier im zweiten Stock waren. Da es keine andere Erklärung gab, sagte ich mir einfach selbst das ich es durch meine Sorgen und Ängste die Zeit über nur nicht bemerkt hatte. So stand ich noch einmal auf und hob den dicken Wälzer hoch. Das Buch machte den Anschein als währe es schon uralt. Und in der Tat das war es auch. Ich pustete eine dicke Schicht Staub herunter und schlug es auf. Die Tatsache, das ein Buch das offensichtlich jemand auf die Erde gelegt und vergessen hatte, gar nicht mit einer dicken Staubschicht bedeckt sein konnte, bemerkte ich nicht einmal. Sachte schlug ich die ersten Seiten auf und strich vorsichtig mit den Fingern über das pergamentartige Papier. Und meine Vermutung mit dem Alter wurde bestätigt. Das Buch war so alt das es nicht einmal ein Druck war. Es war noch von Hand geschrieben und später zu einem ordentlichen Buch mit schützendem Ledereinband zusammen gebunden wurden. Ich fragte mich wirklich was so ein Buch hier so achtlos auf dem Boden rum lag. Es musste doch bestimmt sehr kostbar sein. Doch ob kostbar oder nicht, das hielt mich nicht davon am mal meine Nase hinein zu stecken. Und das wortwörtlich. Ich hatte am Anfang ziemliche Probleme die Handschrift mit den alten Buchstaben zu entziffern. Die Rechtschreibung ließ auch ziemlich zu wünschen übrig. Aber naja damals war sie auch noch ganz anderes als heut zu Tage.

Bereits nach der ersten halben Seite hatte mich das Buch in seinen Bann gezogen. Es war eine Geschichte über Vampire, Werwölfen, Magiern und vielen, vielen anderen mystischen Wesen. Ich war ja eigentlich nicht so der Fantasy-Fan, aber diese Gesichte hatte es mir wirklich angetan. Erst später, stellte ich fest das die Geschichte, der von Ron auf erschreckende Weise ähnelte. Vermutlich war es sogar die gleiche, nur das Ron die Kurzversion benutzt hatte.

Ich hatte die Beine mit auf den Sessel gezogen und hockte tief vergraben zwischen den weichen Polstern des großen Sessels und den Seiten des alten Buches da. Stunde um Stunde verging, und ohne das ich es bemerkte begann der Tag sich zur Ruhe zu begeben und die Nacht brach herein. Ich war etwa bei dem letzten Viertel angekommen, in dem es um die Jagt ging, von der Ron gesprochen hatte. Doch das Lesen fiel mir immer schwerer und immer öfters klappten mir die Augen zu. Bis ich schließlich ganz eingeschlafen war.

Ein lautes und aufgeregtes Quietschen weckte mich am nächsten Morgen. Ich hatte noch nicht einmal ganz die Augen geöffnet als mir Benni um den Hals fiel und wir beide mit dem Sessel beinah umkippten. Nur Alex hatten wir es zu verdanken das wir nicht schmerzhaft Bekanntschaft mit dem Boden machten. Aber so wie es aussah währe selbst das Benni vollkommen egal gewesen. Übermütig plapperte er vor sich hin. So schnell das ich gar nicht genau mit bekam was er eigentlich sagte. Umso dankbarer war ich Alex der Benni endlich dazu brachte mal eine Minute still zu sein. So konnte ich wenigstens aufstehen und mich erst einmal strecken. „Es ist ungesund, das du so oft in der Bibliothek schläfst“ ermahnte mich Alex und ließ seinen Blick über mich schweifen. „Ist dir kalt?“ wollte er wissen und sah hinüber zum Kamin in dem langsam das letzte Feuer aus ging.

Verwundert wanderten meine Augenbraun in die Höhe. Gestern war im Kamin noch kein Feuer gewesen. Da war ich mir zu hundert Prozent sicher. War vielleicht später jemand gekommen der es angemacht hatte damit ich nicht froh? Immerhin war es fast Winder und dieses Gebäude war nun einmal nicht so sonderlich warm. Aber wieso hatte mich dann dieser jemand nicht einfach aufgeweckt und ins Bett geschickt?

Erst als Benni mich in die Seite piekste, kam ich wieder zu mir. „Was hast du hier eigentlich gemacht?“ wollte er nun wesentlich ruhiger von mir wissen. Lächelnd deutete ich auf das Buch, zumindest hatte ich das vor gehabt. Fragend und sichtlich verwirrt drehte ich mich einmal im Kreis. „Ich habe was gelesen...aber wo ist das Buch?“ meine Stimme klang recht heißer und vermutlich auch ziemlich verzweifelt. Verdammt langsam drehte ich wohl durch. Bücher verschwanden nicht einfach so, und auftauchen sollten sie eigentlich auch nicht. Seufzend massierte ich mir die Schläfen und versuchte das alles irgendwie in eine ordentliche Reinfolge zu bringen. Doch überall waren Lücken die ich nicht füllen konnte. So gab ich es bereits nach wenigen Momentan auf und ließ vollkommen fertig die Schultern sinken. „Ich glaub ich brauch ne Dusche und einen starken Kaffee.“ Gab ich trocken von mir. Benni der sich sichtlich sorgen um mich machte, mich aber auch aufmuntern wollte harkte sich bei mir ein und zog mich mit sich aus dem Raum. „Wir gehen erst einmal Frühstücken und dann erzählst du mir was du die Ferien so getrieben hast!“ verkündete er übermütig ohne das ich Protest einlegen konnte.

Ein letztes Mal warf ich einen Blick zurück auf die großen Holztüren der Bibliothek die sich hinter und schlossen und fragte mich was das alles auf sich hatte.
 

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Gott bin ich müde -___-

Das Kapitel hab ich extra nur für meine lieben Kommischreiber geschrieben

Ohne euch würde ich mich nie dazu aufraffen endlich mal weiter zu tippen

^^°

Betrogen!

Verdammt!!! Erst jetzt bemerkte ich wie sehr mein Magen doch knurrte. Eigentlich hatte ich gestern nur vorgehabt das Frühstück ausfallen zu lassen, durch das Buch aber, welches mir in die Hände gefallen war hatte ich auch die restlichen Mahlzeiten versäumt. Wirklich böse darüber war ich aber auch nicht. Es ärgerte mich sogar das ich es nicht geschafft hatte es fertig zu lesen. Na gut, es war schon eine Leistung, dass ich überhaupt so weit gekommen bin bei diesem dicken Wälzer und dieser winzigen alten Handschrift. So im Nachhinein betrachtet konnte ich aber durchaus sagen dass sich das Buch nach den ersten paar Seiten wie von selbst lesen ließ. Fast so als währe ich mitten im Geschen und nicht nur ein stiller Zuschauer.

Das ich mit meinen Gedanken nicht ganz bei mir war schien Benni sehr zu frusten, da er mir ein wenig unfreundlich eine Banane auf das Tablett warf. Erschrocken sah ich zu ihm und blinzelte meinen Freund im ersten Moment verständnislos an, bevor ich seufzend die Schultern hängen ließ und mir durch die Haare fuhr. Selbst der extra starke Kaffe den mir der Schulkoch zubereitet hatte half nicht. „Es tut mir leid! Ich bin in letzter Zeit irgendwie durch den Wind“ entschuldigte ich mich reuevoll bei Benni. Nun wurde sein Blick besorgt und auch Alex machte den Anschein als währe er nicht mehr ganz so gelassen. „Du wirst doch nicht etwa krank?! Gerade jetzt wo die Schule wieder anfängt?“ Ich könnte schwören dass ich da einen gewissen vorwurfsvollen Unterton heraus hören konnte. Dennoch schüttelte ich nur den Kopf und machte eine wegwerfende Bewegung. Ich konnte meinen Freunden ja schlecht erzählen dass ich zuerst mir Ron geknutscht und mich dann aus Angst, ihm über den Weg zu laufen in der Bibliothek verschanzt hatte. Hmm… ich muss gestehen das ich gestern gar nicht mehr an Ron gedacht hatte. Umso härter traf mich jetzt die Erkenntnis, weswegen ich überhaupt so durch einander war. Ich war bereits wieder dabei in Selbstmitleid und Angst zu zerfließen als ich wortwörtlich eine Schocktherapie bekam, indem der Grund meiner Sorgen, plötzlich hinter mir auftauchte und mir die Hand auf die Schulter legte. Mein ganzer Körper versteifte sich unter Rons Berührung und am liebsten währe ich unter den Tisch gerutscht um mich zu verstecken. Doch momentan schien ich nur Nebensache zu sein, denn Ron war erst einmal damit beschäftigt Benni und Alex überschwänglich zu begrüßen, naja zumindest Benni, Alex zeigte ihm wie immer die kalte Schulter und reichte ihm wohl nur aus reiner Höflichkeit die Hand zum Gruße.

Ich kann nicht genau sagen woran es nun lag, ob es die Anwesenheit meiner anderen Freunde war, oder dass Ron sich nicht einmal ansatzweise anmerken ließ was gestern passiert ist. Aber egal was nun der Grund war, wenigstens entspannte ich mich nach und nach ein Bisschen. Vollständig wollte meine Starrte aber leider nicht verschwinden. Während sich Ron und Benni aufgeregt über die Ferien unterhielten nahmen Alex und ich eher Schweigend unser Essen ein. Nur Gelegentlich äußerte sich Alex zu einer Bemerkung von Benni oder einer Frage. Und auch meine Antworten waren recht monoton und mehr Einsilbig als sonst irgendwas.

Dadurch das Benni und Ron die ganze Zeit tratschten, vergaßen sie vollkommen das Essen vor sich, somit war ich bereits fertig noch ehe Ron überhaupt angefangen hatte. Leise entschuldigte ich mich und brachte mein Tablett weg. Erst als ich den Speisesaal verlassen wollte merkte ich das Alex direkt hinter mir war. Wir mussten nicht wirklich mit einander sprechen um uns zu verstehen. So gingen wir in stillem Einverständnis gemeinsam zu unseren Zimmer. Dort angekommen verschwand ich erst einmal mit meinen Sachen Richtung Duschen. Alex nutzte die Zeit wohl um irgendwas aus zu packen. Immerhin hatte ich gesehen das sein Koffer noch geschlossen auf dem Bett lag.

Nach ca. 15 Minuten kam auch ich dann wieder aus dem Gemeinschaftsbad. Eigentlich duschte ich nie so lange, doch irgendwie hatte ich heute Morgen das Bedürfnis mich besonders gründlich zu waschen. Im Grunde hätte ich es mir denken können, dass die anderen nun auch wieder im Zimmer waren, doch ich hatte es erfolgreich verdrängt und bekam nun dafür die Quittung. Kaum das ich durch die Tür getreten war, kam Benni bereits angesprungen und warf sich mir um den Hals. Vor Schreck ließ ich meine dreckige Wäsche und das Handtuch fallen.

Alex hatte seinen Koffer bereits ordentlich ausgeräumt und alles an seinen vorgesehen Platz gestellt, während Benni eher ein Heiden Chaos angerichtete und so ziemlich alle seine Sachen auf dem Fußboden verstreut hatte. Einerseits beunruhige mich das inzwischen wieder so viele Menschen in unserem Zimmer waren, andererseits erleichterte und beschwichtigte mich der inzwischen gewohnte Anblick dieses Durcheinanders.

Ron saß mit einer kleinen Schachtel auf dem Bett die er einige Momente nachdenklich betrachtete, bis er bemerkte, dass ich zu ihm hinüber sah. Rasch ließ er das kleine unscheinbare Päckchen in seiner Tasche unter dem Bett verschwinden und tat so als währe nichts gewesen. Ich war neugierig. Was wohl in dieser kleinen Schachtel verborgen war? Doch anstatt nach zu Fragen warnte mich ein innerer Instinkt davor mich zu weit vor zu beugen. Vielleicht stimmte es ja, dass es Sachen gab in die man besser nicht seine Nase stecken sollte.

Es klopfte an der Tür und vermutlich hätte ich es gar nicht bemerkt wenn Alex nicht geöffnet hätte. José stand davor und begrüßte Alex nur mit einem knappen Nicken bevor er in den Raum trat und direkt auf mich zu kam. Ich wollte schon zur Seite gehen, da ich annahm das er wieder mal mit Ron sprechen wollte, doch dem war so nicht und er stellte sich direkt vor mich. „Komm mit!“ forderte er mich nicht besonders freundlich auf. Fragend zog ich die Augenbraun zusammen. Was wollte der denn jetzt von mir? Ob er noch sauer war das ich ihn gestern so angefahren hatte? Oder hatte vielleicht Ron womöglich irgendetwas gesagt weswegen ich nun ärgern bekommen sollte? Ich war bereits dabei in Panik zu geraten als ich Rons Hand plötzlich auf meiner Schulter spürte. Seltsamerweise beruhigte mich seine Anwesenheit dieses mal, statt mich wie heute Morgen zu verschrecken. Er war ganz nah bei mir als würde er mich stützen und mir könnte nichts und niemand etwas anhaben, und für einen kurzen Moment schien ich wirklich vollkommen vergessen wurden zu sein, da sich unser Schulsprecher und mein Zimmerkollege über meinen Kopf hinweg böse anstarrten.

Jäh wurde ich zurück in die Realität geholt als José nach meinen Oberarm griff und mich aus dem Zimmer zerren wollte. Doch noch bevor er oder ich auch nur einen Schritt machen konnte war Alex dazwischen gegangen und drängte den Schulsprecher von mir weg.

Und wieder einmal wurde ich Zeuge von einem mehr als sonderbaren Verhalten meiner Mitschüler. Sie starrten sich einfach nur schweigend gegenseitig an und schienen genau zu wissen was der andere wollte. Diese Sache war mir schon mehr als einmal aufgefallen. Doch ich machte mir nichts draus, da es mir hin und wieder nicht anders ging. Aber das war eher der Ausnahmefall.

„Ron lass ihn los.“ Forderte Alex unseren Zimmergenossen auf, welcher nach kurzem Zögern mich tatsächlich los ließ. Fast schon schmerzlich trauerte ich seinen vertrauten und schützenden Händen hinterher. Nun war es Alex der mir die Hand auf die Schulter legte und mich langsam aus dem Zimmer schob. „Geh mit ihm, wir warten hier auf dich.“ Versicherte er mir und beunruhigte mich dadurch -wahrscheinlich unabsichtlich- nur noch mehr.

Es herrschte eisernes Schweigen zwischen José und mir, als er mich die Korridore entlang führte und wir schließlich vor der Tür des Direktors ankamen.

Ich kam mir so schrecklich klein vor, vor der riesigen eisenbeschlagenen Holztür. Fast glaubte ich das schlottern meiner Knie und das schlagen meines Herzens zu hören. Unmerklich zuckte ich zusammen als José an der Tür klopfte, dabei kam es mir eher so vor als würde er mit voller Wucht dagegen schlagen so wie es scheppert. Müsste ich dort anklopfen, währe ich mir fast schon sicher, dass man es auf der anderen Seite gar nicht hören würde, so dick wie das Holz der Tür war. Mit einem leisen knarren wurde die Tür von innen geöffnet und wir durften eintreten. Wobei das wir nur aus mir bestand und nicht aus José der mich nur auffordernd ansah. Er musste mein Zögern bemerkt haben, da er mich mit einem leicht ärgerlichen Grumpf-Geräusch aufforderte mich endlich in Bewegung zu setzen.

Ich spürte regelrecht wie die Innenflächen meiner Hände feucht wurden und sich mein Puls noch etwas mehr beschleunigte. Währe ich an ein Herz-Überwachungs-Gerät –oder wie auch immer diese Pips-Dinger heißen- angeschlossen, müsste jetzt wohl ein lange gezogener Pfeifton kommen als ich die hochgewachsene Gestalt vor dem Tisch des Direktors erkannte.

Ein dunkler dicker Mantel hüllte die schlanke Gestalt der Frau mit den langen blonden Haaren ein die sich nun zu mir umdrehte. „Mama~“ krächzte meine Stimme in dem großen Raum. Innerhalb von zwei Sekunden zuckten die wildesten Weltuntergangstheorien durch meinen Kopf. Es konnte nur etwas sehr schlimmes passiert sein, wenn meine Mutter persönlich hier her kam um mit mir zu sprechen und nicht einfach einen Angestellten schickte. Ich war heute so mit mir selbst beschäftig gewesen, das ich ihr Ankommen gar nicht bemerkt hatte. Naja sie hatte mir ja auch nichts gesagt gehabt von einem Besucht. Oder vielleicht doch? Hatte ich es bloß vergessen? Nein! Das konnte nicht sein, so etwas würde ich nicht vergessen. Meine Mutter beugte sich zu mir runter und schloss mich so fest wie schon sehr lange nicht mehr in ihre Arme. Ich spürte ihr zittern und machte mir nur noch mehr Sorgen. Vor allem bekam ich mit einem mal das Gefühl selbst stark sein zu müssen. Stark zu sein für meine Mutter, die so ängstlich und angeschlagen im Moment auf mich wirkte.

Der Direktor bat uns auf dem Ledersofa an der Wand Platz zu nehmen um alles in Ruhe zu besprechen. Der Schulsekretär brachte uns Tee und ein wenig Gebäck, doch weder meine Mutter noch ich rührten etwas davon an. Mehrfach versuchte sie mir etwas zu sagen, verschluckte sich aber eher an ihrer eigenen Sprache und Schluchzte leise, bis der Direktor das Sprechen für sie übernahm. „Hör zu Eric, es gab da wohl einen Zwischenfall bei euch zuhause.“ „Einen Zwischenfall???“ unterbrach ich ihn aufgeschreckt und meine Augen weiteten sich ein gutes Stück. Der Mann vor mir hob beschwichtigend die Hände um mir zu zeigen das es wohl nicht ganz so schlimm war wie ich es mir gerade ausmalte. „Dein Vater…dieses Schwein…er ist mit unserer Anwältin und mit dem gesamten Vermögen weg“ giftete meine Mutter erbost und war vor ärger über die Tat meines Vaters aufgesprungen und schüttelte mit der Faust als wolle sie jemanden erschlagen, ich konnte mir schon denken wen sie am liebsten im Moment schlagen würde. Auch wenn ich mir das irgendwie nicht vorstellen konnte. Mein Vater ein Ehebrecher und Betrüger? In diesem Moment stürzte eine Welt für mich zusammen. Mir war durchaus bewusst, dass die Beziehung zwischen meinen Eltern ein wenig frostig war und sie nicht wirklich viel gemeinsam hatten. Doch das dann gleich so etwas kam? In der französischen Presse und der Oberschicht wurde immer von ihrer guten und ehrlichen Ehe berichtet. In diesem Moment wurde mir klar wieso meine Mutter hier war. Die Presse würde sie in der Luft zerreisen und mich auch wenn sie uns zu fassen bekam. So einen Skandal musste man groß raus bringen. Das Leben der Reichen und Schönen war nun einmal eintönig und langweilig, so dass ihre größte Freude darin bestand das Leiden ihresgleichen zu sehen. Meine Mutter würde versuchen nichts von alledem an die Öffentlichkeit kommen zu lassen, solange es ihr möglich war. Doch lange blieb so etwas nicht geheim. Sie würde vermeiden wollen das ich in all das mit hinein gezogen wurde, auch wenn das wohl kaum möglich war. Immerhin war er mein Vater und wenn er mit dem gesamten Besitz getürmt war, war auch ich betroffen. Doch über Machtverhältnisse und einem eventuellen Erbe konnte ich mir gerade keine Gedanken machen. Mein Vater hatte uns verlassen! Das knabberte an mir wesentlich mehr als der Verlust eines Vermögens. „Wo ist er?“ selbst in meinen Ohren klang meine Stimme als käme sie nicht von mir selbst. „Vermutlich irgendwo in Brasilien.“ Murmelte meine Mutter leise. Sie würde versuchen ihm nach zu reisen und ihm zur Rede zu stellen. Doch was sollte aus mir werden? Verzweiflung stieg in mir auf, doch ich weigerte sie durchbrechen zu lassen. Ich durfte meiner Mutter jetzt keinen Kummer oder Sorgen bereiten. Sie stand jetzt an erster Stelle und nicht ich. Doch wenn wir wirklich kein Vermögen mehr hatten würde ich nicht hier blieben können. Immerhin war das Internart auch nicht gerade günstig. Ich wusste zwar das meine Mutter gewiss noch irgendwo Geld zurück gelegt hatte. Irgendwelche Konten an die mein Vater nicht heran kam. So etwas war bei uns ganz natürlich. Mein Vater besaß Konten von denen meine Mutter weder etwas wusste oder gar auf die sie Zugriff hatte, aber meine Mutter im Umkehrschluss eben auch. Oder hatte mein Vater mit Hilfe der Anwältin etwa auch diese geplündert?

Inzwischen hatte meine Mutter bitterlich angefangen zu weinen. Wie von selbst strich ich ihr über die Arme so wie sie es immer bei mir gemacht hatte, wenn ich traurig oder verängstigt war. Eine Geste die es wohl schon seit vielen hundert Jahren gab und noch nie seine Wirkung verfehlt hatte. Langsam hörten die Schultern meiner Mutter auf zu beben und sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, während sie sich beim Direktor für die Unannehmlichkeiten entschuldigte. Dieser schüttelte aber nur den Kopf und meinte das ihr Verhalten verständlich ist und sie sich keine unnötigen Gedanken machen sollte. Da ich merkte das meine Mutter noch nicht wieder soweit war um klar zu sprechen wand ich mich meinem Schulleiter zu. „Muss ich das Internart verlassen?“ Sicher, das war nicht gerade die beste Frage die ich momentan stellen konnte, doch die einzige die mir gerade am meisten unter den Nägeln brannte.

„Nun ja, Schüler deren Eltern das Schulgeld nicht mehr aufbringen können müssen unser Internart verlassen. Aber in deinem Fall können wir wohl eine Ausnahme machen. Die Situation deiner Mutter ist hoffentlich nur vorübergehend, zudem sind deine Noten hervorragend. Daher habe ich einige Hebel in Bewegung gesetzt, damit du ein volles Stipendium bekommst und deinen Abschluss hier machen kannst.“ Sprach er mit ruhiger und bedachter Stimme um mich, aber vor allem meine aufgewühlte Mutter zu beruhigen.

Nun war es meine Mutter die mich über die Arme streichelte und mich leicht an ihre Brust zog. „Es tut mir sehr leid, aber dieses Jahr können wir deinen Geburtstag und Weihnachten nicht zusammen feiern. Außerdem…“ begann sie, sprach aber nicht weiter. Erst jetzt fiel mir ein das ich ja in knapp drei Wochen Geburtstag hatte. Den hatte ich in der Aufregung der letzten Tage total vergessen. Sie sah erneut zu meinem Direktor, der allem Anschein nach besser in die Sache eingeweiht war als ich. „Die Polizei geht davon aus das dein Vater dich vermutlich zu sich hohlen will und eventuell dafür jemanden beauftragt der dich entführen soll.“ Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken als mir klar wurde wie kriminell die Handlungen meines Vaters wohl wirklich waren und was er noch alles tun würde. „Das heißt ich kann nicht nach Hause in den Ferien.“ Stellte ich leise fest. Ich hatte erwartet das meine Mutter mich wenigstens zu meiner Tante über die Feiertage schicken würde. Doch wenn mein Vater wirklich vor hatte mich entführen zu lassen, währe ich dort auch nicht sicher. „Einer deiner Freunde hat sich bereit erklärt dich in den Ferien mit zu sich zu nehmen und auf dich auf zu passen.“ Durchbrach meine Mutter meine Gedanken. „Ein Freund?“ wer zum Teufel wusste von dieser Sache schon außer mir? Zudem wenn meine Freunde es schon wussten, wieso hatten sie dann nicht bereits mit mir gesprochen? Hinter mir hörte ich das Klacken der Tür die in einen anderen Raum führte den ich noch nie von innen gesehen hatte. Meine Nackenhärchen stellten sich auf. Ich musste mich nicht umdrehen um zu wissen das dieser »Freund« weder einer meiner Zimmergenossen, noch einer von den Jungs war mit denen ich öfters zusammen war.

„Ich werde auf ihn aufpassen.“ Beim Klang der Stimme schloss ich wie von selbst die Augen und atmete innerlich erst einmal tief durch. Wie kam man auf die Idee das ER auf mich aufpassen sollte? Zumal…seit wann waren wir so was wie Freunde? Das letzte mal als wir uns gesehen hatten, hat er mich angebrüllt und davon gejagt. Als ich die Augen wieder öffnete stand er seitlich von meiner Mutter und sah direkt auf mich herunter. „Raven“ nuschelte ich in mich hinein. Wie jedes mal, wenn ich ihm begegnete begann mein Kopf zu schmerzen und ich fühlte mich alles andere als wohl. Wieso hatte man ihn gerade mit ins Vertrauen gezogen? Ich würde viel lieber zu einen meiner wirklichen Freunde gehen und dort die Ferien verbringen und nicht bei ihm.

So als könnte man meine Gedanken erraten setzte sich Raven neben den Direktor und schlug die Beine über einander. „Im Gegensatz zu den anderen habe ich selbst nur einen blinden Großvater. Das heißt du störst niemanden über Weihnachten.“ Machte er mir meine Situation ziemlich unfreundlich deutlich. Sicherlich, ich wollte niemanden stören aber das, das war doch einfach nur noch unfair. Aber irgendwo hatte Raven auch recht. Weihnachten war ein Fest für die Familie und da passte nicht gerade ein Junge dem man verstecken sollte hinein. Niemand sollte meinetwegen an den Feiertagen Trübsal blassen. Und wenn Raven selbst keine Familie hatte schien ich nicht weiter auf zu fallen. Ob er mit seinem Opa überhaupt feierte? Ach~ im Grunde war es mir auch egal. Ich würde mich in mein Zimmer einschließen und einfach drauf warten das die Schule wieder los ging.

Widerwillig nickte ich und sah zu meiner Mutter. „Ich werde brav sein.“ Versprach ich ihr und wurde dafür in die Arme genommen und noch einmal gedrückt. „Ich habe dir noch einige Sachen von Zuhause mit gemacht, ich werde mich so oft wie möglichst bei dir melden und wenn du irgendwas über deinen Vater erfahren sollst sag es sofort dem Direktor oder der Polizei! Hast du verstanden?“ wieder nickte ich. Was sollte ich auch groß dazu sagen? Das ich mich in meiner eigenen Haut nicht mehr wohl führte und mir die ganze Situation an die Nieren ging? Bestimmt nicht. Das könnte ich meiner Mutter nicht antun. Somit rappelte ich mich auf und setzte mein unerschütterlichstes Lächeln auf, als ich nun sie in den Arm nahm. „Mach dir keine Sorgen, Mama. Mir geht es gut und wir schaffen das schon.“ Versuchte ich ihr Mut zu zusprechen. Immerhin war ich jetzt -mehr oder minder- der Mann im Haus. Und irgendwie machte es dem Anschein das meine Reaktion meine Mutter auch ein bisschen wieder aufbaute. Sie wischte sich die letzten Tränen weg und stand auf. „Ich werde mir diesen dreckigen Hund schnappen und dann wird er kastriert!“ verkündete sie nicht besonders damenhaft. Kurz verabschiedete sie sich von meinem Schulleiter und Raven und rauschte dann auch durch die Tür wieder davon. Ich stellte mich ans Fenster um ihr noch kurz nach zu sehen wie sie im Wagen verschwand. Wenigstens waren noch einige Bediensteten bei ihr, eine Tatsache die mich sehr beruhigte, es währe furchtbar für mich zu wissen das meine Mutter alleine war. Der Direktor stellte sich neben mich und meinte noch das sie in den nächsten Tagen zu ihrer Schwester -meiner Tante- ziehen würde, um von da aus alles in die Wege zu leiten, damit sie meinen Vater erwischte und sich das zurück hohlen konnte das ihr rechtlich zustand.

So gefasst wie es mir möglich war, bedankte ich mich bei meinem Schulleiter und verließ das Büro. Das mir Raven auf Schritt und Tritt folgte bemerkte ich erst drei Ecken weiter als ich schließlich nicht mehr an mich halten konnte und selbst weinen musste. Ich wollte es ignorieren, es verdrängen, einfach nicht wahr haben, doch es ging nicht. Ich musste mich mit der Tatsache zurecht finden das mein Vater nicht der Mann war für den ich ihn gehalten hatte. Eine leise Stimme in meinem Hinterkopf sagte mir das er bestimmt seine Gründe für sein Handeln hatte und es nicht so schlimm war wie es gerade aussah. Doch was machte ich mir selbst vor? Wir lebten nicht in einer Traumwelt oder in einer Fernsehserie, wir leben in der Realität und da gibt es nur sehr selten ein Happy End.

Wimmernd und weinend rutschte ich an der groben Steinmauer runter und kauerte mich auf dem Boden zusammen. Es tat so weh. Es tat so schrecklich weh. Als würde mir das Herz in der Brust zerspringen. Es war uninteressant in welcher Schicht man lebte. Ob man einer der obersten Zehntausend oder so arm wie eine Kirchenmaus war, der Schmerz war der gleiche, wenn man erfuhr das die Welt nicht mehr die war die man kannte.

Gute 20 Minuten brauchte ich bis ich mich wieder beruhigt hatte und nicht drohte gleich beim nächsten Atemzug an Sauerstoffmangel zu sterben, da ich fast zu hyperventiliren angefangen hatte. Raven stand die ganze Zeit schweigend neben mir. Er berührte mich nicht, er sprach mich nicht an, ich war nicht einmal sicher ob er mich überhaupt ansah. Erst als ich nur noch still da saß und nichts mehr von mir gab, kam er zu mir und nahm mich auf die Arme. „Schlaf ein bisschen.“ Flüsterte er mir leise zu und brachte mich weg. Wohin er mich trug, das wusste ich nicht, es war mir auch egal, denn ich hatte das Gefühl, wenn ich wieder aufwachte währe alles nur noch halb so schlimm. Somit gab ich mich endlich dem erholsamen Schlaf hin, welcher mich einfach nur vergessen ließ, wenigstens für einige wenige Stunden der Ruhe.
 

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So!

Für dieses Kapitel habe ich Ewig gebraucht. Normalerweise reiße ich die Kapitel in ein bis zwei Tagen runter. An dem hier habe ich mich bestimmt 10 mal gesetzt. -_-

Ich hoffe es ist nicht irgendwie unverständlich sooft wie ich es umgeschrieben habe.
 

PS: hab die Woche der Prüfungsvorbereitung genutzt während meine MitAzubis mich ständig genervt haben!!! Solche Wich***
 

Danke soweit erst mal fürs lesen^^
 

jack-11

Deine starken Arme!

Ich würde nicht behaupten, dass ich eine schlechte Kindheit hatte. Nein bei Leibe nicht. Meine Kindheit war sogar sehr angenehm und schön gewesen. Ich saß zwar immer ein bisschen im goldenen Käfig, aber das war nicht weiter schlimm. Mein Vater war immer ein wenig distanziert von mir, wir hatten nie wirklich viele Gemeinsamkeiten. Aber er war nun einmal mein Vater. Bis auf wenige Male war er auch immer da gewesen. An allen wichtigen Ereignissen in meinen Leben. Bei meiner Geburt -sagte meine Mutter-, bei meinen Geburtstagen, zumindest bei den meisten. Zu Weihnachten und zu fast allen anderen Feiertagen. Er war kein schlechter Vater, aber ein richtiger Vater war er auch irgendwie nicht für mich. Er war eher ein Fremder mit dem ich zusammen aufgewachsen war. Hin und wieder stellte er Anforderungen an mich die ich einfach nicht bewältigen konnte. Doch meist schienen wir an einander vorbei zu leben. Wenn ich einen Alptraum hatte konnte ich nicht zu ihm ins Bett kriechen, um mich zu verstecken, da seine Tür meist abgeschlossen war. Wenn ich mich verletzte oder mir weh getan hatte, sagte er nur immer: Was uns nicht umbringt, macht uns stärker, statt mich tröstend in den Arm zu nehmen. Das übernahm dann lieber meine Mutter. Aber trotz allem konnte ich mich glücklich schätzen ihn zu haben.
 

Nur sehr langsam wollten die Nebelwolken aus meinem Kopf verschwinden und ließen mich wieder frei. Als ich die Augen aufmachte blinzelte ich einige Male. Es war dunkel, dunkler als ich es gewohnt war. Naja wenigstens wurde ich nicht sofort von grellem Licht geblendet. Irgendwie tat mir alles weh, und obwohl sich meine Knochen anfühlen als währen sie aus Blei setzte ich mich auf und tastete nach einem Lichtschaltern. Es dauerte nicht lange bis ich eine Art Nachtschrank mit einer Lampe fand. Die Lampe war schon sehr alt und hatte keinen Kippschalter sondern noch eine Schnur zum ziehen. Also, mein Zimmer war das ganz gewiss nicht. Ich wusste weder wo ich war noch wie spät es war als ich das Licht einschaltete. Die kleine Funzel neben mir spendete nur spärlich, rötliches Licht.

Dieser Raum war mir nicht nur unbekannt sondern auch irgendwie unheimlich. Die Wände waren noch die kargen, groben und blanken Mauersteine. Hier war nichts schön verputzt wie in meinem Zimmer. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen man hatte mich ins vorletzte Jahrhundert zurück geschickt. Langsam ließ ich meinen Blick durch das Zimmer wandern. Als ich am anderen Ende des Raumes ankam blieb mir fast das Herz stehen. Wie aus dem Nichts tauchte Raven aus dem Schatten einer Ecke auf und trat an das Bett heran auf dem ich saß. Mit zitternden Händen versuchte ich mein Herz wieder zurück in die Brust zu schieben. Gott so was machten meine Nerven einfach nicht mit.

„D-d-du…hast mich erschreckt.“ Stammelte ich vor mich hin und versuchte erst einmal tief durch zu atmen.

„Das war gewiss nicht meine Absicht.“ Seine Stimme war außergewöhnlich ruhig, als er sich auf mich zu bewegte und sich auf einen Stuhl neben dem Bett setzte. „Hast du dich ein wenig erholt? Du sahst aus als hättest du einen Alptraum.“ Leicht benommen nickte ich. Zumindest zu dem ersten Teil. Ja ich fühlte mich besser. Irgendwie hatte ich das Gefühl, die Erkenntnis, dass mein Vater mich und meine Mutter verlassen hatte, jetzt wesentlich nüchterner zu verdauen. Wenn ich so darüber nach dachte fand ich es nicht einmal sonderlich schlimm, dass er jetzt weg war. Nur dass meine Mutter deswegen so litt machte mich wütend. Momentan aber war ich ziemlich weit weg von Wut.

„Wie spät ist es?“ Raven der neben mir saß drehte sich auf dem Stuhl etwas um, so dass er ohne sich zu verrenken hinter sich blicken konnte. Ich selbst sah auch in die Richtung, konnte aber nur ansatzweise die Standuhr erkennen die dort im Halbdunkeln stand. Raven jedoch schien selbst den kleinen Zeiger ganz deutlich erkennen zu können. „Kurz vor Drei.“ „Morgens?“ harkte ich mit leicht ächzender Stimme nach. Und erhielt dafür ein zustimmendes Nicken. Zumindest erklärte es, warum es so dunkel war. Ich hatte ziemlich lange geschlafen. Mehr als 12 Stunden. War ich wirklich so aufgewühlt gewesen, dass ich so lange geschlafen hatte? Und wieso war Raven dann noch wach? Doch anstatt ihn danach zu fragen, fragte ich: „Und wo sind wir?“

Nun wanderte auch Ravens Blick durch den Raum als müsste er sich selbst einmal orientieren. Sah dann aber wieder mich an. Seine dunklen, nahezu schwarzen Augen hielten mich gefangen und sorgten dafür, dass ich einen Moment lang die ganze Welt um mich herum vergaß und mein Kopf leicht und leer wurde.

„Wir sind in dem nicht ausgebauten Teil des Internats.“ Antwortete er schlicht und zuckte leicht mit den Schultern. Ja und wieso bitte war ich jetzt nun hier und nicht in meinem Zimmer? War er mit seinen Gedanken gerade wo anders, dass er den eigentlichen Sinn meiner Frage nicht verstand oder wollte er ihn mir nicht sagen? Mein Blick wurde regelrecht aufdringlich als ich ihn bewusst mit meinen Blicken erdolchte. Anscheinend war ich doch wütend. Aber es währe nicht fair Raven jetzt darunter leiden zu lassen. Als dieser sich etwas unbehaglich den Nacken rieb, senkte ich seufzend meinen Blick und betrachtete meine auf dem Schoss zusammen gefalteten Hände.

„Ich dachte mir dass es hier ruhiger ist und du sicherlich nicht willst dass die ganze Schule deinen Nervenzusammenbruch mit bekommt“ seine Stimme riss mich unvermittelt aus meinen Gedanken als er mir schließlich doch nach einiger Zeit antwortete. Ob er vielleicht erst selbst darüber hatte nachdenken müssen?

Erneut merkte ich das meine Gedanken mit mir davon schweifen wollte, als sich ein gähnen auf seinen wohlgeformten und -für einen jungen Mann- verrucht sinnlichen Lippen abzeichnete. Ohne groß zu zögern schlug ich die Decke des Bettes zurück und hüpfte hinaus. Ein kühler Lufthauch wehte um meine bloßen Beine und ließ mich leicht erschaudern. Erst jetzt fiel mir auf das ich lediglich noch meine Shorts und mein grünes T-Shirt trug. Instinktiv wanderte mein Blick zu dem Stuhl über dem meine Kleidung hing. Naja, wenigstens war ich nicht ganz nackt so wie bei Benni.

„Wenn du müde bist, dann sollte ich jetzt wohl besser gehen. Tut mir leid für die Umstände…und danke für die Hilfe“ fügte ich nach kurzem Zögern hinzu und senkte dankbar ein wenig meinen Kopf. Eine Geste die unter den Schülern sehr verbreitet war und die ich mir selbst rasch angewöhnt hatte. Sie war zwar ein wenig veraltet, aber wenigstens brauchte man nicht unnötig viele Worte zu verschwenden.

Ich war bereits dabei mir meine Sachen vom Stuhl zu nehmen, um sie an zu ziehen als auch Raven sich erhob und mich am Handgelenk fasste. Es war als würden viele kleine Blitze durch meine Haut jagen, dort wo er mich berührte. Weder schmerzhaft noch mit wirklich wahrnehmbaren Druck brachte er mich dazu meine Hose wieder hin zu legen und mich zurück aufs Bett zu setzten. „Ich denke es ist besser, wenn du heute Nacht hier schläfst. Oder möchtest du deinen Freunden erklären, wo du um drei Uhr morgens her kommst?“ Das war ein Argument. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Was würden sie wohl von mir halten, wenn ich erst jetzt wieder auftauchen würde? Irgendwie war es mir ja auch egal, aber ich wollte niemanden aufwecken und entschied mich daher hier die Nacht zu verbringen. Als hätte Raven meine Schweigende Kapitulation gespürt, drehte er sich um, um seine eigene Jacke ab zu legen und über den Stuhl zu hängen. Im ersten Moment bemerkte ich das nicht einmal richtig da mein Blick wie gebannt auf den kalten Fußboden unter mir hing. Diesmal waren es keine Kopfschmerzen die mich plackten. Das Gefühl hatte sich verändert. Jetzt war es mehr wie ein dumpfes Pochen und ein leicht taubes Gefühl, als wär ich noch nicht ganz wach.

Als ein paar schwarze Turnschuhe in meinen Blickfeld traten, schreckte ich leicht auf und sah hoch zu meinem Mitschüler, der mir ein Glas Wasser hin hielt. „Trink etwas, dann geht es dir bestimmt besser.“ Versicherte er mir.

Nachdem ich das Glas geleert und auf den Nachtschrank abgestellt hatte, fühlte ich mich in der Tat besser und rutschte zurück aufs Bett unter die noch warme Decke. Unterdessen hatte sich Raven bis auf die Hose entkleidet und kam ebenfalls zum Bett. Nur zu deutlich konnte man an meinem Gesichtsausdruck ablesen, dass ich mehr als nur geschockt war. Raven wollte hier schlafen? HIER bei mir? Im Bett, mit mir zusammen?

Ein Kinnladen klappte regelrecht bis auf die Bettdecke, als meine Vermutungen, oder sollte ich eher Befürchtungen sagen, bewahrheitet wurden, indem er die Decke umschlug und zu mir ins Bett stieg. Wie von selbst wollte ich auf der anderen Seite wieder hinaus springen, doch noch ehe ich die Füße in die kühle Nachtluft strecken konnte hielt mich Raven auch schon zurück und drückte mich in die Kissen. „Nun stell dich nicht so an…ich werde dich schon nicht beißen.“ Versicherte er mir und ließ mich los. Zur Verdeutlichung hob er unschuldig seine Hände in die Höhe. „Warum werd ich das Gefühl nicht los, das ich dir das nicht glaube?“ murmelte ich vor mich hin, während ich zu ihm aufsehen musste. Doch statt einer Antwort erhielt ich nur ein leichtes Schulterzucken.

„Der Direx sagt, dass du morgen nicht in den Unterricht brauchst, wenn du dich nicht wohl fühlst“ meinte er noch und deckte nun auch sich zu. Ich konnte ihn spüren, wie er sich auf dem Bett leicht bewegte um an das Licht zu gelangen. Ich konnte ihn riechen, eine Mischung aus Wald, Moschus und ein wenig Leder, ein unverkennbarer männlicher Duft. So mussten die alten mächtigen Kriegsherrn und Ritter gerochen haben, schoss es mir durch den Kopf. Doch bevor ich dem Verlangen, meine Nase an seine Brust zu drücken und seinen Duft tief ein zu atmen, noch wirklich nach gab, drehte ich mich rasch zur anderen Seite und schloss die Augen, in der verzweifelten Hoffnung ihn einfach ignorieren zu können. Doch ebenso wenig wie ein Hase die Schlange in seinem Bau ignorieren konnte, ebenso wenig konnte ich Raven in diesem Bett ignorieren.

Ich fühlte mich hilflos und unbehaglich in seiner Nähe. Raven strahlte so etwas Mächtiges und irgendwie auch Dunkles aus. Nichts das mir irgendwie schaden wollte. Dennoch war es seltsam so etwas aus unmittelbarer Nähe ausgesetzt zu sein. Aber vielleicht bildete ich mir das auch alles nur ein.

Nach einigen Minuten die ich still da gelegen hatte, traute ich mich endlich wieder die Augen zu öffnen. Doch Raven hatte bereits das Licht aus geschaltet und es war so stock duster das ich nicht einmal die Hand vor meinen Augen sehen konnte. Doch obwohl ich nach wie vor spürte, dass mein Körper erschöpft war, wollte mein Geist einfach keine Ruhe finden. Morgen, oder besser gesagt, heute ging die Schule wieder los, aber Lust auf Unterricht hatte ich keinesfalls. Während ich so da lag und nichts weiter als das Ticken der alten Standuhr und das leise Atmen von Raven hinter mir hörte, begannen meine Gedanken in alle Richtungen ab zu schweifen und die Situationen, Ereignisse und Probleme der letzten Tage aus ganz neuen Blickwinkeln zu betrachten. Endlich fand ich die Zeit die ich braucht um in Ruhe über alles nach zu denken. Über all das was ich in letzter Zeit verdrängt hatte und mit dem ich mich nicht beschäftigen wollte. Und ich war selbst überrascht wie viel sich da inzwischen angesammelt hatte. Kein Wunder das ich bei dem ganzen durcheinander umgekippt bin. Zuerst beschäftigte ich mich mit der Sache am See. Ich weiß das niemand in meiner Nähe gewesen war der mich hätte runter ziehen können, aber irgendwer, oder irgendwas hat es getan. Denn im Grunde war ich ein wirklich guter Schwimmer und bis auf die leichte Frostbeule die ich mir zu gezogen hatte als ich ins Wasser gesprungen bin, ging es mir gut. Und auch Schlingpflanzen oder ähnliches gab es da nicht, zumal mich sowas nicht ruckartig Unterwasser ziehen würde. Es musste also etwas anderes gewesen sein. Ich könnte zwar behaupten, dass es ein großer Fisch gewesen war. Aber an meinem Bein hatten sich keinerlei Bissspuren gefunden, und obwohl es seltsam klang, hatte ich das Gefühl das es eine Art Hand gewesen war die mich gepackt hatte. Zum Glück war Raven da gewesen der mich hatte raus gefischt. Doch da kam die nächste Ungereimtheit. Raven war definitiv auf der Plattform gewesen, aber er war kein bisschen Nass. Und kein Normaler Mensch konnte vom Rand des Sees aus zu der hölzernen Insel springen. Wie also war er dorthin gekommen? Und dann auch noch so schnell um ihn zu retten?

Doch der Spuck ging noch weiter. Bis heute hatte ich keine logische, oder zumindest halbwegs plausible Erklärung, dafür gefunden wie Raven sich so oft in Luft hatte auf lösen können, obwohl ich genau wusste das ich ihn in die Ecke, ohne eine Chance zur Flucht gedrängt hatte. Als nächstes kam diese Sache im Dampfbad. Auch wenn ich es mir nicht wirklich eingestehen wollte, war ich mir inzwischen ziemlich sicher was der Grund für diese merkwürdigen Geräusche war. Irgendjemand hatte dort im Dampfbad Sex gehabt und war ziemlich heftigen Sex. Ob einer davon nun Raven war konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Aber ich war mir recht sicher in dieser Hinsicht. Nur eins war klar, währe Raven nicht da gewesen, hätte mir Ron womöglich Gewalt angetan. Damals war Raven richtig außer sich gewesen vor Wut. Danach war Ron für mehrere Tage verschwunden gewesen und hatte mir bis heute nicht verraten wo er gewesen war. Dann diese Sache mit der alten Legende die erschreckende Parallelen zu der Gesichte aus dem alten Buch aufwies, das wie von selbst vor dem Kamin aufgetaucht und dann wieder verschwunden ist. Also wenn das alles hier kein Scherz war, dann ging hier einiges nicht mit rechten Dingen zu. Und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los das Raven die Lösung zu all diesen Geheimnissen war. Ob ich ihn einfach fragen sollte? Immerhin war er ja sowas wie mein Beschützer. Und das nicht erst seit mein Vater abgehauen war. Schon vorher war er immer wenn ich Hilfe gebraucht habe in meiner Nähe. Also irgendwas musste das doch bedeuten. Das einzige was ich gar nicht mochte waren diese entsetzlichen Stimmungsschwankungen von Raven. Im Grunde war er immer schon sehr Distanziert und Kühl zu mir gewesen, aber dennoch war er vorhin so fürsorglich und liebevoll. Ob ich es mir erlauben durfte, mir darauf etwas ein zu bilden? Vielleicht!

Keine Ahnung wie lange ich schon so da lag und in mich gegangen war. Denn mit einem Mal war mein Kopf vollkommen leer und nicht mehr in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Raven hatte sich urplötzlich zu mir herum gedreht und mich fest in seine Arme geschlossen. Ich wollte bereits protestieren als ich seinen kühlen Atem in meinem Nacken spürte. Ein Schauder jagte mir durch Mark und Bein. Vollkommen erstarrt, traute ich mich im ersten Moment nicht einmal zu atmen. Ich war zwar schon oft von Benni und auch von Ron umarmt wurden, aber das hier war etwas ganz anderes. Es war als würde ich mich selbst verlieren. Als würde ich mich in Ravens Armen auflösen um ein Teil von ihm zu werden. Und obwohl ich meinen eigenen Puls unter der Haut pochen spüren konnte, fühlte ich mich eigenartig wohl. Kein bisschen war mehr von dem Unbehagen oder den Kopfschmerzen übrig. Nichts das mich auch nur im Geringsten stören konnte. Als währe alle Last von mir abgefallen, so dass ich mich um rein gar nichts mehr sorgen müsste. Mein Körper schmiegte sich an den von Raven und schon war ich tief und fest eingeschlafen.

So konnte ich auch nicht mehr sehen wie Raven sich leicht aufsetzte und sich mit dem Arm abstütze, um auf mich herab zu blicken, obwohl er mich in dieser Dunkelheit unmöglich sehen könnte. Mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln beugte er sich zu mir herunter und hauchte mich einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf mein kleines Reh…dein Kummer soll schon bald sein Ende finden.“ Flüsterte er mir ins Ohr und verschwand in meinen Träumen.
 


 

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Erst einmal Danke für mehr als 50 Favos und die lieben Kommentar

Sorry wenn es nur schleppend voran geht, ich bemühe mich weiter zu machen auch, wenn ich schon dreimal kurz davor war die Story ab zu brechen…aber das tu ich meinen lieben Lesern dann doch nicht an^^
 

Dafür mag ich euch einfach zu sehr ♥~^^~♥

John Turam!

Das Erste, das ich wieder bewusst wahr nahm, war das mir der Nacken und der Hals furchtbar wehtat. Das Zweite, dass ich fror wie ein Hund den man im Schnee aus gesetzt hatte. Was war denn nun schon wieder los? Als ich heute Morgen in Ravens Armen eingeschlafen bin ging es mir doch noch so gut. Fröstelnd kuschelte ich mich etwas mehr in meine Decke und zog die Beine an den Körper. Erst jetzt fiel mir auf das ich alleine war. Noch etwas verschlafen machte ich die Augen auf und spähte in das düstere Zimmer. Der Vorhang war noch vor gezogen und ließ nur einen schmalen Spalt Licht ins Zimmer fallen. Nach einigen Momenten in denen ich gar nicht so schnell zittern konnte wie ich fror, setzte ich mich schließlich auf. Mehrfach rieb ich mir die Hände an einander, aber sie wollten einfach nicht warm werden. Am liebsten wäre ich zurück unter die Decke gekrabbelt, doch ich wusste, wenn ich jetzt nicht aufstand würde ich meinen Hintern heute gar nicht mehr aus dem Bett bekommen. Auf wackeligen Beinen lief ich zum Fenster hinüber um die Vorhänge auf zu ziehen. Kaum war der lästige Stoff zur Seite geschoben, fluteten die Sonnenstrahlen in den Raum und ließen mich schmerzlich zurück taumeln. Meine Augen brannten von der plötzlichen Helligkeit und begannen zu tränen. „Mist~“ fluchte ich leise und starkelte zurück zum Bett. Halb blind tastete ich nach dem Stuhl auf dem heute Morgen noch meine Kleidung gelegen hatte. Als ich ihn erreiche, konnte ich auch wieder einigermaßen etwas sehen. Aber irgendwie wollte ich meinen Augen nicht trauen. Da war nichts! Da stand nur der blanke Stuhl. Verblüfft und immer noch zitternd sah ich mich im Raum um. An der Wand stand ein alter großer Holzschrank. In der Hoffnung, dass ich dort etwas finden würd, ging ich hinüber und griff nach dem Türknauf. Bevor ich jedoch die Tür öffnete hielt ich inne und betrachtete mich verwundert in den am Schrank angebrachten Spiegeln. Ich sah zwar ausgeruht, aber ein wenig blass aus, zudem mir endlich auffiel warum mir eigentlich so kalt war. Mein grünes T-Shirt war nun auch noch weg. War das Raven gewesen? Wieso zog der mich bei dieser Kälte fast komplett aus und ließ mich nur in Shorts zurück? Wollte er dass ich mir ne Lungenentzündung einfing? Also der würde jedenfalls was von mir zu hören bekommen, wenn ich ihn erwische. Somit zog ich grummelnd die Tür auf und sah…nichts. Bis auf ein paar Spinnweben und einem alten Kleiderbügel war der Schrank vollkommen leer. Na herrlich! Dieser Tag ging ja wirklich super los. Ich bereute es inzwischen überhaupt auf gestanden zu sein. Der Unterricht hatte längst begonnen und ich fror mir hier einen Ast ab. Nein das war absolut nicht mein Tag. Kopf schüttelnd und mich selbst bemitleidend schloss ich die Tür wieder.

Als ich den gesenkten Blick ein Stück hob, um mich im Spiegel zu betrachten blieb mir das Herz stehen und ein Schrei entrang sich meiner Kehle. Im Spiegel sah ich wie jemand nur wenige Meter hinter mir stand und mich ganz genau betrachtete. Sofort drehte ich mich um, um mich zu vergewissern das ich mir das nicht eingebildet hatte. Und das hatte ich auch nicht. Da stand wirklich ein junger Mann vor mir. Vielleicht 25 Jahre alt. Dichte dunkle Haare und ein ebenso dunkler Kinnbart zeichneten sein markantes, männliches Gesicht. „We….wer sind sie?“ stammelte ich vor mich hin und drückte mich instinktiv an das kalte Spiegelglas hinter mir, nur um noch ein paar Millimeter weiter weg von ihm zu kommen. Ich hatte diesen Mann noch niemals zuvor gesehen und glaubte im ersten Moment das es jemand war den mein Vater hatte beauftragt um mich zu hohlen.

Doch das plötzliche Lächeln des Fremden brachte mein erschrockenes Herz dazu sich wieder zu beruhigen und weiter zu schlagen. Angespannt blieb ich dennoch wo ich war.

„Tut mir leid wenn ich dich erschreckt habe…ich dachte du schläfst noch.“ Meinte er und kam einen Schritt auf mich zu. Als ich automatisch versuchte noch etwas weiter weg zu rücken, hielt er inne und lächelte erneut. „Ich hab dir nur etwas zum Anziehen gebracht, draußen ist es bereits sehr kalt.“ Redete er weiter und streckte den Arm aus über den ein flauschiger schwarzer Mantel hing. Er sah so herrlich warm aus und ließ mich meine Vorsicht vergessen. Rasch war ich bei dem jungen Mann der mir bereitwillig den Mantel umlegte und leicht über die Arme rubbelte. „Du bist vollkommen durchgefroren. Pass auf das du nicht krank wirst.“ Seine gutmütigen Worte und Gesten zeigten mir das dieser Mann, ganz bestimmt nicht von meinem Vater geschickt wurden war.

Der Mantel hatte ein flauschiges Innenfutter aus Kunstpelz und war von außen aus dicht gewebten, schwarzen Jensstoff. Zumindest so etwas in der Art. Sofort wurde mir wieder etwas wärmer und ich hörte auf so erbärmlich zu zittern.

„Vielen Danke…ähm…“ „John…Ich heiße John Turam.“ Stellte er sich mir vor und reichte mir die Hand. Wie gewohnt ergriff ich diese und schüttelte sie leicht. „Freut mich sie kennen zu lernen, ich bin Eric.“ „…Das Reh.“ Fügte er breit grinsend hinzu und erntete von mir einen verdutzten Blick. Das Reh! Daran hatte ich schon gar nicht mehr gedacht. Weswegen ich einen Moment brauchte bis ich begriff was er meinte. Es stimmte, Raven hatte mich an meinem ersten Tag auch das ‚Reh‘ genannt.

Ein wenig verlegen spielte ich mit den Fingern an einem der breiten Holzknöpfe, des Mantels herum. Anscheinend wusste dieser John wer ich war. Doch ich hatte diesen Kerl noch nie zuvor gesehen. Dennoch kam er mir so vertraut vor. „Ähm…haben sie Raven vielleicht gesehen?“ fragte ich leise um das unangenehme Schweigen zu umgehen. Denn obwohl ich ihn nicht ins Gesicht sah, hatte ich das Gefühl als würde mich John ganz genau von oben bis unten mustern.

„Ich denke er ist im Unterricht, so wie alle anderen auch.“ Sagte er mit einem gelassenen Schulterzucken und fasste mich bei der Schulter. Er tat mir nicht weh, noch benutzte er Gewalt als er mich zum Stuhl führte und mich Platz nehmen ließ.

Als ich saß kniete sich John vor mich und nahm einen meiner Füße in die Hand. Ich muss wohl nicht extra erwähnen das ich in diesem Moment vor Scharm knall rot angelaufen bin. Doch etwas dagegen einwenden konnte ich auch nicht. Dafür lächelte er mich einfach viel zu lieb und fast schon ein wenig anbetungswürdig an. Unter seinem Blick wurde mir ganz anders. Es kam mir ein bisschen so vor als würde er mich geradezu anhimmeln. Auch seine Berührungen waren so vorsichtig als würde ich gleich zerbrechen, wenn er nicht achtgab.

Ein Schauder jagte mir den Rücken hinab und meine Finger verkrampften sich leicht um die Stuhlkante an der ich mich fest hielt, als John seine große Hand, mit den langen, schlanken Fingern langsam meinen Unterschenkel hinauf gleiten ließ. Und obwohl es mir mehr als peinlich war, ließ ich ihn aus irgendeinem, mir unerfindlichen Grund gewähren. Erst als er sein Gesicht leicht an mein Bein drückte und tief meinen Duft einatmete, quietschte ich erschrocken auf und wollte das Bein zurück ziehen. Aber es ging nicht. Noch immer lag seine Hand um meinen Knöchel und ließ mich nicht weg. Doch statt irgendwie drauf zu reagieren, lächelte er nur erneut und streifte mir einen warm gefütterten Stiefel über, den er unter dem Bett hervor gezogen hatte. Rasch hatte er mir auch den zweiten angezogen und stand nun auf.

„Ich denke du solltest jetzt in dein Zimmer gehen, nicht das noch jemand auf falsche Gedanken kommt, so wie du hier herum läufst.“ Sagte er mit heiterer Stimme und wuschelte mir durch die Haare.

Ich war immer noch zu perplex um einen Ton heraus zu kriegen und ließ mich zur Tür führen. Erst als John sie öffnete und mir die kalte, von Schnee kündende Luft entgegen wehte kam ich wieder zu mir und sah zu John auf der meinen Arm einfach bei sich eingeharkt hat. Sein Blick war in die Ferne gerichtet und irgendwie sah er für einen Moment sehr, sehr traurig aus. Doch kaum das sich unsere Blicke wieder kreuzten, lächelte er mich erneut an. „Geh jetzt…wir werden uns sicher bald wieder sehen.“ Versprach er mir und gab mir ein Klaps auf den Po und schickte mich die alte Treppe hinunter.

Erst nach fünf Stufen wurde mir klar wo genau ich mich eigentlich befand. Ich war direkt an der Außenmauer des Hauptgebäudes. Als ich mich umdrehte erkannte ich den alten rechteckigen Turm. Ich war schon einige Male um das alte Klostergut herum geschlichen, hatte aber bis jetzt keinen Eingang gefunden, weder von innen noch von außen. Und jetzt wusste ich auch endlich wieso. Der scheinbar einzige Zugang zu dem höchsten Raum im ganzen Internat, war diese alte Treppe die versteckt zwischen einer Doppelmauer hinunter zum Dach des flacheren Nebengebäudes führte. Von unten also unmöglich zu erkennen. Immer nach ein paar Stufen kam ein kleiner Schlitz in der Mauer, eindeutig alte Schießscharten, angebracht um Feine ab zu wehren. Neugierig wie ich war, spähte ich hindurch, von hier oben konnte ich die Stallungen und dahinter den Wald sehen. Wenn ich mich nicht ganz täuschte war das dort hinten im Hintergrund die alte Ruine zu der Ron mich gebracht hatte. Aber ganz sicher war ich mir nicht.

Am Fuß der Treppe war ein kleines eingemauertes Plateau. Die Mauer war hier noch etwa 1,5 Meter hoch. Also so, dass ich noch halbwegs vernünftig hinüber schauen konnte. Doch etwas viel Interessanteres fand ich auf dem Fußboden. Zwischen dem Mos und dem angelagerten Dreck der letzten Jahre lagen hier noch haufenweise Kippen herum. Irgendwer hatte mir mal erzählt das Raven rauchen würde wie ein Schlot. Da ich ihn selbst noch nie mit einer Zigarette herum laufen sehen habe, glaubte ich daran nicht wirklich. Aber allem Anschein nach hatte ich Ravens Raucherecke gefunden. Von hier aus konnte man fast das ganze Internatsgelände überblicken und man hatte hier seine Ruhe. Aber vielleicht gehörten diese Reste ja auch John. Fragend drehte ich mich zur Treppe um und sah hinauf. Doch da war er nicht mehr. „John?“ rief ich hinauf, doch das einzige was ich zur Antwort bekam war ein kalter Windzug der um mich wehte. Glücklicherweise trug ich den Mantel und die Stiefel, da mir der Mantel bis über die Knie reichte, waren auch nur wenige Zentimeter von meinen Beinen der kalten Luft aus gesetzt.

Als mir niemand antwortete ging ich die alte steinern Treppe wieder hinauf ins Zimmer. Doch dort war niemand mehr. Sofort untersuchte ich den gesamten Raum. Hier gab es keine andere Möglichkeit um raus zu kommen. Nur die Tür und das Fenster, und dieses war nach wie vor fest verschlossen. Und von dem Raum ging es nur gerade die Treppe hinunter. Da gab es kein wenn und aber. Sogar hinter dem alten Schrank tastete ich entlang, in der Hoffnung einen geheimen Schalter oder dergleichen zu finden. Aber bis auf Wollmäuse und Staub fand ich rein gar nichts. Die Mauern waren aus massivem Stein und nichts wies auf einen Ersatzausgang hin.

„Langsam wird das unheimlich.“ Murmelte ich vor mich hin und machte dass ich weg kam. Durch eine niedrige Tür am Ende der Treppe, gelangte ich auch endlich wieder ins Innere des Gebäudes. Zuerst hatte ich keine Ahnung wo ich mich eigentlich befand, letzten Endes landete ich vor einer Tür die mich verdächtig bekannt vor kam.

Ganz vorsichtig drückte ich die Klinke hinunter und schob sie auf. Erstaunt musste ich fest stellen dass ich im Zimmer des Direktors stand. Jetzt ergab das auch endlich einen Sinn. Zumindest was Raven anging. Kein Wunder das ich ihn nie hatte finden können. Wenn er immer dort oben war, musste er notgedrungen hier durch. Und beim Sekretariat hatte ich nun wirklich nicht gesucht. Naja wenigstens hatte ich Glück und mein Direktor war nicht da. Eiligst sprintete ich auf die große Tür zu durch die ich gestern auch gegangen bin, bevor ich meinen Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Irgendwie wollte ich nicht von irgendwem erwischt werden, ich hatte jetzt keine Lust mich zu rechtfertigen wieso ich aus dem Zimmer des Direx kam. Daher spähte ich erst einmal in alle Richtungen bevor ich die große Tür weit genug aufschob um hindurch huschen zu können. So leise wie es mir nur möglich war schloss ich sie wieder und rannte den Gang entlang. Ich wollte endlich wieder in mein Zimmer und mir meine eigene Kleidung anziehen. Dabei erinnerte ich mich an John der so plötzlich verschwunden war. Ich musste ihm bei Gelegenheit die Sachen wieder geben die er mir gebracht hatte. Obwohl, war er vielleicht sowas wie ein Butler gewesen? So unterwürfig wie er vor mir gekniet hatte. Hatte ihn Raven womöglich persönlich geschickt? Ich beschloss ihn zu fragen sobald der Unterricht vorbei war.

Mein Plan, Raven nach dem Unterricht auf zu suchen wurde jäh zunichte gemacht, als aus dem Gang vor mir plötzlich eben dieser auftauchte und ich mit voller Wucht in ihn hinein rasselte. Im Grunde musste mir das ja gar nicht peinlich sein. Immerhin war ich Raven schon mehrfach in die Arme gerannt. Dieses Mal aber hatte ich so viel Schwung drauf gehabt das ich ihn doch glatt mit umriss. Polternd landete er auf dem Hintern und ich auf ihm drauf.

„Sag mal hast du was gegen mich?!“ unter seinem zischenden Tonfall zog ich ganz automatisch den Kopf ein und krabbelte vorsichtig von ihm runter. „Tu…tut mir leid…ich wollte“ „Ach vergiss es…Zumindest scheint es dir ja wieder gut zu gehen, wenn du so durch die Flure fetzt.“ Einerseits wirkte Raven erleichtert, andererseits war er wohl ziemlich sauer das ich ihn umgerannt hatte. Aber wieso sollte ich deswegen jetzt Schuldgefühle haben? Immerhin wollte ich doch nur nicht dass mich jemand in diesem Aufzug hier herum laufen sah.

„Ja, es geht mir besser.“ Gab ich leicht trotzig zurück und stand auf um mir die Kleidung glatt zu streichen. Am liebsten hätte ich ihm gleich noch vor geworfen, das er es ja war der mich einfach in diesem furchtbar kalten Zimmer alleine zurück gelassen hatte. Doch noch bevor ich mich in irgendeiner Weise dazu entschließen konnte den Mund auf zu machen, packte mich Raven grob am Arm.

„Was in drei Teufels Namen hast du da an?!“ brüllte er aufgebracht und seine Hand zog sich schmerzhaft um meinen Oberarm zusammen. So stark das mir bereits die Tränen kamen. „Du tust mir weh.“ Fiepte ich angsterfüllt. Wurde glücklicher weise aber sofort wieder los gelassen. Dennoch starrte mich Raven an, als wolle er sich gleich auf mich stürzen und in kleine Fetzen reißen. „Als ich aufgewacht bin, waren meine Sachen weg…Und ich kann ja schlecht halb Nackt durchs Internat laufen.“ Rechtfertigte ich mich vor ihm. Obwohl ich nicht einmal wusste, wieso ich das überhaupt musste. Ich war mir keiner Schuld bewusst.

Was sich in diesem Moment auf Ravens Gesicht abspielte war mehr als interessant, aber auch sehr erschreckend. Zuerst wirkte er erstaunt und etwas irritiert, dann wandelte es sich in ärger und schließlich zu blankem Zorn. Noch ehe ich etwas machen konnte hatte mich Raven bereits am Kragen gepackt und den Mantel auf gerissen, so das mehrere Knöpfe abrissen. Vor lauter Angst hatte ich die Arme schützend vor das Gesicht gerissen und die Augen fest zugekniffen. Bereit darauf mir eine Tracht Prügel ab zu hohlen. Doch die erwarteten Schmerzen blieben aus. Stattdessen starrte er meine Brust an als würde sie beginnen mit ihm zu sprechen.

„Wo ist dein Oberteil?“ bildete ich mir das ein oder zitterte seine Stimme gerade? „Wie…wo ist mein Oberteil…ich dachte du hast es mir ausgezogen.“ Brummte ich zurück und nahm die Hände wieder runter. Nun ebenfalls ein wenig ärgerlich riss ich Raven den Kragen aus der Hand und knöpfte den Mantel wieder zu. Soweit das noch möglich war.

„Woher hast du diesen Mantel?“ „Von Mister Turam.“ Gab ich ungerührt zu und erwiderte Ravens Blick. Doch statt mir in irgendeiner Form zu erklären wieso er jetzt so sauer war packte er mich erneut am Oberarm und zerrte mich hinter sich her.

Vergeblich versuchte ich Raven dazu zu bringen mich los zu lassen und mir zu sagen wieso er so wütend war. Aber wie so oft Antwortete er mir nicht. Stattdessen schleifte er mich wortlos zu den Gemeinschaftsduschen. In Null Komma Nix hatte er die zwei Schüler, die dort waren hinaus gescheucht und mich in den gefliesten Raum gezogen. Ich versuchte mich zwar zu wehren, trotzdem war es für Raven ein leichtes mir den Mantel weg zu nehmen und auch die Stiefel aus zu ziehen. Wenigstens meine Shorts ließ er mir. Doch wirklich glücklicher machte mich dass auch nicht, als er mit einem Mal das Wasser aufdrehte und mich darunter schob. Ich stieß einen entsetzten Schrei aus, als das eiskalte Wasser meine Haut traf. Rein aus Reflex wollte ich weg springen, Raven jedoch gestattete es mir nicht. Er stellte sich mit je einem Arm links und rechts dich von mich und verhinderte so jegliche Flucht meinerseits. Dass er selbst noch mit all seinen Klamotten unter der Dusche stand, schien ihn nicht im Geringsten zu interessieren. Bereits nach wenigen Minuten in denen ich nur reglos da stehen konnte, begann ich wieder furchtbar zu frieren und zu zittern. Als ich glaubte es nicht länger mehr aus halten zu können, erbarmte sich Raven endlich und drehte das warme Wasser auf. Er drückte mir ein Stück Seife in die Hand, dass er sich von dem kleinen Waschbrett neben sich genommen hatte und trat zurück. „Wasch dich…und zwar gründlich.“ Wies er mich an und war bereits halb aus dem Raum bevor ich überhaupt erst meine Sprache wieder fand.

„Warte!…wo willst du hin?…LASS MICH NICHT ALLEIN!“ die Worte waren draußen noch bevor ich mich entsinnen konnte was ich da eigentlich gerade von mir gegeben hatte. Ich stand noch immer leicht zitternd unter dem Wasserstrahl und sah Raven flehend an. Im ersten Moment ging ich davon aus das er einfach so tat als hätte er nichts gehört, doch dann überraschte er mich. Zum aller ersten Mal sah mich Raven an…
 

…und lächelte dabei.
 


 

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Boar ey~

Zwei Kapitel in weniger als einer Woche…

Vielleicht kommt es mir nur so vor aber irgendwie habe ich das Gefühl das, wenn ich die Kapitels so rasch hinter einander weg schreibe sie schlechter werden -_-
 

Hmmm…vielleicht lass ich mir doch besser mehr Zeit damit

XD
 

Euer

Jack-11

Bis zum Winter...!

Krampfhaft krallten sich meine zitternden Finger an der warmen Tasse, mit der heißen Schokolade, die mir Benni aufs Zimmer gebracht hatte, fest. Es war schon erschreckend wie schnell sich das Leben doch ändern konnte und wie schnell alles aus den Fugen geriet. Noch immer verstand ich nicht so ganz was eigentlich passiert war.

Knapp Zehn Minuten nachdem Raven den Waschraum verlassen hatte war Alex gekommen, um mich ab zu hohlen. Er hatte mir flauschige Handtücher und warme Kleidung aus unserem Zimmer mit gebracht, damit ich nicht mehr so fror. Raven war wie schon so oft spurlos verschwanden. Nur am Rande hatte ich mit bekommen, dass er den Mantel und die Stiefel, die mir John gegeben hatte mit genommen hatte. Ob er sie ihm zurück brachte? Irgendwie bezweifelte ich das, so wütend wie er reagiert hatte, als er mich darin gesehen hatte.

Benni saß schräg hinter mir und rubbelte mir vorsichtig die Haare ein wenig trocken. Alex saß mir gegenüber und Ron auf seinem Bett in der Ecke und sah aus dem Fenster. Es herrschte eine Totenstille im Raum, als wäre jemand gestorben. Nicht aus zu halten.

Schließlich war es Alex der sich erbarmte und die Stille endlich durchbrach.

„Raven hat uns erzählt was passiert ist…also das mit deinem Vater.“ Meinte er ruhig und hielt dabei den Blick leicht gesenkt. Komisch! Irgendwie hatte ich im Moment gar nicht an meinen Vater und seinen Betrug meiner Mutter gegenüber gedacht. Gott, ich war vielleicht selbstsüchtig. In diesem Durcheinander aus Gefühlen und Ereignissen, dachte ich doch glatt nur noch an mich und meine Probleme. Dabei sollte doch eigentlich meine Mutter ganz oben auf der Sorgen-Liste stehen. Im Stillen schimpfte ich mich einen egoistischen Idioten, der sich nur um sich selber sorgte. Meine Abscheu mir selbst gegenüber war kaum in Worte zu fassen.

„Gräme dich nicht, ich kenne viele Leute deren Eltern auch geschieden sind.“ Versuchte Benni die ganze Situation ein wenig auf zu lockern und irgendwie zu verbessern. Es klang so einfach wenn er es sagte, doch die Realität sah da ganz anders aus. Es war ein ungeheurer Druck der auf einmal auf mir lastete. Aber das Schlimmste daran war, das ich das Gefühl hatte das ich mich darüber nicht beschweren durfte, immerhin hatte es meine Mutter wesentlich schlimmer getroffen als mich. Daher antwortete ich nicht und zuckte nur unschlüssig mit den Schultern. Denn wenn ich jetzt den Mund aufgemacht hätte, hätte ich es später sicherlich bereut.

Nach einiger Zeit, in der erneut eisernes Schweigen zwischen uns herrschte klingelte plötzlich ein Handy. Endschuldigend stand Alex auf und nahm ab. Er schien mehr zu, zu hören als selbst zu sprechen als er sich an Benni wendete, der noch immer mit dem Handtuch in der Hand hinter mir saß und ihn bat mit nach draußen zu kommen.

Mit trauriger Mine verabschiedeten sich meine Zimmerkameraden von mir und verließen den Raum. Nun war ich mit Ron alleine der all die Zeit noch kein einziges Wort von sich gegeben hatte. Nur kurz traute ich mich zu ihm hinüber zu sehen. Noch immer war sein Blick aus dem Fenster in die Ferne gerichtet. Unvermittelt dreht er den Kopf und blickte mich an. Ein wenig erschrocken und peinlich berührt senkte ich die Lieder.

„Komm her!“ Erneut blickte ich auf und sah nun verwundert zu Ron der die Hand leicht nach mit ausgestreckt hatte. Mehr sagte er nicht, er sah mich einfach nur an und wartete. Und obwohl mir durchaus noch sein komisches Verhalten im Gedächtnis war, so war es mir doch egal als ich mich erhob und zu ihm hinüber ging. Wobei ging nicht die richtige Bezeichnung war. Viel mehr flog ich ihn mit tränennassen Augen in die Arme. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, doch bei Ron hatte ich das Gefühl nicht stark sein zu müssen. Und so brach es alles aus mir heraus. Ich heulte und schrie und klagte über das Leid das mir wiederfahren war, während er mich im Arm hielt und einfach nur hin und her wiegte.

Nach einer schier endlosen Zeit in der ich auch endlich den letzten Rest meiner Verzweiflung hinaus geschrien hatte ging es mir um einiges besser. Diese Achterbahnfahrt der Gefühl, die ich hier in den letzten Tagen durchlebte, konnte doch einfach nicht gesund fürs Herz sein, bestimmt war ich um Jahre gealtert durch dieses ewige hin und her, aber nun fühlte ich mich befreit und erleichtert. Ron hielt mich noch immer an sich gedrückt und es gefiel mir. Schweigend saßen wir zusammengekauert auf seinem Bett und ließen uns ein wenig von den flach hereinfallenden Strahlen der Sonne wärmen. Unwillkürlich musste ich in diesem Moment an Raven denken, auch er hatte mich im Arm gehalten, naja um ehrlich zu sein, hatte er mich nach meinem Nervenzusammenbruch hoch gehoben und weg gebracht. Ron jedoch hatte mir Trost gespendet und auf mich auf gepasst während ich mich meiner Schwäche hin gegeben hatte. Vermutlich war dies auch der Grund wieso ich Ron im Moment, wesentlich sympathischer fand als Raven, der immer wie ein Geist um mich herum schwebte und dann auf tauchte, wenn ich ihn brauchte. Ron jedoch war da und nahm sich Zeit für mich. Wäre ich ein Schiff wäre er sowas wie mein Heimathafen in den ich jeder Zeit zurück kehren konnte. Ja ich weiß das klingt kitschig und vermutlich ist es das auch, aber nur so kann ich meine Gefühle beschreiben.

Die Zeit verstrich und wir saßen noch immer auf dem Bett. Mein Rücken war an Rons Brust gekuschelt und wir lauschten dem Herbstwind der um das alte Gemäuer fegte, während der Baum auf dem Hof ein Muster aus Licht und Schatten auf den Boden warf. Erst als es allmählich dunkel wurde begann Ron sich hinter mit zu bewegen und befreite mich aus seiner lockeren Umarmung. „Wir sollten jetzt zum Abendbrot gehen und uns dann für die Nacht fertig machen.“

Daraufhin konnte ich nur zustimmend nicken. Ja wir haben wirklich lange hier gesessen. Wenn es nach mir gegangen wäre hätte ich noch viel länger so zusammen gekuschelt mit Ron auf dem Bett herum gelümmelt. Bestimmt hatte ich meinen Freund durch meinen Nervenzusammenbruch sogar von den Hausaufgaben ab gehalten. Ich selbst hatte ja nicht wirklich welche da ich heute noch vom Unterricht frei gestellt gewesen war. Morgen aber begann wieder der Schulalltag. Aber irgendwie freute ich mich auch schon darauf.
 

~*~
 

Letzten Endes begann mich das Schulleben wieder ein zu holen und vor lauter Prüfungen und Test hatte ich nicht mehr genug Zeit an die Dinge zu denken die außerhalb dieser Mauern vor sich gingen. Hätte ich es zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, wäre es wohl alles ganz anders gekommen.

Ich genoss die Tage und Wochen mit meinen Freunden sehr. Wir lernten zusammen, spielten zusammen, lebten zusammen und genossen den restlichen Herbst, sowie den Winteranfang. Es war eine glückliche Zeit die ich nicht hätte missen wollen. Doch je näher der Winter kam umso schlechter wurde das Gefühl das sich von Tag zu Tag mehr in meinem Bauch anstaute.

Inzwischen war die letzte Woche vor den Winterferien angebrochen und die letzten Prüfungen standen an. Bis jetzt hatten wir uns gut durch geschlagen und uns gegenseitig unterstützt. Oft hatten Alex und ich, Benni und Ron beim Lernen helfen müssen damit sie nicht durch die Prüfungen rasselten. Aber so waren wie wenigstens alle zusammen und wiederholten noch einmal gemeinsam den Stoff. Dennoch reichte es für die Beiden nicht aus. Benni rasselte knapp im Fach Physik und Ron im Fach Latein durch. Daher mussten die beiden am vorletzten Schultag noch mal in die Nachprüfungen um irgendwie ihre Noten zu retten. Benni traf diese Sache wesentlich härter als Ron, der eine Nachprüfung fast schon begrüßte. Das hatte aber auch einen ganz einfachen Grund.

An der Schule fand jedes Jahr am letzten Tag vor den Winterferien ein Ball statt bei dem die Schülerinnen einer etwas weiter entfernten Mädchenschule zu uns kamen. Dafür wurde der Sportunterricht in den letzten drei Wochen auch in Tanzunterricht um gewandelt. Zumindest ein klein wenig. Es überraschte mich nicht allzu sehr, dass die meisten meiner Mitschüler die klassischen Tänze wie Walzer fast perfekt beherrschten. Auch ich hatte seit vielen Jahren Tanzunterricht nehmen müssen. Eine Sache an der oft reiche und vor allem adelige Familie, wie sie hier auch vertreten waren, fest hielten. Man wollte sich ja nicht bei Partys oder anderen hoch offiziellen Anlässen blamieren. Und ebenso wenig wollte man von seinen Kindern blamiert werden. Einzig bei schnelleren Tänzen ohne exakt vor gegeben Bewegungen wie Rumba oder Tango kam ich des Öfteren ins straucheln. Ich für meinen Teil entschied mich einfach dafür, mich bei diesen Tänzen etwas zurück zu halten. Aber kommen wir zu dem eigentlichen Grund zurück wieso Benni so sauer war das er heute in die Nachprüfung musste.

Denn alle anderen die ihre Prüfungen gut ab gelegt hatten durften zur Belohnung den Großen Ballsaal -ja sowas haben wir hier an der Schule auch, ob man es glaubt oder nicht- putzen, dekorieren und schmücken. Eine Arbeit die, die meisten meiner Mitschüler zum Stöhnen und Ächzen brachte. Benni jedoch hatte sich darauf gefreut und schmollte nun umso mehr als er nicht mit helfen durfte. Denn eins musste man unserem kleinen Chaoten doch lassen. Künstlerisch war er unglaublich begabt und hatte ein Faible dafür etwas neu zu machen oder wenigstens zu dekorieren. Auch wenn er das mit seinem Teil des Zimmers bis heute nicht hin bekommen hatte. Aber so waren Künstler anscheinend nun einmal.

Auch wenn das Schmücken eine Menge Arbeit gemacht hatte, so war es doch recht lustig gewesen. An dem darauf folgendem Tag -einem Freitag- und somit unser letzter Schultag, wurde nicht mehr wirklich etwas gemacht. Es wurde von den Lehrern noch einmal darauf hin gewiesen, dass Alle ihre Hausaufgaben zu erledigen hatten und Morgen auf dem Winterball ja keinen Scheiß bauen sollte. Ansonsten saßen die Klassen friedlich beisammen, frühstückten, sahen sich ein Video an oder spielten Spiele. Eben Unterricht wie man ihn am liebsten hatte.

Doch obwohl die Stimmung ausgelassen und freudig war, steckte sie mich nicht so wirklich an. Meine Koffer waren bereits gepackt und nur noch mein Anzug lag draußen für den Ball. Raven hatte mir vor ein paar Tagen unmissverständlich klar gemacht, dass wir sobald sich der Ball dem Ende zu neigen würde, verschwanden um noch das Flugzeug zu erwischen. Was mich an der ganzen Sache verwunderte war das einer meiner Klassenkammeraden mir mal erzählt hatte das Raven ausschließlich mit seinem Privatjet, der von einem kleinen Sportflughafen aus flog, unterwegs war. Warum also konnten wir dann nicht bis zum nächsten Morgen warten? In Ruhe unsere Sachen einpacken, vielleicht noch was Essen und uns dann auf den Weg zum Flugzeug machen? Doch stattdessen flogen wir mitten in der Nacht los. Und dabei wusste ich noch nicht einmal wohin überhaut die Reise gehen sollte. Lediglich das es zu Ravens Privatanwesen ging.

Und obwohl mich das schon irgendwie störte, sagte ich nichts. Ich war nur Gast bei Raven und konnte mich glücklich schätzen, dass er mich überhaupt aufnahm. Was mich aber ein wenig kränkte war die Tatsache, dass weder Benni, noch Ron oder gar Alex mir anboten die Winterferien bei ihnen zu verbringen. Es kam mir öfters so vor als wollten sie es mir anbieten, verkniffen es sich dann im letzten Moment aber doch und schwiegen das Thema tot.

Gegen Abend drehten wir zu viert noch eine Runde über das Internatsgelänge und genossen den frisch gefallen Schnee. Benni und Ron lieferten sich eine erbarmungslose Schneeschlacht, und am liebsten hätte ich auch mit gemischt. Doch irgendwie wollte ich einfach nicht in Stimmung kommen und sah nur vom Rand aus schweigend zu. Still stand Alex neben mir und murmelte unvermittelt zu mir: „Mach dir keine Gedanken. Sobald die Schule wieder anfängt ist wieder alles beim Alten…Nichts wird sich verändern!“

Ich hätte ihm so gerne geglaubt, aber irgendwie konnte ich es nicht und verkniff mir daher eine Antwort die Alex eh nicht hören wollte.

Nachdem Benni und Ron pitschnass und total durch gefroren waren, kehrten wir endlich in unser mollig warmes Zimmer zurück. Gnadenlos scheuchte Alex die beiden in die Duschräume damit sie sich aufwärmten und nicht womöglich noch erkälteten. Mit einem warmen Tee warteten wir in unserem Zimmer auf die anderen beiden. Draußen war bereits längst die Sonne unter gegangen und der Mond glitzerte hell auf dem Schnee der sich wie eine Decke über das Land gelegt hatte und es darunter friedlich schlafen ließ.

Als die beiden Kindsköpfe wieder zurück waren gab es Bescherung. Zuerst hatten wir bis morgen warten wollen. Doch wir wussten alle das Morgen andere Dinge wichtig waren, daher verlegten wir Weihnachten einfach etwas nach vorne. Von Benni bekam ich ein signiertes Buch meines Lieblingsschriftstellers geschenkt, Alex überreichte mir einen Gutschein von Armani und von Ron bekam ich eine versilberte Uhr. Meine Geschenke hingegen waren ein Witz. Früher hätte ich meinen Freunden auch so etwas Teures schenken können. Jetzt aber, da mein Vater sämtliche Konten geplündert hatte und ich lediglich wegen der Großzügigkeit des Direktors noch hier war, konnte ich mir so etwas nicht mehr leisten. Daher zitterten meine Hände auch stark als ich jedem ein Geschenk überreichte. Alle von mir bekamen das Gleiche. Es war ein großer Bilderrahmen der aus dunklem Kirschholz gefertigt war und aus vielen kleinen Bilderrahmen bestand in die ich Fotos unserer gemeinsamen Zeit geschoben habe. Sie sollten uns alle an die schöne Zeit erinnern die wir zusammen verbracht hatten. Als ich mit ansah wie meine Freunde die Bilder betrachteten hatte ich das Gefühl gar nicht mehr richtig anwesend zu sein. Es war als würde ich mich von ihnen verabschieden, und zwar für immer.

Ron war der erste der mir -sogar mit Tränen in den Augen- um den Hals fiel und sich für das tolle Geschenk bedankte. Zuerst glaubte ich er tat es nur um mein Gewissen zu beruhigen, aber so gut schauspielern konnte er dann auch nicht. Zumal Bennis und Alex Reaktion ebenfalls freundlicher Natur waren. Sie schienen sich wirklich über das Geschenk zu freuen.

Bis tief in die Nacht hockten wir dicht zusammen und gingen Bild für Bild durch und mit was für einem Ereignis es im Zusammenhang stand. Auf einigen Bildern war sogar Raven drauf. Doch überall wirkte er ein wenig verschwommen und in den Hintergrund gerückt. Eigentlich schade. Hätte ich bessere Bilder von ihm gehabt, oder besser gesagt von uns, dann hätte ich ihm als Dankeschön auch so einen Rahmen machen können. So aber hatte ich mir etwas anderes einfallen lassen müssen.

Der nächte Morgen kam und mit jeder Stunde die verstrich wurden meine Mitschüler unruhiger. Den ganzen Tag diskutierten sie darüber, ob dieses oder jenes Mädchen das auf dem Sommerball da war, auch heute kommen würde. Sie gingen ihre besten Anmachsprüche durch und verhandelten fast wie Viehhändler wer welches Mädchen ab bekam.

Ich hatte irgendwann einmal, zu Beginn meiner Geschichte erwähnt, dass man als heranwachsender Junge in der Pubertät, oder auch schon darüber hinaus, Jungs in seiner Umgebung anders begann wahr zu nehmen, wenn keine Frauen oder andere weibliche Wesen vorhanden und man auf relativ engen Raum zusammen gepfercht war. Doch nun, wo sehnlichst ein Bus voller Mädchen eines reinen Mädcheninternats erwartet wurde, kochten bei so einigen die Gefühle über und sie verhielten sich fast schon wie in der Balz. Doch auch ich freute mich und hatte mich so wie jeder andere Junge an unserer Schule fein heraus geputzt. Ich glaubte zwar nicht wirklich dran, aber vielleicht fand ich ja sogar eine Freundin unter den Mädchen aus gutem Hause, oder wo auch immer sie her kamen.

Als es allmählich dunkel wurde, und die Musik im Ballsaal bereits gespielt wurde, war ich noch einmal zurück in mein Zimmer geflitzt da sich an meinem Smoking ein Faden gelöst hatte den ich abschneiden wollte, da ich den teuren Anzug nur kaputt gemacht hätte, wenn ich ihn heraus gerissen hätte.

Im Zimmer war kein Licht an als ich zu meiner auf dem Bett liegenden Tasche hinüber trat und sie einem Moment traurig ansah. In wenigen Stunden würde mich Raven mit nehmen und ich müsste die Feiertage fern ab von meinen Freunden und meiner Familie verbringen. Wie mein Vater wohl feiern mochte? Vermutlich mit einer großen Flasche Tequila und einer Hand voll Stripperinnen. Als ich nach dem Becher mit meinen Stiften und der Schere griff der im Regal stand, und dort auch bis zu meiner Rückkehr hoffentlich bleiben würde, schaltete sich plötzlich hinter mir ein Nachtlicht ein. Vor Schreck riss ich den ganzen Becher herunter und drehte mich um. Ron stand neben dem Bett und sah mich so traurig an wie ich es noch nie gesehen hatte. Schweigend streckte er die Hand aus und reichte mir ein unscheinbares, kleines, braunes Päckchen.

„Was ist das?“ wollte ich wissen und sah ihn neugierig an. Doch er lächelte nur und sprach: „Das ist der zweite Teil deines Weihnachtsgeschenks…aber du darfst ihn erst im Flugzeug auf machen, es ist eine Art Glücksbringer den du besser immer bei dir tragen solltest.“

Rons Worte machten mir irgendwie ein bisschen Angst und ich betrachtete zweifelnd das Päckchen in meiner Hand. Ron kam auf mich zu, griff um mich und schnappte die Schere die aufs Bett gefallen war. Ehe ich Protest einreichen konnte, hatte er den Faden abgeschnitten und lächelte mich nun wieder aufmunternd an. Doch dieses Lächeln erreichte nicht seine Augen, weswegen ich besorgt die Stirn runzelte.

„Du solltest jetzt besser hinunter gehen. Die Mädchen kommen gerade und du willst sie doch nicht warten lassen.“ Teilte er mir, fast wie ein großer Bruder mit. Er nahm mir das Geschenk aus der Hand und verstaute es tief in meiner Reisetasche, ehe er mich vorsichtig aber bestimmend aus dem Zimmer schob.

„Nun geh schon…wir sehen uns unten, ich komme auch gleich. Räum nur noch kurz auf.“

Damit schloss er die Tür hinter mir und nahm mir so jegliche Chance noch einmal vernünftig mit ihm zu sprechen. Aber da meine Neugierde auf die gerade eintreffenden Mädchen doch recht groß war, verschob ich den Gedanken und eilte die Treppen hinunter zum Ballsaal.

Dass ich Ron damit wohl tief verletzte, konnte ich nicht wissen. Aber ich hätte es ahnen müssen…
 

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Nach superlieben Kommis, Morddrohungen und drängenden ENS´s hab ich es endlich geschafft das nächste Kapitel fertig zu schreiben. Leider ist es etwas kurz geraten, aber ich wollte ein bisschen mit der Story voran kommen.

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für alle die diese Geschichte lesen und auch kommentieren

Und auch ein Dank an alle stillen Favoritenleser^^

Das motiviert mich immer wieder

*verneig*
 

Ich bemühe mich rasch weiter zu kommen und euch nicht wieder so lange zappeln zu lassen
 

LG

Jack-11

Ein Tanz mit Folgen!

Wie von selbst fanden meine Füße ihren Weg, die unzähligen Treppen hinab, über den Innenhof bis hin zum Ballsaal. Die Ankunft der jungen Damen hatte ich leider bereits verpasst und musste nun vom Rand aus zu sehen wie die Anderen sich vergnügten. Denn obwohl extra Mädchen aus einem anderen Internat hier her gebracht wurden waren, so reichte es dennoch nicht aus! Dafür waren es einfach zu viele Jungs.

Ein klein wenig gekränkt wechselte ich ein paar Worte mit einigen meiner Mitschüler, die ebenfalls nicht schnell genug waren sich eine Tanzpartnerin zu angeln. Was mich aber sehr erstaunte war das unter diesen auch Alexander war. Mit gewohnt gelangweilter Miene stand er neben einem der großen Fenster und nippte an seinem Glas mit Kirschsaft, zumindest ging ich davon aus das es sowas wie Kirschsaft war. Für Rotwein waren wir dann ja doch noch etwas zu jung. Auch wenn ich mir sehr sicher war das es hier unter Garantie niemanden mehr gab der noch nie mit Alkohol in Berührung gekommen war.

Erst als Alex seinen Blick hob und mir kurz zunickte, merkte ich wie ich ehrfürchtig erstarrt war und ihn beobachtet hatte. Mit einem innerlichen Kopfschütteln löste ich mich aus meiner Starre und kam zu ihm rüber.

„Warum tanzt du nicht?“ erst im zweiten Moment bemerkte ich wie unhöflich diese Frage war. Immerhin hatten die Damen -da sie ja in der Unterzahl waren- mehr oder weniger die freie Auswahl was ihre Tanzpartner anging. Da lag es nahe, dass sie Alex verschmäht hatten. In meinen Augen ein absolutes Unding. Alex war adelig, kultiviert, hoch gewachsen –fast so groß wie Raven- gebildet und obendrein noch gutaussehend. Alles Dinge die meiner Meinung nach, die kühle Haltung seinerseits mehr als wett machten. Zudem war er ein sehr guter Freund, wenn man ihn erst einmal näher kannte. Was er mir auch umgehend wieder bewies, als er mir Eins seiner so seltenen Lächeln schenkte und kurz mit den Schultern zuckte. Schweigend stellte ich mich neben ihn und beobachtete ebenfalls die Tanzgesellschaft. Es war erstaunlich, dass so viele Menschen in meinem Altern so perfekt Tanzen konnten. Auf den Partys, die ich bis jetzt besucht hatte, waren die Altersgruppen immer wesentlich höher und selbst diese schienen nicht mal Ansatzweise so gut zu sein wie meine Mitschüler es in diesem Moment waren.

Mehr durch Zufall als bewusst fiel mir Benni, in der Nähe des Buffets auf. Er war regelrecht umzingelt von einer Herde junger Mädchen die sich quietschend und schnatternd um ihn gescharrt hatten. Irgendwie hatte mein Zimmerkollege und Freund ein Monopol auf Niedlichkeit. Was bei seinem Aussehen auch nicht überraschte. Er war einfach zu süß, wenn er so tief rot und peinlich berührt herum druckste. Ja, ich weiß das klingt weibisch, aber es gibt nun einmal kein besseres Wort als ‚Süß‘ um ihn zu bezeichnen. Und das die anwesenden jungen Damen auf süß, standen war ganz offensichtlich. Diese Tatsache konnte man schon alleine aus ihren Kleidern schließen. Sie waren, im Gegensatz zu den anderen Kleidern, in quietschenden und grellen Tönen gehalten, mit Plüsch, Rüschen und Tüll besetzt, dass einem fast schwindelig wurde. Die restlichen, anwesenden Schülerinnen hingegen waren wesentlich edler gekleidet. Ihre Kleider hatten einen gewissen aristokratischen Hauch, aber dennoch modern.

Fasziniert von diesen bildhübschen Geschöpfen in ihren teuren Kleidern bemerkte ich nicht, wie ich selbst von vielen Seiten beobachte wurde, nicht zu Letzt von Alex. Erst als dieser sein Glas in die Fensterbank stellte und mir den Arm hin hielt kam ich wieder zu mir. Verblüfft und nicht fähig innerhalb von Sekunden die Zusammenhänge zu erkennen, blinzelte ich ihn etwas hilflos an.

„Du magst doch tanzen, oder etwa nicht?“ Immer noch leicht durch den Wind blinzelte ich noch einmal. „Ehm ja…schon.“ Erwiderte ich schließlich leicht benommen von dem verlockenden Unterton in seiner dunklen Stimme. Meine Gedanken waren noch nicht wieder ganz am richtigen Platz als ich bereits Alex Arm ergriffen hatte und mit ihm zur Tanzfläche hinüber schritt. Vom Tanzunterricht her war ich es noch gewohnt den Part der Frau ein zu nehmen, weswegen ich mich auch ohne zu murren fügte, als Alex die Führung übernahm.

Auf den Bällen, die ich früher mit meinen Eltern besucht hatte, wäre so etwas undenkbar gewesen. Ein Mann und ein Mann…Nein sowas war weder gern gesehen noch geduldet. Sowas gehörte sich schlicht und ergreifend nicht.

Lediglich auf Wohltätigkeitsveranstaltungen oder dergleichen hatte ich mal mit meiner Mutter getanzt oder auch einmal, als ich noch ganz klein war mit meinem Vater. Dies aber auch nur aus dem einfachen Grund, um vor den anderen Gästen, Menschlichkeit und Sinn für Humor zu heucheln. Im Grunde war mein ganzes Leben nur eine einzige Heuchelei. Immer musste ich mich von meiner besten Seite zeigen. Alle Höflichkeitsformen einhalten und niemals aus meiner Rolle als wohlerzogener Vorzeigesohn fallen. Früher war dies alles vollkommen normal gewesen. Es war mein Alltag, mein Leben. Und ausgerechnet jetzt musste mir klar werden das es nicht das war was ich wollte?!

Ich wollte frei sein! Das tun was ich wollte und nicht was die Gesellschaft mir aufzwang zu sein. Ich wollte einfach nur ich sein. Eric Nemours, ein junger Mann von 17 Jahren, mit Träumen und Hoffnungen und vor allem ohne einen Plan der mein Leben vor schrieb. Ohne Rücksicht auf Etikette und Benimmregeln. Zumindest für diesen einen Abend.

Mit geschlossenen Augen hatte ich mich an Alex Schulter gekuschelt und wiegte mit ihm zusammen im sanften Klang des Klaviers hin und her. Vermutlich wäre ich an seiner Seite eingeschlafen, so wohl wie ich mich in diesem Moment fühlte. Es war als sei ich von der Welt und allen Sorgen los gelöst, es gab keine Vergangenheit, keine Gegenwart und keine Zukunft die mich belastete. Es gar nichts außer dieser tiefen Zufriedenheit und dem Bewusstsein mit sich selbst und allem anderen vollkommen im Reinen zu sein.

Ein Tippen auf meiner Schulter ließ mich leicht aus meiner Trance hoch schrecken und ich sah in das makellose Gesicht einer jungen Dame. Ihre Augen hatten einen eisigen Blau-Ton. Fast die gleiche Farbe wie sie auch Alex hatte, nur noch um einiges kälter und Furcht einflößender. Dabei war sie von so schöner Gestalt das es fast schon grotesk wirkte. Als sei sie geradewegs vom Titelbild eines Hochglanzmagazins herunter gesprungen. Ihre schwarzen Haare waren hoch gesteckt und glänzten seidig im Schein des gedämpften Lichts und der Kerzen. Ihre Lippen waren voll und luden geradewegs zum Küssen ein. Ob sie überhaupt eine Ahnung hatte wie vollkommen sie in meinen Augen gerade aussah? Ja, ja das wusste sie. Selbstbewusst und mit einer Eleganz die man sonst nur Raubkatzen zu schreiben konnte, zog sie mich von Alex weg und machte mich nun zu ihrem neuen Tanzpartner.

Im ersten Moment strauchelte ich etwas, da nun ich wieder an der Reihe war die Führung zu übernehmen, wobei ich einfach nicht dieses seltsame Gefühl los wurde, das ich eh nicht viel zu melden hatte. So eine Anziehungskraft hatte ich noch nie erlebt. Es war beängstigend wie sehr es mich drängte in der Nähe dieses Mädchens zu sein, dessen Namen ich noch nicht einmal wusste.

„Du musst also Erik sein, von dem ich schon so viel gehört habe.“ Schnurrte sie mit einer dunklen verführerischen Stimme an mein Ohr. Erst dabei bemerkte ich, dass sie ein Stück größer war als ich selbst, was mich wenigstens ein bisschen wieder zurück in die Realität holte. Ewig auf Wolke Sieben zu schweben war nicht gerade förderlich für die Gesundheit, wie ich fest stellen musste, da mir augenblicklich der Kopf zu schwirren begann und ich mich vom Schwindelgefühl gepackt fast übergeben hätte.

Mit einem leichten Ruck schaffte ich mich von dieser schwarzhaarigen Femme fatale los zu reißen. Sicher, diese Bezeichnung ist nicht besonders schicklich, und da ich die junge Dame nicht näher kannte auch irgendwie gemein und unangebracht. Dennoch, sie hatte etwas Dämonisches an sich, was mich sowohl faszinierte wie auch abschreckte.

„Was soll das?~“ Zischte sie nun nicht mehr ganz so damenhaft und warf mir einen giftigen Blick zu, der direkt unter die Haut ging.

„E…endschuldige…mir ist nicht gut.“ Schaffte ich es noch zu stammeln und verließ auf direktem Wege den Ballsaal. Das meine ‚Flucht‘ nicht unbemerkt blieb, verwunderte mich nicht. Denn bereits nach wenigen Schritten im frisch gefallenen Schnee, eilte sowohl Alex wie auch Benni an meine Seite als wollten sie sicher gehen, dass ich nicht plötzlich der Länge nach zu Boden ging. Und tatsächlich, kaum das mir der kalte Wind ins Gesicht wehte, war es als gaben meine Beine unter mir nach. Mehr als Dankbar, dass meine Freunde bei mir waren um mich auf zu fangen, seufzte ich erleichtert aus. Wortlos brachten sie mich durch den Seiteneingang der Mensa ins Innere des Schulgebäudes und setzten mich auf eine der Bänke. Kaum das ich saß eilte Benni davon um mir ein Glas Wasser aus der Küche zu hohlen.

Alex setzte sich neben mich und rieb mir beruhigend den Rücken. „Du bis plötzlich so blass geworden…alles ok?“ Eine vollkommen überflüssige Frage, meines Erachtens nach. Man sah doch, dass es mir nicht gut ging und das so gar nichts ok war. Dennoch nickte ich brav und tat so als wüsste ich nicht wovon Alex da eigentlich sprach. „Ich hätte vielleicht vorhin nichts von Bennis Schokolade essen sollen.“ Meinte ich mit einem schiefen Grinsen und tat die ganze Sache mit einem Schulterzucken ab. Was aber Benni gar nicht gefiel und er sofort nach seiner Rückkehr aus der Küche lautstark verkündete: „Meine Schokolade ist daran bestimmt nicht schuld. Dir ist viel eher der Geruch dieser großspurigen Tussi nicht bekommen!“ Eine sogar recht plausible Erklärung, wie ich fand. Das konnte tatsächlich der Auslöser meiner Übelkeit gewesen sein. Immerhin schwebte um jeder der anwesenden Damen, mindestens ein Meter eine dicke Wolke aus Parfüms und Duftwässerchen. Und obwohl ich ihm innerlich bereits zugestimmt hatte, kam ich nicht um hin ihm einen leicht tadelnden Blick zu zuwerfen.

„Es ist übertrieben sie als ‚Tussi‘ zu bezeichnen.“ War ich der Meinung.

Überraschender weise aber, war es nun Alex der vehement den Kopf schüttelte. „Melanie Moceer. Auch bekannt als ‚die Dunkle‘. Sie ist wahrhaftig, mit Leib und Seele ein boshaftes Biest. Sie ist manipulativ, hinterhältig, giftig, verschlagen und einfach nur widerlich –zumindest wenn man von ihrem Inneren ausgeht.“ Spie Alex wütend und knackte leicht mit den Fingerknöcheln als könnte er in seinen Händen irgendwas zermahlen.

„Das hört sich so an als hättest du schon einmal nähere Bekanntschaft mit ihr gemacht.“ War mein geistreicher und vielleicht nicht ganz angebrachter Kommentar zu diesem Thema.

Als hätte ich Öl ins Feuer gekippt, denn mit einer ruckartigen Bewegung stand Alex auf und schlug scheppernd mit den Handflächen auf den Tisch. „Jeder hat schon nähere Bekanntschaft mit diesem Monster gemacht.“ Brüllte er mit vor Zorn geröteten Wangen. Spätestens jetzt sollte jedem Zweifler klar sein, wie sehr Alex dieses Mädchen, das kaum älter sein konnte als ich es war, doch verabscheute und regelrecht hasste. Auch Benni zog, mit ungewöhnlich düsterer Stimmung die Augenbraun zusammen, sagte aber nichts. Und auch ich schwieg.

Nachdem das Glas Wasser geleert war, fühlte ich mich wieder deutlich besser und gab ein erleichtertes Seufzen von mir. „Danke für die Hilfe.“ „Dafür sind doch Freunde da.“ Nun wieder mit einem Lächeln auf den Lippen klopfte mir Benni leicht auf die Schulter, welcher sich zu Alex und mir auf die Bank gesetzt hatte.

Wir blieben noch einige Minuten in der dunklen Mensa sitzen, bis wir entschieden wieder zurück zu gehen. Natürlich hatte ich bereits versucht Alex und Benni schon früher fort zu schicken, aber sie wichen nicht von meiner Seite, egal was ich sagte oder tat. Wofür ich letzten Endes auch sehr Dankbar war. Wieder mit wesentlich besserer Laune und befreitem Geist kehrte ich zurück in den Ballsaal. Doch kaum das wir durch die Tür getreten waren, war Benni auch bereits in einer rosa-pinken Plüschwolke aus Kleidern und Mädchen verschwunden die sich inzwischen regelrecht um ihn zankten. //Und so waren es nur noch zwei.// Dachte ich im Stillen bei mir und sah dem irgendwie bedauernswerten Benni hinterher, wie er davon geschleppt wurde ohne auch nur den geringsten Hauch einer Chance zu entkommen. „Ah…Da ist Ron.“ Stieß mich Alex an und deutete auf das andere Ende des Saals. Und tatsächlich, stand Ron dort hinten an der Wand und sprach mit einem Mädchen. Wobei flirten wohl eher passte. Er hatte sich dicht zu ihr gelehnt, sie teilten sich ein Glas mit Trinken und schien sich zudem noch köstlich zu amüsieren. Zumindest kicherte die junge Dame immer wieder und auch Ron lachte fröhlich.

In diesem Moment passierte mit mir etwas mehr als nur Eigenartiges. Mir wurde heiß und kalt zugleich, während der Druck auf meine Brust immer größer wurde. Ein unangenehmes Kribbeln jagte durch meinen Körper und binnen einer Sekunde war mir dieses Mädchen, welches ich nur von Weiten sehen konnte, mehr als unsympathisch. Ja regelrecht suspekt. Ich wollte sie anbrüllen, dass sie sich nicht so vertraut mit Ron zu unterhalten hatte, ihr das Getränkt ins Gesicht kippen welches sie in der Hand hielt die mein Zimmerkollege so zärtlich umschloss, wenn er selbst einen Schluckt daraus nahm. Aber vor allem wollte ich, dass sie augenblicklich Abstand nahm von Ron. Es war als würden meine bösen Gedanken geradewegs durch den Raum eilen, denn kaum das in meinem Innern die Bilder aufflackerten, wie ich dieses Mädchen zum Teufel jagte, drehte sie sich mit erschrockenem Gesicht zu mir um und sah mir direkt in die Augen.

Durch den plötzlichen Blickkontakt selbst zu Tode erschrocken drehte ich mich rasch weg und flüchtete mich regelrecht hinter eine der Blumensäulen am Rand der Tanzfläche. Ich kam mir so schrecklich ertappt vor. Dabei war dieser Gedanke vollkommen lächerlich. Sicher, ich gab zu, dass es durchaus möglich war, dass sie meine Blicke gespürt hatte. Sowas kannte ich ja selbst aus eigener Erfahrung. Aber es war einfach unmöglich, dass siewusste was ich gedacht habe. Bestimmt war es ihr lediglich unangenehm gewesen wie ich sie angestarrt hatte. Also keine Panik. Somit hatte ich auch keinen Grund mich zu verstecken. Ich wusste ja nicht einmal wieso ich so reagiert habe. Ron war mein Freund, vermutlich sogar mein bester Freund, also sollte ich mich für ihn freuen, dass er so ein hübsches Mädchen abbekommen hatte. Es war ja nicht so, dass ich eifersüchtig war…oder vielleicht doch? Neidete ich Ron etwa seinen Erfolg bei Mädchen? Nein, das war es nicht. Mir blieb nichts anderes übrig als mir selbst einzugestehen, dass ich nicht auf Ron sondern auf die Schülerin wütend war. Irgendwie gab sie mir -obwohl ich sie nicht einmal kannte- dass Gefühl mir meinen besten Freund weg zu nehmen. In diesem Moment kam ich mir vor wie ein kleiner Junge, der zum ersten Mal etwas teilen musste. War ich wirklich dermaßen verwöhnt? Noch einmal tief durchatmend strich ich meinen Blazer glatt und kam aus meinem Versteck.

Nur beifällig ließ ich meinen Blick in Rons Richtung gleiten. Doch er war nicht mehr da und auch das Mädchen war verschwunden. Hatte ich sie so sehr verschreckt? Oh Gott~ wenn meine Mutter das raus bekam. Sie würde mir die Hölle heiß machen.

Während ich den Ballsaal mit den Augen absuchte, entdeckte ich Alex, welcher wieder auf der Tanzfläche war und sich mit einer jungen Blondine drehte. Komisch…bei ihm kam es mir nicht sauer hoch, auch nicht bei Benni der von Verehrerinnen gerade so überschwemmt wurde. Viel mehr fand ich es gut sie so ausgeglichen zu sehen. Naja, ausgeglichen war das falsche Wort. Benni machte ein Gesicht, als stünde er vor dem Kriegsgericht und wartete nervös auf die Urteilsverkündung. Und Alex, also Alex sah mehr gezwungenermaßen freundlich aus. Bestimmt taten ihm Morgen die Gesichtsmuskeln vom Lächeln weh, welches er vergeblich versuchte der Blonden zu schenken. Aber alles in allem schienen sich meine Freunde und Schulkameraden gut zu amüsieren.

Mit der Zeit taute ich auch immer mehr auf und wechselte das ein oder andere Wort mit den Mädchen. Sie waren witzig und freundlich. Meine anfänglich, leichten Befürchtungen einer Horde bornierter Ziegen gegenüber zu stehen, verflog in Windeseile. Jede von ihren mochte eine gut behütete Kindheit genossen haben, und einen Besitz der den meiner Eltern selbst in ihren besten Zeiten um ein Vielfaches übertraf, doch sie waren kaum eingebildet. Zumindest die meisten mit denen ich ins Gespräch kam. Melanie sah ich nur noch ein einziges Mal. Sie war gerade auf dem Weg zum großen Torbogen, als Raven ihr entgegen kam und sie ein paar Worte wechselten. Doch Melanies beeindruckende Erscheinung, verblasste regelrecht neben der von Raven.

Lautlos wie eh und je hatte er den Saal beteten und dennoch hatten sich unzählige Köpfe nach ihm um gedreht, als hätten sie seine Anwesenheit gespürt. Und das war nicht alles. Er sah einfach umwerfend aus. Er trug einen schlichten schwarzen Anzug. Sein Hemd jedoch war ein dunkles Weinrot, das einen deutlichen Kontrast zu seiner Haut bildete. Es war nur bis kurz unter die Brust zu geknöpft, es enthüllte nicht viel, aber genug um die Fantasie an zu regen, was sich unter dem restlichen Stoff befinden könnte. Auf Krawatte, Halstuch oder gar Fliege, hatte er komplett verzichtet, was sein Erscheinungsbild aber in keinster Weise schadete. Seine Haare waren zu einem lockeren Zopf nach hinten gebunden und in seinen Augen…nein in seiner ganzen Haltung war etwas das ich noch nie an ihm gesehen hatte. Er strahlte normalerweise eine kalte Distanz aus und machte dennoch deutlich, dass er hier das Sagen hatte. Heute Nacht jedoch wirkte er fast...ein wenig verführerisch. Nach wie vor war er der unumstrittene Herrscher über diesen Raum und jeden anderen Ort an dem er sich aufhielt, doch er wirkte zugänglicher, als würde er die Blicke genießen die ihm zugeworfen wurden und für jeden ein offenes Ohr haben. Oder bildete ich mir das nur ein?

Noch immer überwältigt von seinem Erscheinen, stand ich wie versteinert da, als er direkt auf mich zu kam und mit ein selbstsicheres Grinsen schenkte. „Und wie gefällt dir der Ball?“ Hatte Raven mich da gerade angesprochen? Mich? Denjenigen den er schon seit Wochen aus dem Weg ging und nur das nötigste mit ihm sprach? Und dann auch noch eine derart unbedeutende Frage stellte?

Mein Mund klappte auf um zu Antworten, schloss sich aber wieder ohne ein Wort gesagt zu haben. Zu groß war die Überraschung, das Raven allem Anschein nach, auch ein ganz normaler Mensch war, der belanglose Fragen stellte, um ein Gespräch an zu fangen. Bis jetzt kam er mir immer so dunkel und mystisch vor. Jetzt aber wirkte er offen und freundlich. Vielleicht ein wenig zu sehr von sich selbst überzeugt, aber ok. Immer noch besser als wenn er mich wieder grundlos anfauchte. „Er ist wirklich schön.“ Antworte ich daher schnell und lächelte ihn an. Immerhin wollte ich nicht riskieren das er mir wieder die kalte Schulter zeigt. „Du siehst gut aus Raven.“ Fügte ich mehr unbewusst als gewollt hinzu. Musste aber immer noch lächeln. Zu meiner größten Überraschung, erwiderte Raven das Lächeln leicht.

„Du siehst durstig aus…lass uns was trinken.“ Obwohl ich Raven noch nicht allzu lange oder gar besonders gut kannte, so merkte ich doch sofort, dass dies keine Frage sondern vielmehr ein Befehl gewesen war. Denn kaum hatten seine Worte meine Ohren erreicht hatte er bereits einen Arm um meine Schultern gelegt und führte mich zum Buffet. Ein anderer Junge, den ich zuvor noch nie gesehen hatte, füllte zwei Gläser mit dem Fruchtpunsch und reichte sie uns über den Tisch. Dankend nahm ich es entgegen und starrte kurz in die Flüssigkeit. Aus dem Augenwinkel heraus konnte ich sehen wie Raven sein Glas in einem Zug herunter kippte und sich gleich ein neues geben ließ. Ein wirklich sehr seltsames Verhalten. Entweder offenbarte mir Raven hier gerade eine vollkommen neue Seite an sich oder er führte irgendwas im Schilde, was ich aber noch nicht so ganz benennen konnte. Ich für meinen Teil jedenfalls nahm auch einen Schluck vom Punsch und stellte fest dass er köstlich schmeckte. Er roch süßlich und herb zugleich. Doch obwohl ich einen recht feinen Geschmackssinn hatte, schaffte ich es nicht auch nur eine einzige Zutat heraus zu schmecken. „Was ist das?“ Fragte ich daher verständlicherweise und schaute mir die rötliche Flüssigkeit noch einmal genauer an. Vermutlich war es das, was ich vorhin auch bei Alex gesehen und für Kirschsaft gehalten hatte.

„Das, Eric, ist ein Geheimrezept.“ Mein Gesichtsausdruck musste in diesem Moment zwischen Überraschung und Entsetzten geschwankt haben. Zum ersten Mal hat mich Raven freundlich mit meinem Vornamen angesprochen. Hatte mein Name schon immer so einen tollen Klang oder lag das an Ravens Stimme?

„Guck nicht so. Genieß lieber den Abend…“ Es war mir als würde Raven noch etwas hinzu fügen wollen, doch er sagte nichts mehr und schaute sich mit mir zusammen die tanzenden Schüler an. Immer wieder wanderte mein Blick zu Raven der dicht neben mir stand und leicht die Flüssigkeit im Glas hin und her schwenkte, als sei es kostbarer Wein. Nebenbei leerte ich schließlich auch mein Glas und stellte es zurück auf den Tisch. Als wäre dies ein vereinbartes Stichwort gewesen, stellte Raven auch das Seine weg und ergriff meine Hand. Bevor ich überhaupt Protest einlegen konnte zog er mich zu einem Wiener Walzer auf die Tanzfläche. Im ersten Moment glaubte ich, nicht mit Raven Schritt halten zu können, so elegant und schnell wie er sich bewegte, doch nach anfänglichem Zögern, erinnerte sich mein Körper ganz von allein wieder an das Gelernte und wir flogen geradezu über die Tanzfläche. Mein anfängliches Stimmungstief war wie weg geblasen und es begann mir von Minute zu Minute mehr Spaß zu machen. Raven war ein unglaublicher Tänzer, sogar viel besser als Alex. Dabei hatte ich Raven nicht einmal beim Tanzunterricht gesehen.

Die große Standuhr am Ende des Raumes ließ mich regelrecht zusammen fahren, als sie mit einem Mal Mitternacht schlug. Mir war gar nicht aufgefallen wie viel Zeit inzwischen vergangen sein musste. Hätte man mich gefragt hätte ich getippt das vielleicht ein, maximal zwei Stunden her waren seit ich herunter gekommen war. Aber der Uhr nach war es schon deutlich später, was mir Raven ebenfalls klar machte als er mich bei der Hand nahm und mit nach Draußen zog. „Komm wir müssen los, wir sind schon viel zu spät dran.“ Sagte er mit einem leicht gehetzten Unterton in der Stimme und schob mich zu dem schwarzen Wagen der bereits im Innenhof wartete.

„Halt, ich muss mich erst noch verabschieden.“ Warf ich leicht verzweifelt ein. Ich wollte mich von Ravens Griff lösen, doch er zog mich einfach weiter. Egal wie sehr ich mich gegen ihn stemmte, es schien ihn nicht im Mindesten zu interessieren. „Aber dass…“ „Du kannst sie morgen früh ja anrufen.“ Erwiderte er auf meinen unausgesprochenen Protest. Ohne mir eine Chance zu lassen schob er erst mich ins Innere des Autos und dann sich selbst. Die Autotür war noch nicht einmal ganz geschlossen als der Wagen bereits anfuhr. Was sollte das denn auf einmal?

Sprachlos saß ich auf den gepolsterten Sitzen und starrte die getönte Scheibe vor mir an, hinter welcher sich der Chauffeur verbarg. Erst einige Schlaglöcher später kam ich wieder zur Besinnung und strafte Raven mit einem bösen Blick. „Was sollte das? Konntest du mir nicht fünf Minuten früher sagen dass wir los müssen? Dann hätte ich mich noch von den anderen verabschieden können.“ Warf ich dem ihm vor und kassierte meinerseits einen bösen Blick. „Stell dich nicht so an, ihr habt euch doch gestern schon zur Genüge verabschiedet.“ Grummelte er wütend und verschränkte die Arme vor der Brust. Sofort spürte ich wieder diese kalte Distanz die Raven sonst zu Allen und Jeden hatte.

Gerade wollte ich erneut los wettern, als ein gewaltiger Ruck das Auto erfasste und mich nach vorne schleuderte. In meiner Wut hatte ich vergessen mich an zu schnallen und schlug nun mit voller Wucht gegen die Rückwand der Fahrerkabine.

„Was war das?“ Hörte ich Raven brüllen, der bereits die Tür aufriss um nach zu sehen, was unsere Fahrt gestoppt hatte. „Etwas ist vors Auto gerannt, Sir.“ Drang es gedämpft an mein Ohr als ebenfalls der Chauffeur den Wagen verließ. Mein Kopf dränte mindestens genauso sehr wie der gerade sterbende Motor.

Plötzlich tauchte Raven wieder neben mir auf um zu prüfen wie es mir ging, zumindest glaubte ich das, doch er sah mich nur kurz an und meinte: „Bleib im Wagen.“ Damit war er wieder in die Nacht geglitten und schlug die Autotür hinter sich zu. Ich war mir nicht sicher was passiert war, vermutete aber das wir ein Reh oder vielleicht auch ein Wildschein erwischt hatte. Immerhin waren wir auf einer Straße die mitten durch den Wald führte. Da waren Wildunfälle sicher keine Seltenheit.

Es verging einige Zeit. Zu Beginn hatte ich noch Geräusche von draußen gehört. Dann aber war es still geworden, bis ich nichts mehr hörte, außer dem leisen Zischen der Heizung, die noch mehr oder minder funktionierte. Als nach weiteren fünf Minuten nichts geschah, entschloss ich mich auch aus zu steigen. Die Schmerzen in meinem Kopf hatten etwas nach gelassen, dafür aber tat mir nun der Nacken schrecklich weh und das beständige Ziehen an meiner Stirn offenbarte mir, das es wohl nicht bei einfachen Kopfschmerzen bleiben würde. Vorsichtig tastete ich die blutende Wunde über meinem linken Auge ab. Sie war recht groß, aber sie schien glücklicherweise nicht sehr tief zu sein. Dennoch konnte ich nicht einmal mehr das linke Auge öffnen ohne dass mir ständig das Blut die Sicht nahm. Mit zitternden Fingern holte ich das Taschentuch aus meiner Hemdtasche und drückte es mir auf die Platzwunde, während ich die Autotür aufstieß und ebenfalls hinaus in die Nacht trat. Mit zögernden Schritten ging ich um das Auto herum. Es leuchtete nur noch ein Scheinwerfer, der andere lag zusammen mit weiteren Splittern und Stücken der Karosserie und des Motors auf der Straße verteilt. Meine Sicht war zwar deutlich eingeschränkt und auch mein Kopf war mit der Entscheidung aufrecht zu gehen nicht ganz einverstanden, dennoch war mir klar das hier etwas fehlte. Bei genauerem Betrachten der Straße entdeckte ich zwar Blutspuren, aber keinen Tierkadaver. Und auch von Raven und dem Fahrer fehlte jede Spur. Konnte es sein das das angefahrene Tier noch lebte und sich in den Wald geflüchtet hatte? Zweifelnd wanderte mein Blick zurück zu den Überresten des Wagens. Nein, keins der hier heimischen Tiere konnte so einen Aufprall überleben, geschweige denn, danach noch von alleine aufstehen und weg rennen.

Mehrfach rief ich in der Dunkelheit nach Raven. Aber nichts und niemand antwortete mir, nicht einmal eine Eule. Es war Totenstill. Als dann auch noch das Licht des Autos zu flackern begann, da die Batterie langsam versagte, wurde ich mehr als unruhig. Es war kalt, dunkel und ich hatte furchtbare Schmerzen. Mit inzwischen, von der Kälte, leicht tauben Fingern, suchte ich nach meinem Handy. Glücklicherweise hatte es den Unfall ohne Schaden überstanden. Ich war gerade dabei Ravens Nummer zu suchen, die er mir für Notfälle gegeben hatte, als ich etwas hinter mir im Wald knacken hörte. „Raven?...Bist du das? Was ist passiert?“ Ich wollte gerade in diese Richtung gehen, als mich ein weiteres Knacken und Knirschen im Schnee, inne halten ließ. Diesmal kam es von der anderen Seite der Straße. „R…Raven?“

Meine Stimmer zitterte so erbärmlich wie der Rest von mir. Wieder hörte ich das Knirschen des Schnees. Nein ich hatte mir das nicht eingebildet. Da war etwas…und es kam auf mich zu. Ich schaffte es nicht, auch nur einen Muskel zu rühren. Mit wild rasendem Herzen stand ich im flackernden Lichtkegel des demolierten Autos. Das Flackern wurde schlimmer und auf einmal war es dann ganz vorbei. Das Einzige das nun in der Nacht noch zu hören war, war mein rasselnder Atem.

Immer noch nicht fähig mich zu bewegen, lauschte ich auf meine Umgebung. Wieder ein Knirschen, dann Stille, dann wieder ein Knirschen. Schritt für Schritt näherte sich mir da etwas. Ich wusste nicht was es war, nur das es etwas war, mit dem ich keine Bekanntschaft machen wollte. Als die zeitlichen Abstände zwischen den Schritten weniger wurden, schaffte ich es endlich meine Beine dazu zu bringen, sich wieder zu bewegen. Von blinder Angst gepackt warf ich das blutige Tuch zu Boden und rannte einfach los. Die Straße konnte ich nur schemenhaft erkennen, doch es reichte mir um als Fluchtweg zu dienen. Für wenige Sekunden glaubte ich, das was auch immer da hinter mir her war, abgeschüttelt zu haben. Da ich keine Schritte mehr außer meinen eigenen hören konnte.

Leider wurde ich eines Besseren belehrt. Gerade wollte ich einen Blick nach hinten riskieren, als ich etwas Dunkles, seitlich auf mich zuschießen sah. Ein mächtiger Ruck erfasste meinen Körper und schleuderte mich von der Straße auf den vereisten Waldboden. Doch noch ehe ich mich aufrichten oder wenigstens Schreien konnte, warf sich etwas mit vollem Gewicht auf mich. Endlich verließ ein Schrei meine Kehle. Dies aber rührte weniger von der Angst her die ich im Moment verspürte, als vielmehr von den Schmerzen, die plötzlich in meinem Körper brannten. Etwas Scharfes bohrte sich unterhalb der Rippen durch meine Haut. Es war als könnte ich hören wie etwas Hartes an meinen Knochen entlang schrapte, während es mir gleichzeitig die Haut vom Körper zu schneiden schien. Ich spürte noch den warmen Atem eines Lebewesens im Nacken und die Kälte unter meinem Körper als mein Oberteil regelrecht in Fetzen gerissen wurde und sich etwas in meine Schulter verbiss.

Es war als bliebe die Zeit stehen, das Blut rauschte in meinen Ohren so laut wie ein tosender Wasserfall. Die Schmerzen, begannen von der Kälte verdrängt zu werden, welche sich unaufhörlich meines Leibes bemächtigte. Es war mir als hörte ich jemand in weiter Ferne schreien. Und dann…
 

…dann wurde die Welt um mich herum schwarz und leer…
 

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So endlich…

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Lesern entschuldigen, dass ihr so lange auf dieses Kapitel habt warten müssen. Vor allen muss ich mich bei Reyel entschuldigen. Ich hatte versprochen noch vor Weihnachten etwas hoch zu laden.

Aber nach dem ich meine Festplatte formatieren musste und im Anschluss meine Externe Festplatte kaputt gegangen ist, hab ich es leider nicht mehr geschafft

Sorry
 

Zuerst hatte ich vor gehabt das Kapitel zu teilen, aber da ich der Meinung bin das es dann noch langweiliger geworden wäre, hab ich noch ein bisschen was dran gehängt in der Hoffnung das das Ganze dadurch etwas aufgewertet wird.
 

So und nun ein dickes Fettes Dankeschön für die lieben Kommis und sagenhaften 71 Favos

^3^ *freu*
 

Eure

Jack-11

Klischees und andere Vorurteile!

Meine Schultern wurden gepackt und geschüttelt, ein Gesicht tauchte in der Dunkelheit über mir auf und redete ununterbrochen auf mich ein, während es mich weiter schüttelte. Verschwommen nahm ich ein markant männliches Gesicht mit kleinem Kinnbart über mir wahr. Ich kannte dieses Gesicht! Die schwarzen Haare und die Bartstoppeln an der Wange, welche vom Mondlicht silbern beschienen wurden. ‚John‘ wollte ich rufen, doch meine Kehle war wie zu geschnürt und nicht einmal zu einem Röcheln imstande.

Dann war da plötzlich noch ein Paar Hände, welche sich auf meine Rippen und Bauch pressten. Rote Augen funkelte in dieser so kalt wirkenden Nacht auf, bevor alles verschwamm und in einem Sumpf aus Schmerz und Angst versank…
 

Ein leises Surren, oder vielleicht war es auch ein Brummen, nicht laut aber beständig, drang an mein Ohr. Gelegentlich spürte ich wie es leicht vibrierte und schaukelte. Das Rascheln von Papier war das Nächste, das ich bewusst wahr nahm. Mit einem leisen Stöhnen öffnete ich die Augen und erblickte Raven. Er saß mir entspannt gegenüber. Die Beine über einander geschlagen blätterte er in aller Seelenruhe in einer Zeitschrift.

„Ah du bist wieder wach…du hast fast den ganzen Flug verschlafen.“ Teilte mir Raven ungerührt mit und blätterte wieder eine Seite um. Als ich skeptisch die Augenbrauen zusammen ziehen wollte, stach mir ein brennender Schmerz in die Kopfhaut und ließ mich erneut aufstöhnen. Doch half der Schmerz mich aus meinen Schlaftrunkenen Zustand zu befreien. Sofort erinnerte ich mich wieder daran was passiert war und griff an meine Stirn. Ein dicker Verband verdeckte die Wunde über meinem linken Auge. Doch als ich nach meinen Rippen und meiner Schulter tastete, schnappte ich entsetzt nach Luft. Meine Haut war…makellos. Nicht ein Kratzer, kein noch so kleiner blauer Fleck, geschweige denn eine klaffenden Wunde, welche man mir zu gefügt hatte.

Ich muss kreidebleich gewesen sein, denn Raven warf mir einen Blick aus Besorgnis und Verwunderung zu. „Ist dir schlecht? Du guckst so komisch.“ Vorsichtig schüttelte ich den Kopf und zog das eben hoch gerissene Oberteil wieder runter. Dabei erst fiel mir auf, dass ich gar nicht mehr meinen Blazer trug, sondern einen einfachen Pullover und eine Jeans.

„Was ist passiert?“ Wollte ich mit kratzender Stimme wissen. Doch leider ließ Raven mich auf die Antwort warten. Stadtessen reichte er mir ein Glas Wasser und lehnte, sich weiter in dem Luxus-Sitz zurück. Nur ganz kurz ließ ich meinen Blick zum Fenster gleiten um auch wirklich sicher zu gehen, das ich in einem Flugzeug saß. Versteht das jetzt bitte nicht falsch! Ich war nicht verrückt oder begriffsstutzig. Nein, viel mehr lag es daran, dass mir Traum und Realität zu sehr verschwommen, was mir allmählich Angst machte.

„Wir hatten auf dem Weg zum Flugplatz einen Unfall.“ Ich nickte, erinnerte ich mich doch noch gut an den Aufprall. „Du warst nicht angeschnallt und bist mit dem Kopf gegen die Trennscheibe geknallt.“ Wieder nickte ich. „Ich ging raus um nach zu sehen wie groß der Schaden war.“ Noch einmal ein Nicken. „Als ich wieder ins Auto zurück kam, warst du leider bewusstlos.“ Wieder wollte ich nicken, hielt aber mitten in der Bewegung inne und sah Raven misstrauisch an. „Das stimmt nicht…du warst weg und als ich raus bin um dich zu suchen, hat mich irgendwas angegriffen und zerfleischt.“ Spieß ich ihn wütend an. Doch statt auf meine Anschuldigung, dass er mir eine Lüge auftischte ein zu gehen, warf er mir nur einen Blick zu, der wohl soviel sagen sollte wie: ‚Und warum sitzt du dann hier vor mir, wenn du doch zerfleischt wurdest?‘ Erst dabei bemerkte ich wie lächerlich diese Aussage war. Noch einmal tastete ich meinen Körper ab. Doch da war nichts.

„Du hast wohl schlecht geträumt, der Arzt meinte du hast ganz schön was ab bekommen.“ Murmelte Raven und war bereits wieder in seinem Magazin vertief. Im Endeffekt war dies ja eine recht schlüssige Erklärung. Doch warum wuselten mir dann ununterbrochen Fetzten von vermeintlichen Erinnerungen in meinem Kopf herum. Ich hatte das Gefühl den Schmerz jetzt noch spüren zu können.

„Wo sind meine Sachen?“ Raven hob nicht einmal den Kopf, als er mir monoton antwortete: „Du hast stark geblutet, wir mussten dich umziehen.“ Sowohl seine Haltung als auch seine Stimme machten deutlich, dass damit das Thema für ihn abgeschlossen war. Zitternd legte ich die Decke, die mir bis eben über den Beinen gelegen hatte beiseite und stand auf. Raven würdigte mich keines Blickes mehr, als ich an ihm vorbei zur Bordtoilette ging. Der Jet war nicht besonders groß, aber für gerade einmal zwei Personen mehr als ausreichend. In der kleinen Kabine verriegelte ich die Tür und lehnte mich über das Waschbecken. Aus müden, blutunterlaufenen Augen sah ich mich an. Ich wirkte blass und ausgezerrt. Und genauso fühlte ich mich auch. Dazu kam noch das mein Schädel dröhnte, als würde dort drin jemand Hochzeitsglocken läuten. Ich war schon drauf und dran wieder zu gehen, als erneut Fetzen der vergangen Nacht an meinem geistigen Auge vorbei rasten und mich regelrecht mit rissen. Gerade noch so, schaffte ich es mich um zu drehen, um mich würgend und ächzend ins Klo zu übergeben. Kaum war der erste Schwall abgeklungen, kitzelte bereits der zweite in meinem Hals und folgte dem ersten in die metallene Schüssel. Zitternd und fast schon ein wenig apathisch hocke ich auf dem Boden der Kabine und wiegte mich leicht hin und her. Ich fühlte mich einfach elend. Mein Kopf schmerzte, mein Magen rebellierte und ich hatte keine Ahnung wo wir eigentlich hin flogen.

Nach ca. Zehn Minuten, einer gefühlten Ewigkeit, verließ ich die Toilette wieder und setzte mich zurück auf meinen Platz, in dem ich aufgewacht war. Ich stellte die Rückenlehne senkrecht und kuschelte mich wieder in die Decke ein. Insgeheim hoffte ich das Raven vielleicht auffiel das es mir nicht gut ging und er mir wenigstens ein bisschen Mitgefühl entgegen brachte. Aber es war so als würde ich gar nicht existieren, er nahm keinerlei Notiz von mir. Daher entschloss ich mein Leiden für mich zu behalten und mich noch etwas aus zu ruhen. Ich musste schon einige Stunden geschlafen haben, denn die Sonne stand hoch am Himmel, auch wenn dies innerhalb eines Flugzeuges täuschen konnte. Aber jedenfalls war es nicht mehr Nacht.

Mit zitternden Fingern und bebenden Lippen führte ich das Glas mit Wasser an meinen Mund, in der Hoffnung ein wenig den fauligen Geschmack aus vertreiben zu können. Schweigend suchte ich mit den Augen den Innenraum des Jets ab, als könnte ich so Antworten auf Fragen finden, von denen ich nicht einmal genau wusste wie sie lauteten. Der Jet war für ca. Vier Personen ausgelegt. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Flugzeugen konnte man hier die Sitze um 360° drehen und in der Mitte sogar einen Tisch aus dem Boden klappen um während des Fluges gemeinsam zu arbeiten, essen oder was auch immer. Doch zur Zeit war er eingeklappt und auch nur Raven und mein Sitz zeigten zu einander. Dabei war ich dankbar, dass ich in Flugrichtung saß, anders herum wäre mir nur schlecht geworden. Obwohl…im Endeffekt war das auch vollkommen egal, gekotzt hatte ich ja bereits.

Eine blecherne Stimme aus den Lautsprechern über mir ließ mich aus meinem leicht dämmrigen Zustand hoch schrecken. Ich war mit meinen Gedanken so weit weg gewesen, dass ich erst bei der Wiederholung der Worte verstand was der Mann uns da eigentlich mit teilen wollte.

»Wir erreichen in wenigen Minuten unseren Zielflughafen, bitte bleiben sie auf ihren Sitzplätzen bis wir gelandet sind.« verkünde der Kapitän ein zweites Mal vollkommen emotionslos, als wäre er nicht mehr als eine Computerstimme.

Mein Blick wanderte zu Raven. Er saß noch immer in der gleichen Position dort wie zuvor. Ein Bein über das andere, während er die Zeitschrift durch ging. Aus dem Augenwinkel heraus nahm ich einen Schatten war und drehte den Kopf, als gerade eine Stewardess neben mir auftauchte und kurz nach dem rechten sah. Sie beugte sich ein Stück weit zu Raven herunter und wechselte einige Worte mit ihm, die ich nicht verstand. Es klang irgendwie osteuropäisch, aber sicher war ich mir nicht.

Es dauerte keine Zehn Minuten und ich stand wieder auf festem Boden. Es war recht bewölkt aber dennoch sonnig, was Raven stark zu überraschen schien als er kurz nach mir das Flugzeug verließ. Ich fror bereits bei der ersten Windböe, die mich erfasste, erbärmlich und schlang eng meine Arme um den Körper. Dabei trug ich schon eine recht dicke Jacke. Da half auch die Sonne nicht, welche sich hier und da durch die Wolken drängte. Hinter uns wurde gerade das Gepäck ausgeladen und in einen silbernen Wagen geladen, welcher gerade vor gefahren war. Verwundert blickte ich das Schild über dem Eingang des Flughafens an. Darauf stand in großen schwarzen Buchstaben ‘Bine ati venit la Sibiu‘. Mein nächster Blick glitt zu Raven, welcher sich gerade eine Sonnenbrille auf die Nase setzte. Ich verkniff mir die Frage, wieso er sie hier aufsetzte obwohl es so aussah als würden sich die Wolken schon bald wieder zusammen schieben und neuen Schnee über das Land verteilen wollen. „Was steht dort?“ Raven folgte meinem Blick zu dem Schild. „Da steht ‚Willkommen in Sibiu‘.“ Verkündete er mir so glorreich und schob mich zum Auto.

Da ich immer noch Kopfschmerzen von meiner Verletzung hatte, verkniff ich mir, mich über die dürftigen Informationen auf zu regen und setzte mich einfach auf die Rückbank. Diesmal war es keine Limousine sondern ein geräumiger Kombi. Eine leichte Erschütterung ging durch den Wagen, als der Kofferraum geschlossen wurde und der Fahrer bereits los fuhr. „Verrätst du mir jetzt wo ich bin?“ Doch statt einer vernünftige Antwort auf meiner Frage, bekam ich nur eine Sarkastische. „In einem Auto.“ Da ich nun wirklich nicht auf Späße aus war, straffe ich Raven mit einem bösen Blick. Welchen ihn aber weder zu Stein erstarren noch in Flammen aufgehen ließ –Leider. Stattdessen gab er nur ein seufzen von sich und antwortete: „Wir sind in Rumänien, westlich der Karpaten, auf den Weg zum Landsitz meines Großvaters.“

„In Rumänien?“ ächzte ich schockiert. „Du willst mich doch wohl auf den Arm nehmen?! Das ist doch nun wirklich ein Klischee zu viel. Ich halte dich eh schon für Graf Dracula, fehlt nur noch das du kopfüber von der Decke hängst.“ Ich wusste nicht woran es lag, dass allein die Vorstellung in so einem Land zu sein, mich derartig angriffslustig machte. Doch meine –leicht vorwurfsvollen- Bemerkungen, bereute ich sofort.

Mit einem wilden Blick drehte sich Raven zu mir um und hatte bereits die Hand erhoben um mich zu ohrfeigen. Erschrocken kniff ich die Augen zu und hob abwehrend die Hände. Aber als einige Sekunden später immer noch nichts geschehen war, spähte ich vorsichtig durch meine Finger hindurch. Raven saß noch immer da mit erhobener Hand und wütendem Blick. Sein ganzer Körper zitterte, als er sich zusammen riss und zurück lehnte, ohne mich für meine Worte zu bestrafen. „Ich kann diesen Quatsch von Graf Dracula nicht mehr hören. Erwähne so etwas nie wieder in meiner Gegenwart!“

Deutlicher hätte eine Drohung nicht mehr sein können. Daher nickte ich nur schwach und schwieg den Rest der Autofahrt. Ich verbrachte die Zeit damit aus dem Fenster zu sehen und die kahlen, schemenhaft wirkenden Bäume zu zählen, welche in rasender Geschwindigkeit an uns vorbei zischten.

Es wäre gelogen, würde ich behaupten ich hätte keine Vorurteile. Doch dieses Land behagte mir einfach nicht. Es wirkte düster, leer und bedrohlich. Vermutlich hatte ich einfach zu viele Gruselgeschichten über dieses Land gelesen. Denn wohl fühlte ich mich nun wirklich nicht.

Die Bäume am Straßenrand, wirkten knochig und abgestorben, obwohl ich wusste, dass dies nur daran lag, weil es Winter war und sie ihre Blätter abgeworfen hatten, welche den Waldboden unter ihnen bedeckten. Zwischendurch lichteten sich die Wälder und gewähren uns einen Ausblick auf Berge und Seen. Die gefroren Oberfläche schimmerte in einem düsteren Grau, so wie der Himmel welcher sich mit jeder weiteren Minute verdunkelte. Es dauerte auch nicht lange bis es tatsächlich begann zu schneien. Doch anstatt langsamer zu werden, drückte der Fahrer noch etwas mehr aufs Gas. Daher blieb mir auch nicht alles von der Fahrt in Erinnerung. Die dicht stehenden Bäume, welche an uns vorbei rauschten bereiteten mir Übelkeit, starrte ich sie zu lange an. Daher senkte ich den Blick zu meinen im Schoss gefalteten Händen und versuchte mich im Stillen selbst davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung war. Ich war in Sicherheit. Raven hatte versprochen auf mich auf zu passen. Zumindest was meinen Vater anbelangte. Doch wer würde mich vor Raven schützen?
 

Nach ca. eineinhalb Stunden verließen wir die etwas breitere und gut ausgebaute Straße und bogen in Eine ein die kaum die Bezeichnung Feldweg verdiente. Inzwischen wusste ich auch wieso der Fahrer sich so beeilt hatte. Es hatte sich bereits eine beachtliche Schicht aus Schnee und Eis über diese Buckelpiste von Straße gelegt und erschwerte mit jedem weiteren Meter das Vorankommen. Ich schätze mal eine Stunde später und hier kam man nicht mehr ohne schweres Gerät hindurch, wobei ich bemerken muss das wohl selbst ein Schneepflug so seine Schwierigkeiten haben dürfte. Immerhin standen die Bäume teileweise so eng, dass ich mir nicht einmal mehr sicher war, ob wir uns überhaupt noch auf der Straße befanden.

Doch ein kurzer Seitenblick zu Raven ersparte mir die Frage, ob wir hier richtig waren. Er saß so gelangweilt da als könnte er die Strecke mit verbunden Augen finden, obwohl er auch irgendwie einen leicht verspannten Eindruck machte. Zuerst glaubte ich, mir dies nur eingebildet zu haben, so wie viele Dinge in letzer Zeit, doch zwanzig Minuten später, die sich das Auto durch den immer höher aufgetürmten Schnee gequält hatte, wurde ich eines Besseren belehrt.

Die Bäume lichteten sich und endlich erreichten wir unser Ziel. Ein herrschaftliches Anwesen türmte sich vor uns auf und schien mit den riesigen Bäumen in Konkurrenz zu stehen, wer höher war. Doch die umliegenden Tannen hatten eindeutig gewonnen. Als ich bereits ausgestiegen war und mit überwältigendem Blick dieses ehemalige Jagdschloss betrachtete, saß Raven noch immer mit verschränkten Armen im Auto und schien nicht so recht aussteigen zu wollen. Leicht in sich zusammen gesunken erweckte er den Eindruck eines eingeschnappten Kindes, dass sich trotzig gegen eine Entscheidung der Erwachsen wehrte.

Das Quietschen der Eingangstüren, erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Ein hoch gewachsener Mann mit glatt nach hinten gekämmten Haaren im Anzug trat nach draußen, dicht gefolgt von zwei weiteren, wesentlich jüngeren Männer. Alle Drei waren sofort anhand ihrer Kleidung und Haltung als Bedienstete zu erkennen. Die beiden Jüngeren begannen unverzüglich den Wagen aus zu laden und das Gepäck ins Haus zu tragen. Endlich bequemte sich auch Raven dazu das Innere des Autos zu verlassen. Mit einem leisen Murren rückte er seine Sonnenbrille zurecht, versteckte seine Hände in den Hosentaschen und drängte sich wortlos an dem Butler vorbei. Etwas unschlüssig und mit dem Gefühl, das Ravens schlechte Laune allein mein Verdienst war, stand ich da. Erst als der Butler mir mit einer halbwegs freundlichen Geste zu verstehen gab das ich kommen sollte, setzte ich mich in Bewegung. Im Inneren des Hauses war es kaum merklich wärmer, als Draußen. Dort hatte der fallende Schnee sich zu einem mächtigen Sturm ausgeweitet und tobte nun ums Haus.

Raven war spurlos verschwunden, lediglich die nassen Fußabdrücke, welche die rechte Seite der sich teilenden Treppe am Ende der Eingangshalle, zierten, ließ darauf schließen wo er hin gegangen ist. Doch hingegen meiner Annahme, führte mich der Butler nicht die Stufen hinauf, sondern an der Treppe vorbei in den Salon.

In dem ebenso pompösen und großen Raum, war es zum Glück wesentlich wärmer. Der grobe Steinboden war mit dicken rotgoldenen Teppichen ausgelegt um dem Raum Gemütlichkeit zu verleihen. Und obwohl ich mich noch immer nicht wohl fühlte, begann ich mich nach und nach zu entspannen.

Der Butler deutete mir an, stehen zu bleiben. Brav blieb ich wo ich war und wartete, als dieser zu einer Gruppe hoher Ohrensessel vor dem lodernden Kamin ging. Doch soweit ich sehen konnte, saß niemand in diesen, dennoch hörte ich Stimmen. Leider aber wurde meine Sicht von einem der Sessel zu stark behindert als das ich mit Sicherheit sagen konnte das dort tatsächlich niemand war. Es vergingen nur wenige Sekunden und der Butler tauchte wieder in meinem Blickfeld auf. Doch nicht alleine. Vor sich her schob er einen museumsreifen Rollstuhl, in welchem ein alter vom Leben gezeichneter Mann saß. Leicht hob dieser seinen Kopf und blickte in meine Richtung. Obwohl ich einige Meter weit weg stand, erkannte ich das unnatürliche weiß seiner Augen. Aber Raven hatte mir ja bereits mitgeteilt gehabt das er ‚nur‘ einen bilden Großvater hatte.

Der alte Mann sprach ein paar Worte, die aber leider nicht verstand. Erst als nach kurzer Zeit des Schweigens ich mich immer noch nicht gerührt hatte, hob er leicht die Hand und meinte mit einem müden Lächeln. „Verzeih, mit der Zeit vergisst man, dass nicht jeder rumänisch spricht…komm zu mir mein Junge.“ Mir jagte ein seltsames Gefühl in die Magengegend als dieser Mann mich ‚mein Junge‘ nannte. Gewiss meinte er das nur nett und ohne tieferen Grund, dennoch wurde ich das Gefühl nicht los seine Stimme schon einmal gehört zu haben.

Mit wild pochendem Herzen und einer unnatürlichen Nervosität befahl ich meinen Beinen sich in Bewegung zu setzten, was sie überraschender Weise auch taten. Einen knappen Meter von Ravens Großvater entfernt wollte ich stehen bleiben, doch als hätte er mein Vorhaben voraus gesehen, wank er mich mit der Hand noch näher zu sich. „Du musst Eric sein, von dem ich schon so viel gehört habe.“ Sagte er lächelnd und ergriff dabei meine Hand. Ich war schockiert wie kalt und knochig sie sich in der Meinen anfühlte und dennoch schien sie eine unglaubliche Wärme aus zu strahlen.

Leicht nickte ich, erinnerte mich aber auch sofort wieder daran, dass dieser Mann vor mir, es ja nicht sehen konnte und antwortete daher. „Ja, Sir…ich bin ihnen sehr Dankbar für ihre Gastfreundschaft…“ eigentlich hatte ich vor gehabt mich im gleichen Atemzug noch für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen, die ich ihm durch meine Anwesenheit vielleicht bereitete. Doch soweit kam ich erst gar nicht, als dieser alte Mann mir liebevoll die Hand tätschelte und mich mit den Worten: „Nein ich habe zu danken, du bist ein guter Junge und ich freu mich dass du hier bist.“ unterbrach.

Zuerst wollte ich noch etwas erwidern, doch wirklich was Gescheitet fiel mir nicht ein. Ich konnte nur erahnen wie Raven sich zu Hause verhielt. Wenn er so war wie in der Schule, dann tat mir sein Großvater furchtbar leid. Dieser elende Verschnitt eines Eisklotzes hatte es ja nicht einmal für nötig befunden seinen armen alten und bilden Großvater zu begrüßen.

Das Räuspern des Butlers ersparte mir die Peinlichkeit noch länger stumm herum zu stehen und den Herrn des Hauses an zu starren.

„Ach ja. Ich hab leider noch ein paar Sachen zu erledigen…William wird dir dein Zimmer zeigen, dort kannst du dich erst einmal bis zum Essen ausruhen.“ Sagte er und verwies auf den Butler, welcher neben ihm Stellung bezogen hatte und mich mit unbeweglicher Miene ansah. „Vielen Dank, Sir.“

„Nenn mich Isaac, mein Junge.“ Bot er mir an und tätschelte noch einmal meine Hand, die er immer noch hielt. Erst als ich los gelassen wurde, trat ich zwei Schritte zurück und verneigte mich leicht. Es war mir egal ob mich Ravens Großvater sehen konnte oder nicht. So gebot es mir einfach mein Anstand. „Gerne, Si…ähm Isaac.“ Als ich mich wieder gerade aufrichtete konnte ich gerade noch so sehen wie ein glückliches Lächeln auf den Lippen des Mannes lag. „Bis später.“ Damit griff er nach seinen Rädern und rollte vollkommen ohne Hilfe durch den Raum auf eine Seitentür zu.

Es war erstaunlich wie mühelos und präzise er sich trotz seiner Blindheit bewegte. Ich hatte aber nicht mehr genug Zeit noch weiter darüber nach zu denken, da William mich bereits aufforderte ihm zu folgen. Wieder zurück im der Eingangshalle begrüße uns eine unheimliche Mischung aus Schweigen und Kälte. Auch William sagte nichts mehr. Im Allgemeinen schien er nicht viel zu sprechen oder zu lächeln. Irgendwie erinnerte er mich ein bisschen an Raven mit seiner abweisenden und kalten Art. Auch wenn das bei William wahrscheinlich nur an seiner Berufswahl lag und keine Lebenseinstellung wie bei Raven zu sein schien.

Er führte mich die linke Treppe hinauf, einen langen mit Türen und abzweigenden Fluren gesäumten Gang entlang, unter einem kleinen Torbogen hindurch und eine steinerne Wendeltreppe hinauf. Am Ende der Treppe gab es zwei Türen, eine die den Anschein erweckte als wäre sie schon seit Jahrhunderten nicht mehr geöffnet wurden und die andere, mit dem polierten Holz, ließ darauf schließen das sie in nicht allzu ferner Vergangenheit ausgetauscht wurden war. Hinter dieser Tür erstreckte sich ein weiterer kleiner Flur mit drei Türen. Eine auf der linken Seite und zwei auf der Rechten. Am Ende des Flurs war ein schmiedeeisernes Fenster, um alles zu erhellen. William öffnete mir die hintere Tür auf der rechten Seite und zeigte mir das großzügige Schlafgemach mit Baldachin-Bett und eigenem gemauerten Kamin. „Nebenan ist das Bad…zu erreichen durch die Verbindungstür oder den Flur. Gegenüber befindet sich der Arbeitsraum. Wenn sie etwas benötigen brauchen sie nur auf den Knopf neben der Tür zu drücken. Ihr Gepäck wurde bereits her gebracht. Dinner wird um 14 Uhr im Speisesaal eingenommen.“ Ohne mir die Möglichkeit zu geben noch etwas zu sagen, verbeugte er sich und war auch schon wieder aus dem Zimmer verschwunden. So viel Höflichkeit und Komfort war ich schon gar nicht mehr gewohnt. Das letzte Mal als ich jemanden so Reden gehört habe, war in einem Hotel in dem ich im Sommer des vorigen Jahres Urlaub gemacht hatte.

Die Schritte auf dem Flur waren schneller verklungen als mir lieb war, denn nun breitete sich auch hier eine unangenehme und bedrückende Stille aus. Mit einem leisen Seufzen drehte ich mich von der Tür weg und meiner, auf dem Bett liegenden Tasche zu. Jetzt hieß es erst einmal Tasche auspacken und die Zeit bis zum Dinner überbrücken, alles Weitere würde sich dann schon ergeben...

…zumindest hoffte ich das.
 

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*seufz*

Langsam muss ich mich echt für jedes Kapitel entschuldigen -_-

-Einmal weil ihr so lange darauf habt waren müssen…

-Dann weil es so kurz ist…

Und

-weil es tierisch grottig ist
 

Es ist nach wie vor ein Wunder für mich das ich noch immer 73 Favos auf diese FF habe

Naja

Allen Schwierigkeiten und Krankeheiten (hatte Grippe mit 39°C Fieber) zum Trotz…

Hier das neue Kapitel ^^°
 

Eure

Jack-11

Erinnerungen lügen nicht!

Sowohl deprimiert wie auch frustriert saß ich auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Der Schneesturm ließ die weißen Flocken vor meinem Fenster hin und her tanzen. Ein fast hypnotisches Spektakel. Doch so interessant es auch sein mochte die Schneeflocken zu zählen, musste ich mich auf etwas anderes konzentrieren.

Meine Tasche war schnell ausgeräumt, in diesem großen Zimmer fand ich mehr als genug Platz für meine paar Sachen. Als ich gerade dabei war meine Pullover in den Schrank zu räumen fiel mir etwas vor die Füße. Verwundert legte ich meine Oberbekleidung beiseite und bückte mich nach dem kleinen braunen Päckchen. Verwundert drehte ich es in der Hand, bevor es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Ron hatte es mir kurz vor meiner Abreise gegeben. Das hatte ich vollkommen vergessen! Neugierig wie ich war, riss ich das Papier auf und öffnete die kleine Schachtel. Verwundert krabbelten meine Augenbraunen bis zum Haaransatz als ich ein braunes Lederband aus der Schachtel zog. Im ersten Moment dachte ich es sei ein Schnürsenkel, dann jedoch kam der Rest. An dem Leder hingen einige sehr mysteriös wirkende Gegenstände. Neben ein paar braun-goldenen Federn, gab es mehrere abgeschliffene Steine und Holzplättchen mit einer Vielzahl an eingeritzten Symbolen zum Vorschein. Kaum eines davon kannte ich. In der Mitte dieses Gebildes hing ein langer Eckzahn. Vermutlich der Reißzahn eines wilden Tieres, befestigt durch eine fein gearbeitete Fassung aus Messing. Jetzt erst sah man dass dies alles eine Kette bildete. Ich hoffte in dem Päckchen noch einen Zettel oder irgendetwas zu finden. Doch da war nichts! Auch meine Suche zwischen dem abgerissenen Papier blieb erfolglos. So stand ich da mit einem Geschenk mit dem ich nicht wirklich etwas anfangen konnte. Ich will nicht unhöflich sein, aber ich wusste beim besten Willen nicht wie Ron darauf kam das mir so etwas gefallen könnte. Das war irgendwie so gar nicht mein Geschmack. Doch da es immerhin ein Geschenk von Ron war, tat ich ihm den Gefallen und hängte sie mir um. Das konnte er zwar nicht sehen, aber so konnte ich später wenigstens mit guten Gewissen behaupten sie getragen zu haben.

Das Läuten der alten Standuhr in der Ecke ließ mich zusammen fahren als sie mir verkündete dass es bereits zwei Uhr war. Ich hatte gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit verfolgen war und nun kam ich auch noch zu spät zum Essen. Ich wollte die Kette wieder ablegen, doch das Band verhedderte sich im Nacken meines Pullovers. Wie ich das geschafft habe? Fragt lieber nicht, das weiß ich bis heute nicht.

So aber blieb mir nichts anderes übrig als die Kette unter meinen Pullover zu stopfen und mich eiligst auf den Weg zu machen. Leider brachte mir meine Hektik gar nichts. Denn auch wenn ich mich beeilte so hatte ich letzten Endes keine Ahnung wo eigentlich der Speisesaal war. Ging man mal von der allgemein geltenden Architektur solcher Herrenhäuser aus hatte ich zwar eine vage Ahnung welche Richtung ich musste, letztlich verlief ich mich dann aber doch. Und egal in wie viel Zimmer ich auch ging, nirgendwo war auch nur die Spur von anderen Menschen zu finden. Nach ca. zehn Minuten fing ich langsam zu verzweifeln an, als ich schließlich vollkommen den Überblick verloren hatte. Ich war gerade dabei eine Treppe rauf zu laufen, als ich einen der jungen Männer vom Vormittag aus einem Zimmer kommen sah. „Entschuldigen sie, könnten sie mir bitte sagen wie ich zum Speisesaal komme!?“ rief ich und kam auf ihn zu gelaufen. Der junge Mann sah mich an als wäre ich ein Gespenst und schüttelte mit unnatürlichem Nachdruck den Kopf. „Ich wollte doch nur…“ er ließ mich nicht einmal aussprechen, sondern begann irgendwas vor sich hin zu brabbeln. Naja brabbeln war nicht das richtig Wort. Er schien mir etwas erklären zu wollen, doch ich verstand einfach kein Wort. Immerhin war heute das erste Mal in meinem Leben das ich Rumänisch hörte. Als ich nicht reagierte wurde er ein wenig lauter und wiederholte seine Worte. Doch mehr als mit den Schultern zucken und ihn entschuldigend ansehen konnte ich auch nicht. Als ich noch immer nicht die wohl gewünschte Reaktion zeigte packte er mich am Arm und zerrte mich hinter sich her. Es überraschte mich sehr dass ein Bediensteter mich so grob anfasste. Hatte ich ihn vielleicht in irgendeiner Weise beleidigt? Oder hielt er mich vielleicht für einen Einbrecher? Letzteres wohl weniger, immerhin schien er mich von vorhin wieder erkannt zu haben, auch wenn er nicht den Eindruck erweckte als würde ihm das sehr zusagen.

Letztlich fand ich mich in der Küche wieder. Dort war auch der andere Mann, welcher das Gepäck mit rein gebracht hatte. Kaum waren wir durch die Tür entstand zwischen den Beiden eine hitzige Diskussion, welcher ich in keinster Weise folgen konnte. Doch egal über was sie sprachen, es musste ein ernstes Thema sein, da sie sich immer mehr hoch schaukelten und immer lauter wurden. Das ging so lange bis mich der Mann nach vorne riss und leicht schüttelte, als währe ich irgendein Ding mit dem man versuchte die Aufmerksamkeit eines Anderen zu erregen. Langsam wurde der Griff um meinen Arm schmerzhaft und ich wimmerte leise auf. Fast gleichzeitig erklang eine dritte Stimme in der Küche. Ich kann mich nicht mehr an das Wort erinnern, doch es war definitiv so etwas wie ‚Ruhe‘ da die beiden jungen Männer sofort verstummten und ich auch endlich los gelassen wurde.

Im Türrahmen stand William und strafte uns alle mit einem bösen Blick. Mich inklusive, auch wenn ich keine Ahnung hatte wieso. Ich hatte doch nur nach dem Weg gefragt!

„Sie sind zu spät, Mister Nemours! Man erwartete sie bereits seit einer halben Stunde im Speisesaal!“ verkündete er streng. „Ich…ähm…“ Ich kam nicht einmal dazu mich zu Rechtfertigen als er sich mit einer energischen Geste die Jacke glatt strich und sich umdrehte. „Folgen sie mir. Ich bring sie in den Speisesaal!“

Wortlos und mit gesenktem Blick lief ich ihm hinterher. Ich fühlte mich wie ein geprügelter Hund. Irgendwas musste ich doch falsch gemacht haben, dass alle nun auf einmal so streng und böse mit mir waren. Doch so sehr ich mich auch anstrengte mir fiel einfach nicht ein was ich getan haben könnte, was einen solchen Unmut nach sich zieht. Das war doch unfair.

Endlich im Speisesaal angekommen, erwartete mich die nächste düstere Gesellschaft. Raven schien alles andere als angetan davon zu sein mit seinem Großvater und mir zu Essen. Er saß mit grimmiger Miene an der einen Seite der Tafel und sein Großvater auf der anderen Seite. Das alles wirkte, als sei es aus einem übertrieben Film geklaut wurden. Der Tisch war einfach viel zu groß um an zwei verschiedenen Enden zu speisen. So konnte man sich doch nicht sonderlich gut unterhalten. Früher hatten wie Zuhause einen ähnlichen Tisch gehabt, doch waren wir unter uns. Also meine Eltern und ich so saßen wir doch alle an derselben Ecke, nicht so dicht wie bei normalen Familien, aber dicht genug um uns unterhalten zu können. Was leider viel zu selten der Fall war. Das hier aber war grotesk.

„Entschuldigt die Verspätung, ich…“ ich stockte kurz da es mir irgendwie peinlich war zugeben zu müssen das ich zuerst die Zeit vergessen und dann mich auch noch verlaufen hatte. Glücklicherweise war Ravens Großvater so freundlich mir dies zu ersparen. Leicht wank er mich zu sich. „Ist nicht schlimm…komm und setzt dich zu mir.“ Sagte er freundlich und verwies auf das einzig übrige Gedeck, dass aufgelegt wurden war. So setzte ich mich zu seiner Linken und lächelte ihn ein wenig schüchtern an. Isaac konnte nach wie vor nichts sehen, doch er schien ein sehr sensibles Gespür für die Dinge um sich herum zu haben, denn er erwiderte mein Lächeln. Ein kurzer Blick zu Raven zeigte mir, das dieser mich nach wie vor ignorierte. War das vielleicht der Grund weswegen die Bediensteten so grob mit mir umgesprungen waren? Hatte Raven ihnen vielleicht irgendetwas Schlimmes über mich erzählt?

Der Rest des Essens verlief ruhig. Ich unterhielt mich recht gut mit Isaac. Er schien meine Gesellschaft sehr zu genießen, was auch mich fröhlich stimmte. Ich erfuhr, dass er schon fast sein ganzes Leben lang hier in diesem abgelegenen Herrenhaus lebte. Sowohl Ravens Vater wie auch Raven waren hier geboren und zum größten Teil aufgewachsen. Darüber hinaus machte es Isaac einen heiden Spaß, sich darüber aus zu lassen, was für ein schlechter Enkel Raven doch war. Einerseits war es traurig zu hören, dass Raven seinen eigenen Großvater kaum besuchte, andererseits war es lustig zu sehen wie mein Klassenkamerad in seinem Stuhl immer kleiner und grimmiger wurde. Letztlich erinnerte er mich an einen kleinen wütenden Gnom aus alten Kindergeschichten. Es fehlte nur noch das er grün anlief und er wütend auf den Tisch sprang, aber diesen Gefallen tat er mir leider nicht.

Irgendwann jedoch, als sich das Essen dem Ende neigte, stand er einfach auf und verschwand. Isaac versicherte mir das es nicht meine Schuld war das Raven so unhöflich und distanziert war, doch wirklich beruhigen tat mich das auch nicht. Nachdem William den Tisch von jeglichen Resten und Tellern befreit hatte lud mich Ravens Großvater in die Bibliothek ein um noch ein wenig mit ihm zu plaudern. Auch wenn mir nicht wirklich danach war, willigte ich ein. Isaacs Großvater war nicht unbedingt so wie man sich einen alten blinden Mann im Rollstuhl vorstellte. Naja, zumindest nicht so wie ich ihn mit vorgestellt hatte. Er war wortgewand, geistreich, freundlich und auch sehr witzig wenn er wollte. Bestimmt war er in jungen Jahren ein richtiger Charmeur und bei den Frauen sehr beliebt gewesen. Doch dieses Thema sprach ich nicht an.

„Es tut mir leid für dich, dass du Weihnachten hier verbringen musst. Mit einem alten blinden Krüppel und diesem undankbaren Rebell von einem Enkelsohn.“ Wiederholte Isaac jetzt zum x-ten Mal, so das ich nur ein leises schnaufen von mir gab. Ich hatte ihm schon mehrfach versichert dass ich es sehr zu schätzen wusste dass mich Ravens Familie hier aufnahm und mehr oder weniger vor meinem Vater versteckte.

„Sind die Winter hier eigentlich immer so streng?“ fragte ich um endlich das Thema wechseln zu können. „Oh ja das sind sie, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und wenn mal der Winter zu spät kommt vermisst man ihn schon fast.“ Lächelte er mir zu und lehnte sich in seinem Rollstuhl etwas weiter zurück. Fast schon automatisch imitierte ich seine Geste und lehnte mich auch etwas mehr zurück, während ich meine Füße gleichzeitig näher an das knisternde Feuer im Kamin streckte. Draußen war es, trotz der noch recht frühen Stunden schon leicht dunkel geworden, sodass das Feuer im Kamin die letzte richtige Lichtquelle war. Issac benötigte kein zusätzliches Licht und meinte Augen hatten sich auch bereits an die leicht schummerige Atmosphäre gewöhnt, auch wenn sie mich leicht schläfrig machte.

In den folgenden Stunden unterhielten Issac und ich uns über Gott und die Welt, und wer weiß was noch. Der alte Mann hatte so viel zu erzählen, dass ich selbst nicht all zu oft zu Wort kam und ihm eher schweigend zuhörte. Er war so voller Lebensfreude und Erfahrungen die er gerne mit Jemand teilen wollte, dass ich Raven fast schon zu hassen begann, dass er diesen herzensguten Mann einfach links liegen ließ. Doch wer wusste schon was der Grund für seine abwesende Haltung dem alten Hausherrn gegenüber war. Es stand mir nicht zu mich da ein zu mischen.

Das Abendessen nahmen wir direkt in der Bibliothek ein. Hier zu Lande wurde abends nicht mehr viel gegessen, weswegen die Mahlzeit recht karg ausfiel. Ein Apfel und eine Scheibe Schwarzbrot mit Käse war alles was William mir brachte. Und auch wenn ich Anderes gewohnt war, reichte mir das vollkommen aus. Ich hatte nicht all zu großen Hunger, weswegen ich dem Butler des Hauses dankend das kleine Tablett abnahm.

Als es bereits kurz nach halb zwölf war und ich kurz davor war ein zu schlafen, entschied sich Issac das Gespräch zu beenden und mich zu entlassen. Ohne ihn danach zu fragen erklärte er mir den kürzesten Weg zu meinem Zimmer. Mit einem freundlich Gruß auf den Lippen verabschiedete er mich und rollte in sein angrenzendes Arbeitszimmer, während ich bereits den Raum verließ. Seine Beschreibung war einfach und leicht zu merken, so dass ich ohne Schwierigkeiten den Torbogen fand unter welchen ich hindurch musste.

Als ich mich jedoch dem Absatz der alten Treppe näherte stellten sich mir die Nackenhaare auf und ich blieb wie angewurzelt stehen, als ich eine Bewegung im Halbdunkeln sah. Die beiden Männer, welche mir schon zur Nachmittagsstunde einen Schrecken eingejagt haben, traten nun in den nur notdürftig beleuchteten Gang und direkt auf mich zu. Mein erster Impuls war zurück zu weichen, doch obwohl, dass wohl eine durchaus gerechtfertigte menschliche Reaktion war, verbot es mir meine Erziehung vor einfachen Angestellten zurück zu schrecken. Das klang arrogant, und war es wohl auch ein Stück weit. Doch solange ich mir keinen Respekt verschaffen würde, würde mich auch niemand ernst nehmen. Mit jedem Schritt jedoch, welche die Beiden näher kamen, stank meine eigene Courage immer weiter gern Keller. Unmittelbar vor mir blieben sie stehen, sodass ich gezwungen war zu ihnen auf zu stehen.

„Wir verlangen dass du dich fern hältst von Meister Raven…Du bist nur eines von Vielen.“ Wurde mir in gebrochen Französisch mit geteilt.

Fragend blinzelte ich erst den Mann an, welcher gesprochen hatte und dann den Anderen, welcher dicht hinter dem Ersten stand. Ich verstand einfach nicht was sie von mir wollten. Und damit meinte ich nicht ihr furchtbares Französisch. Nein, ich verstand nicht warum sie mir sagten ich sollte mich von Raven fern halten. Seit wir hier angekommen waren, hatten wir kein Wort mit einander gewechselt und uns nur zum Mittagessen gesehen. Darüber hinaus wusste ich ja nicht einmal wo sich mein Klassenkamerad gerade aufhielt. Zu perplex und vielleicht auch ein wenig zu eingeschüchtert blieb ich stumm stehen, während sich die Beiden jungen Männer an mir vorbei drängten und irgendwo in den Gängen hinter mit verschwanden.

Irritiert stand ich da. Meine Gedanken begannen sich wieder im Kreis zu drehen und ich bekam Kopfschmerzen. Als ich bemerkte dass mir die Grübelei nicht gut tat, war es bereits zu spät. Der Schmerz schaukelte sich immer weiter hoch, bis ich leicht zusammen zuckte und meine Handballen gegen die Schläfe presste. Mit schmerz verzerrtem Gesicht schloss ich die Augen und versuchte mich im Geiste auf einen Punkt zu konzentrieren, auf irgendeinen. Ich schaffte es aber einfach nicht. Vor meinem geistigen Auge begannen sich Fetzen zu Bildern, und Bilder zu Erinnerungen zusammen zu setzten. Es fühlte sich an als würde man etwas zusammen nähen und man spürte jeden Stich und jedes fest ziehen der Schnurr im Geiste.
 

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“Komm schon wach auf!...Mensch mach keinen Scheiß, Eric! Wach auf.“ Hörte ich eine Stimme im Dunkel rufen. Vorsichtige öffnete ich meine Augen. Oder besser gesagt das eine Auge, welches nicht durch das langsam erkaltende Blut getrübt wurde. Ich war nicht in der Lage zu sagen was genau mir weh tat, da einfach alles schmerzte und ich mich nicht wirklich bewegen konnte. Und je mehr mir diese Tatsache bewusst wurde umso mehr Panik erwachte in mir. Mein Herzschlag beschleunigte sich zunehmenst, was sich dadurch äußerte, dass mir immer schneller neues Blut über das Gesicht lief und auch warm den Hals hinab rann. Ich war so in Panik das ich John –welcher mich bei den Schultern gefasst und leicht wach gerüttelt hatte- gar nicht mehr richtig verstand, er sagte etwas, zumindest bewegten sich seine Lippen, doch mehr als das Rauschen meines eigenen Blutes konnte ich nicht hören.

Als ich bereits kurz davor war erneut das Bewusstsein zu verlieren, ließ sich etwas neben mir nieder und fasste mit beiden Händen mein Gesicht. Erst als dieses Etwas mein Gesicht ein Stück weit drehte, erkannte ich was, oder besser gesagt, wer er war. Raven beugte sich über mich und sein Blick war –trotz seiner rot leuchtenden Augen- so voller Furcht und Leid, dass ich meine eigene Angst für einen Moment vollkommen vergaß. „Alles wird gut~“ flüsterten seine Lippen als er sich näher zu mich herab beugte und einen Kuss auf meine Stirn hauchte. Ich weiß nicht voran es lag, doch ich vertraute ihm, ich wusste das Raven mir helfen würde. Ich war sicher solange ich an seiner Seite war, auf ihn konnte ich mich verlassen, er würde mich vor allem Übel beschützen.

Leicht grob stieß er John von mir weg, sodass ein Ruck durch meinen Körper ging, als er seine Hände weg nahm und ich daraufhin Blut spucken musste. Doch es war nicht der übliche metalerne Geschmack der sich in meinem Mund ansammelte, es schmeckte bitter und säuerlich, fast wie Galle. Es war zu dunkel, noch war ich in der Lage mich selbst zu bewegen um zu erkennen wie stark meine Verletzungen waren. Raven saß noch immer über mich gebeugt neben mir und lächelte mich, mit von Blut rot gefärbten Lippen an. Müde schloss ich die Augen als er seine Hände auf meinen Körper presste und die Kälte einer angenehm wohltuenden Wärme wich, welche mich ins Reich der Träume begleitete…
 

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Wimmernd hockte ich zu einer Kugel zusammen gerollt auf dem Boden und hielt mir noch immer den Kopf als die Erinnerung langsam abebbte und mein Geist wieder klarer wurde. Doch auch wenn ich nun wieder klar denken konnte, war mir allein die Vorstellung an dass, was ich da vor meinem geistigen Auge gesehen habe, so suspekt das ich am liebsten gekotzt hätte. Mein sonst so logisch denkender Geist wehrte sich mit allen Mitteln gegen die Vorstellung, dass Raven mich von meinen Verletzungen befreit und gerettet hatte. Zudem kam das Raven keine roten Augen hatte, auch wenn ich mich glaubte gelegentlich daran erinnern zu können.

Erst als der Schmerz soweit abgeklungen war, das ich nicht mehr befürchten musste mich zu übergeben, nahm ich die Hände wieder runter und erhob mich zitternd. Das konnte einfach nicht der Wahrheit entsprechen. Meine –so vermeintliche- Erinnerung trotzte jeglicher Logik. Und dennoch war sie so greifbar wie die steinerne Wand, an welcher ich mich abstützte.

Vorsichtig und mit dem Gefühl jeden Moment in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen setzte ich meinen Weg die Stufen hinauf fort. „Vielleicht träume ich das ja alles nur.“ Murmelte ich zu mir selbst. Denn langsam zweifelte ich an meinem eigenen Verstand. So musste es wohl auch Leuten gehen, welche allmählich verrückt wurden. Leiser als eine Maus, schloss ich die Tür hinter mir und lehnte mich von innen dagegen. „Ich bin wach~…ich bin wach~“ nuschelte ich zum, weiß Gott wievielten Mal. Es ist schwer das Gefühl zu beschreiben welches in diesem Moment vorherrschte, doch Unglauben und Verwirrung waren wohl die beiden dominantesten Empfindungen welche ich gerade hatte.

Endlich hatte ich es bis in mein Bett geschafft. Wie ein verängstigtes Kind zerrte ich mir die dicke Decke über den Kopf und rollte mich zusammen, in der Hoffnung, dass wenn ich nichts sah, mich auch niemand sah. Das einzige was ich in diesem Moment wollte, war schlafen und vergessen…vergessen woran ich mich bis eben nicht erinnert habe…
 

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Hello from Irland ^^

Hi alle zusammen (bzw. meine geschätzten und verheerten [noch] Leser.

Nachdem die letzten Monate bei mir mehr als ‚verrückt‘ waren, habe ich es nun endlich geschafft mich hin zu setzten und das nächste Kapitel zu schreiben^^

Es ist ein wenig kurz, aber hätte ich es länger gemacht hätte es noch ewig und drei Tage gedauert

Außerdem müsste ich eigentlich diesen Abend für meinen Test morgen lernen. Aber gut, irgendwie beiß ich mich da schon durch

*Eckzähne schleif*

Hauptsache euch gefällt das neue Kapitel.

*kiss*

Und noch einmal an alle liebe Grüße von der grünen Insel

Eure

Jack-11

Träum von mir!

Nordfrankreich d. 25. Oktober 1415
 

Es war ein grauer und trister Morgen als wir Stellung bezogen. Das englisch-walisischen Heer war nun keine 1000 Meter mehr von uns entfernt. Zahlenmäßig waren wir ihnen deutlich überlegen, doch obwohl meine Kameraden bereits gedanklich den Sieg feierten nagte eine innere Unruhe an mir. Ich war erst 19 Jahre, hatte aber bereits einiges an Schlachtenerfahrung sammeln können. Seit meinem 15. Lebensjahr war ich Teil der Streitkräfte des Herzoge von Alençon, somit war dies nicht meine erste große Schlacht. Doch irgendwas war anders.

Als ich mein Gesicht zum Himmel streckte benetzte ein einzelner Tropfen Regen meine Wange. Ich erwartete das noch mehr Wasser vom Himmel herab fiel, vielleicht genug um die Schlacht zu verschieben. Das Wetter war die letzten Tage unberechenbar gewesen und hatte die Erde aufgewühlt, keine besonders guten Vorzeichen für einen Kampf. Doch so sehr ich mich auch anstrengte weitere Anzeichen von Regen zu finden, so sah ich doch nichts außer dem tristen grau-weißen Dach aus Wolken über uns.

Mein Kamerad und Waffenbruder Louis Chevrier stieß mich an und verzog das Gesicht zu einer Grimasse, wie er es immer tat wenn er meine Aufmerksamkeit haben wollte. „Was hast du Ledoux?“ Nun war es an mir leicht das Gesicht zu verziehen. Louis wusste, dass ich es nicht mochte mit meinem Nachnamen angesprochen zu werden, zumindest nicht wenn er es so ausführlich betonte. Immerhin hieß Ledoux, soviel wie der Sanfte oder der Zärtliche. Ich hatte schon weiß Gott mehr als genug Spott, auf Grund meines Namens ertragen, dennoch zog mich Louis damit pausenlos auf.

Seit nun fast einem Jahr kämpften wir erfolgreich, Seite an Seite. Wir waren wie Brüder und eigentlich immer zusammen, vermutlich war dies auch der Grund, weswegen wir trotz der häufigen Unruhen und Schlachten noch am Leben waren und keine all zu schweren Verletzungen auf uns gezogen haben. Wir waren einfach für einander da und so sollte es auch für immer bleiben.

„Ich hab ein ungutes Gefühl was die Schlacht heute angeht~“ murmelte ich leise damit mich niemand hörte. So etwas zu sagen kam in der französischen Armee einem Hochverrat gleich. Doch niemand schien mich zu hören, die meisten Fußsoldarten um uns herum waren still oder unterhielten sich im Flüsterton mit einander, während wir auf die Unterhändler der Armee warteten, die ein letztes Mal versuchten einen friedlichen Ausgang für diese Schlacht zu finden. „Stell dich nicht so an, wir sind diesen englischen Hunden zahlenmäßig weit überlegen.“ „Aber es fehlen noch einige unserer Truppen, außerdem-“ „Ich pass schon auf dich auf. Das heute wird ein Kinderspiel.“ Schnitt er mir das Wort ab und gab mir einen leichten Klaps auf die Schulter. Und obwohl es nur eine winzige Berührung war, war ich gezwungen einen Ausfallschritt zu machen um nicht um zu fallen. Mit der schweren Rüstung konnte ich mich auf diesem aufgeweichten Boden einfach nicht gut bewegen, darüber hinaus erstaunte es mich immer wieder was für eine Kraft in Louis steckte, obwohl er kaum größer war als ich. Er war sowieso eine sehr beeindruckende Persönlichkeit. Sein Geschick im Umgang mit Waffen, seine pure Körperkraft und dazu noch sein unverschämtes Glück in der Schlacht machten ihn zu etwas Besonderen, und mich machte es Stolz an seiner Seite sein zu dürfen. Ich wusste solange ich dicht bei ihm blieb konnte mir nichts passieren.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis die Unterhändler wieder zurück waren, zumindest vermutete ich das, denn obwohl ich recht weit vorne in den Truppenreihen stand, konnte ich das Schlachtfeld vor uns nur teilweise erkennen. Die anderen Soldarten standen einfach zu dicht und versperrten mir die Sicht. Während ich versuchte irgendwas zu erkennen brauchte sich Louis nur leicht auf die Zehenspitzen zu stellen –etwas wozu ich nicht einmal ansatzweise in dieser Rüstung in der Lage war- um sehen zu können was da vor sich ging.

„Komisch…das englische Heer rückt vor.“ Teilte er mir im Flüsterton mit, während ich krampfhaft versuchte an meinem Vordermann vorbei auf das Feld zu schielen. Und tatsächlich schaffte ich es für einen kurzen Augenblick einen Blick auf die andere Armee zu erhaschen. Es irritierte mich sehr das die englischen Truppen so offen näher kamen, das Feld war schlammig und sie kamen nur langsam voran. „Sind das Langbögen?“ Louis streckte sich noch etwas mehr und verzog erneut das Gesicht, diesmal aber auf eine beunruhigende Art und Weise. „Sieht ganz danach aus…sie scheinen sich näher zu postieren um uns besser angreifen zu können.“ Es fühlte sich wie ein Schlag in den Margen an, als er mir dies sagte. Dabei stand ich schon vielen Langbögen gegenüber. Wieso war ich also ausgerechnet heute so nervös? Zum Glück konnte niemand sehen wie ich unter meiner Rüstung zitterte. Damit dies auch so blieb schloss ich das Visier und stellte mich gerade hin. „Wieso greifen wir nicht an?“ Jeder Soldat der wenigstens ein bisschen was von Kriegsführung verstand, wusste das die Langbogenschützen unbrauchbar während eines Marsches war. Sie wurden erst richtig gefährlich wenn sie Stellung bezogen und sich für den Angriff gewappnet haben. Doch es tat sich nichts. Wir warteten und warteten. Jede Minute kam mir länger vor als die vergangene und steigere meine Unruhe ins schier Unermessliche.

Wieder stieß Louis mich an, doch ob er eine Grimasse zog wusste ich nicht, da auch er inzwischen das Visier herunter geklappt hatte. „Wir zeigen diesen englischen Hunden, dass dies unser Revier ist.“ Sagte er nun deutlich lauter und erhielt von den umstehenden Soldarten deutlichen Zuspruch. Immer öfter wurden Schlachtrufe laut um die Männer zu motivieren und an zu stacheln. Doch irgendwie erreichten diese Rufe mich nicht, ich hörte sie zwar irgendwie, doch ich nahm sie nur am Rand war, sie schienen so weit weg und unwirklich zu sein, dass ich mich gar nicht auf sie konzentrieren konnte.

Es war wie ein Stich im Nacken der mich herum fahren ließ. Durch die schnelle Bewegung prallte ich gegen meinen Hintermann, welcher mich ärgerlich wieder nach vorne Schubste und zurück in die Realität holte. Ich hatte das Gefühl gehabt als ob mich jemand beobachtet und damit meinte ich nicht einfach nur die Schlacht oder die Truppen, nein nur mich, mich als einzelne Person. Ein Blick der mir durch Mark und Bein ging und dem ich schutzlos ausgeliefert war, als stünde ich nackt vor meinem größten Feind.

„Jean! Du musst dich konzentrieren!“ Louis faste mich bei der Schulter und drehte mich wieder in die richtige Position zum Schlachtfeld. Er nannte mich nur beim Vornamen, wenn er sich Sorgen um mich machte oder ein ernstes Thema ansprach und das hier war ein ernstes Thema. Leise seufzend schüttelte ich kurz den Kopf und klappte das Visier wieder hoch um besser Luft zu bekommen. Louis tat es mir gleich und sah mich besorgt an. Mit einem tapferen Lächeln versuchte ich ihn davon zu überzeugen das es mir gut ging. Eine andere Möglichkeit hatte ich immerhin nicht. Wenn Louis besorgt war, erweckte er den Eindruck als könnte er kein Wässerchen trüben, im Kampf jedoch wurde er immer wieder zum wilden Tier. Ich konzentrierte mich auf eine seiner rotbraunen Haarsträhnen welche an der Stirn hervor schauten und mein Lächeln wurde noch etwas breiter. Ich liebte Louis Haarfarbe, sie war so außergewöhnlich wie sein Wesen es war. Ich hingegen hatte eine dunkelblonde Mähne auf meinem Kopf, welche bei den Damen in Frankreich aber kaum Eindruck schinden konnte.

Das erklingen eines Hornes ließ mich leicht zusammen zucken. Das war unser Zeichen in Stellung zu gehen und an zu greifen. Das Gebrüll um uns herum wurde so laut das ich nicht mehr verstehen konnte was Louis zu mir sagte, als ich mein Visier wieder herunter klappte. Ich zog mein Schwert und setzte mich so wie der erst der Truppen in Bewegung. Nach einigen Metern wurden wir schneller. -Ich kann nur im Nachhinein vermuten, das den Heerführern erst jetzt aufgefallen war, das sie einen Fehler gemacht hatten, als sie den englischen Langbogen die zeit gaben sich zu postieren und auf zu stellen, und nun versuchten dies mit einem raschen Angriff wieder wett zu machen- Durch den schnellen Angriff lichteten sich die forderten Reihen etwas, sodass ich halbwegs freien Blick auf den Feind hatte. Bilder von Schlachten, Blut und Zerstörung flackerten vor meinem geistigen Auge auf und stachen mir in den Kopf. Ich sah zwei verfeindete Armeen, schwärzer als eine Nacht ohne Sterne, brutal, blutrünstig und dazu bereit alles zu vernichten was sich zwischen sie Stelle. Auf der einen Seite waren diese Gestalten, welche man wohl im ersten Moment als Menschen bezeichnen könnte, doch dann wenn man genauer hin sah konnte man ihre schauderhafte Gestallt erkennen. Gehüllt in schwarzer und roter Kleidung, Hände besetzt mit Klauen, die einem Löwen gleich kamen und Reißzähnen, welche dir die Kehle mit Leichtigkeit zerfetzen konnten. Auf der anderen Seite eine ebenso gewaltige Armee aus genauso dunklen Wesen. Bestien mit der Gestallt von riesigen nach Blut dürstenden Wölfen. Sie bewegten sich so schnell auf einander zu das meine Augen ihnen kaum folgen konnten. Kurz bevor die verfeindeten Linien auf einander trafen, zersprang das Bild in Tausende hell leuchtender Punkte.

Das nächste was ich sah war ein Pfeil der auf mich zu raste. Ich hörte noch Louis meinen Namen brüllen, als der Pfeil mich bereits seitlich am Kopf traf und mir mit einem so gewaltigen Ruck den Helm vom Kopf riss das ich nach hinten in den Schlamm stürzte. Die schwere Plattenrüstung, welche eigentlich meinem Schutz dienen sollte, presste mir die Luft aus den Lungen und mir wurde fast gleichzeitig schwarz vor Augen.

Louis drängte sich an den anderen Soldarten vorbei, packte meinen Arm und riss mich wieder in die Höhe um zu verhindern, dass ich von meinen eigenen Kameraden nieder getrampelt wurde. Sobald ich wieder aufrecht stand und mir wieder Luft zum Atmen in die Lungen strömte, kam auch mein Augenlicht wieder. Nur kurz stützte ich mich an Louis Seite ab. Wir waren genau in der Schusslinie der Bogenschützen. So ließ ich meinen Helm und auch meine Bedenken zurück und jagte gemeinsam mit meinem Waffenbruder über das Schlammloch welches eins ein furchtbares Feld war.

An das was danach geschah kann ich mich nur noch schemenhaft erinnern. Viele englische Soldarten fanden durch meine Hand den Tod, doch obwohl sie unserer Armee zahlenmäßig weit unterlegen war, wurden es einfach nicht weniger, ich hatte sogar das Gefühl es wurden immer mehr Gegner, je mehr meiner eigenen Kameraden fielen. Nach fast zwei Stunden des Kampfes mussten es sich auch die Letzten eingestehen. Wir hatten verloren! Die hintersten Reihen traten bereits den Rückzug an und flohen, während wir noch mitten im Kampfgeschehen waren. Louis und ich agierten wie eine Person, er decke meinen Rücken und ich den Seinen. Doch dann beging ich einen folgenschweren Fehler. Ich ließ mich von einem der Soldarten soweit provozieren, dass ich Louis Deckung verließ nur um ein primitives Gefühl zu befriedigen. Ich konnte noch hören wie er mir etwas zu brüllte, als mich ein mächtiger Schlag in den Rücken traf und mich nach vorne fallen ließ. Während ich zu Boden stürzte konnte ich einen kurzen Blick auf Louis erhaschen und sehen wie ihm einer dieser englischen Bastarde ein Schwert durch den Körper trieb, bevor auch ich angegriffen wurde und einen Schlag auf den Kopf bekam.

Erst Stunden später, als die Schlacht bereits lange vorbei war und sich die Truppen zurück zogen kam ich wieder zu mir. Starker Regen hatte eingesetzt und begann, das Blut und die Spuren der Schlacht fort zu waschen. Ächzend fasste ich mir an den Kopf und konnte selbst durch den dicken Handschuh hindurch die Platzwunde an der Seite spüren. Doch meine Gedanken galten nicht mir. So schnell es mir in meiner derzeitigen Situation möglich war, raffte ich mich auf und hinkte zu der Stelle an welcher ich Louis sterben gesehen habe. Doch egal wie viele tote Körper ich auch herum drehte, ich konnte ihn nirgends finden. Lediglich sein Helm lag im Schlamm und begann langsam darin zu versinken. So gut ich konnte streifte ich mir meine Handschuhe und Rüstung ab und kniete mich nieder. Mit zitternden Händen griff ich nach seinem Helm, innerlich mich darauf wappnend, nur noch seinen Kopf zu finden.

Als ich jedoch den Helm aus dem Schlamm zog, war ich überrascht wie leicht er war. Sowohl erleichtert wie auch ungläubig stellte ich fest das der Helm leer war. Nun ja nicht ganz. Als ich ihn herum drehte hörte ich etwas darin klimpern und drehte ihn mit der Öffnung nach unten. Ein mit Blut verschmierter Reißzahn fiel mir in den Schoss und ich betrachtete ihn ungläubig. Was war nicht der Zahn eines Menschen! Eine Bewegung, die ich im Augenwinkel wahr nahm ließ mich wie unter einem Peitschenhieb zusammen fahren. Wie töricht von mir, so schutzlos herum zu laufen. Instinktiv griff ich nach einer im Schlamm steckenden Waffe. Doch kaum das ich das Schwert heraus gezogen hatte, packte jemand meinen Arm und drückte mein Handgelenk so fest zusammen das ich das Schwert augenblicklich wieder fallen ließ.

„Es bringt Unglück die Waffe eines Toten zu stehlen.“ Raunte mir jemand dunkel ins Ohr, dass es mir eisig den Rücken hinab lief. Ich kam nicht einmal dazu mich ganz herum zu drehen, um meinen Angreifer zu sehen, als ein weiterer Schlag mich erneut in die Bewusstlosigkeit trieb.

Ein dröhnender Schmerz begann mich wieder in die Realität zurück zu hohlen. Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug erkannte ich als erstes einen dicken roten Vorhang, welcher über das Bett gespannt war. Verwundert runzelte ich die Stirn und versuchte mich auf zu setzten. Es blieb aber bei einem Versuch. Zischend ließ ich mich zurück in die Kissen sinken. Mein Rücken fühlte sich an wie ein Meer aus Flammen und dem Rest von mir ging es auch nicht viel besser. Lediglich meinen Kopf konnte ich drehen. Fast schon ungläubig streifte mein Blick über das luxuriöse Mobiliar. Es war recht dunkel da die dicken Samtvorhänge zu gezogen waren, daher konnte ich auch nicht sagen ob es gerade Tag oder Nacht war. Dennoch lieferten die aufgestellten Kerzen und das Feuer im Kamin mehr als genug Licht damit ich alles sehen konnte. Erst einmal in meinem Leben hatte ich sowas ähnliches wie das hier gesehen. Kurz nach meiner Rekrutierung, wurden ich und einige andere Männer zu einem der Herzoge ins Arbeitszimmer gerufen. Er sprach nicht viel mit uns, suchte sich zwei aus und schickte den Rest wieder fort. Offiziell hieß es zwar dass er ‚spezielle‘ Aufgaben für diese Männer hat, doch ich glaubte in diesem Fall eher den Gerüchten, das sich der Herzog immer mal wieder einige Männer zu sich rief um seine perversen Gelüste zu stillen, noch heute hatte ich das Gefühl er würde mich mit seinen Blicken ausziehen, wenn ich an ihn denke, daher war ich nicht böse wieder fort geschickt wurden zu sein. Aber darum ging es hier nicht.

Mein Blick blieb an einem gepolsterten Sessel vor dem Kamin hängen. Er war hochwertig verarbeitet und kostete vermutlich mehr wie ich in einem Jahr verdienen konnte. Nie hätte ich mir zu träumen gewagt, sowas mal aus nächster Nähe zu sehen. Geschweige denn in einem so riesigen und weichen Bett zu liegen. War ich vielleicht gestorben und das hier war der Himmel?

Als ich Schritte vor der Tür hörte, wollte ich schon die Augen schließen und so tun als würde ich noch schlafen, doch letztlich siegte meine Neugierde, wer mich hier her gebracht und verarztet hatte, immerhin war ich voller Bandagen und fühlte mich den Umständen entsprechend überraschend gut. Ein hoch gewachsener Mann mit glatt nach hinten gekämmten Haaren öffnete die Tür recht schwungvoll und trat selbstsicher herein. Er war fein gekleidet und seine Haltung zeugte von Selbstvertrauen und guten Manieren. Mit hinter dem Rücken, verschränkten Armen kam er vor dem Bett zum stehen. Ich glaubte schon den Herrn des Hauses mir gegenüber zu sehen, als dieser die Stimme erhob. „Der Master wünscht sie nun zu sehen.“ Ich war zu perplex um etwas zu sagen und nickte daher nur. Wer auch immer mich hier her gebracht hatte musste wahrlich ein Vermögen besitzen und von vornehmer Geburt sein. Ein wenig gruselte mich die Vorstellung einem Fremden gegenüber zu treten, der mich vom Schlachtfeld weg geholt hatte. Verwundete Soldarten hatten manchmal das Glück das Bauern oder Angehörige sie fanden und versorgten, aber das ein Adeliger Soldarten vom Schlachtfeld sammelte hatte ich noch nie gehört. Noch einmal huschte mein Blick durch den Raum, in der Hoffnung ein Emblem oder ein Wappen zu finden, welches mir Aufschluss über die Identität meines vermeintlichen Wohltäters geben könnte. Doch keins der Wappen oder Zeichen die ich sah war mir bekannt.

Mit der Hilfe des Butlers schaffte ich es auf zu stehen und mir einen dunkelblauen Morgenmantel über zu streifen. Barfuß wie ich war, folgte ich dem Mann die schlecht beheizten Korridore entlang. An einer langen Fensterfront konnte ich nun auch sehen das es tiefste Nacht war. Das kam mir irgendwie komisch vor. Ich war in der Abenddämmerung auf gewacht und ebenso wieder Bewusstlos geworden. „Wie lange war ich Bewusstlos?“ fragte ich leise und starrte wieder den Rücken des Mannes vor mir an. „Eine Nacht und einen Tag.“ Berichtete er mir knapp und öffnete bereits eine Tür. Ich zögerte, da ich glaubte der Mann würde voraus gehen, doch er blieb dort sehen wo er war und hielt mir lediglich die Tür auf. Noch einmal tief durchatmend fasste ich all meinen Mut zusammen und betrat den Raum. Er war ebenso düster wie jenes Schlafgemach in welchem ich erwacht war. Dennoch erkannte ich sofort eine Gestallt vor dem Feuer stehen. Ein junger Mann, soweit ich an seiner Statur und seiner Haltung fest stellen konnte. Er stand mit dem Rücken zu mir, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. „Jean Ledoux...wenn ich richtig informiert bin?!“

„Ja, Sir.“

„Kein besonders schmeichelhafter Name für einen Soldarten.“ Da ich nicht so ganz wusste was ich auf diese Aussage hin antworten sollte, schwieg ich und senkte nur leicht den Blick. Es war mir unangenehm nur mit einem Morgenmantel bekleidet in dem Haus eines so reichen Herrn zu stehen. Zumal mehr als genug beängstigende Gerüchte um die Adeligen dieses Landes kreisen. War ich vielleicht vom Regen in die Traufe gekommen?

„Weißt du warum du hier bist?“ Seine Stimme war dunkel und hatte etwas unheimliches an sich.

„Nein, Sir.“

„Weißt du wer ich bin?“

Ich zögerte bei dieser Antwort, da ich nicht unhöflich erscheinen wollte. „Nein, Sir.“

„Gut, dann solltest du jetzt genau zuhören.“ Befahl er mir und lehnte sich mit einem Arm an den Kaminsims. „Ich habe dir ein Angebot zu machen. Ich brauche jemanden, der dafür sorgt das ein Konflikt zweiter einflussreicher Familien beendet wird und ich denke du bis genau der Richtige dafür.“ Er machte eine kurze Pause und griff mit der rechten Hand in seine Manteltasche. Ich konnte nicht sehen was er da heraus holte, da er es in der geschlossenen Faust hielt. „Im Gegenzug sorge ich dafür das dein Freund unbeschadet davon kommt.“ Überrascht zog ich die Augenbraune hoch da ich im ersten Moment gar nicht realisierte das er damit Louis meinte. „Mein Freund ist Tod…ich hab ihn sterben gesehen.“ //Und das war nur meine Schuld!// fügte ich in Gedanken hinzu und schloss kurz die Augen um die Bilder der Schlacht aus meiner Erinnerung zu verdrängen. „Nein er ist nicht tot, er ist nur ein Gefangener der Engländer. Ich habe einflussreiche Kontakte in England…also, nimmst du mein Angebot an oder willst du lieber zurück aufs Schlachtfeld?“

Die Schmerzen in meinem Kopf wurden fast unerträglich, dennoch verkniff ich es mir auch nur eine Mine zu verziehen. „Woher soll ich wissen das ihr nicht lügt?“ Kaum das die Worte meinen Mund verlassen haben, drehte der Mann sich ruckartig zu mir um und warf mir etwas zu. Aus einem Reflex heraus fing ich es auf und betrachtete den nun gereinigten Reißzahn in meiner Hand. „Entweder du stimmst zu oder du wirst auf Ewig mit der Ungewissheit leben müssen deinen besten Freund im Stich gelassen zu haben. Heinrich V. (der Vierte) ist nicht gerade für seine Barmherzigkeit, Gefangenen gegenüber bekannt.“ Erschrocken über die Wahrheit seiner Worte hob ich den Blick und begegnete zum ersten Mal in meinem Leben dem Mann mit den Augen so rot wie Blut.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Schweißgebadet schreckte ich aus meinem Traum auf. Fast schon panisch tasteten meine Finger nach dem Lichtschalter.

Erst als die Lampe neben meinem Bett die Dunkelheit vertrieben hatte, erkannte ich das ich auch wirklich in meinem Zimmer war, und vor allem in der Gegenwart. Mit rasendem Herzen setzte ich mich auf und atmete tief durch. Ich hatte das Gefühl den Schmerz immer noch spüren zu können. Ich sagte mir immer wieder das es nur ein Traum war, doch tief in meinem Innersten sagte mir irgendwas das dies alles mehr zu bedeuten hatte als nur ein nächtliches Hirngespinst.
 

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Als historischen Hintergrund habe ich die Schlacht von Azincourt genutzt (Historisch nicht 100% korrekt)

Ich hoffe das Kapitel sorgt nicht für all zu viel Verwirrung^^

Ich geh mir jetzt jedenfalls das Rugby-Finale angucken^^
 

Gruß

Eure Jack-11
 

PS: Schneller konnte ich nicht tippen XD

Du entkommst mir nicht!

Die restliche Nacht konnte man nicht als besonders erholsam, geschweige denn als gut beschreiben, viel eher war es ein Wettlauf mit meinen Albträumen. Kaum das ich die Augen schloss flackerten die Bilder eines blutgetränkten Schlachtfelds vor meinem geistigen Auge auf und versetzten mich in Angst und Schrecken. Gegen halb sechs in der Früh, gab ich den Versuch zu Schlafen dann endgültig auf. Ich konnte einfach nicht.

Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster in die schwarze Nacht hinaus. Erst wenn ich das Licht löschte waren meine Augen in der Lage wenigstens schemenhaft etwas da draußen zu erkennen. Doch bis auf den noch immer anhaltenden Schneesturm gab es nichts Interessantes, oder wenigstens Etwas das mich ablenken konnte. Vollkommen fertig und mit den Nerven am Ende, schlich ich mich ins Bad und nahm eine Dusche. Zuerst hatte ich ja befürchtet kalt duschen zu müssen, so wie man es immer in den Filmen über solch alte Häuser sah, doch das nasse Element kam heiß und dampfend aus dem metallenen Duschkopf geströmt.

Aufgewärmt und erfrischt zog ich mich an. Die Uhr verkündete mir, dass es jetzt kurz nach sechs war. Eigentlich eine halbwegs vernünftige Zeit um auf zu stehen, da ich aber nicht wusste was der Rest des Hauses gerade machte verhielt ich mich ruhig. Leider dauerte es nicht lange und die Langeweile hatte mich ein geholt und nagte an meinem eh schon angeschlagenen Gemüht. Grummelnd versuchte ich mich meinen restlichen Hausaufgaben zu widmen, doch egal welches Fach ich mir auch vor nahm, weiter als über die Aufgabenbeschreibung hinaus kam ich einfach nicht, bevor ich es in die Ecke fetzte. Für gewöhnlich, ging ich an solche Sachen sehr rational heran. Eins nach dem Anderen und von oben nach unten. Dieses Mal jedoch kam ich nicht einmal in die Stimmung mich selbst zusammen zu reißen. Ich fühlte mich elend und nicht in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

Als ich meine Hausaufgaben schließlich nicht mehr sehen konnte, erhob ich mich und riss meine Stoffjacke, welche ich gestern über den Stuhl gehängt hatte herunter. Leider hatte ich dabei soviel Schwung, das mir der gesamte Stuhl entgegen kam und krachend auf der Seite landete. Meine Kleidung verstreuten sich dabei großzügig über den Boden.

Wütend über mein eigenes Ungeschick trat ich mein Oberteil beiseite, dabei kullerte mir etwas vor die Füße. Meine Augen weiteten sich ungläubig als ich die Kette wieder erkannte, welche mir Ron geschenkt hatte. Ich hob sie auf, allein aus dem Grund um mich zu vergewissern, dass sie auch wirklich Echt war und ich nicht wieder träumte. Schweigend drehte ich die Kette in der Hand und strich mit dem Daumen über den Reißzahn, als mich plötzlich eine unsagbare Wut erfasste. Ich hatte das Gefühlt als hätte alles mit diesem dummen Ding angefangen, all mein Leid, mein Schmerz und meine Pein nur wegen diesem dummen kleinen Ding.

Wie von Sinnen sprang ich hinüber zum Fenster, riss es auf, holte aus und…

…stoppte.

Mit hoch erhobenen Arm stand ich da, zitternd vor Wut. Und ehe es mir selbst richtig bewusst war, rannen mir heiße Tränen die Wange hinab. Sosehr ich es auch wollte, ich konnte dieses verdammte Ding einfach nicht aus dem Fenster werfen. Dabei war es so einfach. Nur eine kleine Bewegung und ich währe es für immer los. Der Schnee würde es verschlucken und nie wieder her geben.

Schluchzend ließ ich mich auf die Knie fallen, die Kette fest an mein Herz gepresst, hockte ich unter dem geöffneten Fenster und gab mich ganz den Gefühlen hin. Ich wusste, wenn ich den Zahn hinaus warf, würde ich es auf ewig bereuen, würde ich ihn jedoch behalten würde meine Qual niemals Enden.

Nach einer schier endlosen Zeit, bemerkte ich das sich bereits eine leichte Schneedecke über mich und einem großen Teil des Fußbodens gelegt hatte. Immer noch zitternd, diesmal aber vor Kälte, stand ich auf und schloss das Fenster wieder. Wenigstens hatte ich mich soweit beruhig das meine Tränen versiegt waren und ich nun wieder etwas klarer Denken konnte.

Träge zog sich ein dunkel violetter Streifen Morgenlicht am Horizont entlang und verkündete, dass die Nacht nun auch hier vorbei war. Doch bis es wirklich hell wurde, würde es noch eine Weile dauern. So klopfte ich den Schnee von mir ab und wechselte meinen Pullover, welcher kalt und feucht an meinem Körper klebte. Wieder einigermaßen aufgewärmt verließ ich mein Zimmer, auch wenn ich am liebsten die Tür verriegelt, und keinen Schritt hinaus getan hätte.

Es war als wollten meine Beine ständig unter mir nach geben als ich die Treppe hinab stieg und mich mit der Hand an der Wand neben mir abstützen musste. Im Schatten der steinernen Wendeltreppe blieb ich stehen und spähte den Korridor entlang. Doch nichts und niemand war zu sehen oder zu hören. Nicht einmal der Wind welcher um das alte Gemäuer fegte.

Langsam schlich ich die Flure entlang, ich kam mir vor wie ein Einbrecher wenn ich um die Ecken sah um mich zu vergewissern das ich auch wirklich alleine war und nicht wieder auf Jemanden stieß der mir nicht gut gesonnen war. Und das waren bis auf Issac so ziemlich alle.

In einem Gang im ersten Stock blieb ich an einer langen Fensterfront stehen und sah hinaus. Nur sehr mühselig schaffte es die Sonne sich durch die Wolkendecke zu kämpfen und den Himmel violett zu färben.

Meine Pupillen verengten sich als mir mein eigenes Spiegelbild auffiel. Hellblaue müde Augen starrten mich aus einem fast blutleerem Gesicht an. Das lange Haar war schwarz wie die Nacht und klebte an Nacken und Schultern Welche von großen blutigen Bandagen verdeckt wurden.

Panisch schreckte ich vor dem Bild welches ich sah zurück und krachte mit einem lauten Scheppern in eine alte Ritterrüstung hinter mir. Entsetzt tastete ich mein Gesicht und meine Schultern ab. Doch dort waren keine Blut verschmierten Bandagen oder Sonstiges. Schlief ich etwa immer noch? Und warum erkannte ich mich in einem Gesicht das mir zwar ähnelte aber dennoch vollkommen fremd war? Ja wir hatten die selben Augen, aber das war auch alles. Ohne es zu wollen erinnerte ich mich an meinen Traum von letzte Nacht. Aber wie war so etwas möglich?

„Was hast du getan???“

Wie unter einem Peitschenhieb zuckte ich zusammen als ich Williams wütenden Ausruf hörte.

Erst jetzt realisierte ich das ich in mitten einem Haufen Metall auf dem Fußboden saß. Die Rüstung kam mir seltsam vertraut vor, aber was mir mehr zu schaffen machte, war die Tatsache das ich gerade wohl eine unbezahlbare Antiquität demoliert hatte.

Noch ehe ich mich aufraffen konnte, war der Butler des Hauses schon bei mir, packte mich an der Schulter und riss mich grob in die Höhe. Er war schon dabei Luft zu hohlen und mich aus vollem Halse an zu brüllen, als eine schneidende Stimme den Flur entlang fegte. Raven stand am anderen Ende des Korridors und deutete mir mit einer kurzen Kopfbewegung an, ihm zu folgen.

Kaum das William mich los gelassen hatte, lief ich leicht geduckt an ihm vorbei zu Raven, welcher sich bereits wieder wortlos umgedreht hat und voraus ging.

Wir gingen eine ganze Weile, schweigend. Schließlich stoppte Raven vor dem Kaminzimmer und öffnete mir die Tür. Ohne auch nur ein Widerwort von mir zu geben trat ich ein. Raven ließ mich wie gewohnt links liegen, rauschte an mir vorbei um noch einen Holzscheit ins Feuer zu werfen. Meine Augen verengten sich, als ich seinen Silhouette vor dem Feuer sah. Sie war mir so vertraut das mich blankes Entsetzten packte und mir ein Schauder nach dem Anderen den Rücken hinab lief.

„Du siehst blass aus!“

Ich antwortete nicht, da ich mich gerade auch nicht besonders gut fühlte und Raven durchaus recht haben könnte. Dann aber wechselte er so rasch das Thema, dass ich nur verwundert die Augenbrauen zusammen ziehen konnte.

„Du erinnerst dich wieder.“

Es war keine Frage, es war eher eine Feststellung die Raven da äußerte.

„Das ging schneller als sonst, für gewöhnlich kommen die Erinnerungen erst im Frühjahr zurück…anscheinend werden wir dieses mal eher anfangen müssen.“

Ich hörte zwar seine Worte, verstand sie aber nicht und schüttelte nur unverständlich den Kopf.

„Du wirst es schon noch verstehen, aber erst einmal komm her und setzt dich.“ Ravens Stimme war mit einem Mal samtig weich geworden und glich dem Schnurren einer Katze. War vielleicht nicht ich verrückt geworden, sondern alle Anderen um mich herum?

Wieder schüttelte ich den Kopf. Nein, ich wollte mich nicht setzten, ich wollte weg von hier und vor allem wollte ich weg von Raven, welcher mir mit jeder weiteren Minute mehr und mehr Angst einjagte.

Plötzlich stand er vor mir. Raven war so schnell an mich heran getreten das ich ihn nicht einmal gesehen hatte. Fast schon gewalttätig stieß er mich gegen ein Bücherregal, dass sogar einige der alten Bücher heraus fielen und krachend auf dem Boden landeten.

Gefährlich nahe beugte er sich über mich und schloss seine kalte Hand um meine Kehle. Spielerisch drückte er immer mal wieder ein wenig fester zu, sodass ich für einige Sekunden keine Luft mehr bekam.

Ich konnte seinen Atem auf meinen Lippen spüren, so nah war er mir, als er mir den Kopf beinah schmerzhaft nach oben drehte damit ich ihn ansehen musste. „Schon bald wirst du dich an alles erinnern.“ Raunte er dunkel und lehnte sich hinüber zu meinem Ohr. „An alles. An das was ich mit dir und deinem Körper getan habe, immer und immer wieder und was ich wieder tun werde…Und du wirst wissen das es kein Entkommen gibt, deine verdorbene Seele verzerrt sich danach.“ Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und dennoch wurden mir die Knie weich.

Kaum das er mich frei gab und einen Schritt zurück getreten war, sackte ich zu Boden als besäßen meine Beine kleine Knochen mehr.

Zitternd starrte ich auf die am Boden liegenden Bücher und fasste mir selbst an die Kehle. Warum wurde mir auf einmal gleichzeitig heiß und kalt? Ich hatte Angst, dennoch spürte ich eine seltsame Erregung in mir, dass ich am ganzen Körper zu zittern begann.

„Ich verstehe das alles nicht!“ schrie ich Raven schon fast an. Denn ich verstand es wirklich nicht und das machte mir mehr angst, als Raven, der mir eben noch die Kehle zugedrückt hatte.

Doch statt zu antworten stand er einfach vor mir und starrte mich an. Seine Augen wirkten mit einem Mal ebenso erregt wie ich mich fühlte und je länger er mich ansah umso schlimmer wurde es.

„Hör auf mich so an zu sehen~“ spie ich unter Anstrengung hervor und sackte nach vorne auf meine Hände, als ein unkontrollierbares Zittern erneut meinen Körper erfasste.

„Warum sollte ich? Erregt es dich etwa?“

„…“ Ich schweig. Nicht in der Lage auch nur einen Ton von mir zu geben.

„Du solltest aufhören dich vor dem Unbekannten zu fürchten und anfangen vor dem Angst zu haben, was du kennst.“ Obwohl seine Stimme weich wie Seide war, schnitt sie mir tief ins Herz. Es begann plötzlich zu rasen und in meiner Brust zu springen wie ein junges Fohlen.

Ich kam nicht einmal dazu Protest ein zu legen, als sich Raven zu mir herunter beugte und wieder auf die Beine zog.

Doch kaum das ich wieder einigermaßen senkrecht stand, riss ich mich von meinem Mitschüler los. „Ich sagte du sollst aufhören damit!“

„Womit?“

„Damit!...Mit Allem!...Wie du mich ansiehst, wie du mich behandelst und wie du mit mir sprichst…hör verdammt noch mal damit auf.“ Brüllte ich aus vollem Hals und hätte am liebsten angefangen zu heulen, so elend und hilflos fühlte ich mich gerade.

Es war närrisch von mir zu glauben, das Raven der Aufforderung folge leisten würde. Nein stattdessen, beugte er sich leicht hinab und warf mich einfach über seine Schulter. Im ersten Moment zu perplex etwas zu sagen oder zu tun, hang ich einfach da und stammelte unverständliches Zeug vor mich hin. Erst als das Geräusch der sich öffnenden Tür an mein Ohr drang, wurde ich wieder munter und begann wie besessen auf Ravens Rücken herum zu trommeln und zu zappeln.

Doch mehr als ein erheitertes Lachen erntete ich dafür auch nicht. Nein, Raven setzte noch eins oben drauf und tätschelte mir den Hintern.

„Nana wer wird denn da so kratzbürstig sein?“

„Lass mich auf der Stelle wieder runter!“

„Gleich mein Rehlein….gleich.“

Mit einem gewaltigen Ruck wurde ich nach vorne geworfen und landete ächzend auf einen mit dicken Fellen überzogenen Boden. Knurrend rieb ich mir das schmerzende Steißbein und strafe Raven mit einem Blick der selbst den Teufel hätte zu Eis werden lassen können.

Plötzlich verschwand die Heiterkeit aus Ravens Gesicht und er sah mich an, als wäre ich ein misslungenes Kunstprojekt. Mit der Hand am Kinn schritt er um mich herum. Sein Blick ging mir direkt bis unter die Haut und meine Hände krallten sich in das Fell unter mir.

Bilder von großen pelzigen Kreaturen mit Zähnen solang wie Dolche flackerten vor meinen Augen auf.

Zu Tode geängstigt von dieser Vision, oder wie auch immer man es nennen wollte, sprang ich auf die Beine und wäre fast mit Raven zusammen gestoßen. Raven sagte nichts. Er beobachtete mich nur. Tod und Verderben wünschte ich meinen Mitschüler gerade an den Hals. Sosehr ich Raven am Anfang bewundert und verehrt habe, so sehr hasste ich ihn gerade. Dabei konnte ich nicht einmal genau sagen wo dieser Hass her kam. Doch genau dieses Gefühl schien er als Anlass dazu zu nehmen sich von mir ab zu wenden und zu einem hohen hölzernen Schrank zu gehen.

„Komm her.“ Hallte sein Befehl von den kargen, fensterlosen Steinwänden wieder.

Widerwillig gehorchte ich.

Noch einmal vermaß er mich mit den Augen bevor er in den Schrank griff und einen Wäschesack heraus zog. Dieser landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Eichentisch neben dem Schrank.

„Zieh das an, du musst dich an die Kleidung gewöhnen.“

Trotzig hatte ich die Arme vor der Brust verschränkt. Ja, ich war neugierig und wollte wissen was da auf mich wartete, aber genauso wenig hatte ich Lust mich weiter von diesem schwarzhaarigen Rüpel herum schubsen zu lassen.

Doch statt ärgerlich zu reagieren, sah ich ein seltsames funkeln in Ravens Augen. Es schien als hatte er gehofft das ich mich weigerte. Schnell merkte ich auch woran dies lag.

Schnell war er bei mir, hatte mich an seine feste Brust gezogen und ließ seine Hand von hinten unter meinen Pullover wandern. Fast schon genüsslich streichelte er mein Rückrad hinauf und strich jede Wölbung meines Rückens nach. Zitternd klammerten meine Hände an seiner Schulter. Dass konnte doch jetzt nicht sein ernst sein? Erst knurrte er mich an wie ein tollwütiger Hund und dann befummelte er mich.

Erst als Raven einen Schritt von mir zurück trat, kam ich wieder ganz zur Besinnung. Ungläubig starrte ich den Pullover in seiner Hand an, als könnte ich nicht glauben dass es meiner war. Und ich konnte es tatsächlich nicht. Wie hatte Raven es geschafft ihn mir aus zu ziehen, ohne das ich es bemerkt habe? Das war doch nicht Möglich!

„Weigerst du dich noch immer?“ drang seine amüsierte und leicht hoffnungsvolle Stimme an mein Ohr.

Ich hatte bereits den Mund geöffnet, um ihn ein ‚Natürlich du Arsch’ an den Kopf zu schmettern, schluckte es aber glücklicherweise im letzten Moment noch einmal herunter.

„Ich zieh mich ja schon um.“ Gab ich mich grummelnd geschlagen, auch wenn es für einen Außenstehenden wohl so aussehen musste, als währe Raven hierbei der Verlierer, so enttäuscht wie er guckte.

Mit voller Absicht ging ich auf die andere Seite des Tisches und öffnete den grauen Kleidersack.

Darin zum Vorschein kam eine hellbraune Lederrüstung. Verwundert zog ich die Augenbrauen zusammen und hob sie mit beiden Händen hoch, um sie mir genauer an zu sehen. Sie war überraschend schwer und aus festem Leder gefertigt. Aber sie hatte keine Ärmel. Die Rüstung –soweit man das so nennen wollte- bestand aus einer Art Mantel mit hohem Kragen und war übersät mit Schnallen und Riemen. Ein kurzer Blick zu Raven verdeutlichte mir das ich es anziehen sollte. So beugte ich mich meinem Schicksal, oder besser gesagt, Ravens stechendem Blick und zog sie über.

Ich hatte meine liebe Mühe sie an zu ziehen, so starr wie das Material war. Doch aus irgendeinem Grund kam mir das Gefühl, des abgewetzten Leders auf der bloßen Haut so bekannt vor. Als ich mit den Fingern über die Außenfläche strich, entdeckte ich mehrere Einkerbungen und Kratzer wie von wilden Tieren.

„Schließ ihn ganz.“ Forderte Raven mich auf und ich gehorchte. Ich zog auch die beiden Schnallen am hochgestellten Kragen zu. So reichte mir der Kragen fast bis zur Nasenspitze wenn ich den Kopf ein wenig einzog. Es war einerseits ungewohnt, andererseits kam es mir so schrecklich vertraut vor, dass ich für einen Moment die Augen schloss und meine Finger auf der obersten Schnalle ruhen ließ. Dieser Ledermantel gab mir irgendwie das Gefühl von Sicherheit.

Erst das Klackern im Hintergrund brachte mich dazu die Augen wieder zu öffnen. Raven war zur Hälfte wieder im Kleiderschrank verschwunden und wühlte darin herum. Nach kurzem Suchen, kam er mit einem triumphierenden Geräusch wieder zum Vorschein. Neben dem Kleidersack, landete eine dunkelbraune Hose aus einem Jeans-ähnlichem Stoff und ein paar hellbraune Lederstiefel. Diesmal musste Raven nicht erst was sagen. Ohne mich weiter darum zu scheren das er im selben Raum war wie ich, zog ich mich aus und wieder an. Die Sachen passten wie angegossen. Es war als währen sie einzig und allein für mich geschneidert wurden.

Raven umrundete mich wie eine Raubkatze, um mich von unten bis oben zu begutachten.

„Sehr schön, die Sachen passen, dann können wir ja mit deinem Training beginnen…“
 

#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#~#
 

So als erstes:

Ich will NICHTS hören von wegen schlechte Rechtschreibung oder so -_-

Ich hab gerade keinen Nerv es noch mal gegen zu lesen, sonst fetzt ich das Kapitel wirklich in die Tonne.

So schwer ist mir noch nie eines von der Hand gegangen, ich hab es x-mal umgeschrieben und ständig wieder gelöscht und bin immer noch nicht zufrieden

*grrrrrr*

So’n Dreck.
 

Naja letzten Endes hab ich es meinen Lesern und den noch verbleibenden Favos zu verdanken das ich weiter gemacht habe, ich hoffe das das nächste Kapitel etwas zügiger kommt und mir nicht so schwer fällt -___-
 

PS: nur wer sich wegen der langen Auszeit wundert…meine neue Arbeit ist tierisch scheiße und total stressig…ich hasse sie, aber heut zu Tage kann man dankbar sein wenn man überhaupt einen Job hat >_>
 

Liebe Grüße

Jack-11

(PPS: bitte zerfleischt mich nicht wegen diesem grottigen Ding da oben)



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Kommentare zu dieser Fanfic (68)
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Von:  ReinaDoreen
2022-02-03T14:29:09+00:00 03.02.2022 15:29
Schade, das es so still hier geworden ist. Vielleicht schreibst du ja doch noch weiter
LG reni
Von:  Midga
2013-09-02T20:51:25+00:00 02.09.2013 22:51
hab die story nach langer zeit mal wieder durchgelesen, und muss sagen das es mich selbst nach so langer zeit noch brennend interessiert zu wissen, wie es weiter geht. es wäre schade wenn du das interesse an der geschichte verloren hast. hoffe es kommen auch noch viele weitere kapittel ^.^
Von:  KuroMikan
2013-03-26T17:00:01+00:00 26.03.2013 18:00
hab die ff jetz in einem wusch durchgelesen XD konnte einfach nicht aufhören ^^
is echt super, und auch wenn du dich darüber ärgerst dass das kapitel deiner meinung nach nicht perfekt ist ... ich finds super ^^ auch dein schreibstil, diese offene art total klasse !!!
lad bald ein neues pitel hoch!!! ;P
lg Mikan
Von:  Bi_Kawaii_x3
2012-04-11T16:50:35+00:00 11.04.2012 18:50
BIIIIITTTTTEEEEEEEEEEEEEEE schreib weiter!!!!! :D
Hab grad die ganze Story durchgelesen und finde sie sehr spannend, zwar auch verwirrend, aber das wird sich schon legen, wenn die FF weitergeht und man mehr erfährt! ^_^
Von:  Taze92
2012-03-18T23:22:15+00:00 19.03.2012 00:22
Verwirrung...
Aber ich mag deine Geschichte, ich finde die ganz und gar nicht grottig!!!
Ich bin echt gespannt was das für ein Training wird... wegrennen???
Und was hat Raven gemeint mit " was ich deinem Körper angetan habe und wieder tun werde"(oder so ähnlich)???
AArghh.. du musst weiterschreiben =))))
LG, Taze
Von:  XDarksaphiraX
2011-11-20T19:20:32+00:00 20.11.2011 20:20
Ok bisher hab ich noch kein Kommi geschrieben, aber ich mag deine Story und das Kapi auch^^
Außerdem beginne ich einiges zu verstehen denke ich ;)
Die Vampir und Werwolfgeschichte fand ich super klasse story hoffe es geht so weiter...
Von: abgemeldet
2011-10-08T18:22:07+00:00 08.10.2011 20:22
ahhh schreibe weiter!!!! ich will endlich wissen das das alles auf sich hat mit den träumen und mit allem ;O;
*haare ausreiß*
es ist so spannend T____T
arg....diese ungewissheit bringt einen um xD
Von:  MadameButterfly
2011-10-07T20:40:26+00:00 07.10.2011 22:40
YAY! es geht weiter!! :DD
Ich fand das kapitel überhaupt nicht grottig!
Ich fand es genial dramatisch in der ersten Hälfte!
Bitte mach weiter! Die Story ist GENIUS!
*anfeuerungs-fähnchen-schwenk*
am genialsten fand ich die stelle, wo eric rausschaute und plötzlich ein anderes spiegelbild im glas sah und wie er da reagiert hat, da hab ich mich gleich miterschreckt. Echt GUT! :DDDD ^O^y
Von:  ReinaDoreen
2011-10-07T20:02:36+00:00 07.10.2011 22:02
Ich bin verwirrt und überaus neugierig, Was verbindet die Beiden und woran kann sich Eric nicht erinnern? Und warum ist Raven so ausgesprochen agressiv?
Reni
Von: abgemeldet
2011-10-07T18:41:33+00:00 07.10.2011 20:41
Ein sehr schönes KApitel!!
MAch dir aber keine sorgen, das gefühl kenn ich. Ich schreib grad auch weiter und ich änder des schon ne woche und bin noch nicht zufrieden. Aber in ein paar tagen stell ich es trotzdem hoch.
Schreib weiter sooo!!!!!!!!!!!!!!


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