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Tell me the best way I could kill you & Back to reality

~ Yu Kanda x Tyki Mikk~
von

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~12~

Gute Verbindungen erwarteten die beiden. Sie hatten sich kaum zu gedulden, lediglich selten umzusteigen und so erreichten sie ihr Ziel diesmal bei weitem rascher. Der restliche Weg war nicht gerade von Unterhaltungen geprägt gewesen und doch war Lavi mit sich zufrieden. Endlich kam er auch wieder in den Genuss einer gewissen Zuversicht. Er hatte einen Plan geschmiedet, war gegen seine Unwissenheit vorgegangen sich recht sicher, im Hauptquartier das Richtige vorzuhaben. Vermutlich wäre es für Kanda ein schier unbekanntes Gefühl, dass sich jemand immens sorgte, doch genau das lag in Lavis Interesse. Wenn sich Kanda schon nicht um sich selbst kümmerte, so würde er es übernehmen und sich niemals beklagen. Er lächelte, als sie in den frühen Abendstunden die steinerne Festung betraten, verabschiedete sich jedoch nur vorläufig von Kanda. Beide würden fürs Erste wohl nach Entspannung und Erholung trachten. Beides waren Dinge, die man in einem Zug nicht wirklich fand.

Während sich Lavi auf den Weg zu Jerry machte, verschwand Kanda lieber in seinem Zimmer. Er spürte keinen Hunger, eher eine gewisse Müdigkeit in den Beinen, als er sein Ziel erreichte, die Tür öffnete und in sein Zimmer trat. Es lag so vor ihm, wie er es verlassen hatte und doch blickte er flüchtig um sich, bevor er die Tür hinter sich schloss. Unaufhaltsam stieg dieses Gähnen in ihm höher, als er dann an sein Fenster herantrat und müde ließ er es gewähren, hob die Hand vor den Mund und strich sich in derselben Bewegung das Haar zurück. Es war schwer, etwas durch die fabrigen Gläser zu erkennen, doch mehr, als einen dunklen Nachthimmel gab es wohl ohnehin nicht zu sehen und so verlor er rasch das Interesse daran und kehrte dem Fenster den Rücken. Schlürfend trat er an sein Bett heran, streckte sich flüchtig in die Höhe, bevor er sich auf die Matratze sinken ließ. Seinen Körper zog es regelrecht nach unten und es nahm so einige Momente in Anspruch, bis er sich dazu durchringen konnte, sich in Bewegung zu setzen, um die Stiefel loszuwerden. Still und dunkel umgab ihn der Raum, als er die Reißverschlüsse hinabzog und die schwarzen Stiefel von den Füßen streifte. Er war nicht sehr erfüllt von Hoffnung, wenn er an die kommende Nacht dachte, doch vermutlich war es einen Versuch wert. Träge schob er die Stiefel neben das Bett, ließ sich träge zurückfallen und tastete nach seiner Hose, als er auf der Decke lag. Absent tasteten seine Hände nach dem Knopf, während er zur dunklen Decke seines Zimmers aufblickte. Seine Lider waren schwer. Sie setzten sich zur Wehr, hoben und senkten sich nicht ohne widerstand und wieder blieb ihm nichts anderes übrig, als zu gähnen. Auch seine Finger wurden fündig, doch hielten sofort in ihrem Treiben inne, als sich ein leises Klopfen an der Tür erhob. Kandas Stirn legte sich kraus, als er den Kopf wandte und zur Tür blickte. Es entsprach nicht seiner Gewohnheit, dass man ihn zu solch später Stunde noch störte und für kurze Zeit zweifelte er daran, dass er sich erheben würde. Ebenso gut könnte er den Störenfried mit Ignoranz abtun und entspannt liegen bleiben. Langsam glitten seine Finger über den Hosebund, sein Körper machte keine Anstalten, sich zu erheben, doch bald darauf klopfte es erneut. Energischer. Länger.

Ein leises Stöhnen erhob sich im Zimmer, als sich Kanda dann doch aufrappelte. Er stemmte sich in die Höhe, zog sich in derselben Bewegung das Band aus den Haaren und schob sich vom Bett. Nur matt und unsicher kam er zum Stehen. Ihm stand nicht einmal der Sinn nach der berechtigten Wut aufgrund dieser Störung. Viel eher war ihm wohl die Müdigkeit anzusehen, als er die Tür öffnete und sich in den Rahmen lehnte. Vereinzelte Strähnen fielen in sein Gesicht, als er die Hand hob und die Augen mit ihr beschattete. Blendend drang das Licht des Treppenhauses in seine angenehme Därmmernis. Seine Augen waren der Helligkeit nicht gewachsen und umso irritierter richteten sie sich auf das, was der Störenfried bei sich trug.

„Abend.“

Lange war es Lavi nicht mehr so leicht gefallen zu lächeln. Er ließ das Tablett sinken, balancierte es konzentriert aus und legte den Kopf schief.

„Bin ich froh, dass ich dich noch wach antreffe. Hier.“ Somit hob er das Tablett in Kandas Sichtfeld zurück, bot seinen Augen den Anblick einer simplen Kanne mitsamt Becher. „Das ist Baldriantee. Das wird dir helfen, zur Ruhe zu kommen und vielleicht schläfst du dann endlich mal ordentlich.“

Kanda zögerte jedoch. Nur eine Sekunde, bevor Lavi schief grinste.

„Komui hat damit nichts zu tun, versprochen. Das ist ein natürlicher Tee ohne etwaige Schlafmittel.“

Noch immer hing Kanda im Türrahmen und machte keine Anstalten, das Tablett entgegenzunehmen. Kritisch sah er von der Kanne zu Lavi, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Was hast du erwartet?“, erkundigte er sich. „Denkst du, ich kümmere mich nicht, nachdem ich es versprochen habe?“ Nachdrücklich hielt er Kanda das Tablett entgegen. „Hier, bitte.“

„Baldrian, also.“ Kanda runzelte die Stirn, doch endlich öffnete er die Tür weiter und trat an das Tablett heran. Lavi nickte nur und war mit sich zufrieden, als Kanda sein Mitbringsel endlich annahm. Eine Danksagung war dennoch zuviel verlangt. Es blieb bei einem unverständlichen Murmeln und bevor sich Lavi versah, schloss sich die Tür vor ihm und er stand wieder alleine im Treppenhaus. Entspannt versenkte er die Hände in den Hosentaschen, wandte sich ab und gab sich einem herzhaften Gähnen hin. Auch er war bereit für das Bett, doch es gab noch einen einzigen Weg, auf den er hier und jetzt nicht verzichten durfte.
 

„Lavi, Schätzchen.“

Eines musste man Jerry lassen. Auch, wenn in der Küche Stress und Hektik herrschten, er hatte stets dieses Strahlen im Gesicht und ließ sich nichts anmerken. So nun auch, als er vor dem Rothaarigen stand und liebevoll eine Geschirrtuch zusammenfaltete. Er stand dort und lächelte, während in seinem Rücken die Köche von einer Seite zur anderen rannten und sich lautes Keuchen erhob.

„Was kann ich für dich tun?“

Endlich war das Tuch ordentlich gefaltet. Sofort wurde es zur Seite gelegt und neugierig nahm Jerry einen Zettel an. Mit großen Augen laß er das Rezept und sah Lavi anschließend fragend an.

„Ist nicht für mich.“ Lachend hob Lavi die Hände. „Das ist das Rezept für einen kräftigenden Vitamin-Drink. Bist du so gut und kreierst Kanda täglich so einen zum Frühstück?“

„Mm.“ Jerry wirkte nicht sehr zuversichtlich. „Das Rezept klingt sehr süß aber Kanda ist eher der scharfe, herzhafte Esser.“

Doch Lavi schloss sich seinen Zweifeln nicht an. Lächelnd klopfte er gegen Jerrys Oberarm.

„Keine Angst“, meinte er nur, bevor er ging. „Er wird es trinken.“

„Wenn du das sagst, Schätzchen?“ Jerry seufzte laut auf, ließ den Zettel in der Hosentasche verschwinden und eilte galant davon.
 

Endlich konnte sich dieser Tag also als abgeschlossen betrachten. Es gab für Lavi nichts mehr zu tun und die Müdigkeit, die in seinen Beinen steckte, führte ihm vor Augen, wie anstrengend der zurückliegende Tag doch gewesen war. Die Hände in den Hosentaschen schlenderte er abermals durch all die steinernen Gänge, vor einer gewissen Tür stehen und lauschte kurz in die Stille hinein. Konzentriert blieb sein Auge auf den Boden gerichtet, entspannt regten sich seine Hände in den Hosentaschen, doch letztendlich setzt er sich wieder in Bewegung, schlenderte weiter und ließ die wenigen Meter hinter sich, die ihn noch von seinem eigenen Zimmer trennten. Auch ihm war die Müdigkeit nun anzusehen, als er nach der Klinke griff, sie zu sich zog und die Tür öffnete. Sogleich zog ihm leises Schnarchen entgegen und die Blätter, die auf dem Boden des Zimmer verstreut lagen, raschelten leise, als der Rothaarige eintrat. Bookman schlief bereits. Nur noch eine kleine Öllampfe hüllte das kleine Zimmer in einen angenehmen Schein und Lavi achtete darauf, leise zu sein, als er aus seinen Kleidern schlüpfte, vorsichtig die Flamme der Lampe erstickte und sich gähnend unter die Decke schob.

Wie hatte er sich danach gesehnt…

Hier erwartete ihn das vertraute Gefühl der Heimat und auch von dem Schnarchen, das rasch lauter wurde, ließ er sich nicht stören, als er auf dem Kopfkissen nach der richtigen Bequemlichkeit suchte und das Auge schloss. Es gelang ihm nur noch, sich auf den Rücken zu drehen, bevor alles an ihm schwer und dumpf wurde und er haltlos im Schlaf versank. Gerne driftete er in sein friedliches schwarzes Nichts und als er die Augen wieder öffnete, fiel helles Tageslicht zu ihm in das Zimmer. Es fiel durch das Glas des Fensters direkt auf den Boden. Grelle Sonnenstrahlen bündelten sich dort und vorerst rollte sich Lavi erst einmal auf die andere Seite, machte es sich wieder bequem und gähnte herzhaft. Er streckte die verschlafenen, müden Glieder, zog sich das Kissen über den Kopf und lauschte in die Stille des Zimmers hinein. Dass Bookman nicht hier war, war keine Besonderheit. Es geschah nur selten, dass er ihn noch antraf, wenn er aufwachte. Wahrscheinlich war Bookman bereits in der Bibliothek und mit Informationssuche beschäftigt, während sein rothaariger Schützling noch im Bett lag. Doch welch Großzügigkeit, dass er ihn nicht einfach geweckt hatte. Letztendlich hatte sich Lavis Körper nur das geholt, was er brauchte und er tat es auch weiterhin, denn es vergingen nur wenige Momente, bevor Lavi noch einmal einschlief. Sein Atem vertiefte sich, reglos blieb er liegen und es grenzte an schierer Überwindung, sich aus dem Bett zu schieben, als er nach einer Stunde erneut zu sich kam. Auch, wenn die Wärme und die Gemütlichkeit des Bettes ihn bannen wollten, er schlug die Decke zurück, kam auf die Beine und tastete nach seinen Sachen. Es verhieß ein Tag zu werden, wie jeder andere auch. Ein Tag, den man am besten mit einer Dusche begann.

Warm prasselte kurz darauf das Wasser auf seinen Kopf nieder. Mit geschlossenem Auge streckte er sich dem heißen Strahl entgegen, bewegte die Seife nur nachlässig am Körper.

Und er hoffte.

Dass Bookman ihn nicht den gesamten Tag an sich band.

Dass er die Gelegenheit fand, an Kanda heranzukommen, um den nächsten Schritt in die Wege zu leiten. Immerhin trug er nun eine gewisse Verantwortung war endlich davon überzeugt, diese Last auszuhalten. Er legte die Seife zurück, strich sich mit beiden Händen das rote Haar zurück und nahm sich nicht allzu viel Zeit, bevor er nach einem Handtuch griff und in seine Kleider schlüpfte. Er beließ es bei einem lockeren Shirt, bei einer schwarzen Hose und selbst bequeme Schlappen waren ihm heute lieber. So hatte er es bequem, als er sich auf den Weg zum Frühstück machte. Und das Glück war ihm hold. Er schaute um sich, als er die Halle betrat. Nicht auf das Kratzen des Geschirrs achtend, auch nicht auf das Klirren der Gläser oder das Stimmengewirr. Sein Auge suchte nach jemandem und wurde fündig. Wie immer saß Kanda ein wenig abseits. Es war schwer, aus der Ferne zu erkennen, wie er aussah, doch Lavi hatte ohnehin nicht vor, es bei dieser Distanz zu belassen. Er besorgte sich sein Frühstück und mit einer selbstverständlichen Beiläufigkeit ließ er sich anschließend Kanda gegenüber nieder. Er lächelte ihm flüchtig zu, bevor er sein Tablett abstellte und über die Holzbank stieg. Im Gesicht seines Gegenüber war eine flüchtige Unzufriedenheit zu erkennen, eine leichte Überforderung, doch etwaiges Wort blieb in seinem Hals stecken. Er verscheuchte Lavi nicht, blickte nur kurz um sich und wurde dabei gemustert. Ihm war nicht anzusehen, ob er diese Nacht mit Schlaf verbracht hatte oder ob er sich wälzte und nicht zur Ruhe kam. Diese leichte Blässe war seit kurzer Zeit zu einem Normalzustand geworden, doch Lavi scheute sich nicht, einfach nachzufragen.

„Hat der Tee etwas bewirkt?“ Entspannt griff er nach einem der Brötchen und versenkte das Messer in dem Gebäck.

Kanda hatte sich mit einem Müsli zufrieden gegeben, doch viel gegessen schien er bislang nicht zu haben. Die Schale war so gut wie unangerührt und auch jetzt versenkte er nur den Löffel in dem in der Zwischenzeit weichen Brei und ließ ihn anschließend zurück in die Schale tropfen. Doch was Lavi sofort aufgefallen war, war dieser Vitamin-Drink, der ebenso bei ihm stand. Auch dieser schien noch nicht angerührt, doch Lavi war schon zufrieden, dass Kanda ihn überhaupt angenommen hatte. Eine Antwort erhielt Lavi jedenfalls nicht. Ihm gegenüber wurde nur die Stirn gerunzelt und weiterhin in dem Müsli gerührt. Lavi blieb es überlassen, seine Schlussfolgerung darauf zu ziehen, also zweifelte er daran, dass Kanda erholsame Stunden hinter sich hatte. Er saß auch etwas zusammengesunken dort. Von der stolzen, entspannten Haltung war nichts zurückgeblieben.

Lavi griff nach dem Butterteller und zog gleichsam die Marmelade zu sich.

„Was hast du heute vor?“, erkundigte er sich weiterhin und wieder tropfte ihm gegenüber das matschige Müsli in die Schale zurück. Beinahe mürrisch verfolgte Kanda all das und letztendlich war es nur ein knappes Schulterzucken, mit dem er reagierte.

„Weißt du was?“ Lavi hatte mit nichts anderem gerechnet. Behäbig begann er sein Brötchen zu schmieren. „Am Wichtigsten ist es, dass du dich nicht verkriechst, okay?“ Er sprach leise, damit niemand es mitbekam. „Also verschwinde nach dem Frühstück bitte nicht sofort in dein Zimmer.“

„Was soll ich sonst machen.“

Kanda wirkte völlig hilflos.

Lustlos.

Verdrießlich.

Er hing völlig in Seilen, seit man ihm etwaige Pflichten entzogen hatte.

Doch Lavi wusste zu schätzen, dass er überhaupt diese Frage stellte. Ein Zeichen, dass er doch auf ihn und seinen Rat baute. Er begann zu kauen, leckte seinen Daumen ab, an dem Butter haften geblieben war.

„Tu doch das, wofür du niemals Zeit hast zwischen den Missionen. Soweit ich es mitbekommen habe, beschäftigst du dich meistens nur mit Training aber ich denke, das ist derzeit einfach nicht das Richtigte für dich.“

Mürrisch sah Kanda ihn an, konnte scheinbar nicht viel mit Lavis Worten anfangen. Er war nicht gerade der Mensch, der über viele Hobbies verfügte. Er sah den Sinn und Zweck bei einer solchen Sache einfach nicht. Sinnvoll war das, worauf er angewiesen war und so hatte er hartes Training niemals als überflüssig angesehen.

„Geh spazieren… hol dir ein gutes Buch. Aber vor allem“, Lavi wies mit einem Nicken auf den Drink, „trink das. Das ist die Grundlage für einen guten Tag.“ Kanda starrte zurück auf sein Müsli. „Ich muss heute wieder mit dem Opa arbeiten. Ich weiß nicht, ob ich heute Zeit habe.“

„Zeit wofür“, murrte Kanda und Lavi grübelte nicht lange.

„Um mit dir zu arbeiten“, erwiderte er, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Sofort blickte Kanda wieder auf. „Wir haben eine Menge zu tun.“

Lavi grinste heiter und wenn auch unwillig, Kanda ließ den Löffel im Müsli versinken und griff nach dem Vitamindrink.
 

Keine viertel Stunde später verließ er den Speisesaal. Tief durchatmend trat er hinaus in den Gang, versenkte die Hände in den Taschen seiner lässigen Hose und blickte von einer Seite zur anderen. Deutlich war ihm die Unschlüssigkeit anzusehen. Es hatte stets Wege gegeben, die er hier zu verfolgen hatte. Training, um seine Fähigkeiten zu verbessern zum Beispiel. Stunden hatte er in den Trainingshallen zugebracht und war anschließend stets sehr zufrieden mit sich gewesen. Nun blähte er die Wangen auf, wandte sich nach links und begann zu trödeln. Ohne Ziel, ohne Absicht. Er ging einfach ein paar Schritte, starrte zu Boden und wenn auch unwillig, er erinnerte sich an Lavis Worte. Der Rothaarige hatte mit einer Sicherheit und einem Selbstverständnis gesprochen, als wüsste er genau, was gut für ihn war, doch irgendetwas in Kanda setzte sich zur Wehr.

In die Bibliothek, also, ging es ihm dabei durch den Kopf.

Sich ein Buch holen.

Welches Buch?

In seinem gesamten Leben hatte er bislang kein einziges Buch gelesen. Er hatte nie die Zeit gefunden oder sie sich genommen. Das Lesen war zu einer Sinnlosigkeit abgestempelt worden. Es gehörte nicht zu seinen Pflichten, belesen zu sein und so trotzte er auch weiterhin mit diesem Vorschlag. Er wusste nicht einmal, welche Thematik ihn interessierte, doch was blieben ihm sonst für Möglichkeiten?

Nirgendwo würd er hier Arbeit finden. Jeder würde ihn abweisen und damit Komuis Befehle befolgen. Diese Tatsache lag deutlich vor ihm und somit wurden seine Gedanken immer verbissener. Natürlich war ihm danach, zu seinem Zimmer zurückzukehren. Sich unter die Decke zu schieben und einfach liegenzubleiben, bis irgendetwas geschah. Selbst das Frühstück in der Öffentlichkeit hatte ihn angestrengt und nun sollte er sich genau dieser Öffentlichkeit ausliefern? Es war schwierig, den Sinn darin zu finden, doch während er die nächsten Schritte tat, erinnerte er sich an die Reise, die hinter ihm lag. Die Wege, die er mit Lavi gegangen war und wie deutlich hatte er den Moment vor Augen, in welchem er nach Lavis Hand gegriffen und sich auf die Beine hatte ziehen lassen. Er war auf alles eingegangen, sich entschieden, sich auf den Rothaarigen einzulassen und vermutlich gehörte dazu auch ein nicht geringer Teil an Selbstdisziplin. Er hatte strikt mit sich zu sein und natürlich bedeutete dies auch, Gewohnheiten abzulegen. Würde er sich jetzt verkriechen, so würde er es vermutlich auch weiterhin tun.

Seine Hände ballten sich in den Hosentaschen zu Fäusten und angespannt zwang er sich dazu, im nächsten Gang links abzubiegen. Er machte sich auf den Weg in die Bibliothek und wie lange stand er dort vor den Regalen. Es gab Fachbücher, jedoch auch andere Lektüre und es musste eine knappe halbe Stunde vergehen, bis er sich in die Höhe streckte, nach einem Buchrücken tastete und das Werk ins Freie zog. Es handelte sich um Kriminalliteratur. Ob er sich dafür interessierte, das würde er noch herausfinden. So verließ er die Bibliothek und wie automatisiert entschloss er sich dazu, in seinem Zimmer zu lesen. Nur wenige Schritte tat er, bis er jedoch wieder stehenblieb und still bei sich den Kopf schüttelte.
 

Das Buch unter den Arm geklemmt, betrat er kurz darauf die Lounge. Sie war nur spärlich besucht. In einer Ecke hatte sich eine Gruppe Finder ihre Bequemlichkeit auf den Sofas gesucht. Leise erhoben sich ihre Stimmen, als sie miteinander sprachen. Auch leises Rascheln drang an Kandas Ohren und machte ihn auf einen Wissenschaftler aufmerksam, der eine Zeitung vor sich bewegte. Die wenigen Lampfen entsannen ein entspannendes, mattes Licht und sorgten für eine ruhige, friedliche Atmosphäre, in der es sich aushalten ließ. Nur flüchtig musterte Kanda sein Umfeld, bevor er sich auf eines der Sofas sinken ließ. Er hielt sich an Lavis Rat. Auch, wenn er einen hohen Preis dafür bezahlte, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten. Er hatte sich dem zu stellen, die Herausforderung auf sich zu nehmen und konzentriert versuchte er nicht auf die anderen Gäste zu achten, als er sich tieferrutschen ließ und das Buch aufschlug. Er konnte sich nicht daran erinnern, etwas derartiges schon einmal getan zu haben. Dass stets die Zeit fehlte, wäre eine leerer Vorwand.

Er hatte sich diese Zeit einfach niemals genommen, sich stets auf andere Dinge konzentriert und an seinen Fertigkeiten gefeihlt und erst wurde er sich auch der Tatsache bewusst, dass er sich selbst fortwährend vernachlässigt hatte. Seien Lage brachte so manche Einsicht mit sich und Kanda versuchte nicht auf das leise Stimmengewirr zu achten, als er in dem Buch zu blättern begann. Raschelnd wurde auch die Zeitschrift bewegt und letztendlich schlüpfte Kanda aus den Schuhen, zog die Beine zu sich auf das Polster und begann zu lesen. Regungslos verharrte er, behielt den Kopf gesenkt und kümmerte sich auch nicht um die Strähnen, die sich aus dem lockeren Dutt stahlen und kitzelnd herabsanken. Ruhig blieben die dunklen Augen auf die Schrift gerichtet und es geschah recht rasch, dass er die Umgebung und jedes Fragment der Wirklichkeit von sich streifte. All das existierte einfach nicht mehr, während seine Pupillen über die Zeilen schweiften und seine Hand fast absent nach der Seite griffen, um umzublättern. Stumm bewegte er den Mund, presste die Lippen aufeinander, saugte an seinen Zähnen und nach einer knappen Stunde legte er sich auf dem Sofa nieder. Den Kopf bettete er auf der Armlehne, streckte die Beine von sich und hietlt das Buch erhoben. Während er sich so in dieses Buch vertiefte, waren noch andere gekommen, die er keines Blickes gewürdigt hatte. Wie Schatten waren sie an ihm vorbeigezogen. Flüchtig und unscheinbar.

Das Buch weckte Kandas Interesse. Es war spannend, intelligent und dennoch bezweifelte er, dass er bei der nächsten Gelegenheit erneut danach greifen würde. Für den heutigen Tag war es richtig, war es gut und doch würde Lesen nicht in seinen festen Tagesplan integriert werden. Er rückte sich zurecht, winkelte die Beine an und blätterte ein weiteres Mal um und schloss flüchtig die Augen. Auch, wenn er in der vergangenen Nacht halbwegs geschlafen hatte, seine Lider waren schwer und wurden durch das Lesen nur noch schwerer. So unterdrückte er auch ein Gähnen, legte das Buch kurz auf der Brust ab und reckte sich auf dem Polster. Wieder zog eine kleine Gruppe Finder an ihm vorbei und wie deutlich war ihnen anzusehen, dass sie einen solchen Anblick nicht erwartet hatten. Sie wirkten überrascht ob Kandas Treiben in der Lounge, doch letztendlich zogen sie schweigend an ihm vorbei und versuchten sich nichts ansehen zu lassen. Kanda rieb sich die Augen, das Gesicht und gerade wollte er wieder nach seinem Buch greifen, als er auf etwas aufmerksam wurde. Er öffnete die Augen, wandte den Kopf zur Seite und starrte Johnny an, der mit einer kleinen Kiste dort stand und ihn leicht unentschlossen ansah. Unbeteiligt erwiderte Kanda seinen Blick, tastete nach dem Buch, doch bevor er sich wieder darin vertiefen und sich zerstreuen konnte, erhob Johnny die Stimme.

„Eh…“, hob er leicht unschlüssig an und kratzte sich am Kopf, „… hättest du vielleicht Lust auf eine Runde… Schach?“

Und sogleich hielt Kanda wieder inne. Seine Stirn legte sich in skeptische Falten, doch Johnny war noch nicht fertig.

„In meinen Pausen tue ich nichts lieber als das und bin immer auf der Suche nach würdigen Gegner. Ich… ehm…“, nervös rückte er an seiner Brille, „… habe auch Lavi gefragt aber der hatte zu tun und meinte nur, dass ich es bei dir versuchen sollte.“

Tief atmete Kanda durch. Er bettete die Hand auf dem Buchrücken, blickte zur hohen Decke der Lounge auf.

Johnnys Liebe zu diesem Spiel war allseits bekannt, doch seit es Suman nicht mehr gab, war er zumeist erfolglos auf der Suche nach Leuten, die sich bereit erklärten, es mit ihm aufzunehmen. Auch Kanda zögerte. Er schürzte die Lippen, betastete den glatten Buchrücken und es nahm einige Augenblicke in Anspruch, bis er sich aufrichtete und das Buch zur Seite legte. Sofort entfaltete sich ein Grinsen auf Johnnys Lippen und eilig ließ er sich auf einem Sessel nieder und rückte näher an den Tisch heran. Er hatte nicht mit Kandas Bereitschaft gerechnet, doch nun war die Freude darüber so groß, dass er es nicht hinterfragen würde.

„Spielst du oft?“, erkundigte er sich heiter, während er den kleinen Kasten öffnete und das Spiel vorbereitete. Kanda rutschte auf dem Polster zurück, setzte sich in den Schneidersitz und verfolgte, wie Johnny liebevoll die Figuren postierte. Ein wirsches Brummen genügte diesem als Antwort. Lachend setzte er einen Bauern auf das Feld.
 

Konzentriert starrte Kanda auf das Spielbrett. Den Ellbogen auf das Knie gestemmt und das Kinn in die Handfläche, saß er dort und schwieg. Eine angenehme Stille herrschte zwischen den beiden. Geduldig wartete Johnny auf Kandas Zug und auch an den beiden Findern, die bei ihnen stehengeblieben waren, störte man sich nicht. Neugierig und gespannt verfolgten die zwei das Spiel. Sie standen in Johnnys Rücken, stemmten sich auf die hohe Rückenlehne und kurz flüsterten sie miteinander, als sich Kanda den Mund rieb, die Hand nach dem Spielbrett ausstreckte und einen Bauern bewegte. Johnny grinste, rückte vor bis auf die Kante des Polsters und griff nach seinem Springer. Seit gut einer halben Stunde befassten sie sich nun mit einem einzigen Spiel und Johnny fand rege Freude darin. Sein Gesicht strahlte. Er genoss es, hier zu sitzen, genoss vor allem, dass er einen würdigen Gegner gefunden hatte und dieser reagierte diesmal so schnell auf seinen Zug, als hätte er ihn vorausgesehen. Nachdenklich verfolgte Johnny den Zug, eine Figur bewegte sich auf dem Brett und diesmal war er es, der grübeln musste. Er lehnte sich zurück, betrachtete sich das Spielbrett fast überfordert und auch Kanda zeigte Geduld, während er sinnierte und den nächsten Zug durchdachte. In seinem Rücken bewegten sich die Finder gespannt. Sie wechselten knappe Blicke und weder Johnny noch Kanda fiel auf, dass weitere Finder hängen geblieben. Hatten sie sich vorgenommen, an Kanda vorbeizuflüchten, blieben sie doch hinter dem Sofa stehen, stemmten sich auf die Lehne und waren aufmerksam. Es nahm einige Minuten in Anspruch, bis Johnny sich entschied und wieder reagierte Kanda sofort. Entspannt griff er nach der eigenen Dame, wechselte ihre Position und Johnny schluckte, als er realisierte, dass er in eine Falle getappt war. Wie auch immer er nun handelte, vermutlich ging es ihm bei Kandas nächsten Zug an den Kragen, doch er wagte es. Es handelte sich letztendlich ja nur um ein Spiel. Von Suman war er es gewöhnt, hin und wieder das Verlieren zu ertragen und bevor er sich versah, da geschah es auch schon.

„Schach“, murmelte Kanda nach seinem Zug und leise seufzte Johnny auf.

Er hatte befürchtet, dass Kanda ein guter strategischer Denker war. Immerhin war er von den beiden der Einzige, der regelmäßig auf dem Schlachtfeld stand, während sich Johnny hier im Hauptquartier in Sicherheit wiegte. Nun waren diesem die Hände gebunden. Ganz gleich, für welchen Zug er sich entschied, er konnte sich nicht retten und so kapitulierte er und verlor seinen König. Er seufzte zwar, doch griesgrämig war ihm nicht zu mute. Viel eher grinste er kurz darauf.

„Revanche?“

Kanda zuckte nur mit den Schultern. Ihm schien es gleichgültig zu sein und Johnny wartete nicht, bis er sich vielleicht doch dagegen entschied. Er wischte die Figuren vom Spielbrett und begann sie neu aufzustellen. Dabei erfreute er sich einer herrlichen Laune. Er hatte bereits daran gezweifelt, jemanden zu finden und nun war es sogar Kanda. Ein Ding des Unmöglichen, das hier und jetzt dennoch reell wurde. Mit Beiläufigkeit bemerkte er, dass sich weitere Finder eingefunden hatten. Neugierig umringten sie die beiden, ließen sich auch von Kandas kritischen Blicken nicht verscheuchen. Und dann begann es auch shcon von Neuem. Johnny machte den Anfang, fest entschlossen, diesmal den Sieg zu erringen. Grinsend lehnte sich der junge Wissenschaftler zurück und Kanda begann mit seinen Zügen erst nach wenigen Minuten zu zögern. Es machte den Anschein, als hätte er mit seiner Konzentration zu ringen.

Doch er mied keine Anstrengung und blieb seiner Pflicht als Gegner treu. Er bewegte sich auf dem Sofa. Den Blick stets auf das Spielbrett gerichtet, rieb er sich den Unterschenkel und rollte mit den Schultern. Angestrengte Grübeleien waren seinem Gesicht zu entnehmen, doch nach wenigen weiteren Momenten brach seine Aufmerksamkeit und seine Fixierung schmählich zusammen. Es war ein leises Ketschen, das für diese Ablenkung sorgte und Stirnrunzelnd drehte er sich um. Kauend und schmatzend langte Allen abermals in die Süßigkeitentüte. Er stand direkt hinter Kanda und hob die Brauen, als er genervt gemustert wurde. Erwartungsvoll erwiderte er Kandas Blick und dieser wandte sich unter einem leisen Stöhnen wieder ab. Er kehrte Allen den Rücken, versuchte das Ketschen aus seiner Wahrnehmung zu drängen und machte seinen Zug.

„Gewonnen“, stieß Johnny nach wenigen weiteren Minuten aus und streckte sich behaglich. Es war ein knapper Sieg und dennoch hatte er ihn errungen und während er sich freute, war Kanda eine gewisse Nachdenklichkeit anzusehen. Er rümpfte die Nase, blickte zur Seite, als sich Allen kauend neben ihm über die Rückenlehne neigte. Staunend spähte er auf das Spielbrett, versenkte die Hand wieder in der Tüte und steckte sich das nächste Gummitier in den Mund. Behaglich begann er zu kauen und wurde erst abgelenkt, als noch jemand neben ihm auftauchte. Die leichte Brise eines zarten Parfüms erreichte ihn und kurz darauf trat Linali zu ihm. Die zusammenstehende Masse hatte sie angelockt und selbst, als sie sich anschließend neben Kanda setzte, ließ sich dieser nicht stören.

„Eine Runde noch“, entschied er sich und befreit lachte Johnny auf. Nun war Kanda erst richtig motiviert und sofort kümmerte er sich wieder um die Figuren.

„Ich hab dieses Spiel noch nie verstanden.“ Seufzend machte Linali es sich bequem, während Kanda sich eine Strähne hinter das Ohr strich und sich bereit machte.

„Mir ist es zu langweilig“, machte auch Allen auf sich aufmerksam und lugte in die Tüte hinein. Er hatte sich gegen das Rückenpolster gelehnt und fischte nach einem bestimmten Gummitier. „Ich esse lieber.“

Kanda kam nicht um ein leises Stöhnen, doch letzten Endes fehlte ihm die richtige Stimmung, um sich mit dem Weißhaarigen anzulegen. Sonst immer gerne und jederzeit, doch hier und jetzt war er nur auf dieses Spiel konzentriert und dieses begann sofort. Diesmal ging Kanda vorsichtiger vor. In seinem Kopf häuften sich Strategien, häuften sich Lösungswege und mögliche Fallen, die er seinem Gegner spielen konnte. Das einzige, was fehlte, war die Sicherheit, dass Johnny ihm entgegenspielte und letztendlich sich selbst in seine Hände. Tiefe Grübeleien gingen zum erneuten Mal jedem Zug voraus. Leise flüsterten die Finder miteinander, mit großen Augen sah Linali von Kanda zu Johnny und Allen war eine Weile damit beschäftigt, sich mit der Zunge die klebrigen Reste aus den Zahnwinkeln zu pulen. Er war weniger aufmerksam und so war er der erste, der einen weiteren Gast ersoähte. In bequemen Schlappen und in der Hand eine dampfende Tasse Kaffee trödelte Komui näher. Auch er musste sich aus dem Büro gestohlen haben und neugierig geworden sein. Flüchtig hob Allen eine Hand zum Mund und half etwas nach, während Komui bei der Gruppe zum Stehen kam und sich einen Weg in die erste Reihe bahnte. Kanda blickte nicht auf. Nur Johnny grüßte den Abteilungsleiter mit einem Grinsen.

„Na hoi?“ Komui machte große Augen. Kanda bewegte unterdessen einen Springer. „Bin ich hier der einzige, der ordentlich arbeitet?“

Stirnrunzelnd blickte Linali auf.

„Hattest du nicht vor wenigen Minuten noch einen ganzen Stapel, den du bearbeiten wolltest?“, flüsterte sie leise und ihr Bruder lachte ertappt auf.

„Ach, der.“ Er kratzte sich im Haar. „Was soll’s… das kann River genauso gut wie ich.“

„Der Arme“, leistete Allen seinen Beitrag. „Willst du ein Gummitier?“

„Hm? Nein, danke.“ Komui winkte ab.

Das Spiel ging unterdessen weiter.

„Um was geht es hier?“, wollte Komui weiter wissen. Von Kanda blickte er zu Johnny und anschließend auf das Spielbrett.

„Nur um Spaß“, murmelte Johnny konzentriert zurück und rieb sich grüblerlisch das Kinn. „Nur um Spaß.“

„Ihr wettet um gar nichts?“ Komui richtete sich auf, nippte an seiner Tasse. „Dabei macht es doch viel mehr Spaß, wenn man eine peinliche Wette am Laufen hat.“

„Was meinst du mit ‚peinlich‘?, wollte Linali wissen und auch Allen war sofort aufmerksam.

„Ich weiß nicht.“ Komui seufzte leise auf. „Johnny und Suman haben einmal darum gespielt, Jerry einen halben Tag auszuhelfen.“

Johnny grinste bei dieser Erinnerung, ohne die Augen vom Spielbrett zu lösen.

„Daran kann ich mich auch erinnern.“ Allen verzog den Mund. „Johnny hat eines meiner Tabletts fallen gelassen und ich musste ganz furchtbar hungern.“

„Also bitte.“ Kritisch lugte Linali zu dem Weißhaarigen. „Was war denn mit den anderen drei?“

„Was war das schon?“

„Schachmatt.“

„Nein!“ Unter einem schmerzhaften Zischen fuhr Johnny in die Höhe und raufte sich die Haare. Er biss die Zähne zusammen, schüttelte sich, während unter den Findern ein verhaltenes Klatschen ausbrach. Es war plötzlich passiert und erst jetzt bemerkte Johnny die Falle, die ihm gestellt worden war. So schnell hatte Kanda selbst bei dem ersten Spiel nicht gewonnen. Beim zweiten nicht einmal so schnell verloren. Linali staunte, Komui schlürfte seinen Kaffee und Allen begann wieder zu kauen, während sich Kanda zurücklehnte und nun doch zufrieden mit sich zu sein schien. Er nickte in sich hinein, stand im nächsten Moment jedoch schon auf. Es war der richtige Zeitpunkt für ihn, um sich zurückzuziehen. Weiterhin wollte er sich dieser Masse nicht ausliefern und man ließ ihn gerne gehen, als er knapp und verabschiedend die Hand hob und davonschlenderte.
 

Ächzend stemmte Lavi die Bücher höher, bog um eine Ecke und sah das rettende Ziel endlich vor sich. Er neigte sich am Bücherstapel vorbei, raffte diesen erneut höher und begann nachzudenken, wie er mit der kommenden Klinke fertig werden sollte. Ein leises Stöhnen entrann ihm, als er sich der Tür der Wissenschaftsabteilung auch weiterhin näherte. Wie genoss er es, als Lieferbursche ausgenutzt zu werden, während Bookman herumsaß und Tee trank. Aber es war nun einmal das Leben eines Lehrlings. Schwer atmend blieb er dann stehen, begann sich zu regen und drängte die Klinke letztendlich mit dem Ellbogen hinab. Die Tür aufzuziehen war hingegen schon schwerer und was für ein Glück hatte er, dass ihm ein Weißkittel entgegenkam. Dankend schob er sich an ihm vorbei und suchte sich den erstbesten Tisch, um seine schwere Last loszuwerden. Erleichtert stellte er den Stapel an, trat zurück und rollte mit den verspannten Schultern.

„Er hat mich mit 12 Zügen fertig gemacht“, vernahm er da Johnnys Lachen und wandte sich um. „Ich hätte nicht gedacht, dass Kanda so gut spielt.“

„Kanda?“ River wunderte sich und auch Lavi hob die Augenbraue, konnte sich nur als überrascht bezeichnen, doch gleichsam befiel ihn auch ein gewisser Stolz, verbunden mit einer gewaltigen Erleichterung. Das, was er hörte, zeugte davon, dass sich Kanda nach seiner Bitte richtete und sich nicht in seinem Zimmer verkroch. Er hatte sich also unter die Menschen gemischt. Lavi kam nicht um ein Grinsen, als er sich umdrehte und zur Tür zurückkehrte.

„Ich werde ihn in den nächsten Tagen fragen, ob er nochmal mit mir spielt“, drang Johnnys Stimme noch zu ihm, als er die Abteilung verließ. „Würdige Gegner sind schwer zu finden.“

Schmunzelnd schloss Lavi die Tür hinter sich, rieb sich die Hände und machte sich auf den Weg zurück zu Bookman. Sie hatten sich heute in der Bibliothek niedergelassen. Sie befassten sich mit Nachforschungen und da war es immer praktisch, nahe an der Quelle zu sein. Der Rothaarige unterdrückte ein Gähnen, als er wieder durch die steinernen Gänge schlenderte. Er war müde und konnte diese Tatsache nicht verbergen. Das geschah einfach, wenn man stundenlang las und auch Bookman schien ihm seinen Zustand anzusehen, als er wenige Momente später wieder bei ihm eintraf. Umgeben von Büchern, hatte sich Bookman an einem abgeschiedenen Tisch niedergelassen. Flüchtig blickte er auf, blätterte um und runzelte die Stirn.

„Räum deine Bücher weg und dann kannst du gehen“, erhob er dann die Stimme und wieder konnte sich Lavi nur als verblüfft bezeichnen. Er stand dort, als würde er seinen Ohren keinen Glauben schenken.

„Wie kommt’s?“, wollte er dann auch wissen und Bookman griff nach seinem Tee und umschloss die Tasse mit beiden Händen. Noch immer drifteten seine Augen währenddessen über die Zeilen.

„Ich habe lediglich nicht vergessen, dass du derzeit eine weitere Pflicht verfolgst“, murmelte er leise und hob die Tasse zu den Lippen. „Heute brauche ich dich nicht mehr.“

„Als ‚Pflicht‘ würde ich das nicht bezeichnen.“ Entspannt schloss Lavi das Buch, mit dem er bis vor kurzem gearbeitet hatte. „Es macht mir schon Spaß, auch, wenn es schwer ist.“

„Hrm.“ Bookman blickte nicht auf.

„Und ob du es glaubst oder nicht, wir machen Fortschritte.“

Diesmal reagierte Bookman gar nicht. Wieder einmal war ihm seine Unzufriedenheit anzusehen und Lavi ging, bevor sich diese in Worten manifestierte, die später bereut wurden.
 

*tbc*



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2011-03-12T12:23:40+00:00 12.03.2011 13:23
Die Idee mit dem Schach war voll süß <3
Von: abgemeldet
2011-03-10T04:54:15+00:00 10.03.2011 05:54
*o*
Boah kanda zeigt ja eine Bereitschaft
hätt ich niemals gedacht,das er so auf Lavi hört!
Das mit dem Schach war auch toll.
Natürlich kann Kanda das er ist eben ein guter Stratege.
Von: abgemeldet
2011-03-09T19:25:38+00:00 09.03.2011 20:25
*****************
wah jetzt hat animexx die hälfte meines Kommentars gfressen; Gott sei dank, schreibe ich die Kommentars vorher in Word und muss nicht nochmals alles abtippen. hehe ich bin dir voraus Animexx. *ggg* fg+
Also hier der zweite Teil:
*******************

Hmm… aber irgendwie muss ich auch sagen, wirkte das Kapitel, wie die Ruhe vor dem Sturm, es ging alles irgendwie zu glatt vor sich, Kanda-kun ging auf Lavis Vorschläge ein ohne groß zu murren (obwohl es ist Yu-chan ein bisschen murren ist immer dabei), er tolerierte die Menschenansammlung beim Schachspielen einigermaßen, zumindest so lange er sich auf das Spiel konzentrierte.. hmmm…du hast sicher irgendwas im Sinn …in den kommenden Kapitel. *_________* ich sehe es irgendwie kommen und freue mich darauf.

Ansonsten komme ich mit meinen Feedback nun zum Ende. Es war wieder ein großartiges Kapitel, ich mag auch die Art und Weise, wie du die Story aufbaust, alles geht schön, logisch nachvollziehbar und langsam voran, die Gefühle und Handlungsweisen der Charaktere sind äußerst nachvollziehbar und die Handlung bleibt weiters auf einen hohen Niveau. Es haben sich bei diesen Kapitel ein paar Rechtsschreibfehler bzw. Tippfehler eingeschlichen, aber ich dürfte eigentlich nichts sagen, meine Kommentare enthalten solche nämlich oft auch. ^_____^````

Vielen Dank für dieses Kapitel.

glg Sarah-sama


Von: abgemeldet
2011-03-09T19:22:54+00:00 09.03.2011 20:22
hey :-)

Du versorgst uns Leser ja schnell mit neuen Kapiteln. Hach wie ist das lesen derer eine Freude für mich, besonders da ich jetzt dank Grippevirus ans Bett gefesselt bin. Also falls meine Kommentare ein wenig wirr klingen, es ist das Fieber, aber nachdem ich das neue Kapitel nahezu verschlungen habe, musste ich es einfach kommentieren.

Also da gab es wieder einmal sehr viel was ich an diesem Kapitel mochte. Erstmals liebte ich es, dass Lavi in die Offensive ging und Kanda nicht sich selbst überlies. Ich liebte die Szene als er ihm den Baldrian Tee brachte, hehe und Kanda, wie er nun mal ist bedankte sich nicht einmal. ;-) Naja so ist unser lieber Yu-chan nun mal, ich muss sagen du beschreibt seinen Charakter wirklich gut, seit Anfang an, als du die ersten Kapitel hochgestellt hast, blieb er meiner Meinung nach immer in Charakter. Und ich liebe Lavis Masterplan, Kanda zu zeigen, dass sich jemand um ihn sorgte, ihm helfen wollte und es auch tatsächlich tat. Lavi ist wie schon gesagt ein schlaues Füchsen. hehe

Ich fand auch Lavis Idee mit dem Vitamingetränk gut, wenn Kanda schon nichts Festes an Nahrung zu sich nimmt sollte er wenigstens so was Gesundes trinken. Ich mochte auch, dass Lavi und sein Schützling zusammen frühstückten, obwohl Kanda ja irgendwie nicht so begeistert davon schien und hach du beschriebst so wundervoll wie Kanda mit seinen Essen spielte und das Müsli zu Matsch verarbeitete, dennoch aber den Willen zeigte etwas an seiner Lage zu ändern, indem er sich das Getränk und ein Müsli überhaupt auf den Teller tat.


********FANGIRL MOMENT********
Hach und ich hatte wieder meine Fangirl-Moments in diesen Kapitel, Lavi kümmert sich so rührend um Kanda, Kanda mit offenen Haaren, mit Dutt hach…und ganz legere beim lesen. ^_____________^ Man, ich könnte da Stunden über unseren hübschen, fragilen Yu-chan fangirlen hehe – so genug jetzt – weiter mit meinen Feedback, zuviel Fangirl Gekreische ist nie gut hehe und ich will ja unsere verehrte und begabte Autorin nicht nerven *ggg+ ^_____________- Außerdem finde ich es ja selbst, äußerst unfair den Autor gegenüber, wenn Fanfic-Kommentare wirklich nur aus Gekreische und ohhhh das ist süß bestehen. ^____-
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Du hast dich wirklich mit den Charakter Kanda auseinandergesetzt, den Schach ist wirklich das perfekte Spiel für ihn um die Zeit zu vertreiben, dass strategische, vorausschauende Denken hat Kanda-kun wirklich in sich. Ich freue mich auch, dass Kanda-kun Lavis Rat wirklich annimmt und das tut was Lavi ihm sagt. Ich denke gerade in solch einer Situation der Hilflosigkeit und Perspektivlosigkeit, in welcher sich Kanda zurzeit befindet, ist es gut jemanden zu haben, der einen führt, einen stützt und zur Seite steht und Lavi-kun macht das ja wirklich äußerst gut. Ich freue mich auch, dass Bookman Lavi ein wenig mehr Zeit zur Verfügung stellt, Lavi ist keine Maschine um seine volle Arbeit erledigen zu können und daneben noch Yu-chan zu helfen.

Ich wollte auch noch sagen, obwohl ich glaube ich habe es schon öfters erwähnt, dass du sehr gut Gefühle und Stimmungen beschreiben kannst, sei es Müdigkeit, Angst, Apathie, irgendwie ist bei dir alles so fließend und du lässt den Leser in deine Welt eintauchen und man blendet alles andere um sich aus und kann sich ganz auf diese komplexe Geschichte konzentrieren. ;-) Dies schaffen echt nur wenige Geschichte, mich derart zu fesseln und in letzter Zeit eigentlich nur deine.



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