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Tell me the best way I could kill you & Back to reality

~ Yu Kanda x Tyki Mikk~
von

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~7~

Lange blieb er dort sitzen, bevor er seinen Spaziergang fortsetzte, den Mittag unbeachtet an sich vorbeiziehen ließ und sich mit dem Vorhaben befasste. Es tat gut… er kam in den alten Genuss des Optimismus. Mit Lavi stand ihm keine Herausforderung bevor. Nur eine andere und die Stunden waren wie im Flug vergangen, als er sich zum Gebäude wandte.

Nachmittag, also… er würde es hinter sich bringen. Sich zeigen, sagen, was er zu sagen hatte und Tiedoll anschließend wieder dem Amüsement der Party überlassen. Es war wohl wirklich leichter, sich einfach zu stellen. So oder so würde Tiedoll ihn finden.

Eine andere Entscheidung war getroffen und so kehrte er zurück. An den Wachen schob er sich vorbei und in das Innere des Hauptquartiers, rückte sich das Hemd zurecht und machte sich auf den Weg.

Eine Willkommensparty… hoffentlich traf er ihn außerhalb, damit er all das gar nicht erst zu ertragen hatte. Es war belastend. Erst recht, als er schon den Tumult im Treppenhaus vernahm.

Lachen, das Klirren des Geschirrs und das Stimmengewirr. Es drang von weitem an seine Ohren und unbewusst wurden seine Schritte langsamer, je mehr er sich näherte. Er musste wohl wirklich hinein. Langsam öffnete er die angelehnte Tür, schöpfte tiefen Atem und lugte argwöhnisch zu der ellustren Gesellschaft.

Die Wissenschaftler freuten sich natürlich über diese Pause. Wenn es nach ihnen ging, könnten wohl jeden Tag neue Exorzisten eintreffen oder Geburtstage gefeiert werden. Der Champagner sprudelte, lachend standen sie beieinander und Jerry rupfte genüsslich an einer Hühnerkeule, während Johnny redete und quatschte und etwaige Müdigkeit vergessen zu sein schien. Geduckt schob sich Kanda zur Seite, nutzte die Abgeschirmtheit der Mitarbeiter und den äußeren Rand des Saales. Verstohlen lugte er zur Masse und erreichte die mit zahlreichen Speisen gedeckten Platten. Die Köche hatten ganze Arbeit geleistet und er verfing sich in einem kurzen Zögern, bevor er sich dazu entschloss, sich trotzdem zu bedienen. Das Mittagessen war ausgefallen und des Weiteren machte er den Anschein, beschäftigt zu sein, wenn er aß. Es schützte ihn also davor, von irgendwelchen Leuten angesprochen zu werden. Sich die Gerichte betrachtend, schlenderte er so an den Platten entlang. Das Umfeld entging ihm vollends, als er nach einem Wasser griff, sich über eine seltsame Soße beugte.

„Kanda…“

Ein ungläubiges Hauchen. Ganz in seiner Nähe und er hielt inne, blickte auf. Soviel zu seiner Hoffnung. Auf der anderen Seite der Platte stand Crowley und starrte ihn an. Für kurze Zeit entrüstet, entschied er sich jedoch schnell dazu, sich zu freuen. In nicht weiter Entfernung stand auch Miranda. Nervös rieb sie die Hände aneinander, als sie sich nach dem Geschirr umsah.

„Das ist ja schön, dass du auch kommst!“ Crowley war wirklich gerührt und wahrhaft war diese Tatsache unglaublich. Nichts, womit man rechnete.

„Oh!“

Als ob es noch nicht genügte, standen ihm plötzlich auch Leenalee und Allen gegenüber. Mit erhobener Hand musste auch die junge Frau erst realisieren, was sie sah, während ihr Nebenmann nicht dazu imstande war, ein Wort zu verlieren. Mit vollen Wangen kaute er, sah sich kurz auf den Tischen um und trug eine kleine Platte mit Braten davon. Schmunzelnd sah Crowley ihm nach und Kanda rümpfte die Nase.

„Du kommst ja wirklich.“ Leenalee’s Freude stand der anderen in nichts nach. „Bist du schon lange hier?“

Kopfschüttelnd wandte sich Kanda wieder der Suche zu.

„Wo sind die Teller…?“ Verwirrt starrte Miranda um sich und Crowley seufzte.

„Dass du mal kommst, um einen Neuen zu begrüßen… das finde ich toll“, fuhr Leenalee da fort und Kandas Miene zuckte irritiert, als er kurz inne hielt.

Was ging in dieser Frau vor?

Wen, dachte sie, hatte sie vor sich?

„Magst du ihn mal kennen lernen?“ Grinsend griff Leenalee nach einem Glas Saft und Kanda blähte die Wangen auf, konnte sich nicht entscheiden. „Er steht da drüben…“, wo sie hinwies, darauf achtete Kanda nicht, „… bei Tiedoll und Komui. Ist ganz nett, wirst du sehen.“

„Ts.“ Das war so albern, dass Kanda sich ihrem Grinsen flüchtig anschloss. „Kein Interesse.“

Wenn man sich ganz gegen ihn stellte, würde er wohl so oder so irgendwann in den Genuss kommen, mit ihm zusammenarbeiten zu müssen.

Doch Tiedoll war also wirklich hier…

„Ah.“ Crowley begriff es und reckte verschmitzt den Zeigefinger. „Ich denke eher, dass er nur hier ist, um Essen abzustauben.“

Das stimmte wohl… und ihm gegenüber wurde gelacht.

„Sei’s drum“, winkte Leenalee ab. „Der Neue wird wohl auf ewig der Einzige bleiben, bei dessen Party Kanda dabei war.“

„Die Teller…!“, ächzte Miranda wieder und diesmal wurde Crowley darauf aufmerksam. Sofort eilte er davon, um der Frau eine Hilfe zu sein und Leenalee nippte an dem Saft.

„Also dann“, strebte sie den Abschied an und Kanda wurde auf eine Obstschale aufmerksam. „Du kannst ja mal ‚Hallo’ sagen. Der Marshall freut sich bestimmt auch sehr darüber.“

Somit winkte sie, wandte sich ab und ging. Nur flüchtig sah Kanda ihr nach, bevor er nach einem Stängel Weintrauben griff. Richtigen Appetit hatte er nicht… außerdem müsste er länger bleiben, wenn er sich etwas Großes aussuchte. Natürlich war er auch nicht um die Aufmerksamkeit herumgekommen. Es war zu erwarten. Er war nun einmal ein Phänomen auf solchen Veranstaltungen und nahm sich vor, das auch zu bleiben. Nur in Zukunft wieder ein auswärtiges Phänomen. Ganz sicher. Dieser Tumult war ihm wirklich zuviel und so behielt er seinen Plan bei. An der kleinen Flasche nippend, schob er sich an den Tafeln vorbei.

Komui also auch… heute blieb ihm auch nichts erspart. Weshalb musste Tiedoll nur so gesellschaftlich und redselig sein, dass man immer sofort mit einer ganzen Masse zu tun hatte, obwohl man nur auf ihn aus war?

Er drängte sich an einer Gruppe von Findern vorbei, wendete das Getränk im Mund und die Weintrauben in der Hand. Viele Blicke blieben an ihm hängen… viel Ungläubigkeit und er wurde schnell fündig.

Tiedoll’s Stimme hatte ihn verraten und sie erhob sich genießerisch und doch mit der ihm eigenen Ruhe, während er mit den Händen gestikulierte, eine ganze Gruppe unterhielt. Und natürlich trank er keinen Champagner. Er bewegte eine Flasche Limonade vor sich, während er erzählte und lachte. Mit erhobenen Augenbrauen lauschte ihm Komui, Leenalee kicherte über die Erzählung und Bookman nippte an einem Rotwein. Auch Allen stand dabei. Auf seinem Unterarm das Tablett, von welchem sich auch Tiedoll nebenbei bediente. In nicht allzu weiter Entfernung hatten sich auch die Wissenschaftler eingefunden, doch Kanda wurde eher auf ein Gesicht aufmerksam, das er nicht kannte. Ein Mann… die Musterung war zu kurz, um mehr herauszufinden und er verfing sich in keinem Zögern, als er nähertrat. Mit den Zähnen zog er eine Traube vom Stängel, als er sich unwillig bei der Gruppe einfand, diese Abneigung jedoch mit der gewohnten Mimik überspielte. Kauend fand er eine Lücke und sofort wurde man auf ihn aufmerksam.

„Na… huch?“ Komui legte den Kopf schief, Leenalee war entzückt und Allen fischte konzentriert nach einem kleinen Bratenstück. „Ein Ehrengast. Grüß dich, Kanda.“

Er schien wirklich erfreut, völlig entspannt, als er den Champagner hob und nur einen flüchtigen Blick erntete. Lieber, als sich stundenlang gegenseitig zu begrüßen, wollte sich Kanda auf das Nötige konzentrieren und so schluckte er hinter, wandte sich zur Seite und…

„Na, sieh mal einer an.“ Ein kameradschaftlicher Schlag traf seine Schulter, als Tiedoll ihm zuvor kam. „Da sieht man sich mal eine Weile nicht und plötzlich hast du die Beglückung durch Partys und lustigem Beisammensein für dich entdeckt?“ Freudig wandte er sich an Komui, wies mit einem Nicken auf den jungen Mann, der die Miene verzog, als wären die Trauben zu sauer. „Was habt ihr nur mit ihm gemacht?“

Komui antwortete mit einem verschmitzten Schulterzucken und Leenalee kam nicht mehr aus dem Lächeln heraus, während Allen begierig weiterkaute.

„Nimm’s mir nicht übel, Kanda.“ Wieder stupste Tiedoll den jungen Mann an. „Ich freue mich, dich mal wiederzusehen. Bei meinen letzten beiden Besuchen warst du leider immer unterwegs.“

>Diesmal leider nicht.<

„Wie geht es Ihnen?“, erkundigte er sich stattdessen und den Neuen mit der ihm eigenen Perfektion unbeachtet lassend.

„Wie könnte es mir schlecht gehen?“ Lächelnd hob Tiedoll die Limonade und Kanda nickte. Komui wichen seine Augen dabei aus und lieber starrte er an ihm vorbei und zu Jerry, der die perfekte Anordnung der Speisen überprüfte.

„Ups?“ Überrascht sah Allen einem Hühnerflügel nach, der das Fliegen gen Boden noch immer beherrschte. Sofort ging er in die Knie und nun tauchten auch Miranda und Crowley auf. Samt Tellern.

„Ach, darf ich dir jemanden vorstellen?“, wandte sich Tiedoll unterdessen wieder an Kanda, der auf den Hühnerflügel starrte, der den eiligen Fingern des Jungen permanent entflutschte.

„Komm schon…!“

„Das ist Adam. Ich entlasse ihn heute meiner Obhut.“ Schmunzelnd wandte er sich an Komui. „Kümmern Sie sich gut um ihn.“

„Natürlich…!“, bezeugte Komui sofort mit geweiteten Augen. Er war nun wirklich kein Mensch, der Mitarbeiter drangsalierte.

Und der Hühnerflügel entwischte wieder…

„Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ Nur beiläufig nahm er die Hand wahr, die sich ihm entgegenstreckte… bevor er eine weitere Traube mit den Lippen zu fassen bekam und sich kauend umsah.

„Daran wirst du dich gewöhnen müssen“, ließ Allen kurz feixend von seinem Kampf ab und auch Leenalee lachte erneut.

„Tut mir leid…!“, plötzlich tauchte ein schnaufender Lavi bei ihnen auf. Außer Atem, suchte er Halt an Crowleys Schulter und stemmte sich auf die Knie. Und im Gegensatz zum Neuen, zog er sofort Kandas Aufmerksamkeit auf sich. Verstohlen starrte er ihn an, als er den Kopf senkte. „… habe mich beeilt… konnte nicht früher…!“

„Jetzt beruhig dich erst einmal.“ Kopfschüttelnd hob Komui den Champagner zum Mund. „Hier wird keine Hektik verbreitet, nur gefeiert, verstanden?“

„Magst du eine Keule?“ Von unten wurde Lavi das Tablett entgegengestreckt und Kanda wandte sich ab.

„Marshall, schön, Sie wiederzusehen.“ Flüchtig winkte Lavi die triefenden Hühnerkeulen weg und richtete sich auf.

„Oh Lavi, ich freu mich auch.“ Sofort wurden Hände geschüttelt und Kanda fischte mit der Zunge nach einem Kern. „Darf ich vorstellen?“

„Ach, natürlich.“

Endlich bekam Kanda den Kern zu fassen und schöpfte tiefen Atem.

Reichte das endlich?

Konnte er jetzt gehen?

Er versuchte es einfach mal.

Lustlos hob er das Fläschen, wandte sich langsam ab.

„Ich werde dann mal…“

„Warte.“ Tiedoll reagierte schnell. „Du willst schon fort? Lass uns doch noch etwas miteinander sprechen.“

Und ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich an die Gruppe.

„Ihr entschuldigt kurz?“

Mit einem tiefen Atemzug rang Kanda um Beherrschung. Er hatte es befürchtet… und presste die Lippen zusammen. Nur flüchtig wurde Komui darauf aufmerksam, bevor er winkte.
 

„Mm…!“ Fasziniert kaute Tiedoll auf einer undefinierbaren Delikatesse. Er hatte Kanda vorerst zurück zu den Platten geführt und während er begeistert nach einem weiteren Stück griff, beschäftigte sich der andere lieber mit den Trauben. Und das überaus lustlos. Dieser allseitige Lärm begann allmählich wirklich an ihm zu zehren. Es war ihm unangenehm, hier zu stehen und er scheute jede Anstrengung, das zu verbergen.

„Und das ist alles, was du essen willst?“, wurde Tiedoll plötzlich auf die Trauben aufmerksam und überrumpelt folgte Kanda seiner Beobachtung. „Walker warst du noch nie ähnlich, was Essangewohnheiten angeht, aber…“, er musterte ihn von Kopf bis Fuß, ließ endlich von der Platte ab, „… etwas mager siehst du aus. Isst du ordentlich?“

Mit größter Hingabe verdrehte Kanda die Augen, doch Tiedoll nahm es entspannt hin.

„Na, dann bin ich ja beruhigt“, seufzte er und kam nicht umhin, sich doch noch ein Stück unter den Nagel zu reißen. Und mit diesem Stück setzte er sich in Bewegung.

„Lass uns woanders hingehen“, murmelte er dem anderen zu, als er bequem an ihm vorbeizog. „Irgendwo, wo es ruhiger ist.“

Eine geringe Erleichterung, in der Kanda ihm folgte. Der Rest der Trauben wurde nachlässig auf eine Platte geworfen.
 

„Na, hier verändert es sich auch nie, oder?“ Im Treppenhaus angelangt, stemmte Tiedoll die Hände in die Hüften. Neben ihm blieb Kanda stehen, versenkte die Hand in der Hosentasche und schwenkte das Wasser im Fläschen. „Gerade hier in dieses Treppenhaus könnte man so schöne Farben einbauen.“

Unentschlossen schürzte Kanda die Lippen, starrte auf das Fläschchen.

„Lebendige Farben“, begann Tiedoll daraufhin zu philosophieren und streckte die Arme von sich. „Verstehst du, Farben, die man sieht, wenn man seinen Raum verlässt… die Kraft und Entschlossenheit verleihen, den Tag in Angriff zu nehmen.“

„Warum sollte man so was brauchen.“ Kanda blähte die Wangen auf und irritiert wurde zu ihm gelugt.

„Kraft und Entschlossenheit?“

„Die Farben.“ Sofort schüttelte Kanda den Kopf und als seine Augen ziellos zur Seite drifteten, wurde er flüchtig von oben bis unten gemustert.

„Mm.“ Bequem schöpfte Tiedoll Atem, lehnte sich gegen das Geländer und nahm seinen ehemaligen Schützling weiterhin herzlich in Augenschein. Über gewisse Dinge konnte man mit diesem einfach nicht reden. „Und du hast in letzter Zeit viel zu tun gehabt?“, erkundigte er sich.

„So einiges.“ Nickend nahm Kanda erneut das Fläschchen in Augenschein, wippte auf den Ballen.

„Ich konnte es kaum glauben, als ich hier fast alle der Exorzisten antraf.“ Seufzend wandte sich Tiedoll zum Abgrund, stemmte das Kinn in die Handfläche. „Es kommt doch selten vor, dass ihr gemeinsam hier seid, oder?“

„Mm-mm“, ertönte es hinter ihm nur.

„Aber es ist auch mal schön“, schwelgte Tiedoll weiter. „Wir Menschen sollten jeden Augenblick des Lebens auskosten. Genießen, wie einen edlen, unbezahlbaren Tropfen, der uns nur ein einziges Mal in die Hände fällt. Und am besten genießt man so etwas ohne Frage gemeinsam.“

Kanda holte tief Luft, begann ziellos zu spazieren. Zur einen Seite, zur anderen, bis er stehen blieb.

„Von wo aus sind Sie gekommen?“, stellte er endlich eine Gegenfrage und Tiedoll kehrte dem Geländer den Rücken.

„Aus Griechenland“, verriet er und seufzte bei der Erinnerung. „Ich sage dir, dort gibt es idyllische Landschaften, wie du sie noch nicht gesehen hast.“

Das hatte er wirklich nicht… obgleich er dort schon dreimal war. Er rümpfte die Nase und Tiedoll gab sich einem leisen Lachen hin.

„Ich sehe schon, du hast immer noch keinen Bezug dazu, doch man sollte alles wertschätzen, was Gott den Menschen gibt.“

„Ts.“ Bevor Kanda sich dessen bewusst sein konnte, ergab er sich einem sarkastischen Grinsen, schüttelte den Kopf und sofort hob Tiedoll die Augenbrauen.

„Du grinst?“

„Nein…“, überfordert schüttelte Kanda den Kopf auch weiterhin, blickte zur Seite. Das Grinsen erlosch unsicher. „… nein…“

„Ah.“

„Ich habe gehört, dass Sie noch vor einer Woche in Amerika waren. Sie machen große Sprünge.“

„Mm.“ Die Augen noch lange auf Kanda gerichtet, wandte sich Tiedoll ab, begann zu schlendern. „Das ist ein schöner Aspekt meiner Arbeit. Um nicht zu sagen, der Schönste. Es verschlägt einen schon an die tollsten Orte. Aber du kommst auch nicht gerade wenig herum.“

„Das muss man“, antwortete Kanda, der sich neben ihm einfand.

„Ja“, diese Meinung schien den Älteren nicht glücklich zu stimmen, „… das muss man wohl.“ Er rieb sich den Schnauzer, nachdenklich schweiften seine Pupillen zur Seite und plötzlich hielt er inne. „Ah.“ Seine Mimik erhellte sich und irritiert verfolgte Kanda, wie er zu werkeln begann, sich den Rucksack von den Schultern zog. „Ich möchte dir eines meiner Werke schenken“, erklärte er, als er ihn öffnete und zu suchen begann.

„Bitte…?“ Kanda traute seinen Ohren nicht und zu spät wurde er sich der mangelnden Begeisterung in seiner Stimme bewusst.

„Ja.“ Tiedoll schien es nicht zu stören. „Es ist nur eine Skizze aber irgendwie musste ich an dich denken, als sie fertig war. Moment… wo habe ich sie nur?“

Unentschlossen verfolgte Kanda seine Bewegungen, sein Mund verharrte leicht geöffnet und dennoch stumm.

„Ich weiß, dass du kein Künstler bist und dein Interesse andere Gebiete betrifft.“ Schmunzelnd illerte Tiedoll in den Rucksack, suchte weiter. „Weißt du es noch? Wie erzürnt warst du früher immer über meine Lieblingsbeschäftigung.“

„Nur während meiner Übungsstunden“, erinnerte sich Kanda dunkel und runzelte die Stirn.

„Ah, da ist es.“ Somit zog Tiedoll ein gefaltetes Pergament hervor, kam auf die Beine und stieß ein leises Seufzen aus. „Wenn ich dich um eines bitten darf. Bitte nutze es nicht, um es unter ein kippelndes Tischbein zu schieben oder um etwas anzuzünden.“ Und er reichte es ihm.

Kanda hatte noch immer nicht zur Begeisterung gefunden, als er es entgegennahm, das Fläschchen zwischen Arm und Brust klemmte und sich daran machte, es zu entfalten. Doch eine simple Handgeste Tiedoll’s genügte, dass er inne hielt.

„Warte noch“, bat der Ältere schmunzelnd und Kanda starrte auf das Pergament zurück. „Schau es dir an, wenn du alleine bist und nimm dir Zeit dafür.“

Gut…

Er nickte, ließ es sinken. Die Neugierde war ehrlich gesagt auch nicht gerade unerträglich.
 

Bald darauf trennten sie sich voneinander. Das Gespräch entpuppte sich als entspannt und befasste sich weniger mit ernsthaften Themen als mit der Freude des Mannes, vertraute Gesichter wieder zu sehen. Kaum Fragen… es fiel Kanda leicht und dennoch war es ihm auch angenehm, als sie sich verabschiedeten und er sich auf den Weg zu seinem Zimmer machte. Tiedoll hingegen, ließ sich erneut zu jener Feier ziehen.
 

Mugen lag noch immer dort, wo er es zurückgelassen hatte. Eine unbeendete Arbeit erwartete ihn und irgendwie tat es gut, sich weiterhin damit befassen zu können. Das Pergament landete nachlässig auf dem Bett und das Wasser wurde auf dem Tisch abgestellt, an welchem er sich niederließ. Das letzte Tageslicht würde er nutzen, um sich der Pflege seiner Waffe hinzugeben und bequem nahm er das Tuch an sich, zog Mugen näher.

Es war nicht brenzlig gewesen, nicht unangenehm. Anders, als er es sich vorgestellt hatte. Das Tuch fand seinen alten Platz auf der Klinge und wieder streckte er die Beine von sich, verfolgte das Treiben seiner Hände aufmerksam mit den Augen. War er seinen Pflichten also nachgegangen, ohne Fragen aufzuwerfen?
 

„Oh.“ Tiedoll rückte vor Schreck an seiner Brille, als er eine weitere Köstlichkeit auf der Platte entdeckte. Mit einem Blinzeln überzeugte er sich von der Wahrheit, griff sogleich nach einer Gabel und machte sich an einem Salat zu schaffen.

„Hast du schon den Braten gekostet?“ An Leenalee gewandt, traf Komui neben ihm ein. Begeistert winkte er zu einer Platte und die junge Frau räusperte sich amüsiert.

„Allen hat mich gezwungen.“

„Na, so etwas Ungehobeltes.“ Somit stellte Komui das leere Champagnerglas auf dem Tisch ab, rieb sich die Hände und sah sich um. „Was nehme ich denn noch…“

„Ich glaube“, hob Leenalee nachdenklich an, bettete den Zeigefinger an den Lippen, „ich koste mal die Suppen, die Jerry gezaubert hat.“

„Ja, natürlich, mach das.“ Komui winkte ihr liebevoll, als sie davonging. „Lass es dir schmecken… aber verbrenn dir nicht die Zunge. Hörst du?“ Er legte die Hände an den Mund, neben ihm kaute Tiedoll. „Die sind ziemlich heiß! Sei bitte vorsichtig!“

Da war seine Schwester auch schon verschwunden und er seufzte, langte nach der Obstschale. Neben ihm beugte sich Tiedoll zu einigen kleinen Schälchen und Komui versuchte einige gehässige Stückchen Mango voneinander zu lösen. Kurz hielt die Stille zwischen ihnen an und Tiedoll füllte sein Schälchen.

„Was ist mit Kanda passiert.“ Annähernd beiläufig erhob er die Stimme und Komui schürzte die Lippen, blieb neben ihm stehen. „Er sieht beinahe genauso furchtbar aus, wie er sich verhält.“

„Er macht gerade eine schwere Zeit durch.“ Er zupfte die Stückchen auseinander, ließ eines im Mund verschwinden. Nur leise antwortete er, kehrte der Heiterkeit flüchtig den Rücken. „Wir kümmern uns bereits darum.“

„Ihr ‚versucht’ euch zu kümmern“, verbesserte Tiedoll und drückte den Salat mit der Gabel tiefer in die Schale.

Erwischt.

Komui stieß einen geräuschvollen Atem aus.

„Ja“, musste er ihm beipflichten. „Aber ich denke, wir haben gerade die nötige Zeit, etwas zu bewegen.“

„Das dachte ich mir.“ Tiedoll nickte. Die Gabel fand ihren Platz auf der Ablage. „Deshalb war ich keiner, der Fragen gestellt hat.“

„Sie können mich fragen.“ Abermals lehnte sich Komui zum Obstkorb. In ihren Rücken zogen lachend Allen und Lavi vorbei und kurz sah er ihnen nach. „Nur weiß ich leider nicht sehr viel.“

„Ich wüsste nichts, was ich noch wissen müsste.“ Tiedoll betrachtete sich eine Erdbeere, hob die Brauen und ließ sie im Mund verschwinden. „Ich spiele nicht mehr die Rolle, die ich früher für ihn gespielt habe und möchte mich auch nicht in Ihre Angelegenheiten einmischen. Nur, dass das Mögliche getan wird… dessen will ich mir sicher sein.“

„Das können Sie.“ Somit wandte sich Komui ihm zu, stemmte sich auf den Tisch und erhielt sofort dieselbe Aufmerksamkeit. „Nur leider ist das nicht nur von uns abhängig.“

„Darin sehe ich die gewisse Problematik.“ Flüchtig ließ Tiedoll die Gabel im Mund verschwinden. „Ich bin mir sicher, Ihre Seite ist es nicht, der es an Beherztheit fehlt. Doch ich habe Kanda nicht als einfältigen Menschen kennen gelernt. Üben Sie sich in Geduld und vertrauen Sie darauf, dass er Ihnen entgegen kommt. Irgendwann…“, er zuckte mit den Schultern, „… wenn auch spät.“
 

Nach einer letzten akribischen Begutachtung wurde der Lappen bei Seite gelegt und ein kleines Fläschchen aus dem Kasten genommen. Vollends in die Arbeit vertieft, zog er auch die Watte hervor und begann sie zu formen. Kurz drifteten seine Augen zur Klinge zurück.

War sie auch wirklich sauber?

Er beugte sich nach vorn, verengte die Augen und fand trotzdem nichts. Es musste genügen und bald darauf tränkte er die Watte in der Pflegeflüssigkeit, rückte sich auf dem Stuhl zurecht… und hielt inne. Da kam ihm etwas in den Sinn und sein Gesicht verzog sich sinnierend, bevor er es umwandte, zu dem Bett spähte. Das Pergament… ein seltsames, unerwartetes Geschenk.

Die Watte zwischen den Fingern, starrte er es auch weiterhin an, schürzte die Lippen. Gut, nun konnte er es sich eigentlich mal anschauen. Also wurde die Watte zurückgelegt und kurz darauf ließ er sich mit dem Pergament auf den Stuhl zurücksinken. Eine Zeichnung, die sich mit ihm verbinden ließ? Gemächlich faltete er das Papier auseinander, breitete das Bild aus und betrachtete es sich.

Keine Regung der jungen Miene machte auf die mögliche Meinung aufmerksam. Annähernd ausdruckslos besah er sich die kunstvolle Zeichnung, knisternd wendete er das Papier bald darauf auch in der Hand, betrachtete es sich von nahem. Herausgefunden, was diese Skizze zu bedeuten hatte, hatte er recht schnell und doch schien sich deshalb nicht sehr viel zu verändern. Unschlüssig drehte er das Papier, legte den Kopf schief… und rümpfte die Nase.

Ah, interessant.

Somit verlor er scheinbar auch schon das Interesse. Das Papier fand seinen Platz neben ihm auf dem Tisch und mit der alten Vertieftheit machte er sich abermals an der Watte zu schaffen.
 

„Ich kann nicht mehr…!“ Ächzend suchte sich Lavi Halt auf dem Tisch, stemmte sich zwischen den unzähligen Tellern ab und ließ den Kopf hängen. „Ich kapituliere…!“

„Was?“ Ihm gegenüber wurde ein Spieß sinken gelassen. Allen wirkte annähernd entrüstet, während er seinen Rivalen anstarrte. „Du hast erst vier Spieße gegessen! Ich dachte, du wärst ein würdiger Gegner!“

„Mach keine Witze… als ob dir jemand würdig wäre!“

„Wieso stimmst du dann zu?“ Säuerlich verzog der andere das Gesicht, wendete den Spieß in der Hand und machte sich an ihm zu schaffen. „Wirkliff, Lavi… daff entäuft mif!“

Unter einer trüben Grimasse kämpfte sich Lavi in eine aufrechte Haltung. Sein Auge kreiste überfordert, nachdem er ein weiteres Mal zu dem Berg aus abgefressenen Spießen lugte, doch eine Hand, die seinen Ärmel zu fassen bekam, holte ihn aus der Demütigung des Verlierens.

„Lavi…“ Der Rotwein schien bereits bis zum letzten Tropfen genossen. Die Hände auf dem Rücken umschlossen, hatte Bookman ihn aufgespürt und kauend lehnte sich Allen an Lavi vorbei, wurde ebenso auf den Besucher aufmerksam.

„Es ist Zeit, die Arbeit kann nicht ewig ruhen.“

„Was?“ Ungläubig rutschte Lavi in sich zusammen, Allen kaute unbehelligt weiter. „Komm schon, das kannst du nicht ernst meinen. Ich bin viel später gekommen, als du!“

Bookman runzelte die Stirn, nahm seinen Lehrling streng in Augenschein und dieser eine Blick genügte, um Lavi laut aufstöhnen zu lassen und zur Kapitulation zu treiben.

„Okay.“ Seufzend sank er in sich zusammen und lustlos winkte er Allen, bevor er Bookman nach draußen folgte.
 

*tbc*



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2011-03-06T07:27:04+00:00 06.03.2011 08:27
Ich hätte es schön gefunden wenn Tiedoll sich doch eingemischt hätte!
Immerhin kennt er Kanda voll gut und könnte sicher helfen.
Aber das bleibt wohl doch Lavi überlassen.
Von: abgemeldet
2011-03-05T13:51:25+00:00 05.03.2011 14:51
Froi ist da! *_______________________________________________________*
Ich find tiedoll einfach krass klasse!!
Von: abgemeldet
2011-03-04T14:36:14+00:00 04.03.2011 15:36
Ich liebe Tiedoll und find es geil dass er auftaucht in der Geschichte!! Ich glaube auch dass die beiden schon eine beziehung zueinaneder haben und ich fand es schön,als Tiedoll nachgefragt hat.Er kümmert sich also immernoch um kanda das find ich klasse. Toll fänd ich wenn er Lavi unter die Arme greifen würde dass würde bestimmt was bringen und dann wär Lavi auch nicht so alleie damit.
Von: abgemeldet
2011-03-02T17:59:27+00:00 02.03.2011 18:59
hey :--)

Guten Abend, wieder einmal ein äußerst interessantes und lesenswertes Kapitel. Leider kann ich dir erst jetzt einen Kommentar zu deiner Geschichte schreiben, da meine Tätigkeiten auf der Uni mich davon abhielten, deine wundervolle Geschichte zu lesen. Es freut mich wirklich sehr muss ich sagen, dass ich jeden Morgen und Abend ein Kapitel zu lesen bekommen, da hat man immer was auf das man sich freuen kann.

Nun zu diesem Kapitel. Ich fand das Gespräch zwischen Kanda und Tiedoll äußerst spannend. Obwohl Kanda-kun nunja wirklich nicht viel geredet hat, aber das sind wir schon gewohnt. Tiedoll hat gleich was gemerkt, dass Kanda nicht so recht er selbst war, obwohl ich denke jeder würde es merken, allein muss Kanda jetzt wirklich nicht gut aussehen, durch seine Appetitlosigkeit muss er ziemlich mager und dürr geworden sein, noch dürrer als sonst schon und auch seine Unfähigkeit auf seine Gesundheit zu achten muss dazu beigetragen haben, dass er wohl abgespannt und gehetzt aussieht. Aber ich kann ihn verstehen, wenn es mir nicht gut geht, krieg ich auch nie einen Bissen runter. Also sollte man ihn Ruhe lassen. (außerdem hab ich ein Faible für einen fragilen Kanda-kun – da kommt der Beschützerinstinkt noch mehr raus bei mir und auch wahrscheinlich bei Lavi-kun lool ; ) )

Auch das mit der Zeichnung war interessant. hmm.. bin ja gespannt was sie zu bedeuten hat. Ob Tiedoll genau weiß, was mit Kanda-kun passiert ist und wenn ja woher. Obwohl er hat irgendwie so ne Aura der Weisheit um sich. Ich fand es auch schön, zu hören, dass nach all der Zeit Tiedoll sich noch sehr um seinen Schützling sorgt.

Auch die Szene bei der Feier gefiel mir. Allen in seinem Element, wie kann man nur soviel verdrücken. hehe Irgendwie war das alles so idyllisch und friedlich, wie alle gemeinsam feierten und irgendwie auch befremdend, dass sich alle so freuten, obwohl sich jemand unter ihnen befand, denn es bei weitem nicht gut ging. Obwohl die anderen Wissen nicht, warum Kanda-kun so durch den Wind ist und sie freuten sich ja auch, dass er zu Feier kam.

So jetzt ist aber genug mit meinen Geschwafel. Danke nochmals, für dieses ausgezeichnete Kapitel.

glg Sarah-sama



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