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Mal ganz sorglos

Fanfics rund um die Sorglospunks
von

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Himmel und Hölle

Gerade hatte ich es endlich geschafft, mich durch den riesigen Stapel von Akten, Verträgen und den üblichen Briefen zu arbeiten. In der letzten Zeit hatte sich ganz schön was angehäuft, weil ich bei dem guten Wetter nicht im Büro versauern wollte.

Jetzt lag nur noch ein fein säuberlich an mich adressierter, goldener Umschlag auf dem Schreibtisch. Vorsichtig erbrach ich das Wachssiegel und las überrascht die Mitteilung. „Himmel! Herrgott! Nochmal!“, konnte ich mir dabei nicht verkneifen. (Was soviel bedeuten sollte, wie: Von denen da oben! Vom Senior persönlich! Schon wieder!!!)

Damit war es aus mit meinem schönen Faulenzernachmittag, für den ich extra so viel geschuftet und die ganze Post durchgesehen hatte. Das war ja mal wieder typisch.

Schnell schnappte ich mir meine Hier-ist-die-Hölle-los-Notfall-Tasche und eilte zum Fahrstuhl. In dieser Situation konnte mir nur eine sorglos punkige WG helfen.
 

Innerhalb weniger Augenblicke, schließlich hatte ich den Notfall-Turbo-Knopf gedrückt, schoss der Lift nach oben und ich stand vor der Tür der bekanntesten WG im Schwabenland.

Ohne darauf zu warten, dass Kiwi meine Ankunft ankündigte, stürmte ich ins Haus, denn es ging hier um kostbare Sekunden. Selbst Easy, die gerade aus der Küche zwecks Kaffeenachschubs kam und mich mit einem extra langen „Chiiiiiiiiii!“-Ruf begrüßte, konnte ich nicht bis zum zwanzigsten i kommen lassen.

Hektisch rief ich: „Wo sind die anderen? Ich muss dringend mit euch reden. Es handelt sich um einen absoluten Notfall!“

Okay, das klang dramatischer, als ich beabsichtigt hatte, aber dadurch hatte ich sofort Easys ungeteilte Aufmerksamkeit.

„Die sind alle im Garten“, erklärte sie ebenso hektisch und eilte mir voraus, wobei sie noch schnell Kiwi unter dem Küchentisch einsammelte, damit auch alle vollzählig waren.

Im Garten räkelten sich die übrigen WG-Bewohner auf Decken und Liegestühlen und genossen den sonnigen Nachmittag, wie ich es eigentlich auch vorgehabt hatte.

Easy baute sich mit der verwirrten Kiwi auf dem Arm vor der Decke auf und rief theatralisch: „Chi braucht unsere Hilfe bei einem absoluten Notfall. Also Schluss mit faulenzen!“

Chris hob dösig den Kopf und blinzelte gegen das Sonnenlicht an. „Ist das wieder so ein Notfall, wo wir kopflos in die Hölle marschieren und dann niemand gerettet werden muss?“

„Ich brauche wirklich eure Hilfe“, riss ich das Wort an mich. „Sogar ganz dringend.“

Jack legte ihre neuste Ausgabe des Magazins „Die moderne Blockflöte“ zur Seite und sah mich neugierig an: „Also ist es dieses Mal ein echter Notfall? Was können wir denn für dich tun?“

„Ich hoffe, dass es nichts mit den Furien zu tun hat“, murmelte Nifen skeptisch.

„Es hat nichts mit den Furien zu tun“, gelobte ich. „Und in gewisser Weise ist es tatsächlich ein Notfall, denn es kommt auf jede Minute an. Ich bitte euch am AJZHGHW teilzunehmen, damit wäre mir echt geholfen.“

„AJZHGHW?“, erkundigte sich Abranka aufgeregt. „Du meinst den AJZHGHW? Den echten AJZHGHW?“

Eine äußerst neugierige Frontfrau blickte von der Bandmuse zu mir und wieder zurück und schwor sich beim nächsten WWWB-Einkauf doch endlich mal das Lexikon der übernatürlichen Abkürzungen zu kaufen. „Was ist denn dieser AJZHGHW? Macht es doch nicht so spannend“, drängte sie ungeduldig.

„Also, der AJZHGHW, auch Alle-Jubeljahre-Zufalls-Himmel-gegen-Hölle-Wettbewerb genannt, findet, wie der Name schon sagt, alle Jubeljahre nach dem Zufallsprinzip statt. Zurückzuführen ist er auf den ersten himmlisch-höllischen Betriebsausflug zum Anbeginn der Zeit, als die kleinen Partyspiele zu erbitterten Wettkämpfen ausarteten“, erklärte ich schnell und wedelte mit dem goldenen Umschlag umher. „Heute habe ich die Mitteilung bekommen, dass der nächste Wettbewerb kurz bevor steht. Nach Erhalt des offiziellen AJZHGHW-Schreibens muss ich innerhalb einer Stunde fünf Teilnehmer finden, die mit mir in sieben zufälligen Disziplinen antreten. Und ich hoffe, dass ihr diese Fünf sein werdet.“ Erwartungsvoll schaute ich in die Runde und setzte meinen Betteldackelblick auf.

Mit den Sorglospunks hätte ich endlich wieder eine Chance den Pokal zu holen und müsste mir nicht immer die spitzen Bemerkungen von Petrus anhören. Schließlich heimsten die da oben schon seit Jahren den Pokal ein und ein gewisser Schlüsselklimperer musste das bei jeder Begegnung kommentieren.

„Ich bin auf jeden Fall dabei“, verkündete Abranka strahlend. Von einer sportbegeisterten Muse, die gerade einen Ersatz für die EM suchte, hatte ich auch nichts anderes erwartet.

Auch Easy war Feuer und Flamme: „Aber klar doch, das wird bestimmt eine Menge Spaß machen. Und Bommel wird unser Maskottchen sein, dann kann nichts schief gehen.“ Optimistisch und aufgedreht hüpfte sie wie ein Flummi durch den Garten, so dass Kiwi schon empört miaute und sich über Seekrankheit beschwerte.

„Was für zufällige Disziplinen wären das denn?“, hakte Chris vorsichtig nach. Ihm schwante mal wieder so etwas wie endlos in Asche rumkrabbeln und Erbsen zählen.

„Na ja…“, antwortete ich gedehnt. „Das weiß ich leider auch nicht. Die werden noch ausgelost, sonst wären sie ja nicht zufällig. Aber beim letzten Mal haben wir zum Beispiel Regen gemacht, Harfe gespielt und sind auf dem Styx gerudert.“

Das musikalische Multitalent hatte bei dem Wort Harfe aufgehorcht und war nun beinahe so begeistert wie ihre Zwillingsschwester: „Vielleicht werden diese Disziplinen auch so lustig. Es klingt jedenfalls spannender als faul im Garten rumzuliegen.“

„Na dann aufi!“, rief Easy und stellte sogar für einen Moment das wilde Rumgehopse ein.
 

Nach einer kurzen Vorbereitungsphase, die von Nifen genau überwacht wurde, waren alle notwendigen Dinge gepackt (schließlich musste man ja für jede Eventualität vorbereitet sein) und das Team Hölle hatte sich im Fahrstuhl versammelt. Ausnahmsweise war eine Fahrt mit dem Lift praktischer, da es ja nur nach oben ging. Und Baby zog nun mal festen Boden unter den Rädern vor, sonst hätte das teuflische Wunderauto garantiert schon vor der WG auf uns gewartet.

„Okay, wir fahren jetzt nach oben. Dieses Mal ist der Himmel der Austragungsort. Ihr kommt nur in den Besucherbereich hinein, also keine Entdeckungstouren!“, klärte ich mein Team auf. Der letzte Punkt war besonders an eine neugierige Frontfrau gerichtet. „Kommt ja nicht auf die Idee, das Paradies zu suchen. Da kommt man eh nur mit speziellen VIP-Einladungen rein. Und keine Panik, die da oben haben alles mit Wolken ausgelegt, aber die sind ein ähnliches Fabrikat wie Abrankas Musenwolke und ihr könnt problemlos darauf laufen. Ah, bevor ich es vergesse, ihr braucht noch eure Teilnehmerausweise.“

Weit unten in meiner Hier-ist-die-Hölle-los-Notfall-Tasche fand ich endlich die Plaketten. Inzwischen war ich genauso nervös wie die Sorglospunks, die ihrem ersten Besuch im Himmel entgegen hippelten. Für Touristen war es immer eine aufregende Sache nach oben zu kommen, aber für meinen Geschmack war es dort etwas zu langweilig. Und dieses ewige Harfengezupfe konnte schnell nervig werden.

Als der Fahrstuhl hielt, waren wir noch angespannter. Ich hoffte inständig, dass die diesjährigen Disziplinen nicht zu schwierig sein würden. Aber natürlich konnte ich mir nichts anmerken lassen, sonst wäre die sorgloseste Band nicht mehr ganz so sorglos beim Wettbewerb.

Vor den Fahrstuhltüren erstreckte sich eine silbrige Wolkenebene, so weit das Auge reichte. Überall hatten die himmlischen Gärtner Bäume und wundervolle Blumen angepflanzt und hier und dort standen Wolkenhäuschen, in denen die Engel lebten.

Beeindruckt schauten sich meine Teammitglieder um, so dass sie beinahe nicht die Gruppe von Seraphen bemerkten, die auf uns zuflogen. Selbst hier oben gab es einen ausgezeichneten Sicherheitsdienst. Allen voran landete Metatron, der himmlische Statthalter und Kopf des Sicherheitsdienstes, vor uns und nickte kurz. „Willkommen. Wir hatten schon eher mit euch gerechnet. Sag bloß, du hattest Schwierigkeiten, Teilnehmer zu finden“, meinte er spitzbübisch grinsend und raschelte mit seinen sechs Flügeln.

So eine Frechheit konnte ich nur damit quittieren, dass ich ihm die Zunge rausstreckte. „Püh, von wegen. Es haben sich Tausende darum gerissen mit mir am AJZHGHW teilzunehmen, aber ich trete nur mit den Besten an.“ Irgendwie endeten meine Himmelsbesuche immer damit, dass ich mich zu einem kleinen Wortgefecht mit diesem vorlauten Engel hinreißen ließ.

„Da bin ich aber mal gespannt“, grinste er noch breiter. „Dann folgt mir mal unauffällig zum Turnierplatz. Gleich werden die Disziplinen ausgelost.“

Also trotteten wir hinter unseren Reiseleitern her, während ich vor mich hin grummelte. Das fing ja gut an. Der Wettkampf hatte noch nicht mal angefangen und schon musste ich mir Bemerkungen über seinen Ausgang anhören.
 

Auf der Turnierwolke (Wiesen gab es hier ja nicht) waren beinahe der komplette Himmel und die ganze Hölle versammelt. Mit lautem Jubel aus der Teufelsfraktion zogen wir in die Arena ein. Easy verteilte sogar Luftküsse und winkte der Menge siegessicher zu.

Das himmlische Team stand bereits mitten auf dem Platz und sah eher wie ein Haufen begossener Pudel aus. Scheinbar waren sie nicht darauf vorbereitet, bei welchem Spektakel sie teilnehmen sollten. Direkt daneben stand der Oberboss persönlich, den ich auf Grund des ersten bis zweiten Gebotes nicht weiter beschreiben möchte. Aber so viel sei gesagt: Er benutzte garantiert die Heiligenscheinpolitur, die ich ihm zu Weihnachten geschenkt hatte.

Und wieder einmal wurde mir der Unterschied zwischen mir und ihm bewusst. Vor lauter Respekt blieben die Sorglospunks wie angewurzelt stehen. Also ging ich allein weiter und schüttelte dem Senior die Hand. Dem Teufel kann man ja süße Spitznamen geben, aber Gott kann man vor Ehrfurcht nicht einmal die Hand schütteln. Na ja, was soll’s…

In dem Moment erklang die Glocke der Jury und es wurde schlagartig mucksmäuschenstill. Die Auslosung der Disziplinen sollte endlich beginnen. Schnell eilte ich zu den Sorglospunks zurück und gemeinsam drückten wir die Daumen, dass die Aufgaben nicht zu schwierig werden würden.

Michael, der Erzengel mit einer Vorliebe für Politurwachs und Haarpomade, schritt zur Lostrommel. Erst jetzt beäugte ich kurz die Richterbank, denn bei jedem AJZHGHW wurden nicht nur die Disziplinen und der Austragungstag ausgelost, sondern auch die Jury. Neben Michael stand Petrus, aber zu meinem Glück entdeckte ich auch zwei sehr bekannte Gesichter bei den Juroren: Murphy und Oma. Okay, die Juroren mussten neutral bleiben, aber es kann ja nicht schaden, wenn die eigene Oma in der Jury sitzt.

Michael machte ein großes Tamtam darum endlich eine Nummer zu ziehen. Nach einigem Räuspern verkündete er: „176! Über das Wasser wandeln!“

Danach war Murphy an der Reihe. Mit seiner Pfote fischte er eine Loskugel aus der Trommel und rief: „345, der Plagenwettkampf!“ Dabei grinste er schelmisch.

Es dauerte ewig, bis alle Disziplinen ausgelost waren. Aber eigentlich waren es recht gute Aufgaben: Wolken hüpfen, die Apfelverführung, Schach, der Schwefellauf und eine Partie Himmel und Hölle.
 

Vor der ersten Disziplin beratschlagten wir uns noch einmal. Chris hatte einen Anflug von Panik, da er keine Ahnung hatte, wie er denn über das Wasser wandeln sollte.

„Nur keine Panik, darauf bin ich vorbereitet“, beruhigte ich ihn und wühlte in meiner Tasche herum. „Schnell, zieht die an, dann klappt das schon. Nehmt euch einfach alle bei der Hand.“ Mit diesen Worten warf ich jedem ein Paar geflügelter Schuhe zu. Wie gut, dass die Regeln übernatürliche Hilfsmittel nicht verboten.

Da erklang schon der Startpfiff. In Windeseile eilten die Sorglospunks zum See, der extra für solche Aufgaben angelegt worden war, und zogen die Sandalen über ihre Schuhe. Irgendwie sah das etwas lustig aus, wie sie versuchten, ihre Füße auf den Uferboden zu setzen, aber immer ein paar Millimeter in der Luft schwebten.

Das Team Himmel war noch damit beschäftigt, sich die Schuhsohlen mit dem neuen Anti-Wasser-Spray einzusprühen, das es seit kurzem im WWWB-Markt zu kaufen gab.

Den Vorsprung mussten wir nutzen. Schnell ergriff ich Easys Hand und lief auf das Wasser hinaus. Easy riss Jack hinter sich her, die wiederum Chris mitschleifte, der sich krampfhaft an Nifen klammerte, die noch schnell Abrankas Hand schnappte.

So taperten wir vorsichtig über den See, denn so ganz hatten sich die höllischen Teilnehmer noch nicht an die Flügelschuhe gewöhnt. Einzig für Abranka und mich war das über das Wasser Wandeln kein Problem. Als Teufel kann ich überall herum laufen und unsere Bandmuse thronte ja wassergeschützt auf ihrer Wolke, mit Kiwi auf dem Schoss, und ließ nur die Füße etwas ins Wasser baumeln.

„Ich hab doch gesagt, dass die Schuhe genial sind“, jubelte die aufgedrehte Frontfrau, während sie hinter mir über das Wasser eierte.

Von Chris war ein unwohles Stöhnen zu hören: „Ich glaube, ich werde seekrank. Schaukelt doch nicht so.“

„Dann beeil dich, damit wir schnell wieder am Ufer sind“, drängte Nifen. „Die anderen holen auf!“

Tatsächlich! Es hatte zwar etwas gedauert, bis das Spray trocken war, aber das Team Himmel war nun bereits dicht hinter uns und hatte nicht solche Schwierigkeiten beim Laufen. Sie kamen immer näher. Hektisch versuchte ich die anderen anzutreiben, aber leider machte sich Jacks linker Fuß selbstständig und flog einen halben Meter hoch, so dass sie nur noch auf einem Fuß hüpfen konnte. Inzwischen war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geworden. Das Ufer war greifbar nahe. Auf dem letzten Meter überholte uns das himmlische Team und hatte als Erstes wieder festen Boden unter den Füßen. Die himmlischen Heerscharen jubelten und jauchzten über den ersten Sieg.

Atemlos sanken die tapferen Sorglospunks in die weiche Uferwolke und entledigten sich erleichtert von den geflügelten Schuhen. Easy musste Jacks linke Sandale aufschnüren, weil der Fuß immer noch in der Luft hing.

Doch Zeit zum Verschnaufen blieb nicht, die nächste Disziplin stand bevor: Der Plagenwettkampf. Schwefel sei Dank war das eine Kleinigkeit für mich.

„Okay, wir müssen uns die schrecklichste, nervigste und kreativste Plage auszudenken“, erklärte ich schnell.

„Kaffeeknappheit!“, schlug Easy vor.

„Schokoladenrationierung!“, echote Jack.

„Heino!“, meinte Abranka.

„Internetausfall!“, riefen Nifen und Chris gleichzeitig.

„Schon nicht schlecht“, nickte ich anerkennend. Für Plagenlaien waren das sehr brauchbare Einfälle. „daraus lässt sich was machen, wenn wir das Ganze miteinander verbinden.“

„Wie meinst du das?“, erkundigte sich die Frontfrau, die sich eigentlich nichts Schlimmeres als Kaffeeknappheit vorstellen konnte.

Nachdenklich rieb ich mir das Kinn, als mich plötzlich ein Ideenblitz, den eine gewisse Muse losgelassen hatte, mit voller Wucht traf. Entzückt sprang ich in die Höhe: „Ganz einfach! Wir lassen winzig kleine Heinos auf die Menschheit los, die sich nur von Kaffee und Schokolade ernähren und ständig über blauen Enzian singen. Und jedes Mal wenn jemand das Internet benutzen will, wird er zur Heino-Fanseite weitergeleitet.“

Ich muss zugeben, dass das eine der genialsten Plagen war, die ich für die Zukunft im Hinterkopf behalten würde.

Zuerst durfte das Team Himmel ihren Vorschlag unterbreiten. Sie hatten sich auf etwas Altmodisches geeinigt und wollten auf die Welt einen Regen aus tarnfähigen Kakerlaken loslassen, die kein Kammerjäger erledigen konnte.

Kribbelig traten wir auf das Podest und teilten der Jury unsere Plagenidee mit. Zur Untermalung tippte ich mit meinem Dreizack auf das Podest und schon standen gleich zehn kleine Heinos dort, die lauthals sangen und dem Publikum die Schokolade klauen wollte.

Die Jury beratschlagte sich kurz, während wir alle gespannt warteten. Dann ergriff Oma das Wort: „Diese Runde geht eindeutig an das höllische Team!“

Lauter Jubel brach aus. 1 : 1. Aber es sollten noch fünf Disziplinen kommen.

Als Nächstes war Wolken hüpfen an der Tagesordnung. Eine recht leichte Aufgabe, bei der man durch einen Parcours von Wolke zu Wolke hüpfen musste. Leider war es so eine leichte Aufgabe, dass es ein Unentschieden wurde. Dabei hatten wir uns so reingehängt, dass Chris seine Seekrankheit und den aufkommenden Schwindel ganz vergaß.

Die nächste Disziplin war die Apfelverführung. Dafür wurden wir extra hinunter zur Erde auf einen großen Marktplatz gebracht.

„Und was sollen wir hier?“, fragte Jack verwirrt nach.

„Lass mich raten, wir sollen Äpfel verkaufen?“, rätselte die Bandmuse und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Ich grinste breit: „Jep, du hast es erfasst. Wer in einer halben Stunde die meisten Äpfel verkauft, hat gewonnen. Also hängt euch rein, wir gewinnen diese Mal.“

„Chakka!“, schrie Easy und enterte den Tresen unseres Apfelstandes. „Hört mal her, wir haben die besten, leckersten, saftigsten, tollsten, sorglosesten und punkigsten Äpfel hier! Kauft bei uns Äpfel und wir singen für euch!“

Das war zwar eine ungewöhnliche Verkaufsaktion, aber die Leute blieben tatsächlich an unserem Stand stehen. Wie gut, dass Nifen darauf geachtet hatte, dass Chris und Jack zumindest die zusammenklappbaren Miniinstrumente mitgenommen hatten.

Innerhalb kürzester Zeit war eine Menschenmasse um uns und riss uns geradezu die Äpfel aus der Hand, während Easy einen spontanen Song schmetterte.
 

„Ah, ah, ah, Apfel

Holt euch nen Apfel

Den Sorglospunksapfel

Und hört das Sorglospunksapfellied!
 

Ah, ah, ah, Apfel

Nicht be, be, be, Birne,

nicht oh, oh, oh, Orange

Nur ah, ah, ah, Apfel

Kauft doch nen Apfel

Und ess ihn ganz sorglos

Den punkigen Apfel!“
 

Nach der vorgeschriebenen halben Stunde war absolut jeder Apfel verkauft. Ein Sieg in ganzer Linie für uns. Mit dem Applaus der Marktleute verließen wir den Stand und kehrten zu dem johlenden Turnierpublikum zurück. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Petrus ganz bleich geworden war. 3 : 2. Der Pokal rückte immer näher.

Nun mussten wir eine Partie Schach ausfechten. Winkend schritten wir zum riesigen Schachfeld mit den lebensgroßen Figuren.

Als Nifen entdeckte, dass genau sechs Figuren auf jeder Seite fehlten, zupfte sie vorsichtig an meinem Ärmel. „Sag mal, Chi, müssen wir da richtig mitspielen? Also als Bauern oder so? Das kommt mir schrecklich bekannt vor.“

„Keine Sorge, das ist nicht wie das Zauberschach bei Harry Potter. Falls wir geschlagen werden, greifen uns die gegnerischen Figuren nicht an. Dann müssen wir einfach nur das Feld verlassen“, beruhigte ich sie.

Die Sorglospunks sahen erleichtert aus. „Sehr gut, mir ist schon ganz mulmig geworden, wenn ich nur dran denke, dass so ein Turm hinter mir her wäre“, murmelte Jack kleinlaut.

Schnell verteilten wir uns auf unsere Positionen. Easy und Jack spielten die Springer, Nifen und Abranka waren die Läufer, der Prince of Punk wurde zum König und ich übernahm die Dame.

Die ersten Züge kamen Schlag auf Schlag. Ein paar Bauern landeten außerhalb des Feldes. Dann wurde es doch schleppender, denn wir überlegten gründlich jede Möglichkeit, die ein Zug bieten konnte. Aber leider muss ich gestehen, dass der Senior schon immer ein besserer Schachspieler war als ich. Nach und nach wurden immer mehr Figuren von uns geschlagen und Chris wurde hin- und hergejagt. Es kam, wie es kommen musste: Wir wurden matt gesetzt. 3 : 3.

Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es in Runde 6: Der Schwefellauf. Ein althergebrachter Staffellauf über eine Hindernisstrecke mit Schwefelgräben. Für diesen Fall war ich auch gerüstet und verteilte Lavendelduftnasenklemmen. Schließlich kann nicht jeder den Geruch von Schwefel ohne Weiteres ertragen.

Als Erstes ging Easy an den Start. In der kurzen Pause hatte sie ihre Kaffeereserven gefüllt und war nun ein echtes Energiebündel. Sie legte einen Sprint hin, dass der Bibelverkäufer des himmlischen Teams gar nicht mehr hinterher kam.

Dann war Nifen an der Reihe. Behände sprang sie über die Hindernisse und rückte im Laufen wieder ihre Sonnenbrille zurecht, die ihr beinahe von der Nase gerutscht wäre. Der Stab wurde weitergereicht an Jack, die Dank Kaffee ein ähnliches Tempo wie ihre Zwillingsschwester hinlegte. Die kleine Nonne, die gegen sie antrat, konnte da nicht mithalten.

Jack wurde von Chris abgeklatscht, der unter Easys „Umeko wird stolz auf dich sein!“-Rufen sein Bestes gab. Der Kantor, der einige Sekunden nach ihm losrannte, holte trotzdem etwas auf. Ich befürchtete schon das Schlimmste, obwohl ich mich nicht selbst an die Wand malen wollte. Als Chris mir den Stab übergab, rannte ich los, als wäre der Teufel hinter mir her. Zumindest stellte ich mir vor, wie ich böse hinter mir herlief und mich selbst antrieb. Atemlos sprang ich über die Gräben und erreichte mit einem wieder größeren Vorsprung die Ziellinie. Als Letztes ging Abranka an den Start und sie sauste auf ihrer Wolke nur so über den Parcours. Dabei drückte sie Kiwi an sich, damit sie nicht bei diesem Flugwind von der Wolke geweht wurde. Ab sofort waren musische Wolken die genialste Erfindung aller Zeiten für mich. 4 : 3!!! Wir lagen wieder in Führung!

Dann kam die letzte, alles entscheidende Disziplin. Himmel und Hölle, ein verflixt kniffeliges Hüpfspiel.

„Denkt daran, die Erde wird immer übersprungen. Das Feld, in dem der Stein landet, muss auch übersprungen werden. In der Vorhölle, der Hölle und der Himmelspost müsst ihr breitbeinig springen, sonst nur mit einem Fuß hüpfen. Und wenn der Stein in der Himmelspost ist, dürft ihr nicht sprechen oder lachen, egal was die anderen sagen. Und vergesst nicht auf dem Rückweg den Stein wieder mitzunehmen“, wiederholte ich noch einmal die Regeln. Schließlich kam es auf alles an. Sieg oder Niederlage.

Nervös warf ich den Stein ins erste Feld. Grazil oder zumindest annähernd grazil hüpfte ich von Kästchen zu Kästchen. Vor lauter Konzentration biss ich mir beinahe die Zunge ab. Schwefel sei Dank war ich vor ewigen Zeiten eine echte Meisterin in Himmel und Hölle. Und gelernt war nun mal gelernt. Sogar die blöden Bemerkungen von Metatron ließen mich eiskalt, als ich den Stein in die Himmelspost warf. Sonst hätte der einiges zu hören bekommen. Zehn Punkte für uns.

Für das himmlische Team trat die kleine Nonne an. Scheinbar machte sie im Kloster nichts anderes als beten und hüpfen. Fehlerfrei ergatterte sie ebenfalls zehn Punkte für den Senior.

Danach hüpfte Chris. Er machte seine Sache ziemlich gut, doch nach der vierten Runde ließ er den Stein liegen. Drei Punkte für uns.

Schwefel sei Dank holte der Priester nach ihm nur fünf Punkte. Es war noch alles offen.

Easy war dran. Sie hüpfte sorglos, wie es sich für eine sorglose Frontfrau gehörte, über die Kästchen. Leider rief bei ihrer Himmelspostrunde ein gewisser Erzengel namens Gabriel: „Hey, Easy! Gibst du mir ein Autogramm?“

Easy blickte sich nach dem Engel um, grinste und rief: „Klar doch!“ Damit hatte sie gegen das Redeverbot verstoßen und neun anstatt zehn Punkte geholt.

Es wurde immer spannender. Zum Schluss stand es 37 zu 35 für uns. Jack durfte noch für unser Team antreten, während ein schwereinzuordnender Priester für das himmlische Team springen sollte.

„Denk ja dran, dass du nicht reden darfst, wenn du in der letzten Runde springst“, erinnerte Easy ihre Schwester eindringlich, als hätte sie eben nicht diesen Fehler begangen.

Nervös warf das musikalische Multitalent den Stein ins erste Feld. Runde folgte auf Runde, während wir uns die Daumen zerdrückten, damit nichts schief ging. Inzwischen lag der Stein im Himmelsfeld, da sprang Jack versehentlich auf die Linie. Acht Punkte.

„Hol’s doch der Teufel! Das ist verflucht knapp“, fluchte ich leise.

Abranka nickte: „Wenn der Priester jetzt zehn Punkte holt, gibt es Elfmeterschießen.“

„Dann müssen wir noch eine Aufgabe lösen?“, jammerte Chris.

„Jep und die wird nicht so einfach. Die achte Disziplin ist meistens der babylonische Turmbau, eine Art Riesen-Jenga“, erklärte ich hoffnungslos.

Gebannt verfolgten wir das Gehopse des Priesters. Sollte er wirklich zehn Punkte holen, würde der Pokal wieder hier oben bleiben. Das hatte ich im Gefühl. Die erste Runde schaffte er fehlerfrei. Auch die zweite Runde verlief reibungslos. Und die dritte auch. Verflucht nochmal, wieso konnte so ein Priester so gut hüpfen? Dann endlich in der fünften Runde verlor er das Gleichgewicht und setzte beide Füße auf den Boden.

Der Wettkampf war aus. Wir hatten gewonnen!!!

„Die Sieger des Alle-Jubeljahre-Zufalls-Himmel-gegen-Hölle-Wettbewerbs sind die Teilnehmer des höllischen Teams!!!“, rief Michael durch das Mikro.

Die unzähligen Höllenbewohner brachen in grölendem Applaus und wilden Jubel aus. Freudig fielen wir uns um den Hals. Wir hatten es geschafft! Wir hatten es tatsächlich geschafft!!

Von der Jurorentribüne eilten Murphy und Oma auf uns zu. Über den ganzen Freudenlärm hörte ich sie „Mäuschen, ihr habt gewonnen!“ rufen. Wenig später drückte sie mich an sich, dass mir glatt die Luft wegblieb und immer noch rief sie: „Mäuschen, ich bin ja so stolz auf euch!“

Der Oberboss persönlich kam zu uns rüber und schüttelte uns die Hände. „War ein toller Wettkampf“, versicherte er lächelnd.

Stolz schritten wir zur Tribüne und nahmen den großen Pokal entgegen. Jeder bekam noch von einem zerknirschten Petrus eine Medaille umgehängt. Ha, wie sehr ich mich jetzt freute, ihm das bei jeder Gelegenheit unter die Nase zu reiben.

Statt einer Siegesrede ergriff Easy das Mikro und stimmte den zweiten spontanen Song für diesen Tag an:
 

„Das ist Wahnsinn!

Da siegt doch heut die Hölle!

Hölle! Hölle! Hölle!

Feurig haben wir gesiegt!

Das ist Wahnsinn!

Ein Sieg für das Team Hölle!

Hölle! Hölle! Hölle!“
 

Danach fand eine rauschende Siegesfeier statt. Immer wieder wurde uns gratuliert und anerkennend auf die Schulter geklopft. Sogar Metatron verkniff sich seine spitzen Bemerkungen und beglückwünschte uns artig. Erst am frühen Morgen oder besser gesagt beinahe schon Vormittag des nächsten Tages löste sich die Feier langsam auf.

Strahlend und unheimlich stolz drückte ich den Pokal an mich. Die Sorglospunks hatten ihn mir ohne Einwände überlassen, damit ich ihn direkt auf meinen Schreibtisch stellen konnte und jeder Besucher der Unterwelt ihn bewundern konnte. Und ihr könnt darauf wetten, dass ich ab sofort Petrus und Metatron öfters zu mir ins Büro zitieren werde.



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