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Final Fantasy X-3

Rebirth of the Spirits
von

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Dancing Pyreflies

Prolog: Dancing Pyreflies...
 

Tanzende Illumina schwebten über dem Platz, auf dem sie sich befand. Die Geister schienen jeder ihrer Bewegungen zu folgen. Anmutig glitt sie über die Fläche. Ihre Haare flogen um das Gesicht. Sie tanzte und die Illumina mit ihr. Sie schienen sich zu vermehren, wurden mehr und mehr. Sie blickte zu ihr hinüber, die unweit von ihr stand. Ihre Blicke trafen sich, bis sie sich drehte.

"Hör auf!"

Sie schien, sie nicht gehört zu haben.

"Bitte, ich will das nicht!"

Türkis leuchtende Steine schimmerten in der gerade untergehenden Sonne. Ein kleiner Junge, drei starke Männer, drei wunderschöne Frauen und ein Geschwistertrio blickten mitleidig zu ihnen herüber.

"Die Schlafenden, werden erwachen und die Wachenden werden sich zur Ruhe begeben, um von den einst Schlafenden zu träumen..."

"Kehr um!"

"Komm zurück..."

Die Illumina waren über den ganzen Platz verteilt. Längst war der Platz nicht mehr leer. Sie stand da und schaute mit müden Augen zum Himmel, als hoffte sie, ein Wunder würde geschehen.

"Warum..?"

Sie tanzte fortwährend und schwang den Beschwörerstab geschickt durch die Luft. Nach wie vor begleitet von den Illumina, den Geistern der Verstorbenen.

"Helft mir!"

Der Himmel hatte sich golden und rosa gefärbt. Bald würde es Nacht werden, Nacht über dem schlafenden Platz, den sie zu erwecken hoffte.

Eine Träne lößte sich aus ihrem Auge und fiel auf den steinernen Boden.

Ein Ort voller Erinnerungen...

Die Frau war inzwischen auf die Fliesen niedergesunken und blickte zur Tänzerin, deren Handlung sich einem Ende zuwandte.

"Komm!"

Ein Stein zersprang und der Himmel wurde von einem gleißenden Licht erfüllt.

"Warum..."

Sie sah dem Himmel entgegen.

"Wieso tust du das? Nur für eine bloße Erinnerung, um zu helfen oder für sie..?

Ihre Haare wurden von der Brise durchweht. Mit tiefgründigem Blick sah sie ihr entgegen.

Unbeachtet von den anderen, versteckte sich noch eine weitere Gestalt zwischen den Trümmern. Sie meinte etwas zu erkennen und doch wagte sie sich nicht, ihren Augen zu trauen. Nur ein Traum... oder Realität.

Der Beobachter kam hervor und sprach zu ihr:

"Ich bin immer bei dir..."

"Ich weiß!"

Lächelnd sah sie zu ihr hinüber:

"Für einen Traum..."

Das Licht konzentrierte sich an einem Punkt, zu hell für ihre Augen. Als sie diese wieder öffnete, blickte sie einer weiteren Gestalt in vollster Klarheit entgegen.

"Ruf sie!"

"Was..?"

Two Ages, Two Different Worlds Seperated By Time

Final Fantasy X-3
 

Rebirth Of The Spirits
 

Kapitel I: Two Ages, Two Different Worlds Seperated By Time
 

„Wenn ich mich zwischen meinem Mann und meiner Tochter entscheiden müsste, wen sollte ich dann wählen?“

Yuna sah die Frau, die ihr gegenübersaß überrascht an.

„Wie kommst du denn auf so eine Frage?“

Sie war es inzwischen schon gewohnt, dass alle möglichen Leute zu ihr kamen und sie um Rat fragten und seit sie nicht mehr so viel umherreiste, kamen die Leute eben zu ihr. Yunas aktueller Problemfall sah ziemlich verzweifelt aus und nach einer Weile erklärte die Frau ihr auch warum...

Sie wohnte mit ihrem Mann schon seit einer Ewigkeit auf der Insel und seit einigen Jahren gab es in der Familie nun auch noch ihre kleine Tochter. Das Mädchen hatte allerdings eine seltene Krankheit und ein Luftwechsel, möglichst in die Berge, könnte ihr guttun. Yuna hatte das Mädchen schon ein paar mal gesehen und fand auch, dass sie immer recht blass aussah. Der Mann wollte nun aber partout nicht von der Insel runter, weil seine Familie schon immer hier gelebt hatte, Seeluft gesund sei und der Erfolg des Luftwechsels nicht garantiert war.

Yuna seufzte. Von draußen fiel Licht durch ein Fenster ein. Sie hatte die Frau mit in eines der Tempelzimmer genommen, weil man dort immer noch am ungestörtesten reden konnte.

Seit circa zwei Jahren lebte sie nun auf Besaid. Sie hatte die Insel immer gemocht. Schließlich war sie hier aufgewachsen. Und zusammen mit ihm kam auch keine Langeweile auf. Außerdem unternahm sie auch Ausflüge und Reisen, nur gab es immer ein Ende und ein Zuhause, wohin sie dann zurückkehrte. Nein, sie hatte wirklich keine Langeweile und dank der Ratsuchenden meist auch keine Zeit zum Langweilen...

Seit etwa zwei Jahren gab sie nun schon Ratschläge und doch wurde es nie einfacher eine Lösung für ein individuelles Problem zu finden, zumal die Fragen auch nicht gerade unkomplizierter wurden.

Die Frau blickte gespannt und hoffnungsvoll zu ihr herüber. Seit sie vor vier Jahren [Sin] und zwei Jahre später dann auch Vegnagun besiegt hatte erwarteten die Leute immer mehr von ihr.

"Hast du oft mit ihm darüber geredet?"

Ihr Gegenüber schaute noch verlorener drein. Vielleicht, weil sie so auf Anhieb keine Lösung wusste.

"Natürlich, aber ich habe immer das Gefühl, dass er mir nicht richtig zuhört. Ich habe auch schon überlegt, ob ich einfach ohne ihn gehen soll, aber ich möchte ihn nicht verlieren..."

"Glaubst du, dass er dich liebt, dich und deine Tochter?"

"... Ja." Die Antwort kam zwar leise, aber bestimmt. Das war es, was Yuna sich erhofft hatte, weil sie nun glaubte, die Lösung für das Problem gefunden zu haben.

"Dann wird er euch folgen. Er kann euch nicht einfach im Stich lassen, zumal ihr ja nur für eine Weile von hier fortmüsst. Zieht doch für ein paar Jahre Richtung Gagazeth, bis es der Kleinen wieder besser geht.

Mach deinem Mann diesen Vorschlag, ich bin sicher er wird ihn annehmen."

Yuna blickte die Frau fröhlich an, während diese sich bedankte und dann hinausging.

"Solltest du dennoch Schwierigkeiten haben, dann komm bitte wieder zu mir!"

Die Frau drehte sich noch einmal um und wirkte sehr erleichtert.

Yuna lächelte leise vor sich hin, sie hatte immer gerne geholfen, wenn es ihr möglich war.
 

°°°
 

"Leylis, komm endlich! Shujin wird noch sauer, wenn er zu lange warten muss!"

Lenne stand vor dem Zimmer ihrer Freundin und wurde nun so allmählich unruhig. Da diese sich trotz mehrmaligen Rufens kaum rührte.

"Ich muss noch Magieformeln lernen, geht heute doch ohne mich...", kam eine Stimme aus dem Inneren.

"Ach, Unsinn! Du lernst schon den ganzen Tag!"

Ein Kopf erschien an der Tür:

"Ja, eben und wenn ich die Prüfung morgen verhaue, war alles umsonst!"

"Wenn du dich überarbeitest und umkippst, wirst du gar nicht erst zur Prüfung zugelassen.", entgegnete Lenne.

"Du hast gut reden. Letztes Jahr bei deiner Prüfung warst du genauso nervös!"

Lenne schaute sie amüsiert an: "Stimmt, da hast du mich überredet, eine Pause zu machen."

Leylis trat daraufhin ganz aus dem Zimmer und schüttelte ihre hellbraunen Haare auseinander, diese boten abgesehen von der Farbe einen hübschen Kontrast zu Lennes.

Sie waren nämlich etwa mittellang und hatten leichte Wellen. Wohingegen Lennes Haar sehr lang und glatt war. Leylis trug genau wie Lenne eine Hose und darüber einen Rock, doch während dies bei ihr gerade geschnitten war und Lenne ansich schon wie die Sängerin aussah, die sie war, hatte Leylis eher Kleidung für den Alltag an.

Ihr Rock war schräg geschnitten und ihr Oberteil hatte zwar längere Ärmel, die allerdings an den Seiten zum größten Teil offen waren, da sie es so einfach praktischer fand.

Beide Freundinnen hatten längere Stiefel an. Farblich gesehen, trugen sie beide relativ bunte, aber nicht zu kontrastreiche Kleidung. Während Lenne am liebsten blau mochte, mischte Leylis auch noch violett bis rosa mit hinein.

Und trotzdem sah man beiden sofort an, das sie Media waren, oder Beschwörer, wie man sie auch häufig nannte. In Leylis Fall, zwar noch ein ungeprüftes Medium, aber dennoch besaß sie ganz passable Fähigkeiten.

"Also schön, du hast gewonnen, aber wenn ich morgen in Weißmagie durchfalle, hast du Schuld!"

"Du wirst nicht durchfallen, also brauch ich mir darüber keine Sorgen zu machen", gab Lenne, immer noch lächelnd zurück.

"Sei dir da nicht zu sicher, Weißmagie ist verdammt kompliziert. Ich weiß schon, warum meine Vorliebe in der Schwarzmagie liegt."

"Ach, hör doch auf. Du hast nun mal entschieden, Schwarzmagie als Hauptrichtung zu nehmen, aber trotzdem hast du doch vorzeigbare Kenntnisse der Weißmagie. Mach dich nicht verrückt, so schwer ist die Prüfung auch wieder nicht."

Leylis schaute Lenne direkt an und war einen Augenblick still, dann sagte sie:

"Für dich vielleicht nicht. Du bist schließlich ein Naturtalent und musstest ja unbedingt eine Stufe überspringen. Wir sind gleich alt. Normalerweise würden wir morgen beide zur Prüfung antreten."

Lenne sah inzwischen ernster und leicht irritiert aus:

"Nimmst du mir das immer noch übel? Was hätte es dir denn gebracht?"

"Du bist meine beste Freundin, doch auf einmal verschwandst du etwas weiter aus meinem Umfeld, ist es nicht normal, dass ich mich da im Stich gelassen fühle?"

".........", Lenne wirkte nun fast ein wenig bedrückt.

"Aber du hast Recht. Zu dem momentanen Zeitpunkt haben wir sogar Vorteile davon, dass du die Prüfung schon hinter dir hast. Schließlich hätten wir uns sonst wahrscheinlich gegenseitig verrückt gemacht."

"Ja, stimmt!", meinte Lenne und lächelte nun wieder.

"Aber sag mal, hattest du vorhin nicht Shujin erwähnt?", fragte Leylis nun, die versuchte sich daran zu erinnern, was eigentlich der Anlass für dieses Gespräch gewesen war.

Lennes zufriedener Gesichtsausdruck wich schnell einem etwas gehetztem:

"Ach herrje, den haben wir total vergessen. Sicher wartet er immer noch im Tarbita auf uns."

"Na dann, sollten wir uns wohl besser beeilen!"

Lenne und Leylis rannten auf die Straße hinunter und in Richtung Blitzballstadium. Das Tarbita war eine kleines Café vor diesem und der Haupttreffpunkt, der drei Freunde. Es war ziemlich beliebt, jeder in Zanarkand kannte es. Dies konnte allerdings auch daran liegen, dass das Blitzballstadium mit Abstand der populärste Ort in ganz Zanarkand war. Da Shujin jedoch ein bekannter Blitzballspieler war, hatte er bei dem Besitzer des Tarbita immer das Recht auf einen Sitzplatz und seine Freunde natürlich ebenso.

Als die Beiden jenes Café endlich erreichten und betraten, sahen sie, dass Shujin gerade damit beschäftigt war einigen sehr hübschen und aufdränglichen weiblichen Fans Autogramme auf ihre Blitzbälle zu kritzeln. Nachdem sie gegangen waren, blickte Lenne Shujin auffordernd an.

"Was..?", setzte Shujin an, woraufhin sich Lennes Blick verhärtete.

"Was sollte ich denn machen, wenn ihr schon eine knappe Stunde zu spät kommt und hier hängen eben viele Fans herum."

Lenne sah ihn immer noch kritisch an.

"Komm schon! Nicht immer dieser Blick. Das steht dir nicht! Ich würde nicht mal auf die Idee kommen eines dieser Mädchen mit dir zu vergleichen!"

Daraufhin wich Lennes ernste Miene wieder dem Lächeln, mit dem man sie sonst meistens sah.

Währendessen war Leylis ernsthaft um ihre Fassung bemüht. Sie konnte sich jedes mal über solche Situationen bei ihren Freunden amüsieren und das obwohl es sehr häufig zu solchen kam...

Aber sie konnte ihre Freundin gut verstehen. Lenne und Shujin waren einfach so etwas wie ein perfektes Paar und auch wenn sie es sich gegenseitig warscheinlich nicht eingestehen würden, könnte der eine es ohne den anderen bestimmt nicht ertragen. Allerdings war Lennes Sorge nicht ganz unberechtigt. Schließlich sah Shujin mit seinem hellen Haar und der etwas dunkleren Haut nicht nur gut aus, er war durch das Blitzballspielen auch noch gut trainiert und so ganz nebenbei auch noch ein Star der bekanntesten Sportart der Welt.

"Dass wir zu spät gekommen sind, war meine Schuld, tut mir Leid", gab Leylis nun zur Erklärung von sich.

"Kein Problem! Ich hab unterdessen das Spiel verfolgt, das gerade läuft.", entgegnete Shujin.

"Immerhin sind wir noch rechtzeitig. Du spielst doch in der letzten Runde erst mit, oder? Lenne setzte sich neben Shujin und warf dann einen Blick auf den Bildschirm hinüber, auf dem man das aktuelle Spielgeschehen mitverfolgen konnte.

"Ja, da hast du vollkommen recht. Die Zanakand Abes sind heute erst ganz zum Schluss dran. Und wir werden gewinnen. Wir haben es schließlich schon in die Finalrunde geschafft. Warum wart ihr eigentlich so spät?"

Damit riss er Leylis, die schon seit sie sich ebenfalls gesetzt hatte aus dem Fenster starrte, aus ihren Gedanken: "Ich hab noch gelernt. Morgen ist doch meine Abschlussprüfung als Medium."

"Ach ja, stimmt! Aber dafür wolltest du doch hoffentlich nicht mein Spiel verpassen, oder?"

"Sicher nicht!", meinte Leylis und behielt lieber für sich, dass sie ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, die Zeit lieber zum Lernen zu nutzen.

"Du schaffst das schon! Ich versteh davon zwar herzlich wenig, aber ich kenn dich schon seit einer ganzen Zeit und wenn du dir etwas vorgenommen hast, dann bringst du es auch zu Ende."

Leylis freute sich darüber, dass nun auch er versuchte ihr Mut zu machen. Und er hatte Recht, er kannte sie schon seit einiger Zeit, aber wie lange eigentlich...

Gedankenverloren wandte sie ihren Blick wieder nach draußen auf die Straßen, auf der viele Leute vorbeigingen oder in Flugmobilen vorbeiflogen. Sie war noch nie aus Zanarkand herausgekommen. Dies war die Welt, die sie kannte. Während sie aufwuchs, hatte sie bemerkt, dass die Stadt zunehmend moderner wurde. Vor kurzer Zeit war gerade wieder ein neues Flugmobil auf den Markt gekommen. Manchmal fragte sie sich, ob es ewig so weiter gehen würde, ob Zanakand immer fortschrittlicher werden, oder ob es einen Punkt gab, an dem Schluss war und sich dann nichts mehr verändern würde.

"Leylis, sag mal schläfst du? Shujins Spiel fängt bald an, wir sollten schon mal ins Stadium gehen."

"Ja ok, ich komm schon. Wo ist Shujin denn?", fragte sie, nachdem sie ihn nirgendwo entdecken konnte.

Lenne sah sie verwirrt an: "Er ist schon mal losgegangen, weil er als Spieler früher da sein muss.

Hast du das denn nicht mitbekommen?"

Leylis schüttelte den Kopf: "Entschuldige, ich hab nachgedacht..."

"Naja, macht nichts. Während des Spiels wirst du dazu sowieso keine Zeit haben. Die Illuminum Dacirs sind im Finale gegen unsere Zanarkand Abes. Das wird spannend!"

Zusammen mit Lenne verließ Leylis das Tarbita und machte sich auf den Weg zum Blitzballstadium, in dem in kürze das Finale stattfinden sollte. Die Aufregung, die auf einmal die ganze Stadt erfüllte, war unter anderem daran deutlich zu spüren, dass die vielen und größtenteils verrückten Fans alle schreiend in eine Richtung rannten. In dieselbe Richtung, wie auch Lenne und Leylis, die sich von der Menge mitreißen ließen. Endlich im Blitzballstadium angekommen ergossen sich die Zuschauer nur so über die Bänke. Der Lärm war ohrenbetäubend. Nachdem auch die beiden Freundinnen endlich ihre Sitzplätze erreicht hatten, wurde es auf einmal ganz still in der Halle.

Das Spielfeld wurde soeben geflutet. Dann wurden die Tore links und rechts geöffnet und die Mannschaften, von einem tosenden Beifall begrüßt, traten ein. Shujin trug den Ball auf das Spielfeld, woraufhin er in der Mitte des Feldes seinen Platz fand. Anschließend schwammen die Spieler auf ihre Positionen. Es wurde wieder ruhig in der Halle. Die Augen aller waren nun auf den Ball in der Mitte gerichtet, bis dieser mit einem Mal in die Höhe schnellte.

Das Finale hatte begonnen...
 

°°°
 

Als Yuna ihr kleines Häuschen betrat, das sie bewohnte, seit sie sich entschlossen hatte in Besaid zu bleiben, stellte sie fest, dass sich dort immer noch niemand befand. Ihre Verwirrung legte sich allerdings recht schnell wieder, da sie wusste, wo sie suchen musste. Also machte sie sich auf den Weg zum Strand.

Auf dem Weg dorthin begegnete ihr nichts Ungewöhnliches. Lediglich ein paar Dingos versuchten sich ihr in den Weg zu stellen. Yuna hatte jedoch keine Angst vor ihnen. Diese wilden Wölfen waren die ungefährlichste Art von Monstern überhaupt und sie selbst hatte schon zahlreiche besiegt. So dauerte auch diese Konfrontation nicht lange und Yuna lief weiter Richtung Strand, bis sie an der geheimen Höhle kurz vor diesem dann doch stoppte. Vor zwei Jahren, als sie noch mit ihrer Cousine, Rikku, und ihrer Freundin, Paine, zum Möwenpack gehörte, war sie mit den beiden auch in jener Höhle gewesen. Damals hatte sie nach einem Sphäroiden gesucht, was ja auch ihre Aufgabe als Mitglied eines Spherehunter-Teams gewesen war. Sie selbst war eine Sphäroidenjägerin geworden, weil sie sich dadurch erhofft hatte, Hinweise auf seinen Verbleib zu entdecken. Irgendwann hatte sie dann jedoch herausgefunden, dass es sich bei den Aufzeichnungen in den Sphäroiden, welche ja die Erinnerungen bestimmter Leute waren, nicht um die von ihr gesuchte Person handelte, sondern um einen Mann namens Shujin, welcher vor über 1000 Jahren zusammen mit seiner Freundin Lenne ums Leben kam.

Yuna ging langsam zum Strand weiter, hing jedoch noch immer ihren Erinnerungen nach...

Shujin war als Geist zurückgekommen, um Lenne zu finden, denn nachdem man beide erschossen hatte, weil Shujin Vegnagun, eine riesige Kampfmaschine, erwecken wollte, wurden sie als Geister getrennt. Er wollte Lenne nur beschützen und Vegnagun dazu benutzen, den damals entbrannten Krieg zu beenden, damit seine geliebte Lenne, als Medium, nicht mit in diesen hineingezogen werden würde. Sein Plan wurde allerdings entdeckt und Vegnagun war viel zu gefährlich und zerstörerisch, als dass man sie hätte einsetzten dürfen. Shujin, der dies dennoch für Lenne riskieren wollte wurde zusammen mit ihr, welche ihn hatte aufhalten wollen, von einigen Wächtern erschossen.

Yuna erinnerte sich noch gut daran, wie sie Shujins Geist begegnet war. Er hatte sie für Lenne gehalten, da sich die beiden trotz Yunas sehr viel kürzeren Haaren recht ähnlich sahen.

Nachdem er herausgefunden, hatte, dass er Lenne doch nicht gefunden hatte, wollte er Spira vernichten. Letztendlich war dann aber doch noch ihr Geist aufgetaucht und hatte Shujin beruhigt. Dann waren sie zusammen fortgegangen.

Es hatte damals ein riesiges Durcheinander gegeben, weil nicht nur er sie für Lenne gehalten hatte, sondern sie ihn anfangs für Tidus, was aber angesicht der außergewöhnlichen Ähnlichkeit der beiden nicht weiter verwunderlich war.

Sie hatte ihn nachdem er verschwunden war immer wieder gesucht, jedoch verwiesen alle Sphäroiden, die sie fand, auf Shujin und nicht auf ihren Tidus.

Letzten Endes hatte sie ihn auch nicht durch die Sphäroiden, sondern durch die Hilfe der Asthra wiedergefunden. Anschließend waren sie zusammen auf Besaid geblieben und hatten auch dort geheiratet. Zu der Hochzeit war halb Spira auf die Insel gekommen, um ihrer Lady Yuna, wie sie seit dem Sieg über [Sin] genannt wurde, zu gratulieren.

Tja und nun lag ihr Ehemann auf dem Sand des Strandes von Besaid, auf dem Yuna inzwischen angekommen war, und schlief seelenruhig...

Sie begann wieder zu lächeln. Genau dieses Bild hatte sie erwartet. Neben Tidus lag Wakka und schnarchte munter vor sich hin. In einiger Entfernung der beiden lag ein Blitzball im Sand. Die beiden hatten wahrscheinlich mal wieder bis zum Umfallen trainiert und waren danach nicht mehr imstande gewesen, sich vom Fleck zu rühren.

Auf dem anderen Ende des Strandes waren Letty und Jash zu sehen, die ebenfalls schliefen. Mehr war von der ehemals siebenköpfigen Blitzballmannschaft der Besaid Aurochs nicht übrig geblieben.

Datt, Kippa und Bottz waren inzwischen weggezogen oder hatten Familie. Aber auf jeden Fall hatten sie keine Zeit mehr für Blitzball.

Wakka und Tidus gaben sich die größte Mühe, die Mannschaft zu erhalten. Immerhin waren die beiden zwei Supertorschützten. Letty und Jash bildeten eine klasse Abwehr und für das Mittelfeld war inzwischen Rikku zuständig, die ein erstaunliches Talent für Blitzball hatte.

Das einzige Problem bildete der Torposten... Wakka war für jedes Spiel aufs neue bemüht, einen brauchbaren Torwart zu finden. Für die nächsten beiden Spiele hatte sich Brüderchen, der immer zusammen mit Rikku anzutreffen war, bereit erklärt den Posten zu übernehmen.

Yuna überlegte eine Weile, wie sie die beiden wachbekommen sollte, bis sie schließlich einfach eine Hand voll Meerwasser nahm und ihnen ins Gesicht spritzte. Tidus und auch Wakka setzten sich ruckartig auf und starrten sie entgeistert an.

"Wenn ihr weiter so lange trainiert, werdet ihr das nächste Spiel verschlafen!"

Tidus hatte inzwischen offensichtlich realisiert, warum man ihn geweckt hatte. Er sah Yuna jetzt mit einem etwas ruhigerem Gesichtsausdruck an:

"Wie lang haben wir denn geschlafen?"

"Ihr seid gleich nach dem Mittagessen losgezogen und wir wollten uns vor gut zwei Stunden bei Lulu und Wakka zum Abendessen treffen.", antwortete Yuna.

Eben genannter schien sich nun auch von seinem Schock erhohlt zu haben.

"Ach, was solls immerhin haben wir nochmal trainiert und das war auch nötig. Schließlich sind morgen die ersten zwei Spiele der neuen Liga und wenn wir gewinnen, beweisen wir damit, dass wir immer noch eine ernstzunehmende Mannschaft sind, obwohl uns einige Spieler verlassen haben!"

Während er dies sagte, machte Wakka sich daran, den Rest seiner Mannschaft wieder aufzurütteln.

Dann begab sich die gesamte Gruppe Richtung Dorf, dieses Mal ohne von Monstern aufgehalten zu werden. Vielleicht lernten sie ja dazu...

Lulu erwartete sie schon am Eingang des Dorfes. Neben ihr saß Vidiny auf dem Boden. Es war ihm wohl zu anstrengend geworden, die ganze Zeit zu stehen, obwohl er inzwischen auch laufen konnte und seinen Tag meistens damit verbrachte hinter einem Hund aus der Nachbarschaft her zu rennen.

Er konnte auch schon einige Wörter sagen. Sich Gesichter zu merken, gehörte aber nicht zu seiner Stärke. Allerdings erkannte er neben seiner Mutter, Lulu und seinem Vater, Wakka auch noch Yuna und Tidus.

Über das ganze Gesicht strahlend er lief auf Wakka zu, der ihn sogleich hochnahm und durch die Luft wirbelte. Vidiny sah seinem Vater schon jetzt sehr ähnlich. Er hatte die etwas eigenwilligen orangeroten Haare von ihm geerbt und auch vom Gesicht her hatte er wenig Ähnlichkeit mit Lulu. Diese hatte nach wie vor sehr lange, teilweise zusammengefasste schwarze Haare und dazu trug sie inzwischen ein hellgraues Kleid, das allerdings nicht mehr so auffällig, wie ihre früheren war, obwohl es von weißen Stickereien verziehrt wurde. Sie hatte aber nach wie vor ihren Schmuck mit den violetten Steinen um. Alles in allem hatte sich Lulu nicht großartig verändert, seit sie mit Yuna als Mitglied ihrer Garde durch Spira gereist war. Sie hatte sich für Yuna gegenüber immer wie eine große Schwester gefühlt, während Wakka eher einen guten Freund dargestellt hatte. Auch er war von Anfang an eine Leibgarde Yunas gewesen. Er hatte sich fast gar nicht verändert. Allerdings hatten sich die Besaid Aurochs eine neue Teamkleidung ausgedacht. Gelb und blau waren jetzt die Farben der Mannschaft. Was für Wakka hieß, dass er nun ein lockeres dunkelgelbes Hemd und eine bequeme blaue Hose trug, welche mit gelb abgesetzt war.

Auch bei Tidus waren keine sehr großen Veränderungen festzustellen. Er trug jetzt zwar passend zur neuen Teamkleidung ebenfalls ein gelb mit blau abgesetztes Hemd und seine Hose war auch etwas anders, aber im Grunde genommen war sie selbst wohl wieder diejenige, welche sich am meisten verändert hatte. Als Medium hatte sie ganz anders ausgesehen als später als Spherehunter und nun hatte sie sich wieder verändert. Vielleicht war sie nun gekleidet, wie ein bisschen von beidem. Sie trug immer noch eine relativ kurze Hose mit dem blau-weißem Kleid darüber. Ihr Oberteil war ebenfalls weiß und dunkelblau, dieses hatte nun auch wieder Ärmel, die allerdings nicht übermäßig lang und komplett offen waren, unten liefen sie in rosa aus...

Lulu wirkte ziemlich gelassen dafür, dass sie nun schon fast drei Stunden zu spät waren. Das wunderte Yuna nun doch ein wenig. Schließlich war sie sonst auch nicht so geduldig.

"Ich habe dich vorhin Richtung Strand laufen sehen und konnte mir den Rest denken.", erklärte Lulu, als könne sie Gedanken lesen. Dann wandte sie sich Wakka zu:

"Sei dir nur bewusst, dass du nach den Spielen morgen vorerst keine so brauchbare Ausrede mehr hast!"

"Aber die Blitzballsaison fängt doch erst an!", wiedersprach Wakka.

Doch Lulu machte ihrem Mann mittels eines Blickes sehr schnell begreiflich, dass sie jetzt nicht darüber diskutieren wollte.

"Kommt mit! Das Essen ist fertig und nach eurem Training seid ihr bestimmt hungrig ."

Lulu ging mit Yuna, Tidus und Wakka in Richtung ihres Hauses, während sich Letty und Jash immer noch gähnend verabschiedeten.
 

°°°
 

"Los, Shujin! Mach noch ein Tor!"

"Ihr schafft es!"

"Wir werden siegen!"

Solche und ähnlich Rufe erfüllten die Halle. Lenne und Leylis fieberten wie auch alle anderen Zuschauer dem Ende der zweiten Halbzeit entgegen. Die erste war relativ ereignislos verlaufen. Beide Mannschaften hatten je ein Tor geschafft und sich ein paar wilde Balljagdten geliefert. Ansonsten war nicht ganz so viel passiert. In der zweiten Halbzeit jedoch merkte man, dass sich die Mannschaften aufeinander eingespielt hatten. Die Angriffe wurden härter und auf beiden Seiten verdichtete sich die Verteidigung. Noch führten die Zanarkand Abes 3:2. Leylis wusste jedoch, dass Shujin und seine Teamkameraden jetzt nur nicht nachlassen durften. Die entscheidenden Tore fielen oft erst gegen Ende des Spiels, weil die einen Spieler dann ihre Trümpfe ausspielten und einige andere eventuell zu erschöpft waren, um noch ihr Tor zu verteidigen.

"Buuuuuuhhh!"

Abruckt wurde Leylis wieder aus ihren Gedanken gerissen, mal wieder... Was war bloß heute mit ihr los. Sie beobachtete einen Wandel im Stadium. Die Illuminum Dacirs hatten sich den Ball erkämpft, daraufhin buhten jetzt sämtliche Zanarkand Fans.

Da dies aber nun mal die Stadt war im der sie sich befanden, war der Beifall der Illuminum Fans nicht ganz so stark zu hören, auch wenn auffiel, das mit einem Mal die andere Hälfte des Stadiums auf den Bänken stand.

Kara, offenkundig eine Torschützin der Dacirs, preschte nach vorne Richtung Tor. Das ganze Stadium hielt den Atem an, als sie schoss. Im Tor stand Oru, ein relativ neues Mitglied der Zanarkand Abes.

"Das wird er doch schaffen, oder?", meinte Lenne, die Augen starr auf das Feld gerichtet.

Nein, wird er nicht, dachte Leylis: das ist ein Spin-ball. Oru hat zwar Talent, aber er ist bestimmt noch zu unerfahren, um so einen Ball richtig einschätzen zu können...

Sie schloss die Augen für einen Moment. Auch wenn sie es nicht häufig zeigte, übte dieses Spiel eine tiefe Faszination in ihr aus. Meistens, wenn sie sich von etwas ablenken oder ihre Sorgen vergessen wollte, kam sie entweder heimlich ins Übungsstadium und trainierte dort stundenlang oder sie bearbeitete den Blitzball aus ihrem Zimmer.

Jubel brach in der Halle aus. Leylis öffnete die Augen. Er kam von der falschen Hälfte. Sie hatte Recht behalten, es stand 3:3 und noch einanhalb Minuten zu spielen. Danach würde es in die Verlängerung gehen und wahrscheinlich müsste man Shujin auswechseln. Er hatte immerhin schon zwei Tore geschossen und sich auch ansonsten nicht zurückgehalten, was bedeutete, dass er nun ziemlich erschöpft aussah. Lenne hatte dies offensichtlich auch bemerkt, denn sie blickte besorgt zu ihm herüber. Shujin schaute in die Menge, als der nächste Blitz-Stoß vorbereitet wurde. Als sein Blick, den Lennes streifte, lächelte er kurz und versuchte sich seine Müdigkeit nicht anmerken zu lassen.

Der Ball wurde freigegeben. Die Zanarkand Abes passten schnell nach vorne, bis der Ball schließlich Shujin erreichte. Er schwamm los, prallte aber schon nach wenigen Zügen gegen die Abwehr der Dacirs. Das Durchstoßen eines Spielers brachte ihn auch nicht weiter. Noch eine Minute Spielzeit,er war viel zu weit vom Tor weg und der andere Torschütze wurde von drei Männern gedeckt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als nach hinten zu passen. Sobald er dies getan hatte, schwamm er weiter nach vorne, immer darauf bedacht, nicht gedeckt zu werden. Als er in etwa noch ein Viertel Spielfeld vor sich hatte, bakam er den Ball zurück. Noch eine halbe Minute zu spielen. Mit schnellen Zügen kamen die Abwehrspieler auf ihn zu. Da tat er das, was niemand erwartet hatte, er schoss. Der Ball sauste im weiten Bogen Richtung Tor.

"Na los doch!", bat Lenne.

Leylis schloss die Augen diesmal nicht.

"Toooooor!"

Im gleichen Moment ertönte der Schlusspfiff.

Sie hatte das Gefühl, als erbebte die Halle unter dem Jubel der Zuschauer. Die Zanarkand Abes drehten eine Ehrenrunde und verließen dann genau wie die Illuminum Dacirs die Halle. Dann wurde ihnen draußen vor dem kugelartigen Spielfeld, welches in der Luft zu schweben schien, der Pokal überreicht.

Nach und nach lehrte sich das Stadium. Lenne und Leylis gingen zu den Umkleidekabinen, bis ihnen ein freudestrahlender Shujin entgegenkam. Sie gratulierten ihm und machten sich dann auf den Heimweg, während sie über das Spiel diskutierten. Es war inzwischen Abend geworden.

Nach einer Weile trennte sich Shujin von den Mädchen, da er in eine andere Richtung gehen musste und noch waren Lenne und er nicht zusammengezogen.

Als die beiden Freundinnen an der Stelle angekommen waren, an der sie sich trennen mussten, hielten sie noch kurz inne.

"Versprich mir aber bitte, dass du nicht jetzt noch lernst, ja! Schließlich musst du morgen ausgeschlafen sein.", Lenne blickte sie ernst an.

"Mach ich nicht! Ich denk heute abend höchstens noch über das Spiel nach...", erwiederte Leylis.

"Das kannst du gern tun", meinte Lenne grinsend, "vor allem sein letztes Tor war doch wohl ein super Schuss."

"Sphäroschuss", ergänzte Leylis lächelnd, verschwand in Richtung ihres Hauses und ließ eine leicht verwirrte Lenne hinter sich zurück...
 

°°°
 

Tidus erwachte, von dem Dröhnen eines Signals, dass quer über die ganze Insel schallte. Es war der Ton eines Schiffes, das im Begriff war, abzulegen. Langsam öffnete er die Augen. Neben ihm keine Yuna... Sie war vermutlich mal wieder pünktlich aufgestanden.

Heute war es soweit, der Beginn der Blitzballliga stand bevor. Heute würde ganz Spira auf dem Weg nach Luca sein, denn dort stand das Blitzballstadium. Tidus dachte an all die Bewohner auf Besaid, die sich heute auf das Schiff quetschen würden, das den Transportweg nach Luca darstellte.

"Oh, verdammt! Das Schiff!"

In einem rekordbrechendem Tempo rannte Tidus aus dem Haus heraus und war schon auf halben Weg Richtung Strand, als ihm einfiel, dass sie doch gar nicht mit dem Schiff fahren wollten. Yuna, Wakka, Lulu und er selbst würden nämlich auf dem Luftweg nach Luca kommen und da dies wesentlich schneller als mit dem Schiff ging, welches zudem zwischendurch auch noch in Kilika Halt machen würde, verließen sie die Insel auch etwas später.

Als er langsam wieder zum Dorf pilgerte, kam Wakka ihm über das ganze Gesicht grinsend entgegen.

"Willst dich wohl mittels Kurzstreckenläufen im Form halten, was?"

"Ja sicher, Sport am Morgen ist gesund und schließlich sind heute wichtige Spiele! Dir würde noch ein wenig Training auch nicht schaden...", revanchierte sich Tidus.

Lulu trat ihnen aus Richtung ihres Hauses entgegen:

"Oh nein! Nicht noch mehr Training! Ihr wart schon die ganzen letzten Tage allerhöchstens mal zum Essen aufzutreiben und das so ziemlich jedes Mal verspätet!"

"Da geb ich Lulu Recht, außerdem werden wir bald abgeholt. Wir sollten uns so ganz allmählich auch zum Strand begeben." Yuna trat zu ihnen heran:

"Schön, dass du endlich wach bist, Siebenschläfer!"

Lachend machte sich das Quartett nach dem letzten Vorbereitungen auf den Weg. Auf ein Mal fiel Tidus auf, dass etwas anders war als sonst. Es dauerte ein Weilchen, bis ihm klar wurde, was ihn störte:

"Hey, nehmt ihr Vidiny eigentlich nicht mit?"

"Nein", antwortete Lulu, "ich lasse ihn bei Diane. Sie möchte sich dieses Mal nur das Finale der Liga anschauen und bleibt deshalb im Dorf. Ihr macht es nichts aus sich um Vidiny zu kümmern und außerdem kennt er sie."

"Aber warum nehmt ihr ihn denn nicht mit?", wollte nun auch Yuna wissen.

Lulu drehte sich zu ihr um:

"Tja, weißt du, ich glaube erstens nicht, dass im die Fahrt im Flugschiff so gut bekommen würde und außerdem ist er noch ziemlich klein und mag es nicht, wenn es sehr laut um ihn herum ist. Das wird sich bei den Blitzballspielen aber wohl kaum vermeiden lassen..."

"Ok, ich versteh schon!"

Inzwischen waren sie auf dem Strand angelangt. Das Meer war traumhaft schön und der Himmel tiefblau und klar. Sie hatten einen wunderbaren Ausblick, denn es war kein Flugschiff weit und breit erkennbar...

"Und jetzt?", fragte Wakka.

Yuna seufzte: "...hoffen wir darauf, dass das Möwenpack uns nicht vergessen hat und möglichst noch rechtzeitig hier auftaucht!"

Tidus setzte sich mit den anderen nahe des Wassers auf den weichen Sand. Vor zwei Jahren hatte Yuna auch mit zum Möwenpack gehört, das hatte sie ihm erzählt. Es war eine Gruppe von Spherehuntern, die sich nach wie vor immer auf der Suche nach den etwas über faustgroßen kugelartigen Gegenständen befand.

Die derzeitige Gruppe bestand hauptsächlich aus Al Bhed, einem Volk, dem man in Spira lange Zeit Verachtung entgegen gebracht hatte, weil sie ein hervorragendes Verständnis für Maschina, also roboterähnliche Maschinen, und andere technische Spielereien hatten. Inzwischen war ihr Ruf jedoch wieder hergestellt, doch war die einstige Abgrenzung zu ihnen zumindest noch an ihrer anderen Sprache erkennbar. Er selbst hatte kurz nachdem er nach Spira gekommen war die Sprache der Al Bhed gelernt und Yuna musste dies innerhalb der zwei Jahre getan haben, die er verschwunden war. Es störte ihn noch immer, dass er diese Zeit einfach verpasst hatte.

Er hatte so vieles nicht miterlebt. Vidinys Geburt, die Aufruhr in Spira als Monster aus den Tempeln strömten,

das Erscheinen der Geister von Lenne und Shujin, Yunas ersten Auftritt als Sängerin und vieles mehr...

Yuna hatte ihm ausführlich berichtet was wann geschehen war und dennoch war ihm, als fehle ihm ein Stück seines Lebens.

Vor allem Yunas ersten Auftritt hätte er gerne gesehen. Sie hatte sich sehr verändert in den zwei Jahren, die er nicht dagewesen war. Noch ein Grund, warum er dies bedauerte.

Aber warum auch nicht? Sie hatte eine wunderschöne Stimme und tanzen konnte sie auch noch. Wo er so darüber nachdachte fiel ihm noch etwas ein...

"Sag mal, war dein Konzert nicht auch heute?", wandte er sich an Yuna.

Diese sah ihn mit leuchtenden Augen an:

"Du hast dich wirklich noch daran erinnert und das obwohl ihr seit Tagen nur noch Blitzball im Kopf habt. Mein Konzert ist vor dem ersten Spiel. Ich werde es also auf keinen Fall verpassen."

"Heute ist echt dein Konzert?" Wakka blickte sie mit großen Augen an: "Warum hast du das denn nicht gesagt?" Lulu schüttelte den Kopf:

"Wann denn? Ihr wart doch von morgens bis abends weg und außerdem hättest du ihr sowieso nicht zugehört. Meinst du also wirklich, dass es Sinn gemacht hätte, mit euch zu reden?"

Wakka wirkte, als wollte er irgendwas auf die Worte seiner Frau erwiedern, doch er kam nicht mehr dazu, denn genau in diesem Moment schwappte eine gewaltige Welle über sie alle hinweg. In ihr Gespräch vertieft, hatten sie die Celsius, das Flugschiff des Möwenpacks, erst bemerkt, als es im seichten Wasser vor ihnen landete und sie alle mit reichlich Meerwasser durchnässte.
 

°°°
 

"Heute ist es endlich so weit. Wenn ich die heutige Prüfung schaffe, dann bin ich ein richtiges Medium. Weißt du, davon hab ich geträumt, seit ich das erste Mal gesehen hab, wie jemand eine Bestia beschwört hat. Heute hab ich die Chance meinen Traum warzumachen. Stell dir das mal vor!"

Leylis textete mit überzeugender Miene einen kleinen gelben Plüschvogel zu. Sie hatte keine Ahnung, was das eigentlich für ein Tier sein sollte, aber sie hatte ihn von ihrer Mutter geschenkt bekommen und fand ihn süß. Außerdem brauchte sie unbedingt jemanden, der ihr zuhörte und da sie allein lebte, kam ihr das Plüschtierchen gerade recht.

Sie war schon ziemlich lange alleine. Ihre Mutter war an einer bis dahin noch vollkommen unerforschten Art von Fieber erkrankt, als sie sechs Jahre alt war. Und ihr Vater hatte sich mit einem Schiff auf eine Reise begeben, um ein Gegenmittel zu finden. Etwa eine Woche später wurde ihr und ihrer Mutter mitgeteilt, dass ihr Vater bei einem Sturm ums Leben gekommen sei. Ihre Mutter hatte daraufhin keine Kraft mehr gehabt noch gegen die Krankheit anzukämpfen und starb in der darauffolgenden Nacht.

Sie war von diesem Zeitpunkt an auf sich alleine gestellt gewesen. Doch hatte sich eine Nachbarin um sie gekümmert und deshalb konnte Leylis in der Wohnung ihrer Eltern bleiben. Die Nachbarin starb acht Jahre später, weil sie schon etwas älter gewesen war. Als Leylis sechzehn war, also vor drei Jahren hatte sie sich selbst eine neue Wohnung gesucht. Vorher hatte sie sich einfach nicht von der alten Umgebung trennen können.

Und jetzt hockte sie auf dem Bett und erzählte einem Plüschvogel, wie sehr sie diesen Tag herbeigesehnt hatte. Und genau das tat sie nun schon seit vier Uhr morgens.

"Wenn ich die Prüfung schaffe, hab ich auch Lenne endlich eingeholt. Dann bin ich mit ihr auf einer Stufe und werde hoffentlich endlich aufhören, meine Leistungen mit ihren zu vergleichen..."

Doch plötzlich schlug ihre fröhliche Stimmung in Verzweiflung um:

"... aber was ist, wenn ich versage, wenn ich durchfalle, dann ist meine Situation noch schlechter als vorher. Ich hätte mehr lernen müssen!

Wenn wir getestet werden, weiß ich die Formeln sicher wieder nicht..."

Leylis begann in ihrem Zimmer hin und her zu patroulieren.

Vielleicht könnte Lenne ja die Formeln noch einmal mit ihr durchgehen. Dann hätte sie diese noch einmal wiederholt und das half ihr bestimmt. Sichtlich erleichtert machte sie sich auf den Weg zu ihrer Freundin, stand kurze Zeit später vor deren Wohnungstür und klopfte an. Nach einer Weile öffnete Lenne mit verschlafenem Blick die Tür und starrte Leylis verblüfft an. Diese machte sich jedoch sofort daran, ihr Anliegen vorzubringen. Nachdem sie fertig war schaute Lenne sie noch irritierter an.

"Und deshalb bist du jetzt hier?"

"Tja, ich konnte eh nicht mehr schlafen und dachte, dass ich mich genauso gut auch schon jetzt darum kümmern könnte. Ich hab auch überlegt, ob ich schon mal in die Schule gehen soll... "

Lennes Ausdruck nahm immer interessantere Züge an:

"Leylis, es ist sechs Uhr früh, deine Prüfung beginnt erst am Nachmittag um halb zwei!"

"Ja sicher, aber weißt du ich denke ich sollte noch mal die Formeln wiederholen..."

"Na schön.", ergab sich Lenne und ging geduldig mit ihrer Freundin sämtliche Formeln für Schwarz- und Weißmagie durch. Dann noch ein zweites und ein drittes Mal.

Inzwischen hatte es halb neun.

"Lass uns die Formeln noch mal durchgehen!", bat Leylis.

"Nein, jetzt reichts. Du hast sie dreimal hintereinander alle fehlerfrei runtergerattert. Ruh dich jetzt aus! Es dauert noch, bis du zur Prüfung musst."

"Aber...", setzte sie an, doch aufgrund von Lennes Gesichtsausdruck schwieg sie schnell wieder.

Nach einer Weile begann sie jedoch wieder auf und ab zu marschieren, bis Lenne ihr nun leicht genervt vorschlug, sich hinzulegen und noch ein Weilchen zu schlafen. Als sie entgegnete, dass sie nicht müde sei, stand Lenne stöhnend auf.

"Somnia!", rief sie und kurz darauf schlummerte Leylis seelenruhig auf dem Sofa in Lennes Wohnung. Diese betrachtete zufrieden ihr Werk. Nicht nur, weil sie jetzt endlich Ruhe hatte, sondern auch, weil sie offensichtlich immer noch gut mit Weißmagie klarkam und weil ihre Freundin sich nun doch mal etwas Erholungszeit gönnte, wenn auch nicht ganz freiwillig...
 

°°°
 

"Yuni!!!"

Mit einem Platschen landete Rikku neben Yuna. Ihre Cousine fiel ihr um den Hals und umarmte dann nacheinander auch alle anderen und während sie das tat redete sie ununterbrochen...

"Schön euch alle wiederzusehen! Los kommt schon mal rein. Paaemihk! Wir sind ein bisschen spät dran, weil wir noch in Bikanel waren, die Stadt wird immer schöner, aber die Sandsturmschutzanlage funktioniert immer noch nicht richtig und wir mussten helfen, sie zu reparieren. Fyn helrd kyhw aehvylr. Ich hab fleißig trainiert, wir schaffen die Spiele heute locker und ich freu mich auf dein Konzert Yuni! Sagt mal, warum seid ihr eigentlich alle so nass..?"

Tidus musste unwillkürlich grinsen. Manche Leute änderten sich eben nie und Rikku war so ein Fall. Genau so kannte man sie: fröhlich, munter und immer ein wenig aufgedreht. Außerdem fiel sie auch nach wie vor immer noch mal in ihre Heimatsprache, die Sprache der Al Bhed, zurück.

Äußerlich hatte sie sich auch kaum verändert. Ihr strohblondes Haar war immer noch ein einziges Wirrwarr aus Federn, Perlen und Bändern. Dann trug sie ein recht knappes, rotes Oberteil und dazu eine beigefarbende Jacke ohne Ärmel, einen ebenfalls beigen Minirock und einen gelb-roten Fransengürtel. Ihre Stiefel waren mittellang, hellblau mit beige abgesetzt und passten zu den Handschuhen, die sie trug.

Nach und nach stiegen sie alle an Bord der Celsius, die im Gegensatz zu dem krebsrot von vor zwei Jahren, nun dunkelblau gestrichen war. Auf beide Seiten des Schiffes hatte sich zudem jemand -Tidus tippte auf Kumpelchen, weil dieser gut mit dem Pinsel umgehen konnte- künstlerisch betätigt und pro Seite eine strahlend weiße Möwe auf das Schiff gemalt, das dem Namen des Spherehunterteams nun alle Ehre machte.

Dann wurde erst einmal der Rest der Crew begrüßt: Gippel, sowie auch Brüderchen und Kumpelchen, die beide immer noch wie früher aussahen und in ausgeleierten Latzhosen durch die Gegend rannten.

Der Rest des Möwenpäcks hing irgendwo in der Weltgeschichte rum oder war schon längst in Luca.

Rikkus Bruder, war jedoch nicht von ihr zu trennen und Kumpelchen folgte ihnen auf Schritt und Tritt. Seit etwa einanhalb Jahren war auch Gippel ständig mit von der Party, was ,wie Yuna ihm erzählt hatte, wohl hauptsächlich an Rikku lag...

Nachdem sie bei Mr Schank, dem Barkeeper der Celsius, ihren Durst gelöscht hatten, gingen alle wieder auf die Brücke. Kumpelchen startete die Celsius und schon waren sie Richtung Luca unterwegs.

"Wie läufst denn nun eigentlich genau in Bikanel?", wollte Tidus wissen.

"Es sieht immer besser aus. Die Al-Bhed dort leisten ganze Arbeit.", meinte Gipppel.

"Nada und Cid treiben sie aber auch ganz schön...", ergänzte Kumpelchen.

Yuna lächte vor sich hin. Tidus meinte den Grund zu kennen. Cid, der Vater von Rikku also Yunas Onkel, mochte derartige Unternehmungen. Vor zwei Jahren wollte er das zerstörte Zanarkand zur Touristenstadt aufbauen. Seine Idee scheiterte aber an dem Unwillen von Rikku und Yuna, sowie an einigen paarungsfreudigen und geschäftsruinierenden Äffchen.

Es war aber immer auch Cids Traum gewesen, das Heim der Al Bhed, welches vor vier Jahren zerstört worden war, wieder aufzubauen. Dass er sich nun an dem Bau der Stadt im Bikanel beteiligte war nur sinnvoll.

"Hat die Stadt inzwischen eigentlich einen Namen?" Lulu begann, sich ebenfalls für das Thema zu interessieren.

"Jep", meinte Brüderchen zufrieden, "Bikanels Stadt wird zukünftig Raes Cuhha heißen!"

Nun war es an Tidus zu grinsen, als ihm auffiel, wie die Leute, die nun schon seit fast zwei Jahren dabei waren die Stadt zu bauen auf diesen Namen kamen.

Rikku und Gippel gingen danach nochmal Richtung der Quartiere. Sobald sie außer Reichweite waren, gingen Tidus und Yuna zu Brüderchen.

"Na, wie läufst denn zwischen den beiden?", fragte Yuna, während sie ihnen nachblickte.

"Tja, wenn du dich nach dem Spruch "Was sich liebt, das neckt sich" richtest und ihre Liebe daran misst, wie oft sie sich ärgern, müssten sie demnächst heiraten."

Sie lachten alle zusammen, bis sie von Kumpelchen unterbrochen wurden.

"Wir sind so gut wie da! Macht euch zum Landen bereit!"

Nun kamen auch Gippel und Rikku wieder auf die Brücke. Sie flogen direkt auf die Stadt Luca zu. Das erste, was einem an ihr auffiel war das Blitzball Stadium, welches nun auch ihr Ziel war, da Yunas Konzert ebenfalls dort stattfinden sollte.

"Dock 1-3 sind für die Schiffe reserviert, deshalb werden wir bei Dock 4 landen", erklärte Kumpelchen.

Wenig später stand die Celsius sicher an der besprochenen Stelle und die Mannschaft machte sich daran zum Stadium zu gehen.

"Habt ihr eigentlich an die Kostümsphäroiden gedacht?" Gippel warf einen zweifelnden Blick auf Yunas Kleidung: "Oder willst du etwa so auftreten?"

Tidus wusste schon wovon er redete. Kostümsphäroiden waren eine praktische Sache. Man konnte mit ihnen sein Äußeres verändern, wenn man die Kraft, die auf einem solchen Späroiden gespeichert war ausnutzte. Das funktionierte zwar nicht immer ganz ohne Probleme, denn es konnte sein, dass die Erinnerungen, die an dem Sphäroiden hafteten sozusagen ein Eigenleben entwickelten, aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen hatte Yuna bisher immer bei ihren Auftritten den Kostümsphäroiden benutzt, der die Erinnerung an Lenne in sich trug.

"Hey, versuch ja nicht, Yuni zu kritisieren! Sie ist eine super Sängerin.", meldete Rikku sich nun zu Wort.

"Naja, viel schlimmer als du kann sie schließlich nicht sein...", gab Gippel zurück

Rikku lief leicht rosa an: "Das kannst du Maschinchenverliebter eh nicht beurteilen! Pmuatsyhh!"

"Das sagt die Richtige, du schraubst doch in jeder freien Minuten an irgendwelchem Schrott herum... saeha Meapa!", konterte Gippel.

Rikku sah ihn irritiert, wenngleich auch etwas gereizt an. Dann ging sie voran und schmollte, zumindest für die nächsten fünf Minuten.

Tidus warf Yuna einen viel sagenden Blick zu, doch dann waren sie auch schon beim Stadium angekommen und eine Reihe von Fans strömte ihnen entgegen. Keine Blitzballfans, sondern Leute, die ganz versessen darauf waren, Yuna singen zu hören. Yuna beantwortete ihre Fragen geduldig, nur als erneut die Frage nach ihrem Kostüm auftauchte, bat sie die Leute sich ihr Konzert doch einfach anzusehen.

Nachdem die Fans erstmal Luft holen mussten, weil ihnen so schnell keine Frage mehr auf der Zunge lag, ging die Gruppe zügig in die große Halle hinein, bevor noch mehr kamen. Dann teilten sie sich auf: Yuna ging mit Tidus und Rikku durch einige Seitengänge, bis sie in dem Aufenthaltsraum ankamen, wo Yuna vor ihrem Auftritt warten sollte. Die anderen gingen schon mal zu den Zuschauerreihen, um Plätze zu sichern.

"Tja, viel Zeit zum Vorbereiten hast du sicher nicht mehr, Yuni... Bist du nervös?"

Yuna sah Rikku unsicher lächelnd an: "Was glaubst du denn? Ich hab keine Ahnung, wie ich da raus kommen soll..."

"Ach komm schon, du machst das doch nicht zum ersten Mal. Du schaffst das! Bestimmt!"

Damit dass Yuna schon häufiger gesungen hatte, war Rikku durchaus im Recht. Seit Yuna den Leuten die "Ewige Stille Zeit" gebracht, indem sie [Sin] besiegt hatte, waren die Media nur noch begrenzt von Nöten. Vorher hatte eine Stille Zeit eine Dauer von zehn Jahren. Danach war [Sin] zurückgekehrt und brachte wieder Unglück über Spira, so dass die Medien auch dann wieder die einzige Hoffnung boten.

Da Yuna als letztes Hohes Medium zwar großes Ansehen genoss, aber eigentlich keine wirklich Aufgabe mehr hatte, war sie Sängerin geworden. Dass sie Talent dafür hatte, hatte sie auch innerhalb der zwei Jahre heraus gefunden, die er selbst verpasst hatte. Er hatte jedoch inzwischen einige ihrer Auftritte gesehen und soweit sich das von ihm beurteilen ließ, war Yuna vor jedem aufgeregt.

"Also, ich geh jetzt rüber zu den anderen und warte wie der Rest der Halle sehnsüchtig auf deinen Auftritt. Viel Glück, Yuni!", damit verabschiedete sich Rikku und ließ ihn noch einen Augenblick mit Yuna alleine. Eine Frau streckte kurz darauf ihren Kopf durch die Tür:

"Noch drei Minuten, Lady Yuna!" Daraufhin verschwand sie wieder.

"Na, steigt die Nervösität?", fragte Tidus und betrachtete seine Frau kritisch. Yuna lachte, als sie seinen Blick sah:

"Egal! Hauptsache, sie ist in der Halle weg und das war bisher immer so..."

"Na dann zeig ihnen mal, was in dir steckt und sing von ganzem Herzen. Wenn du nicht fröhlich bist, dann klappt das nicht!"

"Jetzt willst du mich auch noch zwingen, Spaß zu haben, was?", lachte Yuna.

"Eigentlich nicht, aber da es gerade so schon funktioniert... Gut, jetzt hast du die richtige Laune. Außerdem wird mich diese Frau von eben so oder so gleich rauswerfen. Also geh ich jetzt und warte in der Halle auf dich. Viel Glück!"

Kurz darauf gesellte sich Tidus zu dem Rest der Gruppe und wenig später ging das Licht aus. Es wurde totenstill in der Halle. Dann ganz allmählich begann in der Mitte der Bühne, die nur eine Art Plattform war, ein Licht zu leuchten. Es wurde immer heller, bis Tidus erkennen konnte, das es von Yuna auszugehen schien, die in dessen Mittelpunkt stand. Ihm war klar, dass sie den Kostümsphäroiden dafür benutzt haben musste, aber was genau hatte sie bloß damit angestellt? Nach einigen Sekunden kam die größte Helligkeit nicht mehr von Yuna, -das Licht ihres Sphäroids war fast verblasst und sie hatte nun ihr Sängerkostüm an- sondern nun von der Plattform, auf der sie stand. Sie begann zu singen. Tidus hatte das Lied noch nie gehört, doch er hörte den Titel "Everything I Do" dank dem mitreißenden Refrain bald heraus. Yuna musste heimlich geübt haben. Es klang wunderschön, hatte sowohl schnelle als auch langsame Passagen und an einigen Stellen des Liedes spritzte beleuchtetes Wasser wie eine Fontaine aus dem Boden und an ihr vorbei. "Wunderschön...", seufzte Rikku neben ihm.

Halb Spira lauschte andächtig dem Lied. Doch Tidus vergaß bald die vielen anderen Menschen. Er kam sich vor, wie in einer anderen Welt und als sänge Yuna nur für ihn...
 

°°°
 

Sie tanzte auf einem Platz umhüllt von lauter durch die Luft schwebenden, leuchtenden Geistern. Ihre Haare flogen durch die Luft. Chronis breitete die Flügel aus und sah sie erwartungsvoll an. Einen Moment geschah nichts, dann sagte sie:

"Ruf sie!"

"Was..?"

Leylis erwachte und erinnerte sich an den Traum, den sie soeben gehabt hatte. Eine Frau war darin vorgekommen. Eine Frau mit hellbraunen Haaren und sie hatte getanzt. Außerdem hatte sie Chronis gesehen. Chronis war ihre Asthra, eine Bestia, die sie rufen konnte, wenn sie Hilfe benötigte. Sie mochte Chronis sehr. Zusammen mit Tineris war sie ihre Lieblingsasthra, obwohl sie auch schon andere, wie zum Beispiel Phönix oder Odin gerufen hatte. Odin war eine Klasse für sich und sie hatte zu dem Zeitpunkt, da sie es geschafft hatte, ihn während einer Unterrichtsstunde zu rufen ein großes Lob erhalten. Dennoch rief sie meist einen ihrer Lieblinge.

"Na, gut geschlafen?" Lenne trat zu ihr und sah sie prüfend an. Erst jetzt registrierte Leylis, dass sie sich noch immer in Lennes Wohnung und auf deren Sofa befand.

"Du siehst etwas verwirrt aus. Alles in Ordnung?", fragte Lenne nun ihre Freundin.

"Ja sicher. Ich hab bloß geträumt... Moment mal, ich hab geschlafen? Wie hast du..? ... Somnia?"

Lenne nickte leicht. Leylis blickte sie halb verärgert, halb beeindruckt an, bis ihr etwas einfiehl..:

"Wie spät ist es? Ich werde zu spät zur Prüfung kommen. Außerdem hab ich gar nicht mehr gelernt... ich hab geschlafen! Wie konntest du mir das nur antun? Jetzt schaff ich die Prüfung sicher nicht..."

"Beruhig dich, es hat erst halb elf. Du hast noch über drei Stunden Zeit. Aber jetzt erzähl mal, wovon hast du geträumt?"

Leylis berichtete ihr, was in dem Traum passiert war. Lenne sah sie nachdenklich an.

"Das klingt wirklich seltsam..." Leylis winkte ab:

"Hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten und außerdem war es ja auch kein langer Traum. Aber jetzt hat er mich wieder an meine Prüfung erinnert, an den letzten Teil der Prüfung..."

"Keine Sorge, den schaffst du auch." Lenne verstand es wirklich einen aufzubauen.

"Aber was ist, wenn es Chronis oder Tineris trifft?" Sie selbst sah der kommenden Prüfung immer noch kritisch ins Auge.

"Dann macht das auch nichts. Du kennst die beiden besser als irgendjemand anderes. Was soll dir also passieren?"

Damit hatte Lenne vermutlich Recht. Sie hatte noch nicht oft gesehen, dass jemand anderes Chronis oder Tineris beschworen hatte. Die beiden waren schwer zu kontrollieren. Ihr selbst gehorchten sie jedoch immer ohne zu zögern, was Leylis unglaublich stolz machte.

"Ok, ich geh jetzt besser!", sagte sie und war schon Richtung Tür unterwegs.

"Aber hoffentlich nicht in die Schule..", wandte Lenne ein.

"Nein keine Sorge, ich will noch was anderes machen."

Ehe Lenne noch nachfragen konnte, war ihre Freundin auch schon verschwunden.

Leylis rannte durch die Stadt, bis sie endlich an ihrem Ziel angelangt war, dem Blitzballstadium. Sie ging hinein und wenig später trieb sie durch das kristallklare Wasser. Das machte sie immer, wenn sie nachdenken wollte, oder einfach Ruhe brauchte und die hatte sie nun dringend nötig.

Was, wenn es Odin war. Hatte sie dann überhaupt noch eine Chance? Lenne hatte ihr erzählt, dass sie gegen Ramuh gekämpft hatte. Sie hatte das Glück gehabt, die Elemente ausnutzen zu können und Efrye gerufen. Mit dem heiligen Drachen, der als Element sowohl Wasser und Wind als auch Himmel hatte, war ihr ein schneller Sieg sicher gewesen, zumal Efrye ihre bevorzugte Asthra war. Leylis hatte ihn auch schon ein paar Mal gerufen, was wenn er gewählt wurde...

Sie lag noch einige Zeit im Wasser und beruhigte sich ein wenig. Als sie sich in Richtung Schule aufmachte, war es zwanzig nach eins. Leylis kam rechtzeitig in der Schule an und hatte noch ein wenig Zeit, bis der erste Teil der Prüfung, Theorie der Schwarzmagie, begann.

Auf dem Schulhof kam Lenne ihr entgegen:

"Na, wie gehts?"

"Ich hab das Gefühl, als würden sich meine Beine jeden Moment auflösen und steh kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber ansonsten ist alles in Ordnung. Immerhin ist die erste Prüfung in Schwarzmagie, da kann nicht so viel passieren."

Sie redeten noch eine Weile, bis eine helle Glocke, das Ende der Wartezeit ankündigte. Leylis machte ein Gesicht, als wenn sie gleich umkippen würde.

"Na gut, ich sollte mich besser beeilen...", sagte sie.

Lenne trat an sie heran und umarmte sie für einen Moment:

"Viel Erfolg und alles Gute! Es wird schon nicht so schlimm werden. Nur noch ein paar Stunden, dann sind wir beide Medien. Ich erwarte dich!"

Wenig später fand Leylis sich in einer etwas größeren Halle wieder. Wie sie dort hineingekommen war, wusste sie selbst nicht mehr so genau, aber nun war sie da und starrte auf eine Magierin, die gerade ihre Prüfungsbögen austeilte. Es war mucksmäuschenstill in der Halle und das obwohl neben Leylis noch 14 andere angehende Media geprüft wurden, jedenfalls in ihrer Gruppe. Es gab noch eine weitere Gruppe, die ebenfalls aus 15 Leuten bestand.

Nachdem sie ihren Bogen hatte, überflog Leylis kurz die Aufgaben.

"Wie würden Sie ein Eismonster angreifen?"

"Welches Element besitzt Flare?"

"Wie heißt die Formel zu Blitz?...."

Sie fand auf den ersten Blick keine Schwierigkeit... und dabei blieb es auch. Sie konnte alle Fragen problemlos beantworten und selbst die Formeln fielen ihr leicht. Für jeden Zauber benötigte man eine Formel, auf die man sich konzentriert, während man gleichzeitig an den Zauber denkt. Wenn man die Kraft des Zaubers in sich spürt, nennt man seinen Namen und macht eine Bewegung, um ihn einzusetzten. Dabei ist es völlig egal, was für eine Bewegung das ist, solange sie für einen selbst die gewünschte Bedeutung hat. Leylis benutzte dafür häufig die Hände bzw. die Arme. Mit Weißmagie funktionierte das eigentlich genauso, nur das es ihr hier immer schwerer fiel, sich auf die Formel und die Wirkung gleichzeitig zu konzentrieren.

Sie beantwortete die letzte Frage:

"Welches ist der stärkste Schwarzmagiezauber?"

Anschließend ging sie nach vorne, gab das Blatt ab und verließ den Raum. Sie setzte sich in den Aufenthaltsraum. Die Prüfer hatten es sich zu Nutze gemacht, dass kaum einmal zwei Leute gleichzeitig fertig wurden. So teilten sie sich auf und für die Einzelprüfungen entstanden keine langen Wartezeiten. Deshalb wurde auch Leylis kurze Zeit später abgeholt.

"Glückwunsch, die Theorie hätten sie geschafft, folgen Sie mir bitte, dann gehen wir zum praktischen Teil über." , sagte eine kleine Magierin und eilte dann voraus, sodass Leylis ihr hinterherrennen musste und keine Zeit hatte, sich großartig zu freuen. Schließlich landeten sie in einem schlicht eingeräumten Zimmer, wohl damit es nicht viel gab, was durch fehlgeschlagene Zauber beschädigt werden konnte.

Die nächste Prüfung verlief ziemlich banal. Leylis musste eine Reihe von Zaubern, welche die Magierin ihr vormachte erkennen und dann selber einige vorführen, wobei dies häufig mit kleinen Aufgaben verbunden war, wie zum Beispiel einen Eisblock schmelzen oder eine Kerze anzünden.

Abgesehen davon, dass sie diese nicht nur anzündete, sondern auch dazu brachte, innerhalb von Sekunden auf dem Tisch zusammenzuschmelzen, lief alles bestens und Leylis durfte sich nach dem zweiten bestandenem Teil erst einmal ausruhen. Sie wurde in einen weiteren Aufenthaltsraum geschickt, wo sie auch etwas zu trinken bekam. Hier hatte sich schon in etwa ein Viertel ihrer Gruppe eingefunden. Jetzt mussten sie auf den Rest der Leute warten, bis der nächste Teil beginnen konnte. Leylis warf einen Blick auf die Uhr. Es war fünf vor halb vier und um punkt vier sollte es weitergehen. Die Minuten kamen ihr endlos lang vor, bis endlich alle in eine weitere Halle strömten, die ziemlich viel Ähnlichkeit mit der ersten hatte. Etwa drei viertel der ursprünglichen Gruppe hatten es bis dorthin geschafft. Die theoretische Weißmagieprüfung lag vor ihnen. Nervös spielte Leylis mit dem gelben Plüschvogel, den sie heute morgen zugequatscht, und sich extra für solche Momente, in denen sie das Gefühl hatte, nichts mehr zu schaffen, mitgenommen hatte. Wenig später wurden die Bögen ausgeteilt und Leylis überflog ihre Aufgaben.

"Womit kann man den Zustand Gift heilen?"

"Was bewirkt Engel?"

"Was ist der Unterschied zwischen Immunität und Resistenz?"

"Wie würden Sie sich gegen einen Feuerzauber schützten?..."

Leylis seufzte auf. Das war noch erträglich. Abgesehen davon, dass sie keine Ahnung hatte, was der Unterschied zwischen Immunität und Resistenz war, konnte sie alle Fragen einigermaßen sicher beantworten.

Als sie fertig war überprüfte sie kurz ihre Antworten und gab dann ab. Mit zitternden Knien setzte sie sich in den Aufenthaltsraum und wartete, bis eine Heilerin kam und sie beglückwünschte. Dann folgte sie der Weißmagierin in den nächsten Prüfungsraum, in dem sich zu Leylis Überraschung eine ganze Reihe von Leuten befanden, die sich in einem Halbkreis aufgestellt hatten.

Sie stellte sich in dessen Mitte, weil dort ein Platz frei war. Eine Schwarzmagierin, eine Weißmagierin und ein Blitzballspieler traten aus einer Ecke hervor. Leylis starrte den ihr unbekannten Spieler an und fragte sich, was zum Teufel der denn hier zu suchen hatte. Als hätte sie die Frage gehört, begann die Weißmagierin zu erklären:

"Weißmagie ist in erster Linie eine Kunst, um zu schützen und zu heilen."

Der Blitzballspieler zeigte eine Verletzung an seinem Arm.

"Heile ihn!"

Leylis tat, was ihr gesagt worden war und der Spieler dankte ihr kurz, bevor er sich in einiger Entfernung mit den Magierinnen aufstellte.

"Und nun, beschütze die Leute, die dich umgeben."

Entsetzt sah sie, wie ein Feuerball auf einen der im Halbkreis aufgestellten Leute zuflog. Er machte keine Anstalten, sich zu bewegen.

"Exfeu!", rief sie und der Feuerball erlosch. Außerdem wurden alle anderen Leute nun von einer Feuerseele beschützt. Doch kurz darauf bemerkte Leylis, dass es auf einmal kühler wurde.

"Exeis!", sagte sie und keinen Moment zu früh. Mit Exblitz und Exwass sorgte sie dann dafür, dass alle ihre Leute vorerst rundum Schutz hatten. Allerdings geschah dann etwas, womit sie nicht gerechnet hatte: Ein Blitzball flog mit unglaublicher Geschwindigkeit auf den Mann rechts neben ihr zu.

"Protes!", rief Leylis aus und der Mann zuckte nur leicht zusammen, als er getroffen wurde. Mit Vita heilte sie ihn anschließend. Dann blickte sie zu jedem ihrer Leute hinüber, doch keiner schien in Gefahr zu sein. Auf niemanden flog irgendetwas zu. Sie blickte nach vorn und nahm ein helles Leuchten direkt vor ihrem Gesicht war. So schnell konnte sie auf keinen Fall erkennen, was für ein Zauber das war. Sie spürte ein Brennen in ihren Augen.

"Shell!", schrie sie im letzten Augenblick und sackte von der Wucht des Angriffs in sich zusammen.

Die Weißmagierin lief auf sie zu und heilte sie.

"Auch wenn der Schutz anderer äußerst wichtig ist, solltest du niemals deine eigene Sicherheit vernachlässigen. Dennoch hast du schnell und richtig reagiert und dich auch ansonsten gut geschlagen. Ruh dich kurz aus und komm danach in die große Halle im Nordflügel, dann beginnt der letzte Teil deiner Prüfung. Viel Glück!"

Leylis atmete auf und ging in den Aufenthaltsraum vor der Halle, in der ihre letzte Prüfung stattfinden sollte. Nachdem sie etwas getrunken hatte, fühlte sie sich erhohlt genug und wartete direkt vor der Halle, in der momentan noch jemand anderes geprüft wurde, wie ihr ein Türwächter mitteilte. Sie sah sich interressiert um. Wie auch die anderen Prüfungsräume war dieser Teil der Schule für sie bisher nicht zugänglich gewesen.

Nach einer Weile öffnete sich die Tür und Latishja, eine Schulfreundin von ihr, trat heraus.

"Ich hab es geschafft!", jubelte diese: "Und das, obwohl ich Alexander besiegen musste!"

Leylis gratulierte ihrer Freundin, doch lange mit ihr sprechen konnte sie nicht, denn nun war die Halle frei und der Prüfer wartete bereits. Langsam betrat sie den Raum, in dem die Prüfung stattfinden sollte, von der sie schon so viel gehört hatte. Den ungefähren Ablauf kannte sie, denn dies war die einzige Prüfung, die Jahr für Jahr ziemlich identisch ablief. Der Prüfer würde eine ihrer Bestias rufen und mit dieser gegen sie kämpfen.

Sie selbst musste sich dann mit einer anderen Bestia zur Wehr setzten. Ihre eigene Asthra würde ihr Feind sein. Leylis verabscheute dennoch den Gedanken, gegen sie kämpfen zu müssen.

"Oh, bitte lass es nicht Chronis oder Tineris sein!", flüsterte sie leise, während sie in die Mitte der Halle ging. Dort wurde sie schon erwartet.

"Sind Sie bereit?", fragte ein junger Beschwörer sie. Leylis antwortete mit einem Nicken und wartete angespannt darauf, dass sich die von ihm ausgewählte Bestia zeigte.

Auf einmal leuchtete die gesammte Halle und Leylis wusste schon wen sie vor sich hatte, bevor sie in das Gesicht der Gestalt mit der dunklen Haut und den weißvioletten Haaren blickte. In ein nachtblaues und violettes kurzes Gewand gehüllt und mit einer fließenden Stola über den Augen und um die Arme zeigte sich Tineris.

"Nein..!", stöhnte Leylis.

Doch dann zwang sie sich zur Konzentration. Schließlich wollte sie nicht umsonst so weit gekommen sein. Langsam hob sie den Beschwörerstab vom Boden auf, der ihr dort hingelegt worden war. Ruhig und sicher führte sie die Beschwörung durch. Kurz darauf stand Chronis mit ihrem fast bodenlangem goldbraunem Haar und dem fließendem hellen Gewand sowie ihren Engelsflügeln und einem Schwert neben ihr.

"Bitte hilf mir!", wisperte Leylis. Chronis schwebte leicht wie eine Feder vor sie, bereit zu kämpfen.

Tineris machte den ersten Schritt und stürmte auf sie zu. Obwohl sie keine Waffe besaß, konnten ihre direkten Angriffe sehr gefährlich sein, wie Leylis wusste.

"Weich aus!" rief sie und Chronis blieb tatsächlich unversehrt.

Gleich darauf startete sie einen Gegenangriff mit ihrer besonderen Fähigkeit, dem "Schwert der Zeit", mit dem sie Tineris schwer erwischte.

"Setz Hast ein!", bat Leylis Chronis. Diese erfüllte die Bitte umgehend, musste dafür aber einen Treffer durch Tineris' "Dimensionsloch" einstecken.

Dann startete Chronis einen Angriff und ihre Gegnerin versuchte sich kurz darauf im Zaubern. Leylis lächelte. Tineris beherrschte zwar eine ganze Reihe von Schwarzmagie Zaubersprüchen, aber Chronis mindestens ebensoviele in Weißmagie und dank ihrer ganzen Büffelei, hatte sie jetzt für jeden magischen Angriff auch eine magische Abwehr parat, zumal sie Tineris' Bewegungen und Fähigkeiten in- und auswendig kannte. Nach einigen weiteren physischen Angriffen begann Tineris auf einmal leicht zu glühen.

Oh oh, dachte Leylis, die ist so gut wie auf Ekstase. Um die Bestia nicht selbst in diesen Zustand zu bringen und damit Chronis es schaffte, lockerte sie deren Abwehr. Wie sie es sich gedacht hatte, griff Tineris noch einmal an, verletzte Chronis zwar, brachte diese aber auf Ekstase und zwar gleichzeitig mit sich selbst.

"Setzt die Ekstase "Tor der Zeit" ein!", rief Leylis und währenddessen hörte sie, wie ihr Gegner Tineris aufforderte ebenfalls die Ekstase zu nutzen und diese war wie Leylis nur zu genau wusste "Dimensionstor", ein sehr mächtiger Angriff. Um sie herum breitete sich ein gleißendes Licht aus. Sie hoffte, dass Chronis nur in diesem einen Moment stärker sein würde. Dann spürte sie die Wucht des Angriffs und hatte das Gefühl, als würde sie nach vorne überkippen. Tja, das wars dann wohl mit der Prüfung. Aber moment mal... Selbst wenn Chronis dem Angriff unterlegen war, würde sie nur verschwinden und niemals würde sie selbst Schaden von ihm nehmen.

"Was geschieht hier?", schrie Leylis und fühlte sich, als würde sie sich schnell im Kreis drehen. Vor ihren Augen war immer noch das helle Licht, daraufhin schloss sie diese. Dann plötzlich meinte sie zu schweben. Sie wurde sanft umhergewiegt und war völlig schwerelos. Langsam öffnete sie die Augen. Sie befand sich im Wasser.

Nachdem sie sich kurz orientiert und festgestellt hatte, dass sie nicht sehr tief vor sich hin trieb, tauchte sie rasch auf. Sie befand sich anscheinend in einer Art Meer und war ein ganzes Stück vom Land weg, aber immerhin konnte sie es in einiger Entfernung sehen. Dann stellt sie fest, dass irgendetwas von hinten sehr große Wellen warf. Sie drehte sich um und blickte auf etwas wirklich seeeehr großes, dass sich durch die Wellen flügte. Entsetzt stellte sie fest, dass das Vieh, was auch immer es war, direkten Kurs auf sie hatte und sie binnen der nächsten Sekunden rammen würde, denn so schnell konnte sie nicht wegschwimmen...
 

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Ein ohrenbetäubender Jubel riss Tidus aus seiner Fantasiewelt. Auf einmal wurde ihm wieder klar, dass er sich im Stadium in Luca befand und um ihn herum jede Menge Leute, die Yuna mit ihrem Gesang mitgerissen hatte. Das Konzert war zuende und das Publikum leistete begeistert Beifall. Yuna verbeugte sich einmal kurz, hauchte ein "Danke" ins Mikrophon und verschwand dann von der Bühne und aus der Halle. Währendessen wollte der Jubel kein Ende nehmen. Besonders Yunas neues Lied war ein voller Erfolg gewesen. Tidus lächelte zufrieden vor sich hin. Seine Frau hatte sich mal wieder selbst übertroffen. Sie wurde bei jedem Mal besser. Hoffentlich haben wir nachher beim Spiel genausoviel Erfolg. Mit einem Mal kamen ihm Zweifel, ob sie das schaffen würden. Schließlich waren ihre Gegner schon festgelegt. Im ersten Spiel standen sie den Al Bhed Psyches gegenüber und im zweiten würden sie auf die Luca Goers treffen, beides sehr gefährliche Mannschaften. Da es um die Liga ging, spielte man bisher zwar nur um Punkte, aber meistens wurde es am Ende dermaßen knapp, dass man möglichst am Anfang jeden Punkt mitnehmen sollte, den man ergattern konnte...

Jemand tippte Tidus von der Seite auf die Schulter:

"Hey, sag mal träumst du, oder willst du hier festwachsen? Lass uns gehen! Wie warten am Eingang auf Yuna." Rikku blickte ihn starr und auffordernt an, bis er lachen musste, weil das in ihrem Fall sehr ungewöhnlich aussah:

"Ja, schon gut. Dann mal los!"

Lulu, Wakka, das Mövenpack und Tidus, immer noch grinsend, verließen das Stadium.

Misstrauisch starrte Rikku ihn an:

"Was ist denn so lustig?"

"Das fragst du noch", Gippel stellte sich zwischen die beiden und sah Rikku mit todernster Miene ins Gesicht, "also ich muss mich auch echt beherrschen nicht jedes Mal loszulachen, wenn ich dich sehe..."

"Dich fragt aber niemand, du Maschinenfrühstück!", entgegnete Rikku.

Tidus grinste noch breiter, während Gippel sie immer noch ernst anschaute. Dann wiederholte er mit leicht gerunzelter Stirn ihre Worte:

"Maschinenfrühstück... Oh je, sieht aus, als hättest du mal wieder ein paar Wörter verwechselt, saeha Meapa. Vielleicht solltest du lieber die Sprache sprechen, in der du dich zurechtfindest..."

Rikku lief knallrot an:

"Tyc ecd ymmac hin taeha Clrimt. Ti sylrcd selr nycaht! Eteud!"

"Oh, nicht immer dieser raue Tonfall, das gehört sich nicht! Komm wir spielen 'ne Runde Spherebreak!"

Gippel versuchte sich bei Rikku einzuhaken, was daran scheiterte, dass sie sich losriss und mit immer noch hochrotem Kopf Richtung Marktplatz voranschritt. Gippel folgte ihr.

Inzwischen war Yuna zu ihnen getreten und blickte dem seltsamen Paar überrascht nach:

"Was haben die denn vor..?"

"Sind Spherebreak spielen gegangen.", meinte Wakka:

"Ach so... Na, wie siehts aus Tidus, wollen wir auch gehen?"

Wakka drehte sich zu Yuna:

"Tja, macht das ruhig. Lu und ich wollten eh noch mal kurz in die Sphärenoper. Wahnsinnskonzert übrigens..."

Nachdem auch Lulu Yuna gratuliert hatte, verschwanden die beiden zum eben genannten Ziel. Tidus konnte ihr Vorhaben gut nachvollziehen. Auch Yuna und er besuchte von Zeit zu Zeit die Oper, denn dort konnte man sich Bruchstücke aus den erlebten Ereignissen noch einmal ansehen. Das Ganze funktionierte mit Hilfe von Sphäroiden. Vor allem die Ereignisse der zwei, von ihm verpassten, Jahre hatte er sich dort häufig zusammen mit seiner Frau angesehen.

Auch Brüderchen und Kumpelchen machte ihrer Begeisterung über das Konzert Luft. Anschließend verschwanden sie ebenfalls in Richtung Stadtmitte.

Yuna und Tidus sahen sich kurz an, dann gingen sie nebeneinander her und schlugen denselben Weg ein, ohne sich vorher abgesprochen zu haben. Nach einer Weile kamen sie an der Grenze zur Mi'hen-Straße an. Von diesem Punkt aus konnte man zudem bequem ganz Luca überblicken.

Die Aussicht auf die moderne Stadt und das geschäftige Treiben auf den Straßen erinnerte ihn irgendwie an das Zanarkand, aus dem er gekommen war. Obwohl es nur ein Traum gewesen war, er selbst hatte dazugehört. Ein Traum, der sich in die reale Welt geflüchtet hatte, als seine Traumstadt zerstört wurde.

Hier oben jedoch, konnte man nichts von den Menschenmengen, die sich allmählich in Blitzballstadium drängten, spüren, sie waren allein und sie befanden sich in vollkommener Stille.

Bis ein heller Pfiff die Ruhe durchbrach. Tidus schaute sich nach der Ursache um und blickte in das strahlende Gesicht seiner Frau.

"Ich kann es noch...", meinte sie lächelnd.

Tidus verstand sie, ohne dass sie noch ein Wort mehr sagte. Er pfiff ebenfalls einmal kurz. Das war immer ein Zeichen zwischen den beiden gewesen, falls der eine den anderen brauchen oder suchen sollte. Eigentlich hatten sie es sich zwar nur als Hilferuf für Yuna ausgedacht, doch nachdem er verschwunden war, hatte er es ebenfalls benutzt, in der Hoffnung, dass sie ihn hören würde. Er wusste zwar nicht mehr genau, wo er all die Zeit wirklich gewesen war, doch immer, wenn er sie in seiner Nähe gespürt hatte, hatte er gepfiffen...

Er nahm seine Frau in den Arm.

"Du hast wunderschön gesungen...", sagte er leise.

"Ich hatte gute Zuhörer...", gab sie zurück und lächelte ihn an.

Sie küssten sich lange und ohne Hast. Danach standen sie einfach eine Weile so da und genossen die Ruhe. Bis es dann doch Zeit wurde, wieder zum Blitzballstadium zu gehen. Vor der Mannschaftskabine der Besaid Aurochs hatte sich schon der Rest der Gruppe eingefunden und auch Letty und Jash warteten bereits.

"Na endlich, da seid ihr ja! Das Spiel geht in ein paar Minuten los! Also ich hoffe, du bist bereit, Tidus.", sagte Wakka.

Während die Besaid Aurochs sich in die Kabine zurückzogen, um noch einmal ihre Strategie durchzugehen, liefen Yuna, Lulu, Kumpelchen und Gippel Richtung der Zuschauertribünen.

Nach einer sehr kurzen Besprechung war es dann auch schon soweit. Tidus hörte das Wasser in das kugelförmige Spielfeld laufen und wenig später betrat er es zusammen mit dem Rest der Mannschaft. Tidus ließ seinen Blick kurz über das Publikum schweifen, auf der Suche nach Yuna. Währendessen schwamm er auf seinen Platz. Als ihre Gegner, die Al Bhed Psyches, ebenfalls alle ihren Platz gefunden hatten, kam der Ball ins Spiel und es ging los. Rikku schnappte sich gleich zu Anfang den Ball, passte zu Wakka und der schwamm zum Tor, er kam jedoch nicht zum Schuss, denn der Ball wurde ihm sofort von den Abwehrspielern abgenommen. Die Al Bhed, nun im Ballbesitz, preschten vor, blieben jedoch bei Jash hängen, der sich den Ball mittels einer Giftattacke holte. Dann schwamm er noch ein paar Meter und passte schließlich zu ihm. Tidus schwamm so schnell er konnte nach vorne. Mit dem Ergebnis, dass er sich bald einigen, zu allem entschlossen Abwehrleuten gegenüber sah. Er ließ sie angreifen. Dies stellte sich jedoch als Fehler heraus, da einer der Psyches ihm den Ball dank seiner Saugfähigkeit abnahm. Wieder schwammen die Gegner auf ihr Tor zu und diesmal durchbrachen sie die Abwehr. Brüderchen im Tor kam nicht einmal dazu den Ball zu berühren, als er ins Tor schoss. Eins zu Null für die Al Bhed Psyches. Rikku bekam als Mittelfeldspielerin den Ball und passte sofort weiter. Er raste auf Tidus zu. Abpfiff. Die erste Halbzeit war vorbei und die Spieler zogen sich zu einer kurzen Pause in die Kabinen zurück.

"Tut mir Leid...", begann Brüderchen, doch Wakka unterbrach ihn.

"Es ist nicht deine Schuld. Wir müssen uns in der zweiten Halbzeit alle mehr anstrengen, dann schaffen wir das auch, ok?"

"Na, klar!", kam es von allen. Tidus grinste. Wakka war nicht zu Unrecht ihr Kapitän.

Von draußen ertönte ein Signal, die zweite Halbzeit begann. Nach dem Blitzstoß gelang es diesmal dem Gegenspieler den Ball zu erobern. Doch behalten konnte er ihn aufgrund von Rikkus Hexenschlag nicht lange. Sie schwamm mit dem Ball in Richtung Tor und hielt an, als ihr die Abwehrspieler zu nahe kamen. Schnell warf sie einen Pass zu Tidus.

Er selbst wurde daraufhin jedoch prommt von einer Giftattacke getroffen, hielt den Ball aber fest umklammert. Nur nicht loslassen, dachte er und drehte sich in Richtung Tor. Das war schaffbar.

Er machte einen Salto im Wasser, um Schwung zu holen und traf den Ball dann genau an der richtigen Stelle. Dieser fegte über das Spielfeld hinweg und traf sein Ziel. Ausgleich!

Tidus grinste, Sphäroschüsse hatte er schon immer gemocht. Man konnte mit ihnen aus Entfernungen treffen, die ansonsten unmöglich zu überwinden gewesen wären.

Ihre Gegenspieler verloren keine Zeit. Kaum hatten sie den Ball erlangt, da preschten sie auch schon wieder zum Tor und kurz darauf folgte ein Schuss, den Brüderchen aber zum Glück hielt. Er passte zu Letty und dieser zu Jash danach wieder zu Letty und so weiter. Durch das ständige hin- und herspielen verwirrt, gelang es den Gegner nicht, einen der beiden anzugreifen, bis Jash schließlich den Ball hatte und sie sich alle um Letty sammelten. Jash grinste und warf den Ball zu Tidus. Dieser fing ihn geschickt auf und schwamm Richtung Tor, bis er auf einmal stockte. Ihm war schwindelig, musste an der Giftattacke von vorhin liegen. Inzwischen hatten sich auch wieder zwei Gegenspieler um ihn gescharrt. Dem ersten konnte er noch ausweichen, aber der zweite nahm ihm den Ball ab und schlug sich bis zum Tor durch. Er schoss und wie in der ersten Halbzeit hatte Brüderchen nicht den Hauch einer Chance. 2:1 für die Gegner. Tidus bemerkte, dass die Mannschaft so allmählich unruhig wurde. Viel Zeit hatten sie sicher nicht mehr. Rikku stürzte sich auf den Ball und wieder bekam er selbst den Pass zugespielt. Sofort richteten sich sämtliche Verteidiger auf ihn, als er sich nach vorne bewegte. Noch immer einige Meter vom Tor entfernt stoppte er. Von hier aus konnte er treffen. Tidus sah nach vorne zum Tor, doch es verschwamm vor seinen Augen.

Verdammter Giftschlag, so würde das nie was werden. Er hielt im Wasser nach etwas Rotem Ausschau und warf den Ball mit aller Kraft in dessen Richtung. Tidus hoffte nur, dass er auch wirklich Wakka angespielt hatte und dass dieser den Blitzball auch noch fangen konnte. Er schwamm einige Zeit auf der Stelle und allmählich besserte sich seine Sicht wieder. Wakka hatte tatsächlich den Ball. Er schwamm kurz vor dem Tor und schoss. Tidus konnte förmlich spüren, wie das Publikum die Luft anhielt. Abpfiff! Das Spiel war vorbei. Der Ball landete im Tor, doch es geschah nach dem Pfiff. Tidus wusste nur zu gut was das bedeutete. Es zählte nicht mehr. Sie hatten verloren...

Wenig später saß in der Umkleidekabine der Besaid Aurochs ein Haufen entmutigter Blitzballspieler. Und das, obwohl ihr nächstes Spiel in 15 Minuten beginnen würde. Nach einer Weile betraten Yuna und Lulu den Raum.

"Ach herrje, das ist ja schlimmer als ich gedacht hatte.", meinte Yuna als sie in die hoffnungslosen Gesichter blickte.

"Nun lasst die Köpfe mal nicht so hängen. Ihr spielt in der Liga, da geht es um Punkte. Ein einzelnes Spiel zu verlieren ist kein Weltuntergang."

Lulu stimmte Yuna zu:

"Aufgeben passt doch sonst auch nicht zu euch. Ihr habt euch immer durchbeißen müssen!"

Tidus' Gesicht hellte sich wieder auf und auch Wakka schien seinen Ehrgeiz zurückzugewinnen:

"Wir können es immer noch schaffen, wenn wir uns anstrengen. Also gehen wir daraus und zeigen denen, was wir drauf haben, nachdem wir uns inzwischen aufgewärmt haben!"

Nachdem alle zustimmend gejubelt hatten, verließen Lulu und Yuna den Raum wieder, denn das nächste Spiel sollte in Kürze beginnen. Als Tidus zum dritten Mal an diesem Tag in die Halle schwamm, war er angespannter, als zuvor. Schließlich sollten sie gegen die Luca Goers, die Favoriten der momentanen Liga spielen und ein Sieg gegen diese würde bestimmt nicht einfach werden. Die Besaid Aurochs kämpften verbissen und versuchten wirklich jeden Fehler zu vermeiden. Doch es half alles nichts. Am Ende der ersten Halbzeit stand es 1:0 für die Goers, was ihnen einen herablassenden Blick von Biscum, deren rothaarigem Kapitän, einbrachte. Kein Wunder, denn er hatte das Tor selbst geschossen und außerdem verstanden Wakka und er sich nicht gut. Seit dieser ihm mit Bravour und ohne, dass jemand damit gerechnet hatte, den Titel bei dem Eröffnungsspiel der Saison vor vier Jahren weggeschnappt hatte, war er immer darauf aus gewesen, Wakka zu schlagen. Bisher war ihm das noch nicht gelungen, aber bis zum heutigen Tag hatten sie auch immer noch mit der alten Mannschaft gespielt, bis diese dann auseinander gebrochen war.

Nach ein paar aufheiternden Worten von Wakka, begann die zweite Halbzeit.

Die Luca Goers ergatterten sich den Ball und stürmten sofort Richtung Tor, bis sie an Rikku und Jash hängen blieben und den Ball an diesen verloren. Er schwamm so schnell er konnte nach vorne, lenkte die Verteidiger ab, indem er so tat, als wolle er selber schießen und warf den Ball dann zu dem nun ungedeckten Wakka. Dieser versuchte einen Schlafschuss, den der Torwart allerdings abwehrte. Er erfüllte dennoch seinen Zweck, denn der Torwart sackte prommt ein paar Meter weiter ab, und blieb schlummernd im Tor hängen. Jetzt kam es darauf an, schnell zu handeln. Tidus schwamm zum Ball, erreichte ihn jedoch nicht vor Biscum. Er nahm den Ball in die Hand und wollte gerade passen, da war Tidus dicht genug dran, um ihn anzugreifen. Er stürzte sich nahezu auf den Ball. Da er nicht schon wieder direkt mit dem, sich immer noch in seiner Nähe befindenden, Kapitän anlegen wollte, passte Tidus den Ball zu Wakka, der sofort zum Tor schwamm und, da der Torwart nicht erwachte, den Ausgleich erzielte. Die Goers rüttelten diesen kurz darauf wach, dann wurde der Ball wieder freigegeben. Der gegnerische Mittelspieler bekam ihn und stürmte nach vorne, als die Abwehrspieler der Aurochs endlich bei ihm angekommen waren, passte er zu Biscum und dieser zum anderen Torschützen der Gegner. Wenig später hatten sie eine Torchance, die auch genutzt wurde.

Oh, nein!, dachte Tidus. Wenn sie jetzt ein Tor schießen wurden, dann hatten sie ein echtes Problem, denn viel Zeit war bestimmt nicht mehr übrig und sie brauchten einen Sieg. Da sie schon das erste Spiel verloren hatten, würde es ansonsten schwierig werden, die verlorenen Punkte wieder aufzuholen.

Torschuss! Tidus wagte kaum hinzusehen, doch Brüderchen hielt und warf ihm kurz darauf den Blitzball zu. Er preschte wieder auf die andere Seite des Spielfeldes, das Tor kam immer näher...

Wie viel Zeit blieb ihm noch? Er wollte sich jedoch auf gar keinen Fall die Ruhe gönnen und oben auf die Zeittafel schauen. Also schwamm er immer weiter, bis er von drei Gegenspielern aufgehalten wurde. Tidus ließ den ersten angreifen und wich mittels einer Rolle aus. Während er sich drehte, fiel sein Blick auf die Anzeige mit der Spieldauer. Noch 25 Sekunden! Und zwischen ihm und dem Tor befanden sich noch einige Meter und zwei Abwehrleute. Tidus überlegte nicht lang, er schoss den Ball auf den ersten Spieler vor ihm. Dieser wich vor Schreck zurück und ließ den Ball ungefangen abprallen. Tidus jagte dem Ball hinterher und schleuderte ihn auf den zweiten Spieler, der aufgrund der Wucht des Aufpralls zurücktaumelte. Freies Feld zwischen Tor und Ball! Noch einmal stürmte Tidus auf diesen zu, machte im Wasser zum Schwungholen eine Schraube und schoss den Ball Richtung Tor.

Beinahe gleichzeitig mit dem Abpfiff landete der Ball im Tor. Tidus warf einen besorgten Blick auf den Punktestand. Als er das Ergebnis sah beruhigte er sich jedoch wieder. Sie hatten 2:1 gewonnen und das gegen den Favoriten.

Erst jetzt bemerkte er den Jubel im Stadium und auch wenig später in der Kabine waren alle sehr ausgelassen. Rikku, Wakka und Brüderchen gratulierten sich gegenseitig so lange, bis Yuna, Lulu, Kumpelchen und Gippel erschienen, danach ging es noch fröhlicher zu. Nachdem sie alle aus dem Stadium traten, kamen noch einige Fans hinzu. Tidus wusste eine Weile wirklich nicht, wer sich gerade wo befand, denn ständig klopften ihm Leute auf die Schulter oder gratulierten ihm. Nachdem sich der Trubel einigermaßen gelegt hatte, meinte Wakka:

"Na Leute, wie sieht's aus? Wollen wir noch 'ne Runde in Luca bleiben und den Sieg feiern, verdient haben wir es uns schließlich. Den Punkterückstand nach dem ersten Spiel haben wir wieder wettgemacht, weil wir den Favoriten geschlagen haben. Wir stehen mit ganz oben auf der Liste!"

Zustimmendes Gegröhle war die Antwort. Sie machten sich gerade auf den Weg in Richtung Stadtmitte und kamen an der Sphärenoper vorbei, als Tidus ein kleiner Junge auffiel, der ihn ansah und auf ihn zukam. Tidus blieb kurz stehen und ließ die anderen vorausgehen. Er hatte den Jungen schon öfter gesehen. Seit vier Jahren dann jedoch nicht mehr...

Inzwischen war er bei ihm angelangt und sagte mit ruhiger Stimme:

"Nimm dich in Acht, der falsche Heilige wird zurückkehren."

Tidus sah den Jungen mit starrem Blick an. Nie hatten seine Besuche bei ihm etwas Gutes verheißen:

"Soll das eine Drohung sein?"

"Nur ein Warnung..."

Ehe Tidus noch etwas erwiedern konnte, war er wieder verschwunden.

"Hey, kommst du nun, oder nicht?", rief Rikku aus einiger Entfernung. Tidus wandte sich wieder seinen Freunden zu.

"Tut mir Leid, aber ich bin ziemlich müde. Ich fahr schon mal nach Hause. Viel Spaß und gute Nacht!" Er drehte sich um und ging Richtung Hafen, als keine fünf Sekunden später Yuna neben ihm auftauchte. Sie sah besorgt aus:

"Was ist los? Bis eben war doch noch alles bestens und jetzt siehst du aus, als hättest du einen Geist gesehen..."

"Ich weiß selbst noch nicht so genau, was passiert ist... Lass mich nachdenken und morgen reden wir darüber, in Ordnung?"

Yuna sah immer noch nicht zufrieden aus, aber sie fragte nicht weiter nach:

"Gut, aber ich komme mit dir!"

Sie verabschiedete sich von den anderen, die bis zu dem Zeitpunkt in einiger Entfernung gewartet hatten und dann gingen sie zusammen zum Hafen. Sie wollten ein Schiff nehmen, um nach Besaid zurückzukehren. Die übrigen brauchten die Celsius, um später ebenfalls zurückzukommen.

Yuna und Tidus kamen allerdings nicht sehr weit. Vor dem Blitzballstadium standen eine ganze Reihe Fans, Yunas Fans. Sie wurde mit Fragen bombadiert und mit Komplimenten über ihr wundervolles Konzert überhäuft. Tidus konnte sich ein Grinsen angesichts ihres hilflosen Ausdrucks nicht verkneifen:

"Bleib hier. Du brauchst nicht nur wegen mir jetzt schon gehen und außerdem wirst du hier eher benötigt!"

Yuna blickte immer noch hilflos drein, gab dann aber nach und rief ihm nur zu, er solle in Lulus Auftrag kurz nach Vidiny schauen. Sie wünschten sich noch eine gute Nacht und Tidus lief zum Schiff. Es war eines mit einem verbessertem Antrieb, so dass er noch in der Nacht des gleichen Tages auf der Insel ankommen würde. Noch nicht alle Schiffe hatten diesen Antrieb, aber er verkürzte die Reisezeit enorm.

Nach dem Zwischenstop in Kilika, war es sehr dunkel und Tidus stand auf dem Weg nach Besaid an Deck und beobachtete die Sterne, während er über seine Begegnung mit dem kleinen Jungen nachdachte. Er war sich sicher, dass es eine Asthra gewesen war und gleichzeitig eine Bestia, die Yuna und ihn vor vier Jahren begleitet hatte, als sie gegen [Sin] gekämpfte hatten. Bahamut...

Aber eigentlich dürften Asthras so gar nicht mehr existieren. Und was meinte er mit seiner "Warnung"..?

Inzwischen war die Insel schon in Sichtweite. Tidus seufzte. Nachdem, was heute passiert war, würde er bestimmt nicht leicht einschlafen können und müde war er trotz des anstrengendes Tages auch nicht. Er hatte seinen Freunden nur nicht die Stimmung vermiesen wollen. Schließlich gab es wirklich etwas zu feiern, denn sie hatten es ja trotz der behilfsmäßigen Mannschaft geschafft sich an die Punktespitze zu setzen. Zwar nicht ohne Konkurrenz, aber dennoch war es mehr, als er erwartet hatte. Als das Schiff in Besaid anlegte, merkte Tidus, dass er der Einzige war, der dort ausstieg. Die anderen Bewohner der Insel waren wohl ähnlich wie Yuna und die übrigen noch zum Feiern in Luca geblieben. Tidus lief zum Dorf und freute sich darüber, dass die Monster entweder gerade alle schon schliefen oder einfach keinen Nerv hatten, ihn anzugreifen.

Nachdem er bei den Häusern angekommen war, fiel Tidus Lulus Auftrag wieder ein, nach Vidiny zu schauen. Er wollte gerade das Haus betreten, als er bemerkte, wie sich hinter seinem Rücken etwas regte.

"Wer ist da?", rief er mit forscher Stimme.

Eine Weile geschah nichts, dann trat eine Gestalt, zwischen den Palmen hevor.

"Oho, wie aufmerksam von dir, mich zu bemerken..."

Tidus zuckte zusammen, obwohl die Stimme weder kühl noch gefählich klang. Es war einfach der Umstand, dass er sich an die Stimme erinnerte, der ihn erschreckte. Eine böse Vorahnung beschlich ihn, die sich bestätigte, als sich die Person vollständig von den Schatten löste und zu erkennen gab. Auch wenn er sein Gesicht seit über fast vier Jahren nicht mehr gesehen hatte, war es ihm immer in Erinnerung geblieben. Er hatte diesen Mann einfach nicht vergessen können...

"Seymor!"
 

°°°
 

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Mein erstes Kapitel endet hier. Vielen Dank für's Durchlesen. ^^

An alle, die bei den Al Bhed Stellen nicht ganz mitgekommen sind, hier kommt die Übersetzung:
 

Seite 4 unten: Paaemihk! - Beeilung!

Fyn helrd kyhw aehvylr. - War nicht ganz einfach.

Seite 5 oben bis mitte: Raes Cuhha - Der Name der Stadt setzt sich aus den Al Bhed Wörtern für "Heim"(Raes) und "Sonne"(Cuhha) zusammen.

Seite 5 mitte: Pmuatsyhh! - Blödmann!

saeha Meapa - meine Liebe

Seite 7 gaaaanz unten: "Tyc ecd ymmac hin taeha Clrimt. Ti sylrcd selr nycaht! Eteud!" - "Das ist alles deine Schuld. Du machst mich rasend! Idiot!"
 

Mein nächstes Kapitel wird "Old Enemies And New Friends" heißen. Ich würde mich sehr über ein paar Kommentare freuen.
 

Leylis

Old Enemies And New Friends

Kapitel II: Old Enemies And New Friends
 

Tidus betrachtete die ihm gegenüber stehende Person mit starrem Blick. Seymor sah noch genau so aus wie damals vor vier Jahren. Schon bei seinen ersten Treffen mit ihm hatte er ihn nicht leiden können, dennoch schien der Anführer der Guado zunächst auf ihrer Seite zu stehen. Nach und nach hatte sich jedoch herausgestellt, dass er nicht ganz bei Sinnen war. Außerdem hatte er immer nach Macht gestrebt und Menschenleben bedeuteten ihm nichts. Sogar um sein eigenes Volk, die Guado, sorgte er sich nicht wirklich. Es gab allerdings noch einen Grund, weshalb Tidus ihn nie gemocht hatte und dieser betraf Yuna...

Sie war mit Seymor verheiratet gewesen, zwar nicht freiwillig und ohne ihn zu lieben, doch das änderte nichts an der Tatsache. Yuna hatte damals nur eingewilligt, um ihre Freunde zu retten. Außerdem war sie anschließend vor ihrem Mann geflohen. Zur Hochzeit erschienen war sie eigentlich auch bloß, um Seymor zu besegnen, denn im Laufe der Zeit hatten sie herausgefunden, dass dieser schon lange tot war und seitdem als Leibloser, als verlorene, erzürnte Seele umherirrte. Yunas Plan scheiterte jedoch und von da an sahen sie sich Seymor endgültig als Feind gegenüber. Sie hatten mehrmals gegen ihn gekämpft, keine dieser Schlachten war einfach gewesen, doch am Ende hatten sie es dann doch geschafft, ihn zu besiegen und zum Abyssum, der Heimat der Geister zu schicken, wo er dann für immer bleiben und für die Lebenden nur eine Erinnerung sein würde. Davon war er selbst zumindest ausgegangen. Doch nun stand er seinem Erzfeind gegenüber, ohne zu wissen, ob es tatsächlich ein Mensch oder nur wieder ein Geist war, den er sah. Einem Leiblosen sah man nämlich nicht an, dass er einer war.

Seymor sah genau so aus, wie er ihn in Erinnerung hatte. Seine blauen Haare standen in einer merkwürdigen Form vom Kopf ab und er trug ein dunkelviolett-, grün-, rotes Gewand.

Er sah mit einem bösem Blick zu Tidus hinüber. Dieser schaute unentwegt zurück:

"Was willst du hier?"

Seymors Ausdruck wandelte sich in ein leichtes Lächeln:

"Warum so unfreundlich? Ich wollte nur mal meine Frau besuchen. Das steht mir doch wohl zu, oder?"

"Falls du von Yuna redest, sie ist nicht deine Frau, sie gehört zu mir, das solltest gerade du am besten wissen!"

"Richtig... Deinetwegen ist es so gekommen, wie es jetzt ist. Die Asthras, unsere heiligen Schutzgötter wurden von euch vernichtet, Media haben ihre Bedeutung verloren, sowie die Bewohner von Spira ihren Pfad. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, wogegen sie ihre Kraft richten sollen. Sie brauchen einen Anführer!"

Tidus sah Seymor auffordernd an, es passte zu ihm so etwas zu sagen.

"Dieser Anführer solltest dann wohl du sein, wie?"

Seymor blickte sein Gegenüber hasserfüllt an:

"Ich wäre es, wenn du nicht dazwischen gekommen wärst. Ich hätte allen in der "Stillen Zeit" den Weg weisen können!"

Tidus machte sich aufgrund einer Vorahnung kampfbereit und verfluchte sich selbst dafür, dass er sich innerhalb der letzten zwei Jahre abgewöhnt hatte, sein Schwert, "Bruderherz", immer mit sich herumzuschleppen. Allerdings stand er direkt neben dem Dorfladen und an der Hauswand lehnten einige Schwerter. Er schnappte sich eins und nahm sich vor, sich dafür bei Gelegenheit bei Buricha, der Ladenbesitzerin, zu entschuldigen und zu bedanken.

"Es gibt keine "Stille Zeit". Yuna hat das geschafft, wozu du nie in der Lage gewesen wärst. Sie hat die "Ewige Stille Zeit" herbegeführt. [Sin] wird nie mehr zurückkehren!"

Er hielt Seymor Blick stand und war jeden Moment auf einen Angriff gefasst. Yunas "Ewige Stille Zeit" würde anhalten, selbst wenn er persönlich dafür sorgen müsste. Bevor seine Frau [Sin] besiegt hatte, war es zehn Jahre nach seinem Kampf mit einem hohem Medium immer wieder auferstanden.

"Die Leute müssen ihren Weg selbst finden, sonst werden sie in ihrem Leben nie etwas erreichen. Sie haben in den letzten vier Jahren vieles aufgebaut und sind dabei, ein neues freies Leben zu führen. Die Anführer einiger Organisationen bieten Wege an, doch entscheiden muss sich jeder selbst. Auch die Media sind ihnen in schwierigen Zeiten eine Hilfe und diese selbst lernen ebenso, dass es auch für sie einen Platz in dieser Welt gibt. Das Einzige, was Spira nicht gebrauchen kann wäre ein Anführer, der die Freiheiten der Leute wieder einschränkt und ihnen keinen Raum zum Entwickeln lässt."

Seymors Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen:

"Das werden wir noch sehen!"

Ein Feuerball flog auf Tidus zu. Dieser duckte sich reflexartig und das Geschoss traf ein weiteres an die Wand gelehntes Schwert, das mit einem hässlichem Scheppern noch zwei andere umstieß. Tidus startete einen Gegenangriff, verfehlte Seymor jedoch und wollte gerade noch mal zuschlagen, als eine Stimme ihn erstarren ließ.

"Warum ist es hier so laut und warum sind Mama und Papa noch nicht wieder da?"

Tidus drehte sich um und sah Vidiny an, der neben einer Palme auf dem Boden kauerte. Seymor musterte Wakkas Sohn einen Augenblick, bis an seinem Gesichtsausdruck erkennbar war, dass ihm offensichtlich etwas eingefallen war.

"Bitte nicht...", stöhnte Tidus leise.

"Na, wen haben wir denn da? Wirklich eine unverkennbare Familienähnlichkeit, nicht wahr? Um ehrlich zu sein, ich habe diesen leichtgläubigen Trottel nie gemocht..."

Mit einem fiesen Grinsen schickte er einen Feuerball nach Vidiny. Tidus rannte entsetzt auf den kleinen Jungen zu, doch als er mit diesem weiterlaufen wollte, spürte er den Feuerzauber schon an seinem Rücken, sodass er sich nur noch zwischen diesem und den Jungen warf und hoffte, dass er unverletzt bliebe. Er fühlte einen brennenden Schmerz, hörte Vidiny aufschreien und Seymor lachen. Danach sackte er auf dem Boden in sich zusammen.
 

***
 

"Du seien lebensmüde?"

Leylis sah sich einem kleinen blauen Männchen gegenüber, dass nun schon seit etwa einanhalb Stunden mit einem sehr eigenartigen Akzent auf sie einredete und egal, was sie versuchte ihm zu erklären, es hörte ihr nicht zu. Beide saßen zusammen auf einem riesigen Tier, dass offenbar für Überquerungen von Wasserwegen hervorragend geeignet war.

"Wieso du waren im Wasser? Hier Gebiet der Schnuhs!"

Schnus, so hießen die Tiere, mit denen die Leute hier übers Wasser ritten. Leylis hatte zwischen einigen Wortschwallen des Männchen zwei Fragen stellen können. Auf die erste, nämlich wer oder was er sei, hatte der Blauling sehr ungehalten reagiert und irgendwas von wegen Minderwertigkeit und Hypellos gebrabbelt. Leylis schloss daraus, dass ihr Gegenüber wohl einer dieser Hypellos war. Ihre zweite Frage hatte den Schnus gegolten. Als das Männchen ihr den Namen der Tiere mitgeteilt hatte, war der Bedarf nach weiteren Informationen bei ihr schlagartig verflogen. Das Ganze erwies sich auch so schon als kompliziert genug.

"Hey, du mir sollen zuhören, wenn ich reden mit dir! Du sterben hättest können! Was du da draußen eigentlich gemacht haben?"

Tja, das war eine wirklich gute Frage. Was war nur geschehen? Wieso befand sie sich auf einmal an einem völlig anderen Ort?

"Du seien sehr unhöflich, nicht geben mir Antwort! Ich dich haben gerettet!"

"Entschuldigung...", sagte Leylis, denn da hatte der Hypello schon Recht. Wenn er sich nicht rechtzeitig bemerkt und seinem Schnuh Anweisungen gegeben hätte, dann hätte dieser sie wohl gerammt und das wäre Ansichts der schieren Größe und Masse des Tieres bestimmt nicht sanft verlaufen. So aber hatte es neben ihr Halt gemacht und der Blauling hatte sie aus dem Wasser herausgezogen. Er hatte sie gerettet, das musste sie ihm lassen. Allerdings hätte sie seine Hilfe gar nicht benötigt, wenn er nicht da gewesen wäre...

Da sie jedoch nicht unhöflich sein wollte, schon gar nicht in einer Welt, die sie nicht kannte und zu der ersten Person, die ihr begegnete, erklärte sie dieser, dass sie nur etwas durcheinander sei und selbst nicht wisse, wie sie ins Meer gekommen war. Das stimmte schließlich auch. Der Hypello hörte nun endlich auf, wie ein Wasserfall zu reden und musterte sie interessiert. Als Leylis sich den Kopf hielt und das Gesicht verzog, fragte er:

"Du haben Kopfschmerzen?"

Auf ihr Nicken hin, begann er in einer Tasche zu kramen, die ebenfalls von dem Schnu getragen wurde. Leylis beobachtete ihn abwartend. Es ging ihr wirklich nicht so gut, was aber auch kein Wunder war. Schließlich war ihre Reise, wohin auch immer, nicht sehr angenehm gewesen und zudem war sie todmüde, da es so allmählich schon wieder hell wurde und sie also somit eine komplette Nacht verpasst hatte. Zudem war ihre letzte Nacht dank Prüfungsstress auch nicht wirklich ergiebig gewesen. Lediglich bei Lenne hatte sie sich ausruhen können. Lenne...

Wie es ihr wohl ging? Ob sie sich Sorgen machte?

"Ich haben es gefunden! Hier, du trinken das!"

Das Männchen war mit seiner Suche fertig und hielt ihr triumphierend ein kleines Fläschen unter die Nase. Leylis betrachtete die sich darin befindende leuchtend blaue Flüssigkeit skeptisch.

"Was ist das?"

Der Hypello sah sie überrascht an:

"Wo du leben? Auf dem Mond? Das seien eine Potion. Ich sie dir schenken tun!"

Leylis starrte die Flasche immer noch kritisch an. Natürlich, Potions kannte sie, aber war deren Farbe nicht eigentlich etwas anders?

Ach, was solls. Wenn er mir hätte schaden wollen, dann hätte er mich auch im Wasser lassen können, dachte Leylis und trank das Fläschen in einem Zug aus. Prommt fühlte sie sich wie ausgewechselt. Ihr tat nichts mehr weh. Etwas müde war sie noch, aber die Kopfschmerzen waren wie weggeblasen.

"Wow..."

Die Potions, die sie kannte waren längst nicht so effektiv. Vielleicht lag das daran, dass man sie so selten benötigte. Man hatte es nie für nötig empfunden, bessere Heilmittel dieser Art zu enwickeln.

"Du fühlen besser?", erkundigte sich der Blauling.

Leylis sah ihn dankbar an:

"Ja, vielen Dank!"

Der Hypello nickte zufrieden:

"Gut, du jetzt besser ausruhen, ich aufpassen, dass du nicht fallen in Wasser. Wenn ankommen, ich dich aufwecken tun. Schlaf gut!"

Sie dankte ihm nochmals und rollte sich dann auf dem Rücken des Schnus zusammen. Dieser Hypello war eigentlich ganz nett. Obwohl sie sich fragte, wo sie denn wohl sein würde, wenn sie wieder aufwachte, war Leylis zu müde, um ihren blauen Freund danach zu fragen. Also schloss sie die Augen und ließ es einfach auf sich zukommen.
 

***
 

Sie stand zwischen den Trümmern, umgeben von Illumina. Eine Träne floss ihre Wange hinunter, doch sofort darauf, war ihr Blick wieder klar und strahlte vor Entschlossenheit. Sie schaute zur tanzenden Beschwörerin hinüber. Der Himmel leuchtete, die Wolken verzogen sich, das Zeichen zur Ankunft der fliegenden Bestia...

Yuna schreckte aus ihrem Schlaf auf. Ein Traum, es war nur ein Traum gewesen, aber warum träumte sie von Leuten, die sie nicht kannte. In ihm waren zwei Frauen vorgekommen. Die Tänzerin hatte sie nicht genau sehen können, doch das Gesicht der zweiten Frau hatte sie noch immer vor ihrem geistigen Auge.

Yuna schüttelte den Kopf, es brachte nichts, darüber nachzudenken. Gestern Abend war ihr ziemlich viel durch den Kopf gegangen...

Da konnte es schon mal vorkommen, dass sie von seltsamen Sachen träumte. Dennoch konnte sie den Ausdruck der Frau einfach nicht vergessen...

Yuna sah sich um. Sie befand sich offensichtlich in einem Hotelzimmer, also war sie bestimmt noch in Luca. Nachdem Tidus gestern abend gegangen war, hatte sie zunächst Stunden damit zugebracht, ihre Fans zufrieden zu stellen, was aufgrund deren Neugier nicht ganz einfach gewesen war...

Als sie endlich damit fertig war, hatte sie ihrem Mann nicht mehr folgen können, da das letzte Schiff den Hafen schon verlassen hatte. Daraufhin war Yuna, weil ihr nichts besseres eingefallen war, zurück zu den anderen gegangen, die inzwischen den Höhepunkt ihrer Feier erreicht hatten und gar nicht daran dachten aufzuhören.

Yuna hatte sich eine Weile mit ihnen amüsiert, musste jedoch später irgendwann dabei eingeschlafen sein...

Sie verließ ihr Zimmer und kurz darauf auch das Hotel. In Luca war bereits die Sonne aufgegangen. Es war zwar noch recht früh am Morgen, doch versprach der Tag schön zu werden. Sie machte einen kleinen Spaziergang durch die Stadt und stand eine Weile später vor der Mannschaftskabine der Besaid Aurochs. Als sie hineinschaute sah sie, was sie schon erwartet hatte. Die gesamte Mannschaft, Kumpelchen und Gippel lag, allesamt tief schlafend und größtenteils schnarchend, übereinander gestapelt, in der Kabine. Yuna verkniff sich ein Lachen und machte sich auf den Weg zurück zum Hotel. Dort angekommen traf sie sofort auf Lulu:

"Na, gut geschlafen? Ich hoffe mehr als ich."

Yuna grinste:

"Bestimmt, ich bin überhaupt nicht müde. Hast du schon gesehen, wo alle anderen abgeblieben sind?"

"Na sicher, war gestern abend ja schon schwer genug, sie wenigsten bis zur Umkleidekabine zu schleifen...

Sag mal, möchtest du nicht schon jetzt zur Insel zurückfahren? In zehn Minuten legt das nächste Schiff ab. Dieses hat soweit ich weiß auch schon einen verbesserten Antrieb. Du wärst also schnell da und außerdem seh ich dir an, dass du dir noch Gedanken um Tidus machst, hab ich Recht?"

Yuna sah Lulu direkt in die Augen:

"Du hast mich durchschaut. Na gut, dann mach ich mich mal auf den Weg. Wir sehen uns später. Bis dann!"

"Ja sicher, aber rechne nicht zu früh mit uns. Vor Mittag steht unsere Mannschaft bestimmt nicht auf!"

Yuna winkte Lulu noch einmal zu und rannte dann zum Hafen. Sie kam gerade noch rechtzeitig an und sprang an Bord. Sofort stellte sie fest, dass offensichtlich auch einige ihrer Fans an dieser Fahrt teilnahmen, denn sie wurde mit lautem Getöse begrüßt und mit tausend Fragen bestürmt, so dass sie für die gesammte Zeit auf dem Schiff bestens beschäftigt war.

Endlich auf Besaid angekommen, wurde sie lautstark verabschiedet und hüpfte dann in den weichen Sand ihrer Insel. Es gingen nur wenige mit ihr zusammen an Land und diejenigen, die es taten, machten es sich am Strand bequem. Yuna kannte die Leute natürlich, sie wohnten in den Strandhäusern, von denen es auf Besaid allerdings nicht sehr viele gab.

"Auf Wiedersehen, Lady Yuna!", rief ein kleiner Junge vom Schiff herunter, welches kurz darauf wieder ablegte.

Yuna machte sich auf den Weg zum Dorf, als ihr auf dem Hügel, der sich kurz vor dessen Eingang befand, Vidiny aufgeregt entgegenlief.

"Vidiny! Hat Mama dir nicht beigebracht, dass du das Dorf nicht verlassen sollst? Wenn die Monster dich...

Yuna sprach ihren Satz nicht zu Ende, als sie sah, dass der Kleine weinte und ihre Beine umklammerte.

"Was ist denn los?", fragte sie ruhig und beugte sich zu ihm hinunter.

"Böser Mann mit blauen Haaren war hier und hat Feuer gemacht.", sagte Vidiny. Yuna versuchte sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen, nahm ihn auf den Arm und ging mit ihm in das Dorf hinein. Immerhin bewarheitete sich ihre erste Vermutung nicht. Das Doft stand noch, es befanden sich lediglich ein paar Brandflecke am Boden. Sah ziemlich eindeutig nach einem Feuerzauber aus. Yuna sah sich weiter um, während sie über Vidinys Worte nachdachte. Ein Mann mit blauen Haaren, der Magie beherrschte. Doch nicht etwa..?

Yuna schüttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht sein. Fieberhaft blickte sie sich um. Noch immer hatte sie nichts von ihrem Mann gesehen. Vidiny spürte offenbar, dass sie Angst hatte und begann zu zittern.

"Hey, keine Sorge kleiner Mann. Es ist alles in Ordnung!", sagte Yuna obwohl sie befürchtete, dass überhaupt nichts in Ordnung war.

"Sag mal, hast du Onkel Tidus gesehen?", fragte Yuna ihn, während sie Lulu Haus betrat.

"...Feuer"

Yuna versuchte, den immer noch aufgeregten Vidiny zu beruhigen und brachte ihn zu Bett.

Kurz darauf wollte sie gerade weiter das Dorf nach Tidus absuchen, als ihr einfiel, dass es wohl am wahrscheinlichsten war, dass er sich in ihrem Haus befand.

Als sie es betrat, sah sie ihn sofort. Ihr Mann lag auf dem Boden und rührte sich nicht.

"Tidus!"
 

***
 

Leylis erwachte von einem dumpfen Gebrüll. Verschlafen blickte sie sich um und erkannte, dass sie immer noch auf dem Schnu saß, der nun allerdings am Ufer angekommen war. Voller Freude auf eine Pause bäumte das riesige Tier sich brüllend auf und Leylis landete mit einem sanften -Platsch- im Wasser. Ärgerlich blickte sie sich nach dem Hypello um. Er war offensichtlich rechtzeitig abgesprungen und schaute sie vom Ufer aus an.

"Hey, wolltest du mich nicht wecken?", rief Leylis ihm zu.

"Oh, das mir tun groß viel Leid! Normalerweise dieser Schnu immer brav seien und nicht machen so etwas. Ich nicht damit gerechnet haben..."

Er entschuldigte sich, doch Leylis meinte ein Grinsen auf seinem Gesicht ausmachen zu können. Naja, verübeln konnte man es ihm nicht. Ihre Rutschtour von dem Reittier hatte bestimmt nicht allzu elegant ausgesehen.

Sie krabbelte aus dem Wasser und lief zu dem Blauling, der sie immer noch grinsend betrachtete:

"Ich jetzt haben Pause. Danach fahren zurück zu Nordufer. Du können mitkommen, wenn wollen." Leylis nickte:

"Mal schauen..."

Jetzt sah ihr Gegenüber sie eher nachdenklich an:

"Du schon einmal hier gewesen?"

Nach einem Kopfschütteln von Leylis als Antwort fuhr er fort:

"Dann du mir folgen sollen, ich dir etwas zeigen tun!"

Er lief voraus und Leylis trottete ihm hinterher. Zusammen machte sie sich daran, den Platz, an dem der Schnu angelegt hatte, zu verlassen. Er wirkte fast wie ein Hafen nur eben ohne Schiffe sondern mit diesen eigenartigen Tieren. Neben ihnen und einigen anderen Hypellos war es hier ziemlich leer. Wahrscheinlich, weil es noch so früh am Tag war.

Zusammen gingen sie einen Weg entlang, bis sie an einer Stelle ankamen, wo dieser direkt am Wasser entlangführte. Staunend blieb Leylis stehen und betrachtete die Umgebung. Hunderte von Illumina schwirrten um sie herum. Das Wasser hatte einen eigenartigen Glanz wie aus einer anderen Welt und am Ufer wuchsen wunderschöne Blumen.

"Mondlilien...", sagte der Blauling zur Erklärung.

Leylis hatte das Gefühl, als kenne sie diese Blumen, auch wenn ihr gerade nicht einfiel woher...

"Sie sehen toll aus. Auch das Wasser ist herrlich, so klar. Aber warum befinden sich hier so viele Illumina?"

Leylis wandte sich dem Hypello zu, doch dieser sah sie nicht an.

"Die Blumen sie anziehen tun. Deshalb sie hierher kommen tun. Außerdem nach der Katastrophe viele hier geblieben seien, aber ich nicht darüber reden wollen. Viele arme Leute gestorben damals wegen [Sin]..."

"[Sin]?"

Überrascht schaute er sie an:

"Du das nicht mehr wissen tun? Naja, du besser seien froh darüber. Viele Menschen nicht können vergessen, obwohl wollen tun..."

Betreten sah sie zu Boden. Sie hatte keine Ahnung wovon er redete. Sie wusste nichts, nicht einmal, wo sie sich befand...

"Sag mal, wie nennt sich dieser Ort hier eigentlich?", fragte sie ihren blauen Freund und zum zweiten Mal blickte sie in sein erstauntes Gesicht:

"Das hier seien Illuminum und im Moment wir uns am Nordufer befinden tun. Du haben dein Gedächnis verloren?"

Leylis schüttelte den Kopf:

"Nein, ich bin bloß noch nie hier gewesen..."

Illuminum, das hier war also Illuminum. Von hier kamen die Blitzballspieler, gegen die sie vorgestern gewonnen hatten. Immerhin der Name sagte ihr etwas. Und das nicht nur in Bezug auf Blitzball. Ihre Mutter hatte, bevor sie zusammen mit ihrem Vater nach Zanarkand gekommen war hier gelebt. Die beiden hatten sich kennen gelernt, als ihr Vater, der Trainer der Zanarkand Abes gewesen war, seinen Urlaub in Illuminum verbracht hatte. Ihre Mutter hatte für ihn ihre Heimat aufgegeben...

Jetzt erinnerte sie sich auch wieder daran, wo sie die Mondlilien schon einmal gesehen hatte. Ihre Mutter hatte sie gemalt. Sie war Kunsthandwerkerin gewesen und hatte unter anderem wunderschöne Bilder hergestellt. Für viele von ihnen hatte sie jene Blumen als Motiv gewählt.

Ihre Mutter hatte ihr einiges über Illuminum erzählt, auch wenn Leylis sich an vieles davon nicht mehr richtig erinnern konnte. Doch sie war sich sicher, dass sie das Meer nicht so einzigartig beschrieben und auch die außerordentlich vielen Illumina hatten in ihren Geschichten gefehlt.

Plötzlich kam Leylis eine Idee:

"Ich möchte die Stadt sehen!"

Erneut wandte der Blauling sich ihr verwundert zu:

"Das seien in Ordnung, wenn du wirklich wollen. Dann du müssen kommen mit mir zum Nordufer. Auf Weg ich dir zeigen die Stadt. Meine Pause seien sowieso um. Wir jetzt fahren zurück!"

"Ok!", meinte Leylis und folgte dem Hypello.

Wenig später saßen sie wieder auf einem Schnu und durchquerten das Meer. Da Leylis jetzt vor allem dank ihres unfreiwilligen Bades von vorhin hellwach war, genoss sie die Aussicht der aufgehenden Sonne über dem Wasser, bis ihr blauer Freund dem Schnu mitten im Wasser befahl, anzuhalten und sie aufgrund der ruckartigen Bremsung fast wieder ins Meer gefallen wäre.

"Hey, was ist denn?", fragte sie und blickte in die tiefgründige Miene des Blaulings:

"Du sagtest, du wollen Stadt sehen...", erklärte er und starrte ins Wasser.

Leylis folgte seinem Blick und erkannte auf dem Grund des Meeres die Überreste einer Stadt, die einst ebenso prächtig wie Zanarkand gewesen sein musste. Jetzt bestand sie nur noch aus Trümmern.

Tausend Fragen lagen Leylis auf der Zunge, doch keine von ihnen brachte sie heraus.

"Lass uns weitergehen! Ich habe genug gesehen...", meinte sie nur und schwieg für den Rest der Überfahrt.

Am anderen Ufer angekommen verabschiedete sie sich von dem Hypello, versprach ihm, dass sie sich bestimmt mal wiedersehen würden und lief gedankenverloren den Wegpfad entlang, ohne darauf zu achten, wohin sie überhaupt ging. Die Straße war noch immer menschenleer. Als sie gerade überlegte, ob sie vielleicht eine Pause machen sollte, kroch aus einem Gebüsch am Wegesrand auf einmal eine riesige Schlange heraus und versperrte ihr den Weg.

Leylis erstarrte. Sie hatte kein Problem mit Schlangen, solange sie sich von ihr fernhielten. Diese jedoch wirkte eher, als suche sie ihr Frühstück und eine planlose Wanderin käme ihr gerade recht.

Jetzt war Leylis wirklich in Schwierigkeiten, denn sie war nicht nur alleine und kannte sich in dieser Gegend nicht aus, sondern war auch noch unbewaffnet. Den Medienstab aus der Prüfung hatte sie bei dem letzten Angriff der Bestias nämlich fallen gelassen. Nur den kleinen, gelben Plüschvogel, ihren Glücksbringer, hatte sie die ganze Zeit fest umklammert in der linken Hand gehalten.

Inzwischen hatte sie ihn sich an den Gürtel gebunden. Allerdings half er ihr jetzt herzlich wenig. Nun war die Schlange dicht genug für einen Angriff an sie herangekommen. Sie stieß mit dem Kopf nach vorne. Leylis konnte jedoch rechtzeitig ausweichen. Beim zweiten Versuch wurde sie jedoch an der Schulter getroffen und gegen einen Stein geschleudert. Benommen stand sie wieder auf und öffnete die Augen. Vor sich sah sie ein Paar spitzer Schlangezähne, die direkt auf ihr Gesicht zukamen.

Sie schrie einmal kurz auf, nahm die Arme schützend vor ihren Kopf und hoffte, dass die Schlange nicht giftig war.
 

***
 

Als Tidus die Augen öffnete, blickte er sofort in das besorgte Gesicht seiner Frau.

"Hey, was soll dieser Blick. Sowas steht dir gar nicht..."

Yuna sah ihn mit einer Spur von Erleichterung an:

"Scherzkeks! Ich hab mir Sorgen um dich gemacht!"

Tidus setzte sich auf die Kante des Bettes, in dem er geschlafen hatte:

"Wäre aber nicht nötig gewesen. Mir geht es gut!"

Für die Bemerkung kassierte er einen skeptischen Blick von seiner Frau, die sich nun neben ihm auf dem Bett niederließ.

"Was ist passiert? Dich haut doch sonst nicht so schnell etwas um... und dann diese Brandstellen auf dem Boden neben dem Laden."

Tidus sah sie ruhig an. So allmählich fiel ihm alles wieder ein: Bahamuts Warnung, die nun auch einen Sinn ergab, Seymor mit seinem Feuerzauber und Vidiny...

Beunruhigt kehrte er aus seinen Gedanken zurück.

"Wo ist Vidiny?"

Überraschung breitete sich auf Yuna Gesicht aus:

"Vidiny? Den hab ich zu Bett gebracht. Er war ziemlich aufgeregt, als er mir bei meiner Ankunft entgegenkam... Aber nun erkläre mir bitte mal, was das alles hier soll. Erst verhälts du dich in Luca eigenartig und möchtest unbedingt zurück nach Hause, dann erzählt Vidiny irgendwas von einem blauhaarigen Mann und Feuer und schließlich finde ich dich hier bewustlos. Was ist denn nur los?!"

Tidus seufzte, er musste es Yuna erzählen, auch wenn er genau wusste,

dass sie sich dann nur noch mehr Sorgen machen würde, aber schließlich betraf die ganze Sache sie genauso wie ihn selbst.

"Seymor ist für die Brandstellen verantwortlich. Er scheint irgendwie zurückgekommen zu sein..."

Yuna sah ihn entsetzt an:

"Also, doch!"

Tidus merkte ihr an, dass sie wohl schon etwas in der Art vermutet hatte. Während er ihr alles erzählte wurde sie immer blasser und sah schließlich sogar etwas ängstlich aus.

"Was machen wir jetzt?"

Tidus schaute sie ratlos an, er hatte schon mit dieser Frage gerechnet, doch eine richtige Lösung wollte ihm nicht einfallen:

"Keine Ahnung... Aber ich denke, dass wir nichts machen können, bevor wir nicht wissen, was er vorhat. Lass uns erst einmal abwarten, vielleicht ergibt sich der Weg dann von selbst."

Yuna betrachtete ihn kritisch. Er wusste, dass ihr die Idee nicht gefiel. Ihm selbst war auch nicht wohl bei dem Gedanken, dass ihr vielleicht gefährlichster Gegener draußen frei herumlief und unter Umständen selber schon einen Plan hatte. Sofern es so war, mussten sie so schnell wie nur irgendwie möglich eingreifen. Und dennoch, ohne einen Anhaltspunkt, wo sie suchen sollten, würden sie nichts erreichen.

"Hehe, was sollen die bedrückten Gesichter! Wir haben gestern ein wahnsinns Spiel hingelegt und spielen in ein paar Tagen in der nächsten Runde. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!"

Erschrocken stand Yuna auf und sah Rikku an, die den Kopf durch das Türloch gesteckt hatte.

Tidus blickte die etwas zerzauste Blondine an:

"Na, wieder da? Habt wohl die ganze Nacht gefeiert, was?"

Munter erwiederte sie seinen Blick:

"Na sicher, du hättest ja mitmachen können, wenn du nicht verschwunden wärst..."

Rikku hatte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da kam Lulu ebenfalls hinein:

"Yuna, sag mal, was haben denn die ganzen Feuerstellen zu bedeuten?"

Tidus sah seine Frau an, ihre Blicke trafen sich und Yuna sagte zu Lulu gewand:

"Erklären wir euch später und zwar allen zusammen, dann müssen wir nicht ständig von vorne beginnen."

Lulu sah nicht begeistert aus, nickte aber. Auch Rikkus Neugier schien geweckt zu sein:

"Wollt ihr echt warten, bis alle wieder aufnahmefähig sind, das kann sich noch um Stunden handeln..."

Tidus schaute überrascht auf:

"Wieso? Was ist denn mit den anderen?"

Rikku grinste amüsiert und bedeutete ihm und Yuna, ihr zu folgen. Zu viert traten sie nach draußen in die Morgensonne. Tidus bemerkte sofort, was Rikku gemeint hatte. Wakka und Letty hatten es sich mitten auf dem Dorfplatz bequem gemacht und schliefen seelenruhig im Sand. Jash war zu dem Hund gekrochen, der hier in Besaid lebte und sich unter einem Busch zusammengerollt hatte. Er war wirklich ein kluger Hund, der ab und an immer mal seltsame Gegenstände fand und mit nach Hause brachte. Außerdem diente er im Moment als Kopfkissen.

Gippel hatte sich zu einer Palme begeben und diese wohl umarmt. Inzwischen hing er noch so halbwegs an ihrem Stamm. Brüderchen letzendlich saß vor einer Hauswand, blinzelte mit den Augen und schlug im regelmäßigen Abstand immer wieder mit dem Kopf gegen die Holzwand, wenn er eingenickt war.

Nur Kumpelchen, der seinen Schlaf offensichtlich nicht ganz so sehr vermisste, trat zu Lulu und beide schüttelten nur mit den Köpfen.

Tidus und Yuna mussten trotz des vorherigen Thema lachen, als sie sich ihre "Siegermannschaft" so ansahen.
 

***
 

Leylis hielt die Augen fest geschlossen und erwartete, die Zähne der Schlange jeden Moment in ihrem Arm zu spüren. Es geschah jedoch nichts dergleichen. Sie fühlte lediglich irgendetwas weiches und flauschiges, dass auf ihre Hand gefallen war. Vielleicht wollte die Schlange sie einwickeln...

Ach, Unsinn! Schlangen sind nicht flauschig!

Leylis riss die Augen wieder auf. Auf ihrer Hand befand sich eine Feder, eine gelbe Feder. Und ihre Gegnerin wurde gerade von einem riesigen gelben Vogel mit Fußtritten bearbeitet.

Kurz darauf wich ihr Retter zurück, die Schlange machte sich zum Angriff bereit. Spontan schnappte sich Leylis einen Ast, der zu ihren Füßen lag und stürmte auf das riesige Tier zu. Sie traf es tatsächlich mit dem Stock, der daraufhin allerdings abbrach. Die Schlange schien verärgert und landete einen Treffer mit ihrem Schwanz bei der Angreiferin. Leylis sackte zu Boden und nahm sich im Stillen vor, nie wieder gegen eine Schlange zu kämpfen, wenn es nicht irgendwie nötig war und sie hier lebend herauskam.

Auf ein Mal, realisierte sie ein schwaches Leuchten um sich herum und fühlte sich viel besser, als hätte die Schlange sie nie getroffen.

"Vita..?", fragte sie ungläubig und blickte sich nach jemandem um, der es bewirkt haben könnte. Als sie niemanden entdeckte, traf ihr Blick den des Vogels, der nun nicht weit von ihr entfernt stand und sie mit klugen Augen ansah.

"War das etwa...", begann Leylis, doch sie wurde ruckartig von der Schlange unterbrochen. Diese war inzwischen offensichtlich ziemlich sauer und kam direkt auf Leylis zu. Sie bemerkte, dass schon wieder eine Art Licht um sie herum erschien, es sah anders aus, als das erste.

Dieses war flammenrot. Ihm Augenwinkel sah sie, das der Zauber tatsächlich von ihren gefiederten Retter auszugehen schien.

Die Schlange kam auf sie zugeschossen, das Maul mit den blitzenden Zähnen weit aufgerissen. Leylis sah sie wie in Zeitlupe herangleiten, mühelos wich sie aus. Mit ein paar Schritten befand sie sich direkt vor der Schlange und rammte ihr eines der Enden ihres Stocks zwischen die Schuppen. Ihre Gegnerin wich einige Meter zurück.

Wie rasch und einfach das gegangen war. Hatte die Schlange an Schnelligkeit verloren? Wieder griff diese an und zum zweiten Mal wich Leylis ohne große Schwierigkeiten aus. Plötzlich wurde ihr klar, dass es nicht die Schlange war, die langsamer geworden war, sondern dass sie selbst sich auf einmal viel schneller bewegen konnte.

Hast, fuhr es ihr durch den Kopf. Das Vögelchen beherrschte tatsächlich etwas Weißmagie!

Sie wandte sich ihrem gelben Mitstreiter zu und nickte kurz. Dann richtete sie den Blick wieder auf die Schlange. Der Vogel schien begriffen zu haben, was sie wollte und gemeinsam preschten sie nach vorne. Leylis schlug mit dem zweiten Teil des Astes zu, während ihr gelber Freund neben ihr hoch sprang und dann mit seinen recht scharfen Krallen ihren Feind angriff.

Die Schlange löste sich auf. Einige Illumina schwirrten durch die Luft und verschwanden schließlich. Der Kampf war vorbei.

Leylis atmete tief durch, ließ die Überreste ihres Stocks fallen und ging zu dem gelben Vogel, der nicht vor ihr floh, sie jedoch mit wachsamem Blick beobachtete. Er sah genauso aus, wie ihr Glücksbringer, den sie immer noch am Gürtel bei sich trug. Ihre Mutter hatte ihn vielleicht von hier mitgebracht. Leylis hatte nicht damit gerechnet, dass es diese Tiere tatsächlich gab und erst recht nicht in dieser Größe. Doch nun stand einer dieser gelben Vogel direkt vor ihr. Sie hatte ihm einiges zu verdanken. Vorsichtig streichelte sie ihm über dem Kopf. Sein Gefieder war kuschelig weich. Er ließ es geschehen und quietschte vergnügt.

Leylis lachte, offensichtlich hatte sie einen neuen Freund gefunden. Als ihr Blick an dem Tier vorbeistreifte, sah sie in einiger Entfernung hinter ihm eine weitere Schlange aus dem Gebüsch kriechen. Diese kam auf sie zu.

"Nicht im Ernst jetzt, oder?", fragte Leylis, obwohl sie weder von der Schlange noch von dem Vogel eine Antwort erwartete. Ihr gefiederter Freund war ihrem Blick gefolgt und sah sie tiefgründig an. Dann knickte er seine Beine ein, bis er neben ihr fast auf dem Boden lag.

"Was soll denn das jetzt?"

Leylis betrachtete den Vogel skeptisch. Wollte er sich etwa ausruhen?

Doch ihr gelber Mitstreiter machte nicht den Anschein, als wolle er sich eine Pause gönnen. Er raschelte ein wenig mit den Flügeln und krähte auffordend.

"Wie? Soll ich etwa auf dir reiten?"

Sie starrte ihn ungläubig an, doch angesichts der zweiten Schlange, die nun schon beachtliche Fortschritte beim Überwinden der Meter zwischen ihnen gemacht hatte, blieb ihr nicht viel Zeit zum Überlegen.

Leylis band die Vogelfeder, die sie seit Beginn des Kampfes immer noch in der Hand hielt, zu ihrem Plüschtier an ihren Gürtel und machte sich daran, vorsichtig auf den Rücken des Tieres zu klettern, ohne auf einen Flügel zu treten.

Als sie endlich saß, stand er mit einem Ruck auf, sodass sie beinahe wieder heruntergefallen wäre. Im letzten Moment bewarte sie das Gleichgewicht und hielt sich an einigen Federn im Nacken des Vogels fest.

Dann begann der Ritt. Sie hätte ihrem neuen gefiederten Freund niemals zugetraut, dass er so schnell rennen konnte, wie er es nun tat. Der Weg flog nahezu an ihnen vorbei und von der sich nähernden Schlange war längst nichts mehr zu sehen. Ab und an sah Leylis andere Monster, doch bevor sie eine Chance zum Angriff hatten, war sie schon längst vorbeigeritten.

Leylis lachte und freute sich. Auf dem Rücken ihres Freundes saß es sich bequem und warm und die Reise machte ihr riesigen Spaß. Zum ersten Mal, seit sie hierher gekommen war sie vollkommen glücklich und fühlte sich frei.

Auch ihr Reittier ließ sich von ihrer Begeisterung anstecken. Es krähte hin und wieder vergnügt.

Nach einiger Zeit verließen sie Illuminum. Leylis merkte es daran, wie sich die Umgebung veränderte.

Sie wurde nach und nach steiniger und Felsen zierten nun den Rand des Pfads, den sie entlangritten. Sie befanden sich nun auf einer Art Felspass mit seltsam pilzartig geformten Steinen. Es wurde für den Vogel deutlich schwerer voranzukommen und Leylis war froh, als sie endlich die Klippen hinter sich ließen und eine grüne Wiese erreichten.

"Na, guten Ritt über den Fungus Pass gehabt?"

Leylis zuckte zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sich noch jemand auf der Grünfläche befand. Ich bin einfach zu schreckhaft, sagte sie sich und betrachtete dann genauer die Frau, die vor ihr stand. Sie hatte rote Haare und trug violette Kleidung.

"Ja...", antwortete Leylis zögernd, "nennt man den Felsenpfad hier Fungus Pass? Ich komme nicht von hier und kenne mich nicht so genau aus."

Die Frau lächelte ihr fröhlich zu:

"Dafür kannst du aber wirklich gut reiten. Und du liegst richtig. Wegen der pilzförmigen Felsen hat man den Weg hinter dir Fungus Pass genannt. Jetzt befindest du dich allerdings in der Mi'hen Straße. Sie ist ziemlich lang, aber an ihrem anderen Ende befindet sich Luca. In den nächsten Tagen findet dort die zweite Runde der Blitzball Liga statt. Die Reise lohnt sich also!"

Freude erfüllte Leylis. Eine Blitzball Liga! Wenn sich dort Spieler aus aller Welt trafen, sah sie bestimmt Shujin wieder und vielleicht sogar Lenne. Allerdings hatte sie weder von Luca noch von einer Blitzballliga in den nächsten Tagen etwas gehört. Naja, bestimmt hatte Shujin vergessen ihr davon zu erzählen oder sie hatte es einfach nicht mitbekommen, schließlich war sie in letzter Zeit alles andere, als aufmerksam gewesen.

Sie wandte sich wieder der Frau zu:

"Danke! Ich werde mich gleich auf den Weg machen."

"Gut, aber sei vorsichtig. Es scheint so, als mache ein neuer Choco Gourmet die Gegend unsicher. Mit dem ist nicht zu spaßen!"

Die Rothaarige blickte sie ernst an.

"Ein Choco-was?"

Leylis sah verständnislos zu ihr hinunter.

"Ein Choco Gourmet, ein Monster, dass Chocobos, wie der auf dem du gerade reitest, frisst. Wir haben ihn bisher noch nicht besiegen können."

"Oh, gut dass du mich gewarnt hast. Ich werde aufpassen!"

Nach dieser Antwort lächelte die Frau wieder:

"Mein Name ist übrigens Lucille."

"Freut mich! Ich bin Leylis."

Nach einigen Abschiedsworten verschwand Lucille in Richtung Fungus Pass und auch Leylis machte sich daran weiterzuziehen. Dummerweise befand sie sich jedoch prommt vor einer Weggabelung. Da sie keine Ahnung hatte, welchen Weg sie nehmen sollte, entschied Leylis sich spontan für den linken.

Kurze Zeit später gelangten sie auf eine weitere Wiese, auf der sehr hohes Gras wuchs. Einige alte Ruinen standen an der Seite und spendeten Schatten vor der allmählich heißer werdenden Sonne. Leylis legte eine Pause ein. Für sich und für den gelben Vogel, der also ein Chocobo war. Sie saßen eine Weile nebeneinander im Gras. Bald war Mittagszeit und Leylis bekam so langsam Hunger. Sie musste sich demnächst nach einem Ort umsehen, wo sie etwas zu essen bekam. Ihr Chocobo löste sein Hungerproblem, indem er sich nach einiger Zeit erhob und im Gebüsch nach besonderen Gräsern und Kräutern, die er mochte, suchte.

Leylis betrachtete ihn interessiert und genoss die Ruhe. Diese hielt jedoch nicht sehr lange an, denn plötzlich sprang ein riesiges Viech von einer Felswand herunter und landete genau zwischen ihr und ihrem gefiederten Freund. Es hatte zwei riesige, lange Arme. An einem von ihnen hing eine gelbe Feder. Das Monster wandte sich mit gierigem Blick dem Vogel zu.

Da wurde Leylis klar, dass dies der Choco Gourmet sein musste, vor dem Lucille sie gewarnt hatte. Ihr Chocobo stand zitternd vor einer Felswand, er kannte offensichtlich die Gefahr, in der er sich befand. Mit Entsetzten stellte Leylis fest, dass das Monster sich bereit machte, ihren neuen Freund anzugreifen, um ihn anschließend zu verspeisen.

"Lauf!", schrie sie, als der Choco Gourmet vorstieß.
 

***
 

Yuna und Tidus trugen beide Eimer, die jeweils randvoll mit Wasser gefüllt waren. Sie hatten es von dem Brunnen in Besaid geholt, der in der Nähe des Tempels stand, und schleppten es nun an einigen Häusern vorbei. Ein paar Meter vor ihnen gingen Rikku, Lulu und Kumpelchen, ebenfalls mit Eimern bewaffnet.

Yuna beobachtete Tidus, der schon mindestens ein Viertel des Wasser aus seinem Behälter hatte schwappen lassen. Er schien jedoch sonst keinerlei Probleme mit dem Transportieren zu haben. Es ging ihm also wirklich gut. Wahrscheinlich machte sie sich schon wieder viel zu viele Sorgen. Seine Verbrennung am Rücken war nicht sehr schlimm und mittels Vita hatte sie diese fast komplett heilen können. Nur eine leicht rötliche Stelle war zurückgeblieben...

"Pass auf! Der Ast..."

Yuna stolperte, konnte sich jedoch im letzten Moment abfangen und schaffte es sogar noch, das Wasser an seinem Platz zu behalten.

"Sag mal, wo siehst du denn hin? Auf diese Art und Weise läufst du noch gegen eine Palme!"

Tidus war zu ihr hinübergelaufen und blickte sie irritiert an:

"Du bist doch sonst nicht so abwesend. Ist irgendwas?"

Yuna lächelte. Ja, das war typisch für ihren Mann: Er handelte immer nur für den Augenblick und kümmerte sich weniger um die Folgen. Doch sie wusste genau, dass auch er sich im Stillen Sorgen machte. Aber es brachte nichts, jetzt darüber nachzudenken, wo sie sowieso nichts tun konnten.

"Nein, schon gut. Alles in Ordnung!"

Tidus grinste zurück:

"Gut, dann komm! Wir haben noch was zu erledigen..."

Kurz darauf kamen sie mit den drei anderen wieder vor Yunas Haus an.

"Bereit..?", fragte Rikku.

Yuna, Tidus, Lulu und Kumpelchen nickten zustimmend und mit einem Ruck drehten alle ihre Eimer um und ließen das eiskalte Wasser auf die Gesichter der Besaid Aurochs und Gippel spritzen.

Wakka, Letty und Jash schreckten aus ihrem Schlaf und starrten den Schlafstörenden, der sie so unsanft geweckt hatte, total entgeistert und ohne zu begreifen, was sie eigentlich sahen, an.

Da Lulu Wakka aufgeweckt hatte, wurde sie nun dementsprechend von ihm mit lehrem Blick betrachtet.

"Ich mag diesen Ausdruck nicht! Starr mich nicht so an!"

Lulu verpasste ihrem Mann eine leichte Ohrfeige, was zur Folge hatte, dass er anfing, sich lautstark zu beschweren. Seine Frau brachte ihm mit einem eiskalten Blick, der ihm sehr deutlich vermittelte, was sie dachte, zum Schweigen.

Tidus geleitete Letty und Jash zu ihrem Haus, dort legten sich die beiden in ihre Betten und schienen immer noch nicht recht zu realisieren, was sie eigentlich taten.

Yuna war unterdessen zu Brüderchen hinübergelaufen. Nachdem Kumpelchen ihn geweckt hatte, war er mit einem bemerkenswerten Satz nach vorne gehechtet. Dumm daran war bloß, dass er vor einer Wand geschlafen hatte...

Inzwischen saß er jammernd und mit einer Beule am Kopf auf dem Boden. Es schien ihm also

relativ gut zu gehen und immerhin war er wach.

Rikku kicherte vergnügt. Sie hatte es sich nicht nehmen lassen, Gippel selbst aufzuwecken. Da er bis zu diesem Zeitpunkt an einer Palme geklebt hatte, war er mit einem leichten -Rumms- auf dem Boden gelandet, nachdem er sie losgelassen hatte.

Immer noch lachend beugte sich Rikku über ihn:

"Na, gut geschlafen? Mochtest du die Palme so gerne, dass du sie die ganze Zeit lang nicht losgelassen hast? Wir können ja häufiger herkommen, um sie zu besuchen..."

Gippel arbeitete sich auf die Beine und bemühte sich auch noch stehen zu bleiben. Nachdem er eine ganze Zeit lang in einer denkbar seltsamen Lage geschlafen hatte, schien es für ihn schwierig, seine steifen Glieder wieder normal einzusetzen.

"Halt die Klappe, du Kaktorkeks!"

Rikku tat ernst und blickte ihn streng an:

"Soso, ein Kaktorkeks also... Na, wer verwechselt jetzt die Wörter? Hast wohl deine Hausaufgaben nicht gemacht, wie? Saeh Meapan..."

Gippel war offensichtlich kurz davor auszurasten:

"Carn fedwek! Fyc Paccanac vyammd ten furm helrd aeh... Ti karcd sen yiv tea Hanjah!"

Rikku nahm das sichtlich gelassen und entgegnete ruhig, er solle sich nicht so aufregen. Sie habe ihn doch schließlich nur geweckt.

Gippel brummte irgendwas davon, das er ihr das nicht vergessen werde und setzte sich neben den immer noch jammernden Brüderchen.

Yuna lief zu Rikku:

"Sag mal, ist alles in Ordnung mit dir? So hart streitet doch selbst ihr euch selten..."

Ihre Cousine grinste Yuna fröhlich an:

"Du hast ihn noch nicht oft kurz nach dem Aufstehen erlebt. Da hat er immer schlechte Laune!"

Jetzt lächelte auch Yuna. Ihr fiel prommt noch ein zweiter Morgenmuffel ein...

Rikku richtete sich zu voller Größe auf und rief:

"Ok, alle mal herhören! Wir sollten jetzt zum Strand gehen, dort befindet sich die Celsius und wir müssen so allmählich los!"

Nach dieser Ansage liefen Rikku, Yuna, Tidus, Lulu und Kumpelchen voraus Richtung Flugschiff. Ein paar Meter hinter ihnen trotteten Wakka und Brüderchen mehr oder minder wach hinterher. Ihnen wiederum folgte mit einigem Abstand der immer noch grummelnde Gippel.

Am Strand angekommen gingen alle an Bord der Celsius. Kurz vor dem Start, schaute Yuna in die Runde und bemerkte, dass alle wieder aufnahmefähig schienen. Sie warf Tidus einen Blick zu und sagte:

"Warte bitte noch mit dem Losfliegen! Wir müssen euch etwas erzählen..."

Als Yuna und Tidus geendet hatten, blickten sie in eine Reihe von sprachlosen und teilweise erschrockenen Gesichtern.

"Wir haben keine Ahnung, was er vor hat, also bringt es nichts, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Wir wollten nur, dass alle Bescheid wissen.", meinte Tidus.

Stille breitete sich auf der Brücke aus. Nach einer Weile rührte sich Kumpelchen und startete das Flugschiff.

"Wie du schon sagtest... Grübeln bringt nichts! Wir sollten auf der Hut sein, aber uns nicht verrückt machen."

Brüderchen stellte sich neben ihn:

"Ihr habt ja Recht. Also, auf geht's zur Mi'hen Straße! Wir haben doch auch anderes zu tun, als uns um diesen ohnehin schon Toten zu kümmern!"

Yuna lächelte. Ihre Freunde hatten so reagiert, wie sie es sich erhofft hatte. Andere Leute wären bei dieser Nachricht in Panik geraten. Sie jedoch blieben vernünftig!

Yuna freute sich auf den Besuch in der Mi'hen Straße. Sie war seit einiger Zeit nicht mehr dort gewesen. Heute flogen sie dorthin, um Shinra abzuholen. Der kleine Junge, welcher ein Genie in sämlichen technischen Dingen darstellte, befand sich nämlich zur Zeit bei Rin, der nach wie vor eine Art Hotelkette in ganz Spira betrieb. An Wegen, die weit von einer Stadt entfernt lagen, traf man häufig auf "Rin's Reisebedarf" und freute sich darauf, eine Pause einlegen zu können.

Rin wollte einige Geräte in seinem Reisebedarf an der Mi'hen Sraße modernisieren. Da er selbst nur mäßig in solchen Dingen begabt war, hatte er Hilfe von dem kleinen Al Bhed Jungen erbeten. Dieser war daraufhin sofort zu ihm gekommen und nun sollten sie ihn wieder abholen, weil Shinra errechnet hatte, dass er heute mit dem Einsetzten aller Geräte fertig sein müsste. Da seine Berechnungen eigentlich immer genau aufgingen, machten sie sich nun mit der Celsius auf den Weg zu ihm.

Yuna beobachtete eine Weile, die Landschaft, die unter ihnen hinwegflog. Nach einer Zeit gesellte sich Tidus zu ihr.

"Weißt du, was mir Sorgen macht?", fragte Yuna ihn.

Tidus wusste genau, dass sie es ihm gleich mitteilen würde und keine Antwort erwartete,

also schwieg er.

"Dieser kleine Junge, den du erwähnt hast, sah er wirklich aus, wie die Asthra Bahamuts?"

Tidus sah sie ruhig an, er ahnte, was seine Frau dachte.

"Ja..."

Yuna sah ihn mit verschlossenem Blick an:

"Meinst du sie könnten..? Ich dachte sie wären jetzt für immer fort. Was ist, wenn alles noch einmal geschieht?"

"Das glaube ich nicht! [Sin] ist fort... Außerdem sind die Asthras nicht böse. Im Gegenteil... ich glaube, dass wir ihnen sogar Leid taten und dass sie uns helfen werden, wenn es in ihrer Macht steht."

Tidus schaute sie ruhig an, legte ihr kurz die Hand auf die Schulter und ging dann zu Gippel und Rikku hinüber, um zu verhindern, dass sie sich gegenseitig mit dem Kaffee, den Mr Schank gemacht hatte, verbrühten...

Eine Weile später landeten sie direkt vor Rin's Reisebedarf. Dessen Besitzer und Shinra kamen ihnen entgegen. Sie wurden von ihnen begrüßt und zum Mittagessen eingeladen, da es inzwischen schon beinahe Zeit dafür war.

Ein paar Minuten hatten sie dennoch und während die anderen sich es schon alle im Hotel, das gleichzeitig auch einen Laden darstellte, bequem machten und sich teilweise über die Preise einiger Gegenstände beschwerten, setzten Tidus und Yuna sich draußen an den Rand der sich vor dem Haus befindenden Klippe und genossen die Aussicht über das Meer und auf die Ruine, die sich wie ein Torbogen aus diesem erhob. Vor vier Jahren hatten sie auch hier gesessen, damals waren sie auf ihrer Reise hier vorbeigekommen.

"Hast du das gehört?"

Ihr Mann riss Yuna aus ihren Erinnerungen.

"Nein, was denn?"

"Ein Schrei, ich glaube jemand hat geschrien und es war hier in der Nähe, vielleicht unten auf der alten Mi'hen Straße..?"

Tidus war aufgesprungen und lief schon in deren Richtung.

"Hey, warte mal...", rief Yuna ihm hinterher,

doch die einzige Antwort, die sie von ihm bekam, war, dass er nur mal kurz nachsehen wolle, ob er nicht vielleicht doch Recht habe, dass sie sich keine Sorgen machen, sondern schon zu den anderen gehen solle und dass er gleich zurück sei.

Yuna stöhnte. Dass er auch immer alles im Alleingang machen musste...

Na, warte!, dachte sie und ging in die selbe Richtung, in die er verschwunden war. Dann verschieben wir das Mittagessen eben!
 

***
 

Im letzten Moment sprang der Chocobo zur Seite. Leylis atmete erleichtert auf, doch viel Zeit zum Freuen blieb ihr nicht, denn jetzt wurde ihr gelber Freund quer über die Wiese gejagdt und es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich in einer Sackgasse wiederfinden würde.

"Du bist doch ein Vogel! Kannst du nicht einfach wegfliegen?",

fragte ihn Leylis, woraufhin er sie kurz ansah, bis seine Aufmerksamkeit wieder vollends auf das Monster gerichtet wurde.

"Versuch doch wenigstens den Hang ein Stück hinauf zu springen!"

Wieder schaute der Vogel sie kurz und dieses Mal irgendwie nachdenklich an. Dann lief er mit einem Wahnsinnstempo auf die nächste Steinwand zu, hüpfte erst auf einige Felsen und sprang dann auf eine Art Vorsprung ein paar Meter über dem Boden.

Sein Gegner, ein großes hässliches Viech mit zwei gewaltigen Armen und Fäusten, preschte ihm hinterher und hämmerte auf die Wand ein, wohl in der Hoffnung, sie zu zerbrechen.

Als das trotz aller Mühe nichts brachte, drehte er sich langsam zu Leylis um, als würde er ahnen, wer den Chocobo auf solch eine Fluchtidee gebracht hatte...

Na toll! Jetzt steh ich auf seiner Speisekarte, dachte Leylis und wich langsam zurück, während ihr Feind sich zielstrebig näherte.

Leylis blieb stehen. Sie würde sich nicht in die Enge drängen lassen und außerdem war sie nicht ganz wehrlos. Auch wenn sie keinen Stab hatte, fürs Zaubern brauchte sie keine Waffe. Warum hatte sie das eigentlich nicht schon bei dieser nervenden Schlange ausprobiert..?

Leylis konzentrierte sich, schnippte kurz mit den Fingern und öffnete ruckartig ihre Hand.

"Feuer!"

Sofort erschien auf ihrer Hand wie gewünscht eine Flamme. Leylis lächelte kurz und warf den Feuerball dann dem Choco Gourmet zu. Dieser zuckte zusammen, als er getroffen wurde, schien jedoch nur noch wütender als vorher und kam auf sie zu.

Leylis hatte allerdings schon die nächste Bewegung, dieses mal eine weniger ruckartige, sondern eher fließende, vollführt.

"Wasser!"

Nun taumelte ihr Gegner kurz und schien ebenfalls einen Zauber durchführen zu wollen. Sie bewirkte noch bevor er fertig war, einen Eiszapfen, der ihn traf, doch wieder hatte sie nur begrenzt Erfolg. Ihre Magie wirkte zwar, aber dennoch würde sie eine ganze Weile und jede Menge Kraft benötigen, um dieses vogelfressende Ungeheuer unschädlich zu machen.

Leylis beobachtete fieberhaft ihre Umgebung, um sofort handeln zu können, wenn ihr etwas Unnormales wie beispielweise eine Temperaturschwankung auffiel. Sie wusste schließlich nicht, mit welchem Element ihr Feind angreifen würde...

Trotz ihres Abwartens geschah jedoch nichts dergleichen und nach einer Weile kehrte ihr Gegner in seine normale Kampfhaltung zurück.

Was nun wohl passiert ist?, fragte sich Leylis. Vielleicht hatte sie es geschafft, mit ihrem Zauber seinen rechtzeitig zu blockieren.

Na gut, wenn nicht du, dann eben ich..., dachte Leylis und konzentrierte sich erneut.

Dann durchschnitt sie mit zwei Fingern diagonal die Luft und formte sie kurz darauf zu einem Fingerzeichen.

"Blitz!"

Wie erwartet zuckte über ihrem Gegner ein Blitz auf, welcher dann auf ihn niederging. Irgendwie schien er jedoch abzugleiten.

Wieso das denn jetzt?, fragte sich Leylis: Er war doch genau über...

Weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht, denn offensichtlich war ihr Zauber nicht nur abgelenkt, sondern reflektiert worden und zu ihr zurückgekommen.

Von der Wucht ihrer eigenen Magie getroffen, taumelte Leylis und sprach hastig einen Vita Zauber, um sich zu heilen. Dieser erfüllte nur begrenzt seine Wirkung, aber das war immerhin besser als gar nicht.

Wirklich großartig! Er hat sich mit Reflek belegt...

Leylis bereute ihre Dummheit. Sie war so fixiert auf die Umgebung gewesen, dass sie auf den Feind selbst kaum noch geachtet hatte. Und jetzt hatte sie den Salat: Sie besaß im Moment keine Waffe, mit der sie sich hätte wehren können, ihre einzige Hilfe bestand aus einem Kuscheltier, dass drei Meter über dem Boden zitternd auf einem Felsvorsprung hockte und ihr Gegner hatte soeben mit Reflek dafür gesorgt, dass sie keine Zauber mehr anwenden konnte, um ihm zu schaden. Dank ihrer ganzen Weißmagie-Paukerei wusste sie zwar, dass man Reflek mit Anti-Z aufheben konnte, das brachte ihr jedoch auch nicht wirklich viel, da sie diesen Zauber nicht beherrschte. Er überstieg ihre Fähigkeiten als Heilerin um einiges...

"Ich hätte doch mehr üben sollen.", seufzte Leylis leise. Dabei kam ihr eine Idee... eine ziemlich verrückte Idee..., aber warum eigentlich nicht?

Zum Beschwören benötigte sie nicht unbedingt einen Medienstab, dieser erleichterte es nur. Wenn sie sich konzentrierte, konnte sie Chronis sicherlich auch so herbeirufen.

Guten Mutes richtete sich Leylis zu voller Größe auf und begann ihren Beschwörungstanz. Sie kam sich vor wie im Traum, schloss die Augen dabei und konzentrierte sich auf ihre Bewegungen.

Diese verliefen flüssig und ohne Zögern. Sie hatte schon so häufig eine Bestia gerufen, dass sie nicht einmal nachdenken musste...

Doch irgendetwas fühlte sich anders an, als sonst. Normalerweise antworteten die Asthras sofort und wenig später erschien dann die Bestia.

Leylis hörte sehr wohl etwas von Chronis, aber es war keine Antwort, sondern eher ein Ruf ihrerseits. Sie spürte auch keine sich nähernde Bestia, vielmehr der Drang einer, die zu ihr kommen wollte, es jedoch nicht schaffte.

Leylis öffnete die Augen. Vor ihr war ein schimmernder, türkisblauer See. Eine Felswand ragte vor ihr auf, seltsame Bilder aus Stein an den Wänden. Sie fiel durch Schnee, sah ihn direkt vor ihren Augen und spürte einen stechenden Schmerz im Rücken.

Als Leylis wieder aufstand, sah sie direkt in die hässliche Fratze des Choco Gourmets. Er hatte sie wohl angegriffen und mit einer seiner Fäuste gegen eine nahestehende Felswand geschleudert.

"Vita!", rief Leylis erschöpft.

Kurz darauf ging es ihr geringfügig besser, doch lange konnte sie das Ganze nicht mehr durchhalten...

Sie hatte zwar keine Ahnung, was genau passiert war, doch ihre Beschwörung war offensichtlich mehr als schief gegangen.

Ganz blöde Idee..., dachte sich Leylis und fragte sich gerade, was sie nun machen sollte, als ihr Gegner wieder angriff. Da Leylis buchstäblich mit dem Rücken zur Wand stand und nicht so schnell nach rechts oder links ausweichen konnte, hielt sie nur schützend die Arme vors Gesicht und hoffte auf ein Wunder.

Und das Wunder geschah. Nach einer Weile ließ Leylis die Arme wieder sinken und erkannte, dass ihr Chocobo wohl wieder von seinem sicheren Platz herunter gekommen sein musste und nun das Monster attackierte. Viel bewirken konnte er mit seinen Krallen jedoch nicht, denn nach kurzer Zeit erwischte ihn sein Feind mit einem der gewaltigen Arme. Daraufhin zog sich der gelbe Vogel fiepsend zurück und gelangte kurz drauf in eine Sackgasse, wo er sich hoffnungslos auf den Boden sinken ließ.

Leylis betrachtete erstarrt, wie der Choco Gourmet zum zweiten Mal mit hungrigem Blick auf ihren Freund zu marschierte.

"Nein!"

Leylis sprang auf und stellte sich zwischen die beiden.

"Bleib gefälligst weg von ihm!"

Sie würde auf gar keinen Fall zusehen, wie ihr neuer Freund, welcher sie nun schon zwei Mal gerettet hatte, als Mittagessen diente.

Dumm war nur, dass sie das Monster nicht wirklich aufhalten konnte...

Der Chocobo saß direkt hinter ihr und krähte dankbar. Leylis wollte gerade etwas sagen, als der Gegner vorstieß.

Leylis hielt die Hände ausgestreckt, als könne sie ihn damit zurückstoßen und schrie.

Sie schrie, bis ihr die Luft ausging und sie japsend dastand.

Sie stand noch!

Nach der Ursache dessen musste sie nicht lange suchen. Fasziniert blickte Leylis auf eine Art durchscheinenden, schimmernden Schild, der sich direkt vor ihr befand.

Der Choco Gourmet schlug ein paar Mal prüfend darauf und wich dann einige Meter zurück.

Interessiert bemerkte Leylis, dass sich die Form des Schilds veränderte. Er schien in einzelne Partikel aufzuteilen, die wie eine Mischung aus Illumina und glitzernden Wassertropfen aussahen. Wenig später setzten sie sich zu einer neuen Form zusammen.

Leylis staunte nicht schlecht, als sie auf eine bekannte Gestalt blickte:

"Efrye..?"

Sie starrte den Himmelsdrachen mit seinen glänzenden Schuppen an. Was machte er denn ausgerechnet hier. Noch dazu war er eine Bestia, die Leylis nur ein Mal gerufen hatte, weil sie bei diesem Mal fast die Kontrolle verloren hätte. Deshalb glaubte sie nicht daran, dass sein Erscheinen auf ihre Beschwörung zurückzuführen war.

Efrye war Lennes Lieblingsbestia. Doch diese war nicht hier.

Sie konnte ihn genauso wenig beschworen haben. Wer aber dann?

Auf einmal setzte sich der Drache in Bewegung. Er flog direkt auf Leylis' rechte Hand zu, dabei leuchtete er noch mehr als zuvor. Das Licht konzentrierte sich auf ihrem Mittelfinger und nach einer Weile war Efrye vollständig verschwunden. Dafür befand sich an Leylis' Finger nun ein wunderschöner Ring, der in den Farben von Efryes Schuppen schimmerte.

Das Problem an der ganzen Sache war nur, dass Leylis jetzt keinen hübschen Ring brauchen konnte, wie sie mit einem Blick auf den nun wieder auf sie zustrebenden Choco Gourmet feststellte.

Sie brauchte eine Waffe und zwar sofort!

Ärgerlich schüttelte sie die Hand mit dem Ring daran.

"Hey, komm sofort wieder raus, Efrye! Ich brauch dich noch! Was fällt dir ein, einfach wieder zu verschwinden?!"

Während sie panisch mit ihrer Hand durch die Gegend furchtelte, kam ihr Gegner immer näher. Es wirbelten zwar einige der glänzenden Partikel durch die Luft, sonst geschah jedoch nichts weiter. Jetzt stand ihr Feind direkt vor ihr. Mit inzwischen leicht zitternden Fingern machte sie eine Art Bogenbewegung durch die Luft und fühlte plötzlich etwas zwischen ihrer Hand. Nachdem sie umgehend zugefasst hatte, bildeten die Wassertröpfen einen Stab, der fest in ihrem Griff lag.

Staunend betrachtete Leylis ihre Waffe. Sie glitzerte sehr schön und wirkte hart und unzerbrechlich. Es war zwar kein Medienstab, aber mit so etwas konnte sie kämpfen.

Leylis stürzte sich auf ihren Gegner und deckte ihn mit Schlägen ein, während sie seinen eigenen fast immer ausweichen konnte. Im Falle eines Gegentreffers heilte sie sich mit Vita.

Obwohl sie nicht mehr allzu viel Kraft zum Zaubern hatte, bemühte sie sich die Oberhand zu behalten. Doch dann schlug ihr Feind mit beiden Armen zugleich zu und Leylis, die nicht damit gerechnet hatte, wurde getroffen, musste sich anschließend auf ihren Stab stützen und sah dem Monster, das keine Zeit verlor und schon wieder auf sie zukam, beunruhigt entgegen.

Dann schloss sie kurz die Augen, was sollte sie jetzt machen? Wenn sie zauberte, hatte sie keine Gelegenheit mehr auszuweichen, aber ohne Heilung, hatte sie nicht die Kraft zur Seite zu springen...

Leylis machte sich umsonst Sorgen, denn wieder löste ihr gefiederter Freund das Problem im Handumdrehen. Ein kurzes Leuchten um sie herum machte seinen Vita-Zauber deutlich. Dann brachte sich Leylis aus der Reichweite ihres Gegner und stürmte kurz darauf wieder auf ihn zu. Sie schlug so fest sie konnte zu und bemerkte anschließend überrascht, dass das Monster nach hinten gekippt war und sich zumindest für den Augenblick nicht wehren konnte.

Als ihr zudem auffiel, dass der Reflek-Zauber, der das Monster umgeben hatte wohl durch ihren Angriff erloschen war, konzentrierte Leylis all ihre Kraft und machte dieselbe schnippsende Bewegung, wie zu Beginn des Kampfes, nur dieses Mal mit beiden Händen...

"Feura!"

Auf beiden Händen erschienen Feuerbälle, welche sie unverzüglich gegen den Choco Gourmet auf die Reise schickte.

Einige Illumina stoben in unterschiedliche Richtungen davon. Leylis sank seufzend auf den Boden. Sie hatte es geschafft. Heilfroh darüber betrachtete sie nochmals den Ring an ihrer Hand. Sämtliche Partikelchen hatten sich wieder in ihn zurückgezogen. Er ruhte schillernd auf ihrem Finger...

Als Leylis wieder aufblickte, sah sie nicht allzu weit entfernt eine Person stehen, welche ihr sehr bekannt vorkam. Langsam stand sie auf und ging auf diese zu...

"Shujin..?"
 

***
 

"Was..? Wer bist du?"

Tidus sah das ihm unbekannte Mädchen an. Eigentlich hatte er ihr helfen wollen...

Es war von einer Klippe aus zu sehen gewesen, dass sie gegen den Choco Gourmet gekämpft hatte und zu diesem Zeitpunkt war sie im Nachteil gewesen. Allerdings hatte der Chocobo, welcher nun kurz hinter ihr auf dem Boden hockte, ihr geholfen.

Als er selbst hier angekommen war, hatten sie den Kampf jedoch schon für sich entscheiden können

Das Mädchen wirkte erschöpft, was jedoch kein Wunder war. Allerdings fixierte sie ihn mit wachen Augen.

Sie hatte ihn Shujin genannt, da war er sich sicher...

"Kennst du vielleicht auch Lenne?"

Tidus sah die Fremde interessiert an. Er bemerkte ein Aufleuchten in ihrem Gesicht. Yuna hatte ihm alles, was sie wusste, über Lenne erzählt. Betrachtete man ihre Geschichte, so war es unmöglich, nicht auch etwas über ihren geliebten Shujin zu erfahren. Beide waren jedoch schon seit langer Zeit tot. Warum schien jetzt eine ihm völlig unbekannte Frau die beiden zu kennen...

"Wo ist Lenne? Ist sie hier? Bring mich bitte zu ihr!"

Das Mädchen, nun offenbar ziemlich aufgeregt, trat noch ein paar Schritte auf ihn zu.

"Shujin? Was ist los? Du bist so..."

Sie kam noch näher, bis Tidus meinte, sie müsste ihn jeden Moment berühren.

Er sah sie aufmerksam, sie ihn verwirrt an.

"Du bist gar nicht Shujin...,oder?"

Tidus schaute mit einem Lächeln auf sie herab. Sie war ein Stück kleiner als er, etwa Yunas Größe.

"Das habe ich nie behauptet. Mein Name ist Tidus!"

Ruckartig wich sie einige Schritte zurück.

"Was soll das Ganze? Wieso siehst du aus wie er? Warum bin ich überhaupt hier..."

Sie rannte an ihm vorbei noch ehe, er sie aufhalten konnte.

"He, warte doch!"

Tidus lief ihr einige Meter hinterher, bis ihm auffiel, dass die Unbekannte wieder stehen geblieben war. Der Grund dafür stellte sich als die nun vor ihr stehende Yuna heraus. Die beiden Frauen schienen miteinander zu reden und kamen dann auf ihn zu...

Yuna grinste:

"Da siehst du mal, wie es ist, wenn man einfach stehen gelassen wird!"

Tidus ging ihnen langsam und ebenfalls lächelnd entgegen:

"Ja, schon gut, ich habs begriffen. Es tut mir Leid... Das nächste Mal warte ich auf dich!"

"Auch wenn ich dir das nicht wirklich glaube, freut es mich das zu hören.", erwiederte Yuna.

"Ähm, entschuldigung, aber ich bin auch noch da. Eigentlich sollte ich zwar gar nicht hier sein, aber ich bin es nun einmal. Ich habe keine Ahnung warum und seit meiner Ankunft gerate ich hier von einem Problem ins nächste. Wenn du mir also, wie eben gesagt, helfen möchtest, dann bitte ich zunächst mal um eine Erklärung!"

Das fremde Mädchen sah Tidus und Yuna herausfordernd an. Yuna lächelte immer noch:

"In Ordnung! Wir sollten zu unseren Freunden zurückkehren, dort wartet ein Mittagessen auf uns... Auf dem Weg dorthin werde ich versuchen, alle deine Fragen zu beantworten. Ich kann dir jedoch nicht versprechen, dass ich für alles eine Erklärung kenne!"

Ihr Gegenüber nickte kurz:

"Schön! Ich bin einverstanden, aber was ist mit meinem Chocobo?"

"Der kommt mit uns! Bei dem Reisebedarf gibt es auch viele andere von ihnen."

Yuna sah sie aufmunternd an.

Tidus fiel noch etwas ein, als sie sich gerade mit dem gelben Vogel zusammen auf den Weg machen wollten:

"Hey, sag mal, du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Wie heißt du eigentlich?"

Das Mädchen lächelte und sah ihn fröhlich an:

"Leylis! Mein Name ist Leylis!"

"Freut mich, dich kennenzulernen!", sagten Yuna und Tidus wie aus einem Mund.

Dann stellten sie sich ebenfalls vor.

Während sie die Mi'hen Straße entlangschlenderten, erzählte Leylis ihre Geschichte. Tidus und Yuna hörten ihr aufmerksam zu, hatten jedoch keine Erklärung für deren Reise. Als Yuna ihr erzählte, dass sie wohl irgendwie durch die Zeit gereist war, blickte Leylis sie erschrocken an:

"Was? Aber wie kann das sein? Wie soll ich denn wieder zurückkommen?

Yuna schüttelte den Kopf:

"Ich weiß es nicht, aber wir werden versuchen, dir zu helfen. Von den Bestias, die du erwähntest, habe ich noch nie etwas gehört... Was für welche sind es denn?"

Leylis wandte sich überrascht Yuna zu:

"Chronis und Tineris? Sie sind dir unbekannt... Gibt es sie hier denn nicht? Naja, Tineris beherrscht den Raum und Chronis die Zei... Moment mal, daran könnte es liegen! Chronis' Element ist die Zeit. Wenn ich sie beschwöre, kann ich bestimmt nach Hause zurück...

Aber das geht leider nicht..."

Yuna sah sie überrascht an:

"Warum denn nicht?"

Dann erzählte Leylis von ihrem Versuch, Chronis herbei zu rufen. Als sie geendet hatte, sahen sowohl Tidus als auch Yuna sie ratlos an.

"Irgendwie kommt mir die Beschreibung deines Traums, den du bei der Beschwörung hattest bekannt vor...", meinte Tidus.

Er erinnerte sich nur nicht genau, wieso.

"Na bitte, da seid ihr ja endlich! Wir wollten schon mit einem Luftmonitor nach euch suchen!"

Rikku lief dem Trio entgegen, als sie schon fast beim Reisebedarf angekommen waren. Sie grinste über das ganze Gesicht. Wahrscheinlich hatte sie es geschafft Rin im Preis für einige Items zu drücken.

"Womit wollte sie euch suchen?", fragte Leylis leise Tidus.

"Sie meint: mit einem Luftmobil, das sind die Maschinen, die du dort drüben siehst."

Interessiert warf Leylis einen Blick auf die wohl flugfähigen Transportmittel, die in einiger Entfernung standen. Dabei war sie Rikku wohl aufgefallen.

"Sagt mal, wer ist das denn?"

Anstatt eine Antwort abzuwarten, lief Rikku selbst zu Leylis und starrte sie eine Weile mit undurchdringlichem Blick an. Diese war viel zu überrascht, um sich großartig zu bewegen und so blickte sie ebenso starr zurück.

Nach einer Weile lachte Rikku kurz und wandte sich wieder Leylis zu:

"Hey, nicht übel, du hast nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Das war nur so ein Spielchen von mir. Lasst uns zu den anderen gehen. Die haben darauf bestanden mit dem Mittagessen auf euch zu warten und ich hab so was von einen Riesenhunger. Ich heiße übrigens Rikku!"

Leylis nun ebenfalls grinsend nannte nochmals ihren Namen und zusammen mit Yuna und Tidus folgte sie Rikku zu einem kleinen Haus, wo sie einige Male mehr nach ihrem Namen gefragt wurde. Im Gegensatz dafür, stellten sich ihr Rin, Brüderchen, Gippel, Wakka, Lulu, Kumpelchen und Shinra vor. Anschließend aßen sie alle zusammen zu Mittag.

Leylis war froh, endlich wieder etwas zu essen zu bekommen. Nachdem fast alle den gröbsten Hunger gestillt hatten, fragte Lulu sie nach ihrer Geschichte. Leylis blickte erst Lulu, dann Yuna und Tidus an.

"Erzählt ihr bitte mal! Ich hab seit fast einanhalb Tagen nichts Richtiges mehr gegessen..."

Dann nahm sie sich noch einen Nachschlag, hörte den beiden zu und ergänzte ab und an eine Kleinigkeit, wenn sie etwas vergaßen.

Nach diesem Vortrag bereitete sich für einige Zeit Stille in der Runde aus. Auch Tidus war in seine Gedanken versunken. In letzter Zeit häuften sich die gemeimnisvollen Ereignisse wirklich. Es gab tatsächlich Parallelen zu denen von vor vier Jahren. Sollte Yuna doch Recht haben?

Tidus wünschte sich, dass dem nicht so war, denn schließlich hatten sie damals einiges an Schwierigkeiten gehabt und außerdem war er von seiner Frau getrennt worden. Das hatte mit den Asthra zusammengehangen. Eben jene Wesen, von denen er glaubte, eines gesehen zu haben...

Während er so darüber nachdachte, ging ihm plötzlich ein Licht auf.

"Leylis! Der Ort, den du in deinem Traum während der Beschwörung gesehen hast, ich glaube ich weiß, wo er sich befindet!"

Tidus blickte in eine Reihe erstaunter Augen. Er stand auf und sah Leylis ruhig an:

"Vielleicht finden wir dort eine Erklärung..."
 

***
 

"Oh, nein! Du kommst auf gar keinen Fall mit!"

Yuna blickte Tidus ernst an:

"Du weißt genau, was beim letzten Mal passiert ist! Ich riskiere nicht, dass es sich wiederholt."

Leylis blickte die beiden irritiert an. Sie hatte mal wieder keine Ahnung, was eigentlich los war, doch offensichtlich hatte Yuna ein Problem mit dem Ort, den Tidus soeben genannt hatte.

"Yuna, hör mir zu! Das ist längst vorbei... Es wird schon nichts passieren!"

Tidus sah seine Frau ruhig an. Diese jedoch ließ sich nicht beirren:

"Nein! Es bleibt dabei! Egal was du sagst! Bitte..."

"Ähm, ich möchte wirklich nicht unhöflich sein und auch keine Schwierigkeiten machen, aber was genau ist eigentlich das Problem?"

Leylis schaute gespannt in die Runde, doch keiner wollte ihr antworten. Schließlich wandte Yuna selbst sich ihr zu:

"Der Ort, den du in deinem Traum gesehen hast, befindet sich höchst wahrscheinlich auf Berg Gagazeth, nahe dessen Spitze um genau zu sein..."

Dann erklärte ihr Yuna, was dort vor etwa vier Jahren geschehen war. Sie erzählte von Tidus' Zusammenbruch auf dem Berg neben der Asrthramasse, von den Asthras, die mit Tidus gesprochen und ihm erklärt hatten, dass er ein Traum sei und verschwinden würde, wenn man [Sin] endgültig vernichtete und davon, dass sie deshalb zwei Jahre lang von ihm getrennt gewesen war.

Als sie damit schloss, dass vor kurzer Zeit wieder eine Astrah aufgetaucht sei, schaute Leylis sie verständnisvoll an:

"Ich kann nachvollziehen, dass du Angst hast und nicht dorthin möchtest. Ich verlange nicht von euch, mich zu begleiten, ich kann mich auch alleine durchschlagen und finde schon dorthin."

Leylis erhob sich und ging Richtung Ausgang. Hastig stand Yuna ebenfalls auf und versperrte ihr den Weg:

"Moment mal! Wer hat gesagt, dass wir dir nicht helfen. Ich will bloß meinen leichtsinnigen Mann von der Asthramasse fernhalten, aber das heißt noch lange nicht, dass ich dich nicht zu ihr bringe!"

Nun stand Rikku ebenfalls auf:

"Ok, wir werden zwar offensichtlich nicht gefragt, aber wir anderen kommen natürlich auch mit. Schon alleine deswegen, weil es mit unserem Flugschiff schneller geht!"

Wakka stellte sich neben Rikku:

"Na, sicher! Wir wollen schließlich auch wissen, was genau so vor sich geht!"

Lulu warf ihm einen eiskalten Blick zu:

"Tja, damit wirst du dich gedulden müssen, denn schließlich braucht Vidiny ab und an auch mal seinen Vater. Wir werden nach Luca gehen und von dort aus mit dem Schiff nach Hause fahren!"

Ihr Mann schien noch etwas erwiedern zu wollen, ließ es dann aber und nickte nur.

"Könntet ihr euch bitte wieder hinsetzten? Ihr zerstört meine Definition von Ruhe!", meinte Gippel kurz darauf.

"Oho, Definition! Pluspunkt für schwieriges Wort!"

Daraufhin wirkte er, als wolle er Rikku jeden Moment erwürgen...

Nach einigen weiteren Wortgefechten, liefen Yuna, Tidus, Leylis und das Möwenpack zum Flugschiff und gingen an Bord. Lulu und Wakka hatten sich schon früher verabschiedet...

Alle versammelten sich auf der Brücke und schon waren sie zum Berg Gagazeth unterwegs. Yuna lehnte sich an eines der Fenster und sah hinaus. Zur Ruhe würde sie wohl in der nächsten Zeit nur begrenzt kommen. Zu vieles war geschehen. Man hatte sie aus ihrem ruhigen, friedlichem Leben herausgerissen...

Ob Leylis wirklich aus der Vergangenheit gekommen war? Bei Tidus hatte sie das anfangs auch gedacht. Vielleicht war sie genau wie er nur ein Traum... aber Lenne hatte wirklich existiert. Dann müsste Leylis doch eigentlich auch "real" sein...

Yuna schüttelte den Kopf, als ihr bewusst wurde, dass sie sich schon wieder viel zu viele unnötige Gedanken machte. Im Vordergrund stand jetzt erst einmal Leylis zu helfen und sie würde sie mit all ihrer Kraft unterstützen. Yunas Entschlossenheit war begründet, denn sie hatte Leylis zuvor schon einmal gesehen und zwar in dem Traum, den sie in Luca gehabt hatte. Sie vertraute ihren Träumen, irgendetwas wollten diese ihr sicherlich sagen...

Mit einem sanften Ruck setzte die Celsius auf dem kahlen Bergboden von Gagazeth auf. Brüderchen hatte sie nahe der Bergspitze gelandet. Fast bedauerte Yuna dies ein wenig, schließlich konnte sie so ihren alten Freund Kimahri, welcher am Fuße des Berges lebte nicht besuchen. Dafür war allerdings der Weg zum See deutlich kürzer.

Mit einem Satz sprang sie aus dem Flugschiff. Leylis, Rikku, Gippel und Tidus landeten direkt neben ihr. Misstrauisch sah sie ihren Mann an, dieser hielt ihrem Blick jedoch stand und sagte:

"Ich versteh dich ja... aber gerade weil dort oben irgendetwas Gefärliches sein könnte, will ich mitkommen! Ich verspreche dir, dass ich mich von der Quelle fernhalte. Nur möchte ich euch zu Hilfe kommen können, wenn ihr mich brauchen solltet."

Yuna nickte ihm zu, sie war froh, dass er zumindest nicht in die Nähe der Asthramasse kam.

Zusammen machten sich die fünf auf den Weg. Der Rest des Möwenpacks blieb auf der Celsius.

Yuna stapfte durch den Schnee. Sie war darauf vorbereitet gewesen. Selbst im wärmsten Sommer lag so weit oben auf dem Berg Schnee. Mäntel oder ähnliches benötigte der Trupp dennoch nicht, Yunas Exeis Zauber bewarte ihn vor Verkühlungen.

Kurz darauf waren sie ihrem Ziel schon ziemlich nahe. Yuna konnte den See inzwischen in der Ferne schimmern sehen. Auf einen durchdringenden Blick von ihr hin, blieb Tidus bei dem Felsen, an dem sie gerade vorbeikamen stehen und lehte sich an diesen.

"Bis gleich!", meinte er und sah Yuna mit einem zur Vorsicht mahnenden Ausdruck an.

Zusammen mit Rikku, Gippel und Leylis ging sie auf die türkis leuchtende Masse zu. Vor vier Jahren hatte sich aus ihr eine in den Himmel ragende Säule gebildet, nun lag sie jedoch glatt, wie ein ruhender mit wassergefüllter See vor ihnen, allerdings mit dem Unterschied, dass man sich in der Masse nicht spiegelte.

"Tja, und was nun?"

Gippel besah sich die Fläche mit fragender Miene. Auch Yuna schaute etwas hilflos drein:

"Ich weiß nicht genau... Früher bildete die Masse eine Art Säule und bestand nur aus Asthras. Jetzt sieht es eher so aus, als wäre es vielmehr eine Sphäroquelle."

Leylis ging ein Stück weiter auf den See zu und drehte sich kurz mit geschlossenen Augen. Es sah aus, wie der Anfang eines Beschwörungstanzes.

"Ich glaube, sie ist hier...", flüsterte sie und machte noch einige Bewegungen mehr, bis sie sich mitten in der Beschwörung befand. Die Flüssigkeit des Sees rührte sich, erst bedächtig, dann immer deutlicher. Fasziniert blickte Yuna auf das Schauspiel, das sich ihr bot. Es schien fast so, als würde sich die Masse zu Leylis' Bewegungen hin und her wiegen.

Plötzlich erbebte der Boden. Yuna schrak zusammen, als kurz darauf ein riesiges Monster hinter einer Bergwand hervorkam. Es war ihr nicht ganz unbekannt, da es ziemlich genau so aussah wie der Heiligtumswächter, gegen den sie vor vier Jahren auf der Spitze des Berges gekämpft hatten. Sie waren zwar noch ein gutes Stück vom Gipfel entfernt, doch offensichtlich schien der neue Wächter sich auch so gestört zu fühlen. Yuna machte sich kampfbereit. Rechts und links neben ihr nahmen auch Rikku und Gippel zunächst eine Verteidigungsstellung ein.

"Es tut mir Leid, ich kann jetzt nicht aufhören...", kam es leise von Leylis, die ihre Tätigkeit nicht einen Augenblick unterbrach. Yuna nickte kurz und dann griff ihr Gegner auch schon an. Ein leuchtender magischer Ring erschien in der Luft. Rikku und Gippel wichen ihm schnell zur Seite weg aus. Yuna, die in der Mitte stand und keine Zeit dafür hatte, zauberte Shell und blieb so gut wie unverletzt. Allerdings prallte die Kraft des Magierings auch auf den Felsboden, der mit einem lauten Krachen zerbrach. Sie stürzte von dem Felsvorsprung hinab.

"Yuna!"

Während sie durch die eiskalte Luft fiel, dachte sie daran, dass sie schon einmal aus einer ähnlichen Höhe gefallen war. Damals war sie von einem Turm in Bevelle heruntergestürzt. Sie meinte zu fliegen und auch wenn es nicht sehr lange anhalten würde, für den Moment war es ein schönes Gefühl...

Dann war es auf einmal weg, Yuna öffnete die Augen. Sie wurde von einer Bestia festgehalten. Yuna musste einmal blinzeln, bevor sie diese erkannte:

"Bahamut..?"

Er hielt sie mit seinen krallenbesetzten Händen fest und flog nun den Berg hinauf, zurück zu der Felsplatte mit der Asthramasse, die wie Yuna sehen konnte inzwischen eine hin-und her schwankende Säule gebildet hatte. Es kam ihr alles vor wie ein Traum...

Tidus sank auf den weiß glänzenden Boden.

Ein Schwarm Illumina schwebte durch die Luft und glitt neben Leylis her, die fortwährend tanzte.

Bahamut hatte sich aufgelößt und Yuna fiel durch einige verbliebene Illumina hindurch, bis sie einige Meter weiter unten auf einem Felsvorsprung in einer Schneewehe landete und dort liegen blieb.
 

***
 

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So, das war mein 2. Kapitel. ^^

Hoffe, es hat euch gefallen. Für alle, die nicht lückenlos Al Bhed verstehen und wissen wollen, was genau in diesem Kapitel gesagt wurde, ist hier noch mal eine kleine Übersetzung:
 

Seite 5 Mitte:

Saeh Meapan... – Mein Lieber...

"Carn fedwek! Fyc Paccanac vyammd ten furm helrd aeh... Ti karcd sen yiv tea Hanjah!" - "Sehr witzig! Was Besseres fällt dir wohl nicht ein... Du gehst mir auf die Nerven!"
 

Wäre lieb, wenn ihr mir eure Meinung zu meinem Kapitel mitteilt. Ich bemühe mich unterdessen um Kapitel III. Titel ist übrigens: Dreams, Rebuilt By Memories

Bis dann!
 

Leylis

Dreams, Rebuilt By Memories

Kapitel III: Dreams, Rebuilt By Memories
 

"Yuni!"

Rikku lag flach am Rand der Klippe und spähte hinunter. Ihre Cousine war zum Glück zwar weich auf dem Schnee gelandet, aber dennoch bewegte sie sich nicht.

Ein seltsames Dröhnen hinter ihr ließ Rikku zusammenzucken. Sie drehte sich um und blickte den Heiligtumswächter an, welcher offensichtlich schon den nächsten Angriff startete und dieser war direkt auf sie selbst gerichtet...

Mit einem festem Griff wurde sie von der Kante weggezogen.

Ein rauschendes Licht glitt an ihr vorbei, der Angriff des Monsters schlug ins Leere.

"Bist du wahnsinnig? Hätte mir gerade noch gefehlt, dass du auch hinuntergefallen wärst!"

Gippel hielt Rikku im Arm und sah sie ernst an:

"Mach so was ja nicht noch mal!"

Er ließ die verblüffte Rikku wieder los und richtete seinen Blick auf ihren Gegner:

"Wir sehen gleich nach ihr, erstmal haben wir ein anderes Problem..."

Rikku nickte kurz und bemühte sich ihre Gedanken von Yuna, welche gut sechs Meter unter ihnen lag, und von Gippels eingenartigem Verhalten von eben wieder auf das geflügelte Ungetüm vor ihnen zu lenken.

Es schimmerte leicht blau-gräulich und war wirklich riesig. Jedoch schien es zumindest für eine Weile das Interesse an Gippel und ihr verloren zu haben, denn inzwischen steuerte es genau auf Tidus zu, welcher immer noch erschöpft auf dem Boden kauerte.

"Nichts da!", rief Rikku und kramte eine Handgranate aus ihrer Tasche. Treffsicher warf sie diese Richtung Kopf des Ungetüms. Mit einem lauten Krachen explodierte sie dort. Der Wächter jedoch offensichtlich nicht übermäßig gestört, schüttelte den Kopf und drehte sich langsam um.

"Na gut, dann eben anders!"

Rikku rannte auf ihren Gegner zu und stieß mit ihren beiden klauendolchartigen Waffen zu. Flink wie ein Wiesel umrundete sie ihren Feind und ließ die Klingen an seinen Beinen entlangstreifen.

Anschließend brachte sie wieder Abstand zwischen ihn und sich selbst, denn das Monster begann mit dem Maul nach ihr zu schnappen.

"Wirklich großartig! Du hast es wütend gemacht!"

Gippel stellte sich neben sie, den Blick fest auf den Feind gerichtet.

"Da du ja nichts unternimmst, musste ich eben eingreifen!", gab Rikku zurück und ließ den Heiligtumswächter ebenfalls nicht aus den Augen. Diesen Fehler würde sie bestimmt nicht zweimal hintereinander machen.

Ihr Gegenüber schaute sie böse an und wedelte listig mit dem langen, kräftigen Schwanz.

"Vorsicht!", schrie Rikku und sprang selbst im letzten Moment über diesen hinüber, als das Monster sich mit einem Ruck herumdrehte und sein Schwanz, einer Peitsche gleich, waagerecht auf sie zuraste.

Gippel hatte nicht ganz so gute Reflexe wie Rikku, konnte nicht rechtzeitig ausweichen und wurde von der Wucht des Angriffs einige Meter weggeschleudert. Rikku rannte zu ihm.

"Was machst du denn nur? Ist alles in Ordnung?"

Sie half ihm wiederaufzustehen und drückte ihm eine Potion in die Hand:

"Hier! Bedanken kannst du dich später."

Damit ließ sie den noch leicht schwankenden Gippel zurück und stürmte wieder auf ihren Gegner zu. Jetzt war sie für kurze Zeit auf sich alleine gestellt.

Angriff ist die beste Verteidigung, dachte Rikku und holte drei Panzergranaten aus ihrer Tasche.

"Na dann mal los!"

Erneut traf sie ihren Feind mit dem Sprengkörper am Kopf. Dieses Mal jedoch schien er sichtlich verärgert und machte sich zu einem Angriff bereit. Rikku ließ ihn nicht zum Zug kommen und warf begeistert von ihrem Erfolg auch die beiden anderen Granaten auf das Monster. Dieses begann nun mit den Füßen zu stampfen und heulte kurz darauf auf, da Rikku diese ja schon im Vorwege verletzt hatte.

Nach kurzer Zeit hatte es sich jedoch wieder im Griff und blieb ruhig auf der Stelle stehen. Ein leuchtender Magiering erschien in der Luft. Rikku erschauderte, das war der Angriff durch den Yuna vom Berg gefallen war...

Rikku überlegte gerade, was sie jetzt machen sollte, als die Frage sich vorerst von selbst klärte. Ein helles Leuchten von rechts erlangte die Aufmerksamkeit ihres Feindes. Er wandte sich um und beachtete Rikku nicht weiter. Diese drehte sich nun ebenfalls in Richtung des Lichtes und erkannte bald, was dessen Ursache war. Die Asthramasse ragte wie eine kunstvoll veschlungene Spirale in den Himmel und strahlte dieses eigenartige türkisfarbende Licht aus.

Leylis glitt elegant vor ihr hin und her, sie schien irgendetwas bewirkt zu haben, was zum Leuchten

geführt hatte.

Rikku hatte ihre neue Mitstreiterin komplett vergessen, als Yuna hinuntergestürzt war. Jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie ja noch ein Medium in ihrer Mitte hatten.

"Bitte... Ich brauch nur noch ein wenig mehr Zeit!", kam es von Leylis.

Rikku stöhnte, noch jemand, der ihr nicht helfen konnte, sondern sogar beschützt werden musste. So allmählich ging ihr das auf die Nerven, aber es ließ sich schließlich nicht ändern und was sollte sie auch machen...

Rikku richtete ihre ganze Aufmerksamkeit wieder auf den Heiligtumswächter, der nun offensichtlich einen Magiering auf Leylis loslassen wollte. Hastig kramte sie aus ihrer Tasche einen Mondschleier heraus und warf ihn zwischen das Monster und seinem Ziel.

Der Schleier tat sein Werk, er sog einen Teil des Zaubers auf und ließ nur einige wenige Funken durch. Diese fing Rikku ebenfalls ab, sodass Leylis ungestört mit dem weitermachen konnte, was auch immer sie da genau tat.

Das Monster brüllte und schlug zum zweiten Mal mit seinem Schwanz um sich. Rikku wich noch zurück, war dieses Mal jedoch nicht schnell genug. Das Schwanzende streifte sie und bewirkte, dass sie das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel.

Sie kam jedoch nicht auf dem Boden auf sondern wurde von Gippels Armen aufgefangen.

"Dich darf man echt keine zwei Minuten aus den Augen lassen!", meinte er

und schob sie sanft zur Seite. Dann erhob er ein Gebilde, das durchaus eine Waffe darstellen konnte und richtete es direkt auf ihren Gegner. Rikku betrachtete ihn interessiert, er hatte in letzter Zeit ständig an irgendetwas herumgeschraubt. Höchstwahrscheinlich, war das, was er jetzt in der Hand hatte, das Ergebnis dessen. Es hatte Ähnlichkeit mit einer der normalen Schusswaffen, welche zum Beispiel die Liga verwendete. Allerdings befanden sich an ihr sehr viele merkwürdige Anbauten, die Rikku als Maschinateile erkannte.

Gippel betätigte einen Hebel an seiner Waffe und mit einem pfeifenden Geräusch flogen einige raketenähnliche Viecher in die Richtung des Monsters.

"Beschwer dich ja nie wieder, dass ich mich zu wenig am Kampf beteilige!", sagte er zu Rikku und klappte dann einen Teil seiner Waffe um, bis er einrastete und vorne nun deutlich ein stabilaussehendes Ende zu erkennen war. Der Grundteil bildete zusammen mit dem ungeklappten eine Art Griff für seinen Schlagstock, seine Keule oder was auch immer das eigentlich war.

"Wie wärs mit 'nem Teamangriff?", kam es von Gippel.

"Aber nicht jammern, wenn du nicht mithalten kannst!", meinte Rikku.

Zusammen stürmten sie nach vorne und rammten dem Wächter ihre Waffen in den Leib. Er brüllte, dass Rikku meinte ihr Trommelfell platze. Schnell schüttelte er die beiden Angreifenden wieder ab, sodass Rikku sich neben Gippel im Schnee wiederfand. Sie spürte die beißende Kälte am ganzen Körper.

Natürlich!, da Yuna im Moment nicht kampffähig war, hatte auch ihr Exeis-Zauber nachgelassen. Bisher war sie mit dem Kampf so beschäftigt gewesen, dass ihr das nicht aufgefallen war...

Rikku kam fröstelnd wieder auf die Beine. Sie fühlten sich auf einmal ganz taub an, sodass Rikku wieder nach hinten plummste. Eine Hand tauchte in ihrem Blickfeld auf. Sie schaute nach oben. Tidus stand über sie gebeugt. Sie ergriff seine Hand und zog sie an ihr hoch. Dann schaute sie ihm forschend ins Gesicht.

"Geht's dir wieder gut? Was war eigentlich los?"

Inzwischen hatte sich auch Gippel wieder auf die Beine gekämpft:

"Können wir das vielleicht nachher besprechen? Da ist so'n großes, böses Viech, das direkt neben uns steht und uns am liebsten alle umbringen würde!"

Rikku und Tidus nickten und zu dritt wandten sie sich wieder ihrem Feind zu. Dieser hatte die Zeit offenbar zum Sammeln seiner Kräfte verwendet, denn seine Flügel leuchteten gefährlich und wie aufgeladen.

"Na toll! Und was jetzt?", meinte Gippel ärgerlich: "Wenn ihr nicht unbedingt jetzt auf die Idee gekommen wärt, einen Smalltalk beginnen zu wollen, wäre das gar nicht erst passiert!"

"Das musste du gerade sagen! Wer verschwendet denn ständig Zeit damit, provokante Äußerungen von sich zu geben?!", gab Rikku ungehalten zurück.

Tidus stellte sich zwischen die beiden:

"Leute! Das ist der falsche Zeitpunkt zum Streiten!"

Rikku blickte betreten wieder zum Monster, wessen Flügel inzwischen grell strahlten.

"Oh, oh! Das sieht gar nicht gut aus..."

Bevor die drei noch irgendetwas unternehmen konnten, lösten sich Lichtstrahlen von den Flügeln und kamen mit wahnsinniger Geschwindigkeit auf sie zugerast. Rikku riss die Augen auf und sah sie immer näher kommen. Dann, mitten in der Luft schienen sie auf einmal an irgendetwas abzuprallen. Eine unsichtbare Wand mitten in der Luft schien sie aufzuhalten. Rikku sah verblüfft, wie eine helle Gestalt elegant vor sie wich und den Blick fest auf den Heiligtumswächter gerichtet ein Schwert erhob.

"Ein Engel..?", fragte Rikku leise.

"Chronis! Angriff mit Schwert der Zeit!"

Rikku drehte sich in Richtung der Stimme. Leylis stand unweit von ihr und lächelte. Sie hielt irgendetwas in ihrer rechten Hand.

Offensichtlich war es ihr gelungen ihre Bestia zu rufen. Rikku war erleichtert, Hilfe konnten sie wirklich gut gebrauchen.
 

°°°
 

Elegant schwang Chronis ihr Schwert, welches unglaublich lang war und blau glitzerte, durch die Luft. Sie traf den Heiligtumswächter an einem seiner Flügel. Das Monster brüllte zwar, schien jedoch nicht allzu schwer verletzt.

Kein Wunder!, dachte Leylis, Bei der Größe hätte es sie auch überrascht, wenn eine Verletzung an den vergleichsmäßig unwichtigen Flügeln ihm sehr geschadet hätte. Mit ihrem Angriff hatte sie höchsten das geschafft, wofür Rikku und Gippel schon seit einer Weile Vorarbeit geleistet hatten: Ihr Feind war jetzt wirklich total sauer!

Na, immerhin konzentriert er sich jetzt ganz auf mich!, dachte Leylis, froh darüber, dass sie sich um ihre drei Mitstreiter nicht sorgen musste, zumindest nicht wegen des Wächters.

Ein Blick auf sie verriet Leylis, dass ihnen die auf Berg Gagazeth herrschende Kälte offenbar ganz schön zu schaffen machte...

"Exeis!", rief sie kurz darauf und wirbelte mit ihrem Stab durch die Luft.

Moment mal... sie hatte einen Stab in der Hand. Fasziniert schaute Leylis auf die schimmernde Waffe. Efrye hatte sich wohl auch entschieden, ihr zu helfen. Sie war nun in Besitz eines Beschwörerstabes, welcher oben in eine Art verziertes Symbol überging. Sie kannte dieses Zeichen. In der Schule für die Medien, hatten sie solche Dinge besprochen, es war eines von den Symbolen der Asthra. In Zanarkand Dom, hatte sie bei einem Schulausflug genau dieses gesehen und zwar unten in der Halle der Asthra.

Ich muss unbedingt herausfinden, wie man diesen Ring kontrolliert, überlegte sich Leylis, er war durchaus praktisch, solange sie ihn auch benutzen konnte, wenn sie es wollte...

Rikku, Gippel und Tidus sahen sie inzwischen bewundernd an.

"Wusste gar nicht, dass du Weißmagie beherrschst, hattest du nicht von Schwarzmagie gesprochen?", fragte Rikku.

"Naja, ich kann es nur ein wenig...", meinte Leylis.

-Rumms-

Der Heiligtumswächter hatte soeben mal wieder seinen Schwanz als Peitsche missbraucht und Chronis zwar verfehlt, dafür jedoch eine Bergwand getroffen. Feiner Steinstaub rieselte von oben hinunter, aber glücklicherweise stürzte die Felswand nicht zusammen. Die Aktion hatte allerdings gereicht, um Leylis wieder auf den Kampf zu fixieren.

"Greif an!", rief sie ihrer Bestia zu und erneut schwang diese sich in Richtung des Gegners. Dank ihrer Flügel gelangte sie über ihren Gegner und stürzte sich auf ihn herab. Danach schwebte sie wieder zu Leylis, welche das Monster nun skeptisch betrachtete. Es begann zu leuchten...

Nicht nur die Flügel schimmerten, sondern der gesamte Körper strahlte ein eigenartiges Licht aus.

"Was kommt denn nun..?", überlegte sie.

"Pass auf!", kam es von der Seite.

Leylis riskierte es, ihren Gegner für einen Moment aus den Augen zu lassen und sah zu ihren neuen Freunden hinüber. Tidus wirkte aufgeregt und auch Rikku schien beunruhigt.

"Ich kenne diesen Angriff! Er wird deine Bestia kampfunfähig machen!", sagte Tidus.

Erschrocken wandte sich Leylis wieder dem Monster zu. Mit so etwas hatte sie nun doch nicht gerechnet. Prüfend besah sie sich Chronis, ein leichter Schimmer ging von ihr aus.

Na bitte, es geht doch!, dachte Leylis und befahl ihrer Bestia noch einmal anzugreifen. Der Wächter war offensichtlich so sehr mit der Konzentration für seinen Zauber beschäftigt, dass er nicht einmal versuchte, den Angriff abzufangen...

Nach ihrer Attacke ließ sie sich wieder an Leylis' Seite niedersinken. Sie strahlte nun nahezu in einem hellen Licht. Leylis lächelte:

"Wir wollen doch mal sehen, was du einer Ekstase entgegenzusetzen hast... Chronis! Greif mit

"Tor der Zeit" an!"

Ihre Bestia gehorchte ihr auf's Wort. Sie flog zu dem Monster hinüber. Das von ihr ausgehende Licht bereitete sich auch in der Umgebung aus und bildete eine Art Bogen durch den sie schwebte wie durch einen Torbogen. Am Ende von diesem erreichte sie den Heiligtumswächter, er bewegte sich nicht, sondern war wie erstarrt. Chronis hatte seine Zeit angehalten. Das Licht des Torbogens begann sich zu bewegen es sammelte sich am Ende und raste schließlich auf das Monster zu.

Leylis blinzelte. Ein paar Sekunden, länger dauerte Chronis' Ekstase nicht, zumindest nicht für Außenstehende. Jetzt erlosch das Licht langsam. Sie konnte wieder etwas sehen, ihr Blick war auf den Wächter gerichtet. Er schwankte kurz, dann schimmerte er und löste sich auf. Etliche Illumina strömten Leylis entgegen und verschwanden schließlich gen Himmel.

Erleichtert atmete sie auf und wandte sich Chronis zu, sie hatte ihr einiges zu verdanken. Schließlich hätte es ohne die Hilfe ihrer Bestia auch ganz anders ausgehen können. Leylis lächelte, sie war einfach froh, ihre alte Mitstreiterin wieder an ihrer Seite zu haben. Während sie sie noch ansah, wurde diese nach und nach immer farbloser, bis sie schließlich tranzparent war und auf Leylis zuschwebte. Diese öffnete ihre Hand, in der zwei türkis schimmernde Steine lagen, der eine leuchtete nahezu, wohingegen der zweite nur matt glänzte.

Chronis verschwand schließlich ganz und während sie das tat wehte sie, wie ein Windhauch zu Leylis hinüber. Nun leuchtete auch der zweite Stein...

Sie hatte eigentlich keine Ahnung, wieso sie ihre Bestias scheinbar nur mithilfe dieser Steine rufen konnte. Irgendwie waren sie wohl darin eingeschlossen. Leylis hatte während ihres ganzen Tanzes gefühlt, dass sie in ihrer Nähe waren und sie hatte gespürt, wie sie ihnen Stück für Stück näher gekommen war. Als sie sich ihnen schließlich zum Greifen nahe fühlte, hatte sie refexmäßig die Hand in Richtung des Gefühls ausgestreckt. Dann hatte sie die Augen geöffnet und festgestellt, dass sie in die Sphäromasse, die inzwischen zu einer Säule aufgetürmt war, hineingegriffen hatte.

Kurz darauf war das ganze Zeug wieder in sich zusammengefallen, es lag nun erneut als völlig glatte Scheibe da.

Leylis blickte nachdenklich wieder auf die Steine. Was sie wohl genau waren? Vielleicht zwei Klumpen fest gewordener Asthramasse?

Naja, was soll's!, dachte Leylis und legte die Steine vorsichtig in ihre am Gürtel befestigte Tasche.

Efrye hatte sich auch wieder in seinen Ring zurückgezogen, wie ihr auffiel. Es musste echt einen Trick an der Sache geben.

"Hey, sag mal, willst du da noch länger herumstehen?"

Gippel winkte sie zu sich heran und Leylis lief zu ihm, Rikku und Tidus hinüber.

"Wow, das war überwältigend!", meinte Rikku.

Leylis bedankte sich und freute sich über ihren Sieg. Dann fiel ihr Blick auf Tidus:

"Geht's dir eigentlich gut? Ich meine vorhin gesehen zu haben, wie du zusammengesackt bist..."

Nun fixierte auch Rikku Tidus:

"Stimmt überhaupt! Was war da los?"

Tidus machte einen Schritt zurück, um ihre Blicke abzustreifen:

"Ich hab keine Ahnung, was genau passiert ist. Als ich gesehen habe, dass ihr Schwierigkeiten hattet, bin ich sofort hergerannt, dann ist Yuna vom Berg gefallen... Naja, und dann..."

"Was dann?", fragte Rikku.

"Naja, ich glaube ich habe eine Bestia gesehen, ich denke es war Bahamut..."

Rikku und Gippel betrachteten ihn verblüfft:

"Das kann nicht sein! Die Asthra sind doch verschwunden. Mir ist es schon ein Rätsel, warum Leylis eine beschwören konnte..."

Gippel schüttelte unwillig mit dem Kopf, Rikku schien ebenfalls skeptisch:

"Vielleicht warst du kurz bewusstlos und hast nur von ihm geträumt..."

Tidus nickte, obwohl er nicht daran glaubte, nicht nachdem er Bahamuts Asthra in Luca gesehen hatte. Es war jedoch nur normal, dass Rikku so reagierte, Yuna war nämlich die einzige, der er von dem Treffen mit den kleinen Jungen erzählt hatte.

Yuna!!!

Tidus stürzte zum Rand der Klippe. Seine Frau lag immer noch regungslos im Schnee.

Die anderen waren ihm gefolgt und blickten nun ebenfalls auf den Felsvorsprung hinab.

"Wir müssen sie wieder hochholen!", meinte Rikku.

"Oh, die Idee ist wirklich geistreich von dir! Die Frage ist bloß wie?"

Rikku sah gekränkt zu Gippel hinüber. Tidus kümmerte sich diesmal nicht um das Gepläkel der beiden. Man sah im die Sorge um Yuna an.

Leylis schaute bedrückt zu Boden, es war ihre Schuld! Weil sie ihre Bestias wiederhaben wollte, hatte sie ihre neuen Freunde in Gefahr gebracht. Sicher, sie hatte ihr Ziel erreicht, Chronis und bestimmt auch Tineris waren wieder bei ihr, aber was brachte es, dass sie hervorragend gekämpft und den Heiligtumswächter besiegt hatte, wenn sie nicht einmal das Leben ihrer Freundin retten konnte?
 

°°°
 

"Ich werde ihr helfen!"

Tidus sah Leylis überrascht an. Sicher, er wünschte sich, dass Yuna so schnell wie möglich gerettet wurde, aber wie wollte ein Mädchen, das ziemlich erschöpft aussah und zudem nicht so wirkte, als ob sie eine steile Steinwand hinunterspringen konnte, so etwas schaffen? Zudem hatten sie kein Seil, um seine Frau damit hochzuziehen und mit ihr auf dem Rücken wieder nach oben zu klettern, das traute er weder Leylis noch einem der anderen Anwesenden zu.

"Könntet ihr das Flugschiff rufen, sodass es hier landet?", fragte sie nun und ließ die verwirrten Blicke von Rikku, Gippel und Tidus unbeachtet. Rikku ließ sich jedoch nicht so einfach übergehen..:

"Was versprichst du dir denn bitte davon? Die Celsius kann unmöglich auf dem schmalen Vorsprung landen, auf dem Yuni liegt. Das Flugschiff kann uns hier nicht helfen, aber ich denke gar nicht daran ohne meine Cousine zu verschwinden!"

Tidus beobachtete, wie Leylis sich nun Rikku zuwandte:

"Das habe ich damit auch nicht gemeint. Ich habe eine Idee, aber dafür benötigen wir die Celsius! Also, wäre es möglich, dass du sie hierher beorderst?"

Rikku zögerte einen Augenblick, dann griff sie in ihre Tasche und fischte eine kleine hellorange leuchtende Kugel heraus, welche mit einer Art Metallkante einmal rundherum verziert war. Schnell sprach sie ein paar Worte zu der Kugel und wenig später landete das Flugschiff neben der kleinen Gruppe auf dem Boden.

"Was war das denn?", fragte Tidus.

"Ein Mini-Sphärofon. Wirklich praktisch diese Dinger! Shinra hat sie entwickelt", antwortete Rikku und drehte sich gleich darauf wieder zu Leylis:

"Na dann mal los! Wozu brauchst du die Celsius..?"

Doch ihre neue Freundin war schon zu dem Flugschiff hinübergelaufen und machte nun irgendetwas an dem linken Arm der Celsius.

Tidus hatte keinen blassen Schimmer, was sie da eigentlich trieb, aber er hoffte, dass sie Erfolg haben würde, womit auch immer... Schließlich ging es hier um Yuna! Warum zum Teufel fiel ihm selbst keine Lösung des Problems ein?

"Hey, was hast du..?"

Weiter kam Rikku mit ihrer Frage nicht. Leylis war zurückgekommen und an ihnen vorbeigerannt. Tidus verfolgte sie mit den Augen. Sie lief immer schneller... genau auf den Rand der Klippe zu!

"Halt, warte!", schrie er, doch anstatt anzuhalten, bremmste sie nur vor dem Abgrund kurz ab, und sprang dann hinunter.

Rikku blieb wie erstarrt auf der Stelle stehen, doch Tidus und Gippel rannten sofort zum Rand, um hinunter zu spähen. Verblüfft bemerkte er, dass Leylis in der Luft zu schweben schien. Langsam glitt sie Richtung des Vorsprungs auf dem sich Yuna befand.

Gippel sah genauso irritiert aus wie Tidus, offensichtlich hatte er auch keine Erklärung parat. Dann bemerkte dieser einen leichten Schimmer in der Luft, der sich bis zu dem Boden auf dem sie standen zurückverfolgen ließ. Vorsichtig berühte Tidus ihn mit der Hand, es fühlte sich seltsam an. Wie ein hauchdünnes Seidentuch, das über den Fels gespannt war. Er merkte jedoch, dass das Tuch, so dünn es auch war, sehr stabil und fest zu sein schien. Aus welchem Material bestand es wohl..?

Es reichte von der Celsius bis zu Leylis herab.

So hatte sie es also geschafft, den Berg hinunterzugleiten. Ein Blick zurück zu Leylis sagte ihm, dass diese inzwischen bei Yuna angekommen war. Sanft landete sie neben ihr im Schnee und hob sie hoch. Yuna zeigte immer noch keine Reaktion...

"Könnt ihr uns jetzt hochziehen?"

Leylis sah Tidus von unten herauf an. Sie hielt Yuna an sich geklammert und die eine Hand streckte sie nach dem Seidentuch aus.

Tidus lief zur Celsius, Gippel und Rikku, die inzwischen dahinter gekommen waren, was passiert war und deren Starre sich daraufhin gelöst hatte, folgten ihm. Bei dem Flugschiff angekommen, erkannten sie, dass Leylis ihr Seidenband um den einen Arm der Celsius gewickelt hatte.

"Was ist denn eigentlich los?"

Brüderchen streckte den Kopf aus der Tür des Flugschiffes und sah Tidus neugierig an.

"Katastroviel!", rief Rikku und sprang mit einem Satz auf den Arm der Celsius. Dann packte sie das schimmernde Band und sah auffordernd zu Gippel hinunter. Dieser verkniff sich zur Abwechslung mal einen dummen Kommentar über Rikkus Sprache und kletterte zusammen mit Tidus zu ihr hinauf. Brüderchen, inzwischen leicht verwirrt, und Kumpelchen welcher hinzugekommen war ergriffen ebenso wie die anderen beiden das Tuch.

"Fertig?", schrie Rikku:" Eins,... zwei,... und drei!"

Zusammen zerrten sie mit aller Kraft an dem Band. Tidus hoffte nur, dass es tatsächlich so stabil war, wie er vermutete.

Stück für Stück holten sie das Tuch ein. Brüderchen und Kumpelchen leisteten ganze Arbeit. Rikku und Gippel halfen ebenfalls so gut sie es nach dem ermüdenden Kampf konnten. Tidus umklammerte einen Teil des Bandes mit beiden Händen, er würde auf gar keinen Fall zulassen, dass es ihm entglitt. Seltsamerweise fühlte er sich viel erschöpfter, als er gedacht hatte. Schließlich waren an dem Kampf gegen den Heiligtumswächter hauptsächlich Gippel und Rikku beteiligt gewesen. Wieso war er selbst dann so fürchtbar müde? Ach was solls, er musste sich eben einfach mehr anstrengen. So stark er konnte zerrte Tidus an dem Seil. Es kam ihm auf einmal sehr schwer zu fassen vor. Er wollte noch fester zugreifen, doch sein Griff ging ins Leere. Das Seidenband war verschwunden!

"Was ist..?"

Rikku blickte hilflos zu Boden wohl in der Hoffnung dort das Tuch an seinem Schimmer wiederzuerkennen. Doch da war nichts. Das Möwenpack blickte sich verwirrt an und auch Tidus fiel keine Erklärung dazu ein, was nun schon wieder geschehen sein könnte. Was war nun mit Yuna und Leylis? Hoffnungsvoll blickte er zur Bergkante hinüber und tatsächlich, ganz am Rand des Bodens lagen zwei Gestalten.

"Dort drüben!"

Tidus lief zu ihnen hinüber. Als er dort angekommen war, hatte Leylis sich schon wieder aufgerappelt.

"Siehst du, ich hab doch gesagt, dass ich ihr helfen würde..."

Lächelnd blickte sie Tidus ins Gesicht. Er erwiederte den Blick, aber nur kurz denn dann fiel seiner auf Yuna, die neben Leylis auf dem Boden lag. Vorsichtig hob er sie hoch. Sie war eiskalt, atmete aber so ruhig, als würde sie nur schlafen. Abgesehen von einer leichten Unterkühlung schien ihr nichts passiert zu sein. Tidus atmete beruhigt aus. Ehe er sich versah, standen auch die anderen neben ihm. Nachdem sich alle vergewissert hatten, dass es Yuna den Umständen entsprechend gut ging, liefen sie gemeinsam zur Celsius zurück, denn keiner von ihnen hatte Lust noch mehr Zeit in der auf dem Berg herrschenden Kälte zu verbringen.

Rikku ging neben Tidus daher:

"Sie ist bestimmt nur wegen des Schnees so kalt, schließlich hat sie eine ganze Weile darin gelegen. Es war aber schon gut, dass sie in der Schneewehe gelandet ist. Sonst wäre sie sicher viel härter auf dem Boden aufgekommen."

Ruhig sah sie Tidus an:

"Sie hat ganz schön Glück gehabt, ausgerechnet den einzigen Vorsprung, der auch noch verdammt schmal ist, beim Fallen zu treffen..."

Tidus blickte auf Yuna, die er immer noch trug, hinunter.

"Ja sicher. Ohne dieses Glück wäre sie jetzt nicht hier..."
 

°°°
 

Bahamut rauschte durch die Luft, durchbrach die Wolken und ließ sich vor ihr nieder. Mit ruhigem Blick sah ihr Gegenüber sie an.

"Mein Entschluss steht fest..."

Illumina schwirrten über den Platz, der für sie so viele Erinnerungen in sich barg. Sie begleiteten sie auf ihrem Tanz. Die große drachenähnliche Bestia flog direkt auf sie zu, doch sie machte keine Anstalten auszuweichen.

"Lass es, es ist sinnlos! Komm zurück... Yuna!"

Eine Träne fiel auf den Boden.

Yuna drehte sich um und blickte in Richtung der Stimme.

"Na, endlich wieder wach? Wie geht es dir?"

Tidus war über sie gebeugt und betrachtete sie erleichtert.

"Schön, dass du endlich aufgewacht bist. Ich hab mir schon Sorgen gemacht..."

Yuna brauchte zirka drei Sekunden, bis ihr auffiel, dass sie sich im Bett ihres Hauses auf Besaid befand.

"Was..?"

Weiter kam sie nicht, denn der nachfolgende Teil ihres Satzes ging in ein Niesen über.

Lulu kam ins Haus gelaufen und blickte Tidus mit einem leicht säuerlichen Blick an:

"Du solltest mir doch Bescheid sagen, sobald sie aufwacht!"

"Sie ist gerade eben erst wieder zu sich gekommen!", wehrte Tidus ab, doch Lulu reagierte kaum darauf. Sie drückte Yuna eine Tasse mit dampfendem Inhalt in die Hand:

"Trink es, solange es noch heiß ist, sonst hilft es nicht!"

Yuna beäugte die rot-bräunliche Substanz in ihrem Becher misstrauisch, nahm dann prüfend einen Schluck und verzog das Gesicht.

"Bäh, was ist das denn?"

"Gizarblättertee...", meinte Lulu mit einem leisen Grinsen und verschwand wieder aus dem Raum. Yuna sah ihr nach.

"Ob das ernst gemeint war..?"

"Würde mich nicht wundern wenn, aber solange es hilft, solltest du dich nicht beschweren!", meinte Tidus.

Yuna dachte mit einem leichten Schaudern an die krümmeligen Blätter, die eigentlich für Chocobos bestimmt waren:

"Naja, aber was für die gut ist, kann mir schließlich nicht wirklich schaden, auch wenn ich angenommen hatte, dass sie besser schmecken würden..."

Tidus schaute sie nicht mehr direkt an, er sah nachdenklich aus.

"Du hast riesiges Glück gehabt, dass dir nichts Ernsthaftes passiert ist. Ich wusste echt nicht, was ich machen sollte, als du vom Berg gefallen bist... Erschreck mich ja nicht nochmal so!"

Yuna sah ihm direkt in die Augen:

Was soll das heißen: Glück gehabt? Ohne Bahamut wäre ich wahrscheinlich wirklich den gesamten Berg hinabgestürzt!"

"Soll das heißen, du hast ihn auch gesehen? Dann war es wirklich nicht nur meine Einbildung..."

Tidus sah nachdenklich aus. Seine Frau begriff langsam, dass die Bestia wohl von den anderen nicht gesehen worden war. Wie auch? Schließlich fiel der Berg ziemlich steil ab und wenn man nicht gerade über der Kante hing, konnte man nicht sehen, was sich an der Bergwand unter der eigenen Position abspielte.

Aber... schloss das nicht eigentlich auch Tidus mit ein?

Als könne er ihre Gedanken lesen, sagte ihr Mann:

"Ich meinte Bahamut für einen Augenblick vor meinen Augen gesehen zu haben, kurz nachdem ich nach dir gerufen hatte."

Yuna erstarrte. Erst die Asthra Bahamuts in Luca, der Tidus begegnet war und jetzt seine Bestia, die ihm erschienen war. Was für eine Verbindung gab es zwischen den Asthra, die eigentlich gar nicht mehr hier sein sollten und ihrem Mann. War es doch die Geschichte, von vor vier Jahren, die sich nun wiederholte, oder vielleicht etwas Neues? Schließlich hatte sie doch auch eben erst von Bahamut geträumt. Das konnte ein Hinweis sein...

Während sie so ihren Gedanken nachhing und in ihnen noch einmal die Ereignisse durchging, fiel ihr auf einmal etwas sehr Entscheidendes auf: Sie war es nicht gewesen, die Bahamut auf Gagazeth beschworen hatte und Leylis hatte zu dem Zeitpunkt auch andere Sorgen gehabt...

Langsam richtete sie ihren Blick wieder auf Tidus.
 

°°°
 

"Ihr seid ja total wahnsinnig!", schrie Leylis.

Im Moment hing sie fast senkrecht kopfüber an einigen Griffen, die am Außendeck der Celsius befestigt waren. Ihre Lage hatte sie dem Umstand zu verdanken, dass die Celsius flog und Brüderchen mit ihr gerade einige neue Manöver ausprobierte.

Das wäre ja gerade noch zu ertragen gewesen, gäbe es Rikku nicht. Das quirrlige Mädchen hatte sie erst überredet mit ihr mitzukommen, obwohl Leylis die Insel auf der sie Tidus und Yuna abgesetzt hatten sehr ansprechend gefunden hatte. Letzten Endes war sie dann aber auf Rikkus Vorschlag eingegangen. Zum einen, weil diese nicht gewirkt hatte, als ob sie eine Ablehnung akzeptieren würde und zum anderen weil sie sich bei Yuna und Tidus bestimmt überflüssig gefühlt hätte. Zurück an Bord des Flugschiffes hatte Rikku sie dann mit der Begründung, ihr etwas Lustiges zeigen zu wollen, mit aufs Außendeck geschleift und als Resultat dessen, dass sie alles über sich hatte ergehen lassen, fürchtete sie nun, trotz der Gurte mit denen Rikku sie vorhin abgesichert hatte, ohne dass sie auch nur an Widerspruch denken konnte, dass sie jederzeit einen Freiflug über Spira sicher hatte.

Mit einem erneuten Aufschrei stellte Leylis fest, dass Brüderchen sich offenbar gerade an einem dreifachen Salto versuchte. Rikku neben ihr quitschte vergnügt. Ihr schien das ganze auch noch Spaß zu machen. Leylis hingegen fragte sich etwa alle zwei Manöver, wie sie diese Fliegerei nur überleben sollte. Nach einiger Zeit stellte Leylis fest, dass die Übelkeit ein wenig nachließ, wenn man die Luft anhielt. Dumm war nur, dass selbst sie, die wirklich häufig im Blitzballstadium geübt hatte, hier deutlich zu schnell an ihre Grenzen stieß.

Immerhin hatte sie sich bisher noch nicht übergeben müssen und so ganz allmählich begann sie sich an das Hin- und Hergeschaukele zu gewöhnen. Als Leylis gerade dabei war sich einigermaßen wohlzufühlen, kehrte das Flugschiff plötzlich in seine normale Lage zurück und lag ruhig in der Luft.

"Was ist denn los?", brüllte Rikku, damit ihre Stimme eine Chance hatte, bei Brüderchen anzukommen.

"Shinra hat 'ne Gruppe Montisauren auf dem Radar. Wär besser, wenn ihr jetzt reinkommt!"

Leylis arbeitete sich aus der Absicherung heraus und wollte zum Eingang laufen. Sie hatte zwar noch nie was von Montisauren gehört, aber wenn das Möwenpack dafür extra sein Freizeitvergnügen aufgab, dann sagte ihr das immerhin so viel, dass sie lieber nicht in die Nähe der Viecher kam...

Allerdings scheiterte bereits ihr Versuch, gerade stehen zu bleiben. Als sie dann schwankend den ersten Schritt machen wollte, landete sie prommt wieder auf dem Boden. Rikku, die wohl schon abgehärtet war, half ihr kichernd hoch und stützte sie, so dass sie es irgendwie ins Innere der Celsius schafften. Dort ließ Leylis sich, ohne dass die eine andere Wahl hatte, sofort wieder auf dem Boden nieder. Rikku grinste übers ganze Gesicht:

"Du solltest dich mal ansehen! Aber immerhin, das war fürs erste Mal gar nicht schlecht. Gippel hat bei seiner ersten Flugstunde außerhalb der Celsius schon nach zwei Minuten aufgegeben und dafür gesorgt, dass wir die nächste halbe Stunde mit Außendeck wischen beschäftigt waren...

Nach einer Zeit macht es aber einen Riesenspaß."

Leylis nickte nur. Sprechen wollte sie lieber nicht riskieren, obwohl ihr Magen sich allmählich wieder beruhigte. Irgendwo war es wirklich ganz lustig gewesen, aber allzu schnell wollte sie es trotzdem nicht wiederholen.

Mit Rikkus Hilfe gelangten sie schließlich auf die Brücke, wo Brüderchen, Kumpelchen, Gippel und Shinra schon auf sie warteten.

"Wir sind fast da!", meinte Kumpelchen mit einem Blick nach draußen, während alle übrigen interessiert auf Leylis schauten. Sie schienen leicht von ihr beeindruckt zu sein...

"Wo denn?", fragte Leylis, die sich nun doch wieder zu sprechen traute.

"In Raes Cuhha!"

Rikku sah sehnsüchtig aus dem Fenster und mit einem Mal bekamen alle einen leicht verträumten Blick.

Leylis fragte nicht weiter nach. Sicherlich hing das wieder mit einer dieser Sachen zusammen, die ihr nicht bekannt war. Dieses Mal wollte sie allerdings abwarten und sich selbst ein Bild von dem Ort machen. Deshalb richtete Leylis ihren Blick ebenfalls nach draußen, wo hauptsächlich Sand zu sehen war. Hin und wieder erschien vor ihnen einige Kakteen und dann eine Reihe riesiger dunkler Vögel, die an ihnen vorbeiflogen. Vermutlich waren das die Montisauren, vor denen sie sich vorhin versteckt hatten.

Dann kam langsam eine Erhebung in der Landschaft in Sicht. Ein Seitenblick auf das Mövenpack verriet Leylis, dass dies Raes Cuhha sein musste. Stück für Stück kamen sie ihr näher und sie erkannte immer mehr von der Stadt.

Dann war die Celsius schließlich nur noch einige hundert Meter von ihr entfernt und nun verstand Leylis zumindest ansatzweise, warum diese Stadt ein Leuchten in den Augen jener hervorrief, die von ihr sprachen.
 

°°°
 

Die Stadt war überwältigend! Rikku hatte sie schon einige Male besucht, doch immer wieder bewunderte sie Raes Cuhha aufs Neue. Mit strahlendem Blick hielt sie ihre Augen auf die Stadt gerichtet, die sich vor ihnen aus dem Sand erhob.

Die letzten zwei Jahre lang hatten so ziemliche sämtliche Al Bhed Spiras mitgeholfen, sie zu errichten. Dennoch war es unglaublich, was sie alles in der kurzen Zeit geschafft hatten.

Raes Cuhha war auf den ersten Blick eine riesige kreisförmig angeordnete Mauer. Hinter ihr erstreckte sie mit großem Abstand ein weiterer Mauerring und in dessen Zentrum das Herz der Stadt: ein Gebäude mächtigen Ausmaßes, das sich zu allerlei Türmen und Nebenflügeln gabelte. Insgesamt sah die mittlere Konstruktion wie eine Art Schloss aus, nur nicht so vornehm. Alles war aus Wüstenstein gebaut worden und passte farblich perfekt nach Bikanel.

Aber trotz des gewaltigen Ausmaßes des Stadtgrundrisses war es eigentlich eine andere Sache, die Rikku so faszinierte. Zwischen den beiden Mauerringen und auch zwischen dem inneren und dem Herzen der Stadt verliefen auf allen Höhen Brücken und teilweise auch feste Plattformen, auf denen Flugschiffe standen. Auf etwas niedrigeren Ebenen standen dort statt richtigen Schiffen Flugmobile oder Luftgleiter, die sich seit neuesten auch auf dem Markt befanden.

Um kleineren Fahrzeugen Einzug in die Stadt zu gewären, waren in den Mauern Löcher vorhanden, die allerdings auch mit Klappen versehen waren und bei Bedarf verschlossen werden konnten.

Das alles allein war zwar schön und gut, aber am meisten liebte Rikku den Trubel, den man selbst aus dieser Entfernung schon durch das Stadttor, welches sich gerade öffnete, sehen konnte.

"Sie scheinen uns erwartet zu haben...", meinte Kumpelchen, "schließlich dauert es sonst doch immer so seine Zeit, bis wir eingelassen werden."

Rikku meinte dazu prommt, dass Cid bestimmt wieder die Leute am Tor auf ihr baldiges Kommen vorbereitet hatte. Während sich Leylis dem Anschein nach fragte, wer zum Teufel Cid war, meldete sich Shinra zu Wort:

"Vielleicht kennen sie nur inzwischen die Celsius vom Ansehen her so gut, dass sie sich gleich etwas mehr beeilen. Schließlich hat sicher keiner von ihnen Lust dazu, sich eine weitere von Gippels Ansagen anzuhören..."

Rikku grinste vor sich hin. Damit konnte Shinra Recht haben. Als sie beim letzten Mal einige Zeit warten mussten, bis sich das riesige Haupttor Raes Cuhhas soweit geöffnet hatte, dass die Celsius hindurchfliegen konnte, hatte er daraufhin einen mordsmäßigen und ihrer Meinung völlig überflüssigen Aufstand gemacht.

Gemächlich flog das Flugschiff durch die Maueröffnung hindurch. Für Fahrzeuge dieser Größe musste immer eines der vier Haupttore, die zu den Himmelsrichtungen angebracht waren, geöffnet werden, sofern es nicht schon zufällig offen war.

Mit einem Seitenblick auf Leylis stellte Rikku fest, dass diese wohl immer noch über Cid nachdachte.

"Cid ist der Vater von Brüderchen und mir", erklärte sie, " und damit ist er gleichzeitig auch Yunas Onkel."

Leylis nickte dankbar.

"Wohin genau fliegen wir eigentlich?", fragte sie, während sie nebenbei dem Verlauf der Wege durch die Stadt folgte, auf der ein reges Treiben herrschte. Nicht nur Menschen zu Fuß, sondern auch einige auf Luftmobilen und sogar einige vereinzelte Chocoboreiter waren dort zu sehen.

"Zu unserem Landeplatz und danach treffen wir uns noch kurz mit Cid und dann...

dann können wir uns ausruhen! Ich bin total geschafft und werde schlafen wie ein Stein!"

Rikku dachte mit Vergnügen daran, dass ihre bisherigen Übernachtungen hier immer sehr angenehm gewesen waren. Vom Kampf gegen den Heiligtumswächter war sie immer noch etwas erschöpft und schließich war bereits seit einiger Zeit die Abenddämmerung eingebrochen.

"Wir sind angekommen!", rief Brüderchen und mit einem sanften Ruck setzte die Celsius auf dem Boden auf.

Innerhalb weniger Minuten stand die ganze Gruppe vor dem Flugschiff auf einer der zu schweben scheinenden Plattformen. Rikku trat an den Rand, der mit einem schmalen Geländer abgesichert war und blickte hinunter. Sie befanden sich auf einer Plattform der etwas höher gelegenen Mitte und der Ausblick war genau so, wie sie sich ihn schon auf dem Weg hierher vorgestellt hatte. Raes Cuhha war wirklich so etwas wie ein wahr gewordener Traum.

"Rikku! Komm schon, wir wollen hier nicht festwachsen!"

Gippel schubste sie sacht Richtung des Hauptgebäudes. Nach einiger Zeit lief Rikku dann wieder voraus und die anderen folgten ihr. Leylis fiel ein wenig zurück, weil sie mit großen Augen alles bestaunte, was sie nur erblicken konnte.

Auf dem Weg über eine etwas schmalere Brücke kam ihnen ein junger Al Bhed entgegen. Er schlängelte sich geschickt an allen vorbei, nur Leylis, die ihnen immer noch mit einigem Abstand folgte, hatte er wohl nicht gesehen, denn er rempelte sie an, hielt sie doch gleich daraufhin fest, damit sie nicht fiel und entschuldigte sich.

Nach dieser kleinen Unterbrechung setzten sie ihren Weg zu dem wie ein Berg aufragendem Gebäude fort.

Dort angekommen begann Rikku durch ein Wirrwar aus Gängen und Räumen zu laufen.

"Sag mal, weißt du eigentlich, wo wir hinmüssen?", fragte Gippel zweifelnd.

"Nö, kein Stück!, meinte Rikku, "aber das ist auch noch so eine Sache, die ich an dieser Stadt liebe. Ich finde irgendwie immer dahin, wo ich hinmöchte, ohne dass ich weiß wieso..."

Und wirklich! Kurze Zeit später standen sie vor Cid.

"Ah, schön euch zu sehen! Ich hoffe es geht euch gut? Und wer ist das denn?"

Rikku erklärte ihrem Vater kurz, wer Leylis war. Dann setzten sie sich alle auf Stühle, die schon für sie bereit standen, aßen nebenbei Abendbrot und redeten noch eine ganze Weile mit ihm, bis ihr auf einmal auffiel, das Leylis sehr müde wirkte.

Klar, sie hatten die ganze Zeit Al Bhed geredet und sicherlich hatte ihre neue Freundin kein Wort verstanden...

"Paps, wir reden morgen weiter, ok? Ich denke wir sollten jetzt alle lieber schlafen gehen!"

Cid stimmte Rikku zu und wenig später befand sie sich zusammen mit Leylis in einem gemütlichen Zweimannzimmer, in dem sie die Nacht verbringen sollten. Rikku ließ sich so wie sie war als erstes aufs Bett fallen und blieb dort liegen, bis sie plötzlich von einem Schrei aufgeschreckt hochfuhr.

"Was ist denn nun schon wieder los? Wehe, es ist nichts Wichtiges! Ich reagiere empfindlich auf Schlafentzug..!"

Ihr Blick fiel auf Leylis, die auf dem Boden hockte und ihre Gürteltasche in der Hand hielt.

"Ist etwa irgendein Tier in deiner Tasche?", fragte Rikku

"Im Gegenteil... es geht um etwas, das sich nicht in der Tasche befindet! Diese seltsamen Steine, die ich von Berg Gagazeth aus der Quelle habe und mit denen ich meine Bestias beschwören konnte, sind weg!"
 

°°°
 

Energisch schüttelte Tidus den Kopf.

"Das kann nicht sein! Woher sollte ich denn wissen, wie das geht?"

Verwirrt richtete er seinen Blick wieder auf Yuna. Wie kam sie nur auf solche Ideen. Er konnte Bahamut gar nicht beschworen haben...

Schließlich war er noch nicht einmal ein Medium!

"Es ist die einzige sinnvolle Erklärung.", meinte Yuna ganz sachlich:" Ich habe ihn nicht gerufen und als Medium kann ich mir da auch sicher sein. Ich hätte es gespürt.

Leylis hatte zu dem Zeitpunkt gar keine Gelegenheit, eine Bestia zu beschwören und außerdem meine ich gesehen zu haben, wie du auf dem Berg kurz zusammengesackt bist, nachdem du nach mir gerufen hast. Sicher war es für dich zu anstrengend, eine Bestia zu kontrollieren, da du es nicht gewohnt bist..."

Tidus stöhnte. Sie hatte in allen Punkten Recht. Trotzdem schien ihm der Gedanke, dass er eine Bestia gerufen haben sollte, abwegig. Media mussten lange Zeit für eine Beschwörung trainieren. Wieso sollte ihm das mal eben so gelungen sein, was Yuna erst nach Jahren harter Arbeit geschafft hatte? Zudem hatte er sich nie mit dieser Art von Magie befasst. Er beherrschte etwas Weißmagie und etwas Schwarzmagie und das reichte ihm vollkommen. Und dennoch...

Es wäre eine Erklärung dafür, warum er auf Gagazeth so erschöpft gewesen war.

"Was ist, wenn du Recht hast?"

Fragend sah er seine Frau an:

"Was bedeutet das?"

Yuna wich seinem direkten Blick aus und starrte in ihre Teetasse, die inzwischen leer war.

"Ich weiß es nicht... aber ich habe Angst davor!"

Tidus rückte ein Stück näher an sie heran und umarmte sie. Als er nach einer Weile bemerkte, dass Yuna zitterte, stand er auf, nahm ihr die Tasse aus der Hand und füllte sie erneut mit Lulus Tee auf.

"Trink lieber viel von dem Zeug. Lulus Sachen helfen eigentlich immer und ich möchte, dass es bei dir bei einer harmlosen Erkältung bleibt!"

Er drehte sich wieder zu ihr um und reichte ihr den Becher:

"Du solltest lieber auch mal an deine Gesundheit denken, als über die Asthra und Seymor nachzugrübeln! Und außerdem... warum sollten wir uns jetzt Gedanken über das machen, was vielleicht passieren könnte?"

Vorsichtig nahm Yuna den Tee in Empfang und fischte mit nachdenklichem Blick ein rot- braunes Blatt heraus.

"Weil es hinterher zu spät sein könnte und ich dieses Risiko nicht noch einmal eingehen möchte..."

Tidus blieb daraufhin vorerst still. Yuna hatte leise gesprochen, doch die Bedeutung ihrer Worte reichte vollkommen aus, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er wusste, was sie die ganze Zeit über beschäftigte... Sie machte sich Sorgen um ihn! Und er konnte es ihr noch nicht einmal verübeln. Schließlich erinnerten einige der letzten Ereignisse wirklich an die Erlebnisse von vor vier Jahren...

Und... er selbst spührte, dass irgendetwas geschehen sein musste, das etwas mit ihm zu tun hatte. Zusätzlich war da dann auch noch die Geschichte mit Seymor...

Er wollte Yuna nicht wieder allein lassen, doch er bereute seine Entscheidung damals, als sie gegen [Sin] gekämpft hatten, auch jetzt nicht. Es war in seinen Augen einfach unvermeidlich gewesen, dass er verschwand, da sie Spira dadurch von seiner ewigen Plage erlösen konnten. Was, wenn nun etwas Ähnliches passieren würde und er wieder keine andere Wahl hatte...

"Lass mich nicht allein!"

Yuna schlang ihre Arme um ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Tidus strich ruhig mit seiner Hand durch ihre Haare. Als sie schließlich ihren Kopf wieder hob und ihn aus ihren verschiedenfarbigen Augen anblickte, küsste er sie sanft und sagte anschließend:

"Wir können nicht bestimmen, was in der Zukunft auf uns zukommen wird. Und unsere Entscheidungen können wir erst treffen, wenn wir den Grund dafür kennen. Darum...

konzentriere dich lieber erst einmal auf die Gegenwart und werde gesund!"

Yuna sah ihn noch einen Moment lang mit tiefgründigem Blick an, dann nickte sie kurz, angelte sich die Teetasse von dem neben dem Bett stehenden Tisch und nahm noch einen Schluck.

Tidus lächelte. Fürs erste schien er sie überzeugt zu haben. Er sah ihr dabei zu, wie sie langsam den Tee trank und anschließend das Gesicht verzog. Als sie zu ihm aufsah, fing sie an zu lachen und er lachte mit.

Dabei fiel weder Tidus noch seiner Frau der Schatten auf, der sich von ihrem Fenster löste und langsam in Richtung Strand davon lief...
 

°°°
 

Leylis starrte die Decke ihres Schlafraumes an. Eine Art Zierkacheln bedeckten sie. Es waren 35 mal 60 Stück. Das ergab insgesamt 2100! Sicherlich waren die Leute, die sie dort oben befestigt hatten, längere Zeit damit beschäftigt gewesen. Die Kacheln schimmerten in einem matten Beigeton und passten somit gut zu dem aus Sandstein gebauten Raum...

Leylis stöhnte leise. Es brachte einfach nichts! Sie konnte jetzt nicht schlafen! Obwohl sie auch schon Blütenblätter der Blumen, die in einer Vase neben ihren Bett standen, Sterne, die sie draußen am Himmel sehen konnte und sogar Rikkus kleine Schnarchanfälle gezählt hatte, spürte sie noch immer nicht die geringste Müdigkeit.

Immer wieder wanderten ihre Gedanken zurück zu den kleinen blauen Steinen, für die sie auf Gagazeth gekämpft hatte. Nun waren sie weg und nur ihr Verstand hielt Leylis davon ab, sofort aus dem Gebäude zu stürmen und sie zu suchen. Ihre Vernunft sagte ihr nämlich genau das, was auch Rikku gemeint hatte, bevor sie in Tiefschlaf gefallen war: Jetzt, mitten in der Nacht würde sie sowieso nichts erreichen. Sie sollte sich lieber ausruhen und am nächsten Tag nach den Steinen suchen...

Das Problem daran war nur, dass sie sich weder ausruhen wollte, noch ausruhen konnte, dennoch probierte sie genau dies seit geschlagenen drei Stunden. Murrend warf sie sich auf die andere Seite:

"Ich werde hier noch wahnsinnig!"

Als Antwort erhielt sie ein dumpfes Brummen, dass aus Richtung Rikku kam.

"Vielen Dank für die Zustimmung...", gab Leylis flüsternd zurück. Sie wollte ihre neue Freundin lieber nicht aufwecken. Wer wusste, wie sie sich dafür revanchieren würde. Mit flauem Gefühl im Magen erinnerte sie sich an ihre Außendeckflugstunde...

Ach herrje, und was war, wenn sie ihre Beschwörungssteine dabei verloren hatte? Sie waren über halb Spira hinweggeflogen... na dann mal viel Spaß beim Suchen!

Dann fiel Leylis jedoch etwas ein... Ihre Tasche war, bis sie eben nachgesehen hatte, die ganze Zeit über fest zugeknöpft gewesen. Und falls der Wind während der Flugstunde sie aufgerissen haben sollte, dann wäre erstens der gesamte Inhalt herausgefallen, was nicht so war und zweitens wäre es dem Wind niemals möglich gewesen ihre Tasche wieder zuzumachen!

Es war fast so, als hatte jemand gezielt nur die Steine herausgenommen... Mit anderen Worte: es konnte ein Dieb gewesen sein. Je länger sie über diese Möglichkeit nachdachte, umso logischer erschien es ihr. Gut, damit war sie dann einen Schritt weiter! Zweite Frage: Wer hatte sie bestohlen?

Als erstes fiel ihr Rikku ein. Sie hatte von Anfang an bemerkt, dass sie recht flinke Finger hatte, aber so etwas, traute sie ihr beim besten Willen nicht zu. Genausowenig kam einer der anderen Möwenpack- Leute in Frage. Leylis konnte sich das von ihnen einfach nicht vorstellen...

Außerdem hatte sie die Steine auf Besaid noch. Letzten Endes kam Leylis zu dem Schluss, dass sie sie tatsächlich irgendwo in Raes Cuhha "verloren" haben musste...

Allerdings hatte sie hier mit sehr wenig Leuten Kontakt gehabt. Da Cid zu Rikkus Familie gehörte schloss sie ihn einfach mal aus. Dann war da nur noch... dieser junge Mann, mit dem sie kurz nach ihrer Ankunft in der Stadt zusammengestoßen war.

"Sicher! So muss es gewesen sein. Kam mir gleich etwas komisch vor, dass er, obwohl er sich geschickt durch die anderen durchgeschlängelt hatte, gegen mich gelaufen ist!"

Rikku knurrte und rollte sich in ihre Decke ein.

"Ist ja schon gut!", wisperte Leylis leise.

Na bitte, jetzt wusste sie wenigstens, wonach sie suchte. Diesen kleinen Dieb erkannte sie wieder! Und wenn sie ihn dann morgen fand, dann würde sie ihm sagen, was sie von seinem Verhalten hielt. Vielleicht ließ Rikku es ja zu, dass sie ihn eine Zeit lang mit der Celsius mitnahmen... am Außendeck wohlbemerkt.

Vollends mit sich und ihren Plänen zufrieden, merkte Leylis auf einmal, dass sie doch ziemlich müde war und rollte sich unter der leichten Bettdecke zusammen.

Sie flog...

Vorbei an einigen Wolken und seichten Nebelschwaden. Erst als sie sie genau betrachtete, erkannte sie, dass es Illumina waren. Sie schwebten über einem Platz. Einem Ort, den Leylis meinte noch nie gesehen zu haben, aber dennoch kam er ihr irgendwie vertraut vor...

Sie blickte nach unten. Sie flog auf einem drachenähnlichem Wesen. Sie raste auf jemanden zu. Auf dem Platz tanzte eine Frau. Sie flog weiterhin auf ihr Ziel zu. Die Person wich nicht aus. Ruhig und irgendwie traurig stand sie da. Der Drache hielt auf sie zu...

Leylis sah ihr ins Gesicht.

"Bin das ich?"

"Ja..."

"Wer ist da?"

Leylis schreckte aus ihrem Schlaf hoch. Sonnenlicht fiel in ihr Zimmer. Melancholisches Schnarchen kam von Rikkus Bett. Leylis erinnerte sich an ihren Traum. Er war ihr bekannt gewesen. Sie hatte schließlich schon mal von diesem Ort geträumt, als sie bei Lenne gewesen war. Dieses Mal war es allerdings etwas anders gewesen. Beim ersten Mal hatte sie das Geschehen aus einiger Entfernung betrachtet und nicht sehr viele Einzelheiten sehen können. Jetzt war sie mitten im Geschehen gewesen. Sie hatte zwar das Gefühl gehabt irgendwie nicht zum Traum zu gehören, aber sie hatte mehr erkennen können und sie war wahrscheinlich auf sich selbst, sozusagen ihr Traum- ich, zugeflogen... und dann gab da noch diese Stimme, die zu ihr gesprochen hatte. Leylis meinte sie von irgendwo her zu kennen.

War sie genau wie sie selbst auch kein Teil des Traumes gewesen?...

Da Leylis nach einigem Nachgrübeln nicht klar wurde, was das bedeuten konnte, ließ sie es bleiben und hüpfte aus dem Bett. Schließlich hatte sie etwas besseres zu tun. Sie zog sich um und fasste mit einem Seitenblick auf Rikku den Gedanken, dass sie lieber ohne die Blondine losging.

Wenige Minuten später stand Leylis mit offenem Mund auf einer der Hauptstraßen in Raes Cuhha.

Wohin man auch sah... Menschen bzw. Al Bhed, komische, große Leute mit Hörnern auf den Köpfen, Hyphellos und Chocobos!

Wie hatte sie nur daran denken können, den Dieb ihrer Steine zu fassen. In diesem Chaos war das so gut wie unmöglich! Doch obwohl es ihr alles andere als gelegen kam, konnte Leylis nicht verhindern, dass sie das bunte Treiben um sich herum genoss. An den Straßenkanten boten Händler ihre Waren an. Es gab eine riesige Auswahl an Sachen. Neugierig schaute Leylis sich einen Stand nach dem nächsten an. Einmal blieb sie stehen und richtete den Blick nach oben. Dort ging es in etwa genauso geschäftig zu, wie unten auf der Straße. Flugschiffe, Luftmobile und andere komische fliegende Dinge, die Leylis nicht zuordnen konnte, warfen Schatten auf die Erde. Ebenso fanden sich dort auch die Silhouetten der Brücken wieder, die von unten wie ein Netz aussahen...

Nachdem sie dies genug bestaunt hatte, wandte sich Leylis wieder der Händlerware zu. Die Verkäufer schienen größtenteils Al Bhed zu sein. Man merkte, dass Raes Cuhha ihre Stadt war... eine Händlerstadt.

Obwohl sie sich kaum Hoffnung machte, schaute sich Leylis nicht nur die Stände, sondern auch die Leute genau an. Vielleicht hatte sie ja Glück und fand ihren Dieb...

"Rymmu, ti Clruaha! Cear ten saeha Fyna yh!"

Leylis wandte sich in Richtung der Stimme um und erblickte einen etwas fülligeren Händler der

Al Bhed. Sie hatte keine Ahnung, was er von ihr wollte. Schließlich hatte sie aus dem bisher von Rikku gehörtem Kauderwelsch nur schließen können, dass "ti" wohl "du" hieß...

Der Mann schien allerdings schnell bemerkt zu haben, dass sie ihn nicht verstand, denn inzwischen deutete er mit breitem Grinsen auf die Auswahl seiner Waren. Mit nur geringem Interesse folgte Leylis seinem Wink und sah sich alles an. Sie war inzwischen leicht deprimiert, weil der kleine Räuber sich nicht blicken ließ.

Der Händler verkaufte Schmuck. Sah eigentlich alles ganz hübsch aus, hatte aber auch so seinen Preis... An mehreren der Stücke waren sogar Chocobofedern befestigt. Leylis gefielen aber besonders einige Armreifen sehr gut, die mit Wüstensteinen verziert waren. Die waren wohl als Souvenir gedacht... Mmh, ein bisschen Geld hatte sie schon. Die Monster, die sie bisher besiegt hatte, hatten schließlich einiges hinterlassen. Es reichte bestimmt um sich davon ein solches Armband zu kaufen. Leylis schaute sich jedoch lieber noch den Rest der Sachen an, vielleicht fand sie ja noch etwas schöneres. Irgendwie zog das hintere Ende des Standes ihren Blick an. Dort waren Ohrringe paarweise nebeneinander aufgereiht.

Leylis streckte die Hand nach einem bestimmten Paar aus und nahm es in die Hand. Die Ohrringe bestanden aus jeweils einem Stein in Tropfenform, um den sich eine Spirale aus einem silberweißem Material rankte. Leylis fixierte die Tropfen und strich leicht mit dem Finger darüber. Sie leuchteten! Kein Zweifel, das waren ihre schon fast verloren geglauben Beschwörungssteine!
 

°°°
 

Wakka durchschritt langsam den Ausgang des Dorfes.

"Sag mal, was hast du eigentlich vor?"

Erschrocken drehte er sich um und blickte in das Gesicht seiner Frau, die keinen Meter entfernt stand.

"Wieso schleichst du hier so durchs Dorf? Hast du irgendwas verbrochen?"

Wakka hatte sich inzwischen wieder gefangen und sah Lulu leicht verärgert an, warum musste sie ihn immer so erschrecken?

"Ich hab überhaupt nichts gemacht! Ich brauch nur mal Zeit zum Nachdenken und das kann ich am besten, wenn Wasser in der Nähe ist..."

Lulu sah ihn streng an.

"Soso, nichts gemacht... und was hast du dann die ganze Zeit über im Garten von Yuna getrieben?"

Mit einem lauernden Blick wartete sie auf eine Antwort, doch Wakka seufzte nur. Lulu hatte er noch nie etwas vormachen können. Zudem schien sie ihre Augen überall gleichzeitig zu haben. Irgendwie war das wirklich nicht fair. Sie machte nämlich ständig Sachen, ohne dass er etwas davon merkte. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sie das absichtlich machte...

"Also, was ist? Würdest du mir bitte erklären, warum du sie belauscht hast!?"

Nach einem erneuten Seufzer erklärte er ihr die ganze Geschichte, zum einen, weil sie besser Bescheid wusste und zum anderen, weil sie sonst keine Ruhe geben würde...

Eigentlich wäre er nicht einmal im Traum auf die Idee gekommen, bei einem solchen Gespräch zwischen Yuna und Tidus zuzuhören, schließlich waren sie seine Freunde!

Tja, aber genau dieser Umstand hatte dazu geführt, dass er ihnen zugehört hatte. Er war zufällig an dem Haus der beiden vorbeigegangen, als sie den Namen "Bahamut" erwähnten. Als aus den nachfolgenden Sätzen klar wurde, dass er auf Gagazeth gewesen sein musste, war Wakka weiterhin in der Nähe des Fensters geblieben, um mehr zu erfahren...

Schließlich hatte er vorher noch gar nichts von der Bestia gehört und das, obwohl dieses Thema wirklich ernst war. So eine Tragödie wie vor vier Jahren wünschte er Tidus und Yuna nämlich kein zweites Mal. Dennoch schien wohl einiges auf Schwierigkeiten in der nahen Zukunft hinzudeuten...

Als er Lulu alles erzählt hatte, was er wusste, sahen sie sich beide ernst an.

"Wir können nur hoffen, dass wir uns mit unseren düsteren Vermutungen irren...", meinte Lulu, "sie haben es verdient, bis an ihr Lebensende glücklich zu sein!"

Wakka sah sie erstaunt an. Normalerweise sah seine Frau immer alles pessimistisch und nun versuchte sie, positiv zu denken... Aber schließlich war es genau das, was sie alle jetzt machen sollten.

"Du hast Recht!", meinte Wakka : "Ich möchte aber trotzdem noch ein wenig nachdenken..."

Lulu nickte ihm zu:

"In Ordnung, ich gehe jetzt zu Vidiny, er hat sicherlich schon wieder Appetit! Bleib nicht zu lange weg."

Anschließend ging sie langsam zurück in Richtung ihres Hauses. Wakka folgte dem Weg zum Strand. Der Pfad führte an einigen Wasserfällen vorbei. Gedankenverloren sah er hinein. Das Wasser sprudelte und spritze und innerhalb kürzester Zeit, war er klitschnass...

Während er schließlich zum Strand weiterlief, fiel ihm kurz vor diesem eine in den Felsen gehauene und von einigen Pflanzen gut verdeckte Höhle auf. Hierin hatte Yuna vor etwa zwei Jahren einen Sphäroiden gefunden, auf dem sein Bruder Chapp zu sehen war. Die Bildaufzeichnung befand sich immer noch auf seinem Nachttisch...

Er hatte ihn sich schon lange nicht mehr angesehen und auch im Abyssum hatte er seinen Bruder seit Monaten nicht mehr besucht, obwohl man dieses seit einiger Zeit wieder begehen konnte, nachdem es lange zu gefährlich und deshalb nicht möglich gewesen war.

Immer noch in Gedanken versunken betrat Wakka die Höhle. Es war stockfinster in ihrem Innern. Er wandte sich nach rechts und innerhalb einiger Minuten, stand er schon wieder im Ausgang und blinzelte gegen das helle Sonnenlicht an. Nachdem sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, konnte er von dort oben den wundervollen Ausblick über einen Großteil der Insel genießen. Wakka wanderte über den Grünstreifen, der sich hier auf den Klippen entlangzog. Auch die Wasserfälle konnte man von hier aus besser sehen. Einige entsprangen scheinbar auf Klippen unter ihm und manche direkt auf seiner Höhe...

Er sah sich einen nach dem anderen an. Ob Yuna das bei ihrem Besuch hier oben wohl auch gemacht hatte? Plötzlich stutze Wakka. Der Wasserfall, vor dem er nun stand hatte seine Quelle unmittelbar unter ihm und glitzerte genauso schön, wie die anderen, doch wenn man länger in ihn hineinsah, dann erkannte man etwas weiter unten ein schwarzes Loch inmitten des Wassers...

Um besser sehen zu können, was genau das war, beugte Wakka sich ein wenig über den Rand der Klippe. Etwas Oranges schimmerte ganz leich inmitten des schwarzen Loches. Wakka neigte sich noch ein Stückchen weiter hinab, bis plötzlich das Wasser hoch spritzte, wahrscheinlich durch ein Luftloch, und ihn kopfüber mit hinunterzog.

Wakka hielt die Augen während seines Falls starr nach vorne bzw. nach unten gerichtet und sah das schwarze Loch mit dem orangem Funken immer näher kommen und größer werden...
 

°°°
 

"Wieviel sollen diese Ohrringe kosten?"

"..."

"Ohrringe! Geld! Wieviel!?"

Es dauerte nur Sekunden, bis Leylis begriff, dass der Al Bhed Händler vor ihr sie in etwa so gut verstand wie sie ihn, nämlich gar nicht!

Inzwischen gingen ihr die Ideen aus, wie sie es noch versuchen sollte. Sie war schon ihr gesamtes Vokabular durchgegangen, in der Hoffnung, dass dem Händler irgendwann ein Licht aufgehen würde. Zusätzlich hatte sie es schon mit allen möglichen Handbewegungen und ähnlichem versucht und wedelte immer wieder mit den Ohrringen vor seinem Gesicht herum...

Fehlanzeige!

Der Mann betrachtete sie die ganze Zeit über aufmerksam mit einem ruhigen Blick.

Fazit: Er verstand kein Wort von dem, was sie sagte!

Seufzend öffnete Leylis ihre Tasche und holte einen Gil heraus. Sie hielt ihn zwischen zwei Fingern, so dass der Mann ihn gut sehen konnte. Dann deutete sie auf das Ohrringpaar. Nahm sie sich und hielt ihm das Geldstück hin.

"Tyc ecd aeh gucdpynac Cdialg! Elr janmyhka sarn!"

Leylis schaute ihn eine Weile lang mit großen Augen an, dann schien der Mann endlich zu begreifen wie ihre Geste gemeint war. Er deutete auf die Münze in ihrer Hand und dann mit dem Finger nach oben. Leylis machte seine Bewegung nach und malte zusätzlich ein Fragezeichen in die Luft. Der Händler nickte und zeichnete mit dem Finger Ziffern nach. Erleichtert stellte Leylis fest, dass zumindestens die Zahlen wohl in beiden Sprachen gleich waren.

Sie folgte den Bewegungen des Mannes und traute ihren Augen kaum. Dieser Typ da wollte doch tatsächlich 1.500 Gil für die Ohrringe haben, die eigentlich ja sowieso ihr gehörten...

Sie ließ sich allerdings ihre Erschütterung nicht anmerken und skizzierte eine 500 so gut es mit Bewegungen eben ging. Der Al Bhed schüttelte daraufhin heftig den Kopf und bedeutete ihr, 1.150 zu zahlen...

Das ganze ging noch eine Weile so weiter, bis Leylis nach über einer halben Stunde und nervlich ziemlich am Ende 700 Gil bezahlte und die Ohrringe an sich nahm. Erleichtert nickte sie dem Händler noch einmal zu, stellte sich dann etwas abseits an die Straßenkante und legte die Ohrringe an. Eigentlich war es gar nicht so schlecht, die Steine so mit sich zu tragen, schließlich brauchte sie sich keine Gedanken mehr zu machen, ob sie herausfallen könnten. Da sie immer noch ein wenig Geld übrig hatte, schlenderte Leylis weiter durch die Straßen und bewunderte die Vielseitigkeit der Waren. An einem Stand konnte man sogar Chocobos kaufen. Das erinnerte sie an denjenigen, der sie gerettet hatte. Er war bei Rin in der Mi'hen Straße geblieben. Sie musste ihn unbedingt noch einmal besuchen und dann...

Nachdem sie sich von allen verabschiedet hatte, würde sie an einem ruhigen Ort versuchen mit der Hilfe ihrer Bestias zurück in ihre Zeit zu kommen... zurück zu Lenne und Shujin.

"Hey, Leylis! Da bist du ja!"

Erfreut, dass sie endlich mal wieder jemanden verstand, drehte sich Leylis in Richtung der Stimme.

Rikku kam mit beiden Händen winkend auf sie zugerannt. Gippel kam etwas langsamer hinterher getrottet.

"Wir haben dich gesucht, warum bist du denn einfach allein losgezogen? Hey sag mal, die sind neu, oder?", meinte Rikku und deutete auf Leylis' Ohrringe.

"Jep!", antwortete Leylis, "und innerhalb dieser Schmuckstücke befinden sich meine Steine. Ich habe sie gerade gekauft, nachdem ich sie herunter gehandelt habe... meine eigenen Beschwörungssteine! Für 700 Gil... Wenn ich diesen Dieb erwische..."

Gippel war inzwischen auch bei den beiden angekommen und warf einen prüfenden Blick auf Leylis' Errungenschaft.

"Wo hast du die her?"

"Was? Von so einem Händler da drüben..."

Etwas besorgt bemerkte Leylis, dass Gippels Blick sich verfinstert hatte.

"Was ist denn los?"

Rikku besah sich ebenfalls die Ohrringe noch einmal.

"Oh, das ist doch nicht etwa..?"

Gippel wandte sich mit ernstem Blick zu ihr um:

"Doch, auf jeden Fall ist es das!"

Auf Leylis' leicht verzweifelten Blick hin erklärte Rikku ihr, was los war. Währenddessen liefen sie zu dem Händler zurück, der die Ohrringe verkauft hatte.

"Das Metall, in das die Beschwörungsteine eingefasst sind, das ist Weißes Mithril, ein sehr kostbares Material!"

Leylis blickte Rikku immer noch verständnislos an:

"Und was hat das zu bedeuten?"

"In letzter Zeit sind immer wieder mal solche Stücke aufgetaucht, dabei ist Weißes Mithril so extrem selten, dass man es fast nirgendwo findet. Es gibt nur ganz wenige Plätze an denen man überhaupt erst die Chance dazu hat. Dort wird das Mithril nahezu groß gezogen und gepflegt. Später wird es gefördert und nur für ganz bestimmte Zwecke eingesetzt. Weißes Mithril hat starke magische Fähigkeiten musst du wissen. Es besitzt Heilkräfte! Nun erscheinen immer mal wieder solche Stücke auf dem Markt..."

"Das heißt im Klartext, dass irgendwer Zutritt zu einer der Quellen hat und das Mithril stiehlt, um es zu verkaufen und genau das ist streng verboten, da es Leute gibt, die nur durch die Heilfähigkeiten des Weißen Mithrils gesund werden können. Wenn nun irgendwelche unverantwortungsvollen Leute es einfach so auf den Markt werfen, dann haben wir nichts mehr, wenn wir es wirklich brauchen!", warf Gippel ein.

Inzwischen waren sie bei dem gesuchten Stand angekommen. Gippel stürmte ohne auf die Begrüßung des Händler einzugehen hinter dessen Stand und hielt ihn am Kragen fest.

"Furan rycd ti Faeccac Sedrnem?!", schrie er fast und deutete auf Leylis' Ohrringe.

Der Händler machte abwehrende Bewegungen.

"Elr fiuecc kyn helrdc! Elr rypa tea Fyna clruh cu pagussah!"

Anstatt loszulassen packte Gippel ihn jedoch nur noch fester:

"Furan?!"

Rikku legte ihre Hand auf Gippels Arm:

"Gippel, tyc pnehkd helrdc! An fiecc ac helrd! Mycc erh muc!"

Gippel sah den Mann durchdringend an, lockerte jedoch den Griff ein wenig.

"Er hätte es ihr viel teurer verkauft, wenn er Bescheid gewusst hätte.", meinte Rikku.

Der Händler sah Gippel ein wenig ängstlich, doch nicht mehr unfreundlich an:

"Elr rypa clruh juh tas Faeccac Sedrnem karuand, ypan elr gyhh ailr fengmelr helrdc faedan tywi cykah... ypan tan Hysa taczahekah, tan sen tea Fyna kyp, ecd Corax!"

"Corax..?"

Gippel ließ den Mann los. Dieser nickte noch einmal zur Bestätigung.

"Tyhga iht ahdclrimtekihk..."

Nachdem sie ein Stück gegangen waren, hielt Leylis es nicht mehr aus:

"Was ist jetzt eigentlich los!"

Rikku erbot sich mal wieder ihr zu helfen.

"Naja, der Händler wusste wohl wirklich nichts, aber er hat uns einen Namen nennen können. Der Name, des Mannes, von dem er die Ohrringe hatte... Corax"
 

°°°
 

Mit einem hässlichen Knirschen kam Wakka auf dem Boden auf. Als er sich kurze Zeit später wieder aufrichtete, stellte er erleichtert fest, dass das Geräusch nicht etwa von seinen Knochen gekommen war, sondern von einem Sphäroiden, auf dem er gelandet war. Das war es also gewesen, was er von oben als orangen Funken gesehen hatte. Er hatte einige Risse und war im Moment nicht funktionstüchtig, wie Wakka sehr schnell feststellte. Als er versuchte sich die Aufnahme anzusehen, knackte das Ding einmal kurz und began dann rot zu Glühen und heiß zu werden, so dass Wakka derartige Versuche lieber unterließ...

Er steckte den Späroiden mit dem Gedanken, dass Shinra ihn sicher reparieren konnte, ein. Was wohl auf ihm zu sehen war? Er hatte sicher schon Ewigkeiten auf dem Felsvorsprung gelegen, auf dem er selbst jetzt saß. Wakka sah sich um. Er befand sich nicht einfach auf einem Vorsprung... diese Plattform war der Eingang zu einer Höhle, die sich wie ein schwarzes Loch in die Klippe hineingrub.

"Naja, wenn ich sowieso schon mal hier bin...", sagte Wakka zu sich selbst und machte einen Schritt in die Dunkelheit hinein. Vorsichtig bewegte er sich vorwärts. In der Höhle war es stockfinster... Nach ein paar Minuten stieß er mit dem Fuß gegen etwas. Es war ein Stück Holz. Wakka holte einen Hitzestein aus seiner Tasche, den er von Rikku bekommen hatte und benutze ihn nahe des Stocks. Innerhalb weniger Sekunden betrachtete Wakka zufrieden seine selbst gebastelte Fackel. Da er nun immerhin etwas sehen konnte ging er etwas zügiger voran. Wo dieser Gang wohl endete..?

Innerhalb der Höhle war es ziemlich kalt, aber das störte Wakka zur Zeit recht wenig. Er war viel zu neugierig auf das, was er vielleicht finden würde.

Da der Sphäroid am Eingang noch dagelegen hatte, war er sicherlich seit langem der erste, der sich hierher verirrt hatte. Auf einmal hörte er ein Plätschern. War das Wasserrauschen? Und wirklich nach einiger Zeit kam er an eine Art See, der sich kristallklar und spiegelglatt vor ihm erstreckte. Wakka meinte auf dem Boden des Sees etwas Helles zu erkennen, vielleicht waren es Fische...

Er ging an dem See vorbei und bemerkte, das dieser sich in einem Fluss fortsetzte. Jener endete allerdings recht schnell in einer Wand. Wakka lief an ihr vorbei und folgte dem Gang immer tiefer ins Innere... bis er plötzlich endete. Staunend stand Wakka in einer großen Halle, bis zu dessen Wände der Schein seiner Fackel nicht ausreichte...

Auf einmal bewegte sich vor ihm etwas. Er ging etwas näher heran und wich sofort wieder zurück, als etwas großes auf ihn zusprang. Es hatte viel Ähnlichkeit mit einem Tausendfüßler, nur um einiges größer und mit gefährlich aussehenden Zangen am Maul. Wakka grinste...

Was für ein Glück, dass er seinen Blitzball mitgenommen hatte. Dieser befand sich nun in einem Netz, welches er sich dann wie eine Tasche umgehängt hatte. Rasch holte er den Ball heraus.

Es war zwar schon einige Zeit her, dass er das letzte Mal ernsthaft gekämpft hatte, aber dennoch dürfte er mit dieser Riesenameise fertig werden...

Das Monster kam auf ihn zugekrabbelt. Wakka legte einen erstklassigen Torschuss hin und verletzte seinen Gegner am Kopf. Er fing sich aber nach kurzer Zeit wieder und ging erneut in Angriffshaltung über.

Der Ball kam zu seinem Besitzer zurück, doch dieser zögerte erneut auf die gleich Art und Weise anzugreifen. Diese Monster lebten in einer kalten Höhle ohne Licht, aber mit Wasser in ihrer Nähe, das müsste doch eigentlich ein Hinweis auf ihre Schwäche sein...

"Feuer!", rief Wakka und richtete den Spruch auf seinen Blitzball, um ihn kurz darauf erneut in Richtung des Viehs zu schießen.

Als es getroffen wurde wackelte es mit dem Kopf und zitterte am ganzen Körper, dann kam es wieder auf Wakka zu.

Ok, Fehlanzeige! Dieses Viech liebte Feuer.

"... Na dann eben anders!"

Mit einem Eiszauber belegt benutze Wakka seinen Ball prommt noch einmal. Und dieses Mal blieb der gewünschte Effekt nicht aus. Das Monster sackte in sich zusammen uns löste sich in Illumina auf...

Da ihm inzwischen die Abenteuerlust halbwegs vergangen war und Lulu sicher schon wartete, drehte Wakka sich um und machte sich daran, die Halle zu verlassen. Er kam nicht weit... bevor er in den Gang zurückkehren konnte, wurde er von einem Feuerzauber getroffen. Wakka landete kurz auf dem Boden und sein Blitzball rollte einige Meter weiter. Der Zauber war nicht stark gewesen und Wakka stand umgehend wieder auf. Als er sich wieder umwandte, sah er einen weiteren Tausendfüßler. Das allein wäre ja nicht so schlimm gewesen, doch bevor er noch irgendetwas anderes tun konnte, gesellte sich ein etwa fünf mal so großes Krabbelvieh zu dem anderen. Mit einem unguten Gefühl sah Wakka sich um. Die Halle schien zu leben. Von überall her kamen große und kleine Monster gekrochen und umzingelten ihn...

Wirklich großartig! Jetzt saß er ohne eine Waffe in der Hand und mit mindestens zwei Dutzend hungriger Monster in einer Höhle fest, von der niemand auf Besaid etwas wusste...

Schlimmer konnte es kaum noch werden.
 

°°°
 

"Vielleicht ist Corax ja auch der Dieb, der mir die Beschwörungssteine gestohlen hat.", meinte Leylis.

"Das kann natürlich sein... Wäre praktisch, denn wir müssen sie sowieso beide finden: den Dieb und denjenigen, der die Ware weiter verarbeitet."

Gippel schritt mit immer noch ernsthaftem Gesicht voran.

"Du sag mal," flüsterte Leylis Rikku in einigem Abstand von ihm zu, "Warum nimmt er sich das so zu Herzen?"

Rikku seufzte.

"Seine Mutter ist gestorben, als er noch sehr jung war... Naja, und sie hätte gerettet werden können, wenn zu dem Zeitpunkt etwas von dem Weißen Mithril verfügbar gewesen wäre. Damals hatte [Sin] kurz vorher den Bestand davon zerstört und wir haben sowieso erst jetzt in der "Ewigen Stillen Zeit", in der sicher ist, dass [Sin] nie wieder kommen wird, die Gelegenheit dazu, das Weiße Mithril wieder ernsthaft zu fördern. Umso mehr ärgert es ihn, dass dies nun nur durch ein paar eigennützige Leute in Gefahr gerät..."

Leylis schwieg und auch Rikku stimmten solche Sachen jedes Mal aufs Neue nachdenklich. Gippel setzte sich sehr dafür ein, diese Schwierigkeiten zu beseitigen und dabei ging er ernst zu Werke. Das passte eigentlich gar nicht zu ihm und ihr wäre es lieber, wenn er sich nicht so sehr in diese Sache hineinsteigern würde...

Andererseits fand sie es auch bemerkenswert, welche Energie er an den Tag legte, um bei seinen Nachforschungen voranzukommen. Jetzt hatten sie endlich einen Hinweis gefunden.

Corax... Hoffentlich fanden sie ihn bald!

"Sind denn nur hier Stücke aus Weißem Mithril aufgetaucht?", fragte Leylis.

"Nein..."

Rikku lief weiterhin mit nachdenklichem Blick neben ihr her.

"Ja aber, warum sucht ihr dann hier so verstärkt?"

"Weil es hier für ihn am schlimmsten ist! Ausgerechnet in Raes Cuhha... Außerdem sind hier, denke ich mal, die meisten Dinge gefunden worden."

Auf einen fragenden Blick von Leylis hin erklärte Rikku noch weiter:

"Raes Cuhha ist eine Traumstadt. Vor vier Jahren stand an dieser Stelle das Al Bhed Heim, in dem jeder Al Bhed Zuflucht suchen konnte. Es gab uns Hoffnung, einen Ort zu haben, an dem wir willkommen waren. Die Al Bhed waren zu diesem Zeitpunkt in ganz Spira nicht sehr gerne gesehen... Doch dann wurde das Heim angegriffen. Um irgendwie entkommen zu können mussten wir es zerstören. Es war ein Schock für uns alle...

Aber nun in der "Ewigen Stillen Zeit" hatten wir die Möglichkeit unsere Heimat wieder aufzubauen. Das war der Traum aller Al Bhed! Wir haben ihn verwirklicht, um hier mit unserer Stadt, das wieder herzustellen, was wir lange Zeit vermisst haben: ein Zuhause. Ein Ort, den wir durch unsere Erinnerungen an das zerstörte Heim errichten konnten...

Naja, und dass ausgerechnet hier so viele Weißmithrilstücke auftauchen... das stört Gippel wahnsinnig!"

Leylis nickte verständnisvoll. Dann gingen sie etwas zügiger, um Gippel einzuholen, der vorausgeprescht war. Kurze Zeit später hatten sie ihn gefunden. Er stand mitten auf der Straße...

"Hey Gippel, was ist denn los? Wieso bist du stehen geblieben?"

Gippel drehte sich langsam um...

"Sagt mal... wisst ihr zufällig, wie wir zurück zum Hauptgebäude kommen?"

Rikku und Leylis schüttelten synchron die Köpfe.

"Wie habt ihr mich denn gefunden?", fragte Leylis

"So wie wir es auch nach unserer Ankunft hier geschafft haben, Cid zu finden... mit Rikkus sechsten Sinn, den du auch Glück nennen kannst..."

Rikku warf ihm einen bösen Blick zu, kam allerdings nicht zu einem Kommentar.

"Leute... Hier seid ihr! Ich hab euch Ewigkeiten gesucht!"

"Hallo Brüderchen!", begrüßte Rikku den Ankommenden recht trocken: "Was gibt's?"

"Es ist mal wieder ein Sandsturm aufgezogen... ein ziemlich heftiger. Sie haben schon alle Schotten dicht gemacht. Wir hängen hier vorerst fest, bis er vorbei ist!"

Zustimmendes Nicken von allen Seiten.

Rikku hatte auch nichts dagegen noch etwas länger hier zu bleiben. Schließlich würden sie so oder so einige Zeit brauchen, um Corax zu finden und außerdem war sie gerne hier.

Während sie ihren leicht erschöpften Bruder ansah, fiel ihr noch etwas ein.

"Du, Brüderchen... Da du uns jetzt ja verantwortungsvoll von der momentanen Lage in Kenntnis gesetzt hast... wärst du vielleicht so nett uns zurück zum Zentralgebäude zu führen?"

Brüderchen gab einen irritierten Blick zurück:

"Wisst ihr den Weg denn nicht?"

Allgemeines Kopfschütteln.

"..."

"Gut, überlasst das mir! Ich schaukle den Chocobo schon... irgendwie!", meinte Rikku und setzte sich an die Spitze der augenrollenden und zweifelnden Truppe.

Das Gesicht eng an die Mauerkante gedrückt beobachtete Corax, wie Rikku in die vom Hauptgebäude entgegengesetzte Richtung voranmaschierte und die anderen ihr folgten...
 

°°°
 

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Hier endet Kapitel drei. Ich hoffe, dass sich aus eurer Sicht das Warten gelohnt hat und würde mich wie üblich über positive wie negative Kritik freuen.

Für alle An-Al Bheds, die schlauer als Leylis sein wollen, folgt auch dieses Mal eine Übersetzung der Al Bhed Stellen, die in diesem Kapitel alle auf der Seite sieben zu finden sind:
 

"Tyc ecd aeh gucdpynac Cdialg! Elr janmyhka sarn!" -

"Das ist ein kostbares Stück! Ich verlange mehr!"
 

"Furan rycd ti Faeccac Sedrnem?!" -

"Woher hast du Weißes Mithril?!"
 

"Elr fiecc kyn helrdc! Elr rypa tea Fyna clruh cu pagussah!" -

"Ich weiß gar nichts! Ich habe die Ware schon so bekommen!"
 

"Furan?!" - "Woher?!"
 

"Gippel, tyc pnehkd helrdc! An fiuecc ac helrd! Mycc erh muc!" -

"Gippel, das bringt nichts! Er weiß es nicht! Lass ihn los!"
 

"Elr rypa clruh juh tas Faeccac Sedrnem karuand, ypan elr gyhh ailr fengmelr helrdc faedan tywi cykah... ypan tan Hysa taczahekah, tan sen tea Fyna kyp, ecd Corax!" -

"Ich habe schon von dem Weißen Mithril gehört, aber ich kann euch wirklich nichts weiter dazu sagen... aber der Name desjenigen, der mir die Ware gab, ist Corax!"
 

"Tyhga iht ahdclrimtekihk..." - "Danke und entschuldigung..."
 

Das war's soweit von mir.^^

Bis zum nächsten Kapitel: "Melody of Heart"

LG
 

Leylis

Melody Of Heart

Kapitel IV: Melody Of Heart
 

Obwohl es helllichter Tag war, umgab Corax bald nicht viel mehr als ein schwacher Schimmer Tageslicht, der die Treppe hinunterfiel. Stufe für Stufe kam er seinem Ziel näher, bedacht darauf, nur keinen unnötigen Lärm zu verursachen. Vor einer Tür blieb er schließlich stehen. Er atmete einmal tief durch und öffnete sie lautlos.

"Corax!"

Bevor er auch noch irgendetwas anderes tun konnte umklammerte ihn ein kleines Wesen etwa auf Bauchhöhe.

"Wo warst du? Yurina ist sauer."

Seufzend befreite Corax sich aus der Umarmung eines in dem nun vom Innern her dämmernden Licht erkennbaren Mädchens, das eine Art rotes Kleid mit einer braunen Hose darunter trug. Sie hatte strohblonde Haare, ein Hinweis darauf, dass sie eine Al Bhed war, und trug diese zu zwei kleinen Zöpfchen nach hinten weggebunden.

"Hast du ihr etwa gesagt, dass ich weggegangen bin, Gienne?"

"Nein! Ganz bestimmt nicht... Aber du warst so lange weg, da hat sie irgendwann angefangen alles durchzusuchen..."

Den Rest konnte sich Corax schon denken. Nach einiger Zeit war sie dann sicherlich zu dem Schluss gekommen, dass er sich nicht da befand, wo er eigentlich hätte sein sollen und das war alles andere als gut! Eigentlich war er aber dankbar dafür, dass sie nicht einfach Gienne fragte, wo er war. Das kleine Mädchen spürte seltsamerweise immer, wenn er sich in dessen Nähe befand. Wie einer der Metalldetektoren, mit denen jetzt große Teile der Wüste abgesucht wurden, um Gegenstände zu finden.

"Hab ich irgendetwas falsch gemacht?"

Mit ihren großen grünen Augen und deren spiralförmigen Pupillen sah Gienne ihn bedrückt an.

"Nein, natürlich nicht! Ich spiele nachher noch mit dir, ja?"

Die etwas traurige Miene des Mädchens hellte sich schlagartig auf und mit einem freudigen Nicken verschwand sie hinter einer Tür weiter im Inneren.

Corax durchschritt ebenfalls den ziemlich karg eingerichteten Raum und stand kurze Zeit später vor einer anderen Tür. Nach einem weiteren Seufzer öffnete er ruckartig die Tür und ging gleich darauf hinter einem Küchenschrank in Deckung. Keine Sekunde zu spät, denn schon flog eine kleine grün-graue Kugel aus der offenen Tür heraus.

"Wo zum Teufel bist du gewesen?

Corax riskierte einen Blick über die Schrankkante und erhaschte einen Blick auf eine hübsche, ziemlich wütende junge Frau in einem beigen, leicht verzierten Kleid mit flammend roten zu einem Zopf zusammengefassten Haar und tief blauen Augen.

"Yurina, ich hatte nicht geplant, so lange..."

Weiter kam er mit seiner Entschuldigung nicht, da er erneut gezwungen war, auf Tauchstation zu gehen. Eine zweite Kugel flog flach über den Schrank hinweg und hinterließ einen kleinen Riss in der Mauer hinter ihm.

"Du solltest heute überhaupt nicht rausgehen! Du hattest es mir versprochen! Es fällt zu sehr auf, wenn du so oft in der Stadt bist. Verstehst du das denn nicht? Was soll ich denn machen, wenn sie dich schnappen?!"

Es folgten noch einige weitere Kugeln, die zum Teil vom Schrank selbst oder ansonsten von der Wand dahinter aufgehalten wurden. Nachdem er sich einigermaßen sicher war, dass Yurina entweder die Kraft, die Lust oder die Munition ausgegangen war, um ihn noch weiter zu attackieren, kam er langsam hinter seiner schützenden Mauer hervor und ging auf sie zu.

"Ich weiß genauso gut wie du, dass es gefährlich war, an drei Tagen nacheinander in die Stadt zu gehen, erst recht, nachdem ich gestern diesem Mädchen begegnet bin, aber genau sie war der Grund weshalb ich gegangen bin..."

Corax vergewisserte sich kurz, ob Yurina wieder im Begriff war, irgendetwas zu werfen und fuhr fort, nachdem er sich vom Gegenteil überzeugt hatte:

"Ich habe von einem unserer Leute in der Stadt gehört, dass eben dieses Mädchen durch die Stadt spaziert und die Marktstände absucht. Ich bin ein wenig unruhig geworden, wegen des Händlers, an den wir diese Ohrringe weitergeliefert haben. Schließlich war ich mir nicht sicher, wieviel er von uns weiß. Was das angeht, können wir allerdings beruhigt sein, da er nur meinen Namen kannte. Allerdings macht mir dieses Mädchen Sorgen... Sie war mit Gippel und Cids Leuten unterwegs. Also hat sie Kontakt zur obersten Stelle. Das ist alles andere als ungefährlich. Sie suchen mich!"

Yurina hatte sich anscheinend wieder beruhigt. Sie wirkte zwar nicht glücklich, aber schließlich brachte er ihr auch keine guten Nachrichten. Ruhig und ernsthaft sah sie ihn an. Das war das Gute an ihr: Sie hörte einem zu und verstand, was man ihr sagen wollte. Obwohl diese Eigenschaft im krassen Gegensatz zu ihrer Vorliebe, mit Gegenständen um sich zu schmeißen stand - Corax wunderte sich, dass die Mauern immer noch hielten - waren doch beide typisch für sie.

"Ich weiß genau, was du jetzt vorhast, Corax und ich bin dagegen! Bleib hier!"

Das war das Problem an Yurina, sie verstand einen zu gut...

"Bitte versteh doch, sie suchen mich! Ihr habt damit nichts zu tun! Noch nicht... solange nicht, wie sie keine Verbindung zu euch sehen. Und ich werde nicht hier bleiben und darauf warten, dass das passiert. Außerdem muss ich wissen, was sie herausgefunden haben. Es läuft alles auf das Gleiche hinaus: Ich kann nicht bleiben!"

"Aber... du lieferst dich ihnen aus... wir brauchen dich!"

Corax schüttelte den Kopf:

"Ich gehe morgen und komme nur wieder, wenn absolut keine Gefahr besteht oder sich die ganze Sache geklärt hat!"

"..."

Yurina richtete ihren Blick zu Boden, dann wieder auf Corax und schien noch etwas sagen zu wollen, doch da kam Gienne zur Tür herein.

"Corax, wollen wir jetzt spielen?"

"Sicher!", sagte dieser und wandte sich lächelnd zu dem Mädchen, " Wir bauen jetzt einen kleinen Roboter, der fliegen kann, in Ordnung?"

Corax ging mit der begeisterten Gienne in Richtung ihres Zimmers, während er Yurinas traurigen Blick noch im Rücken spürte.
 

***
 

"Nein! Du wirst es nicht schaffen! Du hast keine Chance, solange du entgegen deines Wunsches handelst!"

Yuna kannte die Stimme, die da sprach, aber sie verstand nicht, was sie ihr sagen wollte. Oder war der Ruf gar nicht an sie gerichtet, sondern an jemand anders. Sie blickte nach vorne und sah zwei Personen in einigem Abstand zueinander stehen. Eine tanzte, eine saß auf dem Boden. Illumina umgaben beide.

"Besuchst du uns auch mal wieder?"

Yuna drehte sich in Richtung der Stimme. Ein kleiner Junge mit Kapuze, den sie vor zwei Jahren zuletzt gesehen hatte, blickte sie direkt an.

"Bahamut..."

"Yuna? Ist alles in Ordnung?"

Sie sah Tidus an, der noch immer neben ihrem Bett saß. Ob er wohl die ganze Zeit über da geblieben war?

"Wie lange habe ich geschlafen?", fragte Yuna, während sie sich im Liegen streckte. Es ging ihr um einiges besser, als vor dem Schlafen, auch wenn ihr Traum sie ein wenig beschäftigte.

"Nicht sehr lange und jetzt siehst du ziemlich blass aus."

"Es geht mir gut, ich habe nur... geträumt."

Es kam ihr nicht bloß wie ein Traum vor. Bahamut hatte mit ihr gesprochen und zwar in einer Traumwelt, in der die beiden Frauen gewesen waren, die sie auch schon vorher während des Schlafens gesehen hatte. Auch wenn diese beiden "nur" zum Traumgeschehen gehört hatten, waren sie sicher nicht bedeutungslos, denn wie unwichtig konnte schon ein Traum sein, den sie inzwischen immerhin dreimal mit leichten Entwicklungen gehabt hatte? Zudem hatte sie das Gefühl als sei das Gespräch mit dem kleinen Jungen real gewesen. Tidus hatte damals schließlich auch tatsächlich mit ihm geredet, während er bewusstlos gewesen war.

"Was hast du geträumt?"

Tidus betrachtete sie skeptisch. Offenbar spürte er, dass der Traum sie beschäftigte.

"Bahamut kam darin vor... Und eine Szene, die ich schon mal gesehen habe... Ich weiß nur nicht, was das alles bedeutet und ob es überhaupt eine Bedeutung hat.", gab Yuna als Erklärung von sich.

"Tidus! Du solltest mich doch holen, wenn sie wieder wach ist!"

Lulu kam durch die Tür herein und brachte gleich eine ganze Kanne mit ihrem Gizarblättertee mit. Yuna verzog das Gesicht. Sie hasste diesen Tee inzwischen. Lulu hatte schon bevor sie sich zum Schlafen hingelegt hatte, offenbar das Bestreben gehabt, ihr pro Stunde etwa 30 Tassen davon einzuflößen. Angesichts der Tatsache, das er wirklich grausig schmeckte, war Yuna froh, dass es ihr noch nicht gelungen war und hoffte, dass ihre Erkältung nicht so lange anhalten würde. Sie hatte es zwar auch schon andersherum probiert und Lulu erzählt, dass ihr Tee nicht helfe, was nicht stimmte, denn ihr Husten war deutlich besser geworden, allerdings war Lulu daraufhin nur kurz verschwunden und dann mit einer Kanne neuen Tees zurückgekommen, der es tatsächlich fertig gebracht hatte, noch furchtbarer zu schmecken, als der vorherige.

"Gute Besserung!", wünschte Tidus und reichte seiner Frau die Teetasse.

Yuna sah ihn vielsagend an und nahm einen Schluck. Sie stellte erneut fest, dass sie den Tee nicht umsonst hasste.

"Wohin sind eigentlich Rikku und die anderen verschwunden? Dass sie Leylis mitgenommen hatten, sagtest du ja, aber wohin genau?"

Tidus sah sie nachdenklich an:

"Ich glaube sie wollten nach Raes Cuhha, um Cid zu besuchen und Leylis die Stadt zu zeigen."

"Raes Cuhha... Da müssen wir demnächst auch noch mal hin! Schließlich hatte sie bei unserem letzten Besuch noch keinen Namen und die Bauarbeiten waren auch noch nicht ganz fertig gestellt."

Tidus nickte zustimmend:

"Aber das machen wir erst, sobald deine Erkältung vollkommen vorüber ist. Sonst bekommst du in der Wüste vielleicht sogar noch Fieber!"

Yuna seufzte leicht.

"Jawohl... Sofern Lulu und du mich irgendwann wieder für gesund halten... Wäre schließlich nicht das erste Mal, dass ihr mich noch Wochen nach einer Erkältung schonen wollt! ... Apropos Lulu! Was ist denn mit ihr los? Sonst kam sie doch immer im Zweiminutentakt hier reingelaufen, um neuen Tee vorbeizubringen..."

Tidus zuckte ratlos mit den Schultern. Er stand auf und ging Richtung Ausgang des Hauses, wohl um einen suchenden Blick hinauszuwerfen, als Lulu hereinkam.

"Ist etwas passiert?", wurde sie von Yuna empfangen.

Lulu richtete ihren ruhigen, immer etwas kühlen Blick auf sie.

"Eigentlich nicht... Wakka ist nur mal wieder weg. Er wollte nur einen kleinen Spaziergang machen und gleich zurückkommen. Wahrscheinlich hat er am Strand die Zeit vergessen... Vidiny fragt auch schon nach ihm. Wieso kann er nicht einmal pünktlich sein?!"

"Such doch nach ihm!", schlug Yuna vor, "Vielleicht ist er wieder irgendwo eingeschlafen. Mir gehts schon viel besser und wir kommen hier auch allein klar!"

Sie zögerte einen Augenblick, dann sagte Lulu jedoch: "In Ordnung. Ist wohl besser, wenn ich ihn nach Hause hole, schließlich braucht Vidiny seinen Vater... aber bitte übernimm dich nicht, Yuna!"

Sie nickte Lulu zu und grinste, als diese hinausgegangen war. Sie machte sich Sorgen um Wakka und da sie es nicht zugeben würde, benutzte sie Ausreden...

Aber irgendwo war Lulu zu beneiden. Sie blieb nach außen hin völlig ruhig, egal wie beunruhigt sie auch war. Falls Yuna sie nicht so lange kennen würde, hätte sie ihr ihre Show wahrscheinlich sogar abgenommen. Wenn sie allerdings mal sich selber betrachtete, so musste sie eingestehen, dass sie nach außen hin bestimmt wie ein offenes Buch war, dem man ihre Gedanken jederzeit entnehmen konnte...

"Worüber denkst du nach?"

Yuna sah den fragenden Tidus an und musste prommt loslachen. Vielleicht war zumindest ein Teil ihrer Gedanken einfach so verdreht, dass man sie nicht nachvollziehen konnte, egal wie offen sie lagen.
 

***
 

"Was... ist das denn?"

Leylis betrachtete mehr als nur skeptisch eine Art grüngrauen, dickflüssigen Brei, der wohl ihr Mittagessen darstellen sollte. Dafür war es inzwischen auch höchste Zeit gewesen, denn es hatte noch eine Weile gedauert, bis sie endlich wieder alle im Hauptgebäude Raes Cuhhas angekommen waren. Rikku hatte sie nämlich noch durch die halbe Stadt geführt, bis sie endlich auf dem richtigen Weg gelandet waren und dank ihrer Verspätung dieses Mal ohne Cid aßen.

Rikku sah sie erstaunt an.

"Kaktusmus, was sonst? Hast du das etwa noch nie gegessen? Schmeckt wirklich lecker, auch wenn es nicht danach aussieht!"

Leylis riss sich zusammen. Es war sonst auch nicht ihre Art, etwas nach dem äußeren Anschein zu beurteilen. Vorsichtig nahm sie einen Teil der Masse auf ihren Löffel und probierte... Es schmeckte wirklich nicht übel. Ein bisschen bitter vielleicht, aber gleichzeitig auch wieder fruchtig.

"Ist echt nicht übel", teilte sie Rikku mit, "Erntet ihr die Kakteen dafür in der Wüste?"

"Nein, sonst wären nach kurzer Zeit keine mehr übrig. Wir züchten sie hier in der Stadt. Die Setzlinge, die wir verwenden, stammen aber schon aus der Wüste, aber wir machen einen Bogen um alle Kaktoren. Wir haben uns schließlich mit deren Anführerin im Tal der Kaktoren verbündet." Während sich Leylis fragte, was zum Teufel wohl ein Kaktor sei, bestellte Rikku beim Küchenchef für sich noch einen Nachschlag, über den sie sich dann kurz darauf hermachte.

"Du solltest dir vielleicht mal ein paar Tischmanieren zulegen, saeha meapa Rikku. Es ist nicht unbedingt eine schöne Erfahrung, dir beim Essen zuzusehen..."

Rikku blickte Gippel ruhig an. Leylis ahnte, dass sie etwas entgegnen wollte, aber dies wohl erst mit leerem Mund vorhatte und nutzte die Zeit, um Brüderchen anzutippen:

"Was heißt -saeha meapa-?"

Brüderchen grinste sie an: "-meine liebe- Diese Umgangsfloskel benutzt Gippel mit Vorliebe, um Rikku auf die Palme zu bringen."

Diese war offensichtlich wieder im Stande, zu sprechen und setzte sich prommt zur Wehr:

"Das musst du gerade sagen! Mein Essen landet immerhin da, wo es hin soll..."

Leylis folgte Rikkus schadenfrohem Blick und begriff, was sie gemeint hatte. Gippel schlang sein Essen zwar nicht so hinunter, wie Rikku, allerdings hatte er es geschafft, alles, was sich in der Nähe seines Tellers befand, mit einer ebenmäßigen grünen Schicht zu bedecken, in der hin und wieder Klümpchen zu sehen waren.

Die Folge von Rikkus Kommentar war, das die Beiden anschließend ein Blickduell starteten, an dem Brüderchen und Kumpelchen sich sofort mittels Wetteinsätzen beteiligten. Sie kamen allerdings nicht mehr dazu, einen Gewinner festzustellen, denn in dem Moment kam ein ziemlich aufgeregter Al Bhed in den Raum gestürzt.

"Tan Cyhtcdins ecd wi cdyng! Tea Yhmyka ryamd helrd sarn myhka!"

Das gesamte Möwenpack ließ sofort alles stehen und liegen und rannte Richtung Tür. Leylis war kurz nach ihm aufgesprungen und hatte es nun schon wieder eingeholt. Sie hatte -mal wieder- keine Ahnung, was eigentlich los war, aber anhand der Aufruhe ließ sich problemlos feststellen, dass es etwas Schwerwiegendes sein musste.

Kurze Zeit später waren sie aus dem Gebäude raus. Leylis erkannte sofort, worin das Problem bestand. Der Himmel hatte sich verdunkelt und das obwohl es erst Nachmittag war. Ursache dessen schienen nicht etwa Wolken zu sein, die die Sonne bedeckten, es war Sand! Überall in der Luft war Sand und durch ihn schimmerte das Licht nur spärlich hindurch.

Bemerkenswert war, wie Leylis schnell feststellte, allerdings, dass kein Sand in die Stadt drang. Nach einigem Starren in den Himmel wurde ihr auch klar, wieso. Raes Cuhha schien von einem Schutzschild umgeben zu sein, der sie vor Schaden bewahrte. Im Moment zumindest, denn er flackerte beachtlich.

Leylis folgte den anderen, die inzwischen weiterrannten, zu einer Art Lift, mit dem sie schnell ganz nach unten kamen. Sie drängelten sich durch etliche Leute durch, die auf der Straße standen, bis sie endlich dort angekommen waren, wo sie wohl hin wollten. Hier standen auch Cid und einige seiner Leute. Leylis blickte nach vorne. Sie befanden sich vor dem gewaltigen Südtor.

"Dieses Tor war schon beim letzten Mal die Schwachstelle der Sandsturmschutzanlage. Im Moment helfen uns die Kaktoren. Ohne sie, wären wir sicherlich in noch viel größeren Schwierigkeiten...", erklärte Rikku.

"Und was genau werden wir jetzt tun?"

Leylis fragte sich ernsthaft, wie eine kleine Truppe von Freiwilligen einen Sandsturm aufhalten sollte, denn irgendwie beschlich sie der Verdacht, dass sie genau deswegen hier war.

"Das ist bestimmt kein natürlicher Sandsturm!", meinte Gippel.

Leylis verstand noch weniger und richtete einen hilflosen Blick an Rikku.

"Er meint, dass der Sandsturm von einem Monster verursacht worden sein könnte."

Immer noch nicht vollkommen zufrieden gestellt, hatte Leylis allerdings keine Gelegenheit mehr weiter auf die Sache einzugehen, da Cid in dem Moment das Kommando zum Öffnen des Tores gab. Ein dröhnender Lärm wies unmissverständlich darauf hin, dass seine Leute ihre Aufgabe erfüllten. Leylis hielt ihren Blick starr nach vorne gerichtet. Wer wusste schon, was sie hinter den Toren erwartete...

Als sie dann aber endlich freie Sicht hatte, bot sich ihr ein Anblick, mit dem sie trotz allem überhaupt nicht gerechnet hatte. Vor ihr krabbelten etliche blaugrüne, eidechsenähnliche, etwa einen Meter große Viecher herum. Hinter ihnen erstreckte sich ein Schutzschild, der allerdings nicht von Raes Cuhha auszugehen schien.

"Tornadoechsen!", erklärte Gippel die Situation.

"Ist ja wirklich toll", meinte Leylis, "und wie kämpft man gegen die?"

Rikkus Augen leuchteten auf.

"Richtig! Wir haben ja eine Magiekundige mit uns! Wende mal Eiszauber auf sie an. Die Biester haben zwar die Fähigkeit, einen Sturm heraufzubeschwören, aber eigentlich sind sie ganz normale Wüstenwesen und gehören wie die meisten dieser Art zum Feuerelement."

Gut, mit der Aussage konnte Leylis etwas anfangen, allerdings zögerte sie, die Wesen vor ihr auch tatsächlich anzugreifen. Immerhin sahen sie gar nicht so böswillig aus.

"Runter!", rief Cid auf ein Mal.

Sie konnte sich gerade noch auf den Sand fallen lassen, als ein Feuerzauber wie eine riesige Flutwelle über sie hinwegzog.

Ok, die Echsen waren definitiv sehr böswillig! Hätten wir das auch geklärt, dachte Leylis und rappelte sich wieder auf. Direkt vor ihr lag eines der Monster auf der Lauer und starrte sie mit roten Augen an. Sie ließ ihre rechte Hand in einer gleitenden Bewegung nach hinten schweben und konzentrierte sich.

"Eis!"

Leylis Hand flog wieder nach vorne und mit ihr ein spitzer Eiszapfen, der ihren Feind traf. Kurz darauf verschwand dieser und einige Illumina schwebten davon.

Wow, das war einfacher gewesen, als sie gedacht hatte. Eifrig machte Leylis sich daran, auch die nächste Echse ins Jenseits zu befördern.

Ein Seitenblick auf ihre Mitstreiter verriet Leylis, das momentan niemand Hilfe benötigte. Die Monster wurden immer weniger und mit ihrer Anzahl nahm auch die Stärke des Sandsturmes ab. Als sie endlich alle herumkrabbelnden Viecher besiegt hatten, trieb der Sturm nur noch leicht vor sich hin.

"Und was nun?", fragte Gippel, "Teatime?"

Rikku schüttelte nur mit dem Kopf, Kumpelchen ebenso, wenn auch sicherlich aus einem anderen Grund. Leylis blickte erneut in Richtung der Wüste. Der Sandsturm war vollständig verschwunden, doch dafür stand dort jetzt eine riesige, rote Echse, die offenbar ziemlich sauer war. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass die Truppe aus Raes Cuhha wahrscheinlich gerade ihre Untertanen getötet hatten...

"Königssturmechse!", rief Brüderchen.

"Wirklich sehr aufschlussreich, diese Erklärung...", meinte Gippel.

"Du warst vorhin auch nicht hilfreicher!", verteidigte Rikku ihn.

Kumpelchen stöhnte und stellte sich refelexmäßig zwischen die beiden:

"Verschiebt eure Streitigkeiten auf später! Wir haben Wichtigeres zu tun!"

Leylis gab ihm im Stillen Recht, denn die Echse begann seltsam zu leuchten. Was nun wohl kam...

Sie beobachtete ihren Gegner genau. Jetzt öffnete er sein Maul... Moment mal, wenn dieses Viech wirklich nur eine große Variante der Vorgänger war, dann...

"Vorsicht!", rief sie.
 

***
 

Rikku robbte auf dem Bauch unter einer Feuerwelle zu Gippel hinüber, der anders als sie selbst nicht sofort auf Leylis Warnruf reagiert hatte.

"Alles ok?"

"Blöde Frage... eine Sekunde länger und ich wäre dunkler gewesen als dein letzter Gebutstagskuchen für Brüderchen!"

"Schon gut, ich frag dich nie wieder!"

Rikku hasste es, dass er immer noch darauf herumritt, dass sie sich vor über einem Monat mit ihren spärlichen Backkünsten blamiert hatte. Warum sollte man in der Wüste auch backen lernen? Hier gab's doch sowieso nur Kakteen und mit denen konnte sie auch umgehen... Warum zum Teufel machte sie sich überhaupt Gedanken darum? Sie krabbelte unter dem feurigen Atem einer Tornadoechse umher, weil sie sich um einen Trottel, der jetzt an Kuchen dachte, Sorgen gemacht hatte... und jetzt ließ sie sich auch noch von ihm ärgern! Irgendetwas war da definitiv nicht richtig...

Rikku kniff die Augen zusammen und versuchte, zwischen Sand und Rauch irgendjemand neben Gippel auszumachen. Vielleicht entdeckte sie ja Leylis. Die könnte dann mithilfe von Eismagie dafür sorgen, dass sie sich nicht länger eben über dem Boden fortbewegen mussten...

Während Rikku noch darüber nachdachte, ging dem Monster offensichtlich der Atem aus, die Hitze ebbte ab. Vorsichtig richtete sie sich auf und schaute sich um. Sie erblickte einen Kaktus, der sich genau vor ihr befand. Als sie sich umdrehte, um auch die anderen Richtungen abzusuchen, kniff Rikku schlagartig die Augen zusammen. Es war wohl Sand hineingeweht und sie waren so gereizt, dass sie sie nicht wieder öffnen konnte.

"Rikku?"

Das war Gippels Stimme. Rikku dachte gar nicht daran zu antworten. Er würde sie sowieso nur wieder auslachen, weil sie, jemand der die Wüste als sein Zuhause bezeichnete, Sand in die Augen bekommen hatte...

Sie versuchte, mithilfe ihrer Hände, wieder freie Sicht zu erlangen, doch es wollte ihr irgendwie nicht gelingen.

"Rikku!"

Schon wieder... Inzwischen musste er sie doch längst gesehen haben, warum kam er dann nicht einfach her? Ob er wohl auch Schwierigkeiten mit Sand hatte? Noch bevor Rikku ihren Gedanken zuende führen konnte, wurde sie von irgendetwas Hartem gerammt und auf den Boden geschleudert.

"Was zum..?"

Ein wenig blinzelnd, stellte Rikku erstens fest, dass sie wieder alles erkennen konnte und zweitens, dass die Ursache dessen, dass sie nun schon wieder auf dem Boden lag, keinesfalls das Monster war, wie sie anfangs vermutet hatte, sondern Gippel, der nun nicht allzuweit entfernt hockte und sie mit einem undefinierbarem Ausdruck anblickte.

"Was zum Teufel hast du dir dabei denn gedacht?! Ich lag doch nun wirklich schon lang genug auf dem Boden!"

Gippel grinste leicht, sagte aber nichts, sondern stellte sich vor der immer noch auf dem Boden liegenden Rikku auf. Kurz darauf wurde ihr auch klar wieso, denn die Königssturmechse schien nun wohl Rache für ihre Gefährten üben zu wollen und kam fauchend in ihre Richtung...

Moment mal! Die Echsen hießen nicht umsonst Tornado- und Sturmechsen. Der Grund für ihre Namen war, dass sie neben ihrem Hauptelement, Feuer, auch noch Windmagie beherrschten. Was wenn dieses Viech mit ein wenig Wind den Sand aufgewirbelt hatte, damit sie nichts mehr hatte sehen können...

Ruckartig dreht sich Rikku um. In etwa zwei Meter Entfernung standen die Überreste eines ziemlich mitgenommenen Kaktus. Er war verbrannt worden. Rikku erkannte ihn wieder, es war der Kaktus, den sie kurz zuvor angeschaut hatte, nachdem die Echse aufgehört hatte, Feuer zu spucken.

Eben jene Echse stürzte sich nun auf Gippel. Dieser wich geschickt zur Seite aus und schlug mit seinem merkwürdigen, selbst zusammengebastelten Stab auf den Kopf des Monsters.

Deutlich unzufrieden holte das rote Ungetüm zum Schlag aus, den Gippel wiederum mit seinem Stab abfing.

Rikku richtete sich wieder auf. Wenn sie mit ihrer Vermutung richtig lag, dann hatte Gippel sie vermutlich gerettet... aber warum hatte er dann so blöd gegrinst? Das ansich war ja nicht wirklich untypisch, nur wunderte sie sich darüber, dass er keinen doofen Spruch zum besten gegeben hatte...

Ein fürchterliches Fauchen riss Rikku aus ihren Gedanken. Die Echse hatte Gippels Stab zu Boden gedrückt und daraufhin war Gippel wohl kurzentschlossen auf die Kralle des Ungetüms gesprungen.

Die zog das Monster jetzt jedoch weg, so dass er auf dem Boden landete, aber immerhin wieder zu seiner Waffe kam.

Rikku rannte in Richtung des Kampfes. Es sah aus, als könne Gippel jetzt doch ein wenig Hilfe gebrauchen, denn die Echse machte sich bereit, ihre Kralle in ihm zu versenken. Dumm war nur, dass sich die beiden inzwischen ein ganzes Stück von Rikku entfernt hatten und sie im Sand nicht so schnell vorankam, wie sie es gerne würde.

Gippel rollte sich zur Seite und die Kralle des Monsters traf nur den Wüstenboden. Inzwischen hatte er sich wieder in Kampfposition gestellt, doch irgendwas schien nicht zu stimmen. Er ließ seine Waffe eben über dem Boden hängen.

Ob sie ihm plötzlich zu schwer war? Blödsinn, dachte Rikku, er konnte mit noch viel schwereren Dingen umgehen...

Die Königssturmechse schnappte mit ihrem Maul und riss Gippel den Stock aus der Hand. Er landete in einiger Entfernung auf dem Boden. Gippel verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten weg.

Währendessen fing das Monster erneut an, zu glühen. Nun bemerkte Rikku, dass Gippels Hemd an seiner rechten Schulter einige schwarz umrandete Löcher aufwies. Die Haut, die darunter zum Vorschein kam, war seltsam gerötet, so als ob sie verbrannt worden wäre...

Erst jetzt verstand sie, was vorhin eigentlich wirklich passiert war. Die Echse machte sich bereit, eine neue Flammenwelle auszuspeien und zwar genau in Gippels Richtung.

Rikku rannte immer noch durch den Sand.

Das rotgeschuppte Monster öffnete langsam sein Maul. Gippel schien nicht in der Lage zu sein, ausweichen zu können...

"Du Vollidiot!", schrie Rikku, als eine erneute Hitzewelle sich über die Wüste ergoss.
 

***
 

Ich und meine große Klappe, dachte Wakka. Kaum war er davon ausgegangen, dass er sich in der denkbar schlimmsten Lage befand, fingen die Monstertausendfüßler an, merkwürdig zu quietschen und kurz darauf breiteten sich einzelne Feuerspuren auf dem Boden aus. Wahrscheinlich bereiteten sich die Viecher gerade darauf vor, einen kollektiven Feuerzauber zu bewirken und Wakka musste nicht lange raten, gegen wen der wohl gerichtet war...

Jetzt stellte sich allerdings die Frage, wie er hier wieder weg kam. Schließlich lauerten die Monster von allen Seiten und er hatte immer noch keine Waffe. Wakka hob einen Stein vom Boden auf und warf ihn in Richtung des größten Tausendfüßlers, den er sehen konnte... ohne Erfolg. Das Krabbeltierchen war überraschend flink zur Seite ausgewichen. Aus der Ferne ertönte ein leichtes Platschen.

Richtig! Kurz vor der Halle befand sich ja ein Fluss, der sogar in einen See mündete. In den war der Stein wohl hineingefallen...

Diese Monster mochten kein Eis... dann war ja wohl anzunehmen, dass sie auch kein Wasser mochten. Wenn er es also bis zum Fluss schaffen würde, hätte er immerhin eine Chance, zu entkommen. Das Problem war nur, dass die inzwischen fast kreischenden Biester den Ausgang blockiert hatten.

Als diese ein paar Sekunden später begannen, rötlich zu glühen, beschloss Wakka, dass ihm schlichtweg die Zeit fehlte, um sich einen geeigneten Plan auszudenken.

"Eis!", rief er und richtete den Zauber auf die Monster vor dem Durchgang.

Mit einer Schwarzmagierin verheiratet zu sein, hatte doch einige Auswirkungen. Lulu hatte versucht, ihm einige grundlegende Zauber beizubringen und war dabei nach etlichen Versuchen gescheitert. Allerdings brachte er zumindest einige kleine Eiskristalle zustande, was genügte, um die Monster zu erschrecken. Sie wichen kurzzeitig zurück und Wakka stürmte aus der Halle hinaus in die Richtung, in der er den Fluss vermutete. Da es nun in der gesammten Höhle wieder stockfinster war, blieb es bei einer Vermutung und er rannte in der Hoffnung das Wasser möglichst schnell zu finden durch den Gang, denn hinter ihm gab es ein riesiges Getümmel von Monster, die ihre Beute wohl nicht entkommen lassen wollten.

Wakka lief, so schnell er konnte, bis er über etwas stolperte. Es dauerte einige Zeit, bis ihm klar wurde, das er über seinen Blitzball gefallen war. Höchst erfreut nahm er ihn wieder an sich und stellte dann fest, dass sich vor ihm nahezu eine Mauer aus Tausendfüßlern aufgebaut hatte. Wakka trat ein paar Schritte zurück und fiel dann schon wieder um, weil der Fußboden hinter ihm aufhörte. Wasser spritze zu allen Seiten hinweg, als er in dem kleinen Fluss landete. Tief war er nicht. Wakka musste hindurchwaten. Während er das tat, begleiteten ihn von der Seite böswillige Augenpaare.

"Haha! Na, was macht ihr jetzt, ihr wasserscheuen Biester?"

Wie zur Antwort raste ein Feuerball genau in Wakka Richtung. Dieser brachte sich dadurch in Sicherheit, dass er sich in den Fluss fallen ließ. Bevor noch mehr dieser aggressiven Viecher auf die Idee kommen konnten, ihn als Zielscheibe zu nutzen, rannte Wakka weiter durch den Fluss, bis er an dem See ankam, in dem ihm schon bei seiner Hintour ein leichtes Glühen aufgefallen war...

Die Tausendfüßler waren ihm gefolgt und reihten sich jetzt am Rand des Sees auf, blieben jedoch in sicherer Entfernung zum Wasser. Seelenruhig schwamm Wakka durchs Wasser. Immerhin hatte er jetzt genügend Zeit, um sich einen Plan zu überlegen.

Plötzlich begannen die Monster wieder zu quietschen.

Das darf doch wohl nicht war sein! Vielleicht sollte ich einfach aufhören, zu denken...

Wakka wusste noch sehr genau, wie die Viecher vorhin geglüht hatten. Wenn sie hier mit einem ähnlich starkem Feuerzauber loslegten, würde er sich, selbst wenn er an die äußerste Kante des Sees schwamm, nicht in Sicherheit bringen können...

Einen Moment mal... hier war das Wasser offentsichtlich tiefer...

Bevor Wakka zum Ende seines Gedankens kam, glühten die Monster auf ein Mal lichterloh und bewirkten eine Feuerwelle, die begann, sich über den See zu legen.

Wakka tauchte ab. Er schwamm in Richtung des Leuchtens und stellte fest, dass es irgendwie vom Boden auszugehen schien. Durch das weißliche Licht fiel ihm ein Gang auf, der unter Wasser in den See mündete. Ein kurzer Blick nach oben sagte Wakka, dass die Tausendfüßler offensichtlich noch nicht mit ihrem Zauber fertig waren, denn ein orangeroter Schein lag auf dem obrigem Teil des Gewässers.

Kurzentschlossen tauchte Wakka durch den Tunnel. Nach einiger Zeit befand sich in ihm ein Luftloch, so dass Wakka kurz auftauchen konnte. Als er kurz darauf wieder unter Wasser weiterschwamm, bemerkte er, dass sich auf dem Boden des Unterwasserganges immer mehr der leuchtenden Stellen befanden...

Wakka schwamm jetzt schneller. Inzwischen zog sich das leuchtende Material wie in verzweigten Fäden durch den Tunnel. Dann kam wieder eine Stelle, an der er auftauchen konnte. Als er eben dies tat, fand er sich in einer kleinen Unterwasserhöhle wieder. Sie war von weißem Licht erleuchtet. Das Netzwerk der hellen Fäden verlief aus dem Wasser hinaus und endete auf dem Steinboden der Höhle in kristallähnlichen Gebilden. Es sah wunderschön aus.

Wakka wollte an den Rand des Flusses schwimmen und sich noch etwas länger an dem prächtigen Anblick erfreuen, doch er stellte fest, dass er nur noch schneller durch die Höhle hindurchtrieb.

Eine Strömung!

Er war wohl nicht nur schneller geschwommen, das Wasser hatte ihn in diese Richtung gezogen. Trotz Entgegenschwimmens war nichts zu machen. Wakka wurde aus der Höhle nahezu hinausgespühlt. Er hielt die Luft an und tauchte wieder unter, da die Strömung ihn unter Wasser zog. Für eine Weile wurde er durch einen sehr geschlungenen Unterwasserpfad getrieben, wodurch er sich seinen Arm an dem nun nicht mehr leuchtendem Boden aufschürfte. Dann ging es auf ein Mal nicht mehr geradeaus, sondern abwärts.

Wakka riss die Augen weit auf, als er nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag einen Wasserfall hinunterraste und mit einem lauten Platschen wieder im Wasser landete.

"Sag mal... was machst du denn da unten?!"

Als er nach oben blickte, schaute Wakka direkt Lulu ins Gesicht, die sich von einer der Brücken zu ihm hinabbeugte, welche in der Nähe von Besaid über die Flüsse, die sich aus den Wasserfällen bildeten, verliefen. Sie sah nicht unbedingt erfreut darüber aus, ihn hier so anzutreffen.

"Was ist denn nun schon wieder passiert?"

Dank ihrer Frage erinnerte sich Wakka daran, was eigentlich der Auslöser für seinen kleinen Ausflug gewesen war. Triumpfierend hielt er den kleinen orangen Sphäroiden in die Höhe. Eigentlich bemerkenswert, dass er inzwischen nach nicht ganz kaputt war. Aber so wie er im Moment aussah, konnte Shinrah ihn bestimmt reparieren.

Was wohl auf ihm zu sehen war?
 

***
 

Lulu traute ihren Augen nicht. Ihr Ehemann, der verantwortungsbewusste Vater, der nur kurz spazieren gehen wollte, war soeben direkt vor ihren Augen einen Wasserfall hinuntergefallen und grinste sie nun von unten an. Dabei dachte sie, dass er sich ersthaft Gedanken machte und nun spielte er Wasserrutsche...

"Erklär mir das sofort!"

Wakka stellte sich direkt vor die Brücke, sodass sein Kopf in etwa mit Lulus Füßen auf einer Höhe war. Dann stellte er einen Sphäroiden auf dieser ab.

"Eigentlich ist das Ding hier an allem Schuld! Ich habs im Wasserfall leuchten gesehen und dann versucht, es zu erreichen, dabei bin ich in die Höhle gefallen, hab den Späroiden angeknackst und dann waren da verdammt viele Tausendfüßler, ich bin durch den Fluss geschwommen und hab im See getaucht bis ich in einer wunderschönen Höhle gelandet bin, da war allerdings eine Strömung und dann bin ich hier den Wasserfall heruntergefallen...

Lulu verstand kein Wort.

Das waren ihr irgendwie zuviele Höhlen und Wasserfälle oder es lag daran, dass Wakka sämtliche Informationen im Rekordtempo heruntergerattert hatte. Auf jeden Fall war ihr nicht genau klar, was passiert war, aber sie konnte sich ihren Teil denken. Ab und an wurde ihr Mann von so einer gewissen Abenteuerlust gepackt...

Das im Zusammenhang damit, dass er über Probleme nachdachte, hatte dann sicherlich dazu geführt, dass er nun triefend nass vor ihr im Wasser stand und im Grunde genommen wenig Schuld am Ganzen trug. Zudem hatte er ja einen Sphäroiden gefunden, der eventuell sogar wichtige Informationen liefern könnte...

"Komm erst mal da raus!", sagte Lulu und reichte Wakka ihre Hand.

Mit ihrer Hilfe konnte er sich leicht auf die Brücke ziehen. Anschließend machten sich Beide auf den Weg zurück ins Dorf. Auf halben Weg kamen ihnen Yuna und Tidus entgegen.

"Bist du sicher, dass du schon wieder fit genug bist, um draußen herumzulaufen?"

Lulu warf einen prüfenden Blick auf Yuna.

"Sicher! Ich brauch Bewegung!", erklärte Yuna, "Ich fühle mich, als ob ich vor einiger Zeit steifgefroren war..."

"Das ist nicht witzig!", warf Tidus ein.

Yuna wandte sich ihrem Mann zu:

"Es geht mir gut, wirklich! Mach dir keine Sorgen mehr."

An Lulu und Wakka gerichtet, fragte sie:

"Wo ward ihr denn?"

Wakka öffnete schon den Mund, doch Lulu hatte nun wirklich keine Lust, sich die ganze verständnislose Geschichte noch einmal anzuhören und kam ihm zuvor:

"Lasst uns doch ins Dorf zurückgehen, da können wir immer noch reden..."

Wakka klappte vielleicht ein wenig beleidigt den Mund wieder zu.

Gemeinsam gingen sie den Rest des Weges bis nach Besaid. Dort angekommen versammelten sich alle in Lulus und Wakkas Haus, wo sie sofort eine neue Kanne Gizarblättertee für Yuna aufgoss. Diese mochte sich vielleicht schon wieder gesund fühlen, aber ganz und gar fit konnte sie noch nicht sein...

Da war der Tee nur gut für sie. Sie goss ihn ab und gab ihr ihn in einer Tasse. Yuna verzog das Gesicht. Es war Lulu von anfang an nicht entgangen, dass ihr der Tee wohl nicht besonders zusagte, doch das war ihr ziemlich egal, solange Yuna den Tee trank und er ihr half.

"Wie es wohl Rikku und den anderen geht?"

Yuna sah nachdenklich aus. Lulu konnte sich vorstellen warum. Normalerweise hörte man immer etwas von Rikku, egal wo diese sich gerade befand... man hatte nie seine Ruhe vor ihr...

Diesmal jedoch hatte sie sich nicht gemeldet. Weder gleich nach ihrer Ankunft in Raes Cuhha noch später. Für sie war das in der Tat recht ungewöhnlich.

"Wir können doch das Sphärofon benutzen!", schlug Wakka vor.

Lulu wusste, was er meinte. Das bläuliche Teil, dass Shinrah zusammen mit Yuna und Rikku hier direkt vor dem Haus vor zwei Jahren installiert hatte, war ideal für eine solche Situation. Man konnte mit ihm nämlich mit meilenweit entfernten Leuten reden, wenn sie ebenfalls eines besaßen. Anfangs hatte nur eine Verbindung mit dem Sphärofon in der Celsius bestanden, doch im Laufe der Zeit war das Netz weiter ausgebaut worden und nachdem sie von Berg Gagazeth zurück waren, hatte Rikku eine Verbindung mit ihrem Taschen–Sphärofon hergestellt.

"Gute Idee!", rief Yuna und war schlagartig aus dem Haus verschwunden.

Ein paar Minuten später kam sie mit einem ernsten Gesicht wieder.

"Ist etwas passiert?", fragte Tidus

Yuna schüttelte den Kopf:

"Ich weiß nicht... Das Sphärofon scheint aus ihrer Tasche gefallen zu sein. Alles, was ich sehen konnte, war Sand. Ich glaube, sie kämpfen mit einem Sandsturm...

"Noch irgendwas..?"

Wakka schaute sie fragend an.

"Rikku hat irgendetwas geschrien... ich weiß nicht was aber sie klang irgendwie ängstlich. Dann flimmerte plötzlich alles und anschließend ist das Sphärofon kaputtgegangen...

Sie haben Probleme!"
 

***
 

Rikku hatte das Gefühl, durch eine Wand zu hechten, als sie sich ihren Weg durch das Flammenmeer bahnte. Das war ihr im Moment aber ziemlich egal. Sie hielt einen Mondschleier vor sich, der den größten Teil der Magie abfing.

Ihr Sprung dauerte nur Sekunden, dann fand sie sich auf einmal direkt vor ihrem Ziel wieder. Hastig stellte sich Rikku vor Gippel, um das Feuer mit ihrem Schleier abzufangen. Es war unverstellbar heiß. Sie dachte schon, sie würde verbrennen, aber der Mondschleier leistete ganze Arbeit...

Als die Königssturmechse endlich aufhörte, Feuer zu spucken, fühlte Rikku sich zwar etwas ausgetrocknet, aber nicht ernsthaft verletzt. Sie hatte ja einen Schutzschild gehabt! Sofort wandte sie sich dem immer noch am Boden liegendem Gippel zu.

"Hey, alles in Ordnung..?"

Sie merkte selbst, dass ihre Stimme ein wenig zittrig klang. Warum nur? Sicher gings ihm gut, ...oder? Rikku drehte sich von ihm weg. Was wenn nicht...

"Du hast gelogen."

"Was..?"

Ruckartig richtete Rikku ihre Augen wieder auf Gippel.

"Du hast mir vor 'ner knappen halben Stunde gesagt, dass du mich nie wieder nach meinem Befinden fragen würdest."

Rikku traute ihren Ohren nicht. Sie hatte ihn gerettet und er bedankte sich noch nicht einmal! Gut, er hatte sie auch gerettet, aber trotzdem...

"Blödmann!"

Sie kehrte ihm den Rücken zu und schaute sich nach der Echse um. Lange musste sie nicht suchen. Das Ungetüm schien gerade Luft zu holen, um gleich noch einmal loszulegen. Rikku stapfte auf ihren Gegner zu. Sie würde ihn schon aufhalten...

Plötzlich berührte sie jemand leicht an der Schulter.

"Danke..."

Gippel stürmte an ihr vorbei auf das Monster zu und hieb wieder mit seinem Schlagstock auf es ein. Rikku vollkommen perplex rührte sich nicht von der Stelle. Er hatte sich bedankt! Gippel hatte sich bei ihr bedankt... Das passte so gar nicht zu ihm! Sein ganzes Verhalten passte nicht zu ihm! Rikku war vollends verwirrt. Wieso schaffte er es ständig, sie aus der Fassung zu bringen?!

Die Echse rammte Gippel mit ihrem Kopf und schleuderte ihn einige Meter Richtung Rikku.

Der wurde daraufhin endgültig klar, dass sie auch noch später nachdenken konnte, jetzt mussten sie erst einmal dieses Monster besiegen!

Sie reichte Gippel eine Hi-Potion. Nachdem er zweimal beinahe gegrillt und einige Male zurückgeschlagen worden war, konnte er sie sicherlich gebrauchen...

Allerdings hatte er bemerkenswert wenig Brandwunden mal abgesehen von der Schulter. Rikku war zwar gerannt so schnell sie konnte, aber trotzdem hatte sie Gippel erst erreicht, nachdem das Monster seine Flammenwelle losgelassen hatte. Gippel musste den ersten Schwung voll abbekommen haben. Dafür sah er aber noch ziemlich fit aus.

Gippel schien ihren nachdenklichen Blick bemerkt zu haben und fragte:

"Überrascht, dass ich noch stehen kann?"

Rikku nickte.

"Ich habe es dank meines kleinen Helfers hier..." -Er schwang seine selbst zusammengebastelte Waffe durch die Luft- "...geschafft, nicht zu sehr verbrannt zu werden.

Auf ein verständnisloses Gesicht von Rikku hin, richtete er seinen Stock auf den Boden und betätigte einen der tausend Hebel, die zu sehen waren. Rikku hatte das Gefühl, als explodiere eine Handgranate auf der von Gippel anvisierten Stelle, aber ihr war nicht klar, was das mit seinem Schutz zu tun hatte.

Gippel stöhnte:

"Du bist echt hoffnungslos! Noch 'n Tipp: Manchmal kann man Feuer nur mit Feuer bekämpfen."

Dann rannte er wieder zum Monster, um weiter zu kämpfen.

Da verstand Rikku, was er gemeint hatte. Dieser leichtsinnige Idiot hatte wahrscheinlich direkt vor sich auf den Boden gefeuert und dort eine Explosion bewirkt, durch die das Feuer der Echse aufgehalten worden war. Sie hatte ihm entgegengewirkt und somit den Zeitpunkt hinausgezögert, an dem die Flammenwelle bei ihm angekommen war. Deshalb hatte er auch nur sehr kurz in der Hitze aushalten müssen, bis sie bei ihm angekommen war. Wirklich ein leichsinniges Unterfangen, aber Rikku musste im Stillen zugeben, dass er sich in seiner schlechten Situation bemerkenswert intelligent verhalten hatte...

Sie richtete ihren Blick wieder auf das Monster, welches inzwischen richtig tobte. Warum musste sie eigentlich schon wieder gegen so ein Riesenviech antreten. Erst das auf Gagazeth und nun das hier. Das konnte einem wirklich auf die Nerven gehen.

Wo war zum Beispiel Leylis abgeblieben? Sie als Medium hätte gegen diese Monsterechse sicherlich bessere Chancen gehabt...

-Rumms-

Der geschuppte Widersacher hatte soeben seinen Kopf in den Boden gerammt, nachdem Gippel, sein Ziel, ausgewichen war.

Rikku schüttelte den Kopf. Sie war ja schon wieder abgelenkt...

Um sich endlich von ihren Gedanken zu lösen, nahm sie ihre Klauen zur Hand und stürmte in Richtung des Monsters. Bei diesem angekommen hieb sie ihm ihre Klingen auf die Schuppen. Mit wenig Erfolg, leider. Das Monster schien eine ziemlich harte Schuppenhaut zu haben, durch die eine Waffe nicht unbedingt hindurch kam.

Rikku sprang zurück und konzentrierte sich.

"Eis!", rief sie und ein kleiner Eiszapfen zersprang an ihrem Gegner.

Dieser schien jedoch nicht wirklich verletzt. Anscheinend war ihr Zauber nicht stark genug, um ihm ernsthaft zu schaden. Gippel klappte unterdessen seine Waffe auseinander und feuerte etwas ab, das für Rikku wie kleine Raketen aussah. Diese schlugen im Umfeld der Echse ein, woraufhin sie zur Seite kippte und für eine Weile auf dem Boden liegen zubleiben schien. Diese Chance nutzte Rikku aus und schlug dem Ungetüm ihre Klauen von der Bauchseite aus in den Körper.

Die Riesensturmechse fauchte und rollte sich wieder richtig herum, ohne dass Rikku eine Gelegenheit hatte, ihre Waffen wieder an sich zu nehmen.

Zu drastischeren Maßnahmen gezwungen, warf sie eine Handgranate auf das Monster, das daraufhin bedrohlich zu taumeln begann. Gippel rannte auf die Echse zu und schlug seitlich so mit seinem Stock zu, dass sie abermals zur Seite wegkippte. Auf dem Boden kam das Monster jedoch nicht mehr an. Ein Haufen Illumina tummelte sich auf dem Wüstensand, bevor sie in den Himmel weg entschwanden.

Rikku sah Gippel an, sie hatten es geschafft. Jetzt sollten sie erst einmal die anderen suchen und dann zurück nach Raes Cuhha gehen.

"Wollen wir zurück gehen?", fragte Rikku Gippel.

Dieser sah sie verblüfft an:

"Wollen schon, aber wie soll das denn gehen? Kennst du etwa den Weg?"

Rikku sah sich um und verstand, was Gippel meinte. Sie befanden sich mitten in der Wüste, ringsumher nichts als Sand. Rikku hatte genau wie wahrscheinlich auch Gippel überhaupt nicht darauf geachtet, wohin sie gegangen waren und nun hatte sie keine Ahnung, in welche Richtung sie zurückgehen sollten.

"Oh..."

Das war alles andere als praktisch! Wo lag jetzt Raes Cuhha und wo zum Teufel waren Leylis und die anderen?
 

***
 

Leylis hatte zu dem Zeitpunkt ganz andere Probleme. Nachdem sie ihre Gefährten vor der drohenden Feuerwelle gewarnt hatte, war sie selber ebenfalls in Deckung gegangen, bis ihr aufgefallen war, dass Brüderchen sie offensichtlich nicht gehört hatte und genau im Blickwinkel der Echse gewesen war. Daraufhin hatte sie sich kurzfristig umentschieden und mittels Shell dafür gesorgt, dass er nicht gebraten wurde. Anschließend hatte das Monster sich von ihm abgewand und war in eine andere Richtung gekrochen, aus der wenig später schon wieder eine Hitzewelle gekommen war. Bevor Leylis diese allerdings zurückverfolgen konnte, war ein Haufen von kleinen grünen Viechern herangestürmt und hatte sie mit fiepsenden Stimmen aufgefordert, ihnen zu folgen.

Sie sahen aus wie Kakteen, konnten aber laufen und offensichtlich auch sprechen! Leylis erinnerte sich daran, dass Rikku vorhin sogenannte Kaktoren erwähnt hatte. Die waren es dann wohl, denen sie begegnet war. Da die Grünlinge keinen bösen Eindruck machten, sich aber sehr aufdringlich verhielten, entschied Leylis, dass es wohl nicht schaden konnte, wenn sie nachsah, was die kleinen Viecher so aus der Fassung brachte...

Nach einigen Schritten durch den Wüstensand bereute sie ihre Entscheidung. Es wehte immer noch ein wenig und Leylis bezweifelte, dass sie den Weg zurück allein finden würde. Ihre größte Hoffnung bestand darin, dass die kleinen, ihr immer noch vorantapsenden Wesen sie auch wieder nach Raes Cuhha zurück bringen würden. Dummerweise schienen die aber im Moment nicht einmal an eine Rückkehr zu denken. Munter fiepsend hüpften sie voran.

"Entschuldigung..? Wie weit ist es noch?"

Einer der Kaktoren drehte sich zu Leylis um und sah sie kurz an, dann piepste er zweimal und bewegte sich weiter vorwärts.

Was ein Riesenerfolg!, dachte Leylis. Es schien ganz so, als verstünden ihre Wegweiser auch nicht sehr viel von ihrer Sprache...

Seufzend schritt sie hinter den Grünlingen her und versuchte, sich damit aufzuheitern, dass sie nicht ewig in der Wüste herumwandern konnte... wenn sie nur nicht so groß wäre...

Dann stoppten die Kaktoren so plötzlich, dass Leylis fast in den letzten hineingelaufen wäre, eine sehr stachelige Vorstellung.

"Hey, warum halten wir an?", fragte sie und dachte gleich darauf darüber nach, ob sie nun vollends den Verstand verloren hatte. Schließlich wollte sie, dass sie nicht mehr weiterliefen!

Die Kaktoren begannen wieder, wild durcheinander zu fiepsen.

Leylis hatte zwar keine Ahnung, was sie ihr mitteilen wollten, aber sie machte sich daran, sich an die Spitze der Grünlingen zu setzen, um den Grund für ihr Anhalten herauszufinden.

Das war überraschend einfach. Einen Haufen grüner Viecher hinter sich, blickte Leylis in ein großes schwarzes Loch, eine riesige Höhle, die soweit sie das ausmachen konnte, schräg nach unten, also quasi in den Wüstenboden hinein führte.

"Soll ich etwa da reingehen?!"

Leylis wandte sich zu ihren piepsenden Begleitern um. Das konnten sie doch nicht wirklich von ihr verlangen! Sie musste zurück nach Raes Cuhha. Rikku und die anderen machten sich sicher schon Sorgen um sie, außerdem war da ja noch diese riesige, feuerspeiende Echse...

Andererseits war es verdammt leichtsinnig, auf eigene Faust zu versuchen, den Weg zur Stadt wiederzufinden. Jetzt stellte sich nur noch die Frage, ob es auch leichtsinniger war, als allein in eine ihr völlig unbekannte Höhle zu gehen, nur weil ein paar grüne Viecher das von ihr zu erwarten schienen...

Ein sehr lautes, nun schon beinahe schrilles Fiepsen riss Leylis aus ihren Gedanken. Die Kaktoren machten tatsächlich einen noch größeren Aufstand als vorhin. Neben dem fast unerträglichem Lärm hüpften sie auf und ab. Einer schleuderte sogar einige seiner Stacheln und verfehlte Leylis nur knapp. Dann begannen sie langsam, sich einige Schritte von der Höhle zu entfernen, ohne allerdings den Geräuschpegel herunterzuschrauben. Mit einem ungutem Gefühl richtete Leylis ihren Blick wieder auf die Höhle. Vor der Öffnung befand sich ein blauhaariger Mann, der langsam auf sie zuschritt. Als er nur noch ein paar Schritte entfernt war, blieb er stehen.

"Sieh an, was haben wir denn da?"

Er war groß, so groß, dass er Leylis deutlich überragte und mit einem leicht arroganten Blick auf sie niedersehen konnte. Er war ihr schlagartig unsympatisch.

"Könnte ich auch fragen, oder? Was macht jemand wohl in einer Wüstenhöhle, dass die Kaktoren sich so sehr aufregen?"

Seine arrogante Miene verzog sich zu einem leichtem Grinsen.

"Glaub mir, das möchtest du nicht wissen..."

Sie mochte ihn immer weniger.

"Dann hätte ich nicht gefragt!"

Jetzt begann er leise zu lachen, ohne sie dabei aus den Augen zu lassen. Kurz darauf war seine Arroganz wieder da, untermalt von einem boshaftem Lächeln.

"Sie kommen immer wieder, Leute, die einfach nicht wissen, was gut für sie ist. Sie sind sturköpfig und idealistisch und am Ende bereuen sie es... und wenn nicht, dann sorge ich dafür!"

Ein Feuerball flog auf Leylis zu. Sie hatte nicht einmal sehen können, woher er gekommen war. Mit einem Sprung zur Seite rettete sie sich,

"Eisra!", hörte sie eine ruhige Stimme sagen.

"Exeis!", rief sie. Keine Sekunde zu spät. Der Zauber wurde von ihrem abgefangen. Der blauhaarige Mann stand nun direkt vor ihr und sah sie ein wenig überrascht, aber nicht minder böse an.

"Oho, da beherrscht jemand aber ein paar nette Spielereien..."

Dann verschwand er. Leylis sah nicht, wohin er gegangen war. Das nächste, was sie von ihm mitbekam, war ein Blitzra-Zauber, der sie an der Schulter traf.

"Vita!", rief sie und wandte sich dem Angreifer zu, dessen Tarnung dank seines Angriffes aufgeflogen war.

Bevor er wieder verschwinden konnte, ließ Leylis kurz ihre beiden Hände in einer Bewegung kreisen, um sie dann vorne einmal zu kreuzen.

"Wassra!", schrie sie.

Ihr Gegner schien wenig beeindruckt. Er rief selbst etwas und ihr Zauber prallte an ihm ab.

"Denkst du etwa, nur du beherrscht sowohl Weiß- als auch Schwarzmagie? Feuga!"

Leylis traute ihren Ohren nicht. Ein Ga-Zauber! Entweder dieser Typ war total durchgeknallt oder einfach ein starker Magier... oder beides.

"Exfeu!", rief sie. Sein Angriff hinterließ keine Spur bei ihr und sie hatte ihn immer noch im Blick. Gerade wollte sie einen Gegenangriff starten, als der Blauhaarige plötzlich noch eine Spur fieser grinste als bisher.

"Flare..."

Jetzt hatte sie ein Problem. Flare besaß kein Element. Also gab es nur eines...

"Shell!", rief Leylis.

Der Angriff warf sie dennoch zu Boden. Als sie hochsah, blickte sie direkt in das Gesicht des Mannes. Er kam ihr noch größer vor, als vor ein paar Minuten. Leylis richtete sich wieder auf und sah ihm starr in die Augen.

"Ist das etwa schon alles?"

Seine Arroganz war offensichtlich geblieben. Sie trat einen Schritt zurück. Wenn es mit ihrer Magie so nicht klappte, dann eben anders.

Leylis begann zu tanzen. Wenn er sehen wollte, zu was sie imstande war... Das konnte er haben!

"Hilf mir, Tineris!"

Nachdem ihre Bestia vor ihr ihren Platz eingenommen hatte, bemerkte Leylis zum ersten Mal ernsthafte Verwunderung im Gesicht ihres Gegners.

"Greif mit Dimensionsloch an!", befahl sie ihrer Bestia.

Diese erfüllte ihre Bitte umgehend und hinterließ einen leicht ihn sich zusammengesunkenen Mann auf dem Boden. Er richtete sich jedoch sofort wieder zu seiner vollen Größe auf.

"Gut... ich gebe zu, du hast Talent."

Was sollte das denn jetzt? Versuchte der Typ nun auch noch ihr Komplimente zu machen!?

Das jedoch immer noch auf seinem Gesicht verharrende böse Grinsen, sagte allerdings etwas anderes aus.

"Wie dem auch sei... Jetzt reicht es!"

Sie sah nicht genau, was geschah. Leylis merkte nur, wie Tineris verschwand und sie selbst in einen Haufen Sand geschleudert wurde. Sie rappelte sich wieder auf.

Ihre Bestia war weg, besiegt... mit einem Schlag!

Ihr Gegner war sehr viel gefährlicher, als sie vermutet hatte und jetzt kam er genau auf sie zu. Er begann leicht zu leuchten. Wollte er etwa einen Zauber bewirken? In der Tat erschienen einige grell leuchtende Kugeln um ihn herum. Was zum Teufel war das denn für eine Magie? Die Lichtbälle flogen nach oben und vereinten sich.

Da begriff Leylis: Es war nicht sein Zauber, er war das Ziel!

Lichtstrahlen schlugen von oben auf ihn hinunter.

"Sanctus!"
 

***
 

Leylis richtete ihren Blick zum Himmel. Ein Flugschiff befand sich in nicht allzu großer Höhe. Yuna stand auf dem Außendeck und hielt ihren Stab vor sich gestreckt.

Das Flugschiff sank weiter hinunter.

"Seymor!"

Yuna schrie... Leylis kannte sie zwar noch nicht lange, aber nach dem, was sie mitbekommen hatte, schien sie eigentlich nicht der Typ für so etwas zu sein. Sie wandte sich wieder dem blauhaarigem Mann zu dessen Name wohl Seymor war. Er sah sie jedoch seltsamerweise nicht mehr böse an.

"Was für eine unerwartete Überraschung... Es freut mich, dich getroffen zu haben, kleine Magierin. Da aber wohl noch mehr Leute mich zu suchen scheinen, schlage ich vor, die Unterhaltung nach drinnen zu verlegen."

Ohne, dass sie etwas unternehmen konnte, verschwand Seymor in der Höhlenöffnung. Leylis wiederstand dem Drang, ihm sofort hinterherzueilen. Es wäre ziemlich dumm gewesen, allein einem wahrscheinlich ihr überlegenem Gegner in eine unbekannte Höhle zu folgen, wo Yuna und die anderen doch sowieso schon fast bei ihr auf dem Boden angelangt waren.

Wenige Sekunden später kamen Yuna, Tidus, Wakka, Lulu und zu ihrer Verwunderung auch Brüderchen auf sie zugelaufen.

"Leylis! Ist alles in Ordnung?"

Yuna war zuerst bei ihr angekommen. Sie wirkte ein wenig besorgt und gleichzeitig wütend.

"Mir geht's gut! Vielen Dank für eure Hilfe, aber... was macht ihr hier?"

Yuna warf einen kurzen Blick Richtung Höhle.

"Ok, die Kurzfassung: Wir haben übers Sphärofon herausgefunden, dass ihr Ärger mit einem Sandsturm habt und sind mit dem Flugschiff eines Freundes nach Raes Cuhha geflogen. Bevor wir allerdings dort ankamen, haben wir Brüderchen getroffen, der allein durch die Wüste tapste. Er hat uns erzählt, dass du von einem Haufen Kaktoren mitgeschleift wurdest. Da hielten wir es für das beste, mal nachzusehen, wo genau sie dich hingebracht haben."

"Er ist da drinnen, richtig?"

Tidus wirkte ebenfalls alles andere als entspannt. Selbiges galt für Lulu und Wakka. Sie mussten Seymor schon vorher getroffen haben und es schien keine schöne Begegnung gewesen zu sein...

"Leylis, ich weiß, dass du dir sicherlich eine Erklärung wünscht, aber können wir das auf später verschieben?"

Sie nickte Yuna zu. Ersteinmal war die Verfolgung des Blauhaarigen wichtiger. Tidus wandte sich Wakka zu:

"Fliegt ihr weiter zur Stadt? Nach allem was Brüderchen über die Echsen gesagt hat, könnten Rikku und die anderen sicher auch Hilfe gebrauchen..."

Wakka sah ihn entsetzt an:

"Das ist nicht dein Ernst, oder? Wir werden euch auf gar keinen Fall mit diesem..."

"Oh doch, werden wir!", sagte Lulu, "Wenn wir zu viele sind, macht uns das in der Höhle zu einem leichten Ziel. Außerdem dürftest gerade du von Höhlen doch sowieso ersteinmal genug haben!"

Ohne eine Widerrede zu dulden, ging Lulu gefolgt von einem kleinlauten Wakka Richtung Flugschiff. Einmal drehte sie sich noch um:

"Seid vorsichtig!"

Leylis, Yuna, Tidus und Brüderchen wandten sich der Höhle zu und traten vorsichtig einige Schritte hinein. Es war stockfinster. Leylis schnippste kurz mit den Fingern.

"Feuer!", flüsterte sie. Irgendwie hatte sie das Gefühl, sich leise verhalten zu müssen... Ein Feuerball erschien auf ihrer Handfläche und blieb dort. Wenn sie sich genügend konzentrierte, sollte er einige Zeit weiterbrennen.

Yuna warf ihr einen anerkennenden Blick zu, wurde dann jedoch sofort wieder ernst. Sie wirkte angespannt.

Ohne zu reden gingen sie Schritt für Schritt weiter in die Höhle hinein. Sie mussten sich jetzt sozusagen in der Wüste befinden mit einigen Tonnen Sand über ihnen...

Leylis ging zügig voran. Ihre Flamme brannte hell und leuchtete ihr den Weg, welcher sich als ein verschlungenes Gangsystem herausstellte. Dann endete er plötzlich...

Sie waren in einem mittelgroßen Raum angelangt, von dem kein Gang mehr abzweigte.

"Und was nun?", fragte Tidus.

Yuna wirkte immer noch nervös.

"Wir sehen uns erst einmal um!"

Leylis nickte ihr zu. Der Raum war immerhin so groß, dass ihr Feuerball nicht alle Ecken komplett ausleuchtete. Sie machte sich daran, die Wände abzugehen und hielt nach etwas Ungewöhnlichem Aussschau. An einer Stelle stutze sie.

"Leute... Was ist denn das?"

An dem besagten Punkt hatte die Wand eine leicht andere Farbe. Mehr noch, sie schien von Innen heraus zu glühen.

"So etwas habe ich noch nie gesehen..."

Yuna legte ihre Hand auf die Stelle.

"Hey, sie löst sich auf!"

Leylis sah, was Yuna meinte. Die Wand war an der Stelle offensichtlich nicht aus Stein. Es war Sand, den man leicht herauswischen konnte. Zurück blieb ein Loch in der Wand, in dem etwas lag, das wie ein weißer Kristall aussah.

"Gratuliere, ihr habt ihn gefunden!"

Sämtliche Augen wandten sich vom Loch ab und der Stimme zu. Seymor stand unmittelbar vor ihnen.

"Was willst du hier?", rief Yuna, "Diese Welt ist nichts mehr für dich!"

Seymor richtete seine Aufmerksamkeit auf Yuna.

"Du irrst dich. Diese Welt braucht mich... um das zu retten, was ihr zerstört habt! Wenn du mir dabei helfen möchtest, meine liebe Yuna, dann komm mit mir. Wir können sie zusammen retten!"

Tidus griff Yunas Hand und richtete seinen wütenden Blick auf Seymor.

"Danke, ich verzichte! Ich weiß nicht genau, was du glaubst, verändern zu müssen und es ist mir auch egal, aber ich möchte nicht länger in der selben Welt leben wie du!"

Yuna sah Seymor entschlossen an und erntete einen zornigen Blick, der sich jedoch gleich darauf in ein kühles, böses Lächeln verwandelte.

"Ihr habt es nicht anders gewollt..."

Seymor verschwand augenblicklich aus ihrer Sichtweite.

"Wo ist er hin?", fragte Brüderchen.

"Vorsicht!", schrie Tidus.

Hastig sah Leylis um sich und bemerkte, was Tidus wohl zu seinem Ruf bewegt hatte. Ein Feuerwirbel raste Richtung Yuna.

"Exfeu!", rief Leylis.

Die Zauber wurde vollständig aufgehalten. Erleichtert atmete sie durch und spürte kurz darauf, wie etwas gegen sie selbst prallte. Eine riesige Wasserwelle schwemmte sie weg und ließ sie gegen die Wand prallen.

"Vernachlässige nie deine eigene Sicherheit!", hörte Leylis es in ihren Gedanken.

Ja, ich hab's begriffen! Das war ihr schließlich bei ihrer Mediumprüfung mit auf den Weg gegeben worden...

Langsam arbeitete sie sich wieder hoch. Wer hätte auch damit gerechnet, dass dieser Fiesling zwei Leute gleichzeitig angreifen würde.

"Alles ok?"

Leylis sah eine ziemlich besorgte Yuna vor sich.

"Ja, danke! Es war aber schließlich auch meine Schuld..."

Yuna schien dem zwar nicht ganz zuzustimmen, allerdings hielt ein erneuter Aufschrei von Tidus sie davon ab, noch weiterzusprechen. Er hatte zusammen mit Brüderchen die Offensive übernommen und einen Blitzra-Zauber abbekommen.

"Vitra!", rief Yuna und stellte sich neben ihren Mann.

Seymor grinste höhnisch.

"Oho, jetzt kämpft das Paar zusammen... das wird euch auch nichts nützen!"

Tidus stürzte nach vorne und holte mit seinem Schwert zum Schlag aus, doch genau bevor er Seymor erwischen konnte, verschwand dieser erneut.

"Was soll das hier werden? Ein Versteckspiel?!", rief Brüderchen.

"Nennt es, wie ihr wollt...", erklang Seymors Stimme aus einer nicht zu definierenden Richtung.

Diese Angewohnheit begann so allmählich Leylis ernsthaft zu nerven. Allerdings brachte es in den wenigsten Fällen etwas, die Ruhe zu verlieren...

Sie schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Wenn dieser Typ mithilfe eines Zaubers verschwunden war, dann konnte sie das vielleicht spüren. Sie drehte sich hin und her und versuchte irgendeine Veränderung in der Luft auszumachen.

"Leylis... was tust du..?"

Da, da war etwas... in der Richtung, fühlte sie irgendetwas... Bedrohliches. Langsam ließ sie ihre Hände nach hinten gleiten, um sie dann mit einem Ruck wieder nach vorne fliegen zu lassen.

"Eisra!", rief Leylis und riss die Augen wieder auf.

Ihr Zauber fegte durch die Luft und prallte mitten in dieser auf sein Ziel. Seymor erschien, Eiszapfen um ihn herum.

"Beeindruckend..."

Mit einer einzigen Handbewegung von ihm verschwand das gesamte Eis. Doch die Pause hatte Tidus genutzt, um erneut einen Angriff vorzubereiten. Er rannte auf seinen Gegner zu, sprang in die Luft, legte währendessen einen eleganten Salto hin und landete einen Volltreffer bei Seymor.

Dieser erholte sich jedoch schnell wieder von der Attacke und konzentrierte sich mit einem kalten Lachen auf einen Zauber.

"Flare!"

"Shell!", schrien Yuna und Leylis gleichzeitig. Sie schützen sich auch gegenseitig, doch der Angriff war auf keine der beiden gerichtet. Er traf Tidus...

Dieser wurde von der Wucht des Zaubers zu Boden geworfen.

"Vigra!", rief Yuna.

Leylis staunte nicht schlecht. Tidus stand fast sofort wieder auf. Yuna schien in der Weißmagie nahezu genauso sehr bewandert zu sein wie Lenne. Mit funkelnden Augen wandte diese sich wieder Seymor zu. Sie hob ihren Stab nach oben und schloss die Augen. Kurz darauf erschienen die gleichen leuchtenden Kugeln, die Leylis schon vor der Höhle gesehen hatte. Auch der Rest ihres Zaubers verlief genau wie draußen.

"Sanctus!"

Seymor stand zwar nach dem Angriff noch, sah aber nicht mehr so arrogant, dafür umso boshafter aus. Brüderchen nutzte die Gelegenheit, um noch einmal anzugreifen, doch sein Angriff schien von ihm abzuprallen. Mit einer Handbewegung schleuderte Seymor ihn zur Seite. Dann wandte er sich erneut den anderen Kämpfern zu.

"Hast!", rief Tidus und rannte kurz darauf mit beachtlicher Geschwindigkeit auf seinen Gegner zu. Seymor rührte sich nicht von der Stelle, streckte eine Hand aus und schickte erneut einen Zauber los. Diesmal kam er bei Yuna an. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich mittels Shell schützen, sackte allerdings aufgrund seiner Kraft ein wenig in sich zusammen. Gleich darauf spürte Leylis, wie etwas sie zu Boden riss. Yuna, Brüderchen und Tidus, der noch vor seinem Angriff aus der Luft gerissen wurde, fanden sich ebenfalls dort wieder. Feiner Sand rieselte von der Decke.

"Was zum Teufel war denn das?", kam es von Brüderchen.

"Gravitas...", antwortete Leylis.

"Ganz genau! Und wenn ihr mich jetzt entschuldigt... ich habe noch etwas vor... mit meinem neuen Fundstück und vielen Dank für die Hilfe beim Suchen!"

Leylis arbeitete sich wieder auf die Beine. Das Letzte, was sie noch von Seymor sah, war ein fieses Grinsen und der weiße Kristall, den er bei sich trug. Dann verschwand er...

Nach und nach setzten sich alle wieder auf.

"Super und was nun?", meinte Tidus.

"Wir sollten hier besser verschwinden!", sagte Leylis mit einem Blick zur Decke, "Der Gravitas-Zauber scheint die Höhle beschädigt zu haben."

Mit einem lauten Krachen landete ein Felsbrocken neben ihnen. Daraufhin ergriffen sie augenblicklich die Flucht. Sie rannten zurück durch den verwinkelten Pfad, während immer mehr Sand hinunterregnete und ab und an auch größere Steine hinabfielen. Leylis rannte vor Yuna, Tidus und Brüderchen. Sie hatte sich den Weg auf ihrer ersten Tour gut gemerkt und kam deshalb etwas schneller voran als die anderen. An einer Ecke hielt sie kurz an, um auf sie zu warten. Sie sah ihre Freunde schon den Gang entlang rennen, als sich mit einem dumpfen Grollen ein Großteil der Decke löste und hinunterstürzte.

"Nein!", schrie Leylis, während die Gesteinsmassen auf Yuna, Tidus und Brüderchen zufielen. Doch sie kamen nicht bei ihnen an. Es leuchtete kurz in der Höhle auf, dann hielt ein Wesen, das größtenteil braun war und eine lange orangerote Mähne hatte, die Decke auf.

Leylis stand da wie erstarrt.

"Eine... Bestia?"

Erst als ihre Mitstreiter unter der Steinplatte hervor gekrochen kamen, bemerkte sie, dass sie noch lange nicht in Sicherheit waren. Die Höhle fiel weiter in sich zusammen. Brüderchen übernahm inzwischen die Führung.

"Schneller, wir haben nicht mehr viel Zeit!"

Yuna schien gerade zu ihm rennen zu wollen, als Tidus neben ihr auf den Boden sackte.

"Was ist los? Wir müssen uns beeilen!"

Sie griff nach seiner Hand, um ihn mitzuziehen, doch sie berührte sie nicht. Ihre Hand glitt durch seine hindurch, als ob sie gar nicht da wäre. Tidus sah sie noch kurz an und kippte dann nach vorne auf den Boden.

"Nein..."

Yuna sah ihn entsetzt an und rührte sich nicht mehr.

"Nicht doch!", rief Leylis. Sie mussten schließlich immer noch aus dieser verdammten Höhle raus. Sand rieselte auf ihre Schultern. Wie sollten sie mit einem warum auch immer bewustlosen Tidus und einer verzweifelten Yuna schnell genug durch die Gänge kommen? Da kam ihr eine Idee. Sie konzentrierte sich und tänzelte kurz auf und ab, wodurch sie sich einen höchst skeptischen Blick von Brüderchen einfing, der offensichtlich überhaupt nicht mehr wusste, was er machen sollte.

"Erscheine, Chronis!"

Die engelshafte Gestalt erschien augenblicklich und als hätte sie Leylis' Gedanken gelesen, glitt sie sofort zu Tidus und trug ihn Richtung Ausgang. Leylis, Brüderchen und Yuna, die sich wieder aus ihrer Starre gelöst zu haben schien, liefen hinter ihr her. Nach einigen weiteren Metern durch den sich in seine Bestandteile auflösenden Gang, traten sie endlich wieder hinaus ins Licht. Leylis freute sich wie schon lange nicht mehr, die Sonne zu sehen. Chronis lächelte ihr kurz zu, legte Tidus auf dem Sand nieder und verschwand. Daraufhin wandte sich Leylis Yuna zu.

"Hast du da drinnen... Das war doch eine Bestia, oder?"

Yuna nickte kaum merklich.

"Ifrit... aber das war nicht ich.", und mit einem nicht zu deutenden Blick auf Tidus sagte sie: "Ich glaube, er hat sie gerufen..."
 

***
 

Rikku hasste es, etwas zu tun, was nahezu auswegslos erschien. Missmutig stapfte sie neben Gippel durch den Sand, ohne auch nur eine Ahnung zu haben in welche Richtung sie sich bewegten.

"Warum hast du auch nicht auf den Weg geachtet?", fuhr sie Gippel an.

"Ah ja... Jetzt bin natürlich wieder ich Schuld an allem, was? Dabei weißt du doch genauso wenig, wo wir sind!"

Rikku fixierte ihn mit einem bösen Blick:

"Richtig. Aber du bist es schließlich, der mich immer mit meinem schlechten Orientierungssinn aufzieht! Gerade deshalb hättest du doch aufmerksam sein müssen!"

Jetzt war es an Gippel, Rikku böse anzusehen.

"Entschuldige mal, aber ich war ein wenig abgelenkt, von diesem feuerspeienden Riesenviech, das dich beinahe gegrillt hätte!"

"Ach, und ich etwa nicht...", gab Rikku zurück, wurde gleich darauf jedoch nachdenklich. Irgendwo hatte er Recht... Sie war es gewesen, die zuerst von der Echse angegriffen worden war. Gippel hatte ihr bloß helfen wollen und war deshalb mit in den Kampf hineingeraten.

"Warum hast du das gemacht?"

Gippel sah leicht verwirrt aus.

"Was?"

"Vorhin, als die Echse mich angreifen wollte. Warum hast du mich zur Seite geschubst? Warum hast du nicht einfach eine Granate oder eine deiner Raketen oder sonst irgendetwas benutzt, um sie anzugreifen? Dann hätte sie ihre Attacke unterbrochen und du wärst ohne Brandblasen davongekommen..."

Gippel grinste leicht und sah sie dann unvermittelt an.

"Kannst du dir das nicht denken..? Wie hätte ich denn sicher sein können, dass ich noch rechtzeitig eine derartige Aktion durchführen kann oder dass dieses rote Ungeheuer seinen Angriff nicht einfach fortsetzt? Das Risiko war mir einfach zu hoch."

Rikkus Wut verflog so rasch, wie sie gekommen war. Er hatte sie tatsächlich gerettet, sie war ihm also immerhin so wichtig, dass er nicht riskieren wollte, dass sie verletzt wurde...

"Tut mir Leid, ich werde dir nicht länger die Schuld daran geben, dass wir uns verlaufen haben...", sagte Rikku und mit einem Seitenblick auf Gippels grinsendes Gesicht fügte sie noch hinzu: "wenn du es auch nicht mehr tust."

Er grinste noch breiter:

"Keine Sorge! Schließlich hast du damit angefangen!"

Rikku klappte ihren Mund auf und wieder zu. Sie hasste es, wenn er Recht hatte.

Auf ein Mal, hörte sie ein leises Schwirren in der Luft. Sie hielt an und Gippel neben ihr blieb ebenfalls stehen.

"Was ist das?", fragte er.

"Keine Ahnung!", antwortete Rikku.

Wie um ihre Verwirrung zu klären, tauchte kurz darauf ein Flugmobil in ihrem Blickfeld auf. Es kam direkt auf sie zu und landete kurz vor ihnen. Die neuartigen Maschina boten meist Platz für mindestens vier Personen und flogen etwa zwei bis drei Meter über dem Boden. Geflogen wurde die, welche soeben vor ihnen Halt gemacht hatte, von einem jungen Mann, der vorhin auch als einer der Bürger von Raes Cuhha mit gegen die Echsen gekämpft hatte.

"Was machst du denn hier?", wurde er von Rikku begrüßt.

Lachend rückte er an die eine Kante seines Mobils.

"Euch retten, was sonst? Bevor ihr in eurer eigenen Wüste verdurstet... Die halbe Stadt sucht nach euch. Also, steigt ein!"

"Herzlichsten Dank!", sagte Rikku und kletterte in die Maschina. Gippel saß kurz darauf neben ihr.

Zum Glück hatte jemand sie gefunden. Rikku war der Spaß am Wandern durch die Wüste schon vor einiger Zeit vergangen. Sie konnte diesem Typ da wirklich dankbar sein, allerdings wurde sie das seltsame Gefühl nicht los, ihm schon einmal irgendwo begegnet zu sein...
 

***
 

"Yuna! Geht's dir gut?"

Leylis war die Treppen zu den Quartieren hochgekommen. Sie befanden sich in Rins Flugschiff. Er hatte sie vorhin auch in der Wüste abgesetzt und war mit Lulu und Wakka weiter nach Raes Cuhha geflogen. Vor einer knappen Stunde hatten sie ihn dann per Sphärofunk gebeten, sie wieder abzuholen.

"Es ist alles in Ordnung und ich glaube, er muss sich nur ein wenig ausruhen..."

Yuna wandte ihren Blick nicht von Tidus, welcher nun in einem der Flugschiffbetten schlief. Rins Schiff war längst nicht so bequem und auch nicht so groß wie die Celsius, aber es erfüllte seinen Zweck.

"Na gut, dann lass ich euch mal lieber wieder allein..."

Yuna hörte, wie Leylis die Stufen wieder hinunterstieg. Sie war abweisend ihr gegenüber gewesen und das, obwohl sie ihr noch eine Erklärung schuldete... inzwischen vielleicht sogar mehrere, aber sie wollte jetzt einfach nicht darüber reden, nicht über Seymor, nicht über Ifrit, nicht über Tidus... Es reichte schon, dass sie ständig immer wieder über diese drei Dinge nachdachte.

Was wollte Seymor nur? Was plante er? Und was wollte er mit diesem weißen Kristall?

Dann war da noch die Sache mit den Asthra und Tidus... Welche Verbindung bestand zwischen ihnen? Warum konnte Tidus Bestia beschwören, wo es die doch eigentlich sowieso nicht mehr geben dürfte? Was...

Fragen über Fragen... und niemand, der sie ihr beantwortete. Yuna wusste genau, dass es nichts brachte, sich den Kopf darüber zu zerbrechen und dennoch... sie musste immer wieder darüber nachdenken.

"Yuna?"

Brüderchen stand einige Schritte von ihr entfernt. Sie hatte ihn nicht einmal kommen hören.

"Yuna, du wirkst selber schon ganz fertig. Geh doch für eine Weile aufs Außendeck. Frische Luft kann Wunder bewirken... sagt Rikku jedenfalls ständig."

Er wollte ihr nur helfen. Das war Yuna schon klar, aber dennoch wollte sie Tidus nicht allein lassen. Brüderchen war jedoch ihrem Blick gefolgt und kam ihrer Antwort zuvor:

"Mach dir keine Sorgen um ihn. Ich pass solange auf ihn auf und wenn er aufwachen sollte, hol ich dich sofort!"

Yuna war immer noch unsicher, was sie tun sollte, aber sie brauchte schließlich nicht lange fortbleiben, ein wenig Frischluft wäre schon nicht schlecht und letzten Endes... wenn sie jetzt nicht ging, dann war es sicher das Erste, was Tidus ihr auftragen würde, nachdem er wieder zu sich gekommen war.

"Ich bin gleich wieder da!"

Mit einem letzten Blick auf Tidus ging sie langsam die Treppe hinunter und aus dem Raum hinaus.

Auf dem Außendeck angekommen wehte Yuna eine leichte Brise ins Gesicht. Mehr war auch nicht zu erwarten, denn sie flogen nicht sehr schnell und außerdem war ihr Ziel Raes Cuhha, was zur Folge hatte, das sie über die Wüste flogen. Deshalb war die Luft selbst hier oben eher warm und die Luftströmungen hielten sich in Grenzen.

Yuna stellte sich in die Mitte des Decks und breitete die Arme zu beiden Seiten aus. Der Wind, auch wenn es nicht viel war, fuhr ihr durch die Haare und streifte ihre Kleidung.

"Herrlich, nicht war?"

Yuna schreckte zusammen und wandte sich der Stimme zu. Sie gehörte Leylis. Das Mädchen musste nach ihr auf das Außendeck getreten sein.

"Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken."

Sie machte Anstalten, wieder zu gehen.

"Nein, warte... ich denke, ich sollte mich entschuldigen. Du verstehst von allem sicher noch weniger als ich im Moment."

Leylis blieb stehen und sah Yuna lange an.

"Ich habe das Gefühl, dass du nicht unbedingt jetzt mit mir reden möchtest... Es stimmt, dass ich froh wäre, wenn jemand mir wenigstens einen Teil der Geschehnisse hier erklären könnte, aber ich kann sehr geduldig sein... "

Yuna schüttelte den Kopf. Sie hatte Leylis schon lange genug warten lassen. Es war ihr gegenüber nicht fair, sie noch länger im Dunkeln zu lassen.

Und dann begann Yuna zu erzählen. Anfangs wusste sie nicht ganz, wo sie anfangen sollte, doch dann kamen die richtigen Worte wie von selbst. Sie erzählte Leylis, wer Seymor war, weshalb alle Leute [Sin] kannten, wie sie Tidus kennengelernt hatte und wie er mit den Asthra verschwunden war. Dann auch, dass sie jetzt neben einem Medium auch eine Sängerin war und wie sie Tidus wiedergefunden hatte. Vegnagun, Lenne und Shujin ließ sie hierbei jedoch weg. Schließlich hatte Leylis erwähnt, dass Letztere ihre Freunde waren und immerhin war ihre Geschichte nicht allzu glücklich verlaufen...

Leylis sah ihr mit einem tiefgründigen Blick entgegen.

"Ich verstehe... längst nicht alles, aber einiges. Du hast Angst, ihn wieder zu verlieren, nicht war?"

Yuna nickte leicht. Leylis sprach weiter:

"Seymor war schon einmal euer Widersacher, du warst sogar mit ihm verheiratet und ihr habt ihn besegnet, damit er, der nur ein umherwandelnder Geist war, seine Ruhe finden konnte. Kurze Zeit darauf ist Tidus dann verschwunden... richtig?"

Auf ein erneutes Nicken von Yuna, fuhr sie weiter fort:

"Ich denke, du hast einfach Angst, dass Seymor sich erneut in dein Leben einmischt und dass sich daraus Folgen entwicken, vielleicht sogar, dass Tidus am Ende wieder verschwindet. Das ist wahrscheinlich gerade deshalb so schlimm für dich, weil du die Sache mit Seymor genauso wie die der Asthra, die noch hinzukommen, für abgeschlossen gehalten hast..."

Yuna sah Leylis erstaunt an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Jemand, den sie noch gar nicht so lange kannte, sie so verstand.

"Ich glaube, dass er selbst oder Rikku, Wakka oder Lulu sowie irgendeinanderer deiner Freunde dich sicher noch viel besser verstehen würde, als ich. Doch du musst mit ihnen reden!"

Das hatte sie fast erwartet. Leylis riet ihr genau das, was ihr wahrscheinlich auch jeder andere raten würde. Das wusste sie, weil sie selbst es auch jedem empfehlen würde, der sich in einer ähnlicher Lage befindet. Aber...

"Ich kann einfach nicht darüber reden!", rief Yuna, "Solange ich nicht darüber spreche, existiert meine Angst davor nur in meinen Gedanken..."

Leylis sah sie ernst an:

"Was heißt hier "nur in deinen Gedanken"? Das kann schlimmer sein, als du glaubst. Du musst doch zu dem stehen, was du denkst!"

"Was soll ich denn machen? Ich glaub nicht, dass es mir helfen würde, wenn ich andere mit meinen Sorgen quäle..."

Nach kurzem Nachdenken, lächelte Leylis.

"Sing..."

Yuna meinte sich verhört zu haben.

"Singen soll ich? Wozu?"

"Singen kann sehr befreiend sein, hast du das noch nicht bemerkt? Du erwähntest doch, dass du eine Sängerin bist... Du bist Lenne sehr ähnlich. Sie hat mir den Tipp mit dem Singen gegeben. Sie meinte, wenn man Sorgen hat, dann sollte man mit ganzem Herzen singen..."

Yuna blickte sie immer noch leicht irritiert an.

"Was soll ich denn singen?"

"Das ist gar nicht so wichtig. Wichtig ist, dass du dich mit der Melodie verbunden fühlst, sie von Herzen kommt und deinen Gefühlen entspricht. Alles andere ergibt sich dann von selbst..."

Yuna richtete sich mit dem Gesicht zur Wüste hin.

"Ok, ich versuche es!"

Zunächst summte sie leise vor sich hin. Dann meinte sie eine Melodie gefunden zu haben und begann leise zu singen. Yuna schloss die Augen. Ihre Melodie entwickelte sich ganz anders, als sie es geplant hatte, aber das war vielleicht ja auch Sinn der Sache...

Sie hörte ihre Stimme immer lauter und deutlicher, achtete aber nicht darauf, was sie eigentlich sang. Sie fühlte sich wie in einem Traum. Einer, der sie an Schlimmes erinnerte, aber dem sie zugleich nicht sofort entkommen wollte. Yuna sang inzwischen so laut wie sie es auch in einem Konzert machen würde. Dann hatte sie das Gefühl, als würde sich ihr Traum langsam dem Ende zuwenden. Sie ließ ihr Lied in einigen Tönen der Melodie ausklingen und öffnete die Augen. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Vorhin beim Singen war ihr das gar nicht aufgefallen... Jetzt verstand sie, was Leylis damit gemeint hatte, dass sie von ganzem Herzen singen sollte. Sie hatte ihre Gefühle in Töne umgewandelt und dadurch, dass sie sie sich auf diese Art und Weise vor Augen geführt hatte, kamen sie ihr nicht mehr so erdrückend vor. Sie hatte sich von ihnen gelöst... Ihre Gedanken waren nicht verschwunden, aber sie hielten sie auch nicht mehr gefangen. Dankbar drehte sie sich zu Leylis um. Diese lächelte.

"Du hast eine sehr schöne Stimme."
 

***
 

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Hallihallo und herzlich willkommen im neuen Jahr! ^^ (auch wenn ihr zu der Sorte Leute gehört, die das inzwischen nicht mehr hören können...)

Im Sinne der guten Vorsätze gibts von mir Kapitel 4 meiner Fanfic. Hoffe, es hat euch gefallen.

Hier die Übersetzung der einsamen Al Bhed Stelle in der Mitte der zweiten Seite:

"Tan Cyhtcdins ecd wi cdyng! Tea Yhmyka ryamd helrd sarn myhka!" -

"Der Sandsturm ist zu stark! Die Anlage hält nicht mehr lange!"
 

Wenn ihr etwas zum Fortlauf meiner Geschichte zu sagen habt, dann schreibt doch einen Kommentar. Ich würde mich darüber freuen!
 

Ich hoffe, demnächst etwas häufiger zum Schreiben zu kommen. Dann geht's auch schneller mit Kapitel 5: "Stay With Me ~ The Third Aeon" weiter.
 

LG
 

Leylis

Stay With Me ~ The Third Aeon

Kapitel V: Stay With Me ~ The Third Aeon
 

Vor sich hin lächeld sah Leylis die Wüste unter ihr vorübergleiten. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Yuna hatte sich wieder etwas entspannt und schien nicht ganz so bedrückt zu sein wie vor ein paar Minuten. Reden wollte sie im Moment sicherlich trotzdem noch nicht.

Leylis sah unten nichts als Sand... Trotzdem meinte sie, dass Rins Flugschiff bald an ihrem Ziel, Raes Cuhha, ankommen müsste. Sie blickte noch einmal zu Yuna, aber diese schien durch ihre Gedanken weit von der Realität entfernt zu sein. Sie schaute Richtung Himmel. An was sie wohl dachte? Ihrem Ausdruck nach zu urteilen, schien es nichts Schlechtes zu sein...

Nachdem sie für sich befunden hatte, dass es sie eigentlich nichts anging und sie Yuna besser ihren Träumen überließ, trat Leylis zurück in das Innere des Flugschiffes und wäre fast über Brüderchen gestolpert, der mitten im Gang auf der Lauer lag.

"Yuna, hat gesungen, nicht war... warum? Worüber habt ihr geredet?"

Man sah ihm an, dass es ihm nicht gefiel, dass jemand, den sowohl er als auch Yuna erst so kurze Zeit kannten, in einer solchen Situation mehr wusste als er selbst.

"Über nichts Bestimmtes...", antwortete Leylis.

Sie wusste selbst nicht, warum sie Yunas Gefühle so gut nachvollziehen konnte. Schließlich hatte sie vor zwei Tagen noch nicht einmal gewusst, dass es sie und Tidus überhaupt gab.

Dennoch... irgendwie erinnerten die beiden sie an Lenne und Shujin, warum nur? Etwa nur deswegen, weil sie sich äußerlich ähnelten... oder betraf das vielleicht auch ihr ganzes Wesen? Immerhin hatte ihr die Erinnerung an Lennes Anti-Depressions-Kur geholfen Yuna aufzuheitern, nachdem diese ihr von Ereignissen erzählt hatte, die sie innerhalb der letzten vier Jahren erlebt hatte...

"Was war denn nun genau?"

Brüderchen wackelte vor ihr hin und her. Leylis lächelte.

"Wir haben sozusagen Erinnerungen ausgetauscht."

Daraufhin schien Brüderchen vorerst keine weitere Frage einzufallen, was Leylis ausnutzte, um sich an ihm vorbei durch den Gang zu schlängeln.

Dann fiel ihr ein, dass, da Brüderchen ja Yuna nachgeschlichen war, im Moment keiner bei Tidus war. Sie lief Richtung der Quartiere. Wenn er aufwachte und niemand würde Yuna Bescheid sagen, dann wäre sie sicherlich nicht allzu erfreut darüber.

Leylis betrat den kleinen Raum und ging die Treppe nach oben. Tidus lag noch genauso dar, wie kurz nachdem das Flugschiff gestartet war. Wieder staunte sie über die verblüffende Ähnlichkeit mit Shujin. Ob Tidus auch Blitzball spielte? Schließlich war Yuna ja auch genau wie Lenne Medium und Sängerin... Wie sie so darüber nachdachte, kam ihr diese Möglichkeit immer sinnloser vor. Parallelen konnte es schließlich nicht überall geben und es war einfach nur blöd, zwei Paare einem genauen Vergleich zu unterziehen...

Sie nahm sich dennoch vor, Tidus mal nach seinen Hobbies bzw. seinem Beruf zu fragen, wenn er wieder aufgewacht war.

In Gedanken versunken hatte Leylis gar nicht bemerkt, wie Yuna hereingekommen war. Diese stand nun neben ihr.

"Danke!"

Leylis sah auf.

"Nicht nötig, ich hab hier ja sowieso nichts anderes zu tun und da kann ich genausogut bei ihm warten..."

Yuna sah ihr tiefgründig entgegen:

"Das meinte ich nicht... jedenfalls nicht nur. Danke... für vorhin!"

Darauf wusste Leylis nichts zu sagen. Während sie noch nach einigen Worten suchte, rührte Tidus sich neben ihnen. Kurz darauf öffnete er die Augen und sah Yuna an.

"Was ist passiert?"

Leylis nickte Yuna kurz zu und war schon auf dem Weg die Treppe hinunter. Sie konnte ihm in Ruhe alles erzählen...

Kaum wieder aus dem Raum merkte Leylis, wie das Flugschiff stockte, dann absackte und schließlich ganz still stand. Sie schienen angekommen zu sein. Leylis lief zum Ausgang und traf dort zusammen mit Brüderchen ein. Mit diesem kam ein gebräunter, blonder Mann, den sie als Al Bhed erkannte und der sich ihr mit dem Namen "Rin" vorstellte. Dementsprechend war er also der Besitzer des Flugschiffes. Sie hatte ihn bisher noch nicht getroffen, da sie sich aus verschiedenen Gründen nie auf der Brücke aufgehalten hatte.

Zusammen traten die drei hinaus in die Sonne, die nach wie vor auf Raes Cuhha niederbrannte. Yuna und Tidus würden sicherlich nach einiger Zeit nachkommen...

Kaum auf der Straße angelangt, erblickte Leylis auch schon einige Gestalten, die auf sie zukamen. Eine kleine Gruppe von Leuten, denen eine Person voranrannte. Als sie etwas näher waren, erstarrte Leylis. Nicht weil sie Rikku erkannte hatte, die genau auf sie zuraste und -sofern sie ihr Tempo hielt- sie vermutlich auch umrennen würde, sondern weil ihr zweiter Blick gleich darauf auf jemanden gefallen war, der neben Gippel daherging. Sie erkannte ihn sofort wieder. Jenen Mann, der sie kurz nach ihrer ersten Ankunft in Raes Cuhha angerempelt hatte...
 

°°°
 

Corax rannte... so schnell er konnte und ohne sich auch nur einmal umzusehen. Er hatte sofort begriffen, was los war. Er hatte es in ihren Augen sehen können, in denen des Mädchens, welches er heute Morgen verfolgt hatte, diese Fremde, die ihn selbst nach der einen kurzen Begegnung sofort wiedererkannt hatte, der Grund dafür, dass er jetzt durch die Straßen flüchtete!

Dicht hinter sich hörte er jemanden keuchen. Corax schaute kurz nach hinten. Fast erwartete er sie zu sehen, doch stattdessen erblickte er Gippels ziemlich wütendes Gesicht etwa zwei Meter hinter ihm und er holte auf!

Warum nur hatte er sofort an dieses Mädchen gedacht? Sie war noch ein ganzes Stück von ihm entfernt gewesen und er hatte direkt neben Gippel gestanden. Es war doch nur logisch, dass er ihm nun als erster auf den Fersen war...

Dicht hinter ihm rannte Rikku. Sie machte einen vorwiegend verwirrten aber doch etwas säuerlichen Eindruck. Erst hinter ihr kam dann jenes andere Mädchen... Sie hatte nur einmal seinen Namen gerufen und war losgelaufen. Da er nun ziemlich im selben Moment geflüchtet war, hatten alle sofort die Verfolgung aufgenommen.

Corax lief durch so viele Nebenstraßen, wie er nur konnte. Immer dort entlang, wo wenige Menschen waren, die ihn hätten behindern können. Es zwängte sich durch enge Gassen und wechselte die Richtung so oft es ging, doch es half alles nichts... er wurde seine Verfolger einfach nicht los!

"Bleib stehen!", schrie jemand. Eine Frauenstimme... ob sie es gewesen war?

Er sah erneut zurück. Gippel war keine einanhalb Meter hinter ihm. Corax schlug einen Haken und hechtete in eine weitere Gasse. Er rannte durch sie hindurch, als dicht vor ihm auf einmal eine Hand aus einer Nische hervorkam, eine ziemlich kleine Hand...

"Gienne, was zum Teufel machst du hier?!", zischte Corax, doch das kleine Mädchen nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit erstaunlicher Geschwindigkeit hinter sich her in ein Gebäude hinein.

Hinter ihm verschloss eine Steinplatte den Eingang.

"Was zum..."

Gienne sah ihn mit leuchtenden Augen an.

"Ich hab dich gefunden!", verkündete sie stolz und doch mit gedämpfter Stimme.

"Das hier ist mein Versteck... eins von vielen."

Corax traute seinen Ohren kaum. Er war noch nie hier gewesen. Also gab es doch jemanden, der die Stadt mit ihren ganzen ineinander verschlungenen Pfaden besser kannte, als er selbst.

"Warum bist du hierher gekommen, Gienne?"

Jetzt strahlte sie über das ganze Gesicht.

"Ich wusste, wo du bist! Yurina hat sich Sorgen gemacht und da bin ich losgelaufen."

Typisch, Yurina wusste natürlich wieder einmal nichts davon. Da sie sich aber sicherlich auch so alles zurechtreimen konnte, sollte er sich besser jetzt schon einmal auf ein Donnerwetter gefasst machen. Schließlich wäre er beinahe gefangen worden und er hatte Gienne mit hineingezogen... nicht freiwillig zwar, aber immerhin...

-Rumms-

Irgendetwas schien die Sandsteinplatte gerammt zu haben.

"Corax, wir wissen, dass du da drinnen bist. Komm heraus oder wir verschaffen uns Zutritt zu deinen kleinen Versteck!"

Das Leuchten war schlagartig aus Giennes Gesicht verschwunden.

"Corax..."

Er beugte sich zu dem kleinen Mädchen hinunter.

"Hat dein Versteck einen zweiten Ausgang?"

Sie schüttelte den Kopf, ihre kleinen Zöpfchen flogen hin und her und sie sah ihn ängstlich an.

"Macht nichts!", antwortete Corax.

"Pass auf Gienne, du gehst jetzt ein wenig weiter hinein und wartest dort, bis alle wieder weg sind, ok?"

Sie blickte ihm direkt in die Augen. Er war sich sicher, dass sie ihn verstanden hatte, allerdings schien sie so einfach nicht zu gehen.

"Was machst du, Corax?"

Er seufzte. Diese Frage hatte er befürchtet...

"Ich locke sie von hier fort und dann läufst du zurück zu Yurina."

Zwei tiefgrüne Augen mit spiralförmigen Pupillen schienen sich in seinen Gedanken festbrennen zu wollen. Er strich Gienne leicht über die blonden Haare.

"Hab keine Angst. Ich komme immer wieder! Du kennst mich doch!"

Erneuter Lärm kündigte an, dass seine Verfolger wohl die Geduld verloren hatten. Er lächelte Gienne zu. Diese nickte daraufhin einmal kurz und verschwand mit kleinen schnellen Schritten weiter im Inneren. Bevor er sie ganz aus den Augen verlor, blickte sie noch einmal zurück und winkte ihm zu. Corax winkte zurück und wandte sich dann nach dem Eingang um. Die Sandsteinplatte schien recht stabil zu sein. Es dauerte sicherlich noch ein wenig, bis sie zu ihm durchbrechen würden. Dennoch... er konnte nicht riskieren, dass er sich weiter drinnen versteckte und seine Verfolger dann vielleicht auch Gienne fanden.

-Rumms-

Die Platte bewegte sich kaum. Es konnte noch ewig so weitergehen...

"Feura!", rief jemand.

Die Wand zerfiel in ihre Einzelteile und der Sand rieselte zu Boden. Corax betrachtete erstarrt die Stelle, an der eben noch eine unüberwindbare Sperre zwischen ihm und der Außenwelt gewesen war. Langsam hob er den Kopf und sah ihr zum zweiten Mal direkt in die Augen, in wunderschöne violette Augen...
 

°°°
 

"Gute Arbeit, Leylis!", rief Gippel und stürmte gleich darauf an ihr vorbei. Corax stand direkt vor ihm.

Endlich! Endlich hatte er im Hinblick auf das weiße Mithril etwas erreicht. Obwohl er schon lange versuchte mehr darüber herauszufinden, war ihm das bisher nicht wirklich gelungen. Der nun vor ihm stehende junge Mann war seine einzige Spur...

"Corax!", rief Gippel, "Ich habe zwar eine ganze Reihe an Fragen, die ich dir stellen möchte, allerdings kann das bis zum Hauptgebäude warten..."

Der Al Bhed vor ihm nickte. Er schien ohne Kampf mitkommen zu wollen.

"Na dann... Geh voran!", forderte Gippel ihn auf.

Corax schritt langsam an ihm und dem Rest der Truppe, welcher schräg hinter ihm wartete vorbei. Die ganze Zeit über hielt er seinen Blick starr nach vorne gerichtet. Nur einmal meinte Gippel, dass er Leylis kurz ansah...

Schweigend marschierten alle zurück zum Zentrum Raes Cuhhas. Fast erwartete Gippel, dass Corax versuchen würde, zu fliehen, doch er verhielt sich ruhig und folgte ihnen, ohne Widerstand zu leisten.

"Warum hast du uns geholfen?", fragte Rikku, die inzwischen neben ihm herlief.

"Rikku!"

Gippel hielt Corax davon ab, zu antworten. Das konnte warten, schließlich hatten sie das vorhin so abgemacht. Für diese Ansicht kassierte er allerdings einen beleidigten Blick von Rikku.

"Geholfen?", warf Leylis ein.

Rikku seufzte und machte sich anschließend daran, ihr zu erklären, wie Gippel und sie gegen die Echse gekämpft hatten, durch welche zuvor Raes Cuhha angegriffen worden war, sich dabei in der Wüste verlaufen hatten und Corax sie aus ihrer endlos scheinenden Herumirrerei gerettet hatte. Damit war sie auch den Rest des Weges zum Hauptgebäude beschäftigt...

Im Stillen dankte Gippel Leylis dafür. Er brauchte wirklich mal eine Pause von der ganzen Streiterei mit Rikku und schließlich war in den eineinhalb Tagen, die sie erst in Raes Cuhha verbracht hatten schon eine ganze Menge passiert, woran ihn sein immer noch leicht brennender Arm stetig erinnerte. Doch jetzt hatte er erst mal andere Dinge im Kopf und diese hatten größtenteils mit Corax zu tun...

Vor dem Zentrum der Stadt angekommen, seufzten alle auf. Corax sicherlich weil er nicht genau wusste, was ihm bevorstand, Brüderchen und Rin wohl, weil sie sich hier als Al Bhed wie in die Heimat Zurückgekommene vorkamen und Leylis... vielleicht, weil sie einfach beeindruckt war. Rikku jedoch, da war er sich sicher, hatte genau wie er Ruhe im Sinn.

Allerdings ging das nicht... zumindest nicht sofort.

Er dirigierte Corax in einen leeren Wohnraum hinein, wo sich zunächst alle auf den Sitzplätzen um einen Tisch herum niederließen. Gippel zögerte zunächst, sich aus der direkten Nähe des Diebes zu entfernen, doch auf einen sehr aussagekräftigen Blick von Rikku hin setzte er sich ebenfalls.

"Also... wo soll ich anfangen..?", begann Gippel.

"Warum hast du uns gerettet?", platzte Rikku los.

Gippel sah sie säuerlich an, doch sie ignorierte seinen Blick gekonnt und fixierte stattdessen Corax.

"Naja... Ihr habt schließlich die gesamte Stadt gerettet, oder?"

"Nicht allein!", antwortete Rikku sofort, "Wir hatten Hilfe von einer ganzen Reihe an Stadtbewohnern, unter anderem auch von dir!"

Corax sagte nicht sofort wieder etwas. Gippel erinnerte sich an ihn. Er war tatsächlich unter den freiwilligen Helfern gewesen...

"Es ging um unsere Stadt... Da sollten doch alle zusammenhalten!"

Gippel traute seinen Ohren nicht. Ein Dieb und eventueller Händler mit weißem Mithril redete über Teamwork!?

"Geholfen habe ich euch, weil Raes Cuhha mit euer Werk ist und weil ihr für die Stadt wichtig seid."

Gippel nickte. Er war sich zwar nicht sicher, ob er Corax glauben wollte, aber schließlich waren sie auch noch nicht bei dem Thema angelangt, über das er reden wollte.

"Was weißt du über weißes Mithril?"

Er starrte Corax unentwegt an, entschlossen, ihm jede Lüge anzusehen. Dieser sah kurz hinüber zu Leylis. Sie hatte sich die Haare aus dem Gesicht gestrichen und die Ohrringe aus dem legendären Material waren gut zu erkennen. Corax holte einmal tief Luft.

"Eigentlich weiß ich nicht viel.", begann er, "Ich arbeite nicht mit diesem Material und ich wüsste auch gar nicht, wo ich es finden könnte. Ich schnappe mir lediglich kleine Dinge, die wertvoll aussehen. Dann liefer ich sie bei so 'nem Typ ab, der leitet sie an tausend andere weiter, die bearbeiten es und nach einiger Zeit bekomm ich die fertige Handelsware zurück..."

"Du denkst also, wir nehmen dir ab, dass es reiner Zufall war, der dich an ein solches Schmuckstück kommen ließ?!"

Gippel spürte Wut und einen leichten Anflug von Enttäuschung zugleich. So durfte seine einzige Quelle einfach nicht verlorengehen.

"Genauso war es aber!", erwiderte Corax.

"Ich hab nicht so sehr auf das Material geachtet, weil ich damit beschäftigt war, einen guten Preis für die Ohrringe herauszuholen. Den Erlös muss ich mir schließlich auch noch mit meinem Mittelsmann teilen."

Gippel horchte auf:

"Und wer ist dieser Mittelsmann?"

"Der dem ich die Steine zum Weiterliefern gegeben hab... Ich werde ihn nicht beim Namen nennen!"

Fabelhaft, dachte Gippel. Was sollte er jetzt machen? Corax machte nicht den Anschein, als ob er log und zudem würder seine Spur über diese ewige Kette von Leuten wahrscheinlich sowieso nicht zurückverfolgen können. Corax schien zu wissen, was er dachte...

"Ich würde euch helfen, wenn ich könnte. Mit weißem Mithril handle ich eigentlich grundsätzlich nicht."

Gippel nickte erneut. Corax brachte sie tatsächlich nicht weiter. Aber was sollte er jetzt mit ihm machen? Einfach laufen lassen? Immerhin hatte er sie bestohlen, das wäre ein Grund, ihn in den Kerker zu werfen, doch der Gedanke daran widerstrebte ihm, weil ihm bewusst war, dass Corax für Raes Cuhha gekämpft hatte...

"Ähhm..?"

Leylis schien nicht recht zu wissen, ob sie nun etwas sagen sollte oder lieber nicht. Als jedoch alle sie erwartungsvoll anblickten, meinte sie:

"Vielleicht kann er ja doch helfen..."

"Und wie?", warf Brüderchen ein.

"Naja, er hat immerhin bestimmte Beziehungen... Kontakte, die ihr niemals haben könntet, weil ihr hier zu bekannt seid."

Gippel ging ein Licht auf.

"Wenn er für euch arbeitet, könnt ihr an Informationen kommen und er kann seine Schuld abtragen."

Die Idee war wirklich genial. Damit waren seine Probleme auf Anhieb gelöst.

"Nun, wie sieht's aus?", fragte er an Corax gewand.

Dieser überlegte nur kurz und lächelte dann leicht.

"Ich würde mich freuen, helfen zu können."

"Gut, aber keine Diebstähle mehr, verstanden. Wenn du zuverlässig arbeitest, entlohnen wir dich dafür! Ich denke, damit ist uns und allen geholfen."

Corax nickte einmal kurz zustimmend und grinste in die Runde.

"Hat irgendjemand Einwände?", fragte Gippel.

"Ich!", meldete sich Leylis zu Wort, woraufhin Corax ihr einen erstaunten und leicht beunruhigten Blick zuwarf. Mit ernstem Gesicht wandte sie sich an ihn.

"Ich will deinen ersten Lohn! Schließlich schuldest du mir 700 Gil, die ich für die Ohrringe bezahlen musste..."
 

°°°
 

Er spürte sie, eine Hand... Yunas Hand!

Seltsam... noch ehe er die Augen öffnete, war Tidus sich absolut sicher, dass es ihre Hand war.

Sie saß neben seinem Bett und sah ihn an. Er lag in einem Bett! Und schon wieder wusste er nicht, wie er hineingekommen war. Das durfte nicht zur Gewohnheit werden, sonst wusste er irgendwann gar nicht mehr, wo ihm der Kopf stand... Er setzte sich auf und seufzte.

"Was ist passiert?"

Wie in einem Déja-vù war er schon wieder davon abhängig, dass Yuna ihm erzählte, was geschehen war, während er mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend zuhörte und versuchte, sich an etwas zu erinnern. Er mochte solche Situationen nicht... und er hasste dieses unwohle Gefühl, dass sich noch verstärkte, als seine Frau ihn vorwurfsvoll und traurig zugleich anblickte.

"Yuna..?"

Dann seufzte auch sie.

"An was erinnerst du dich noch?"

Tidus überlegte kurz.

"An Seymor, an die Höhle, unseren Kampf mit ihm, daran, dass er mit so 'nem seltsamen Stein verschwunden ist und dass die Höhle einstürzte und an..."

"Ifrit..?", half Yuna ihm weiter und nagelte ihm mit einem tiefgründigem Blick fest.

"Ja."

Er hatte ihn wirklich gesehen. Nicht nur das, er war sich nun fast sicher, dass Yuna mit ihrer Vermutung bezüglich Bahamuts Recht hatte... dass er es war, der ihn gerufen hatte, wie er nun auch Ifrit gerufen hatte.

Jetzt erinnerte er sich. Er sah die Bilder direkt vor sich: Der Gang, den sie entlangrannten. Leylis, die auf sie wartete und schrie. Er hatte nach oben geblickt, zur Decke, die herunterstürzte und ihn selbst, Yuna und Brüderchen unter sich zu begraben drohte...

Er hatte nicht einen Moment daran gedacht, dass es vorbei gewesen sein könnte, dass sie es nicht schaffen würden. Nein, er hatte den Gedanken daran mit aller Kraft verweigert, es nicht wahr haben wollen... dagegen angekämpft. Das war der Moment, in dem er ihn gesehen hatte.

Ifrit hatte sich gegen die Decke gestemmt und ihnen allen offensichtlich zur Flucht verholfen.

Was genau geschehen war, wusste er nicht mehr. Tidus sah nun wieder unverwandt Yuna an.

"Was ist passiert, nachdem er erschienen ist?"

Yuna antwortete nicht und senkte ihren Blick.

Tidus gab sich alle Mühe, den Blickkontakt wieder aufzunehmen und sah nun flach auf dem Bett liegend von unten in ihre Augen.

"Hey, Yuna... was ist los?"

Sein mulmiges Gefühl verstärkte sich. So hatte er sie lange nicht mehr gesehen...

Dann ruckartig fixierte sie ihn mit einem Blick, den er ebenfalls seit einiger Zeit nicht mehr an ihr wahrgenommen hatte, und holte tief Luft.

"Du wärst fast verschwunden!"

Was auch immer er erwartet hatte, das war es sicherlich nicht.

"Was?!"

Mehr fiel ihm dazu vorerst nicht ein. Er wandte sich ab.

Nach Bahamuts Erscheinen hatte er sich etwas ausgelaugt gefühlt. Er war erschöpft gewesen. Das war zwar nicht allzu praktisch, aber irgendwo schließlich auch verständlich. Doch das jetzt...

Nicht nur bewustlos geworden sondern beinahe... verschwunden. Meinte sie damit etwa..?

Yuna schien seine Schlussfolgerungen erraten zu haben.

"Es war genau wie damals..."

Tidus sah sie an. Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinunter. Er beeilte sich, sie mit seinem Handrücken wegzuwischen.

"Yuna?"

Sie wich seinem Blick aus.

Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und drehte es sanft, bis seine Augen sich in ihren verschiedenfarbigen spiegelten.

"Yuna! Ich bin aber nicht verschwunden, ich bin immer noch hier!"

Seine Hände wurden feucht. Ihre Tränen fielen eine nach der anderen auf sie und schienen nicht aufhören zu wollen.

Tidus nahm sie in die Arme.

"Es geht mir gut! Yuna, es ist nichts geschehen, weshalb du weinen solltest!"

Doch er wusste nur zu genau, dass sie nicht wegen dem weinte, was geschehen war, sondern wegen dem, was passieren könnte...

"Ich habe Angst..."

Ihre Stimme zitterte leicht und noch immer konnte sie nicht aufhören, Träne um Träne zu vergießen.

"Lass mich nicht wieder allein, bitte, bleib bei mir!"

Tidus sagte nichts mehr. Wohl wissend, dass sie jede einzelne Träne wegen ihm vergoss...

Dann endlich hörte sie auf zu weinen.

"Tidus... Ich möchte, dass du mir etwas versprichst! Schwör mir, dass du keine Bestia mehr rufst, egal aus welchem Grund du ihre Hilfe erwünscht, ich bitte dich!"

Er antwortete nicht. Es war für ihn nicht schwer, sich in eine Situation hineinzuversetzten, in der ihm der Preis für eine Beschwörung egal wäre. Wenn es um ihr Leben ginge...

"Tidus!"

Yuna hatte sich aus seinen Armen gelöst und blickte ihn auffordernd an.

"Versprich es... jetzt gleich, bitte!"

Nach einem langen Blick setzte er schließlich zur Anwort an:

"Ich verspreche es dir. Ich werde dich nicht allein lassen!"

Daraufhin lächelte Yuna, ging wieder auf ihn zu und schloss ihn in ihre Arme. Kurz darauf spürte er ihre Lippen auf seinen.

Am besten wäre es, wenn sich gar nicht erst eine Situation ergäbe, in der er sein Versprechen beweisen musste, dachte er noch kurz, dann wandte er seine gesamte Aufmerksamkeit Yuna zu...
 

°°°
 

Illumina umgaben Yuna. Einen Moment lang war sie erschrocken über ihren Anblick. Sie musste sofort wieder an Tidus denken.

Die Illumina tanzten. Yuna folgte ihnen mit den Augen, sie begleiteten eine Frau bei ihrem Beschwörungstanz. Unweit von ihr stand eine weitere Frau.

"Die Schlafenden, werden erwachen und die Wachenden werden sich zur Ruhe begeben, um von den einst Schlafenden zu träumen..."

Das hatte keine der Frauen gesagt! Yuna wandte sich zu allen Seiten um, doch sie erblickte niemanden, der es gesagt haben könnte.

"Kehr um!"

Das war die stehende Frau gewesen... Sie kam Yuna irgendwie bekannt vor.

"Komm zurück..."

Eine andere Stimme, wieder suchte Yuna ihren Besitzer mit den Augen. Dann stockte sie, sie kannte diese Stimme! Schließlich fand sie auch, die Person, der sie gehörte. Sie stand etwas abseits der Frauen, hatte mit dem Ruf aber sicherlich eine von ihnen angesprochen. Seit zwei Jahren hatte sie diese Stimme nicht mehr gehört. Als sie nach ihr rufen wollte, bemerkte Yuna jemand anderes hinter sich.

"Nun, Lady Yuna, wieder zurück?"

Sie starrte den kleinen Jungen an, der die Asthra Bahamuts war.

Als sie nichts sagte, ergriff er wiederum das Wort:

"Weißt du, wo wir sind?"

Yuna blickte sich kurz um. Sie kannte diesen Ort.

Ein Ort voller Erinnerungen...

"Bis zum nächsten Mal!", sagte Bahamut.

"Wieso? Warum sollte ich jetzt geh...", setzte Yuna an, doch im nächsten Moment öffnete sie die Augen. Es war wieder nur ein Traum gewesen... wirklich nur ein Traum? Sie hätte einiges darum gegeben, noch länger mit Bahamut reden zu können, hatte sie doch das Gefühl, dass ihr Gespräch mit ihm wirklich stattgefunden hatte.

Es war bisher ihr längster Aufenthalt in diesem Traum gewesen, der offentsichtlich immer wiederkehrte und sich auch noch entwickelte. Das brachte sie dazu, ihm prommt noch mehr Bedeutung zuzuschreiben.

Doch nachzugrübeln brachte sie im Moment nicht weiter...

Ein Blick zur Seite sagte ihr, dass Tidus immer noch neben ihr lag. Er war sicher erschöpft. Leise, um ihn nicht zu wecken, stand Yuna auf und ging zur Tür. Sie war tatsächlich in seinen Armen eingeschlafen. Aber nach all dem, was sich heute zugetragen hatte, war es wohl auch kein Wunder, dass sie sich ebenfalls müde fühlte. Dennoch ging sie zum Außendeck. Wie lange sie wohl geschlafen hatte..?

Draußen strömte ihr milde, frische Luft ins Gesicht. Die Nacht war über Raes Cuhha hereingebrochen. Rikku und die anderen waren sicherlich in der Stadt geblieben, um dort zu übernachten. Dann können wir beide genausogut im Flugschiff bleiben und morgen zu ihnen stoßen, dachte Yuna gerade, drehte sich um und wollte schon wieder hineingehen, als jemand von hinten gegen sie prallte.

"Yuni!"

Sie wandte sich wieder herum und erblickte Rikku, die ihrer Cousine kurzerhand um den Hals gefallen war.

"Was machst du denn hier Rikku? Geht es allen gut?"

"Ich bring euch Kaktusmus zum Abendbrot. Wenn ihr ihn in den Kühlschrank stellt, kann man ihn auch später essen und ja, uns geht's allen gut...", Rikku sah sie nachdenklich an, "Wie sieht's bei ihm aus? Leylis hat mir alles erzählt. Glaubst du, dass..?"

Yuna schüttelte den Kopf.

"Ich habe darüber sowieso schon viel zu viel nachgedacht und das, obwohl ich es eigentlich gar nicht will!"

Rikku nickte verständnisvoll.

"Sag mal, meinst du, wir können über Nacht hier bleiben?", fragte Yuna, "Ich habe eigentlich wenig Lust, zu versuchen, Tidus wach zu bekommen und dann ins Zentrum umzuziehen..."

Rikku rollte mit den Augen:

"Natürlich bleibt ihr hier! Was meinst du, warum ich dir sonst das Essen hier hochgebracht hab? Ich muss jetzt aber gleich wieder zurück. Paps wollte noch mit mir über die Sandsturmschutzanlage und die Kaktoren reden. Ich glaube, er will uns zu Marnela schicken, damit wir uns bedanken... dabei sind sie diejenigen, welche sich bedanken sollten, wenn ich bei Leylis alles richtig verstanden hab!"

Yuna nickte kurz zustimmend, obwohl sie sich nur zusammenraten konnte, wovon genau Rikku sprach. Sie war schließlich nicht hier gewesen, als der Sandsturm zu toben begonnen hatte.

"Also dann, gute Nacht Yuni! ...und sieh zu, dass Tidus so viel schläft, dass er morgen wieder topfit ist!"

"Aber wieso..?"

Rikku sah ihre Cousine mit einem leichten Anflug von Zorn an.

"Das hast du doch nicht etwa vergessen, oder? Morgen ist Blitzball angesagt! Unser drittes Spiel der momentanen Liga... schlaf gut!"

Yuna wünschte ebenfalls eine gute Nacht und ging dann langsam und mit einer Schüssel voll Kaktusmus im Arm wieder in das Flugschiff hinein.

Sie hatte tatsächlich nicht mehr an das Spiel gedacht.

Yuna war inzwischen in der Küche angekommen.

Es war so viel geschehen. Da war es doch nur selbstverständlich, dass man etwas so normales vergaß...

Sie stellte das Essen in den Kühlschrank. Vielleicht könnten sie es morgen früh, als Frühstück essen.

Ob Tidus noch an das Spiel gedacht hatte? Würde er morgen auch sofort darüber Bescheid wissen. Ihm war schließlich ähnlich viel widerfahren wie ihr selbst. Hatte er Blitzball vergessen?

Yuna sah auf ihren schlafenden Mann hinunter.

Nein! Er sicher nicht!

Sie lächelte. Ihr Alltagsleben hatte sie wieder eingeholt.
 

°°°
 

Leylis gähnte hinter vorgehaltener Hand. Sie war todmüde. Kein Wunder bei dem was an dem Tag alles geschehen war. Allein die Geschichte mit dem Sandsturm und Seymor hätte schon gereicht. Das nun auch noch Corax hinzugekommen war, hatte ihr den Rest gegeben. Sie sehnte sich nach ihrem Bett, von dem aus sie heute sicherlich keine Sandsteinplatten zählen müsste, um einzuschlafen.

Doch stattdessen hockte sie im Moment mehr schlafend als wach auf einem Sitzkissen und bekam Bruchstücke dessen mit, wie Rikku sich mit Gippel, Brüderchen und ihrem Vater über die Sandsturmschutzanlage stritt:

“Ich hab es ja gesagt!...”

“Wer hätte so etwas...”

“Wenn die Kaktoren nicht gewesen wären...”

“... haben schließlich sie gerettet!”

“...egal”

“Unser Dank...”

“...Spiel morgen”

“Seymor ist an allem Schuld!“

“...du selbst”

“...Reparation...”

“Tu endlich etwas!”

“...nicht meine Schuld!”

Anhand dessen, was sie mitbekam, konnte Leylis sich denken, dass Rikku wütend war, weil die Anlage schon längst hätte verbessert werden müssen. Ihr Vater seinerseits war den Kaktoren dankbar, die mit ihrer Barriere die Stadt vor dem Schlimmsten bewahrt hatten und Rikku sollte sich mit Brüderchen an seiner Stelle bei ihnen bedanken. Das sah diese allerdings gar nicht ein, da sie morgen wohl schon etwas vorhatte und Brüderchen mit den anderen (also Yuna, Tidus und sie selbst) den Kaktoren schon einen Dienst erwiesen hatten, als sie in die Höhle gegangen waren. Während Cids und Rikkus Meinungen sich klar entgegenstanden, brachte Gippel mal für den einen, mal für den anderen Argumente und schrie tapfer mit. Brüderchen hingegen schien eher beschwichtigen zu wollen, was er für Leylis' Geschmack allerdings nicht ausreichend tat, denn sie bekam allmählich Kopfschmerzen...

“Hey, wollen wir für einen Moment an die frische Luft?”

Leylis schlug fast einen Purzelbaum nach vorne, als jemand sie leicht an der Schulter berührte. Verdutzt erkannte sie Corax vor sich, nachdem sie ihre Augen, von denen ihr nicht einmal aufgefallen war, dass sie sie geschlossen hatte, wieder öffnete. Sie brachte ein “Mmhhjaahh...” heraus und folgte ihm durch eine seitliche Tür und eine Treppe aus Sandstein herauf, bis sie schließlich auf einer Art Balkon standen und auf das nächliche Raes Cuhha hinunter blicken konnten.

Leylis gähnte erneut.

“Du siehst aus, wie eine Schlafwandlerin”

Corax grinste sie an.

“Danke, für das Kompliment. Ich hätte mich selbst als leichennah beschrieben...”

Die frische Luft tat gut. Langsam klappte es mit dem Augen offen halten besser und sie betrachtete die Stadt jetzt genauer. Vorbei war der bunte Trubel auf den Straßen. Alles war wie leergefegt. Ein Nachtleben schien Raes Cuhha nicht zu besitzen... ganz anders als Zanarkand.

“Du siehst nachdenklich aus...”

Leylis nickte ihm zu:

“Ich habe an meine Heimat gedacht. Zu dieser Zeit ist dort fast so viel los, wie am Tag... eine Stadt, die niemals schläft... Es gibt dort vieles, was es hier nicht gibt... Dinge, die ich vermisse.”

Corax sah sie eine zeitlang schweigend an, dann grinste er plötzlich:

“Du hast aber auch hier Dinge, die es dort bestimmt nicht gibt.”

Jetzt grinste auch Leylis:

“Ach ja? Was denn?!”

“Mich”, antwortete Corax, “und das dort...”

Er wies mit der Hand nach oben. Sie folgte ihr mit dem Blick und sah in den Himmel, an dem sich nicht eine Wolke befand, wie es in der Wüste üblich war, doch dadurch sah sie zu einem funkelnden Sternenhimmel hinauf. Er hatte recht behalten, so etwas gab es in Zanarkand nicht, dort leuchteten Lichter in allen Farben und hell wie Sterne, doch diese wirklich zu sehen war, auch wenn sie ihren Ansehen relativ gleich waren, ein besonderes Erlebnis. Sie lächelte zufrieden.

“Es tut mir Leid!”

Erneut überrascht wandte sie Leylis vom Himmel ab und Corax zu.

“Was?”

Er wirkte ziemlich zerknirscht.

“Die Sache mit deinen Steinen... ich habe nicht geahnt, dass sie etwas besonderes sind.”

“Schon gut. So sind sie sowieso viel praktischer!”, meinte Leylis und tippte an ihren rechten Ohrring.

“Sie stehen dir gut...”

“Danke.”

Irgendetwas an dieser Unterhaltung kam ihr definitiv seltsam vor. Corax hatte auf sie einen eher frechen Eindruck gemacht und er hatte sie bestohlen. Trotz allem wirkte er jetzt plötzlich ganz anders und schien nicht recht zu wissen, was er sagen sollte. Stattdessen starrte er sie an, blickte ihr direkt in die Augen, was Leylis langsam aber sicher nervös machte.

“Ich habe noch nie jemanden mit violetten Augen getroffen.”

“Ach so...”

Sie lächelte erleichtert:

“Meine Mutter hatte ebenfalls diese Augenfarbe. Für mich war es nie etwas ungewöhnliches, obwohl ich selbst auch kaum jemand anderes mit solchen Augen kenne.”

Corax betrachtete sie weiterhin.

“Ich wollte dir noch danken... ohne deine Idee bezüglich Gippels und meiner Zusammenarbeit hätte ich gewaltige Probleme bekommen.”

“Keine Ursache”, lachte Leylis, “immerhin bekomme ich so mein Geld zurück.”

“Mist, und ich dachte schon, du hättest es vielleicht vergessen...”

“Niemals!”, antwortete sie und gähnte erneut.

“Komm”, sagte Corax, “wir gehen wieder rein und beenden dieses sinnlose Aneinandervorbeischreien oder ignorieren die vier einfach und legen uns schlafen!”

“Gute Idee.”, gähnte Leylis zustimmend.
 

°°°
 

Tidus erwachte von einem lauten Scheppern und einem anschließenden Jaulen, dass sich vor seinem Zimmer abspielte. Daraufhin war er schlagartig wach und lief zu Tür, um nach der Ursache dessen zu sehen. Sie stellte sich als Wakka heraus, der über eine Kiste mit Phönixfedern, wie sie hier in Rins Flugschiff zu hunderten herumstanden, gestolpert war.

“Was machst du da unten?”, begrüßte Tidus ihn und half ihm hoch.

“Sehr witzig und mir geht's gut, danke!”, sagte der am Boden Hockende und trat die Kiste mit dem Fuß weiter in den Gang hinein.

Tidus grinste.

“Das freut mich ungemein, denn wir werden dich heute brauchen.”

Wakka nickte ernst.

“Du hast es also tatsächlich nicht vergessen...”

Yuna trat zu den beiden:

“Ich wünsche euch viel Erfolg.... Tidus, übertreib es nicht. Du bist gerade erst wieder richtig wach.”

Tidus nickte.

-Rumms-

“Aua!”

Yuna blickte ihn kurz verwundert an und lief dann außer Sichtweite. Kurze Zeit später kam sie mit Rikku zurück.

“Also ehrlich, was steht da auch diese Kiste mitten im Gang... ich hätte schwören können, dass die gestern noch nicht da war!”

Wakka machte ein betretenes Gesicht, was Rikku jedoch nicht zu merken schien.

“Leute, wir müssen los! Am besten sofort... da ihr alle jetzt erst wach seid, sind wir ein wenig spät dran und schließlich ist Luca eine ganze Ecke entfernt.”

Alle nickten zustimmend und kurze Zeit später standen Lulu, Yuna, Tidus, Rikku, Leylis und Wakka zusammen mit Rin vor dessen Flugschiff und waren bereit aufzubrechen. Rin würde sie nach Luca mitnehmen, denn schließlich kam er dort sowieso vorbei, wenn er in Richtung Mi'hen Straße wollte. Brüderchen würde heute zu den Kaktoren gehen, sich bei ihnen bedanken und sie fragen, ob sie etwas über Seymor oder den seltsamen leuchtenden Stein wussten.

Gippel wollte ebenfalls nicht mitkommen, da Corax versuchen sollte, etwas über das weiße Mithril herauszubekommen und Gippel auf diese Weise sofort zuschlagen könnte, wenn dies sich ergäbe. Zum Abschied hatte er Rikku gedroht, sie bräuchte gar nicht wiederkommen, falls sie verlieren sollten...

Endlich an Bord des Flugschiffes merkte man den Blitzballspielern ihre Nervosität an. Während unter ihnen die Wüste Bikanel vorüberzog, lief Rikku ständig hin und her. Wakka fing an jeden mit Blitzballstrategien vollzuquatschen, die keiner hören wollte und Tidus fragte sich, ob er trotz mangelndem Training zu Höchstleistungen auflaufen konnte.

“Ähm... Tidus?”

Aus seinen Gedanken gerissen, blickte er fragend zu Leylis auf, die sich zögernd umsah.

“Was ist hier los? Wieso verhalten sich alle so seltsam?”

Tidus grinste.

“Hast du das echt noch nicht mitbekommen? Wir haben heute ein Spiel!”

“Ein Spiel?”

“Blitzball!... Kennst du doch, oder?”

Leylis' Augen leuchteten auf.

“Klar doch! Jeder kennt Blitzball. Shujin spielt es ja und ich habe... du auch... seltsamer Zufall, was? Da verliere ich meine beiden besten Freunde, ein Medium und einen Blitzballer aus den Augen und lande bei zwei Personen, die ihnen verdammt ähnlich sehen und die gleichen Talente haben...”

Tidus wusste nicht was er sagen sollte. Recht hatte sie schon, aber konnte es etwas anderes, als ein Zufall sein? Nachdenklich schnappte er sich seinen Blitzball aus der neben ihm stehenden Tasche und drehte ihn zwischen den Händen.

“Oh nein!!!”

Ein Schrei und alle schraken zusammen, alle bis auf Rikku, die stattdessen halb die Treppe hinunterfiel. Tidus wandte sich irritiert der Ursache des Lärms zu:

“Wakka... Was ist los?”

Mit leicht panischem Gesichtsausdruck fing dieser an nun ebenfalls herumzulaufen und brabbelte dabei Halbsätze vor sich hin:

“Wie konnte ich nur vergessen...”

“Eine Katastrophe...”

“...bevor wir anfangen”

Lulu setzte dem ganzen ein Ende, indem sie ihrem Mann den Weg versperrte.

“Hey... sag mir, was los ist.”

Daraufhin ließ Wakka sich auf dem Boden nieder und blickte zu Tidus und der sich inzwischen wieder aufgerappelten Rikku hinüber.

“Sagt mal, habt ihr 'ne Idee, wie wir mit fünf Leuten spielen sollen?”

Entsetzt wurde Tidus klar, was er meinte. Brüderchen war zwar für die letzten beiden Spiele als Torwart eingesprungen, doch nun fehlte ihnen wieder ein Spieler. Auf Letty und Jash würden sie in Luca treffen, doch auch sie hatten keinen Blitzballer auftreiben können, deshalb sollten Tidus und Wakka in Raes Cuhha versuchen, Brüderchen umzustimmen, damit er doch noch ein wenig länger bei ihnen mitspielte. Bei dem ganzen Chaos, das sich zugetragen hatte, war diese Aufgabe allerdings bei ihm und anscheinend auch bei Wakka in Vergessenheit geraten...

“Yuni? Kannst du nicht mitspielen?”

Rikku warf ihrer Cousine einen flehenden Blick zu.

“Schließlich hast du vor zwei Jahren ständig mit mir gespielt!”

Yuna sah sie entgeistert an:

“Rikku, ich... aber... nicht als Torhüterin! Das kann ich nicht!”

Daraufhin richtete Wakka seinen Blick auf Rin, welcher ihn bemerkte:

“Vergiss es gleich wieder! Da kann ich auch nicht helfen.”

“Großartig! Und was jetzt?”

Tidus sackte in sich zusammen.

“Mach auch mal 'nen Vorschlag!”, kam es daraufhin von Wakka.

Tidus stöhnte. Als ob er einen passablen Blitzballspieler einfach so herbeizaubern könnte... die wuchsen schließlich nicht auf Bäumen. Mal ganz abgesehen davon, dass ihm selbst das jetzt wenig genützt hätte... an Bord eines Flugschiffes. Zeit genug, um in Luca noch jemanden zu suchen hatten sie auch nicht mehr, da das Spiel sehr bald beginnen würde...

Er müsste schon jemanden kennen... und ihn am besten auch noch an Bord haben... langsam kam ihm eine Idee. Er stand auf und ließ dabei den Blitzball aus der Hand fallen. Kraftvoll trat er ihn inmitten einer eleganten Drehung und der Ball sauste durch den Raum. Er fand sein Ziel... besser gesagt, das Ziel fand ihn. Eine kurze Bewegung und gleich darauf hielt Leylis den Ball in ihren Händen.

Triumphierend besah sich Tidus den erstarrten Wakka.

“Leute, ich denke, wir haben unseren sechsten Spieler gefunden!”
 

°°°
 

“Was? Ich... aber wie...”

Leylis ließ den Blitzball fallen. War das ernst gemeint? Sie wusste im ersten Moment nicht was sie fühlen sollte... Freude? Entsetzen? Überraschung? Angst? Auf jeden Fall wurde sie zunehmend panischer.

“Fantastisch...”, meinte Wakka, “noch ein Wunderspieler aus der Vergangenheit!”

Rikku hüpfte vor ihren Augen auf und ab.

“Super gemacht! Warum hast du nicht gleich gesagt, dass du Blitzball spielst.”

“Sieht so aus, als hätten eure Chancen sich gerade gewaltig verbessert.”, meinte Rin, die Augen allerdings in Flugrichtung orientiert.

“Stopp!”, rief Leylis, der der ganze Trubel zuviel wurde. Schlagartig wurde es wieder ruhig.

“Willst du etwa nicht?”, fragte Tidus.

Leylis schüttelte den Kopf. Damit hatte das ganze nichts zu tun.

“Ich will euch nicht enttäuschen... ich habe... noch nie an einem Blitzballspiel teilgenommen...”

“Oh...”

Wakka jedoch ließ sich nicht so leicht irritieren.

“Willst du denn mitspielen?”

“Was..?”

Ob sie wollte? Ihre Fähigkeiten außer Acht gelassen... wollte sie überhaupt spielen? Blitzball hatte sie schon immer fasziniert. Sie war oft alleine ins Station gegangen und hatte sich einfach nur durchs Wasser treiben lassen... zur Entspannung... zur Motivation. Zudem kannte und erkannte sie die Techniken der Spieler fast so gut wie Shujin selber. Manchmal... ja manchmal war sie sogar ein wenig neidisch gewesen, wenn sie und Lenne Shujin bei einem Spiel zujubelten. Ihn anfeuern... an seinen Sieg glauben oder ihn wieder aufbauen, wenn es mal nicht so gut gelaufen war... all dies waren wichtige Dinge, die auch für einen Sieg verantwortlich waren, doch trotzdem hatte sie sich manchmal gewünscht, unmittelbar am Geschehen beteiligt zu sein und über das Spiel entscheiden zu können... ein Wunsch von ihr, den jemandem mitzuteilen oder gar umzusetzen sie sich nie getraut hatte.

“Ich möchte schon... aber meine Fähigkeiten sind...”

“Darüber mach dir keine Sorgen!”, unterbrach Tidus sie, “Wir haben eben alle eine kleine Demonstration deiner Fähigkeiten gehabt und die war mehr als beeindruckend.”

Rikku und Wakka nickten bekräftigend.

“Außerdem könnten wir ohne dich gar nicht spielen.”

Leylis begann sich zu entspannen, doch ganz beruhigt war sie noch nicht.

“Was ist, wenn wir meinetwegen verlieren?”

“Dann trainieren wir dich so gut, dass wir beim nächsten Mal gewinnen!”, antwortete Wakka.

“Außerdem spielen wir schließlich Liga, da geht's am Ende nur um die Punkte und keiner fragt mal nach Siegen und Niederlagen... stimmts Yuna?”

Diese lächelte ihrem Mann zu.

Leylis begann zu lächeln. Erleichtert, dass wohl keiner Wundertaten von ihr erwartete, freute sie sich nun riesig auf ihr erstes eigenes Blitzballspiel. Zudem schien sie nicht nur als letzter Ausweg und bis man jemand besseren fand, sondern sogar als festes Mannschaftsmitglied angesehen zu werden.

“Danke Leute... das bedeutet mir eine ganze Menge!”

Tidus nickte ihr zu.

“In ein paar Minuten sind wir da.”, kündigte Rin an.

“Eine Frage habe ich aber noch...”, sagte Leylis zu Tidus, “Wie bist du auf die Idee gekommen, den Blitzball in meine Richtung zu schießen? Hätte ich ihn nicht abgefangen, wär ich wahrscheinlich mit einer riesigen Beule nach eurem Spiel erst wieder aufgewacht.”

Sie war wirklich gespannt auf die Antwort und fixierte ihn mit einem durchdringenden Blick, doch Tidus grinste nur.

“Ich hab gesehen, wie du gestrahlt hast, als wir vorher über das Thema sprachen und da dachte ich mir, dass mehr dahinter stecken könnte.”

“Aber sicher sein konntest du dir nicht...”

Er grinste bloß noch breiter.

“Auf einen Versuch kam es an.”

Ein Stück weit empört lief Leylis auf Tidus zu und machte Anstalten, diesen die Treppe hinunter zu schubsen, wodurch er vorsichtshalber ein paar Schritte zurückwich. Direkt vor ihm stoppte sie grinsend. Dann meinte sie leise:

“Das war es mir wert!”

Mit leuchtenden Augen sah Leylis hinunter auf das Wasser, welches unter ihnen floss und auf die Stadt, die schnell näher kam, Luca.

“Äh, Leylis?”

Wakka kam auf sie zu.

“Ich gehe davon aus, dass du lange genug die Luft anhalten kannst, sonst wären wir echt aufgeschmissen...”

Auf ein Nicken von ihr fuhr er fort:

“Wunderbar! Da du aber ja noch nie mitgespielt hast... kennst du die Spielregeln?”

Leylis bejate auch dies, schließlich hatte sie mehr als genug Spiele mitverfolgt und des öfteren mit Shujin gefachsimpelt.

“Noch besser!”, meinte Wakka, “Da ich Mannschaftskapitän bin, werde ich dich noch ein wenig in unsere Strategie einweisen...”

Von da an hörte Wakka nicht mehr auf zu reden und erklärte ihr in allen Ausführlichkeiten bei welcher Situation sie den Ball wem zuspielen sollte, was die Stärken und Schwächen ihrer Gegner, der Kilika Beasts, waren und auf welche Spieler sie besonders achten sollte.

Währendessen marschierte Rikku wieder das Flugschiff rauf und runter und wäre fast noch ein weiteres Mal die Treppe heruntergefallen, als Wakka sie anfuhr, sie mache ihn nervös. Tidus schien weiterhin in seinen Gedanken versunken und spielte mit dem wieder aufgesammelten Blitzball herum. Da jeder seiner eigenen Panik erlag, die Leylis nun so allmählich auch ansteckte, bekam sie kaum mit, wie sie in Luca landeten und sich durch riesige Menschenmassen hindurch zu den Umkleidekabinen wühlten.

Jetzt erst realisierte sie, dass Yuna und Lulu verschwunden waren. Wahrscheinlich waren sie Richtung Tribüne unterwegs. Dafür standen nun zwei ihr unbekannte Männer mit in dem Mannschaftsraum, die ähnlich nervös wie Tidus, Wakka und Rikku schienen und ihr neugierige Blicke zuwarfen. Wohl die beiden Abwehrspieler, denn dass Wakka und Tidus Torschützen waren und Rikku im Mittelfeld spielte, war ihr durch Wakkas ganzes Strategiegefasel auch klar geworden.

“Also Leute, gebt euer bestes! Die Kilika Beasts sind nicht unsere schwersten Gegner. Wenn wir uns anstrengen, schaffen wir das.”

Zu Jash und Letty meinte er noch:

“Das”, er nickte ihr kurz zu, “ist übrigens Leylis, unsere neue Torhüterin.”

Von draußen ertönte ein riesiger Jubel.

“Na dann... los gehts!”

Dann gingen sie alle nacheinander in einen Gang, der, wie Leylis an dem lauter werdenden Leuten erkennen konnte, in Stadion führen musste. Am Ende des Ganges konnte sie etwas Blaues ausmachen. Wakka und Tidus gingen hinein, die beiden Abwehrspieler und dann auch Rikku folgten. Leylis stockte für eine Sekunde und besah sich die blau durchscheinende Wand. Sie versuchte, ruhig zu atmen, holte dann noch ein letztes Mal kurz Luft und lief hinein. Sie befand sich sofort im Wasser. Eine seltsame Erfahrung für sie, den in Zanarkand sprangen die Spieler immer von oben in das Wasser hinein.

Sie reihte sich neben Rikku ein und schwamm mit den anderen in einer V-Stellung zur Mitte der Spielfläche. Als sie einen Blick nach draußen warf, sah sie Leute, die dicht an dicht den Spielern zujubelten, den Kilika Beasts, sowie auch den Besaid Aurochs und damit auch ihr selber zujubelten...

Das Gefühl war überwältigend!

Dann schwamm Rikku als Mittelfeldspielerin auf ihre Position, bereit für den Blitzstoß. Als die anderen Spieler ebenfalls ihre Positionen einnahmen, schwamm Leylis zurück bis zu dem Tor, das sie verteidigen würde. Sie drehte sich einmal und fixierte die feindlichen Spieler. Sollten sie ruhig kommen, sie war bereit. Das Spiel konnte beginnen!

Als ob der Schiedsrichter nur auf ihre Einwilligung gewartet hatte, kam gleich darauf der Anpfiff. Der Ball wurde hoch geschleudert... und Rikku fing ihn.

Sie schwamm sofort in Richtung des feindlichen Tores und ließ den anderen Mittelfeldspieler schon bald hinter sich zurück. Doch vor dem Tor baute sich eine Mauer auf. Rikku versuchte gar nicht erst, sie zu überwinden, sondern passte über das halbe Spielfeld zu Jash, welcher daraufhin ebenfalls zum Tor schwamm. Die Mauer kam ihm entgegen, doch er stoppte bald ab und schleuderte den Ball im hohen Bogen genau über jene Mauer. Der Grund dafür war Tidus, der sich während des Rückpasses seelenruhig hinter die Verteidigung geschoben hatte.

Er fing den Ball, warf ihn sogleich wieder hoch, machte eine elegante Rollte im Wasser und schoss.

Sphäroschuss... fuhr es Leylis schlagartig durch den Kopf. Genauso hatte auch Shujin sein letztes Tor geschossen.

Ein dumpfer Aufprall, ein Pfiff, ein Jubeln der Menge und es stand 1:0 für die Besaid Aurochs, doch das interessierte Leylis schon nicht mehr. Ihre Gegenspieler hatten den Ball bekommen und nun war gerade der Torschütze, vor dem Wakka sie gewarnt hatte, auf dem Weg zum Tor. Rikku und Jash waren außer Reichweite, Letty griff an, doch der Ballträger verlor diesen weder noch ließ er sich sonst irgendwie irritieren. Er hatte freie Bahn zum Tor...

Leylis bekam nichts mehr mit, nicht wie die Abwehr verzweifelt versuchte, den Angriff noch abzuwehren, nicht wie Tidus und Wakka, die ohnehin zu weit weg waren ihr die Daumen drückten und erst recht nicht, wie das Publikum den Atem anhielt. Sie starrte auch nicht auf den Blitzball, sondern fixierte den Angreifenden.

Er ließ den Ball los, dieser glitt im Wasser ein wenig nach unten, und schoss. Sie sah alles genau, wie er den Ball anschnitt und in welche Richtung. Links unten schrie ihr Verstand und sie schwang sofort ihre Arme dorthin. Sie spürte den Ball und hörte gleich darauf einen Pfiff.

Aber wieso? Sie hielt den Blitzball sicher in ihren Händen... Da wurde ihr klar, dass der Pfiff kein Signal für ein Tor gewesen war. Die Anzeigetafel zeigte nach wie vor 1:0 an und 5:00 Minuten Spielzeit.

Es war Halbzeit!
 

°°°
 

Für ein paar Minuten konnten sie sich ausruhen. Zufrieden betrachtete Wakka seine Mannschaft, die sich im Mannschaftraum niedergelassen hatte.

“Ihr wart klasse bisher! Unser Tor haben wir durch ein gutes Zusammenspiel geschafft und dass wir selber kein Tor kassiert haben, ist Leylis' Verdienst.”

“Jep, für jemanden, der noch nie Blitzball gespielt hat, bist du ziemlich gut!”, setzte Rikku hinzu.

“Noch nie... ähm Wakka...”

Jash und Letty sahen entsetzt aus.

“Hat sie nicht gerade bewiesen, was sie kann?”

Tidus grinste ihr zu.

“Aber ich muss zugeben, so allmählich glaube ich auch, dass du schon mal gespielt haben musst... oder du hast viel Talent und nochmehr Glück.”

“Äh...”, begann Leylis, “gespielt hab ich es schon immer mal... nur eben nie richtig in einer Mannschaft oder so...”

Wakka stand auf.

“Ist eigentlich egal, warum du spielen kannst, wichtig ist jetzt, dass du Mitglied unserer Mannschaft bist und du hast eben gezeigt, dass keiner dich hinterfragen muss. Ruh dich jedoch besser nicht darauf aus. Der Torschuss vorhin war völlig normal, ohne besondere Stärke. Ich kenne den Typ besser als du. Er kann deutlich mehr. Sein Pech, dass er dich unterschätzt hat, doch mach du nicht den gleichen Fehler... ”

Sie nickte kurz.

Wakka wandte sich an alle übrigen:

“Für euch gilt das gleiche: Unterschätzt unsere Gegner nicht. Nur weil wir sie in der ersten Halbzeit so leicht ausspielen konnten, heißt das nicht, dass das noch einmal möglich sein wird.”

Insgeheim rechnete er sogar mit dem Gegenteil. Die Kilika Beasts würden ihre Strategie ändern und es ihnen schwer machen...

“Wir müssen unseren Vorsprung weiter ausbauen!”

Dann begann er zu lächeln.

“Trotzdem habt ihr bisher super Arbeit geleistet. Wir gewinnen!”

Zustimmender Jubel kam von allen Seiten.

“Die Halbzeit ist vorbei!”, meinte Tidus mit einem Blick auf die Uhr.

“Also dann...”, sagte Wakka und anstatt seinen Satz zuende zu führen, lief er voraus und war schon im Gang verschwunden. Seine Mannschaft folgte und alle nahmen ihre Positionen ein.

Wakka betrachtete die gegnerischen Spieler. In ihren Augen spiegelte sich Ehrgeiz wieder... Das und ein wenig Zorn darüber, dass ihr Torschuss missglückt war. Er stöhnte in Gedanken auf. Das würde nicht allzu leicht werden...

Anpfiff!

Wieder fing Rikku den Ball, was ihr diesmal allerdings einen giftigen Blick vom feindlichen Mittelfeldspieler einbrachte. Irritiert warf sie den Ball zu Letty, vor dem beinahe sofort zwei Angreifer auftauchten. Er nahm die Attacke des einen hin, rappelte sich wieder auf und probierte dann einen Pass zu Jash zu werfen. Leider blieb es bei dem Versuch...

Der gegnerische Torschütze hatte nun den Ball und schwamm genau auf das Tor und somit auch auf Leylis zu.

Noch bevor er schoss, hatte Wakka eine Ahnung, wie das ganze ausgehen würde. Der Ball leuchtete kurz in einem leichten Grünton und raste dann Richtung Tor. Leylis stellte sich ihm entgegen und bekam ihn genau mittig zufassen. Sie konnte ihn allerdings nicht festhalten und wirkte letztlich mehr abgeschossen, als dass sie ihn abgewehrt hatte.

Jash fing den Ball auf und schwamm nach vorne. Wakka sah noch immer Leylis zu, die leicht taumelnd wieder die Mitte ihres Tores einnahm. Er hatte sich nicht getäuscht... ein Giftball.

Er hoffte bloß, dass Leylis sich davon nicht zu sehr beeinflussen ließ, denn schließlich waren immer noch etwa zwei Minuten zu spielen.

Jash passte weiter zu Rikku, die sich gleich darauf mit zwei Gegenspielern herumschlagen musste. Sie ließ beide angreifen. Dem ersten wich sie elegant aus.

Wakka grinste. Das Evasions-Training hatte sich offensichtlich gelohnt. Beim zweiten Angriff verging ihm das Grinsen. Der Angreifer nahm Rikku nicht nur den Ball ab, sondern schien ihr auch einen Teil ihrer Kraft zu rauben.

Verdammt! Warum fingen die in den letzten Spielminuten an, Techniken einzusetzten, mit denen er nicht gerechnet hatte?!

Ihre Gegner passten ein paar Mal hin und her, bis der Blitzball schließlich bei dem Torschützen ankam, dessen Torschuss Leylis in der ersten Halbzeit abgewehrt hatte. Er schien seinen Fehler wieder gut machen zu wollen und schlug sich durch die Verteidigung der Besaid Aurochs. In freier Bahn zum Tor schoss er.

Ein normaler Schuss?, fragte sich Wakka, bis der Ball begann, vor dem Tor einen halben Kreis zu drehen und seine Richtung änderte. Wakka starrte dem Blitzball hinterher, der seinem Namen alle Ehre machte. Leylis schwang sich im Bruchteil einer Sekunde in die obere linke Ecke...

und fing ihn ab!

Sie grinste den Torschützen an, von dem Wakka sich nicht vorstellen konnte, dass er diese Geste erwiderte und passte den Ball dann übers halbe Feld hin zu Letty, der ihn elegant inmitten einer Rolle auffing. Wenig später stand selbiger allerdings vor einem Problem, da sich vor ihm schon wieder zwei Angreifer aufbauten. Wakka blickte kurz zu Tidus, der von drei grimmig aussehenden Abwehrspielern flankiert wurde. Er traute ihm zwar schon zu, dass er mit allen drei fertig wurde, doch es darauf ankommen zu lassen, erschien durch Leylis, die mehr in ihrem Tor hing, als dass sie vor ihm schwebte, ein wenig zu risikoreich...

Aber Moment mal!

Wenn zwei Spieler Letty bedrängten und drei bei Tidus waren...

dann war er selbst völlig außer Acht gelassen worden!

Selbiges schien dem Ballbesitzer auch gerade klar geworden zu sein, denn schon flog der Ball in seine Richtung. Wakka fing ihn auf und schwamm noch ein paar Meter näher ans Tor heran, dem er als Torschütze ja sowieso immer verhältnismäßig nahe war.

So, jetzt werden wir euch mal zeigen, dass es in einer Mannschaft mehr als nur einen brauchbaren Schützen geben kann, dachte Wakka mit einem grimmigen Lächeln und schoss.

Der Ball verfehlte sein Ziel nicht. Ein Pfiff ertönte. 2:0 für die Besaid Aurochs!

Ein Anstoß für die Gegenspieler folgte. Sofort wurde nach vorne gepasst. Zu mehr kamen sie dann jedoch nicht, denn in dem Moment wurde abgepfiffen. Das Spiel war vorbei und sie hatten gewonnen! Sie schwammen alle noch einmal in die Mitte des Stadions, wobei Rikku Leylis hinter sich herzog und ließen sich vom Publikum bejubeln. Anschließend kehrten sie in die Umkleidekabine zurück.

Auch hier jubelten alle durcheinander, Rikku umarmte sie alle nacheinander und ihm selbst wurde kräftig auf die Schulter geklopft. Auch Leylis wurde mit einbezogen, als ob sie schon ewig mit dabei wäre. Allerdings sah sie immer noch etwas kränklich aus.

“Alles in Ordnung?”, erkundigte sich Wakka.

Sie nickte.

“Ich hab es mir nur nicht so anstrengend vorgestellt... und bin total erledigt.”

Rikku umarmte sie zum dritten Mal und meinte, dass sie sich doch etwas ausruhen könne und das nach einem solchen Spiel auch verdient habe.

Also packte sich Leylis auf die Liege und der Rest der Mannschaft verzog sich schon mal nach draußen, nur um dort weiter zu schnattern.

“Könntest du dir vorstellen uns auch bei den nächsten Spielen zu unterstützen? ” , fragte Wakka sie noch.

“Machst du Witze?”, erwiderte Leylis glücklich, “Mir hat noch nie etwas soviel Spaß gemacht. Ich würde liebend gerne mehr Blitzball spielen!”

Wakka grinste.

“Kannst du haben... Du warst wirklich toll, besonders dieser letzte Angriff von denen war ein recht gefährlicher...”

“...Spinball!”, ergänzte Leylis grinsend, schloss ihre Augen und war kurze Zeit später eingeschlafen, woraufhin Wakka den Raum verließ.
 

°°°
 

Vor der Kabine hatten sich inzwischen auch Yuna und Lulu eingefunden, die der Mannschaft gratulierten.

“Gute Arbeit! Ihr ward wirklich klasse. Die Kilika Beasts hörten sich vorhin nicht sonderlich glücklich an.”

“Leylis hat sich auch gut geschlagen.”, meinte der dazukommende Wakka.

Lulu nickte kurz.

“Sie haben sie unterschätzt.”

“Wo ist sie eigentlich?”, fragte Yuna.

“Ruht sich aus.”

Daraufhin wandte sie sich an Tidus.

“Und du? Wie geht es dir?”

Tidus grinste. Sie machte sich für seinen Geschmack einfach zu viele Sorgen, doch andererseits hätte er es wissen müssen.

“Könnte nicht besser sein.”

“Wir hatten eigentlich auch vor in der Halbzeitspause hierherzukommen, aber wir kamen einfach nicht durch.”

Lulu seufzte leicht.

“Ein Haufen Fans wartete vor dem Gang zu den Mannschaftskabinen, wohl in der Hoffnung einen von euch zu erwischen und tut es auch jetzt wieder.”

Wakka sah verwirrt aus.

“Warum warten die da draußen und nicht hier direkt vor den Kabinen auf uns.”

“Weil das Gebiet für Fans abgesperrt wurde. Nur Blitzballer und ihre Angehörigen sowie sehr enge Freunde kommen durch.”, erklärte Lulu.

“Oh, die Armen... und jetzt müssen sie da auf uns warten. Wisst ihr was Leute? Ich denke, wir sollten da jetzt ganz schnell hin und uns feiern lassen!”

Rikku hüpfte vor Vorfreude auf und ab.

“Na? Wer ist dafür?”

Lulu schien nicht sehr begeistert, Wakka wirkte hin und her gerissen und Letty sowie Jash und Yuna hielten sich heraus. Tidus grinste erneut. Das war natürlich auch eine Möglichkeit... eine, die man von Rikku hätte erwarten können. Er selbst hatte schon überlegt, ob sie vielleicht irgendwie unbemerkt entkommen könnten, um sich dann vielleicht in diesem gemütlichen Café zu einer Siegesparty einzufinden.

“Ähm, Leute? Hab ich eventuell noch Wasser in den Ohren, oder piept hier irgendwas?”, fragte Wakka.

Schlagartig hörten sie auf, alle durcheinander zu brabbeln und spitzten die Ohren.

“Hey ich glaube, du hast recht... ist aber ziemlich leise.”, meinte Letty.

“Scheint aus eurer Umkleidekabine zu kommen.”

Yuna ging ein paar Schritte näher zur Tür.

“Ach je, ich weiß, was das ist!”, meldete sich Rikku, “Mein Minisphärofon fängt an zu piepen, wenn jemand mich sprechen will. Hab ich eingebaut, weil ich es sonst immer nicht mitbekomme. Ich seh mal nach, was los ist, bevor es Leylis aufweckt.”

Damit verschwand sie. Tidus starrte ihr hinterher. Ein piependes Sphärofon? Auf Ideen musste man auch erst mal kommen. Rikku schien das allerdings nicht allzu schwer zu fallen, wenn man bedachte, was sie im Laufe der Zeit alles entwickelt hatte, um ihnen beim Kämpfen einen Vorteil zu verschaffen...

Nach einer Weile, die Lulu dazu nutzte, um Wakka einzureden, dass er keinen riesigen Siegestrubel mit den Fans wollte, kam Rikku wieder und wirkte noch aufgeregter, als dies vorher der Fall gewesen war.

“Wir haben ein Problem!”

“Ach, schon wieder?”, fragte Wakka belustigt.

“Ich meine es ernst.”, rief Rikku, woraufhin erneut alle verstummten.

“Corax hat für Gippel etwas über das weiße Mithril herausgefunden. Es soll eine Quelle im Abgrund in der Stillen Ebene geben.”

“Freut mich für ihn, aber was ist daran schlecht?”, warf Tidus ein.

Er wusste, was das für Gippel bedeutete. Schließlich hatte Rikku ihm und Yuna sowie auch Wakka und Lulu die ganze Geschichte erklärt.

“Das Problem”, erklärte Rikku, “besteht darin, dass Corax sich während seiner Nachforschungen verplappert hat, die Händler jetzt sofort dahin und alles mitnehmen wollen und Gippel meint, dass er, selbst wenn er Corax vorher nicht umbringt, niemals rechtzeitig dort ankommt, weil Brüderchen bereits mit der Celsius hierher geflogen ist, um noch etwas vom Spiel mitzubekommen und uns abzuholen.”

Tidus sprang auf.

“Dann dürfen wir keine Zeit verlieren! Wir sind in ein paar Minuten dort, wenn wir uns beeilen.”

Rikku strahlte.

“Dann haben wir wirklich ein Problem.”, meinte Lulu, “Wie gedenkt ihr denn schnell an euren Fans vorbeizukommen und was machen wir mit Leylis? Wenn sie alleine in einer ihr unbekannten Stadt aufwacht, wird sie sicherlich nicht allzu begeistert sein.”

Rikku biss sich auf die Lippe und dachte kurz nach.

“Na gut”, verkündete sie dann, “Jash, Letty und ich gehen raus und lassen uns feiern. Später hol ich Leylis noch dazu. Ihr hingegen wartet, bis wir mit den Fans verschwunden sind und fliegt zur Stillen Ebene. Brüderchen wartet am Eingang der Mi'hen Straße.”

“Aber solltest nicht gerade du gehen?”, fragte Yuna.

Rikku verneinte.

“Ich kann das Sphärofon auf diese Art und Weise im Auge behalten und vertraue darauf, dass ihr mich würdig vertretet. Zudem wird es hier bestimmt nicht langweilig, wenn man euren Worten glauben darf und da draußen wirklich so viel los ist. Hat noch jemand Einwände? ”

Alle schüttelten die Köpfe.

“Dann los! Und viel Glück euch!”

Damit verschwanden Rikku, Letty und Jash hinter der nächsten Ecke und kurz darauf kamen Jubelschreie aus der Richtung.

“Jetzt sind wir dran.”

Tidus lief voran und Yuna, Wakka und Lulu folgten ihm nach. Am Ausgang Lucas angekommen, sahen sie die Celsius sofort und Brüderchen kam ihnen entgegen.

Mit den Worten “zur Stillen Ebene” scheuchten sie ihn gleich wieder ins Flugschiff hinein und erklärten ihm während des Flugs, worum es ging.

“Ihr wollt, dass ich euch in die Felsspalte hineinfliege!? Yuna, ich hoffe, du hast nicht vergessen, dass das ein direkter Weg ins Abyssum ist!”

Yuna schüttelte den Kopf.

“Natürlich nicht, aber so weit runter werden wir hoffentlich auch nicht kommen. Wir suchen nach einem Vorsprung oder so etwas ähnlichem.”

Brüderchen schüttelte den Kopf, flog kurz darauf aber, ohne noch einmal nachzufragen, mitten in den Abgrund der Stillen Ebene hinein.

“Da vorne!”, rief Tidus.

Er hatte tatsächlich einen Felsvorsprung gesehen. Ein ziemlich schmaler allerdings, der sich weiter verengte und einen Weg am Abgrund entlang darstellte.

“Kannst du da landen?”, fragte Lulu.

Brüderchen machte eine Bewegung mit der Hand, als wolle er eine Fliege verscheuchen, die Tidus für sich mal so deutete, dass er es schon irgendwie hinbekommen würde...

tatsächlich stand die Celsius kurz darauf auf dem breitesten Stück des Pfades und sie konnten aussteigen, wofür sie allerdings mir einer Leiter vom Außendeck klettern und sich an der Wand entlangschieben mussten.

“Seid vorsichtig!”, rief Brüderchen noch und verschwand wieder im Flugschiff.

Die vier machten sich auf den Weg, eine Hand immer an die Felswand gelehnt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Tidus fragte sich, was sie am Ende des Pfades wohl finden würden. Er konnte sich schlecht vorstellen, dass sie auf einmal über eine Schatzkiste voller weißem Mithril stolpern würden...

Doch auf einmal baute sich ein unerwartetes Problem vor ihnen auf... eine Höhle. Der Weg ging jedoch an ihr vorbei noch weiter.

“Und jetzt?”, fragte Wakka, “Gehen wir hinein?”

“Wir haben vielleicht nur die Zeit um einen Weg zu prüfen...”, meinte Lulu.

Was aber, wenn sie den falschen nahmen und die Händler kamen, bevor sie es bemerkten.

“Wir sollten uns aufteilen.”

Yuna sah Tidus zweifelnd an. Ihr gefiel die ganze Sache nicht. Das konnte er sich denken, aber andererseits hatten sie wieder Ruhe, sobald sie hier fertig waren. Das war ihm Motivation genug, sich etwas zu beeilen.

“Na gut... Wakka, du gehst mit Tidus in die Höhle, schließlich hast du Erfahrung mit so etwas... und ich gehe mit Yuna weiter den Felspfad entlang. Wer etwas findet bleibt an Ort und Stelle, bei einer Sackgasse wird der andere Weg eingeschlagen.”

Sie nickten sich zu.

Dann ging Tidus mit Wakka vorsichtig in die Höhle hinein. Am Eingang hingen Fackeln. Tidus schnappte sich eine und entzündete sie, damit sie wenigstens etwas sehen konnten. Es war ein Gang, der in die Stille Ebene hinein verlief. Sie folgten ihm schweigend, bis sie nach einiger Zeit in einen größeren Raum kamen. Auf der anderen Seite führte ein anderer Gang weiter. Wakka lief kurz zu ihm hinüber.

“Da vorne gehts wieder raus, meldete er.”

Daraufhin besah sich Tidus den Raum etwas genauer. Er schien leer zu sein. Sich um sich selber drehend leuchtete er mit dem Schein der Fackel alles aus. Auf einmal nahm er aus den Augenwinkeln ein Glänzen war. Er drehte sich in die Richtung, konnte aber vor ihm nichts ausmachen. Tidus trat ein wenig näher an die Wand heran. Wieder ein Schimmern... aus der Wand? Er stellte sich genau vor sie und fuhr mit der Hand an ihr entlang. Im Inneren der Wand verlief eine Mithrilader, die weißsilbern glänzte.

“Wakka!”, rief er und verfolgte die Ader fasziniert weiter, bis er zu einer Stelle kam, an der jemand gewaltsam einige Stücke herausgebrochen hatte, wohl die Leute, denen Corax die Information entlockt hatte.

Wakka war zurückgekommen und ebenso begeistert, wie er selbst.

“Was machen wir jetzt?”, fragte Tidus.

“Warten...”, antwortete Wakka pflichtbewusst. Kein Wunder, schließlich war Lulu diejenige gewesen, die es so angeordnet hatte.

“Gut! Aber ich möchte trotzdem wissen, wo wir durch den anderen Gang genau wieder herauskommen. Wir sind einen leichten Bogen gelaufen. Vielleicht können wir Lulu und Yuna sehen und ihnen zurufen, dass sie hierher kommen sollen.”

Wakka erklärte sich einverstanden, zumal der Gang nicht sehr lang zu sein schien und folgte ihm den Weg hinauf. Wieder am hellen Tageslicht blinzelte Tidus mit den Augen und es dauerte, bis er wieder etwas erkennen konnte, doch dann...

“Vorsicht!”, schrie Tidus und riss Wakka mit sich zu Boden.

Ein Feuerball schlug genau hinter ihnen ein und ließ den Gang, durch den sie gerade gekommen waren, einstürzen. Mit Geisteinskrümeln in den Haaren und an der Kleidung rappelte Tidus sich wieder auf und erblickte zunächst den unpassierbaren Weg hinter ihnen, dann den riesigen Abgrund vor ihnen und schließlich in etwa fünfzig Meter Entfernung Lulu und Yuna, die auf einem etwas größerem Vorsprung standen und gegen eine Gestalt mit blauen Haaren und unzähligen Feuerbällen kämpften.

“Oh, verdammt!”, entfuhr es ihm.

“Seymor?!”, brachte Wakka neben ihm nur heraus.

Und es schien nichts zu geben, was sie tun konnten.
 

°°°
 

Ein Haufen Feuerbälle raste auf die beiden Frauen zu, doch mitten in der Luft erstarrten sie auf einmal. Yuna warf einen ratlosen Blick zu Seymor, doch der schien hoch konzentriert. Ein Seitenblick auf Lulu verriet ihr, dass diese es ebenso war. Die Feuerbälle vereisten und splitterten auseinander. Ihre Bruchstücke begannen nun in die entgegengesetzte Richtung zu fliegen, schmolzen jedoch vor ihrem Ziel und regneten in den Abgrund.

Seymor grinste boshaft.

“Obwohl es schade ist, das unser kleines Magiermädchen heute nicht mit dabei ist, stellt ein Kampf mit einer Zaubermeisterin eine angenehme Abwechslung dar.”

Daraufhin deutete er eine leichte Verbeugung in Lulus Richtung an, ohne sie dabei allerdings aus den Augen zu lassen. Sie begnügte sich mit einem abfälligem Schnauben als Antwort, machte eine ausladende Bewegung mit ihren Armen und ließ Blitze von Himmel zucken.

Seymor erstellte einen Schild um sich herum und die Attacke lief ins Leere.

“Du vergisst, dass ich Weiß- und Schwarzmagie beherrsche!”, lachte Seymor.

Lulu jedoch ließ mit grimmigem Blick ihre Arme erneut kreisen und schickte eine riesige Flutwelle auf die Reise. Seymor lachte nur und erweiterte seine Verteidigung. Die Welle erreichte ihn und spülte ihn bis kurz vor den Abgrund. Wütend richtete Seymor sich wieder auf und funkelte Yuna an. Sie hatte seinen Schild aufgelöst.

“Und du vergisst, dass Lulu nicht alleine kämpft!”, sagte sie.

Anstatt noch etwas zu erwidern, feuerte Seymor die nächsten Magiebälle ab. Yuna sprach Exfeu, weil Reflek vorhin für eine Menge Querschläger gesorgt hatte und sie möglichst nicht den Vorsprung einstürzen lassen wollte, auf dem sie sich im Moment befanden. Seymors Zorn schien auch Lulu anzustacheln, denn sie vollbrachte einen Zauber nach dem anderen. Yuna tat ihr bestes, um sie beide zu schützen und Seymors Verteidigung zu schwächen, wobei er das Gleiche tat.

“Feuga!”, schrien beide gleichzeitig.

Yuna hatte gerade noch im letzten Moment Seymors Shell gelöscht, doch offensichtlich hatte er dasselbe getan. Die beiden Zauber trafen in der Luft aufeinander und schleuderten die Kämpfenden auseinander. Allesamt sichtlich mitgenommen kamen sie wieder auf die Beine.

“Was tust du hier überhaupt?”, rief Yuna keinesfalls freundlich.

“Dasselbe wie ihr, möchte ich annehmen.”, gab Seymor zurück, “Obwohl ich nicht gedacht hätte, dass ihr das weiße Mithril zu nutzten wisst.”

“Nutzen? Was planst du damit, Seymor?“

Lulu schrie fast.

„Also wisst ihr es doch nicht... Ihr müsstet es doch spüren oder habt ihr es etwa noch nie berührt?“

Ein seltsamer Glanz trat in seine Augen. Er schien ihnen nicht mehr sagen zu wollen und es war Yuna inzwischen auch egal. Seymor war verrückt... wahnsinnig. So etwas konnte man nicht verstehen.

Sie stellte den Schild um sie und Lulu herum wieder her und gleich darauf griff Lulu erneut mit einem Hagel aus Blitzen an. Seymor reflektierte sie Richtung Yuna und diese sprach Exblitz, sodass der Angriff wirkungslos verpuffte. Nun griff Seymor seinerseits mit Eissplittern an. Lulu brachte sie innerhalb von Sekunden zum Schmelzen und benutzte die Wassertropfen für eine Wasser-Attacke. Seymor sprach Exwass. Es konnte ewig so weitergehen. Doch Yuna wollte gegen Seymor lieber keinen Ausdauerkampf hinlegen, schließlich hatten sie ihn schon zahlreiche Male besiegt und er war immer wiedergekommen.

Sie breitete ihre Arme aus und konzentrierte sich.

„Sanctus!“, rief Yuna.

Ihr Angriff schleuderte Seymor wieder ein paar Meter Richtung Abgrund, doch er fing sich ab und verzerrte das Gesicht vor Zorn.

„Wisst ihr was? Ihr habt die Ehre, der Premiere meiner neusten Magie beizuwohnen.“

Er streckte eine Hand aus und konzentrierte sich kurz, dann grinste er diabolisch.

„Wind!“

Yuna stockte. Von einem solchen Zauber hatte sie bisher noch nicht gehört. Sie warf Lulu einen fragenden Blick zu, doch diese schüttelte nur den Kopf.

Dann spürte sie ihn. Der Zauber war kaum zu sehen gewesen, doch jetzt hob er sie von den Füßen und blies sie ihrerseits zum Abgrund hin.

„Flare!“

Das war Lulu gewesen. Sie hatte sich anscheinend nicht beirren lassen und ließ ihren nächsten Zauber los.

Seymor schütze sich mittels Shell, wich ein paar Schritte zurück und sprach nun seinerseits einen Zauber, der die beiden Magierinnen bis kurz vor den Abgrund fegte. Es musste wieder ein Wind-Zauber gewesen sein, nur dieses Mal ein stärkerer.

Yuna stand entschlossen wieder auf und ärgerte sich darüber, dass sie keine Waffe dabei hatte. Lulu ebenfalls nicht, doch schien sie sich davon nicht stören zu lassen und griff weiterhin mit Flare an. Na gut, dachte Yuna, Seymor war nicht der einzige, der ein paar neue Tricks drauf hatte.

Sie streckte ihre Hände in Richtung des Himmels und sammelte kurz Kraft.

„Dialux!“, rief sie und ließ das heilige Licht auf Seymor fallen.

Sichtlich überrascht taumelte er nach hinten.

„Jetzt Lulu!“

Diese ließ sich nicht noch ein zweites Mal bitten und sprach ihrerseits einen Zauber, von dem erst ein unheimlicher dunkler Schatten ausging, der dann aber begann, violett und grün zu leuchten, Ultima...

Seymor sank auf den Boden nieder und begann leise zu lachen.

„Nicht schlecht... wirklich! Doch jetzt bin ich an der Reihe. Windga!“

Yuna sprach im letzten Moment Shell, doch der Zauber trug sie dennoch einige Schritte nach hinten. Der Fels unter ihren Füßen bröckelte. Sie verlor den Halt und fiel...

Mit den Händen klammerte sie sich reflexartig an der Felskante fest. Ihr Schild brach zusammen.

Sie hörte Seymor ein paar Mal Flare rufen und Lulu schreien. Als sie sich wieder auf den Vorsprung gekämpft hatte, hockte ihre Freundin auf dem Boden.

„Vigra!“, schrie Yuna und erstarrte, als ihr Zauber Lulu nicht erreichte, sondern Seymor traf.

„Vielen Dank euch Lady Yuna, ihr habt wohl meinen erstaunlich wirksamen Reflek-Zauber nicht mitbekommen...“

Sie ließ ihn gar nicht erst ausreden, sondern entfernte eben genannten sofort von Lulu. Doch noch bevor Yuna dazu kam, sie zu heilen, traf Seymors Flare dieses Mal sie. Mühsam kam sie wieder hoch. Schon spürte sie eine erneute heftige Windböe und ihr war klar, dass sie genau vor dem Abgrund stand. Yuna schloss die Augen. Als ob sie dadurch den Zauber verschwinden lassen könnte...

Doch der Stoß, mit dem sie gerechnet hatte, blieb aus. Sie riss die Augen auf. Ein flügelschlagendes Wesen vor ihr machte mit seinen Windstößen Seymors Zauber zunichte.

Valfaris, die Bestia der Lüfte, raste auf ihren Gegner zu und zwang ihn zu Boden. Schützend schwebte sie wieder vor Yuna, stieg noch etwas auf und schwang ihren Kopf anmutig durch die Luft.

So oft, hatte Yuna sie diesen Angriff ausführen sehen, doch nie war es ihr so schön vorgekommen, ihrer ersten Bestia bei ihrer stärksten Attacke zuzusehen.

Valfaris' Solarisstrahl sorgte dafür, dass, inmitten eines hell gleißenden Lichts der Teil des Vorsprungs, auf dem Seymor stand, komplett abbrach und er in die Tiefe stürzte. Yuna sah ihm nach.

„Glaub ja nicht, dass es vorbei ist!“, rief er noch, dann war er aus der Luft verschwunden. Yuna atmete tief aus und sprach einen Heilzauber für Lulu.

„Drei könnten eine zuviel gewesen sein... “

Yuna erstarrte. Langsam wandte sie sich der Stimme zu und erblickte die Asthra Bahamuts, die ihr traurig entgegenblickte. In dem Moment begriff sie, was gerade passiert sein musste. Noch ehe sie etwas sagen konnte, verschwand die Gestalt des kleinen Jungens wieder. Bestimmt tausend Dinge fuhren ihr durch den Kopf, aber bevor sie dazu kam ihre Gedanken zu ordnen, hörte sie jemanden nach ihr schreien. Erneut folgte sie der Stimme mit den Augen und erblickte Wakka auf einem Vorsprung auf der anderen Seite der Schlucht.

Er hatte sich hingekniet. Tidus lag auf dem Boden vor ihm. Illumina schwebten durch den Abgrund der Stillen Ebene.

„Nein...“, flüsterte Yuna.

Sie lief an den Rand der Schlucht und bemerkte, wie Lulu sie festhielt, wohl aus Angst, sie könnte hinunterstürzen. Mit den Augen suchte sie nach einem Weg um hinüberzukommen, doch es gab keinen.

Immer mehr Illumina schwirrten durch die Luft, bis sie schließlich auch auf dem Vorsprung neben Wakka nichts mehr außer ihnen erkennen konnte. Die farbenfroh schimmernden Geister schwebten hinab in den Abgrund und Yuna wusste nur zu genau, was sich dort unten befand. Sie sah erneut zu Wakka, er stand alleine neben heruntergekommenen Felsbrocken.

„Drei könnten eine zuviel gewesen sein... “

Die Worte der Asthra hallten in ihren Gedanken... wieder und wieder, wie für eine Ewigkeit...

fort.
 

°°°

Journey To The Farplane

Fassungslos starrte Wakka auf die Stelle, wo vor wenigen Minuten noch sein Freund gestanden hatte. Doch jetzt war er weg, fort... er selbst befand sich alleine am Rand dieser verdammten Schlucht.

Yuna und Lulu waren ebenfalls nicht mehr hier. Sie wollten Brüderchen mit der Celsius holen, um ihn von diesem Vorsprung herunterzubekommen. Seymors Zauber hatte nämlich ganze Arbeit geleistet und den Gang, durch den Tidus und er gekommen waren, verschüttet.

Und auch wenn ihn das im Moment herzlich wenig interessierte, musste er schließlich irgendwie hier weg...

Yuna hatte nicht gut ausgesehen. Sie hatte nichts weiter getan, nicht geschrien, soweit er es von hier aus beurteilen konnte, auch nicht geweint, sich kaum gerührt. Sie hatte nur in den Abgrund gestarrt. Es hatte eine Weile gedauert, bis Lulu schließlich den Arm um sie gelegt und sie den Felsweg zurück geführt hatte.

Wakka wusste nicht was er davon halten sollte. Unwillkürlich fragte er sich, wie Lulu reagiert hätte... oder er selbst, wenn seine Frau...

Er brach ab, wollte sich weiteres nicht einmal vorstellen und das musste er auch nicht... ihm war derartiges schließlich nicht geschehen.

Yuna jedoch passierte es schon zum zweiten Mal. Warum nur?

Sie und Tidus hatten es verdient, glücklich zu sein. Warum passierten solche Dinge?

Tidus war weg! Für immer?

Durch den Aufruf der Bestia war er verschwunden.

Das war ihm klar, doch genau wie damals konnte er sich nicht vorstellen, dass er ihn nie wiedersehen würde. Zudem gab es noch mehr Asthra, wieso also gerade jetzt?

Was war mit ihm geschehen? Wieso konnte er überhaupt beschwören? Wo war er jetzt?

Wakka stellte sich eine Frage nach der anderen und konnte keine von ihnen beantworten. Er dachte immer weiter über sie nach, bis ihm klar wurde, dass er nur nach einer Möglichkeit suchte, einem Hinweis darauf, dass Tidus nicht fort war und wo sie ihn wiederfinden könnten, wie damals...

Und wenn es eine solche Möglichkeit nicht gab? Wenn er tatsächlich weg war, für immer. Er konnte sich mit dem Gedanken nicht anfreunden.

Wenn er schon so an seinem Freund hing, wie musste es dann Yuna gehen?

Sie liebte ihn! Sie hatte ihn schon immer geliebt, das war deutlich zu spüren gewesen.

Dennoch hatte sie sich vor vier Jahren, nachdem er verschwunden war, auch wieder aufraffen können und war wieder fröhlich geworden. Nicht ganz sie selbst, aber dennoch fröhlich und schließlich hatte sie ihn wiedergefunden... und nun wieder verloren.

Würde sie ein zweites Mal die Kraft dazu haben, einfach weiterzuleben?

Wakka setzte sich auf den Boden. Er streckte sich kurz nach vorne, um einen Blick auf den Abgrund zu erhaschen. Yunas Erlebnissen zufolge war dies einer der Wege ins Abyssum. Ob Tidus wohl dort war? Schließlich waren die Illumina dort hinein geschwebt, überhaupt gingen die Seelen aller Verstorbenen dort hin.

Nur...

Tidus war nicht gestorben. Er war nicht tot... er war einfach weg!

Nur ein Traum der Asthra, der verschwunden war, als eben diese aufgehört hatten zu träumen, nachdem [Sin] besiegt worden war, nachdem sie nicht mehr gebraucht wurden, nachdem sie alle endlich Ruhe finden konnten. So hatte Tidus sich ihm damals erklärt, als er zurückgekommen war. Wie hatte er zurückkommen können?

Das hatte Wakka ihn damals auch gefragt. Als Antwort hatte er jedoch nur ein Grinsen seitens Tidus erhalten und die Aussage, dass er seine Rückkehr wohl den Asthra zu verdanken hatte. Schließlich sei es eine von ihnen gewesen, die Yuna gefragt hatte, ob sie ihn wiedersehen wolle...

Er hatte es nicht gewusst.

Er nicht und Yuna ebensowenig... oder sie hatten ihm nichts sagen wollen. Doch welchen Grund könnten sie haben, ihm eine solche Information vorzuenthalten?

Tidus konnte er schlecht danach fragen und Yuna... sie war bestimmt im Moment nicht dazu aufgelegt, mit ihm über derartiges zu sprechen. Allerdings ging es bei dem Ganzen doch darum irgendwie auf eine Möglichkeit zu stoßen, Tidus wiederzubekommen. Wakka nahm sich vor, mit ihr zu reden, wenn auch nicht sofort.

Sie würden schon eine Lösung finden... es musste doch irgendetwas geben, dass sie tun konnten, außer herumzusitzen und abzuwarten.

Das Geräusch eines Motors ließ Wakka aufspringen und nach oben sehen. Die Celsius flog über dem Abgrund, näherte sich seinem Vorsprung und schwebte schließlich direkt vor ihm.

Lulu war auf dem Außendeck.

„Wakka, komm hier rüber. Wir kommen nicht dichter heran, aber du müsstest hinüberspringen können!“

Er warf einen weiteren Blick in den Abgrund, fixierte dann jedoch das Flugschiff. Lulu hatte Recht. Der Abstand betrug gerade mal zwei Meter. Auch wenn er nicht viel Platz zu Anlaufen hatte, dürfte das keine Herausforderung werden.

Wakka machte sich bereit, lief an und sprang.

Er kam etwas unglücklich auf der nun doch schwankenden Celsius auf und purzelte über den Boden, vom Abgrund weg. Lulu half ihm hoch. Sie sah ihn ernst an.

„So schlimm?“

Sie nickte bedächtig.

„Sie hat kein Wort gesagt, überhaupt nicht auf mich reagiert. Wir sollten ihr Zeit lassen.“

Wakka nickte und behielt all seine Fragen und Vermutungen, um die sich seine Gedanken noch immer drehten, für sich. Zusammen gingen sie ins Innere des Flugschiffes.
 

***
 

Rikku hatte sich feiern lassen, wie geplant. Seit dem Blitzballspiel war sie von Fans umringt gewesen, die sie in verschiedene Bars geschleift hatten und ihr ein Getränk nach dem anderen ausgaben.

Seit einiger Zeit war auch Leylis mit von der Partie, was dieser jedoch sichtlich unangenehm war. Sie schien so viel Aufmerksamkeit nicht gewohnt zu sein, war bescheiden und vorsichtig mit dem, was sie sagte. Rikku hingegen lachte viel und machte ihrerseits Witze.

Fröhlich und ein wenig aufgedreht, so würde sie jemand in diesem Augenblick wohl beschreiben. Rikku grinste kühl bei dem Gedanken daran. Die einzige echte Mimik, die ihr zur Zeit abzuringen war.

Wo zum Teufel steckten Yuna, Tidus, Wakka, Lulu und Brüderchen nur?

Sie hatten ihr versprochen, sich zu melden, sobald sie eine Möglichkeit dazu fanden. Nun waren sie schon über zweieinhalb Stunden unterwegs. Das dauerte ihr alles zu lange!

War etwas passiert? Wenn ja, was?

Rikku umklammerte das Mini-Sphärofon in ihrer Gürteltasche, nach welchem sie immer wieder ihre Hand ausstreckte.

„Meldet euch!“, wisperte sie.

Doch nichts passierte.

Auch von Gippel hatte sie keine weitere Mitteilung erhalten. Hoffentlich war er vernünftig genug, in Raes Cuhha zu warten... bis Yuna und die anderen mit einem ausführlichen Bericht zurückkamen.

„Ist das nach einem Spiel immer so?“

Leylis besah sich mit fragendem Blick einen Typen, der ihr vom anderen Ende der Bar aus zuwinkte.

„Jep, wirst dich dran gewöhnen müssen.“, antwortete Rikku lachend.

Leylis wusste nichts vom Ernst der Lage... falls sie wirklich so ernst war, wie sie im Moment befürchtete. Anders als Rikku hatte sie nämlich den entscheidenden Auslöser, Rikkus piependes Sphärofon verschlafen und hatte von ihr nur die Kurzfassung erfahren...

Gippel hat sich gemeldet - Lager in der Stillen Ebene – Yuni und Co sind hingeflogen – Kommen bald wieder.

Klang ansich schließlich auch nicht bedrohlich. Dennoch... irgendwie hatte sie ein schlechtes Gefühl bei der Sache.

Ein Geräusch, das an einen pfeifenden Wasserkessel erinnerte, zwang Rikku, ihren halbherzigen Smalltalk mit einem gutaussehenden Al Bhed zu unterbrechen.

Hastig zog sie ihre Hand, die sich immer noch um das Mini-Sphärofon schloss, aus ihrer Tasche und schaute auf das Display.

„Rikku?“

Gippel blickte ihr in Miniaturform entgegen.

„Hi! Wie sieht's aus?“

Er sah nicht unbedingt unglücklich aus, doch schien ihn irgendetwas zu bedrücken.

„Gippel, Fyc ecd bycceand?“

Sie sah ihn auffordernd an und schließlich nickte Gippel leicht.

„Hih... fen rypih tea ryahtman kavihtah.“

„Und..?“

Gippel räusperte sich.

„Dud... bis auf zwei, die uns aber nichts sagen wollen.“

Rikku verkrampfte sich.

„Fea?!“

„Jemand scheint uns zuvor gekommen zu sein. Cea rypih ac helrd pec win Cdemmah Apaha kaclryvvd.“

„Danke für die Nachricht.“

Gippel nickte erneut und lief dann aus ihrem Bild.

Rikku seufzte und ging dann den Typen links und rechts bedeutsame Blicke zuwerfend aus der Bar.

Leylis rief sie im Vorübergehen noch zu, sie müsse für eine Weile an die frische Luft.

Draußen ließ sie den Wind durch ihre Haare wehen. Es war ruhiger hier, so ruhig wie es in Luca sein konnte.

Ein erneutes Fiepsen aus ihrer Gürteltasche veranlasste sie, das Sphärofon wieder hervorzukramen.

Es war Wakka.

Schon an seinem Gesichtsausdruck war zu erkennen, dass etwas passiert sein musste. Rikku schluckte innerlich. Warum musste sie mit sowas Recht haben.

„Erzähl schon!“, forderte sie ihren rothaarigen Freund auf.

Nach kurzem Zögern seinerseits, erfuhr Rikku den Grund für seine Stimmung.

Sie ließ ihn ausreden, stellte nicht eine Zwischenfrage.

„Rikku?“

Es hörte sich an, als wollte er sich vergewissern, dass sie noch da war, dass sie alles gehört hatte und er nichts wiederholen musste.

„Das glaube ich nicht!“

Sie ließ sich auf dem steinernen Geländer einer Treppe nieder.

Es war keine Sache, ob sie Wakka vertraute oder nicht. Auf den Gedanken, dass er sie anlügen würde, wäre sie nie gekommen. Hier ging es weniger um Glaube als um Verständnis...

„Er kann nicht einfach weg sein! Wir werden ihn schon finden!“

Wakka lächelte ihr müde zu.

„Sicher... aber wo anfangen?“

Sie setzte schon zu einer Antwort an, doch ein Blick in sein Gesicht zeigte ihr, dass er sich wahrscheinlich ebenso den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie sie im Moment.

Lange Zeit schwiegen sie sich an.

„Yuna..?“

Rikku war unfähig, die Frage ganz auszuformulieren, doch Wakka schien zu verstehen.

„Sie zeigt nach außen nichts. Doch gerade das macht mir Sorgen. Wer weiß, wie es in ihrem Inneren aussieht.“

„Wo seid ihr?“, fragte Rikku schon wieder direkt vor dem Eingang der Bar.

„In kürzester Zeit bei Rin in der Mi'hen Straße.“

„Ich komm hin!“

Rikku winkte kurz zum Sphärofon, stopfte es dann zurück in die Tasche und stürmte in das Gebäude, um Leylis mitzunehmen.

Drinnen rief sie ein paar sinnlose Entschuldigungen, von wegen ihr sei etwas dazwischengekommen und sie würde ja wirklich gerne bleiben, aber man würde sich ja nach dem nächsten Spiel wiedertreffen und alles nachholen und so weiter.

An ihrem Ziel angekommen, rettete sie Leylis vor einem schon nicht mehr ganz nüchternem Fan, der sich an sie heranschmiss, und zerrte sie aus der Bar Richtung der Grenze Lucas.

Kurz darauf rannte sie die Mi'hen Straße entlang und zog Leylis weiterhin mit sich. Sie hatte nur eine knappe Erklärung von sich gegeben und achtete nicht auf das Schnaufen der Beschwörerin.

Im Moment wollte sie nur so schnell wie möglich zu ihrer Cousine... zu Yuna.
 

***
 

Die Celsius setzte gerade zur Landung an. Im Moment schwebte sie noch über der freien Fläche vor Rins Reisebedarf, doch sie kam dem Erdboden stetig näher.

Yuna sah aus dem Fenster, sie konnte immer mehr Einzelheiten erkennen.

Niemand sprach ein Wort.

Brüderchen steuerte das Flugschiff und konnte sich im Moment nicht zu jemandem umdrehen, auch wenn ihm anzusehen war, dass er genau das wahrscheinlich liebend gern getan hätte.

Lulu war inzwischen auch still geworden. Anfangs hatte sie noch versucht, sich mit ihr zu unterhalten, es dann aber schnell aufgegeben, worüber Yuna eigentlich auch ganz froh war.

Als letzter im Bunde hatte Wakka über die Sphärofone mit mehreren Leuten geredet und schien nun nicht recht zu wissen, ob er ein Gespräch anfangen sollte, und wenn ja wie.

Yuna wusste nicht, wem er etwas von ihrer „Entdeckung“, von ihren „Problemen“ erzählt hatte.

Es war ihr egal.

Zumindest zur Zeit interessierte es sie nicht, was andere Leute dachten, taten oder sich wünschten. Für diesen einzigen Moment waren die Gefühle und Gedanken anderer für sie zweitrangig.

Sie selbst hatte ein Problem, auf das sie keine Antwort wusste, bei dem sie bezweifelte, dass irgendwer ihr eine Antwort geben könnte.

Das Flugschiff setzte auf dem Boden auf.

Yuna ging langsam Richtung des Fahrstuhls. Sie spürte, wie ihre Freunde sie anschauten. Sicherlich fragten die sich, wie sie sich fühlte, wollten ihr helfen, doch ihr war derzeitig noch nicht einmal klar, was sie fühlte, was sie fühlen sollte und erst recht nicht, was die anderen bei ihr an Gefühlen vermuteten.

Sie wich den Blicken aus und schritt voran, betrat den Fahrstuhl als erste und fand sich auch als erstes außerhalb der Celsius wieder. Yuna atmete die frische Luft ein.

Rin kam ihr bereits entgegen.

„Ein so schnelles Wiedersehen hatte ich nicht erwartet, was ist denn genau passiert?“

Yuna sagte nichts, immer noch nicht. Bevor sie überhaupt dazu kam, den Mund aufzumachen, nahm Lulu den Besitzer des Reisebedarfs zur Seite, wohl um ihm ihre Situation zu erklären...

„Yuna?“

Brüderchens Stimme hatte einen fragenden Unterton.

Sie sah ihn an, nur kurz, dann lief sie auf das Gebäude des Reisebedarfs zu.

Sie war gemein, sie machte ihnen Sorgen, sie ließ sie nicht helfen, es war ihr bewusst, doch konnte sie im Moment kaum einen klaren Gedanken fassen.

Fort... Er war weg. Tidus... weg.

Sollte sie jetzt traurig sein, weil sie ihn verloren hatte, wütend weil Seymor ihn ihr genommen hatte oder enttäuscht und verzweifelt, weil er sein Versprechen gebrochen und sie alleine gelassen hatte?

Es schienen ihr zuviele verschiedene Gefühle zu sein, als dass sie sich für eines entscheiden konnte.

Sie fühlte sich zerrissen.

Was sollte sie tun? Was konnte sie tun?

Nichts.

Sie war nicht in der Lage, etwas für ihn zu tun, er war fort... das war es, was sie fühlte... Leere.

Direkt vor dem Eingang des Reisebedarfs blieb sie stehen.

„Yuna!“

Sie drehte sich langsam um. Es war das erste Mal, seit ihrem Kampf mit Seymor, dass sie eine fest entschlossene Stimme hörte, ohne Unterton, ohne Vorsicht und Rücksicht auf sie.

Rikku stand völlig außer Atem vor ihr, sah ihr einmal in die Augen und stürzte sich dann auf sie.

Yuna fand sich in einer erdrückenden Umarmung wieder, die erst nach Minuten abebbte.

„Wakka hat mir erzählt, was passiert ist.“

Yuna nickte. Natürlich, der hatte schließlich fast den ganzen Rückflug über vor den Sphärofonen gesessen.

„Lass uns reingehen...“

Yuna sprach langsam, doch klangen ihre eigenen Worte in ihren Ohren so unruhig wie noch nie.

Zusammen mit Rikku betrat sie das Gebäude und beide machten sich sofort auf den Weg in ein Gästezimmer, dass Yuna beziehen wollte. Undeutlich nahm sie wahr, dass auch Lulu, Wakka, Brüderchen, Rin und Leylis, welche ziemlich erschöpft aussah, hinter ihnen den Reisebedarf betreten hatten.

Schnell hatten sie ein Zimmer gefunden. Yuna lief kurz zum Fenster und sah hinaus, der Tag neigte sich langsam dem Abend zu. In ein paar Stunden würde die Sonne untergehen.

„Yuna, ich weiß, die Frage ist bescheuert, aber... wie geht es dir?“

Rikku hatte sich neben sie gestellt und auch in ihren Augen war Sorge zu erkennen, etwas, das nicht zu ihr passte...

„Sei mir nicht böse, Rikku... aber das muss mir erst einmal selbst klar werden. Lass mich bitte allein!“

Sie nickte kurz und schien ihren Vorschlag zu verstehen.

„Wenn du deine Ruhe möchtest, dann bitte... ich versteh es, wenn du allein sein möchtest, aber ruf mich, wenn du mich brauchst.“

„Mach ich.“

Sie ging zur Tür, drehte sich noch einmal um, dann schritt sie hinaus und schloss die Tür hinter sich.

Yuna ließ sich auf ihrem Bett nieder.

Sie war allein... und schlagartig war ihr die Leere wieder bewusster.

Sie starrte in den Raum hinein, ohne an irgendetwas zu denken oder etwas wahrzunehmen.

Es klopfte an der Tür... dreimal, erst zögerlich, dann entschlossener. Das war das erste, was Yuna wieder bemerkte.

Schließlich öffnete sich die Tür noch bevor sie etwas sagen konnte.
 

***
 

Der Macalania Wald hatte sich in den letzten paar Jahren stark verändert. Ihm schien der Lebenswille abhanden gekommen zu sein und niemand wusste, was man dagegen unternehmen sollte. Die Bäume hatten ihren früheren Glanz eingebüßt und färbten sich immer mehr Richtung grau. Die Kristallpfade waren zerbrochen und nun lagen tausende kleiner schimmernder Splitter auf dem Waldboden.

An einigen Stellen waren Pflanzen aus unerfindlichen Gründen kristallisiert und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie ebenso wie die Kristallwege zersplittern würden.

Schmetterlinge gab es in dem Wald schon lange keine mehr, weder magische noch normale.

Er erinnerte sich daran, wie er sie einst gefangen hatte...

Einzig den Monstern schien der Wald noch zu gefallen, obwohl auch sie weniger geworden waren. Neben ihnen kam kaum noch jemand hierher, der es nicht musste.

Langsam schritt er den Weg entlang, der ihm so vertraut war.

Obwohl ihn der Zustand des Waldes jedes Mal erschreckte, war er einer der Ausnahmen, die gerne hierher kamen.

Seine Schritte führten ihn zu einem Ort, der ihm vertrauter war, als alle anderen. Mit jeder Bewegung vorwärts schwand mehr und mehr seines Umfeldes. Er sah den Macalania Wald so wie er einst ausgesehen hatte, vor vier Jahren, vor dem Sieg über [Sin].

Er blieb stehen.

Der Wald sah wieder so aus, wie er sich innerhalb der letzten Zeit verändert hatte. Und er schrie, der Wald schrie um Hilfe, machte ihm klar, dass es ihm nicht bestimmt sei, so zu enden.

Er konnte es hören.

Aber er wusste nicht, was er tun konnte... Dann war es wieder weg. Um sich blickend erkannte er mit einem Lächeln, dass er genau dort gelandet war, wohin er schon seit Betreten des Waldes hatte gehen wollen.

Vor ihm lag die Sphäroidenquelle des Macalania Waldes.

Nun ja, eigentlich war sie eine der beiden Quellen, doch für ihn war dies die eine, ein Ort, der schon immer etwas Besonderes für ihn gewesen war.

Die Sphäroquelle war noch nicht versiegt, obwohl sie längst nicht mehr so schön schimmerte wie in seiner Erinnerung...

Auch hier war der Untergang des Waldes zu spüren, Bäume, die ihre Farbe verloren, kristallene Pflanzen und Splitter bereits zerbrochener.

Dennoch fühlte er sich hier wohl in der Stille des Waldes und an diesem Ort.

Er stieg bis zu Hüfte in das Gemisch aus Wasser und Sphäromasse, dann fragte er sich kurz, ob er sich einfach in der Quelle treiben lassen sollte, um alles um ihn herum zu vergessen...

Er entschied sich dagegen. Im Moment schien es ihm wichtiger im Hier und Jetzt zu bleiben und sich nicht den Träumereien längst vergangener doch nicht vergessener Tage hinzugeben.

So ließ er sich auf einem kristallsplitterfreien Teil des Ufers nieder und blickte zum Himmel hinauf.

Es war spät geworden, der Mond war hervorgekommen. Obwohl es in dem Macalania Wald nie besonders hell war, wenn man nicht gerade an einer Reihe zersplitterter Kristallbäume vorbeikam, so übte er während der Dämmerung und besonders in der Nacht einen noch größeren Reiz auf ihn aus.

Wenn der Wald irgendwann nicht mehr existierte und das war, so wie es im Moment aussah, nur noch eine Frage der Zeit, dann würde er dieses Gefühl sicherlich vermissen wie einen guten Freund... ein Freund der um Hilfe schrie und er schien der einzige zu sein, der es hören konnte.

War es nicht seine Pflicht, etwas zu unternehmen?

Doch er wusste nicht was... Wie half man einem Wald, der ohne sichtbaren Einfluss sein Leben verlor?

Während er die Sphäroquelle betrachtete kam das Gefühl des Wohlbefindens zurück. Auch wenn die Bäume schwanden, die Quelle irgendwann nicht mehr da sein würde und es hier am Tag so hell wie in der Wüste wäre, der Zauber dieses Ortes würde für ihn nie vergehen...

Schließlich ließ es sich doch ins Wassergemisch gleiten, spürte die kühle, reine, sanfte Flüssigkeit um seinen Körper und ließ sich von ihr in die Quelle hineinziehen.

Er trieb im Wasser, dachte an nichts mehr, vergaß alles um sich herum.
 

***
 

Rikku stand im Türloch.

„Ich hatte das Gefühl, als ob du nicht wirklich allein sein wolltest...“

Yuna nickte.

Fast schon erleichtert schloss Rikku die Tür, ging auf sie zu und setzte sich neben sie auf die Bettkante. Sie hatte ihre Cousine von Anfang an nicht allein lassen wollen, aber aufdringlich zu sein war genauso wenig ihr Ziel.

„Möchtest du reden?“

Sie schüttelte den Kopf.

Rikku legte einen Arm um sie. Lange Zeit saßen sie einfach nur da und schwiegen. Rikku brach das Schweigen nicht, obwohl sie es nur allzu gerne getan hätte. Yuna musste sich doch irgendwie aussprechen, sich jemandem anvertrauen. Sie war so verdammt still...

„Er hatte mir versprochen, es nicht zu tun.“

Rikku horchte auf:

„Was versprochen?“

„Keine Bestia zu rufen.“

Yuna hielt ihren Blick nach unten gerichtet.

„Wenn nur Seymor nicht aufgetaucht wäre.“

Darauf hob sie ihren Kopf wieder und sah Rikku direkt an. In ihrem Gesicht war keinerlei Regung zu erkennen.

„Wakka hat dir wirklich alles erzählt wie es scheint.“

„Nur die Kurzfassung.“

„Verstehe....“

Sie wurde wieder still. Es machte Rikku langsam Angst. Wieso blieb Yuna so ruhig? Wieso zeigte sie nicht, was sie empfand. Sie war schon lange nicht mehr an die Pflichten des Mediumdaseins gebunden. Als solches hätte man von ihr vor vier Jahren erwartet, dass sie stets fröhlich war, aber jetzt? Das hatte nichts damit zu tun, dass sie ein Medium war, hier ging es nur um sie.

„Yuna...“

Rikku sah ihr immer noch in die verschiedenfarbigen Augen.

„Wieso weinst du nicht?“

Von der Frage schien sie überrascht zu sein, doch andere Gefühle blieben Außenstehenden verborgen.

„Sollte ich das denn? Oder sollte ich wütend sein? Oder verzweifeln? Was soll ich tun, Rikku? Was hast du erwartet als du gehört hast, was passiert ist?“

Erschrocken wich Rikku kurz zurück, dann kam sie wieder näher und legte ihre beide Hände auf die Schultern ihrer Cousine.

„Das fragst du mich?! Yuna, es ist doch wirklich egal, was wir davon halten, nur lass deinen Gefühlen endlich freien Lauf! Es ist mir nämlich ziemlich gleichgültig, was du tust, solange du überhaupt etwas machst. Halte dich nicht länger zurück, Yuna, wir verstehen dich!“

Yuna senkte ihren Blick erneut.

„Ich kann es nicht... ich weiß ja nicht mal, auf welche Gefühle ich mich einlassen soll...“

Rikku stöhnte.

„Komm mit!“

Damit packte sie Yuna am Handgelenk und zog sie hinter sich her.

Innerhalb kürzester Zeit, waren sie aus dem Reisebedarf herausgelaufen und standen nun vor einem Abhang der Mi'hen Straße. In der Ferne war eine Ruine zu sehen und hinter dieser ging die Sonne leuchtend rot unter.

Yuna stockte und Rikku wusste nur zu genau wieso. Sie war zwar damals nicht dabei gewesen, doch hatte ihre Cousine ihr erzählt, dass sie sich mit Tidus vor vier Jahren auch den Sonnenuntergang angesehen hatte und es seitdem immer mal wieder getan hatte.

„Warum, Rikku? Warum hast du mich hierher gebracht?“

Rikku sah sie nun schon fast wütend an.

„Damit du endlich deine Gefühle rauslässt. Glaubst du etwa, ich wüsste nicht, warum du kaum ein Wort sagst, seit ihr zurück seid? Du hast doch nur Angst, dass sie aus dir herausbrechen, wenn du den Mund aufmachst! Und genau das tust du jetzt verdammt noch mal. Mach ihn weit auf und schrei so laut du kannst.

„Was? Schreien..?“

„Ja, genau! Tidus und du... ihr habt zusammen gelacht, als ihr damals in Luca Probleme hattet und Leylis hat dir gezeigt, dass man Gefühlen im Singen Ausdruck verleihen kann. Jetzt zeige ich dir, dass man sich befreien kann, wenn man seine Gefühle herausschreit.“

Yuna starrte auf die untergehende Sonne.

„Ich weiß nicht, welche Gefühle... was ich fühle?“

Rikku drehte sie zu sich.

„Hörst du mir nicht zu?! Lass alles zu! Dass du dir nicht sicher bist, ist ja gerade der Grund für meinen Vorschlag. Leute schreien, wenn es ihnen zuviel wird, wenn sie anders nicht mehr klar kommen.“

Yuna öffnete den Mund, sie schien etwas sagen zu wollen, dann schloss sie ihn wieder und wandte ihren Blick dem Sonnenuntergang zu.

„Ich kann es nicht...“
 

***
 

„Lulu, kann ich dich kurz stören, bitte?“

Die Angesprochene sah sich um. Vor ihr stand Leylis, die inzwischen wieder zu Atem gekommen war.

„Sicher, was gibt es?“

Die beiden Frauen standen ein wenig Abseits des Reisebedarfes. Leylis sah hinunter auf die alte Mi'hen Straße. Dort in der Nähe musste sie gegen den Choco Gourmet gekämpft haben.

„Ehrlich gesagt würde ich genau das gerne wissen! Ich weiß, inzwischen hätte ich mich eigentlich daran gewöhnt haben müssen, dass ich ständig durch die Gegend renne, ohne überhaupt zu wissen warum und wohin, doch ich schaff es einfach nicht... Warum sind alle so niedergeschlagen? Was ist mit Yuna? Und wo ist Tidus?“

Lulu seufzte.

Es war wirklich nicht ganz einfach mit ihr, aber andererseits konnte sie gut verstehen, dass dieses junge Mädchen wissen wollte, was vor sich ging. In dieser Welt... dieser Zeit, von der sie noch so wenig wusste umso mehr.

Doch würde sie eines Tages wirklich alles hier verstehen, sich einfügen? Gehörte sie am Ende vielleicht einfach nicht hierher? Gehörte Tidus... hatte er je hierher gehört?

„Lulu? Was ist nun? Übernimmst du dieses Mal die Rolle, mir alles zu erklären?“

Sie schwieg. War es ihre Aufgabe, ihr Spira näher zu bringen oder gar Leylis der Welt vertraut zu machen? Was, wenn genau das wie bei ihm nur zu Unglück führen würde?

Sie mussten dieses Mädchen so schnell wie möglich zurück in ihre Zeit schicken... Doch bis dahin konnte sie sie nicht im Dunkeln lassen. Jeder Mensch sucht schließlich nach Erklärungen und es ist nur natürlich, sie ihm zu gewähren, wenn man dazu in der Lage ist.

„Was hat Rikku dir erzählt?“

Leylis lächelte. Offensichtlich war sie dankbar dafür, dass ihr die ganze Geschichte nicht vorenthalten wurde. Schnell wiederholte sie, was sie von Rikku erfahren hatte.

Dadurch wurde Lulu sehr schnell klar, dass Rikku sich vor ihr alle Mühe gegeben hatte, nicht nervös zu werden und ihre eigenen Befürchtungen herunterzuspielen. Dass sie Angst um ihre Freunde gehabt hatte, war ihr anzusehen gewesen, bevor sie gegangen waren. Sie hatte sich sicherlich sehr angestrengt und Erfolg gehabt...

„Was weißt du über die Asthra?“, fragte Lulu.

„Nun, es sind Geister von Menschen, die an unserer Welt festhalten, um sie zu behüten. Einige Personen entschieden zu ihren Lebzeiten, dass sie Spira besser helfen können, wenn sie zu Asthra werden. Deshalb gaben sie ihr Leben und ihre Körper auf und wurden zu den Geistern, zu denen wir beten.“

Erstaunt blickte Lulu die junge Frau an. Sie wusste erstaunlich viel, mehr als viele Menschen des derzeitigen Spira.

„In unserer Zeit“, begann sie anschließend, „sind die Asthra müde und sehnen sich danach, die Welt den Lebenden zu überlassen. Sie halfen uns mithilfe von Träumen [Sin] aufzuhalten und liehen uns im Kampf gegen selbiges als Bestia ihre Kraft. Doch es lag nicht in ihrer Macht, [Sin] endgültig zu vernichten, da jede Beschwörung von [Sin] benutzt werden konnte, um weiterhin zu bestehen.“

Leylis wirkte verwirrt, dennoch hörte sie aufmerksam zu.

„[Sin] zu besiegen, das wurde letztenendes von den Menschen vollbracht, von Yuna um genau zu sein. In diesem Kampf, der vor vier Jahren stattgefunden hat, wurden alle Bestia vernichtet, sodass [Sin] nicht weiterhin existieren konnte. Dadurch wurden die Asthra frei. Sie waren von dem Zeitpunkt an nicht mehr an diese Welt gebunden, erwachten aus ihren Träumen und verschwanden.“

Ihre Zuhörerin schüttelte den Kopf.

„Ich versteh es nicht! Welche Bedeutung haben diese Träume? Wie konnten die Asthra Spira aufgeben? Was hat das alles mit Tidus zu tun? In meiner Zeit ist alles so anders.“

Genau das hatte sie befürchtet. Zwischen Leylis' Welt und ihrer Zeit lagen über 1000 Jahre. Wie sollte sie eine Veränderung über einen so langen Zeitraum erklären?

„Ich kann dir nicht sagen, warum alles so ist, wie es nun einmal ist, aber ich frage dich, würdest du nach über 1000 Jahren, von denen nicht wenige voller Krieg und Hass waren, dich nicht auch nach Ruhe sehnen?“

Leylis schwieg. Sie senkte den Blick und besah sich erneut die Straße, die sich einige Meter unter ihnen erstreckte.

„Tidus ist eine Traumgestalt der Asthra. Das dürfte für dich deutlich machen, wie wichtig die Träume sind. Er gelangte durch die Macht [Sin]s in das reelle Spira. Als jedoch die Asthra verschwanden, ging er mit ihnen. Zwei Jahre später kehrte er wieder zurück.“

„Er ist nicht real?“

„Nein... Das heißt jedoch nicht, dass er nicht wirklich hier ist... war. Er ist eine von den Asthra erdachte Person nach dem Vorbild eines jungen Mannes, der dir sehr wohl bekannt sein dürfte.“

„Shujin...“

Lulu nickte.

„Wie ist er zurückgekommen und warum konnte er selbst eine Bestia beschwören, wo die nach deiner Erzählung doch nicht mehr existieren sollten?“

„Das... vermag ich dir nicht zu sagen. Ich bezweifle stark, dass er selbst es wusste. Yuna erzählte mir von Treffen mit einer Asthra, deshalb nehme ich an, dass es sie in irgendeiner Art und Weise noch gibt. Was genau sie in Bezug auf Tidus bewirkt haben, weiß ich nicht. Fest steht nur, dass er heute wieder eine Bestia gerufen hat und daraufhin erneut verschwunden ist, so wie auch damals.“

Leylis sah hinüber zum Reisebedarf.

„Deshalb ist Yuna...“

„Ja. Er hat sie dadurch vor Seymor, der in der Stillen Ebene auf uns getroffen war, gerettet. Wir wissen nicht, was wir ihr sagen sollen, wie wir ihr helfen können. Ich hoffe, Rikku hat mehr Erfolg bei ihrem Versuch als...“

In dem Moment brach Lulu ihren Satz ab und zuckte genau wie Leylis zusammen, als ein gellender Schrei über den Platz hallte.

„Yuna!“, rief Lulu und rannte in Richtung zweier Personen, die vor dem wunderschönen Sonnenuntergang am Rand der Schlucht standen.

„Yuna?“

Sie trat dicht an die beiden heran, als die weiter vorne stehende Frau sich umdrehte. Yuna sah ihr in die Augen. In den ihren spiegelten sich Angst, Trauer vielleicht sogar Zorn wider. Sie schüttelte den Kopf. Tränen fielen zu Boden. Sie rannen über ihr Gesicht, schienen nicht aufhören zu wollen.

„Yuna...“

Lulu machte noch einen Schritt auf sie zu. Da stürzte Yuna sich vorwärts, in ihre Arme und schluchzte heftig.

„Es ist in Ordnung! Ich bleib hier bei dir... lass alles heraus, Yuna.“

Lulu legte beide Arme um sie und strich ihr tröstend über den Rücken.

Rikku neben ihnen machte seltsamerweise ein höchst zufriedenes Gesicht.

„Ich finde, ich hab mir etwas Ruhe verdient.“

Sie packte Leylis an der Hand und zog sie mit sich in Richtung des Reisebedarfs.

„Komm, wir gehen schlafen!“, hörte Lulu sie noch sagen, bevor die beiden im Gebäude verschwanden und sich außer ihr und Yuna niemand mehr an jenem Ort in der untergehenden blutroten Abendsonne befand.
 

***
 

Der Drache war verschwunden.

Leylis stand ihrem Traum-Ich gegenüber. Es sah ihr direkt in die Augen und doch durch sie hindurch. Sie existierte hier nicht wirklich, doch... war es nicht eigentlich der Traum, der nicht existierte?

“Wo sind wir?”, fragte sie die Person vor ihr, die ihr augenscheinlich in allem glich und doch etwas in ihren Augen lesen ließ, dass Leylis bei sich nie gesehen hatte. Sie schien nicht unglücklich zu sein, aber etwas bedrückte sie. Sie war zu allem entschlossen, um ihr Ziel zu erreichen und strahlte etwas wie Endgültigkeit und die Entscheidung, etwas Schwerwiegendes, vielleicht sogar Schlechtes zu tun.

In einiger Entfernung zu ihr war eine weitere Frau auf den Boden gesunken. Sie waren von Trümmern umgeben. Leylis sah sich um, sie kannte diesen Ort, aber woher nur? Wo war sie?

“Fragst du dich, wo du bist, oder wo sie ist?”

“Ist das nicht das Gleiche? Du sagtest doch, das dort sei ich!”

Leylis deutete auf die entschlossene Frau mit dem traurigen Blick.

“Du bist es und wieder nicht... Du könntest zu dieser Person werden, doch es muss nicht so sein.”

“Heißt das etwa, dass sie meine Zukunft ist?”

Sie blickte sich nach der Stimme um, doch niemand war zu sehen. Neben ihr selbst konnte sie nur die beiden Traumgestalten ausmachen, die sich inzwischen nicht mehr bewegten, als seien sie eingefroren worden.

“Niemand kann sagen, was die Zukunft bringt...”

“Du hast keine meiner Fragen beantwortet!”

Allmählich gingen Leylis die rätselhaften Antworten ihrer Gesprächspartnerin auf die Nerven.

“Ich bin nicht dazu verpflichtet.”

“Was machst du dann in meinen Träumen? Wozu bist du hier? Um mir Rätsel zu stellen? Wer bist du?”

“Leylis, ich...”

“Woher kennst du meinen Namen?!”

Die Stimme schwieg. Leylis blickte erneut umher in der Hoffnung doch irgendwo jemanden mit den Augen zu finden.

“Ist der Traum bald vorüber?”

“Wieso fragst du?”

Wieder keine Antwort. Immer nur weitere Fragen... Was wollte diese Stimme von ihr?

“Der Traum geht nicht weiter.”

Nach einer kurzen Pause sagte ihre unsichtbare Gesprächspartnerin: ”Sie ist hier!”

“Sie? Wer?”

Schweigen.

“Wer?”, rief Leylis.

Sie saß aufrecht in ihrem Bett. Rikku drehte sich knurrend auf die andere Seite.

Ein Traum!, dachte Leylis, nur ein Traum... wirklich nur ein Traum?

Hatte sie nicht gerade erfahren, dass Tidus auch nur ein Traum gewesen war... Yuna hätte sicher nicht nur gesagt.

Was wenn die Bilder, die sie in der Nacht sah wichtiger waren, als sie es für möglich hielt. Wenn Tidus real gewesen war... dann war das die Situation ihres Traumes vielleicht auch... und diese Stimme ebenso. Aber was konnte das Ganze dann zu bedeuten haben?

Die Traumstimme hallte in ihrer Erinnerung nach und schien immer deutlicher zu werden. Je mehr Leylis über sie nachdachte, desto mehr schien es ihr, als hätte sie die Stimme schon einmal gehört, als würde sie ihren Besitzer kennen...

Gesprächsteile sowie Bilder aus ihrem Traum verfolgten sie. Leylis ließ sich eine Weile in ihnen treiben, dann hielt sie es nicht mehr aus. Egal wie herum sie es drehte, sie fand keinen Zusammenhang, erinnerte sich nicht, woher sie die Stimme kennen könnte und verstand nichts. Schließlich stand sie auf, warf sich einen Umhang über und verließ leise den Raum, um sich von ihren Gedanken loszureißen.

Kurze Zeit später stand sie draußen vor dem Reisebedarf und stellte fest, dass es noch ziemlich früh sein musste, denn es war noch verhältnismäßig dunkel und die Sonne zauberte gerade erst den Anfang von Farbe auf den mitternachtsblauen Himmel. Langsam schritt Leylis auf den Rand des Vorsprungs zu. Eigentlich hatte sie sich dort hinsetzen wollen, um alleine den Ausblick zu genießen, nur...

Da saß schon jemand!

Noch ein Schritt näher, dann erkannte sie, dass es Corax war. Er schien sie nicht bemerkt zu haben. Schließlich ging sie weiter und ließ sich neben ihm nieder.

„Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte er.

Wortlos nickte Leylis mit dem Kopf und sah geradeaus.

In einiger Entfernung konnte sie eine Ruine ausmachen, die nur deshalb zu sehen war, weil die Sonne hinter ihr aufzugehen begann.

„Es ist wunderschön...“

„Hhmm.“, kam es von ihm als Antwort

Eine Weile lang saßen sie einfach nur da. Wo wohl Yuna geblieben war? Sie hatte vorhin an etwa dieser Stelle gekauert und sich bei Lulu ausgeweint. Sie tat ihr Leid. Die ganze Geschichte mit Tidus war fürchterlich traurig.

Auf einmal legte Corax seinen Arm um sie. Leylis zuckte leicht zusammen. Ansich war ihr diese Geste zwar nicht unangenehm, allerdings kam sie unerwartet und war ungewohnt.

Irgendetwas in ihr wusste, dass diese Umarmung anders gemeint war, als die, welche sie sonst erfahren hatte. Gleichzeitig kam sie sich komisch dabei vor und versuchte, sich zu entspannen. Sie starrte auf den roten Halbkreis am Himmel. Stille...

Sie dachte in dem Moment über nichts mehr nach. Es war ein schönes Gefühl.

Irgendwann war ihr nicht einmal mehr bewusst, dass Corax' Arm immer noch auf ihrer Schulter lag. Als sie eher zufällig in seine Richtung schaute, sah sie direkt in seine Augen.. Er starrte sie unverwandt an.

„Sag mal, beobachtest du mich?“

Corax grinste. Er wirkte weder ertappt, noch überrascht... eher zufrieden.

„Ist das denn etwas Schlechtes? Ich könnte dich stundenlang ansehen.“

„Das tut mir Leid für dich“, gab Leylis zurück, „der Sonnenaufgang ist nämlich viel schöner!“

Er grinst frech weiter.

„Das finde ich nicht.“

„Bitte..?“

Leylis meinte, sich verhört zu haben.

Sie starrte verblüfft in seine grünen Augen, die auf einmal verdammt nahe waren. Immer noch ein leises Grinsen im Gesicht, kam er dem ihren immer näher.

Leylis stockte, sie war wie erstarrt, blickte ihm nicht mehr in die Augen, seine Lippen kamen den ihren näher, sie waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, als sich ihre Starre löste. Blitzschnell legte sie ihren Zeigefinger auf seinen Mund.

Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Corax hatte soeben versucht, sie zu küssen!

Und jetzt war er ziemlich überrascht über den Ausgang seines Versuches. Er nahm ihre Hand von seinem Mund und wirkte enttäuscht.

„Was ist? Bin ich dir so unsympatisch.“

Leylis bemühte sich, tief durchzuatmen, um die Situation irgendwie in den Griff zu bekommen. Schließlich schuldete sie ihm eine Erklärung.

„Das ist alles ein wenig schnell, findest du nicht? Ich kenne dich kaum und ich gehöre nicht hierher. Ich habe im Moment so vieles, über das ich nachdenke, es ist alles zu viel...“

„Ich könnte dir helfen“, sagte Corax, „um dich zu unterstützen oder um zu vergessen.“

Damit zog er sie wieder etwas weiter zu sich heran.

Sie schüttelte den Kopf.

„Danke, aber ich möchte mir zunächst allein über einige Dinge klar werden.“

Corax entließ sie aus der Umarmung und stand auf.

„Na gut, ich versteh es, wenn du im Moment deine Ruhe möchtest, aber ich vergesse dich nicht so schnell, komm zu mir, sobald es geht.“

„Ich werde kommen, wenn oder falls ich es möchte!“

Doch Corax hatte sich bereits umgedreht und ging nun, ohne noch auf ihre Anmerkung einzugehen, in den Reisebedarf hinein.

Leylis seufzte kurz. Sie war nicht sicher, was sie davon halten sollte. Vorgestern hatte sie sich in Corax' Gegenwart zwar auch schon seltsam gefühlt, aber mit so etwas hatte sie nicht gerechnet. Als ob es nicht schon genug Sachen gab, über die sie sich den Kopf zerbrach.

Sie fröstelte. Die Sonne ließ sich zwar schon leicht blicken, aber wärmen tat sie noch nicht.

Dann legte sich etwas Weiches auf ihre Schulter.

Sie dachte schon, Corax sei zurückgekommen, doch ihr Blick zur Seite fand ein Paar treuer, schwarzglänzender Augen, die aus einem gelbgefiederten Gesicht hervorschauten.

Obwohl es immer noch dunkel war und die gelben Vögel alle ziemlich gleich aussahen, zweifelte Leylis keinen Augenblick daran, dass dies der Chocobo war, mit dem sie vor ein paar Tagen von Illuminum in die Mi'hen Straße geritten war.

Er krähte leise und ließ sich dann neben ihr nieder, so dass sie fast gänzlich von einem seiner flauschigen Flügel bedeckt wurde.

Eng an ihren tierischen gelben Freund gekuschelt, sah sich Leylis den Sonnenaufgang an, welcher hinter der Ruine bereits vorangeschritten war.
 

***
 

Sanfte Schwerelosigkeit umgab seinen Körper. Er lag noch halb schlafend und vollkommen entspannt in der kühlen, angenehmen Masse. Ein Sonnenstrahl traf direkt sein verträumtes Gesicht.

Schlagartig wurde er wach und wollte mit einem Ruck aufstehen. Man stelle sich das inmitten einer Quelle nicht zu leicht vor.

Nachdem er also zunächst abgerutscht und mit einem Platschen wieder im Wasser gelandet war, stieß er schwerfällig in Richtung des Ufers vor und mühte sich damit ab, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. Schon jetzt vermisste er die vertraute Welt der Träume, in denen er frei und leicht wie eine Feder war. Dummerweise befand er sich jetzt voll und ganz in der Realität, dem genauen Gegenstück und...

Er hatte verschlafen!

Wie um den Fehler auszugleichen, rannte er augenblicklich zum Ausgang des Waldes in Richtung der Donnersteppe. Während er das tat, wurde ihm noch einiges mehr klar. Das Schlimme war nicht, dass er verschlafen hatte, er hatte geschlafen! War einfach eingedöst, als er beim Durchlaufen des Waldes an der Späroidenquelle angekommen war. Wie konnte man nur so blöd sein?! Dabei hatte er Macalania eigentlich auf direktem Weg wieder verlassen wollen. Verdammt!

Exakt in dem Moment zuckte der erste Blitz vom Himmel der Steppe, die er inzwischen betreten hatte, hinunter, sodass er einen Purzelbaum schlagen musste, um nicht getroffen zu werden. Kurz darauf donnerte es. Wie oft hatte er früher in kleinen Wettkämpfen mit seinen Kindheitsfreunden seine Geschicklichkeit auf die Probe gestellt und war den Blitzen immer wieder ausgewichen...

Für lange Ausweichketten hatte er an Rins Reisebedarf die ein oder andere Belohnung abstauben können. Und genau diese Örtlichkeit war auch jetzt sein Ziel, wenngleich er sie nicht aufgrund seiner ganz passablen Reflexe aufsuchen wollte.

In einiger Entfernung erhellte ein weiterer Blitz die Umgebung und ließ ihn etwas sehen, was ihn dazu bewegte, rasch hinter einem nahe gelegenen Blitzableiter in Deckung zu gehen und dort regungslos zu verharren. Es donnerte.

Wieder blitzte es und er sah, dass die Gestalten, vor denen er sich versteckte, bedeutend näher gekommen waren. Sie waren zu viert, vielleicht auch zu fünft. Jetzt gingen sie direkt an dem Blitzableiter vorbei und als sich die Umgebung erneut erhellte, bestätigte sich sein Verdacht. Die Leute trugen alle scharlachrote Federn, die sie sich an Ketten um die Hälse gebunden hatten.

Phönixfedern.

Nachdem sie vorübergegangen waren, lief er behutsam das letzte Stück bis zum Reisebedarf.

Kaum hatte er sich dem Gebäude genähert, ging die Tür auf.

„Garon!“

Eine junge Frau trat ihm entgegen. Sie hatte mittellange schwarze Haare und ein hübsches Gesicht.

„Was fällt dir ein, jetzt hierher zu kommen. Du bist viel zu spät und dann tauchst du auch noch in dem Moment auf, in dem die Leute vom roten Orden in der Gegend sind!“

Ihre Stimme war schneidend und sie sah ihr Gegenüber streng an. Doch ihre Augen verrieten sie. Sie sprachen von Sorge, nicht von Zorn.

Garon lächelte sie an. Es berührte ihn, dass die Ladenführerin sich um ihn Gedanken machte. Mifyule war ihr Name.

Als sie merkte, dass er sie durchschaut hatte, wurden auch ihre Züge wieder weicher. Obwohl sie es sich nicht erklären konnte, hatte Garon nie Schwierigkeiten die wahren Gefühle von jemandem zu erkennen.

„Waren die Roten auch bei dir?“, fragte der junge Mann sie nun etwas ernster.

Sie nickte und deutete mit einem Schnaufen vielsagend auf den Eingang des Reisebedarfs. Garon trat näher an ihn heran und bemerkte direkt vor der Tür eine feine Linie roten Sandes, die sich vor ihm auf dem Boden befand.

„Gehen wir doch hinein.“

Mifyule war hinter ihn getreten und machte Anstalten, ihn ins Gebäude zu schubsen.

Er wich ihr aus, schüttelte bedauernd den Kopf.

„Sei nicht albern!“, entgegnete die Verkäuferin und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Garon nahm ihre Hand in seine und lächelte traurig.

„Ist doch schlimm genug, dass sie mich jagen... Du hast damit nichts zu tun. Ich hätte nur gerne meine Lanze zurück und einige Potions. Dann gehe ich sofort und komme erst wieder, wenn sie diese Gegend abgehakt haben.“

Mifyule schien noch etwas sagen zu wollen, doch sein Gesichtsausdruck schien sie von dessen Sinnlosigkeit zu überzeugen, sodass sie schließlich leise seufzte und kurz im Laden verschwand. Als sie wieder auftauchte, reichte sie Garon gleich darauf seine Lieblingswaffe, eine vom Stab her schlichte und an der Spitze reich verzierte, bernsteinfarbene Lanze. Anschließend hielt sie ihm noch ein Säckchen mit Heilmitteln hin, dass er dankend entgegennahm.

„Du weißt, dass ich deine Alleingänge nicht gut heiße?!“

Nun wieder lächelnd nickte Garon, versteifte sich jedoch gleich darauf, als ein Geräusch ertönte, welches nicht vom Wetter über der Donnersteppe herrührte.

Schritte kamen näher. Mehrere Personen waren vom südlichen Teil der Steppe her zu erkennen und sie kamen rasch auf ihn zu. Innerlich fluchend erkannte er den rötlichen Schimmer, der von den Federn auf ihren Oberkörpern ausging.

Es waren drei.

Garon drehte prüfend seine von Mifyule seit seiner letzten sehr überstürzten Flucht aufgehobene Lanze in der linken Hand und erwog es, gegen die Männer zu kämpfen.

Sie kamen immer näher.

Mit einem weiteren lautlosen Fluch stellte Garon fest, dass die ihm Entgegenkommenden offensichtlich nicht die üblichen Trottel waren, mit denen er sich herumschlagen musste. Sie machten den Eindruck, als nähmen sie bei ihrem Verein einige höhere Ränge ein, woraufhin er den Plan, zu kämpfen, aufgab. Selbiges schien auch Mifyule durch den Kopf gegangen zu sein.

„Verschwinde!“, zischte sie ihm zu.

Garon steckte hastig die Potions ein und befestigte seine Lanze auf seinem Rücken.

„Du kennst mich nicht, ich habe dir die Sachen gestohlen und du bist froh, dass sie kommen.“

Mifyule schüttelte kurz den Kopf und sah ihn mit funkelnden Augen an, als ob sie sagen wollte, dass es ihr egal sei, was der Orden über sie dachte und dass sie ihm dieses Mal helfen wolle, indem sie sich ihm in den Weg stellte.

Garon kannte das. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihm helfen wollte und es würde nicht das letzte Mal sein, dass er es nicht zulassen konnte. Er hatte es ihr noch nicht einmal erlaubt.

Tief sahen sie sich in die Augen, die Mifyules strahlten vor Entschlossenheit und Verzweiflung, seine offenbarten Ruhe und Endgültigkeit.

Er gewann immer bei Diskussionen dieser Art.

Auch jetzt war sie es, die ihre Augen bereits nach kurzer Zeit abwandte und ihre Blicke zwischen den nun kaum noch 25 Meter entfernten Leuten und dem jungen Mann hin und her wandern ließ. Er würde nicht gehen, bevor er sich nicht sicher sein konnte, dass sie ihre Freundschaft verkannte. Das wusste Mifyule genau und es war ausschlaggebend dafür, dass sie ihm erneut nachgeben musste, denn seine Sicherheit war es schließlich, die sie schützen wollte, und jene bestand darin, den Phönixleuten fernzubleiben.

Er sah in ihren Augen, dass sie ihm auch dieses Mal widerstrebt Folge leistete. Noch im selben Moment als er es erkannte, wandte er sich in einer fließenden Bewegung um und begann zu rennen.

Wohin? In Richtung des Macalania Waldes, dorthin, wo er hergekommen war. Wohin auch sonst!?

Schließlich kamen die Männer aus Richtung Guadosalam und der einzige freie Weg, der ihm übrig blieb, war der nach Macalania.

Die beiden Phönixleute waren ihm dicht auf den Fersen. Da er sich sicher war, dass er vorhin drei gesehen hatte, sie nun aber nur noch zu zweit waren, hatte sich sicherlich der dritte Mann Mifyule vorgenommen, wie er es schon befürchtet hatte. Aber immerhin würde sie sich an seine Geschichte halten. Sie würde ihn nicht hintergehen... da war er sich sicher.

Im Zickzack, um den Blitzen auszuweichen, verlief die Flucht durch die Donnersteppe. Kaum hatte er sie durchquert, seinen Vorsprung minimal ausgebaut und den Kristallwald erreicht, hielt er sich östlich. Bevelle, die Pilgererstadt, lag in dieser Richtung. In der monströsen Stadt würde es für ihn ein Leichtes sein, sich zu verstecken...

Doch soweit kam er nicht.

Kaum war die Abzweigung nach Bevelle erreicht, blieb er stehen.

„Meister Saliz, seid Ihr schon zurück?“

Die Stimme kam hinter einigen Bäumen hervor und direkt darauf trat eine Frau ans Licht, die Garon kaum älter als sich selbst einschätzte. Gewiss wäre ihm, wenn er sie eingehender betrachtet hättte aufgefallen, dass sie mit ihrem hüftlangen strohblonden Haar und den funkelnden Smaragdaugen sehr hübsch war, allerdings blieb sein Blick bei der scharlachroten Feder hängen, die um ihren Hals baumelte.

Garon erstarrte. Auch der Ausdruck im Gesicht der Frau wandelte sich augenblicklich. Von ihr ging eine Welle puren Hasses aus. Hinter ihr waren inzwischen drei weitere Phönixmitglieder hervorgekommen. Doch noch bevor sie etwas unternehmen konnten, wandte Garon sich ab und rettete sich fürs Erste in den Wald. Abseits der Wege war der Macalania Wald noch gefährlicher, als er es ohnehin schon war. Viele kristallisierte Pflanzen zerbrachen, als Garon unsanft an sie stieß und er zog sich mehrere Schnittwunden zu, was ihm im Moment zweitrangig erschien, denn die Gruppe aus mittlerweile sechs Ordensmitgliedern verfolgte ihn noch immer.

Doch einen Vorteil hatte Garon ihnen gegenüber: Er kannte den Wald.

Monstern konnte er vollständig aus dem Weg gehen, indem er Routen benutzte, die er zwar noch nie gerannt aber bereits mehrmals vorsichtig erforscht hatte und bei denen er sich sicher war, dass die Monster sie mieden.

Nach einigen Minuten durch das scharfkantige Dickicht schmerzten seine Arme und Beine allerdings fürchterlich. Dennoch war es immer noch besser, als gleich aufzugeben und sich diesen Leuten auszuliefern. Vielleicht erging es ihnen ja ähnlich schlecht und sie gaben bald auf...

Doch seine vier Verfolger – zwei waren in einen Kampf mit einer plötzlich auftauchenden und sehr zornigen Sphäromasse verwickelt worden – dachten offensichtlich gar nicht daran, ihre Jagd abzubrechen.

Nach einigen Zickzacklinien durch den sterbenden Wald hechtete Garon durch die letzte Wand aus Kristallpflanzen die augenblicklich zersprangen und ihm einen tiefen Schnitt im rechten Arm zufügten. Den Schmerz ignorierend rannte er weiter entlang des Macalania Sees. Kurz spielte er mit dem Gedanken, bei dem Händler am Rande selbigen Zuflucht zu suchen, denn dieser hatte ihn schon öfter unterstützt, doch er verwarf seine Idee schnell wieder. Für diesen Mann galt dasselbe wie für Mifyule.

Und so rannte er weiter durch den Schnee, in dem er aufgrund seines Arms, aus dem immer neue Tropfen roten Blutes hevortraten, eine unfehlbare Spur hinterließ. Das hatten seine Verfolger jedoch nicht nötig. Seit sie den Wald deutlich weniger zerkratzt als Garon wieder verlassen hatten, holten sie stetig auf.

Ihm war das sehr wohl bewusst. Er konnte ihren raschen Atem hinter sich hören. Sie waren bereits jetzt viel zu nahe... Doch was sollte er tun? Einfach aufgeben kam gar nicht infrage und deshalb rannte er immer weiter den Weg am See entlang, obwohl es aussichtslos war, denn er wusste genau, wohin dieser Pfad führte. Es war eine Sackgasse; und am Ende dieser befand sich ein Tempel der Asthra, das einstige Heiligtum Macalanias.

Trotz seiner ausweglosen Lage, strebte Garon zu dem Tempel, wie ein Ertrinkender zu dem Rettungsseil. Die Motivation, das Gebäude zu erreichen, bevor die Phönixleute ihn einholten, ließ ihn Schmerzen und Kälte ignorieren und schneller rennen als zuvor.

Die unsicheren Eisklippen hinter sich lassend erblickte er sein erzwungenes Ziel. Während er keuchend nach Luft schnappte, rannte er in das Heiligtum hinein und ohne zu zögern weiter über eine riesige Brücke aus Eisblöcken in Richtung der Halle der Asthra. Dort angekommen sah er sich gezwungen, endlich stehen zu bleiben und drehte sich langsam um. Die Mitglieder des roten Ordens deren anwesende Zahl sich inzwischen auf drei reduziert hatte, traten ihm langsam entgegen. Hinter ihm befand sich ein riesiges Loch, dessen Verlauf in Dunkelheit gehüllt war. Etwas vergleichbares hatte Garon noch nie gesehen. Illumina schwebten durch den Raum. Wäre seine Lage nicht so vertrackt gewesen, hätte er sich fasziniert umgesehen.

Doch seine drei Gegner erforderten seine vollständige Konzentration. Einer von ihnen war die junge Al Bhed aus dem Wald, die ihn wütend anstarrte. Die anderen beiden waren soweit Garon sich erinnern konnte jene, welche ihm bei Mifyule entgegengekommen waren. Allen dreien war anzusehen, dass sie sich ihres Sieges zwar sicher aber keinesfalls risikofreudig waren. Was nun?

Mit einer fließenden Bewegung löste Garon seine Lanze aus ihrer Halterung. Schließlich war ein Kampf unausweichlich geworden, wenn er sich ihnen nicht ergeben wollte.

Die Frau mit den zornig funkelnden Augen sprang sofort auf ihn zu und attackierte ihn mit Zwillingsklingen, sodass er zweimal kurz parieren musste. Als nächstes griffen die beiden Männer mit ein, einer mit einem verdammt langen Schwert, der andere mit bloßen Fäusten. Garon wehrte beide Angriffe erfolgreich ab, hatte dadurch allerdings keine Zeit mehr, ebenso mit der Blondhaarigen zu verfahren und versuchte auszuweichen, als sie erneut beide Klingen nacheinander durch die Luft sausen ließ.

Genau in dem Moment fuhr ein stechender Schmerz durch seinen linken Fuß, der offenbar stärker verletzt war, als Garon es bisher angenommen hatte. Er verlagerte sein Gewicht automatisch auf die rechte Seite, verlor durch sein Ausweichmanöver das Gleichgewicht und kippte seitlich weg. Schon meinte er den harten Eisboden zu spüren, doch tatsächlich kam er nicht auf ihm auf. Genauer gesagt hörte er nicht auf zu fallen. Um ihn herum war es dunkel, bis auf einige Illumina. Die Dunkelheit schien in ihn einzudringen, machte ihn schläfrig und schließlich nahm er nichts mehr außer ihr wahr.
 

***
 

“Komm zurück...”

Nebel umgab den Ort, an dem sie sich befand. Yuna sah sich nach allen Seiten um, in der Hoffnung, den Besitzer der eben erklangenen Stimme zu erblicken. Als sie ihn nicht fand, erkannte sie, dass sie sich auf demselben Platz befand, wie in ihren Träumen. Also träumte sie?

Allerdings fehlten hierfür die Protagonisten der Traumgeschichte. Wieso waren die beiden Frauen verschwunden, denen sie sonst immer zuschaute? Welchen Sinn hatte ein Traum ohne Figuren?

Sie war allein.

Sollte ihr das vor Augen geführt werden?

Ihr fiel nur einer ein, der zumindest ein wenig Licht in das Dunkle dieser Fragen bringen konnte.

„Bahamut!“

Yuna rief seinen Namen mit fester Stimme. Ihr war, als hätte sie diese vor langer Zeit zuletzt gehört.

„Zeige dich!“

Erneut blickte sie sich um. Doch der kleine Junge mit der Kapuze ließ auf sich warten.

„Willst du nicht lieber ihn sprechen?“

Yuna fuhr herum. Die Asthra Bahamuts stand unmittelbar vor ihr.

„Beim letzten Mal hast du mich intuitiv für wichtiger gehalten als ihn, sagt dir deine innere Stimme jetzt etwa nicht, dass du eigentlich mit jemandem anderen sprechen solltest?“

Obwohl sich ihr der Sinn seiner Worte nicht vollständig erschloss, nickte Yuna, denn sie wusste, dass es so war, und war zugleich neugierig, was als nächstes geschehen würde.

Der kleine Junge lächelte und sah an ihr vorbei. Yuna folgte seinem Blick, konnte allerdings nichts entdecken. Als sie über ihre Schulter zurückschaute, war Bahamut verschwunden, weshalb sie sich weiterhin auf die Stelle konzentrierte, auf die er sie vermutlich aufmerksam machen wollte.

Er veränderte sich etwas in der Luft. Als sie genauer hinsah, erkannte sie eine in rot gewandte Gestalt, die näher kam.

Sprachlos starrte Yuna sie an und mit einem Mal wurde ihr klar, wessen Stimme es war, die sie nun bereits zweimal in ihren Träumen gehört hatte. Eine Stimme, die ihr vor zwei Jahren gegen Shujin und Vegnagun beigestanden hatte.

„Yuna! Ich habe nie gehofft, dass wir uns auf diese Weise wiedersehen. Dennoch freue ich mich, dass wir die Gelegenheit dazu erhalten haben.“

Noch immer zu keiner akustischen Reaktion fähig nickte Yuna.

„Wir haben nicht viel Zeit, deshalb werde ich mich kurz fassen. Ich weiß was passiert ist, aber falls du denken solltest, ich hätte die Macht, Tidus zurückzubringen, muss ich dir diese Illlusion nehmen. Ich kann ihm nicht helfen. Alles, was ich tun kann, ist dich zu unterstützen, Yuna!“

Sie antwortete noch immer nicht und war froh darüber, dass ihr Gegenüber dies auch nicht zu erwarten schien.

„Glaubst du, dass er tot ist?

„Ich weiß es nicht...“

Dieses Mal hatte sie gesprochen, ohne darüber nachzudenken.

„Ich habe gesehen, wie er ging... die Illumina... er ist nicht mehr hier. Er verließ mich, wie ein Sterbender, also...“

„Was sagt dir dein Gefühl?“

„Dass er nicht tot sein kann!“

Nun begann der Mann zu lächeln.

„Also, was denkst du, Yuna?“

Nachdem sie nicht antwortete, fuhr er fort: „Finde es heraus! Das ist der einzige Weg für dich, weiterzukommen.“

„Aber wie...“

Doch der rot gekleidete Mann schüttelte den Kopf.

„Yuna, wohin gehen die Toten?“

Sie wollte bereits zu einer Antwort ansetzten, öffnete den Mund und spürte im selben Moment, dass es ihr nicht möglich war, zu sprechen, denn sie lag auf dem Bauch in ihrem Bett und hatte das Gesicht in die Kissen gedrückt.

Langsam drehte sie sich auf den Rücken, öffnete schwerfällig ihre Augen und starrte an die Decke. Sie fühlte sich matt und ausgelaugt. Auf ihrem Gesicht waren die gestrigen Tränen inzwischen getrocknet und hatten eine salzig raue Spur hinterlassen. Bei dem Gedanken an ihre Ursache liefen ihr erneute Tränen über die Wangen. Doch sie hatte das Gefühl dabei, als könnte sie ihren Kummer kontrollieren, nachdem sie sich ihm bereits einmal hingegeben hatte. Sie wischte sich die nassen Tropfen vom Gesicht und setzte sich auf. Erst jetzt fiel ihr Blick dabei auf Lulu, die neben dem Bett auf einem Stuhl saß und sie ruhig ansah.

„Ich bin stolz auf dich, Yuna...“

Obwohl sie sich nicht fühlte, als ob sie dem Lob gerecht würde, nickte sie kurz, erhob sich aus ihrem Bett und lief zu einer sich auf der Kommode befindlichen Schale mit Wasser, um sich frisch zu machen. Da sie in ihrer normalen Kleidung geschlafen hatte, entfiel das Umziehen und nach dem Waschen spürte sie etwas, was ihr über Verzweiflung hinweg half: Tatendrang.

Es musste etwas geben, was sie tun konnte.

„Ich habe Sir Auron gesehen... im Traum.“

Damit wandte sie sich direkt zu Lulu um, sah in ihren Augen Verwunderung doch keinesfalls Skepsis. Auron war für Tidus wahrscheinlich Lehrmeister, Freund und Vaterersatz zugleich gewesen und nachdem er die Truppe um Yuna verlassen hatte, war er als Geist stehts auf ihrer Seite gewesen. Sogar gegen Vagnagun hatte er ihr helfen können, da sie sich zu dem Zeitpunkt im Abyssum befunden hatte.

„Weiß er etwas über ihn?“, fragte Lulu.

Yuna antwortete nicht, sondern dachte über seine Worte nach. Er hatte gesagt, dass sein einziger Weg zu helfen in ihrer Unterstützung bestand. Also hatte sie die Macht, Tidus zu helfen?

Nein! Wenn sie sich zu sehr darauf verließ... Ihr war nur zu genau bewusst, wie das enden musste. Sie musste sich an Tatsachen halten, sonst würde sie bald keine Kraft zum Voranschreiten mehr haben.

Aber wenn er wirklich tot sein sollte...

„Finde es heraus! Das ist der einzige Weg für dich, weiterzukommen.“

Aurons Stimme hallte in ihrem Kopf. Er hatte Recht. Sie musste sich Gewissheit verschaffen. Aber wie? Um zu beweisen, dass er nicht tot war, müsste sie ihn zunächst einmal finden.

„Yuna, wohin gehen die Toten?“

... oder sichergehen, dass er sich nicht unter den Toten befand. Und es gab einen Weg dies herauszufinden. Mit einer flinken Handbewegung ergriff sie ihre Gürteltasche und ihren Stab.

„Lulu, ich weiß, was ich zu tun habe. Wir brechen in einer Stunde auf.“

Damit verließ sie das Zimmer und ließ eine ernsthafte aber erleichterte Lulu hinter sich zurück.
 

***
 

Wakka hatte inzwischen endgültig den Überblick über die Ereignisse verloren. Alle waren verständlicherweise irgendwie niedergeschlagen, aber dennoch musste etwas unternommen werden. Eigentlich hatte er deshalb Yuna fragen wollen, was sie zu tun gedachte, aber die war am gestrigen Abend mit Rikku verschwunden, hatte sich später bei seiner Frau ausgeweint und danach hatte er keine von beiden mehr gesehen.

Corax, von dem er sich fragte, wie zum Teufel der es von Raes Cuhha hierher geschafft hatte... und dass auch noch lebendig, lief missmutig herum. Rikku schnarchte unterdessen lautstark in ihrem Zimmer (nun, zumindest das war normal) und Leylis schaute jedes mal vorsichtig um die Ecke, bevor sie sich zeigte. Außerdem dackelte ihr so ein riesiger Chocobo hinterher, von dem er ebenfalls keine Ahnung hatte, wo der her kam.

Gestern Abend noch schien er regelrecht Überblick gehabt zu haben, aber jetzt... egal. Es gab bedeutend wichtigere Probleme.

Während er noch unschlüssig an der Rezeption des Reisebedarfs stand und überlegte, ob er Lulu suchen sollte, klärte sich das Problem von selbst, da diese gerade auf dem Flur erschien. Direkt hinter Yuna, welche sich mit nahezu furchterregender Entschlossenheit vor ihm aufbaute.

„Wir müssen los! Sammle alle zusammen! Ich werde mit Brüderchen reden, damit er die Celsius startklar macht.“

Damit ging sie an ihm vorbei und ein fragender Blick in Richtung seiner Frau brachte ihm statt einer Erklärung nur ein vielsagendes Nicken ein. Noch deutlich irritierter als zuvor, trottete Wakka in den Flur auf der anderen Seite des Gebäudes und hämmerte an Rikkus Tür, um selbige aufzuwecken.

Auf das mürrische „Was'n los... wohl nich' mehr alle Stach'ln am Kaktus oder was?!“, antwortete er mit der einfachen Erklärung, Yuna wolle abreisen und verließ dann den Reisebedarf, um die anderen zu suchen. Weit kam er jedoch nicht, denn Rikku hatte ihre sonst übliche morgendliche Trancephase übersprungen und ihn eingeholt.

„Was heißt hier 'abreisen'? Geht’s Yuni besser? Wohin wollen wir denn? Was ist überhaupt los?“

Unfähig ihr Auskunft zu erteilen, zuckte Wakka nur mit den Schultern.

„Rikku, da bist du ja.“

Corax rannte ihnen rufend entgegen.

„Was macht der hier?“, fragte Rikku Wakka.

Doch noch bevor dieser erneut seine Unkenntnis versichern konnte, griff Corax das Gespräch auf.

„Frag mich doch selbst! Das macht's bedeutend leichter! Also, dein lieber Gippel schickt mich. Bin während der letzten Nacht angekommen. Ich soll dich abholen. Hab ein Flugschiff mitbekommen. Er will irgendwas mit dir besprechen.“

Rikku starrte ihn säuerlich an.

„Er ist nicht 'mein lieber' und im Moment braucht mich wer anderes.“

„Es schien aber wichtig zu sein.“

Rikku stöhnte und bemerkte nicht, wie Lulu und auch Yuna neben sie traten.

„Geh ruhig mit ihm zurück nach Raes Cuhha. Ich habe Brüderchen gebeten, uns nach Guadosalam zu fliegen. Danach kommen wir zu euch in die Wüste.“

Es war Yuna, die gesprochen hatte.

„Yuna! Geht es dir besser... Guadosalam? Willst du etwa?“

Sie nickte: „Ich muss es wissen, Rikku.“

Wakka erstarrte. Ihm war sehr wohl bewusst, worauf das hinauslief... auf die Wahrheit dessen, was mit ihm passiert war. In Guadosalam befand sich das Abyssum, die Ruhestätte der Toten. Wenn Yuna dorthin wollte, dann um herauszufinden, ob Tidus sich dort befand... und wenn dem so war, dann konnten sie ihm nicht helfen... es wäre endgültig vorbei. Alle Hoffnung, noch etwas zu bewirken, ihn wiederzufinden, wären dann vergebens.

Er war sich nicht sicher, ob er diese Hoffnung wirklich auf's Spiel setzen wollte... selbst für die Wahrheit.

„Bist du dir sicher?“

Die Frage war an Yuna gerichtet, welche kurz nur den Blick senkte, um gleich darauf wieder entschlossen aufzusehen. Sie nickte.

„Also, dann!“

Rikku riss das Kommando an sich, wohl um die folgende beklemmende Stille zu überbrücken.

„Yuni, Wakka und Lulu fliegen mit Brüderchen nach Guadosalam, während ich mit dem da -sie machte eine abwertende Bewegung Richtung Corax- zurück nach Raes Cuhha fliege... und Leylis... ähm Leylis?!“

Sie begann sich nach allen Seiten hin umzusehen, wohl in der Hoffnung, die Beschwörerin zu entdecken.

„Was machst du denn da?!“

Rikku rannte zum Reisebedarf hinüber und kam kurz darauf mit Leylis im Schlepptau zurück. Diese hatte sich vermutlich in an der Rezeption aufgehalten und hatte bei der Erwähnung ihres Namens den Kopf zur Tür herausgestreckt.

„Also, Leylis... wohin willst du mitgehen? Am besten kommst du mit mir und Corax nach Raes Cuhha. Da dürftest du dich ja bald auskennen...“

„Nein!“

Leylis wirkte leicht aufgewühlt, bemühte sich aber, ihre Ruhe wiederzufinden.

„Ähm... ich meine, ich würde gern mehr von eurem Spira sehen... wenn das in Ordnung wäre...“

Rikku wirkte zwar irritiert, zuckte aber mit den Schultern und stimmte zu.

Kurz darauf war alles zusammengepackt, man verabschiedete sich von Rin und dann kletterten Rikku und Corax in ein sehr altersschwach aussehendes Miniflugmodell, während die Übrigen sich an Bord der Celsius begaben. Brüderchen fragte nicht einmal mehr, ob sich das Flugziel eventuell geändert haben könnte. Die entschlossene Yuna neben ihm bestätigte es, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Und so flogen sie schweigend fort von der Mi'hen Straße und entfernten sich auch immer mehr von Lucca, vom Trubel und der Lebhaftigkeit. Ihr Ziel, Guadosalam, war schon immer ein Ort gewesen, den man eher nicht ohne Grund besuchte und auf dem eine ernste Stille lag, die vom Abyssum selbst auszugehen schien.

Wakka freute sich nicht unbedingt darauf, die Stadt wiederzusehen, aber schließlich flogen sie nicht zum Vergnügen dorthin. Er fühlte sich unwohl beim Gedanken an das, was ihnen bevorstand und die bedrückte Stille im Flugschiff, welche ohne Rikku sehr schnell eingetreten war, machte es nicht besser. Allerdings hätte er auch kein Gesprächsthema gewusst und wagte nicht die Ruhe zu durchbrechen. So hing er weiter seinen Gedanken nach und warf ab und an Seitenblicke auf seine Mitreisenden. Leylis klebte die ganze Zeit über am Fenster, während Yuna und Lulu beide in einigem Abstand von diesem standen und ihre Blicke zwar nach vorne hinaus gingen, aber doch auf nichts gerichtet zu sein schienen.

Beide sahen so ernst aus, wie lange nicht mehr. Selbst seine Frau schien noch verschlossener als sonst und er hatte gelernt, diese minimalen Unterschiede als verschiedene Stimmungslagen zu deuten. Sie nahm die ganze Geschichte ebenso mit wie ihn. Mit dem Bedürfnis, ihnen irgendwie Mut zu machen, stellte er sich neben die beiden Frauen, legte Yuna schweigend die linke Hand auf ihre Schulter und umschlang Lulu mit dem rechten Arm.

So verbrachten sie den restlichen Flug, bis sie es in einiger Entfernung vor der Celsius heftig blitzen sahen: Die Donnersteppe.

Sie befanden sich direkt vor Guadosalam, dem Zugang zum Abyssum, der Residenz einer ehemaligen Widersacherin und dem einstigen Haus von Seymor, wo er Yuna den Heiratsantrag gemacht hatte.
 

***



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  Vanima
2011-04-21T21:59:06+00:00 21.04.2011 23:59
Juhu endlich Kapitel 6! :-)
Ich find es echt toll, die Träume von Yuna und Leylis verwirren mich nach wie vor, aber langsam wirds ja deutlicher, denk ich zumindest...
Und Corax?? Meine Güte der geht ja ran xD Faszinierender Typ, was der wohl dabei dachte? Bestimmt nicht viel^^
Bin gespannt, was sie im Abyssum finden, hoffentlich irgendeinen Hinweis, der zu Tidus führt...
Und was hat Gippel denn jetzt gefunden, was so wichtig ist? Fragen über Fragen wie immer^^ Bin gespannt auf mehr <3 Mah weiter so
liebe Grüße Mia
Von:  Vanima
2010-11-11T23:44:16+00:00 12.11.2010 00:44
Bitte bitte schreib schnell weiter, ich liebe deine FF. Du schreibst super schön, triffst die Entwicklung der Charaktere meiner meinung nach klasse und ich bin total gespannt wie's weitergeht.
Wobei ich zugeben muss, dass ich sehr an Gippel's und Rikku's weiterer Geschichte interessiert bin...^^ Ich frag mich doch sehr wie man solche Sturköpfe zusammen kriegt, sofern man sie nicht ein Leben in gefährliche Situationen werfen will xD
Und Tidus... ahh ich liebe ihn *schmacht*, er darf nicht schon wieder verschwinden!
Ahhh du machst das einfach so irre spannend!
Und hat Leylis denn endlich auch ihr Gegenpart in Corax gefunden? Wo sie doch nur von Paaren umgeben ist? :-P
Ich kanns kaum abwarten, also halt dich ran, ne?
Liebe Grüße Mia

Von:  Akami_
2009-01-06T23:11:11+00:00 07.01.2009 00:11
Super Kapitel find ich ^^
*smile*

Die kämpfe waren super und gut geschrieben ^^
*smile*
Gippel und Rikus müssen auf jedenfall zusammen kommen
*nickt nickt*
Die passen doch so gut zusamemn ^^

Das ist sooooooooo spannent~
das ich schon neugierig bin wies weiter geht

Von:  -Lesca-
2009-01-02T21:52:51+00:00 02.01.2009 22:52
Schönes Kapitel! Und ich glaube das Beste bisher!
(Zumindestens von den bisherigen und ich meine, das selbst das 5te nicht besser ist, aber ich kann mich natürlich mit meinem Erinnerungsvermögen täuschen xD)

Das Kapitel hatte einfach alles was das Herz begehrt (außer vll ein bisschen Romantik). Drei sehr spannende Kämpfe: Einer sorgte für Lacher, war aber auch gleichzeitig ernst, (Rikku und Gippel MÜSSEN einfach zusammenkommen),bei dem anderen tritt endlich mal wieder der Oberbösewicht schlecht hin in Szene und der letzte endet mit einem geheimnsivollen Fund. Zudem hast du auch noch ein bisschen Alltagsgeschehen mit reingebracht, also beinahe perfekt.
Allerdings werden durch dieses Kapitel auch sehr viele Fragen aufgeworfen:

Was ist auf dem Späroid zu sehen, waren diese weißen Streifen in der Höhle, in dich sich Wakka verirrt hat, weißes Mithril? Und um es mit deinen Worten zu sagen:
"Was wollte Seymor nur? Was plante er? Und was wollte er mit diesem weißen Kristall? Welche Verbindung bestand zwischen ihnen? Warum konnte Tidus Bestia beschwören, wo es die doch eigentlich sowieso nicht mehr geben dürfte?"

Wirklich Fragen, über Fragen und ich will so gerne ein paar Antworten haben! Aber da heißt es wohl geduldig zu sein und zu warten ^^
Mach aufjedenfall weiter so und ich freue mich schon wahnsinng darauf endlich ein paar Antworten zu bekommen! ^___^

hdl
Lesca

P.S.: Irgendwie möchte ich ja mal ganz gerne den Kaktusmus und den Gizarblättertee probieren xD
Von: abgemeldet
2008-09-02T12:48:27+00:00 02.09.2008 14:48
Hammer Kapitel! Das Kapitel hat mit total gut gefallen. Alles, der Kampf gegen den Wächter, der Außendeckflug, bis zu den Erlebnissen in Raes Cuhha., war alles super. ^-^

Bisschen Sorgen um Wakka mach ich mir allerdings. Du lässt ihn doch hoffentlich nicht da in dieser Höhle verrecken, oder?

Wie auch immer. Ich freu mich jedenfalls schon auf die Fortsetzung.
Vergiss also nicht mir bescheid zu geben, okay?

vG: Red-Dragon06
Von:  Akami_
2008-09-01T18:04:09+00:00 01.09.2008 20:04
Nicht schlimm wenns
dauert
ich musste jetzt überlegen welche ff das ist ^^"


aber das kappi ist wieder super mega klasse
freu mich schon wenn es weiter geht

die übersetzungen fand ich gut
Von:  -Lesca-
2008-09-01T13:15:34+00:00 01.09.2008 15:15
Hi, du ^^
Sorry, dass mein Kommentar jetzt erst kommt ... habe es gestern Abend aber nicht mehr geschafft, das ganze Kapitel durch zu lesen ^^"
(Ist ja nicht gaaaanz so kurz )
Naja, du kennst meine Meinung ja schon ^^
Die besten Stellen waren diesmal auch die Szenen zwischen Rikku und Gippel ^__^ (was sich liebt, das neckt sich xD)
Die Stadt Raehs Cucca (richtig geschrieben?) ist dir auch sehr, sehr gut gelungen: Das perfekte Al Bhed Heim, das mich ein kleines bisschen an Star Wars erinnert xD

Gut finde ich auch die Übersetzung der Al Bhed Sätze am Ende. Da ich definitiv die Sprache nicht beherrsche und schon lange wieder vergessen hatte, was die einzelnen Sätze bedeuteten xD

An sich gehört das Ende ja zu einem der etwas netteren, aber ich hoffe trotzdem, dass du bald weiter schreibst!

HDL
Lesca

P.S.: Habe trotzdem noch einige Fehler gefunden *freu*
Von: abgemeldet
2008-03-14T17:12:19+00:00 14.03.2008 18:12
Super schönes Kapitel. Gippel und Rikku sind echt zum schreien XD. Hoffe ich krieg noch mehr davon zu lesen. Würde mich freuen wenn du mir wieder Bescheid geben könntest, wenn das nächste Kapitel da ist.

vG: Red-Dragon06
Von:  Miasma
2008-03-09T16:07:42+00:00 09.03.2008 17:07
Wieder son schönes Kapi^^(Vor allem die Szene mit Rikku und Gippel war lustig^^)
Natürlich ist der Rest des Kapis-genau wie das vorherige-sehr gut geschrieben!
Es war echt interessant und ich bin gespannt, wie es weitergeht!
Schreib bitte schnell weiter!

lg, die SOLDATin
Von:  Akami_
2008-03-09T14:57:47+00:00 09.03.2008 15:57
Boah wieder ein geiles langes kappi
*Smile*
Du überrascht mich jedes mal auf neue ^^
Die szene von rikku und Gippal find ich sau komisch ^^


Ich bin mal gespannt wie das treffen aus geht ^^

Schreib schnell weiter
*smile*


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