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100% Sorglospunks!

von

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Generation Robodog

Es gibt so Tage, an denen wissen selbst Sorglospunks nicht, was sie tun sollen und werden von der Langeweile in Endlosschleife überfahren. Der letzte Montag, das war einer dieser Tage.

Easy hing auf dem Sessel, Kiwi hatte beschlossen, ihre Beine als Bett zu missbrauchen, Jack zappte durch die Kanäle und fand nichts, was auch nur einigermaßen ansprechend hätte sein können, und Chris stimmte seine Gitarre. Selbst mir als der ultimativen Bandmuse fiel nichts ein und so beschränkte ich mich darauf, die Band zu beobachten, Notizen zu machen und darüber zu grübeln, mit was für Ideen ich Easy und den Rest der Band mal wieder heimsuchen könnte.

Ein ereignisloser Tag. Bis...

Es klingelte.

„Sicher die Post. Fanpost!“ Easy strahlte, sprang auf, ließ Kiwi durch die Gegend kugeln und sicher auf ihren vier Pfoten landen. Doch es gab keine Säcke voller Fanpost, sondern stattdessen einfach nur ein Päckchen.

„Schaut mal!“ Easy kehrte mit einem reichlich verwirrten Gesichtsausdruck ins Wohnzimmer der Sorglospunks-WG zurück.

„Gib her.“ Jack nahm ihr das Päckchen freundlicherweise ab und hatte es innerhalb weniger Sekunden ausgepackt.

Ein weißes Ding saß vor ihr, das Kiwi sofort dazu brachte, einen Buckel zu machen und mit ungewohnter Energie aus dem Zimmer zu flitzen. Große schwarze Plastikaugen glänzten in einem weißen, ausdruckslosen Gesicht.

„Ist das ein Kaninchen?“ Easys Augen wurden tellergroß.

Einen Augenblick später bekam sie eine Kopfnuss von Chris. Der Gitarrist hatte seinen größten Schatz – seine heißgeliebte und hochgeschätzte Gitarre – beiseite gelegt und begutachtete das weiße Etwas. „Das ist ein Robodog, Easy. Hast du denn gar keine Ahnung?“

„Nicht von mechanischen Hunden!“, gab Easy patzig zurück und hob den weißen Blechhund hoch. Sie schüttelte ihn und setzte ihn wieder ab. „Toll... Machen wir was anderes.“ Missmutig wandte sie sich ab und hatte einen Augenblick später das Vieh vor den Füßen sitzen. „Hey! Der läuft ja!“

„Oh, da ist ein Zettel!“ Jack griff in die Kiste und holte das Blatt Papier hervor. „Viel Spaß mit Robodog. Eure Managerin.“

„Toll... Was die sich wieder dabei gedacht hat...“ Chris verdrehte die Augen und begutachtete den weißen Hund, der vor Easys Füßen hockte und zu ihr aufblickte.

„Vergiss es. Ich kraule kein Plastikspielzeug! Ich kraule nur Kiwi!“

Der Roboterhund gab ein leises Winseln von sich.

„Ich glaube, das ist nicht ganz normal...“, warf Jack ein.

„Ich glaube, da hast du Recht...“, fügte Chris hinzu.

„Und ich glaube, dass dieses weiße Etwas einen Abgang machen sollte.“ Easy funkelte den Robodog böse an. „Er hat Kiwi verscheucht!“

„Hey, aber man kann ihn als Trainingsmaschine für Kiwi nehmen!“ Jack strahlte angesichts dieser höchstgenialen Idee, die in diesem Falle mal nicht von mir kam.

„Au ja!“ Chris grinste breit. „Das wird ein Spaß!“

„Oh nein!“, protestierte die Bandleaderin und stemmte die Hände in die Hüften. „Ihr werdet Kiwi nicht quälen!“ Das war schließlich ihr Job! „Eher schicken wir diesen Blechköter Kaninchen jagen!“

Sprach’s und der Robodog richtete sich auf die Hinterbeine, seine Metallnase witternd in die Luft gereckt.

„Easy... Du hast da irgendetwas ausgelöst...“ Jack wich zwei Schritte zurück und betrachtete sowohl ihre Zwillingsschwester als auch den mechanischen Hund skeptisch. Dann blieben ihre Augen jedoch mehr an ihrer Schwester hängen. Easy konnte man nicht trauen. Vor allem, wenn man wusste, dass man zu einem Großteil die gleichen Gene intus hatte... Irgendwie neigten Dinge dazu, zu geschehen, wenn Easy irgendetwas sagte oder tat. Man landete beispielsweise in einem Werwolfclub, hatte es mit Motivationsschokolade zu tun oder aber musste sich Geschichten von einem Gestiefelten Kater anhören. Oh nein, Easy war genauso durchgeknallt, wie die Muse die ihr diese ganzen Ideen eingab. Eine Bewertung, die ich übrigens ablehne, und das aus reichlich naheliegenden Gründen, die ich hier lieber nicht ausführen möchte.

Auch Easy und Chris brachten etwas Abstand zwischen sich und den Roboterhund. Man wusste ja nie... Vielleicht drehten programmierte Hunde genauso durch wie Hunde-Hunde...

Der Robodog machte Männchen und tapste Richtung Fenster. Dort tat er einen atemberaubenden Satz für seinen gerade einmal kiwigroßen Körper, zertrümmerte die Fensterscheibe und landete im Garten.

„Hinterher!“, brüllte Easy, stürmte hin, riss das Fenster auf und war mit einem Satz auf dem Rasen. Chris folgte ihr auf dem Fuße.

„Vielleicht sollten wir... froh sein, dass er... draußen ist?“, murmelte Jack leise und zuckte dann mit den Schultern. Sie nahm zumindest noch den Wohnungsschlüssel und die Triangel mit, ehe sie den anderen hinterher lief. Schlüssel schadeten nie und die Triangel konnte eine tolle Waffe sein!
 

„Was zum Merlin verfolgt der da vorne eigentlich?“, fluchte Chris und kam langsam ins Keuchen.

„Ein weißes Kaninchen!“, gab Easy zurück. „Und das flasht gar nicht! Das ist voll unflashig! Der sollte zurückkommen und keine weißen Kaninchen verfolgen!“

„Hey, du hast ihn auf die Kaninchen gehetzt!“, fauchte Chris und wollte Easy eine Kopfnuss geben, doch die Leaderin lief schneller als er und hatte sich schon einen kleinen Vorsprung erarbeitet. Ha, da machte sich das ständige Walken wenigstens bezahlt!

Sie hatten den Garten längst verlassen und hetzten nun über einen Feldweg. Die Sorglospunks liebten nämlich das Leben in der Provinz und hatten sich bisher hartnäckig gegen jegliche Ideen, doch in eine Großstadt zu ziehen, gesträubt.

„Ich hoffe nur...“, keuchte Easy, der nun doch langsam die Luft ausging, „...dass das nicht das dämliche Kaninchen aus ‚Alice im Wunderland’ ist...“

„WAS?“ Chris blieb stehen und starrte der Vocalistin der Sorglospunks nach, wie sie weiter hinter dem mechanischen Hund hertrabte.

„Hast du nie ‚Alice’ gelesen?“ Jack schloss zu Chris auf und schenkte dem Gitarristen ein Kopfschütteln. Chris verneinte.

„Nun, da drin geht es um ein Mädchen, das einem weißen Kaninchen hinterher läuft und dann im Wunderland landet, dort ein paar komische Dinge erlebt und schließlich vor der Herzkönigin flüchten muss, weil die ihr sonst den Kopf abgeschlagen hätte“, fasste Jack knapp zusammen.

Chris’ Augen wurden groß. „Moment... Das klingt nach genau den Dingen, die Easy passieren könnten!“

Jack starrte ihn an. „Verdammt!“ Sie wirbelte herum. „EASY!“
 

Derweil ging Easy immer noch dem Robodog hinterher, der nun deutlich langsamer dem weißen Kaninchen folgte, das wiederum regelrecht aufreizend voranhoppelte.

„Hund! Robohund! Dingsda! Bleib verdammt noch mal stehen!“, versuchte sie den Hund davon zu überzeugen, artig zu sein, aber darauf wollte er natürlich nicht hören. Genau wie die echten Hunde. Hörte nur, wenn es ihm gefiel...

Easy grummelte leise vor sich hin.

Schließlich verschwand das Kaninchen in einem Loch. Robodog hinterher. Easy... überlegte noch.

„EASY! WAGE ES NICHT IN DIESES VERDAMMTE LOCH ZU KRIECHEN!“ Jacks Stimme dröhnte auch über die große Entfernung in den Ohren der Leadsängerin und sie wandte sich langsam um.

Ich hatte die Idee, dem Kaninchen zu folgen, ehrlich gesagt, auch nicht für besonders gut gehalten und wenn Jack nicht gebrüllt hätte, hätte ich Easy sicher davon abhalten können, aber so...

„Du sagst mir gar nichts!“, schnappte Easy, ging auf alle Viere und zwängte sich in das erstaunlich breite Kaninchenloch hinein.

„EASY!“ Jetzt brüllte auch Chris, doch die Frontfrau der Sorglospunks war bereits verschwunden. „Und jetzt?“ Ratlos blickte er Jack an, als sie vor dem Kaninchenbau zum Stehen kamen.

„Hinterher.“ Jack seufzte leise „Auch wenn man sie im Stich lassen sollte...“

„Äh... drei ausgewachsene Menschen in einem Kaninchenbau... Hältst du das wirklich für eine gute Idee...?“ Doch Jack hörte ihm nicht mehr zu und war schon längst in dem Bau verschwunden. Chris seufzte leise, ließ sich auf die Knie nieder und robbte dann hinterher. Wenigstens sah er vorne den Lichtschein von Jacks kleiner Schlüsselbundtaschenlampe.
 

Easy war in der Zwischenzeit in einer kleinen Höhle angekommen, in der sich eine komische Tür an einer Wand befand. Die war nur viel zu klein, um sie zu öffnen. Dafür stand da eine Flasche, auf der ein Etikett mit der Aufschrift ‚Schrumpf mich!’ klebte. Der Robodog sah sie erwartungsvoll an. Easy streckte schon die Hand nach der Flasche aus, da...

Jack verpasste ihr eine schmerzhafte Breitseite auf die Finger.

„Hey!“ Empört blickte die SP-Frontfrau ihre Schwester an. „Was soll das?“

„Meinst du, jemand will die kleinste imaginäre beste Band der Welt spielen hören? Du minderst unsere Chancen, Easy!“

Nachdenklich biss sich diese auf die Unterlippe. Okay, irgendwie... war da was dran. Als kleinste Band der Welt bekam man zwar garantiert Fernsehauftritte, aber es war sicher nicht lustig, wenn man Kaffee nur noch aus dem Fingerhut trinken konnte...

„Hund, komm.“ Easy pfiff durch die Zähne und trat zu dem Tunnel zurück, aus dem sie gerade gekommen waren.

In dem Augenblick purzelte Chris heraus. „Easy!“

„Hey, alles schon geklärt.“ Jack grinste cool.

„Mist.“ Chris seufzte und rappelte sich langsam auf. „Aber das nächste Mal will ich uns entweder retten oder in Schwierigkeiten bringen!“

Klar... Kein Thema, Chris. Ich musste grinsen. Bandmuse zu sein, hieß schließlich, auch einen gewissen Zugriff auf sämtliche Bandmitglieder zu haben...

„Ach ja... Und was den Robodog angeht“, meinte Easy, während sie durch den Kaninchentunnel ins Freie robbte – das Kaninchen hatte sie längst vergessen –, „Den versteigern wir bei Ebay! Ich habe keine Lust darauf, dass er ständig auf Kaninchenjagd geht.“

Dem hatten die anderen beiden Sorglospunks ausnahmsweise einmal nichts hinzuzufügen und ich hatte meine Arbeit für diesen Tag erledigt. Eine gute Idee pro Tag reicht schließlich...
 

So sollte die Geschichte eigentlich enden, aber damit würde ich etwas Wichtiges unterschlagen, denn die genialste Idee dieses Tages kam von der Bandmanagerin. Langeweile ist bekanntlich das Gift, das jegliche Inspiration zerstört und das gerade bei empfindlichen Geschöpfen wie Songwriterin Easy äußerst lähmend wirken kann. Dieser Langeweile trat Nifen, die kluge Managerin, durch den Robodog entgegen und wehrte die drohende Gefahr erfolgreich ab.

Noch während wir alle – ich hatte die Band natürlich unsichtbarerer Weise auf meiner Wolke begleitet, um Notfallideen spenden zu können – auf dem Heimweg waren, konnte ich in Easys Gehirnwindungen die Inspiration fühlen. Dieses Erlebnis war es definitiv wert, in einem Song verarbeitet zu werden. ‚Generation Robodog’ sollte er heißen.

Und Easy summte bereits leise den Refrain vor sich...

„Und ich folge dem weißen Kaninchen,

das mein Robodog jagt.

Und ich folge dem weißen Kaninchen,

das mein Robodog jagt...“



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