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Mimiko no Miko

Mimiko die Priesterin
von

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Prolog

Es war ein kühler Frühlingsmorgen. Die Vögel begannen allmählich zu erwachen und leise ihr Morgenlied zu singen, während die ersten Sonnenstrahlen durch das dichte Laubdach des Waldes drangen und komplexe Schattenmuster auf der feuchten, moosbedeckten Erde erscheinen ließen, die sich im Rhythmus der leichten Windstöße, die das Laub zum Rascheln brachten, bewegten.

Schritte, so leise, dass nur die Bewohner des Erdbodens sie spüren konnten, wenn sie über ihnen auftrafen, bewegten sich langsam entlang des ungekennzeichneten Pfades zu einer der großen Siedlungen außerhalb des heiligen Waldes.

Hellblauer Stoff streichelte im Vorbeiwehen die kleinen Blumen und Sträucher, an denen die Verursacherin der Schritte vorüber kam, ohne auch nur einen Halm oder ein Blatt zu verletzen. Dort, wo ihre nackten Füße den Boden berührten, sprossen neue Keime aus dem Erdreich, erweckt durch die wundersame Macht der Gazara-Priesterin, deren Berührung die Lebenskraft aller Lebewesen zu verstärken vermochte.

Die rotblonde Priesterin blieb andächtig auf einer kleinen Lichtung stehen, als die Sonne langsam hinter den Bergen auftauchte und der Himmel sich in ihrem Umkreis hellorange färbte. Wie alle Schwestern des Gazara-Ordens ehrte sie den Moment vom Aufgang der Sonne, ohne deren Licht kein Leben bestehen konnte.

Um sie herum wurden die Geräusche von erwachten Tieren immer zahlreicher und lächelnd betrachtete sie eine Familie von Füchsen, deren Junge vorwitzig aus ihrem Bau herausschauten, um die seltsame blaugewandete Gestalt zu betrachten. Ihre Eltern hielten sie nicht zurück, da sie instinktiv wussten, dass die Priesterin keine Gefahr für sie darstellte. Die kleinen Füchse pirschten sich neugierig an die lächelnde Frau heran und beschnüffelten interessiert den blauen Stoff, der neben deren nackten Füßen herabhing. In Gedanken segnete sie die Jungen, als sie sich herabbeugte, um ihr samtiges Fell zu streicheln, damit sie gesund und kräftig heranwachsen würden. Dann setzte sie in schwebendem Gang ihren Weg fort.
 

Gegen Mittag erreichte die junge Frau endlich ihr Ziel: Die Stadt.

Es war ungewöhnlich für die Gazara-Priesterinnen den heiligen Wald zu verlassen, da sie schnell krank wurden, wenn sie nicht von genügend Leben umgeben waren. Denn soviel Leben sie schenkten, soviel Lebenskraft mussten sie aus der Natur wieder aufnehmen, um nicht selbst zu sterben. Es war ein ewiger Kreislauf, in dem die Ordensmitglieder dem Leben halfen sich zu verbreiten und bestehen zu bleiben, und dafür die Energie aus sterbenden Wesen absorbierten, um daraus Neues entstehen zu lassen.

Die Priesterin blieb in einiger Entfernung vor den Stadttoren stehen und zog sich aus Weidenzweigen geflochtene Schuhe an, da es sie schmerzte, wenn die Pflanzen, die sie passiv durch ihre Berührung beschwor, von den Menschen in der Stadt achtlos zertreten wurden. Das Gefühl der Schuhe an ihren Füßen war furchtbar beklemmend. Dennoch tauschte sie auch ihr seidiges blaues Kleid gegen eine kratzige graue Kutte mit Kapuze ein, um nicht zuviel Aufmerksamkeit unter den Stadtbewohnern zu erregen. Dann schritt sie, durch das einengende Gefühl der Schuhe an ihren Füßen etwas unbeholfen zu den zwei Stadtwachen, die dafür sorgten, dass kein normaler Bürger den heiligen Wald betrat, der nur den Priesterinnen vorbehalten war.

Als die zwei Männer die Gestalt näher kommen sahen, zückten sie ihre Schwerter und bauten sich möglichst bedrohlich auf, um der näherkommende Erscheinung zu demonstrieren, wie ernst es den Stadtbewohnern mit dem Schutz des Waldes war. Und auch, um sich selbst etwas Mut zu machen. Als die Frau bei den beiden Wachmännern angelangt war, blieb sie einen Meter vor ihnen stehen und verneigte sich leicht, zum Zeichen ihrer friedlichen Absichten. Dann folgte angespannte Stille. Die beiden Männer versuchten mit Blicken untereinander auszumachen, wer den Test über sich ergehen lassen musste, ob es sich bei der Frau um eine Gazanerin handelte. Einem der beiden stand vor Angst der Schweiß auf der Stirn, deshalb entschied sich die Priesterin für seinen Partner, um ihre Identität zu bestätigen. Als sie einen Schritt auf die ausgewählte Person zu machte, stellte diese sich kerzengerade vor ihr auf und biss die Zähne zusammen. Selbst von dem Abstand aus, der zwischen ihnen bestand, konnte die Frau seinen heftigen Herzschlag spüren. Sie bemühte sich, es rasch hinter sich zu bringen und schob den Ärmel ihrer weiten Kutte zurück um ihn mit der bloßen Hand an der Stirn zu berühren.

In dem Moment, als ihre Fingerspitzen auf die Haut des Mannes trafen, brach eine Flut von Empfindungen über ihn herein; Er fühlte die zarte Berührung von Grashalmen, kaltem Wasser, warmen Sonnenstrahlen, sanftem Wind, die trippelnden Schritte von Insekten auf seiner Haut, dazu den Geruch von Blumen, Erde, modrigem Holz, Tannennadeln und die Geräusche von Tieren, Blättern und prasselndem Regen, die einer Art summendem Herzschlag gleichkamen und sein Bewusstsein vollkommen überfluteten.

Nach zwei Sekunden zog die Priesterin ihre Hand wieder zurück und der Mann sackte überwältigt auf die Knie vor ihr. Da sie in Gegenwart der Priesterin nicht zu sprechen wagten, bedeutete die andere Wache ihr mit einer Handbewegung, dass sie passieren durfte und öffnete für sie das Tor. Die ehrfürchtigen Blicke der zwei Männer im Rücken, betrat die junge Frau nervös das dreckige Kopfsteinpflaster der Stadt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2009-04-08T14:16:48+00:00 08.04.2009 16:16
*räusper*
Also ich denke, dass Bettie sehr gut umrissen hat, was mir auch durch den Kopf gegangen ist, als ich deine Geschichte gelesen habe.
Erst einmal Glückwunsch zu deiner guten Rechtschreibung, findet man eher selten (sieht bei mir auch nicht anders aus ;))

Du umschreibst deine Hauptperson wirklich sehr dezent und einladend. Alles nimmt innerlich Gestalt an.
Die langen Sätze waren zwar manchmal ein Hinderniss, doch du hast sie sehr schön gestaltet, sodass sie doch gut, aber nicht immer einfach zu lesen waren.
Dein Stil ist sehr ansprechend und ausgereift. Man erkennt, dass du mit Leidenschaft schreibst, dass dich das Schreiben interressiert.

Leider bin ich gerade ein wenig anderweitig beschäftigt und muss deswegen hier schon abbrechen, aber ich werde die nächsten Kapitel gewiss lesen und kommentieren.

glg
Cranier
Von:  Teilchenzoo
2009-03-02T14:17:54+00:00 02.03.2009 15:17
Ein Anfang, der zum Weiterlesen einläd.

Mir gefällt deine Art, dich auszudrücken. Man erhält dadurch neben der dirketen Beschreibung einen sehr guten Eindruck von dem Wesen der Priesterin und dem Wald an sich.
Was nun Betties Meinung betrifft: in einer Szene wie der im Wald finde ich eine so poetische Sprache sehr geeignet. Sie drückt die Ruhe und das Einssein mit der Natur wunderbar aus. Allerdings solltest du sie im Getümmel der Stadt, mit den ruppigen Menschen und all ihren Sorgen und Lärmen, vielleicht variieren (ich weiß, du hast bereits andere Kapitel veröffentlicht, und ich weiß nicht, wie du da geschrieben hast. Es ist nur als allgemeiner Tipp gemeint, vielleicht zu voreilig).

Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergeht.

Lg neko
Von:  Lady_Lockenlicht
2008-01-25T14:16:46+00:00 25.01.2008 15:16
[Gegenkommentar]
Zumindest einen Kommentar schaffe ich noch diese Woche =)

Ein guter Einstieg in die Geschichte; der Schauplatz wird umrissen, eine der Hauptpersonen (zumindest denke ich das) skizziert und scheinbar wichtige Elemente in Deiner Geschichte dem Leser nahegelegt. Das Motiv der Priesterin, in einem Matriarchat organisiert, gefällt mir, da hat mir das Lesen natürlich noch mehr Spaß gemacht.

Du besitzt eine sehr bildhafte und poetische Sprache. Das passt einerseits sehr gut zum Thema der Geschichte, ist aber andererseits etwas gefährlich in der Hinsicht, dass es schnell ins Kitschige abdriften kann. Vielleicht wird dieser Eindruck noch verstärkt durch die langen Sätze: ich persönlich mag sowas ja, aber sie sollten trotzdem mit Bedacht und nicht inflationär eingestreut sein. Lies sie Dir am Besten mehrmals durch und frage Dich, ob Du sie als Leser verstehen würdest? Noch besser wäre natürlich, Freunde oder einen Beta zu fragen, die Dich höflich auf so etwas hinweisen würden. Ich meine z.B. einen solchen Satz mit ein paar zuvielen Einschüben:"Die Person im blauen Gewand atmete tief den Duft des Waldes ein, als wäre sie das Bouquet eines edlen Weines, denn nur um diese Tageszeit hatte die Luft diesen besonders intensiven Geschmack, in dem alle Gerüche, die der Wald zu bieten hatte, vereint waren." Daraus ließen sich auch gut 2-3 Sätze machen. Lange Sätze können gut wirken, aber sie bedürfen einer gewissen schriftstellerischen Erfahrung.

Rechtschreib- oder/und Tippfehler sind Dir kaum bis gar nicht unterlaufen, mir sind sie nur sehr marginal aufgefallen, wie "im vorbeiwehen": im Vorbeiwehen.

Ich lese gerne mal in die nächsten Kapitel rein =)

Von: abgemeldet
2007-11-17T18:54:49+00:00 17.11.2007 19:54
Ein Beginn der zum weiterlesen einlädt.
Freue mich schon auf's nächste Kapitel.


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