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Quicksand

(~ GaaraXYuka~)
von

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Fassaden

Ich wusste nicht, wie lange ich es geschafft hatte, ihm durch die wenig befahrenen Seitenstraßen zu folgen, bis ich endlich wieder Gefühl in meine tauben Glieder bekam und mein frenetischer Pulsschlag sich halbwegs beruhigte. Noch immer lag mir der ätzende Geruch von Blut in der Nase, doch immerhin verschwanden der Schwindel und die Übelkeit allmählich.

Vollkommen erschöpft hielt ich an und ließ mich auf ein paar Treppenstufen sinken. Ich war in einer Ecke Frankforts gelandet, die ich für gewöhnlich mied, denn dort trieb sich vorzugsweise der Abschaum der Highschool herum: Drogendealer, Kleinverbrecher und Alkoholiker. Gegen diese Typen war ich die heilige Jungfrau Maria.

„Ich hab dir nicht erlaubt, dich zu setzen.“

Müde hob ich den Kopf und blickte auf den Mörder der gesamten Polizeieinheit Frankforts.

„Entschuldigung, wenn ich es nicht gewohnt bin, dass ein halbes Dutzend Menschen vor meinen Augen abgeschlachtet wird!“, zischte ich und ärgerte mich selbst über das mitgenommene Zittern in meiner Stimme.

„Du könntest die Nächste sein.“

Er sagte es so ruhig, als wäre es eine völlige Selbstverständlichkeit und jetzt verstand ich auch, wie normal eine solche Drohung für ihn war.

Ich schluckte und rang nach einer passenden Antwort.

„Hey, wir haben etwas ausgemacht, oder etwa nicht? Wir arbeiten zusammen, also lass mich in Ruhe.“

„Falsch. Du tust, was ich sage, und zwar ohne Widerworte“, knurrte er und mein Pulsschlag schoss sofort wieder in die Höhe.

Entschieden schüttelte ich den Kopf und versteinerte mein Gesicht, in der Hoffnung, das würde mich unnachgiebig erscheinen lassen – natürlich nur, wenn man von meinen geröteten Augen absah.

„So geht das aber nicht. Sklave und Herrscher: Nein, danke. Gleichberechtigte Zusammenarbeit: In Ordnung.“ Ich war selbst überrascht davon, wie überzeugend ich klang und machte den Versuch eines selbstgefälligen Lächelns.

Das Jadegrün seiner Augen wurde schlagartig einen Farbton dunkler, wie es mir schien, und ich hatte Mühe, seinem Blick standzuhalten.

„Wieso sollte ich mich mit dir“- er würgte das Wort voller Verachtung heraus –„…auf eine Stufe stellen.“

Diese reichlich grobe Beleidigung gab mir neuen Mut und so erhob ich mich und sah ihn ernst an. Nur gut, dass er nicht auch noch größer als ich war.

„Ganz einfach: Ich bin die einzige Amerikanerin mit Chakra, das hast du selbst gesagt. Also bin ich ein potentieller Mutant. Und wenn du nicht zufällig Arnold Schwarzenegger oder Jackie Chan über den Weg läufst, findest du keinen nützlicheren Partner“, erklärte ich, nachlässig mit einer Hand gestikulierend. Morde hin oder her – die Logik war auf meiner Seite.

Er hob eine seiner abrasierten Augenbrauen und sah mir direkt in die Augen.

Mir wurde beinahe schwindelig unter diesem mörderischen Blick, doch ich schluckte meine instinktive Angst hinunter und straffte die Schultern. Mut und Wahnsinn lagen eben doch nah beieinander.

„Aber du kannst dein Chakra nicht kontrollieren. Außerdem weißt du nicht mal, wo das Windreich liegt. Du bist absolut wertlos für mich.“ Damit sprach er mein zweites Hauptproblem an und brennender Ehrgeiz kam in mir hoch, gemeinsam mit Selbsterhaltungstrieb.

Er mochte brutal sein und am längeren Hebel sitzen, aber ich war nicht bereit, mich unterzuordnen wie ein willenloser Sklave! Amerika war immer noch ein Rechtsstaat!

Entschlossen wischte ich all meine Angst, Verzweiflung und das Entsetzen über die Ereignisse im Polizeirevier beiseite. Ich wollte nicht vor ihm zittern; jetzt galt es, ihm erst einmal zu beweisen, dass er mit mir nicht länger so umspringen durfte. Ich war Yuka Ashihira, Lacrosse-Champion der Regionalliga und meist vorbestrafteste Schülerin der ganzen Frankfort Junior High. Ich hatte immer noch einen Ruf zu verteidigen!

Also schob ich energisch das Kinn vor, blendete die Erinnerung an all das spritzende Blut und die zerfetzten Menschenkörper aus und verschränkte die Arme vor der Brust. Meine Gesichtszüge wurden härter, meine Augen schmaler, und dann setzte ich zu der verrücktesten und selbstmörderischsten Rede meines Lebens an.

„Ich hab weder eine Ahnung, wer du wirklich bist, noch wo du herkommst. Ich weiß nur, dass ich etwas an mir habe, das du brauchst oder dir zumindest einen Vorteil verschafft. Das heißt, wir sind beide aufeinander angewiesen. Klar, du bist der große, starke Mörder und ich im Vergleich dazu nur ein mickriges Großmaul, aber du weißt so gut wie ich, dass du mich brauchst. Also, Gaara, ich biete dir einen Deal an: Ich gebe mein Bestes, um dich in deine Heimat zu bringen – wo auch immer das liegt. Dafür lässt du deinen Sand von mir und hörst auf, alles zu killen, was nicht bei drei auf dem Baum ist.

Und jetzt schau nicht wieder so, als wolltest du mich nur mit einem Blick köpfen und meine Körperteile auf dem Schwarzmarkt verscheuern! Ich arbeite mit dir zusammen, aber nur, wenn du dich halbwegs normal benimmst! Das heißt keine Morddrohungen, keine Gewalt und dein Sand bleibt hübsch in dieser Vase auf deinem Rücken. Klar soweit?“

Die schwache Stimme der Vernunft in mir verkündete mein baldiges und äußerst schmerzvolles Ableben, während mein arroganter Teil sich so waghalsig-cool wie Johnny Depp in seiner Rolle als Jack Sparrow in Fluch der Karibik fühlte. Nur, dass der Gegenspieler kein verfluchter Zombie-Pirat, sondern ein Klappergestell von einem dreizehnjährigen Jungen war.

Besagtes Klappergestell musterte mich, abschätzend und kühl wobei er bis in mein Innerstes zu dringen schien; ich fühlte mich ihm nackt und schutzlos ausgeliefert.

Und das nur, weil er vor mir stand und mich anstarrte! Meine Psyche musste definitiv in Mitleidenschaft gezogen worden sein.

„Du hast keine Angst vor mir“, stellte er schließlich mit einem seltsamen Unterton in seiner rauen Stimme fest, den ich nicht recht einzuordnen wusste. Es musste irgendwo zwischen Verwirrung und Zorn liegen, beides jedoch in Zaum gehalten.

Diese Antwort warf mich aus der Bahn.

„Na ja“, sagte ich, um mir etwas Zeit zu verschaffen und setzte ein Grinsen auf. „Glaubst du, du kannst mich beeindrucken, indem du ein paar Leute abschlachtest? Das hab ich alles schon hundertmal in Filmen gesehen, obwohl du durchaus mit Saw mithalten kannst. Ich bin abgehärtet, würd ich mal sagen.“ Das war die Übertreibung des Jahrhunderts, doch er schien mir die Lüge abzukaufen.

Er kniff nur die Augen leicht zusammen und sagte kein Wort mehr.

„Also, haben wir einen Deal?“, fragte ich schließlich, weil ich mir nicht sicher war, wie lange ich es noch schaffen würde, die Starke zu spielen.

„Du wirst tun, was ich dir sage.“

Himmel, war der Kerl gruselig bei jeder noch so banalen Aussage! Ich musste all meine Energie auf eine gleichmäßige Atmung verwenden und nickte.

„Ich werde tun, was du sagst, solange dadurch niemand zu Schaden kommt. Aber das heißt nicht, dass ich dein Eigentum bin. Gleichberechtigte Partner, klar?“

Seine Lippen zuckten und einen Moment lang rechnete ich fast damit, dass wieder der Sand auflodern und auf mich losgehen würde, doch dann nickte er nur und schob seine schmalen Hände in die Taschen seiner schwarzen Hose. Es war das erste Mal, dass mir auffiel, wie zerbrechlich sein Körper eigentlich wirkte: Seine Hände waren blass, die Finger lang und dünn und an seinen Handgelenken stachen die blauen Adern überdeutlich hervor. Wahrscheinlich war es schlichtweg der krasse Kontrast zwischen seinen erwachsenen, kalten Augen und seinem kindlichen Körper, der mir diese instinktive Furcht einflößte.

„Sehr gut!“, rief ich, um mich selbst abzulenken, und streckte ihm kameradschaftlich die Hand hin. „Dann hör endlich auf, mich immer ‚du’ zu nennen. Mein Name ist…“

„Ich will deinen Namen nicht hören.“

Irritiert von dieser schroffen Unterbrechung sah ich in seine gefrorenen Augen.

„Wieso das? Wir sind Partner, also können wir uns ruhig normal ansprechen!“

„Wir arbeiten zusammen, solange bis ich mein Ziel erreicht habe. Danach bist du auch nur ein weiteres Opfer. Und ich will die Namen dieser wertlosen Opfer gar nicht hören.“ Er sagte es, als wäre es von Anfang an beschlossene Sache gewesen, dass ich früher oder später durch seine Hand sterben würde.

Ich musste mich umdrehen, damit er nicht sah, wie mir die Gesichtszüge entglitten und meine Schultern ganz automatisch zu zittern begannen. Diese Angst vor ihm war allgegenwärtig, so sehr ich sie auch zu verdrängen versuchte, und das ärgerte mich.

„Dann komm einfach mit, solange du noch Zeit mit einer lebenden Partnerin verbringen kannst“, zischte ich leise. Das sollte scharf klingen, missglückte allerdings völlig.

Ich wollte gerade zu einem überzeugenderen Satz ansetzen, als mich das kratzende Geräusch von Rollen auf Betonboden erstarren ließ. Mit einem Quietschen kam es direkt hinter mir zum Stillstand.

„Hey, Japan-Girl! Schwing deinen knochigen Hintern sofort von unserem Platz, sonst setzt’s was! Und nimm deinen komischen Freund gleich mit!“

Ich stöhnte auf. Großartig, das hatte mir gerade noch gefehlt!

Betont lässig drehte ich mich um und blickte geradewegs auf drei nur wenig ältere Jungen, die mit ihren Skateboards am Eingang des Skaterparks standen. Jeder in ganz Frankfort kannte diese Typen. Sie waren erst im zweiten Jahr auf der Highschool und benahmen sich schon, als wären sie der ganzen Welt überlegen. Dabei war das Einzige, das sie wirklich gut konnten, sich mit ihren Skateboards so richtig schön auf die Fresse zu packen.

Mit einer gewollt arroganten Geste warf ich meine Haare zurück und trat neben Gaara.

„Ach, darf ich meinen Lieblingsskatern nicht mehr beim Hinfliegen zugucken?“, rief ich provokant zurück und bedachte den größten der drei mit einem spöttischen Grinsen. „Übrigens, Mike, wie geht’s eigentlich deinem minderbemessenen besten Stück? Hab gehört, du hast dir das Teil bei ’nem Slide an ’nem Treppengeländer zerquetscht…?“ Die halbe Stadt redete seit über einer Woche von kaum etwas anderem mehr, als vom Verlust von Mikes Zeugungsfähigkeit.

Mike – ein ebenso großer wie muskulöser, aber im Prinzip harmloser Kerl – ließ sein Board zu Boden gleiten und trat einige Schritte auf mich zu. Die anderen beiden flankierten ihn und ich verstand schon, was ihre feindseligen Blicke mir sagen sollten: Kleine Junior Highschool Girls hatten sich aus der Potenz - beziehungsweise Impotenz, in diesem Fall - eines Zehntklässlers herauszuhalten.

Das war etwas, das ich nur zu gut gewöhnt war. Stress mit Oberschülern war Teil meines Alltags und es war direkt beruhigend zu wissen, dass dieser Teil meines normalen Lebens auch während meiner seltsamen Gefangenschaft weiterging. In gewisser Weise gab es mir Sicherheit und das tat gut nach all der Angst und den sich überschlagenden Ereignissen.

„Das muss ja ganz schön hart sein, in Zukunft nur durch einen Schlauch zu pinkeln. Aber sieh’s positiv: Du hast zumindest keine Freundin, die darunter leiden müsste.“ Ich schenkte ihm ein bösartiges Lächeln und verschränkte die Arme vor der Brust.

Mike kniff die Augen zusammen und blieb direkt vor mir stehen. Obwohl er fast zwei Köpfe größer als ich war, vermochte ich nicht den Ansatz von Respekt zu empfinden. Was war er schon, verglichen mit Gaara!

„Und was für einen dürren Gartenzwerg hast du da dabei? Ist der aus der Klapse ausgebrochen?“ Offenbar war ich nicht die Einzige, der Gaaras offensichtliche Abnormalität ins Auge stach.

Ich konterte mit einem zynischen Lachen.

„Dieser Stil nennt sich Emo. Aber wundert mich nicht, dass du keine Ahnung von Stil hast.“

Ein scharfer Windzug zischte an meiner Wange vorbei und ich war froh, schon vorsorglich ein Stück zur Seite gerückt zu sein, sonst hätte Mikes Faust ihr Ziel garantiert nicht verfehlt.

„Weißt du, was das Problem an dir ist, Japan-Girl?“, knurrte er. „Du merkst nie, wann du es übertreibst.“

„Immerhin ist sie ein minimales, unbedeutendes Stückchen weniger erbärmlich als du wertloser Haufen Fleisch.“

Ich konnte das Adrenalin der drei Jungen förmlich pulsieren hören, als Gaara diesen eiskalten Satz aussprach, und das bereitete mir unverschämtes Vergnügen.

„Schon gut, mach dir nur keinen Stress, Gaara“, sagte ich lässig und schob mich an den drei Jungen vorbei. „Kastrierte Kerle sind nicht auf meinem Niveau. Komm, wir gehen.“

Und dann geschahen plötzlich mehrere Dinge gleichzeitig.

Der blonde Kerl neben Mike zerrte mich an der Schulter zurück und fixierte mich mit eisernem Griff. Mike selbst holte aus und rammte seine Faust dann mit solcher Wucht in meinen Bauch, dass mein Magen sich zum x-ten Mal an diesem Tag umdrehte und ich würgen musste.

Fast gleichzeitig loderte um Gaara herum feiner Sand auf und machte sich zum Angriff bereit.

Ich wusste, was er vorhatte, und hob abwehrend eine Hand, um ihn aufzuhalten. Diese Kerle waren kein Blutvergießen wert.

„Schon gut, Gaara“, japste ich atemlos und hielt mir mit einer Hand den schmerzenden Bauch.

Langsam hatte ich genug davon, von allen Leuten als Fußabtreter und Opfer zum Frustabbau verwendet zu werden, und so riss ich den Kopf hoch und funkelte Mikes Clique wutentbrannt an. An Gaara konnte ich mich nicht abreagieren, doch diese wichtigtuerischen Idioten hatten es nicht anders verdient.

„Hey, Mike“, zischte ich leise. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass sogar Kim härter zuschlägt, als du?“

Der Rest war Routine. Alles Dinge, die ich hundertmal getan hatte und die mir in Fleisch und Blut übergegangen waren. Mike bekam meine Faust ins Gesicht – natürlich mit dem Handballen nach oben stoßend, sodass im Idealfall sogar noch die Nase brach. Für die beiden anderen zückte ich mein Taschenmesser und verpasste ihnen ein paar nette Andenken auf die nackten Arme. Es war immer wieder amüsant zu hören, wie lächerlich sich die erschrockenen Schreie dieser harten Kerle anhörten.

„Fuck! Das kriegst du zurück, verlass dich drauf, du dreckige Hure!“, fluchte Mike, ehe er sich mit seinen beiden Freunden aus dem Staub machte. Zurück blieben nur ein paar Blutspritzer auf dem Boden.

Befreit atmete ich aus und wischte die Klinge meines Messers an einem Taschentuch ab. Es gibt nichts, das schwerer zu entfernen ist, als eingetrocknetes Blut auf Stahl.

„Die wären wir los“, stellte ich grinsend fest und drehte mich wieder zu Gaara. Es überraschte mich, dass er sich nur auf meine Bitte hin aus dem Getümmel herausgehalten hatte; offenbar war er doch teamfähiger, als ich gedacht hatte.

„Du hast die Kerle fertig gemacht, obwohl sie dir sowohl körperlich, als auch zahlenmäßig überlegen waren." Er klang eindeutig überrascht.

Ich warf ihm ein schiefes Grinsen zu und vergaß für einen Augenblick voll und ganz, dass ich mit meinem Kidnapper – oder auch Partner, wenn man das so bezeichnen konnte – redete.

„Gewohnheit, nichts weiter. Wenn mir jemand auf die Nerven geht, kriegt er eine in die Fresse und fertig.“

Gaara hob eine seiner nicht vorhandenen Augenbrauen; sein Blick wurde dabei erneut so intensiv, als würde er bis in mein Innerstes blicken, doch ich vermochte keine Angst zu spüren. Ich fühlte mich sicher in meiner Rolle als Schlägerin, die ich zur absoluten Perfektion ausgefeilt hatte.

„Und du weißt, dass du damit bei mir keinen Erfolg haben wirst. Darum handelst du mit mir bessere Vertragsbedingungen aus.“

Ich verstand nicht ganz, was er mir damit sagen wollte, nickte aber dennoch überschwänglich.

Er kniff die Augen kurz zusammen, dann drehte er sich abrupt um und ging auf den Ausgang des Skaterparks zu.

„Unter Umständen bist du doch nützlich. Jetzt komm und such das Windreich.“

„Seh ich aus wie ein Suchhund?“

Ich verdrehte die Augen und folgte ihm in gemäßigtem Tempo. An seiner Ausdrucksweise würde sich wohl nie etwas ändern: Befehle, Befehle und noch mal Befehle. Wie beim Militär.

„Das sagst du, um davon abzulenken, dass du keinen Plan hast.“ Er warf mir einen abschätzenden Seitenblick zu und ich hätte ihm am liebsten diesen überlegenen Ausdruck aus dem Gesicht geprügelt.

„Was erwartest du denn vor mir?! Dass ich allwissend bin?!“, keifte ich und atmete heftig aus. „Ich denke, ein Besuch in der Bibliothek könnte nicht schaden. Vielleicht gibt es ja Bücher über diese X-Faktor-Geschichten und PCs mit Internetanschluss sind da auch. Irgendwo steht bestimmt etwas über übernatürliche Dinge.“

„Übernatürliche Dinge…“, wiederholte er leise und ich verstand, dass das eine Frage sein sollte.

„Na ja, du behauptest, aus einem Land zu kommen, von dem ich noch nie gehört hab, obwohl ich eine Eins in Erdkunde hab'. Außerdem kannst du ja wohl kaum behaupten, dass deine Sandnummer normal ist. Wenn du mir von deiner Heimat erzählst, kann ich vielleicht herausfinden, wie du wieder hinkommst.“

„Dann gehen wir jetzt zu so einer Bibliothek.“ Diesen Begriff schien er zu kennen, was mich überraschte. Bisher schien ihm alles an Frankfort fremd gewesen zu sein.

Zweifelnd warf ich einen Blick zum Himmel hinauf, der bereits in allen erdenklichen Rot- und Orangetönen gefärbt war. Die Schatten der Bäume am Wegrand wurden länger und auch die Temperatur hatte sich herabgekühlt.

„Es ist schon spät, die Bibliothek hat bestimmt nicht mehr offen. Wir sollten uns ein Nachtlager suchen. Ich kann es meinen Eltern sicher irgendwie erklären, wenn du eine Nacht bei mir zu Hause schläfst, also…“

„Nein“, unterbrach er mich kalt und ich warf ihm einen irritierten Seitenblick zu. „Wir gehen nicht zu dir nach Hause. Ich riskiere nicht, dass dich irgendetwas ablenkt. Dir ist jeglicher Kontakt mit Bekannten verboten.“

„Hast du schon mal was von Kontrollwahn gehört?“

Sein Blick blieb hart und mir wurde klar, dass ich verloren hatte.

„Okay, okay, wie der große Gaara befiehlt! Ich such' uns eine andere Übernachtungsmöglichkeit!“

Mit einem unwilligen Schnauben beschleunigte ich meine Schritte und war froh darüber, dass wenigstens die Wunde an meinem Bein nicht mehr wehtat.

Allerdings schien Gaara nicht mal meine Kooperationsbereitschaft genug zu sein, denn sein Gesichtsausdruck war skeptisch, als ich einige Minuten später vor dem städtischen Einkaufszentrum Halt machte. Sein Blick wanderte an der Front des dreistöckigen Gebäudes aus weißem Sandstein hinauf und wieder hinab – kein Zeichen übermäßiger Begeisterung, auch wenn das von Gaara ohnehin nicht zu erwarten gewesen war.

„Das ist unser Einkaufszentrum, da bekommt man Waren wie zum Beispiel Lebensmittel und Klamotten gegen Geld“, erklärte ich altklug und konnte nicht widerstehen, ihm eine kleine Grimasse zu schneiden. „Für heute ist es schon geschlossen, also können wir problemlos eine Nacht da drin verbringen, wenn wir keine Einbruchspuren hinterlassen und morgen wieder draußen sind, bevor die ersten Leute kommen. Das ist aber nicht weiter schwer, weil morgen Samstag ist, da machen alle Geschäfte erst gegen elf auf.“

„Ihr braucht so ein großes Gebäude zum Einkaufen…“ Seinem Tonfall nach zu urteilen, empfand er die Amerikaner als vollkommen verblödet und größenwahnsinnig und das kränkte meinen Vaterlandsstolz.

„Kann dir ja egal sein. Mach das Türschloss mit deinem Sand auf, dann ist alles im Lot. Aber um Himmels Willen vorsichtig! Niemand darf sehen, dass jemand eingebrochen ist!“

Rasch sah ich mich auf der Straße um, doch es war niemand zu sehen. Wir hatten einen günstigen Zeitpunkt erwischt: Es war kurz vor Feierabendbeginn, also noch keine Autos von nach Hause kommenden Berufstätigen.

Gaara folgte mir an die breiten Schiebtüren aus Glas, die mit einigen massiven Vorhängeschlössern sowohl an der Außen- als auch an der Innenseite versehen waren. Sicherheit wurde bei uns schon immer groß geschrieben, vor allem in Anbetracht der vielen Drogendealer und anderen Gesetzesbrechern – wahrscheinlich zählte selbst ich zu potentiellen Einbrechern.

„Wieso sollte ich das tun“, knurrte Gaara leise und sah mich erneut mit diesem intensiven Blick an, der mir das Gefühl gab, ein wehrloses, ausgeliefertes Kindergartenkind zu sein, das seine Mama verloren hatte. Wenn mein Kidnapper eines außer Morden beherrschte, dann war es Psychoterror.

Ich hatte das erste Mal seit längerer Zeit Schwierigkeiten, meine Stimme nicht zittern zu lassen.

„Ganz einfach: Ich brauch Schlaf und was zu essen. Da drinnen kriegen wir das. Klingelt’s?“

Einen kurzen Moment lang schien er verwirrt zu sein, dann hatte er sich allerdings sofort wieder im Griff und wandte sich in stoischer Ruhe der Tür zu.

„Sicher … Menschen brauchen ja Schlaf…“, murmelte er rätselhaft und ich fragte mich unwillkürlich, ob er nicht doch die ein oder andere illegale Substanz zu sich genommen haben könnte.

Ob Drogendealer oder nicht – Schlösser knacken war kein Problem für ihn. Binnen Sekunden hatte sein Sand die Vorhängeschlösser entsichert und das Tor geöffnet. Das gesamte Einkaufsparadies Frankforts lag mir zu Füßen und obwohl meine weiblichen Shopping-Gene längst nicht so sehr entwickelt waren, wie die von beispielsweise Kim, fühlte ich einen Anflug kindlicher Aufregung in mir, als ich Gaara ins Innere des Einkaufszentrums führte – natürlich nicht, ohne vorher die Eingangstüren wieder vorschriftsmäßig zu schließen. Falls später noch ein Nachtwächter vorbeikommen sollte, durfte ihm nichts auffallen.

Zielstrebig steuerte ich die neue Boutique, die hier morgen eröffnet werden sollte; den Gerüchten zufolge war sie der absolute Hammer.

„Das hier muss es sein!“, rief ich aufgeregt, als ich einen Laden im Erdgeschoss entdeckte, vor dem ein großes Plakat mit der Aufschrift „Eröffnung“ stand. Zwar waren – wie bei allen anderen Geschäften auch – die Rollläden vor dem Schaufenster und der Eingangstür heruntergelassen, aber wozu hatte ich einen Profi-Einbrecher dabei?

Eine kleine Handbewegung von ihm, ein bisschen Sand, der den Rollladen hochzog und die Tür öffnete, und schon war ich im Paradies. Es genügte ein kurzer Blick in die bereits fertig eingerichtete Boutique, um voll und ganz von der Qualität dieses Ladens überzeugt zu sein. Kim wäre an meiner Stelle wohl vor Begeisterung in Ohnmacht gefallen.

Beinahe andächtig trat ich in das Geschäft und betätigte den Lichtschalter an der Wand.

Und dann war es um mich geschehen.

„Chucks! Die haben Chucks! Meine Chucks!“, schrie ich voller Begeisterung und stürmte zu dem kleinen Tisch, auf dem jede Menge Exemplare meiner Lieblingsschuhmarke aufgereiht standen. Doch ich interessierte mich nur für ein einziges Modell, das ich auch gleich übermütig an mich riss: Schwarze Chucks mit roten und silbernen Totenköpfen darauf. Seit ich sie das erste Mal im Internet gesehen hatte, hatte ich vergeblich versucht, mir welche zu besorgen.

„Ich sehe hinter diesem Ort keinen Sinn für deine Aufgabe“, riss mich eine raue Stimme aus meiner Verzückung und seufzend ließ ich die Schuhe wieder sinken. Verstand er die normale Begeisterung eines Mädchens für coole Kleidung denn wirklich so wenig?

„Ich dachte, wir könnten hier ein bisschen shoppen gehen, ohne zu bezahlen.“

Grinsend wandte ich mich ihm zu, die Schuhe noch immer fest an meine Brust gedrückt. Kim würde vor Neid platzen, wenn sie sah, dass ich die Schuhe vor ihr ergattert hatte! Dieses Design war mehr als selten!

Gaaras strafender Blick sagte genug und so entschied ich mich, schnell etwas ernster zu werden.

„Weißt du, es geht dabei um Tarnung“, erklärte ich hastig und machte eine ausladende Handbewegung auf die zahlreichen Kleiderauslagen. „Die Polizei wird anfangen, uns zwei zu suchen, weil du ja dieses Blutbad anrichten musstest. Wenn wir uns mit neuen Klamotten tarnen, finden sie uns nicht so schnell.“

„Keiner dieser Typen wird je wieder die Gelegenheit haben, nur ein einziges Wort zu sagen.“

Ich verdrehte die Augen. „Aber die Überwachungskameras haben uns garantiert gefilmt, Intelligenzbestie!“

„Gewöhn dir auf der Stelle diesen provokanten Tonfall ab.“

Seufzend stellte ich meine geliebten Chucks zurück auf den Tisch.

„Ja, ja, schon kapiert. Aber eine Tarnung brauchen wir auf jeden Fall. Ich dachte da an ein bisschen Gothicstyle; weißt du, die haben bestimmt auch Make-up hier, dann kann ich uns zwei richtig umstylen.“

„Du weißt, dass mir kein Mensch dieser Welt etwas anhaben könnte“, sagte er gereizt.

„Aber unser Deal war: Keine grundlosen Menschenopfer mehr. Verstößt du dagegen, bin ich aus der Sache raus und du kannst jemand anderen mit Chakra suchen.“

Daraufhin schwieg er beharrlich und ich zog es vor, den Kühlschrank unter dem Verkaufstresen zu plündern, in dem ich Sandwiches und Cola fand – wahrscheinlich Verpflegung für die Mitarbeiter.

Nach der kleinen Mahlzeit fühlte ich mich schon um einiges besser und ließ mich auf eine quietschgelbe Ledercouch fallen, die neben einer Auswahl ebenso farbenfroher Sommerkleider stand. Mein Körper fühlte sich wie gerädert an und ich hatte fast das Gefühl, mein verletztes Bein gar nicht mehr bewegen zu können.

„Ich denke, wir sollten jetzt schlafen gehen“, seufzte ich müde und zupfte an den Klettverschlüssen meiner Schuhe herum. „Sonst wird vielleicht noch jemand misstrauisch, wenn er von draußen sieht, dass hier drinnen noch Licht brennt.“

Überraschenderweise hatte Gaara dagegen nichts einzuwenden; sein Sand betätigte wie auf Kommando den Lichtschalter und schlagartig lag der Raum im Dunklen.

„Gut. Schlaf.“

Die eisige Stimme klang erschreckend nah und ich riss den Kopf hoch. Glücklicherweise konnte ich noch die schemenhaften Umrisse von ihm erkennen; er hatte sich auf dem Stuhl direkt neben meiner Couch niedergelassen und starrte mich an. Wollte er so etwa die ganze Nacht neben mir hocken, nur um zu verhindern, dass ich mich aus dem Staub machte, während er schlief?

Er war absolut paranoid.

Und leider auch intelligent. Er würde mir nie eine Gelegenheit zur Flucht lassen.

Seufzend zog ich die Decke, die über der Rückenlehne der Couch ausgebreitet gewesen war, bis zu den Schultern hoch und rollte mich auf den Rücken. Es war alles andere als ein angenehmes Gefühl, alleine mit einem blutrünstigen Kidnapper zu sein und schlafen zu müssen. Allein der Gedanke daran, was er alles mit mir anstellen könnte, während ich schlief, drehte mir den Magen um.

„Was ist mit dir? Bist du nicht müde?“, fragte ich und sah zu ihm auf. Im schwachen Dämmerlicht waren seine funkelnden Jadeaugen das Einzige, an dem ich ihn identifizieren konnte.

„Ich schlafe nicht“, antwortete er kühl.

„Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich weglaufe. Ich halte mich für gewöhnlich an meine Versprechen.“

Seine Augen bekamen einen abwesenden Ausdruck, als würde er durch mich hindurchsehen, ohne mich wirklich wahrzunehmen.

„Ich schlafe nie.“

„Sollte ich jetzt beeindruckt sein? Wow, mein übermenschlicher Kidnapper braucht nicht mal Schlaf!“ Ich verdrehte die Augen über diese absurde Behauptung. „Komm schon, ich bin kein Kleinkind, dem man alles erzählen kann. Kein Mensch übersteht mehr als ein paar Tage ohne Schlaf.“

„Hör endlich auf, mich mit normalen Menschen auf ein Niveau zu stellen!“, zischte er verärgert und seine Hände ballten sich zu Fäusten.

Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um mehr über ihn herauszufinden. Je mehr ich über ihn wusste, desto höher lag auch die Chance, ihn wieder loszuwerden.

„Und wo genau liegt der Unterschied zwischen dir und uns minderwertigem Menschenpack? An deinem Chakrasystem?“

Sein Blick wurde schlagartig wachsam; er hatte mein kleines Manöver durchschaut.

„Das geht dich nichts an“, sagte er schroff.

Ich richtete meinen Oberkörper auf, die Decke dabei noch immer um mich gewickelt.

„Doch, das tut es! Du sagst doch, ich soll mein Chakrasystem kontrollieren, aber wie soll ich das machen, wenn du mir nichts darüber sagst? Wenn du mich trainierst, bin ich doch viel nützlicher für dich! Und vielleicht müsste ich dann auch nicht mehr schlafen, genau wie du!“

„Meine Fähigkeiten haben nichts mit Chakrakontrolle zu tun. Das ist einzigartig.“ Seine Stimme war kälter, aber auch leiser als zuvor. Er senkte den Kopf und sah auf die unförmige Vase, die er zu seinen Füßen abgestellt hatte. Er wirkte melancholisch, als wäre das alles – seine Kontrolle über den Sand und seine immense Stärke – eine schrecklich große Last für ihn.

Das war das erste Mal, dass er mir wie ein völlig normaler dreizehnjähriger Junge vorkam. Und es faszinierte mich.

„Also bist du besonders talentiert?“, bohrte ich weiter.

Er hob den Kopf und sah mich scharf an.

„Halt jetzt die Klappe und schlaf, oder ich sorg dafür, dass du ein paar Tage lang überhaupt nicht mehr aufwachst!“, drohte er, auf einen Schlag wieder mein gewalttätiger Entführer.

„Hör bloß auf, dich wie meine Mom zu benehmen. Der Spruch gehört ihr.“ Und diesen Satz warf sie mir mit Vorliebe an den Kopf, wenn wir unsere allabendliche Diskussion über das Schlafengehen hatten.

Gaaras Körper spannte sich an, als hätte ich gerade irgendeinen Schalter in seinem Innern umgelegt. Verkrampft krallte er eine Hand in seine Haare und drückte sich tiefer in den Stuhl.

Ich erschrak über diese Reaktion und machte mich instinktiv etwas kleiner.

„Deine … Mutter … hasst dich … also … auch…“ Leise und gepresst kamen die Worte über seine Lippen; es kostete ihn offensichtlich Mühe, sie auszusprechen, und er wirkte so aufgewühlt, dass es mir Angst machte. Ich wusste nicht, zu was er in der Lage war, wenn seine Stimmung kippte.

Hastig schüttelte ich den Kopf und presste die Decke dichter an mich.

„Nein, tut sie nicht! Es ist nur … wir haben eben oft Streit miteinander und dann rutscht ihr so etwas heraus. Wir haben beide ein sehr aufbrausendes Temperament, deshalb passiert so was.“

Er sah zu mir auf, mit einem merkwürdig verwirrten Gesichtsausdruck.

„Sie droht dir Gewalt an, ohne dich zu hassen…?“, murmelte er halb fragend.

Möglichst unauffällig rutschte ich ein Stück zurück. Er wirkte wie ein typischer Psychopath aus Horrorfilmen, der Gefühle nicht verstand, und das beunruhigte mich.

„Das passiert eben im Zorn – man denkt nicht darüber nach, was man sagt. Meine Mom hat mich lieb, aber wenn wir sauer aufeinander sind, streiten wir uns eben. Das ist ganz normal“, erklärte ich möglichst ruhig.

Er starrte mich nur weiterhin an und ich versuchte vergeblich, den Ausdruck in seinen Augen zu entschlüsseln. Er wirkte verwirrt, leicht geschockt und irgendwo auch traurig und zugleich wütend, doch irgendetwas schien all diese Gefühle in ihm zurückzuhalten. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was er mit mir anstellen würde, wenn dieses etwas verschwinden und seine ganzen Emotionen überkochen würden.

„Hast du dich noch nie mit deiner Mutter gestritten?“, fragte ich aus einem plötzlichen Entschluss heraus.

Das war ein Fehler. Ein überaus großer und fataler Fehler.

Seine Augen zuckten und schienen sich wie zwei spitze Dolche in meinen Körper zu rammen. Sein Blick lag so voller Hass auf mir, dass ich mich unwillkürlich nach heute Nachmittag zurückversetzt fühlte. Dieser Junge war die Verkörperung der Hölle.

„Sprich. Niemals. Wieder. Über. Meine. Familie!“ Abrupt und hart wie die Kugeln aus einem Maschinengewehr prasselten die Worte auf mich nieder.

Ich zuckte zurück, als er mit einer ruckartigen Bewegung aufstand und zu einem der kleinen Fenster in der Boutique ging. In der fast vollkommenen Dunkelheit konnte ich nur noch schemenhaft seine schmale Gestalt erkennen. Er wollte nicht, dass ich ihn so sah: Verwirrt und mit Gefühlen, wie jeder normale Mensch auch.

Erst langsam konnte ich mich wieder entspannen und löste meine Finger von der Decke, in die sie sich gekrallt hatten. Seine Familie war eindeutig sein wunder Punkt, das sollte ich mir besser merken. Aber war das nicht bei allen Psychopathen so?

„Okay, ich hab’s kapiert. Nur keine Panik“, sagte ich in dem vergeblichen Versuch, locker zu klingen.

Stille lag für einige Sekunden im Raum.

„Darf ich morgen meiner Familie einen kurzen Besuch abstatten?“

Ich wusste, dass das der absolut falsche Zeitpunkt für diese Frage war, doch ich wollte die Stimmung irgendwie auflockern.

„Auf keinen Fall.“ Noch immer schwang ein Hauch von Aufregung in seiner eisig kalten Stimme mit und eine Gänsehaut kroch dabei über meinen Körper.

„Mein Dad wird sonst aber die Bullen einschalten!“

„Die sind doch sowieso schon hinter uns her.“

Ich seufzte leise. „Das schon, aber ich muss einfach mit ihnen sprechen und ihnen sagen, dass es mir halbwegs gut geht.“

„Zu welchem Zweck.“ Jetzt klang er wieder vollkommen ruhig, wenn auch noch immer drohend, und das machte mich mutiger.

„Weißt du, meine Eltern sind ein bisschen überbesorgt um mich“, erklärte ich munter. „Mein großer Bruder muss gerade seinen Wehrdienst absitzen und ist als Soldat in den Irak geschickt worden. Wir bekommen vielleicht einmal im Monat einen Brief, dass er noch lebt, aber jetzt sind meine Eltern noch besorgter um mich, wenn sie schon die ganze Zeit Angst um meinen Bruder haben müssen.“

Hätte mir heute Morgen jemand gesagt, dass ich unsere komplizierte Familiensituation vor einem Massenmörder ausbreiten würde, hätte ich ihm wohl einen Vogel gezeigt, und auch jetzt fühlte ich mich alles andere als wohl dabei.

Seine Gestalt am Fenster spannte sich wieder an.

„Sie sind besorgt um dich…“, murmelte er leise und klang wieder so, als wäre er mit den Gedanken weit entfernt. Menschliche Gefühle schienen ihm völlig rätselhaft zu sein.

„Ähm … ja. Das sollten sie auch, schließlich bin ich ihre Tochter.“ Ich lachte etwas hilflos.

„Und sie wären traurig, wenn sie wüssten, was ich mit dir tu.“

Wieso hatte ihm noch kein Filmregisseur eine Rolle für „The Ring 3“ oder etwas Ähnlichem angeboten? Gaara war wie geschaffen für die Rolle des psychopathischen Killers. Gegen ihn war diese Samara aus Teil eins und zwei die reinste Witzfigur.

„Na ja, mein Dad würde wohl sagen, dass das die Strafe des Himmels dafür ist, wie viele Leute ich schon verprügelt hab. Und meine Mom würde sich eine M60 organisieren und damit auf dich losgehen, denk ich mal“, vermutete ich nervös und lachte erneut, obwohl mir gar nicht danach war.

Gaara drehte sich zu mir um und musterte mich; er stand zu weit entfernt, als dass ich seinen Blick deuten könnte.

„Dann hasst dich dein Vater…!“, stellte er mit dumpfem Triumph fest.

Ich stöhnte auf und fühlte mich allmählich, als rede ich mit einem Außerirdischen.

„Ach, Gaara, ist das denn so schwer zu verstehen? Wenn man zusammenlebt, hat man eben seine Differenzen und ist manchmal sauer aufeinander, aber wir sind doch trotzdem eine Familie! – Auch, wenn ich manchmal auf sie verzichten könnte…“

Seine Augen verengten sich leicht, doch er blieb ruhig.

„Menschliche Gefühle sind unlogisch.“

„Ich weiß. Aber was soll man machen?“

Seufzend ließ ich mich nach hinten sinken und starrte an die Zimmerdecke.

„Und so unlogisch es auch ist – Ich fühle mich nicht wohl, mit dir in einem Zimmer zu schlafen.“

„Du hast keine Anforderungen zu stellen.“

„Ja, ja, Mister Universum…“, meckerte ich leise und verkroch mich unter der Decke.

Ich hörte, dass Gaara noch eine Weile stumm in dem Zimmer herumlief, ehe er sich irgendwo hinter mir hinsetzte und dort verharrte. Seine Blicke auf mir waren überdeutlich zu spüren und ich hätte ihm dafür den Hals umdrehen können. Erst musste ich ihm so etwas Simples wie Gefühle erklären und jetzt das! Wie krank konnte ein Mensch noch sein!

Mit einem Stoßseufzer ergab ich mich schließlich in mein Schicksal, schloss die Augen und drehte mich zur Seite um. Wie ich es letztendlich schaffte, trotz den Blicken eines psychopathischen Mörders auf mir einzuschlafen, war mir selbst ein Rätsel.

Und wahrscheinlich lag es an eben diesen unkomfortablen Umständen, dass ich in dieser Nacht das erste Mal seit einiger Zeit wieder von einer ganz bestimmten Person träumte.
 

„Mhm … Matt…“



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Kommentare zu diesem Kapitel (21)
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Von: abgemeldet
2008-01-18T15:01:46+00:00 18.01.2008 16:01
Hi^^
Ich fand das Kapitel echt gut^^ Hab eigentlich nicht mehr zu sagen, wie bei meinem Kommi zu Kapitel zwei... -.-
Ich hab mich auch extra für dich beeilt, weiterzulesen^^ Nur das neunte muss ich dann noch... Also bis zum achtem wirst von mir Kommis kriegen^^
Von:  ganjagirl
2007-12-05T22:04:46+00:00 05.12.2007 23:04
och nö der spinner scho wieder -.-

ich dachte den würden wir los werden ^^
naja is ja au egal xD

das kapi war jedenfals echt cool, hehe schön wie yuka es den skatern gezeigt hat hätte ich selbst net bessa machen können ^^

naja ich les denn ma weida ^^

hdl ganjagirl
Von: abgemeldet
2007-12-03T13:29:08+00:00 03.12.2007 14:29
Als erstes muss ich sagen, dass der erste Teli von deiner Geschichte wohl am besten ankommt. Du hast bei drei Kapis ca. 60 Kommis und bei MY LIFE WITH THE KAZEKAGE nur 100, BEI 10 Kapis...
Is schon grosser Unterschied.
^^"
Und zweitens, mein Kommi, xD:


Wasn frenetischer Pulsschlag? Q.Q
Ich habe keine Ahnung, was damit gemeint ist... SHIT!!
Ist toll das du in der Lage bist, fremdwörter einzubauen, aba ich hoffe ich bin die einzige die nicht weiss, was frenetisch ist. Das habe ich noch nie in meinem Leben gehört, ausser jetzt gerade. ;3
<denn dort trieb sich vorzugsweise der Abschaum der Highschool herum: Drogendealer, Kleinverbrecher und Alkoholiker.
Mmmh.... sind also Drogendealer, Kleinverbrecher und Alkoholiker alles Highschooler? Oo Weil, du hast geschrieben, der Abschaum der Highschool.....
<Das Jadegrün seiner Augen wurde schlagartig einen Farbton dunkler,
xD Will ja nix sagen, ist ja auch gut geschrieben, aber als ich das gelesn habe, musste ich mir vorstellen das Gaara Schweinwerferaugen hat und man ihm den Saft abgedreht hat. xDDDD

Als sich Yuka bereit machte, Gaara nen fetten Vortrag zu halten, also das Arme verschrenken und das verenken der Augen muss sie doch aus Aussenstehende wie Gaaras weiblicher Zwilling vorgekommen sein. XD
<sich mit ihren Skateboards so richtig schön auf die Fresse zu packen.
xD Aldda ist das komisch. Haste in dem Moment an Scarred gedacht oda was? *rofl*
Auch das er sich sein Glied am Treppengeländer gequetscht hätte, das habe ich bei Scarred gesehen. ;D Wer hätte das gedacht, Scarred bietet dir ja ne richtige Ideenwelle. ;P

UHUUUU!! Das war ja geil!! Die hatten ja ne richtige Konversation!! O.O
GEILOOO!! Meggy, das ist cool, auch das man in diesem Kapi mehr über Gaara erfahren hat, auch wenn wir schon alles von ihm wissen. xD
Aus i-einem Grund, kam es mir sogar so vor, als würden sie sich jetzt besser verstehen... Das war toll, ich hoffe im nächsten Kapi kommt wieder so ne Stelle.
*bet bet* *kopf zum himmel reck*

Als die drei Skater ankamen, dachte ich zuerst das diese drei die Rolle derer übernehmen die in dem ersten ERSTEN Teil gleich am Anfang gestorben sind. ^^"
OK!! Ergibt das jetzt Sinn? -----
1. Ich finde du schreibst den Umgang mit Yuka und Gaara unglaublich wunderschön.
2. DEIN Gaara und OOC??? Spinnst du? Oo
Ich finde das du Gaara perfekt Gaara-like darstellst...
3. Mmmh.. finster und lustig wäre cool.. Ist aba wohl n bissl schwer. Da woh Gaara alle niedergemetzelt hat, das war ja finser find ich. Aber der ganze Rest war total witzig. xD Also nur mit n bissl mehr Mordszenen und ansonsten nix mea... Frag mich bloss wie du die einbauen willst, wo doch Yuka und Gaara n Pakt ham. ?.?

;D
Schreib weiter so fleisig und cool wie bisher, dan ist dir Erfolg garantiert. *knuddl*
´ab isch disch ganz dolle lübb. x3
Von:  Decken-Diebin
2007-11-30T18:55:17+00:00 30.11.2007 19:55
Sooo, endlich hab ich das Kapi gelesen. XD
*hat's einfach vergessen*
Das mit Matt zum Schluss fand ich irgendwie lustig. oo XDD *grinsen musste*
Und in so einem großen Einkaufscenter will ich auch mal übernachten... .__. Und die Chucks und so... =*__*= Wär doch kuhl~
Yuka ist ja echt 'ne Schlägerbraut oder so XDD Tz, tz...und die Dingens da, diese Typen...die haben schön eine in die Fresse bekommen <3
Ich fand das Gespräch über die Familie schön.
LG, Decken-Diebin
Von:  Carifyn
2007-11-30T16:57:41+00:00 30.11.2007 17:57
boah... toll... weiterlesen will... XD
also im Großen und Ganzen... wie wäre es mit einer düsteren und witzigen Stimmung? So sarkastisch/zynisch... ist vielleicht nicht ganz einfach *sowas selbst nicht schreiben kann* aber du kriegst das bestimmt hin! ;)
Von: abgemeldet
2007-11-27T22:00:00+00:00 27.11.2007 23:00
Wow, ich hab ja doch noch die Zeit gefunden, dir n Kommi zu schreiben...o_o

Ich liebe das Kapi ^___^
Ich weiss nicht...was ich zum Kapitel sagen soll...
Ich denke bei mir ist: /ich liebe das kapi/ ein sehr grosses Kompliment ...
Das gleiche hab ich nur zu wenigen Chapters von Twilight gemeint... ^^"
Ich mag die Stelle mit der Familie...^_^ mag die sehr x]
Und ansonsten...mag ich Yuka xD
Und mein Bett xDD Da werd ich jetz auch reinhüpfen xD
Bya~
*knuffz*
Von: abgemeldet
2007-11-26T19:21:23+00:00 26.11.2007 20:21
XD Gaara als Klappergestell zu bezeichnen is voll zutreffend *lol*, ich würd gern auch im Einkaufszentrum übernachten, und dann noch mit Gaara >///<
also ich bin für finstere stimmung aba es solln auch witzige stellen vorkommen (zu viel anspruch? XD)
naja der kappi is wider einma klasse geworden...

PS: bitte beim nächsten kappi auch ne ENS schicken^^
Von:  Chichiwa
2007-11-25T18:18:11+00:00 25.11.2007 19:18
Warum nicht im Einkaufszenter schlafen?
Yuka und Gaara haben sich ja mal "normal" unterhalten.
Ich würde mich weder mit Gaara noch mit Yuka anlegen*an die Zehntklässler denk*

Chi-girl
Von:  Nachtmahrlene
2007-11-25T15:04:06+00:00 25.11.2007 16:04
boah das war richtig gut^^ besonders der teil hat mir gefallen wo se im einkaufscenter sind..mach weiter so^^
Von:  tsukiiro
2007-11-24T22:22:40+00:00 24.11.2007 23:22
schon wider nen geiles kapi
und gaara...immer so mordsmäßig gut drauf, obwohl wenn man ihn mit menschlichen gefühlen konfrontiert is er verwiirt..irgendwie lustig
voralledem wo yuka in als emo bezeichnet

mach weiter so!!!!
tsuki


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