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Quicksand

(~ GaaraXYuka~)
von

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Entführung

Es war einer dieser Tage kurz nach den Sommerferien, in denen die Luft in meiner Heimatstadt Frankfort still zu stehen schien und die Temperatur bei gefühlten vierzig Grad lag. An solchen Tagen verzichtete ich darauf, nach der Schule mit dem Bus nach Hause zu fahren und blieb zusammen mit meinen Freundinnen Rachel und Kim im Schatten einiger breiter Buchen auf dem Schulhof sitzen.

Ich lag schon halb schlafend dort, den Kopf auf meinen Rucksack gebettet, und betrachtete die vorbeiziehenden Wolken. Direkt neben mir saß Kim – aufgeregt in einen Bericht über ihren neuen Freund Jason vertieft. Ich war froh, dass ich nicht so tun musste, als würde ich ihren langatmigen Ausführungen über die Augenfarbe dieses Jungen zuhören, diesen Teil nahm Rachel mir ab. Immer wieder nickte sie interessiert und nur ihre Finger, mit denen sie unruhig ihre langen schwarzen Haare zu kleinen Zöpfen flocht, zeigten, dass auch sie gern auf Kims Bericht verzichtet hätte.

„Hey, Yuka“, wandte sie sich schließlich in einer Atempause von Kim an mich. „Was machen eigentlich deine Eltern? Ist nicht bald wieder der alljährliche Familienbesuch angesagt?“ Das war ein verzweifelter Rettungsversuch ihrerseits und ich wünschte, sie hätte dieses Thema erst gar nicht angeschnitten. Es war etwas, das ich vergeblich zu verdrängen versuchte.

„Leider“, seufzte ich unwillig. „In zwei Wochen kommen meine Verwandten aus Japan. Ich kann nur hoffen, dass Dad nicht von mir verlangt, dass ich auch noch Zeit mit ihnen verbringe. Wir haben bald ein wichtiges Spiel, dafür muss ich trainieren.“

„Du immer mit deinem Lacrosse!“ Kim verdrehte die Augen und wandte sich dann wieder der Maniküre ihrer Fingernägel zu. Meine Begeisterung für diese Sportart konnte sie nicht mal ansatzweise nachvollziehen. „Kein Wunder, dass du keinen Jungen abbekommst! Du hast doch bestimmt einen süßen, japanischen Cousin, der auch zu Besuch kommt. Ich würde mir so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen.“

„Aber auch nur, weil du die größte Schlampe der Schule bist“, feuerte ich zurück und setzte mich auf, um ihr in die Augen sehen zu können. Kim war zweifellos die ungekrönte Schulprinzessin der Frankfort Junior Highschool, das konnte sie nicht leugnen.

Sie versuchte es auch gar nicht erst, sondern warf provokant ihr platinblondes Haar zurück und setzte ein gönnerhaftes Lächeln auf.

„Immer noch besser als die größte Schlägerbraut der Schule.“

Wütend starrte ich sie an und ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten wäre ich ihr für diesen Kommentar an die Kehle gesprungen, doch Rachel drückte mich sanft mit einer Hand an meiner Schulter zurück.

„Ganz ruhig, Mädels“, sagte sie beschwichtigend. „Es ist Freitag, am Wochenende macht eine neue Boutique im Einkaufszentrum auf – es gibt keinen Grund, sich schon wieder zu prügeln.“

Kim lehnte sich seufzend zurück und ließ ihren Blick über meinen Körper gleiten. Diese abschätzende Geste wäre nur ein weiterer Grund, ihr meinen Lacrosseschläger um die Ohren zu schlagen. Der Stock mit dem Fangnetz lag nur ein paar Zentimeter neben mir; es wäre eine Affäre weniger Sekunden, ihn zu nehmen und meiner Wut damit Luft zu machen.

„Ist ja gut, es tut mir Leid“, meinte Kim schließlich und setzte ein Lächeln auf. „Ich versteh’s trotzdem nicht. Wenn du nicht jeden, der dir im Weg steht, an die nächste Wand drücken würdest, hättest du längst einen süßen Typen abgekriegt. Hey, wie wär’s denn mit dem da?!“ Mit plötzlicher Aufregung deutete sie Richtung Straße.

Ich drehte mich mäßig interessiert um und hielt nach dem Objekt ihrer Begeisterung Ausschau. Der schmale Gehweg war großteils leer; die vielen überflüssigen Straßenlaternen, die zur Schule gehörten, machten es ohnehin nahezu unmöglich, darauf zu laufen. Es gab nur eine einzige Person, die mir ins Auge stach: Ein rothaariger Junge, sehr klein, sehr schmächtig und dennoch Aufsehen erregend. Hell schien die Sonne auf ihn hinab und entfachte in seinen Haaren ein atemberaubendes Farbenspiel. Ursprünglich waren sie wohl feuerrot gefärbt, doch jetzt funkelten sie in allen erdenklichen Kupfer- und Orangetönen. Wie flüssige Bronze.

„Also wenn der Typ nicht mal ziemlich heiß ist, dann weiß ich auch nicht“, sagte Kim und ich konnte das Schmunzeln aus ihrer Stimme heraushören.

Als hätte der Junge sie gehört, hob er urplötzlich den Kopf und starrte in unsere Richtung. Für Sekundenbruchteile nur glitt sein Blick über den niedrigen Holzzaun und die Dornenbüsche des Schulgeländes zu uns hinüber und ich erstarrte unter diesem Blick förmlich zu Stein. Er wandte sich sofort wieder dem Muster des Gehwegs zu seinen Füßen zu und dann verschwand er im Schatten eines besonders großen Dornenbusches, während ich noch immer wie paralysiert dort saß, die Finger verkrampft in den roten Stoff meines Rocks gekrallt. Eine Gänsehaut fiel trotz des warmen Sonnenscheins über mich herein.

Ich hatte seine Augen gesehen – übertrieben dick mit Kajal umrandet, hellgrün wie echte Jade und völlig gefühllos; leer und tief wie ein dunkler Abgrund.

„Wenn du heiß auf die gleiche Stufe wie extrem beängstigend stellst - ja“, sagte Rachel.

Kim lachte.

„Komm schon, heutzutage sind die bösen Jungs doch die besten! Und Yuka findet ihn anscheinend auch toll.“

Das hob meine Starre schlagartig auf und ich fuhr wütend zu Kim herum.

„Hör bloß auf damit!“

Kim lachte fröhlich weiter und klopfte mir auf die Schulter.

„Weiß ich doch. Ich finde nur, mit dreizehn sollte man sich schon mal nach einem passenden Typen umsehen, oder? Und interessant war der Kerl ja echt; ich hab ihn hier noch nie gesehen.“

Ich seufzte auf. Was das betraf, gingen unsere Meinungen eindeutig auseinander. Aber das war nun mal Kims Art, also wählte ich meine Antwort mit Bedacht.

„Auf jeden Fall interessanter als dein Jason, aber das war’s auch schon.“ Diese kleine Retourkutsche musste ich mir einfach gönnen.

Bevor Kim mir Kontra geben konnte, erhob ich mich und schulterte meinen Rucksack.

„Ich muss dann auch mal los, meine Mum wartet bestimmt schon“, erklärte ich übertrieben freundlich.

Rachel und Kim musterten mich grinsend, wie ich mir ein paar Grashalme vom Rock klopfte, und mich dann mit meinem Lacrosseschläger in der Hand zum Gehen wandte.

„Okay, okay, die Runde geht an dich“, lenkte Kim ein.

„Bis morgen dann“, schloss Rachel sich an. Sie hatte es schon vor längerer Zeit aufgegeben, unsere kleinen Gefechte untereinander zu kommentieren.

„Aber wenn du noch einmal was gegen Jason sagst, hau ich dir deinen komischen Schläger um die Ohren!“

Ich begnügte mich damit, Kim für diesen Kommentar nur den ausgestreckten Daumen zu zeigen, ehe ich mit einem „Bye!“ vom Schulhof lief. Hinter mir hörte ich noch einmal Kims helles Lachen, dann begann sie aufgeregt von etwas Neuem zu erzählen. Wahrscheinlich diesem rothaarigen Jungen von vorhin.

Es fröstelte mich bei der bloßen Erinnerung an ihn oder besser gesagt nur seinen Blick. Es war erschreckend, was für unschöne Effekte zu viel Kajal bei Männern erzielen konnte. Auch wenn das bei dem Rothaarigen sicher nicht der Hauptgrund gewesen war. Seine Augen waren von Natur aus unheimlich.

Doch ich schob den Gedanken rasch beiseite. Gruselige Typen gab es an jeder Straßenecke, wozu sich also den Kopf über einen weiteren von dieser Sorte zerbrechen? Nachher würde ich noch wie Kim enden und jedem halbwegs passablen Jungen hinterher hecheln und darauf konnte ich getrost verzichten. Wahrscheinlich hatte sie sogar Recht damit, dass ich längst eine gewisse Auswahl beim anderen Geschlecht hätte, wenn ich mich nicht immer wie ein Schläger mit Rock benehmen würde.

Gedankenverloren betrachtete ich mein Spiegelbild in einem Schaufenster, an dem ich vorbeilief. Rein äußerlich würde wohl niemand auf die Idee kommen, dass ich bereits zwei Schulverweise wegen Körperverletzung auf dem Konto hatte. Ich war schlank und zierlich, lediglich an meinen Oberarmen sah man die Muskeln vom Lacrossespielen. Meine Haut war elfenbeinfarben, egal wie oft ich in der Sonne war, aber da hatte ich die praktische Ausrede halbjapanischer Abstammung und roter Haare. Zumindest dafür war meine hüftlange Haarpracht gut, wenn sie mir schon beim Lacrossespielen immer die Sicht behinderte. Und die krampfhaft auf niedlich getrimmte rot-weiße Schuluniform der Frankfort Junior High war auch nicht gerade vorteilhaft für meinen Ruf.

Kopfschüttelnd löste ich mich von dem Schaufenster. Mir konnte es egal sein, solange ich in Sport tragen durfte, was ich wollte, und mein Körper fit genug für Lacrosse war. Im Gegensatz zu Kim - die verbrachte täglich mehrere Stunden mit Styling.

Ich überquerte die mäßig befahrene Straße und bog in den Cove Springs Park ein. Mächtige Eichen und Kiefern säumten den kiesbestreuten Weg zu beiden Seiten und ich war dankbar für den Schatten. Normalerweise waren um diese Zeit immer einige Kinder im Park, die Fußball spielten, doch heute waren die Grünflächen völlig leer. Kein einziger kleiner Grundschüler, der mir seinen Ball an den Kopf schoss und den ich dafür in den Springbrunnen auf der anderen Seite des Rasens werfen musste.

Meine Mundwinkel zuckten bei der Erinnerung daran - es war immer wieder schön, sich an diesen Nervensägen zu rächen.

Und dann wurde mein Lächeln auf einen Schlag von einer heftigen Gänsehaut vertrieben.

„Bleib stehen und sag mir, wo ich hier bin.“

Das war es, das schrecklichste Geräusch, das ich je gehört hatte. Eine Stimme, so rau und kratzig wie das Schaben der Tür einer alten Villa, die jahrhundertelang nicht geöffnet worden war – dunkel und verheißungsvoll wie das Verderben selbst.

Ich konnte spüren, wie mir das Adrenalin durch die Adern schoss und jeder Zentimeter meines Körpers sich auf Flucht einstellte.

In Zeitlupentempo drehte ich mich um und hielt meinen Schläger dabei fest umklammert. Er war aus Massivholz, das müsste als Verteidigung reichen.

Langsam, ganz langsam, hob ich den Kopf und blinzelte unter ein paar meiner roten Ponysträhnen nach oben.

Jadegrüne Augen bohrten sich wie ein spitzer Eisblock in meinen Körper und mich erfasste ein schier übermächtiger Fluchtreflex.

Vor mir stand der rothaarige Junge von vorhin. Der Junge mit den leeren Augen. Der Junge, den Kim als heiß und Rachel als beängstigend bezeichnet hatte.

Rachel hatte Recht gehabt.

Beim ersten Mal war ich zu sehr von seinem puren Blick gebannt gewesen, um auf sein komplettes Äußeres zu achten. Allein sein Gesicht wirkte schon viel zu glatt und erwachsen für das Alter, auf das ich ihn schätzte. Die kindlichen Proportionen hatten sich bereits fast gänzlich aufgelöst und auf seiner Stirn stach eine feuerrote Tätowierung in Form eines japanischen Schriftzeichens hervor. Auf eine groteske Art und Weise harmonierte dieses Zeichen sogar mit seiner ungewöhnlichen Hautfarbe; er war blass, unnatürlich blass, und dieser Effekt wurde nur noch durch seine schwarze Kleidung unterstrichen. Über der einen Schulter hing zusätzlich ein weißes Band aus Stoff, über der anderen ein braunes Lederband. Vor seiner Brust gingen der Stoff und das Leder ineinander über und beides diente dazu, ein unförmiges Gefäß auf seinem Rücken zu halten. Ich vermutete, dass es eine Vase aus Lehm war, auch wenn ihre Größe fast an die des Jungen heranreichte Das Gefäß hätte ebenso gut in eine Villa aus einem Horrorfilm gepasst, wie seine Stimme.

Bei seinem Anblick schalteten sich sämtliche natürliche Schutzreaktionen meines Körpers ein; ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und meine Finger an dem Lacrosseschläger versteiften sich.

Dieser Junge war nicht größer als ich selbst und sehr zierlich gebaut – eigentlich müsste es ein Leichtes sein, ihn zu überwältigen und die Flucht zu ergreifen. Doch ich konnte es nicht. Ich war panisch und zugleich wie paralysiert vor Angst.

„Du sollst mir sagen, wo ich hier bin.“ Wieder diese urböse Stimme, nur schärfer als zuvor, und ich zuckte unwillkürlich zusammen.

Ich taumelte einen Schritt zurück und wollte mich umdrehen, um wegzurennen. Doch meine Beine wollten sich nicht bewegen, sie zitterten viel zu sehr. Ich musste einen ausgesprochen erbärmlichen Eindruck machen, dermaßen panisch vor einem schmächtigen Dreizehnjährigen zu stehen.

Dieser Gedanke brachte zumindest ansatzweise wieder Klarheit in mein Hirn.

Ich schluckte hart und versuchte, Ruhe zu bewahren. Dieser Junge war definitiv nicht normal, wahrscheinlich ein begeisterter Anhänger von Marilyn Manson, unter seinem T-Shirt überall tätowiert und mit haufenweise Drogen und Zigaretten in den Hosentaschen. Aber das war es auch schon. Er war ein Freak, nichts weiter als ein Gothic, oder wie auch immer die sich nannten. Da musste schon mehr kommen, um mich in Panik zu versetzen!

Ich atmete tief durch und straffte die Schultern, krampfhaft um Ruhe bemüht.

„Ein ‚Hallo’ wäre vielleicht erst mal angebracht“, sagte ich betont locker. Nur ein leichtes, kaum hörbares Zittern schwang in meiner Stimme mit.

Seine Augen verengten sich und ich spürte sofort wieder diesen Anflug von Panik in mir.

„Du hast mich wohl nicht verstanden. Sag mir jetzt, wo ich mich befinde“, verlangte er finster.

„Bist du irgendwie auf Drogen, oder so? Aber von mir aus … das hier ist Frankfort, die Hauptstadt von Kentucky. Nicht übermäßig interessant für Touristen, falls du einer bist.“ Ich wunderte mich selbst darüber, wie fest ich klang, aber eine große Klappe hatte ich schon immer gehabt.

„Wie kommt man von hier ins Windreich?“

Langsam verstand ich, was mit dem Kerl los war. Seltsames Verhalten und Realitätsverlust – er war high. Diese Erklärung war so herrlich logisch, dass sie mich all meine instinktive Angst und Vorsicht vergessen ließ.

„Ach, weißt du“, sagte ich lässig und wedelte nachsichtig mit meinem Schläger in der Luft herum. „Ich hab keine Ahnung, was für ein Zeug du genommen hast, muss wohl ziemlich heftig gewesen sein, was? Bleib das nächste Mal lieber bei deinem Dealer, wenn du auf dem Trip bist. Wir sind hier in den Vereinigten Staaten von Amerika und ein Windreich gibt es nicht. Aber war schön, dich mal kennen gelernt zu haben, vielleicht sieht man sich ja mal wieder. Bye, Kiffer!“

Ich drehte mich um und ging Richtung Springbrunnen, um mich schnellstmöglich aus dem Staub zu machen.

Ich war kaum zwei Schritte gekommen, da schoss ein glühend heißer Schmerz in meinem rechten Bein hoch. Das Bein knickte unter mir weg und ich fiel hart auf den unbefestigten Weg zu meinen Füßen. Mir entglitt der Lacrosseschläger und dieser fiel mit einem Klappern neben mir in den Staub.

„Verdammt …was zum…“, fluchte ich leise und tastete nach meinem rechten Bein. Meine Finger glitten durch warme Flüssigkeit, die an meiner Haut hinabtropfte.

Blitzschnell setzte ich mich auf und starrte auf mein Bein. Bei diesem Anblick drehte sich mein Magen um.

Überall war Blut. Auf meiner ganzen Wade, bis runter zum Knöchel. Mein Blut.

„Du wirst dableiben“, befahl die raue Stimme über mir und ich sah erschrocken hoch.

Er stand über mir und musterte mich noch immer mit diesem eiskalten Blick.

„Was … was hast du gemacht…?“, hauchte ich tonlos.

„Ich dulde kein respektloses Verhalten.“

Mein Herz begann zu rasen. Wieso war ich nicht weggerannt, als ich noch die Chance dazu gehabt hatte? Hätte ich nur auf meinen Instinkt gehört! Hätte ich meinem natürlichen Reflex nur dieses eine Mal nachgegeben!

Hilflos starrte ich hinab auf mein Bein. Es war über und über mit Blut bedeckt, obwohl die eigentliche Wunde sich lediglich über eine Länge von etwa zehn Zentimetern zog. Wie auch immer er das angestellt hatte, es war ein sehr sauberer Schnitt, nur etwas Dreck klebte an der Wunde. Sand, um genau zu sein.

„Was soll das?! Wie hast du das gemacht, Junkie?! Und warum, verdammt?! Ich hab dir doch nichts getan!“, keifte ich zu ihm nach oben, mühsam um einen festen Tonfall bemüht. Ich wollte keine Schwäche zeigen, so sehr mein Bein auch wehtat.

Seine Jadeaugen bohrten sich in meinen Körper.

„Du wirst dableiben“, befahl er. „Du bleibst solange da, wie ich es dir sage. Und jetzt zeigst du mir sofort den Weg zurück ins Windreich.“

„Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Du brichst mir das Bein, nur damit ich dich in ein Land bringe, dass es gar nicht gibt! Lass mich gefälligst in Ruhe, oder ich ruf die Polizei!“

„Du kannst froh sein, dass ich nicht ernst gemacht hab. Dein Bein ist geprellt, nichts weiter. Ihr seid so ein schwächliches Menschenpack…“

„Hast du eine Ahnung, wie weh das tut?! Brutales Arschloch! Ich hol' die Bullen, die stecken dich in den nächsten Knast, da kriegst du nie wieder Drogen! Du kannst mich…“

Ein surrendes Geräusch unterbrach mich, und irgendeine wabernde Masse schoss aus der Vase auf seinem Rücken heraus, direkt auf mich zu. Ich wurde an meinem verletzten Bein gepackt und herumgeschleudert, bis ich kopfüber in der Luft hängen blieb. Etwas hielt mich am Bein fest, ansonsten hing ich völlig orientierungslos in der Luft, etwa anderthalb Meter über dem Boden.

Und direkt vor mir waren seine Augen. Leer und kalt blitzten sie aus seinem glatten Gesicht hervor.

Ich vergaß zu atmen und mein Magen drehte sich zum wiederholten Male um. Mir war schwindelig, speiübel und mein rechtes Bein fühlte sich an, als würde es jeden Augenblick abfallen.

„Ändere deinen Tonfall und zwar sofort!“, zischte der Junkie. „Ein falsches Wort, ein Ungehorsam, ein Fehler und ich töte dich. Ich kann dich auch gleich jetzt töten und noch dazu diese ganze Stadt dem Erdboden gleichmachen. Alle werden sterben, alle bis auf den Letzten. Also, ich frage dich noch mal: Wie kommt man von hier ins Windreich?“

Meine Gedanken rasten und durch den Adrenalinstoß arbeitete mein Gehirn übernatürlich schnell. Wegrennen konnte ich nicht, wahrscheinlich war ich mit dieser Verletzung nicht einmal in der Lage, zwei Meter weit zu kommen, geschweigedenn mich aus diesem Griff zu befreien. Auf meine Schreie hatte bisher niemand reagiert, also musste ich mich alleine im Park befinden - auf Hilfe konnte ich also nicht bauen.

Mir blieb nur eine Möglichkeit: Ich musste sein Spiel mitspielen. Wenn ich nur so tat, als wüsste ich, wo dieses Windreich war, könnte ich Hilfe holen. Es gab eine Polizeidienststelle, gar nicht weit entfernt. Wenn es mir gelang, ihn dorthin zu dirigieren, hatte ich vielleicht eine Chance.

„Ich weiß es, ich weiß es doch! Ich bring dich hin, wirklich!“, versicherte ich hektisch. „Ich kann dir den Weg zeigen! Es ist ziemlich weit, aber nicht unmöglich!“

„Du bist dir hundertprozentig sicher?“

Gleichzeitig mit diese kalten Worten schloss sich die wabernde Masse fester um mein verletztes Bein und drückte sich in die Wunde.

Ich schrie auf und krampfte mich vor Schmerzen zusammen. Dabei erhaschte ich einen kurzen Blick nach oben auf mein Bein. Es war mittlerweile bis zum Oberschenkel mit Blut überzogen, aber das eigentlich Seltsame befand sich an meinem Knöchel: Diese wabernde Masse, die sich geschmeidig wie Wasser hin und her bewegte, um mein Bein zu quetschen. Allerdings war sie hellbraun und grobkörnig, genau wie das, was schon vorhin an meiner Wunde gehaftet hatte: Sand.

Dieser Junkie folterte mich mit selbstständig handelndem Sand.

Ich schüttelte heftig den Kopf. Nein, das konnte nicht sein! Ich musste bewusstlos sein und das hier war nur ein verrückter Traum. Sand konnte sich nicht selbstständig bewegen!

Meine Schmerzen waren allerdings viel zu real für einen Traum.

„Ich hab dich was gefragt!“, zischte wieder diese urböse Stimme und der Sand schüttelte mich.

Ich keuchte gequält und krallte meine Hände an meinen Kopf.

„Ja! Ja, verdammt! Ich bin sicher!“

Schlagartig verschwand die wabernde Masse und ich fiel auf den Boden; mein Rucksack löste sich endgültig und landete neben mir auf meinem Lacrosseschläger. Alles um mich herum drehte sich und mein gesamter Körper tat weh - jeder einzelne Zentimeter. Ich keuchte erneut und dann übergab ich mich mitten auf dem Gehweg.

Das konnte alles nicht wahr sein! Wieso nur half mir niemand? Warum gebot niemand diesem Irren Einhalt? War denn wirklich niemand in der Nähe des Parks, der mich schreien hörte? Und wieso hatte der Junkie gerade mich ausgesucht?

„Wenn du dich jetzt ausgekotzt hast, steh endlich auf und komm“, kommandierte er und wandte sich zum Gehen. Leise murmelte er noch etwas zu sich selbst, das ich nur halb verstand. „Von wegen, die Kleine ist was Außergewöhnliches … Sie ist nur schwach und jämmerlich wie jeder andere auch … Ich hätte erst gar nicht auf Shukaku hören sollen…“

Ich ballte die Hände zu Fäusten. In mir machte sich unbändiger Stolz und Ehrgeiz breit, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Hastig stützte ich mich mit beiden Armen am Boden ab und versuchte auf die Beine zu kommen, ohne die verletzte Seite zu belasten.

„Ich … bin nicht … schwach!“, keuchte ich wütend.

Er würdigte mich nicht einmal eines flüchtigen Blickes.

„Dann beweg dich endlich, bring mich ins Windreich“, gab er unbeteiligt zurück.

Ich machte einen Schritt nach vorne und biss mir sofort auf die Unterlippe, um nicht zu schreien. Es tat höllisch weh; mein rechtes Bein schien regelrecht zu glühen. Doch ich wollte mir nichts anmerken lassen und stolperte so würdevoll wie möglich an ihm vorbei.

„Wie … machst du das mit dem Zeug in deiner Vase? Ist das wirklich Sand?“, fragte ich mühsam.

„Ja. Ich kontrolliere den Sand und bin selbst der Sand. Und jetzt schweig still.“

Ich schluckte. Er musste wirklich krasse Drogen genommen haben, wenn er sich selbst auch noch für ein Wesen aus Sand hielt. Aber wie kontrollierte er dann diese wabernde Masse?

Ich stellte diese Frage vorerst zurück, und entschied mich, etwas weniger Kompliziertes zu fragen.

„Wie heißt du?“

Der rothaarige Junge hob den Kopf und starrte einige Sekunden lang mit unergründlichem Blick in den azurblauen Sommerhimmel. Ich dachte schon, er würde meine Frage ignorieren, doch da erhob er seine raue Stimme wieder mit all ihrer finsteren Ausstrahlung.

„Ich bin … Sabaku no Gaara.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (31)
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Von: abgemeldet
2008-01-12T16:40:57+00:00 12.01.2008 17:40
Hi^^
Hier muss ich auch noch ein Kommi schreiben. Sorry, hab erst nur das erste Kapi gelesen, aber wenn ich es noch schaffe, dann les ich auch noch die anderen und schreib dazu natürlich auch noch Kommis^^
Das Kapitel fand ich sehr gut und wie ich sehe, hast du schon wieder nen neuen Chara in die Ff gebracht xD Rachel is n cooler Name, finde ich^^ Diese Ff gefällt mir und ich werd sie auf jeden Fall weiterlesen^^
Von:  ImSherlocked
2007-12-20T14:18:50+00:00 20.12.2007 15:18
Is schomma net schlecht^^ bin gespannt wies weitergeht^^

Mit lieben grüßen
Misaki_Keiko
Von:  ganjagirl
2007-12-05T19:38:12+00:00 05.12.2007 20:38
bild ich mir das nur ein oda is gaara noch brutaler als bei gaara in reality ?! o0

naja is ja au egal ich weis ja das sie sich lieben werden xD

werd denn mal weida lesn

hdl ganjagirl
Von:  ganjagirl
2007-12-05T19:16:13+00:00 05.12.2007 20:16
so, ähm nein habs noch net gelesen ^^ werde ich aba glei tun xD

du bist papa roach fan ?!?!?!?!?!?!?! JUHUUUUUUU ich au, ganz doll
find ich ja richtig klasse ^^

naja ich werd denn mal lesen und dir ein anständiges kommi da lassen ;)

hdl ganjagirl
Von: abgemeldet
2007-11-22T16:52:09+00:00 22.11.2007 17:52
Ein gefährliches Spiel zwischen Hass, Liebe und Tod beginnt…
Oo, Boah!! Das klingt ja richtig gefährlich, bin ja mal gespannt, wie das geschrieben worden ist.
Mal davon abgesehen, das du anscheinend vorhast, die Geschichte ein wenig zu verändern.
*auf die bilder schiel*

Frankfort? Schreibfehler? Oda war das beabsichtigt? Und fing alles nicht in Amerika an? Oo
OK!! Frankfort liegt also anscheindend in Amerika und ist kein Schreibfehler, sonst würdest du wohl kaum Frankfort Junior High schreiben. ^^"

xD Yuka schmeisst arme Grundschüler in den Brunnen? Die is ja noch heftiger als die "andere Yuka".

< Langsam verstand ich, was mit dem Kerl los war. Seltsames Verhalten und Realitätsverlust ...
xD Realitätsverlust, joah, das kenn ich noch so ca. vom ersten ersten Teil.
XD Und dan redet die auch noch so cool. xD Und schwingt ihren Schläger, das ist echt witzig.

Sie stoplperte so üwrdevoll wie möglich an ihm vorbei? Kann man den würdevoll stoplern? xD


Mmmhh... Diess Kapitel ist echt mies, richtig unterste Schublade. Wie kannst du es nur wagen , uns Lesern das zuzumuten?? *böse funkel*
SCHEERZ!!! xD
Wie kommst du bloss darauf das das schlechter ist, ich finde das total genial.
Besonders Yuka, mit ihren witzigen Sprüchen. Die kann es wohl einfach nicht lassen frech zu sein. ;D
Das mag ich!!
Ich habe mir mal dieses Lied angehört und muss sagn, dass ist echt hammageil. X3
Ich kriege nicht genug davon. :D
Ja, also alle Charakter gefallen mir, da du ihnen Vergangenheit und Charakter gibst. Besonders Rachel wird es jetzt etwas schwer haben, denk ich, da sie ja neu ist.
Aber es wird dir sicher gelingen sie beliebt zu machn. ;D
Was das mit Shukaku wohl ist, macht es wirklich wirklich WIRKLICH interessant. ;3
Von: abgemeldet
2007-11-10T14:20:05+00:00 10.11.2007 15:20
Auch ich finde, dass dein schreibstil besser geworden ist. Ich hab mir mal erlaubt, deine alte Story mit der neuen Version zu vergleichen! Eindeutiges ergebnis, mehr muss ich wohl nicht sagen?!?!
~*~Freu mich auf dein nächstets Kapitel~*~
Von: abgemeldet
2007-11-09T21:45:32+00:00 09.11.2007 22:45
Man ist Gaara aber fies!
Is ja cool,die Story.............
Ich bin sehr mies im Kommi schreiben also net wundern!
Dat Mädel tut mir echt leid.
Naja mach mal weiter so!
=P
Von:  kotori99
2007-11-09T15:11:25+00:00 09.11.2007 16:11
Woooow wie geil!!! 1. ich kann wieder kommis schreiben *mega freutz* 2. Die geschichte in der orgiginal-Fassunhg ware ja schon super, aber ich muss echgt sagen, dass dein schreibstil und die ganze art der geschichte sich noch verbessert haben! Fettes Lob!!!
ich hoffe du sagst mir bescheid wenn´s weitergeht, thx deine kotori ♥

Von:  Caellon
2007-11-06T16:53:59+00:00 06.11.2007 17:53
Gaara - stolz, kalt und Schwäche verachtend. Mit anderen Worten: Du hast ihn wirklich perfekt getroffen.

Bei Gaara in Reality war dein Schreibstil ja schon beinahe perfekt - aber hiermit übertriffst du wirklich alles...

Und die Handlung beginnt weit mehr als nur interessant. Insbesondere da du Yukas Umfeld sehr gut beschrieben hast.
Von:  Fleur_de_Lys
2007-11-03T17:35:10+00:00 03.11.2007 18:35
Jooaaa~, wo soll ich anfangen...
Also dein Schreibstil hat sich wirklich gebessert - was aber nicht bedeutet, dass der alte schlecht ist!
Ich find´s auch schön, dass du jetzt detailierter schreibst, wie zum Bleistift der Anfng, als die drei Mädchen unter´m Baum sitzen und Gaara "entdecken".
Nur bin ich nicht so Fan von ich-Formen.
Troz allem ist der Anfang schon recht vielversprechend! Bin gespannt, wie sich die retlichen Handlungen verändern (im Gegensatz zu der ersten Version der FF).
Könntest du mir vielleicht ne ENS schicken, wenn´s weitergeht?

mfg Lys


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