Time enough for Tears
Orochimaru wachte seit ganzen drei Tagen an ihrem Krankenbett. Das Essen, dass
ihm Kabuto hingestellt hatte, stand unberührt auf dem kleinen Tisch.
Sie war noch immer nicht aufgewacht, seit ganzen drei Tagen! Er zweifelte so
langsam daran, dass sie sich überhaupt noch erheben würde. Schon komisch...
Die Kinder hatten bereits vor mehr als zwei Wochen die Augen geöffnet und
seiner kleinen Dienerin war es nicht möglich. Den beiden Wesen unter ihrem
Herzen ging es gut. Das eine erholte sich von dem Kraftakt, den es bei der
Heilung mitgemacht hatte. Die zwei mochten mittlerweile 38 Zentimeter groß und
1,3 Kilogramm in der 30ten Woche schwer sein. Doch was nützte ihnen das schon,
wenn ihre Mutter sie niemals sehen würde.
Er wollte nicht aufschauen und die ganzen Kabel sehen, die in Tayuyas Körper
hineinführten. Sie hatte Spenderblut bekommen. Ihr wurde eine Nährstofflösung
direkt in die Vene gespritzt, doch das machte sie mehr tot als lebendig. Zum
ersten Mal in seinem Leben hatte er jemanden in sein Herz gelassen und nun wurde
dieses in Stücke gerissen, während er die ganze Zeit neben ihr saß und ihre
Wange streichelte. Er ergriff ihre Hand und drückte diese zärtlich. Dann gab
er ihr einen leichten Kuss auf den Handrücken und wartete ab. Als wieder nichts
geschah, spürte er bereits wieder die Tränen in seinen Augen und legte
erschöpft seinen Kopf auf ihren Bauch. Er war schon wieder größer geworden.
Den Kindern schien es richtig gut zu gehen. Er hatte Kabuto nicht nach dem
Geschlecht sehen lassen, auch wenn es anfangs, als das eine sich noch erholen
musste und wenig Chakra hatte, möglich war. Er wollte diesen wundervollen
Augenblick mit ihr zusammen genießen.
Der Schlafmangel nagte an seinem Verstand, er glaubte schon fast, dass sich ihre
Lippen bewegen würden, aber das taten sie nicht. “Ach, Tayuya-chan.”
“...maru.”
Orochimaru horchte auf. Das konnte doch nicht sein!
“Orochi...” Das Mädchen hustete gequält auf.
“Tayuya!”, rief er überglücklich und sah ihr ins Gesicht.
Vorsichtig öffnete sie die Augen und blickte ihn an. “Wie geht es den
Kindern?”
“Gut, mein Schatz. Viel wichtiger ist aber, wie es dir geht?” Er streichelte
über ihre zerkratzte Wange.
“Wenn man mal von den Schmerzen und den ganzen Nadeln in meinem Körper
absieht”, sagte sie schelmisch, “geht's mir gut.” Doch dann änderte sich
ihr Gesichtausdruck wieder, als sie realisierte, in welcher Situation sie sich
gerade befand.
Plötzlich öffnete sich die Tür und Kabuto trat ein. “Ich habe etwas
ge...”, begann er und konnte seinen Augen nicht trauen. Sie war doch
tatsächlich aufgewacht. “Du bist wach. Was für ein Glück.” Er setzte sich
zu ihnen und sah zu, wie Orochimaru sie liebevoll küsste und ihr gut zuredete.
Aber sie reagierte kaum darauf.
“Orochimaru, bitte sag mir, und ich will die Wahrheit wissen, haben die Kinder
schon Schmerzen gespürt?”, fragte sie mit zittriger Stimme. Der Meister
atmete langsam aus und blickte kurz zu Boden. “Ja, wahrscheinlich schon.”
Wieder hatte er Tränen in den Augen, doch er wollte gegenüber seiner kleinen
Dienerin nicht solche Gefühle zeigen. Er musste ein starker Beschützer sein,
an den sie sich in ihrer Verzweiflung klammern konnte.
Schluchzend rollte Tayuya sich zusammen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie
hatte so etwas nie gewollt. Sie hatte doch nur ganz kurz ein wenig Freiheit
genießen wollen und dann geschah das hier. Ab jetzt würde sie nur noch in
diesem Bett bleiben und warten bis die Kinder endlich kamen, damit ihnen nicht
noch einmal etwas zustoßen konnte. Sie liebte die Kleinen genauso wie
Orochimaru. Das war ihr mittlerweile klar geworden.
Kabuto wartete ab, bis Orochimaru Tayuya wieder beruhigen konnte. Nun lag sie
stumm auf dem Bett und rührte sich nicht. So etwas hatte er bereits erwartet.
Jetzt stand es ihr frei, die Erinnerung ihr Leben lang zu verdrängen, oder sie
unter furchtbaren Seelenqualen zu verarbeiten. Bei beidem würde Orochimaru ihr
helfen, aber es würde nicht leicht werden. Jetzt musste Kabuto sie erst einmal
über alles aufklären. Über ihren Zustand und den der Kinder.
“Tayuya. Ich muss dir das jetzt alles sagen und du musst genau zuhören.
Also… Diese Leute hatten dich schwer am Unterleib verletzt. Ich konnte alles
noch einmal zusammenflicken. Man wird keine Narben sehen, aber ich kann nicht
versprechen, dass Sex für dich je wieder etwas angenehmes sein wird.” Er sah,
wie etwas in Orochimaru starb, aber das war ihm gerade recht egal. Eigentlich
hatte der Meister doch diesen Umstand hervorgerufen. “Eines deiner Kinder,
welches mich auch immer davon abgehalten hat, deinen Bauch zu untersuchen, hat
sich und sein Zwillingsgeschwisterlein während der Tat beschützt. Ihnen geht
es mittlerweile wieder gut. Mach dir keine Sorgen darum.”
Jetzt kam die wirklich schlechte Nachricht. “Während dieser Aktion haben auch
die Wehen eingesetzt. Diese konnte ich noch früh genug stoppen, aber das heißt
nicht, dass sie nicht unmittelbar wieder anfangen können. Jetzt müssen wir
erst einmal dafür sorgen, dass dein Körper wieder genug Kraft für eine Geburt
hat. Normalerweise wäre diese gegen den 6. September. Aber wie wir schon vor
einigen Monaten gesagt haben, wird es sowieso um einiges früher beginnen. Aber
keine Sorge, das schaffen wir schon. Aber nun müssen wir wirklich darüber
reden, wie wir das Ganze machen sollen. Ich kann dir ja nachher...”
“Im Bett.”, unterbrach sie ihn. “Ich will sie einfach nur hier in diesem
Bett bekommen. Fertig, aus.” Das hatte sie alles ohne jede Gefühlsregung
erklärt, ohne ein Wimpernzucken, das ihre Angst hätte verraten können.
“Nun gut.” Irgendwo hatte das Mädchen Recht. Es war schon besser, die
Kinder in einer vertrauten Umgebung zur Welt zu bringen. Auf diesen fremdartigen
Stühlen hätte sie sicherlich Angst. Und wenn etwas schief ginge, könnte er
sie, wenn nötig, noch immer irgendwohin bringen.
“Ich glaube, wir setzen diese Unterhaltung lieber an einem anderen Tag fort,
Kabuto-kun.”, meinte Orochimaru und wandte sich wieder Tayuya zu. “Sie
braucht Ruhe.” Ohne ein weiteres Wort ging Kabuto zur Tür hinaus. Der Meister
hatte recht. Sie musste sich erholen.