Kabuto klärt auf
Tayuya erwachte spät am Morgen allein in ihrem Bett. Sie hatte einen
furchterregenden Traum gehabt. Sie war schwanger gewesen und ihr Bauch war immer
dicker geworden bis sie unter grausamen Schmerzen ein Kind zur Welt gebracht
hatte. Die Qualen hatte nur Orochimaru lindern können, der immer ihre Hand
gehalten hatte, während sie sich die Seele aus dem Leib geschrien hatte. In
dieser Nacht hatte sie auch noch viel mehr geträumt. Kurze Sequenzen aus ihrem
früheren und zukünftigen Leben, an die sie sich nur noch vage erinnern konnte.
Zum Glück war das alles ein Traum gewesen, wenn auch ein seltsamer. Sie war
doch gar nicht schwanger. Seit wann kannte sie überhaupt diesen Begriff?
Müde stand Tayuya auf. Das Erste, was sie bemerkte, war, dass sie nackt war.
Der Traum? Nein, es war kein Traum gewesen. Zumindest nicht alles davon. Eilig
hastete sie zum Spiegel und starrte ihren Bauch an.
Nein, das durfte nicht wahr sein! Das KONNTE nicht sein! Sie war tatsächlich
schwanger. Wie war das nur geschehen? Das Mädchen verstand es einfach nicht.
Ihr Meister hatte ihr ansatzweise etwas darüber erzählt, gestern Nacht, als
sie sich im Spiegel gemustert hatte. Nun atmete sie erst einmal ruhig durch. Sie
musste zu Kabuto, damit er ihr das alles erklärte. Benommen folgte sie dem Gang
zu dem Versuchslabor, in dem sie Kabuto zu dieser Zeit vermutete. Und sie fand
ihn, über eine Leiche gebeugt und sichtlich beschäftigt.
“Kabuto-kun, du musst mir da mal was erklären.”, begann sie vorsichtig.
Der junge Arzt verstand zuerst gar nicht, was los war, doch dann erkannte er es
in ihrem Gesicht. Orochimaru hatte es ihr also erzählt.
“Ach, Tayuya-chan.” seufzte er und legte das Skalpell auf den Tisch. “Du
solltest dich besser setzen.” Kabuto bot ihr einen Stuhl an und nahm dann
neben dem zitternden Mädchen Platz.
“Ich... ich bin schwanger.” Tayuya war den Tränen nahe.
“Ich weiß, meine Kleine. Aber bitte, weine nicht. Das ist doch nichts
Schlimmes. Es ist eher eine fröhliche Nachricht!” Der Arzt reichte ihr ein
Taschentuch.
“Fröhlich? Ich werde sterben! Qualvoll daran zugrunde gehen!”
<„Was hat er ihr da nur erzählt?“> “Hey…”, flüsterte er und beugte
sich vor um ihr eine Träne aus dem Gesicht zu wischen. “Solange ich da bin,
wird hier niemand sterben und ganz besonders nicht du, und vor allem nicht wegen
einer Schwangerschaft oder während einer Geburt. Und du weißt, dass ich das
ernst meine.”
Das hatte sie ein wenig beruhigt. Ja, Kabuto konnte wirklich alles in der
Medizin erreichen und konnte sogar Schwerstverwundete, die eigentlich tot waren,
heilen. Sie betrachtete die Leiche auf dem Tisch und es lief ihr eiskalt den
Rücken herunter. Oder genauso gut einen unglaublich starken Gegner
auslöschen.
“Soll ich dir erklären, wie das eigentlich alles funktioniert hat? Ich
bezweifle, dass der Meister dich ausführlich unterrichtet hat.”
Sie nickte nur. „Ja, er hat natürlich nur meine Bestürzung genossen...“
“Gut.”, seufzte er und begann sein Schulwissen auszukramen, “Ich glaube,
du bist alt genug, dass du mehr davon verstehst, als die Bienchen und Blümchen
Theorie, die Eltern ihren Kindern auftischen, wenn die Kleinen ihre Mama und
ihren Papa beim Sex beobachtet haben und Fragen stellen. Also. Das weiße Zeug,
nach dem du immer wieder gefragt hast, das nennt sich Sperma. Das können nur
Männer produzieren. Es ist ihre Art des Samens. Frauen hingegen stoßen in etwa
jeden Monat ein reifes Ei ab.”
Er sah die Verwunderung in ihren Augen. “Nein, nicht so ein Ei. Ich meine eine
Eizelle, kaum so groß wie ein Fisch-Ei. Wichtig ist auch noch der Ort, an dem
es produziert wird. Bei der Frau geschieht das im Eierstock. Beim Mann werden
die Spermafäden, die entfernt an Kaulquappen erinnern, in den Hoden gebildet.
Die müsstest du kennen.” Er sah ein Wiedererkennen in ihren Augen.
“Die Klöten.”, sagte sie grinsend und raubte damit kurz Kabutos Fassung.
Erst kam sie völlig verstört zu ihm und nun fand sie es wieder witzig. Na ja,
eine Mischung aus Naivität, Stimmungsschwankungen und dem typischen
Tayuya-Charakter konnte ja nur so reagieren. Irgendwie war er froh, dass sie
seine Geschichte weder schockierte, noch dass sie sie langweilig fand. Tayuya
war eine gute Schülerin.
“Ähm, ja genau.” Kabuto rückte seine Brille zurecht. “Nun, während
eines Orgasmus verteilt der Mann seinen Samen, also das Sperma, in den Unterleib
der Frau, welche dann meistens”, er stockte kurz bei ihrem Grinsen und
räusperte sich, “auch kommt. Ich glaube, du weißt ganz genau, was dann
passiert.”
“Ja, das ist das Gefühl, welches sich in Wellen in meinem ganzen Körper
verteilt und während welchem ich keinen klaren Gedanken fassen kann.” Sie sah
ihn schief an. “Orochimaru stöhnt dann immer so merkwürdig.”
Anscheinend hatte sie sich wirklich nie mehr Gedanken darüber gemacht, was beim
Sex in ihrem Körper geschah. Nur das Nötigste. Gut, er würde es ihr
erklären. “Die Muskelkontraktionen werden von vielen Menschen als Lustwellen
beschrieben. Bei Frauen ziehen sich dabei der ganze Scheideneingang und der
Uterus zusammen. Etwa sieben bis über vierzehn Mal hintereinander. Je nach
Stärke und Erregtheit. Bei Männern ist ein Orgasmus leider nicht so lang wie
bei den Frauen, aber nicht minder intensiv. So, nun gelangt der Samen des Mannes
in die Gebärmutter der Frau, den Uterus. Dabei ist die Größe eines Gliedes
nicht entscheidend, falls dich das interessiert. Auch ein Penis von nur zehn
Zentimetern kann einer Frau zu einem Kind verhelfen.” Er sah, wie Tayuya sich
darüber Gedanken machte und alles abwog.
“Aber wie kann die Frau denn dann überhaupt kommen?” Ein Grinsen legte sich
auf ihr Gesicht. “Spürt die den überhaupt?”
“Du selbst solltest wissen, dass nicht nur die Stöße allein eine Frau zum
Höhepunkt bringen. Streicheln und Küssen ist ein wichtiger Teil des Aktes. Nun
ja, darüber müsstest du aber nun wirklich genug wissen. Ich bin ja sowieso der
Meinung, dass ein zu großer Penis einer Frau weh tut. Aber wem es gefällt...
Ich finde, es kommt mehr auf die Technik an.” Er rückte erneut seine Brille
zurecht. “Und die scheint Orochimaru ja zu beherrschen.”
“Ohja, DAS tut er.” Nach diesem Satz folgte ein Augenblick der Stille.
“Ich habe speziell hierfür eine Frauenleiche präpariert. Komm her.” Er
führte sie zum Tisch und schlug die Decke, die über dem Bauch der Frau
ausgebreitet war, ein wenig zurück.
“Ahhh...” Tayuya war geschockt über die Art, wie Kabuto ihr das alles
zeigen wollte. Kaum sah sie das Blut, wurde ihr schon schlecht. Sie drehte sich
weg, doch nach ein paar Sekunden musste sie sich wieder dem armen toten Körper
zuwenden.
“Ich habe die inneren Organe mit Klammern so befestigt, dass du den Uterus gut
sehen kannst. Ungefähr faustgroß. Das da.” Er zeigte darauf. “Hier sind
die Eileiter, sie führen von den Eierstöcken zur Gebärmutter. Wenn nun Sperma
durch den Eingang hineinströmt, kann es eine Eizelle, solange sich gerade eine
reife hier drin befindet, befruchten. Dies kann nur ein paar Stunden im Monat
passieren, aber man kann den Zeitpunkt fast nie genau einschätzen. Zumindest
normale Menschen nicht. Nicht so wie Orochimaru und ich.”
„War ja klar. Typisch Kabuto.“ Sie seufzte und sah kurz in das Gesicht der
blonden Frau.
“Keine Sorge, sie war eine unserer Gegner und schon tot, bevor ich sie
aufgemacht habe.”
„Wie beruhigend.“
“Bei einer Befruchtung geschieht nun folgendes: Die Spermazelle, die am
schnellsten war, dringt durch die Wand der Eizelle und stößt dabei ihren
Schwanz ab.”
“Oh, wurde die arme Zelle etwa kastriert. Sie tut mir leid.”
Kabuto ging nicht weiter auf diese sarkastische Bemerkung ein und fuhr fort.
“Diese Zelle kann sich glücklich schätzen, denn sie kann nun ihn Erbgut mit
dem der weiblichen Eizelle per Zufallsprinzip vermischen. Das Ergebnis könnte
bei dir und Orochimaru also entweder rote oder schwarze Haaren haben, vielleicht
auch die einer deiner oder Orochimaru Vorfahren. Aber die Tendenz geht zu
schwarz, weil sich rot nicht häufig durchsetzen kann.”
“Wird das Geschlecht des Kindes auch so bestimmt?” Sie schien seine
Informationen ja richtig aufzusaugen.
“Nein, das ist schon vorher im Sperma des Mannes festgelegt. Der produziert
nämlich Spermazellen mit weiblichen oder männlichen Genanlagen, die dann die
immer weibliche Eizelle gegebenenfalls umpolen. Wusstest du, dass Sperma nur bis
zu zehn Tage lang leben kann? Im Körper der Frau stirbt es sogar noch früher,
obwohl die Flüssigkeit in der Gebärmutter eine perfekte Umgebung für es ist.
Ach ja, es ist auch möglich, dass mehr als eine Eizelle ausgestoßen wird.
Außerdem können auch mehrere Spermafäden gleichzeitig in diese eindringen,
was aber in beiden Fällen eher unwahrscheinlich ist. Wobei... Bei
Orochimaru...”
Kabuto lachte kurz auf und verstummte, als Tayuya ihn grimmig ansah. “Wie auch
immer. Es ist jedoch nicht möglich, dass ein männliches und ein weibliches
Sperma gleichzeitig in die Eizelle eindringen. Frag mich nicht wieso. Daran
forsche ich gerade noch. Es ist also nicht möglich, dass eineiige Zwillinge
unterschiedliche Geschlechter haben. Verstanden? Gut. Die Eizelle nistet sich
also in der Gebärmutterschleimhaut ein und bildet dort verschiedene
Keimblätter aus, aus welchen dann später bestimmte Teile des Körpers
entstehen. Natürlich bildet sich um den Embryo eine Art schützende Blase. Die
Fruchtblase, dich sich genau wie der Uterus dann während der Schwangerschaft
ausdehnt. Jetzt sehen wir uns mal die verschiedenen Stadien an, die ein Kind
während dieser Zeit durchläuft.”
Kabuto führte Tayuya nun zu einem kleinen Zimmer und schaltete das Licht in dem
stockdunkeln Raum an. Was das Mädchen dort sah, ließ sie ihren Atem anhalten.
“Das sind alles Präparate, die wir so in der Zeit angehäuft haben. Einige
davon sind auch in unseren Reagenzgläsern entstanden, dann aber doch
gestorben.”
Tayuya war den Tränen nahe, als sie die vielen kleinen Embryonen und Föten aus
ihren schwarzen Knopfaugen anstarrten, als würden sie rufen: Wir wollten doch
auch nur leben.
Alles war genau datiert. Es gab fast für jeden Tag ein anderes Glas. Am Anfang
waren sie noch so winzig, nur kleine Millimeterwürmchen, dann jedoch immer
größer, in immer größere Gläser gepackt. Halb durchsichtig die Kleinen. Mit
einer flaumartigen Haut überzogen die Größeren.
“Der hier war in etwa in der achtzehnten Woche. In der befindest du dich
gerade.” Er deutete auf einen knapp fünfzehn Zentimeter langen Fötus, bei
welchem man bereits leichte Gesichtszüge erkennen konnte. Die winzige Händchen
und Beinchen eng am Körper angelegt. Sogar Wimpern waren an den Augen zu
erkennen. “Der Kleine wog knapp 200 Gramm, als ich ihn aus seiner Mutter
geschnitten habe. Ein ganz schönes Schwergewicht für sein Alter.”
“Oh Gott.” Tayuya wurde plötzlich schlecht. Irgendwie zog sie da doch
Orochimarus mündlichen Crashkurs vor. Die vielen kleinen Wesen taten ihr
furchtbar leid. So aufgebahrt. Versuchsobjekte. Ungeliebt.
Kabuto deutete nun auf das letzte Exemplar, das ihr einen noch größeren
Schauer den Rücken hinunterjagte. “37te Woche, kurz vor der Geburt im
Mutterleib von der Nabelschnur erdrosselt. Man sieht noch die blauen Stellen am
Hals. Es hat ihrer Mutter das Herz gebrochen. Sie ist 47 Zentimeter lang und
wiegt drei Kilogramm. Das ist auch in etwa das, was du dann später aus deinem
Körper herauspressen musst.” Er wartete kurz auf ihre Reaktion zu diesem
Satz.
“So groß...?” Geschockt stand das Mädchen da und starrte abwechselnd von
ihrem Bauch zu dem Baby.
“Ich bin sowieso der Meinung, dass dein Kind früher kommen wird. Du bist noch
sehr jung und wirst noch nicht ganz achtzehn sein, wenn es geboren wird. Es wird
zwar dann nicht sehr viel kürzer, aber dafür lange nicht so schwer und füllig
sein. Ein bisschen mehr als zwei Kilogramm traue ich deinem Kind dann zu. Glaube
mir, das wird schon. Bis dahin arbeitet dann auch sein oder ihr Immunsystem
unabhängig von deinem und die Organe wären zum Beispiel schon nach der 31ten
Woche einigermaßen funktionsfähig. Alles wird glatt gehen, glaube mir.”
Er strich ihr über die Schultern, fuhr an ihrer Seite hinab und ließ seine
Hand dann auf ihrem Bauch ruhen. “Er ist schon mächtig angeschwollen – für
diese frühe Zeit. Kein Wunder. Bei deinem jungen Körper sieht man so etwas
sofort.”
Irgendwie frustrierte sie diese Aussage. War sie also wirklich fett? Nur wegen
so eines dummen Balges. “Mein Bauch ist NICHT mächtig angeschwollen. Ich
würde ihn lediglich als ein wenig pummelig beschreiben.”
Er lachte bei ihrem Witz. Sie hatte recht. Man konnte das Bäuchlein wirklich
nur als niedlich beschreiben. Bevor sie noch einen Blick auf die vielen toten
Kinder werfen konnte, betätigte er den Lichtschalter und führte sie nach
draußen. Es war besser so, solange sie einigermaßen ruhig und vielleicht sogar
ein wenig glücklich war.
Er deckte schnell die Leiche zu und begleitete Tayuya in die Küche, wo bereits
Orochimaru mit einem Frühstück auf sie warten würde. Sie brauchte jetzt erst
einmal Ruhe und neue Kraft.