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Spiel der Liebe

von

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Erschöpfung

Obwohl die Tour noch nicht zu Ende ist geht Uruha seit einer Woche wieder in die Tagesklinik.

Leider ging es im während der letzten Konzerte alles andere als gut und er musste ganz schön starke Medikamente nehmen um diese durchzustehen. Aus dem Grund hatten wir auch viele schnelle Songs aus der Setlist genommen und Ruki musste öfters als sonst zwischen den Songs reden um Uruha eine Pause zu schaffen. Die Medikamente machen ihn einfach total fertig und oft schläft er deshalb direkt nach Konzerten ein und es ist immer ein Akt für sich ihn ins Hotelzimmer oder in den Bus zu bekommen.

Wir hatten lange überlegt, ob wir Uruha nicht einfach zurück nach Tokio in die Psychiatrie schicken sollten. Er hat uns zwar nicht wie am Anfang der Tour attackiert, aber er ist extrem auf Abstand gegangen und hatte sich eingeigelt. Ich musste ihn wie oft dran erinnern, dass auch eine Welt außerhalb seiner Gedanken existiert.

Von der Motivation auf die Therapie und die Tour irgendwie durchzustehen war auch nichts mehr vorhanden. Ich weiß noch nicht einmal wie das passieren konnte?

Es hat sich die letzten Wochen so angefühlt als wären wir mit einer Marionette auf die Tour, die willenlos unseren Befehlen folgt. Und deshalb hatte ich auch wieder große Angst davor, dass sich Uruha etwas antun könnte. Und da bin ich noch nicht einmal von einem Suizid ausgegangen, sondern er hätte sich genauso gut absichtlich selbst verletzten können.

Und da weiß ich ja auch nicht, ob er wirklich rechtzeitig stoppen würde? Wenn die Wunden am Arm zu tief sind, kann er ja keine Gitarre spielen und wie erklärt man so etwas?

Wenigstens ist beides nicht passiert, aber trotzdem haben wir das jetzt mit der Tagesklinik vorgezogen. Das ist zwar Zeit technisch eine absolute Katastrophe, aber was will man denn machen?

Momentan pendeln wir ständig zwischen den Orten und Tokio hin und her. Teilweise bin ich der einzige, der mit einem vom Staff und Uruha zusammen alleine heimfährt, nur um wieder zum Konzertort im Anschluss fahren zu müssen.

Natürlich ist das zusätzlicher Stress für Uruha und das setzt im auch ganz schön zu, aber er braucht die Therapie dringend. Die Tabletten bewirken zwar, dass er nachts durchschläft und allgemein ruhiger ist aber das macht ihn tagsüber auch nicht zugänglicher.

Zudem bewirkt es auch, dass er nicht mehr ständig im Fluchtmodus ist. Das heißt er steht nicht mehr pausenlos unter Strom.

Und das stellt unsere Beziehung mehr als alles andere bisher auf eine Probe.

Es fällt mir schwer Uruha zu pflegen und sicherzustellen, dass er dreimal am Tag isst und genug trinkt. Und nebenbei muss ich ihn gefühlt zu allem motivieren, auch wenn ich selbst gerade gegen meine Depression kämpfe.

Es ist schwer jemand anderen auf die Beine zu helfen, wenn man selbst gerade am Boden liegt.

Wenn wir bei den anderen sind teilen wir uns die Arbeit, aber in Tokio selbst muss ich mich alleine darum kümmern.
 

Eben hatte ich Uruha mit einem Kuss verabschiedet, ehe er mit einem Mitarbeiter von uns zur Tagesklinik gefahren ist.

Heute kann ich endlich einmal die Wäsche waschen und mich etwas um die Post kümmern, die die letzten Wochen angefallen ist. Hoffentlich geht es Uruha später halbwegs gut. Ich will ihn nicht schon wieder zum essen zwingen.

Ihm ist es einfach vollkommen gleichgültig, ob ich während einem Streit laut werde oder die Türen knalle. Und diese Gleichgültigkeit lässt mich erst Recht aus der Haut fahren. Ich bin halt ziemlich impulsiv und das merke ich immer wieder in solchen Momenten.

Aber was passiert, wenn er sich von der Wut anstecken lässt? Und dann einmal ordentlich die Fetzen zwischen uns fliegen? Oder machen die Tabletten ihn wirklich so vollkommen gleichgültig?

Ich wollte schon Reita bitten zurück nach Tokio zu fahren, damit ich einmal eine Auszeit nehmen kann. Aber das geht nun einmal nicht, da ich ja mit Uruha zusammen bin und es meine Aufgabe ist ihm beizustehen.

Und der Rest der Band hat ja keinen Urlaub, wenn wir nicht da sind. Die ganzen Pressetermine wollen eingehalten werden und auch sonst steht halt jede Menge Arbeit an. Aus dem Grund ist es eigentlich auch keine schlaue Idee, dass Uruha jetzt schon in der Tagesklinik ist.

Aber für Uruha macht es halt Sinn und deshalb nehme ich die zusätzliche Arbeit gerne auf mich.

Und es macht auch Sinn, dass die Tabletten ihn so schrecklich gleichgültig machen.

Alles ist besser als der panische Blick in seinen Augen und die permanente Angst oder die Suizidalität.

Und auch wenn es momentan wirklich für alle hart ist geht es ja um das Endergebnis. Und sobald die Tour um ist kann Uruha auch wieder stationär gehen und nach dem Aufenthalt sollte es ihm auch wieder besser gehen. Vielleicht war es wirklich zu früh mit der Tour, aber wann ist schon der richtige Zeitpunkt dafür? Selbst die Ärzte wollten sich nicht festlegen und er ist ja nicht der erste Patient von ihnen, der im Rampenlicht steht.
 

Seufzend mache ich den Haushalt und werfe immer wieder einen Blick auf mein Smartphone. Eigentlich mag ich Pressetermine überhaupt nicht, aber alles wäre mir gerade lieber als diese Warterei.

Lieblos stopfe ich neue Kleidung in unsere Koffer und sortiere die Briefe.
 

Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an ehe ich zusammen mit Uruha im Van auf dem Weg nach Nagoya bin. Der vom Staff fährt, weshalb ich mit Uruha hinten sitze und mich voll und ganz auf ihn konzentrieren kann.

Er hat wohl in der Klinik ein Bedarfsmedikament bekommen und deshalb zittert er wie Espenlaub und ist total grobmotorisch. Selbst beim Trinken aus der Wasserflasche muss ich ihm helfen und die meiste Zeit lehnt er einfach der Fensterscheibe und döst.

Er hat seit heute Morgen kein Wort mehr zu mir gesagt und ich frage mich woran das liegt?
 

Selbst als wir endlich ankommen lässt er sich wortlos von anderen in den Arm nehmen.

Sie kommen noch alle mit auf unser Hotelzimmer, wo sich Uruha direkt ins Bett legt und es dauert auch nicht lange ehe er schläft.

Stirnrunzelnd fragt Reita: „Hat er was zusätzlich bekommen, oder ist er sauer auf uns?“

„Die haben ihm was gegeben. Ich glaub er braucht einfach nur etwas Schlaf und dann geht das schon. Auf jeden Fall hat er das okay für das Konzert morgen bekommen und mal schauen, wie es ihm dann geht“, antworte ich.

Seufzend setze ich mich neben Uruha auf das Bett und streiche vorsichtig über seinen Kopf.

Auch wenn es mir schwer fällt sollte ich ihm trotzdem zeigen, dass ich vollkommen hinter ihm stehe. Er muss halt wieder lernen zu vertrauen und vor allem muss er lernen mit dem Druck klar zu kommen. Er ist nun einmal kein Büroangestellter, sondern ein Prominenter muss sich der Öffentlichkeit stellen.

Die anderen setzen sich zu mir aufs Bett und diskutieren leise etwas wegen dem Konzert.

Und ich glaube kaum, dass er wirklich ernsthaft diesen Adrenalinstoß vor jedem Auftritt aufgeben will. Aus dem Grund versuchen wir ihn auch so gut es eben geht von einem Austritt aus der Band abzuhalten. So eine Entscheidung will gut überlegt sein und ich glaube kaum, dass er sie momentan ruhigen Gewissens treffen kann.
 

Um ehrlich zu sein wundert es mich eh wie wenig von all dem bisher an die Öffentlichkeit gekommen ist. Bisher ist ja nur die Vergewaltigung bekannt, weil es wegen der zum Gerichtsprozess kam. Ferner wurde auch bekannt gegeben, dass er deshalb in Therapie ist um mit all dem klar zu kommen. Es war halt schwer zu verschweigen, da er ja wirklich lange in der Klinik war und es einfach besser war bei der Wahrheit zu bleiben.

Das mit der Tagesklinik wollen die Manager nicht bekannt geben und auch den nächsten stationären Aufenthalt nicht. Zudem sind wir dazu verpflichtet keine Fragen zu dem ganzen Thema zu beantworten zu unseren eigenen Sicherheit.

Ich habe einfach Angst davor, dass Uruhas psychischer Zustand zur Debatte stehen könnte. So einer Diskussion würde er garantiert nicht standhalten. Und ich bin eh der festen Überzeugung, dass er mit der richtigen Therapie das alles meistern wird. Psychische Erkrankungen sind halt in Japan mit einem sehr großen Stigma behaftet, weshalb das alles so unnötig kompliziert ist.
 

Ich erschrecke mich ziemlich als Kai fragt: „Ist bei dir alles okay, Aoi? Du wirkst so besorgt.“

„Ich hab einfach Angst davor, dass wir Uruha zu viel zumuten. Seit er in der Tagesklinik ist geht es ihm auf alle Fälle besser, aber er ist halt so schrecklich gleichgültig und es fällt mir wirklich schwer zu beurteilen, wie es ihm wirklich geht. Der Psychologe meinte sie hätten das alles im Griff und wir sollen ihnen vertrauen. Und ich hab halt einfach die Bedenken, dass irgendwer herausfinden könnte warum wir so oft bei Interviews fehlen oder so oft in Tokio sind“, teile ich ihnen leise mit.

Stirnrunzelnd erwidert Ruki: „Das ist doch Quatsch, Aoi. Wir haben der Presse mitgeteilt ihr würdet in Tokio schon Sachen für die neue Single und alles aufnehmen. Und ich glaube wir können denen in der Tagesklinik wirklich vertrauen. Uruha wirkt auf mich viel ruhiger und ausgeglichener und er erschien mir beim letzten Konzert auch ziemlich glücklich.“

Leise fügt Reita hinzu: „Wahrscheinlich müssen wir uns erst daran gewöhnen, dass Uruha halt jetzt so ist. Die Nebenwirkungen der Tabletten werden wahrscheinlich bald nachlassen und dann ist er auch nicht mehr ganz so apathisch. Mir kam er die letzten Tage auch ziemlich glücklich vor. Brauchst du eine Pause, Aoi? Dann bleib ich heute Nacht bei ihm.

Kopfschüttelnd erwidere ich: „Du kannst morgen bei ihm bleiben. Es wäre nicht fair ihm gegenüber, wenn ich ihn ohne eine Erklärung heute Nacht bei dir lassen würde. Und ich denke Mal er schläft eh bis morgen durch, deshalb ist es okay so.“

Besorgt hakt Kai nach: „Aber du lässt es uns wissen, wenn wir dich irgendwie unterstützen können? Ist das eigentlich bei dir mit der Übelkeit besser geworden?“

Ich schüttle nur den Kopf und kralle die Hände in die Bettdecke.

Mir ist die letzte Zeit immer wieder schlecht und vor ein paar Tagen hatte ich direkt nach dem Aufstehen Galle erbrochen. Daraufhin war ich auch beim Arzt und der schob es wie zu erwarten auf den Stress.

Aus dem Grund ist Kai auch ziemlich besorgt und am liebsten hätte er mich gar nicht zurück nach Tokio fahren lassen. Er hat halt wahnsinnige Angst davor, dass ich wieder so Probleme mit dem Essen an sich bekommen könnte.

Deshalb achtet er auch vermehrt darauf was ich am Tag esse und zwingt mich immer wieder dazu Pausen einzulegen.

Es sind ja zum Glück nur noch sehr wenige Konzerte und dann verschwindet wahrscheinlich auch die Übelkeit wieder. Wir sind halt alle ein wenig mehr gestresst als sonst und das geht an keinem spurlos vorbei.
 

Aufmunternd tätschelt Kai meine Hand und schenkt mir ein Lächeln, ehe er meint: „Das wird schon, Aoi. Lass uns erst mal die letzten Konzerte hinter uns bringen und dann gucken wir, dass Uruha so schnell wie möglich stationär zur Therapie kann. Und bitte mach dir nicht selbst so viel Stress. Wir können Uruha momentan nur zur Seite stehen und auf ihn aufpassen.“

Und was ist wenn das zu wenig ist?

Was ist wenn Uruha einfach mehr benötigt?

Kopfschüttelnd fahre ich mit meiner Hand durch die Haare und erwidere: „Und was ist wenn Uruha nach der Therapie immer noch so drauf ist? Er sollte doch schon nach der ersten Therapie viel weiter sein.“

Frustriert erwidert Reita: „Das kann man doch nicht vorher sagen, Aoi. Wir sollten ihm die nötige Zeit geben und auch wenn es vor allem für dich momentan schwer ist, sollten wir die Hoffnung nicht aufgeben. Uruha vertraut uns nun einmal und das sollten wir auch tun und ihn nicht unnötig unter Druck setzen.“

Beschwichtigend fügt Ruki hinzu: „Es ist doch im Grunde egal wie lange er braucht, oder? Und ich glaube fest daran, dass er nach der Therapie um einiges belastbarer sein würde. Natürlich wird er nie mehr wie vorher, aber auch ein kleiner Schritt ist einer in die richtige Richtung. Wir sollten hn jetzt nicht aufgeben.“

„Und was ist wenn ich genau das will? Aufgeben?“, erwidere ich und beiße mir auf die Unterlippe.

Schnaubend meint Kai: „Das willst du nicht, Aoi. Und jetzt nimmst du schön deine Tabletten und schläfst was, okay? Ich bleib so lange hier. Lass uns morgen noch einmal darüber reden, wenn du dich was von der Fahrt hierher erholt hast.“

Er holt mir die Tabletten und eine Flasche Tee und reicht sie mir beide, ehe er die anderen beiden aus dem Zimmer schickt.

Zögerlich platziert er eine Hand auf meinen Rücken und meint: „Ich glaub es nächste Mal fahre ich für dich nach Tokio und kümmere mich um Uruha. Es macht dir keiner Vorwürfe, nur weil du das nicht packst. Ist dir gerade übel?“

Ich schüttele nur den Kopf und nehme die Tabletten ein.

„Das schaffen wir schon, Aoi“, versichert mir Kai und nimmt mich in den Arm.

Und was ist wenn dem nicht so ist?

Ich habe wieder so eine große Angst davor zu versagen und alles zu vermasseln.

Und vor allem habe ich Angst davor Uruha zu verlieren.

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Und langsam neigt sich die Geschichte dem Ende entgegen



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Janine3878
2019-05-11T15:57:46+00:00 11.05.2019 17:57
Und bitte, bitte mit einem Happy End!!!! Ich mag deine Geschichte total... LG, Janine


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