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Angst

Sanae war völlig außer Atem, als sie Tsubasas Haus erreichte. Ein paar Sekunden gönnte sie sich, um Luft zu holen, dann hastete sie weiter zur Haustür und klingelte Sturm.

„Tsubasa? Tsubasa, bist du zuhause?!“

Sie wußte nicht, warum sie schrie, sie merkte es auch erst als sie langsam heiser wurde. Hinter der Haustür blieb alles still. Tsubasa war wieder nicht in der Schule gewesen. Yukari hatte sie daran hindern wollen, gleich zu ihm nach Hause zu laufen, aber Sanae hatte ihr nicht einmal zugehört. Sie war einfach losgerannt.

„Tsubasa!!“ Sie ließ den Klingelknopf los und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür, genauso wie sie es am Tag nach seiner Entführung getan hatte. Nichts. Ihre Knöchel schmerzten. Leicht keuchend lehnte sie sich an die Haustür, dann rannte sie kurzerhand um das Haus herum. Die Terrassentür – vielleicht war Tsubasa gerade im Wohnzimmer und hörte sie deshalb nicht. Die böse kleine Stimme, die ihr ins Ohr flüsterte, wie zum Teufel er diesen Radau überhört haben könnte, schob sie in den hintersten Winkel ihres Kopfes. Dass Tsubasas Gesicht jedoch immer wieder vor ihrem inneren Auge auftauchte, dieser traurige Blick, mit dem er sich von ihr verabschiedet hatte, konnte sie nicht verhindern– sie hatte ihn noch nie so erlebt. Endlich erreichte Sanae die Terrasse und stolperte die wenigen Stufen nach oben. Außer Atem presste sie die Hände an das große Fenster und bemühte sich, in dem Raum dahinter irgendetwas zu erkennen. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an das dämmrige Licht, das hinter der Glasscheibe herrschte. Dann hellte sich ihre Miene auf. Sie konnte eine Gestalt auf dem Sofa liegen sehen. Tsubasa schlief, deswegen hatte er sie nicht gehört. Sanae begann wieder gegen die Fensterscheibe zu klopfen und nach ihm zu rufen, aber er reagierte gar nicht. Er blieb ganz still auf dem Sofa liegen. Das schlechte Gefühl kam zurück – wie tief konnte ein Mensch schlafen? Sanae presste das Gesicht erneut gegen die Scheibe – und erstarrte. Vor dem Sofa lag ein umgestürztes Glas, es sah aus als wäre es Tsubasa aus der Hand gefallen, und das da auf dem Tisch – war das eine Tablettenschachtel?

„Tsubasa!!“

Sanae begann wieder zu schreien. Jetzt ließ sich die Panik nicht mehr verdrängen. Ehe sie sich richtig bewußt wurde, was sie tat, hatte sie einen Blumentopf vom Boden aufgehoben und schleuderte ihn gegen die Terrassentür. Das Glas zersplitterte in tausende von Scherben – und Tsubasa reagierte immer noch nicht. Sanae kletterte durch den Fensterrahmen und rannte zu ihm hinüber, so hastig, dass sie fast über ihre eigenen Füße stolperte. Als sie ihn endlich erreichte, fiel ihr sofort seine Blässe auf.

„Nein.....nein, bitte nicht....“ Sie wollte schreien, aber sie brachte nur ein heiseres Flüstern heraus. Unwillkürlich packte sie Tsubasa an den Schultern und rüttelte ihn, aber er reagierte überhaupt nicht. Als sie seine Hände und danach seine Wangen berührte, fühlte er sich eiskalt an. Unwillkürlich blieb ihr Blick an der Tablettenschachtel hängen. Ein Mittel gegen Kopfschmerzen – anscheinend hatte er alle genommen, das leere Röhrchen lag direkt daneben.

„Dummkopf.....“ Paradoxerweise war das alles, was sie sagen konnte. Alles, was ihr in den Sinn kam. Nur dieses eine Wort. Dann kamen die Vorwürfe, gemeinsam mit den Tränen. Warum hatte sie ihn allein gelassen?! Sie legte ihren Kopf auf seine Brust und schluchzte erstickt. Jemand begann an die Haustür zu hämmern, so wie sie es wohl vor wenigen Minuten getan hatte, aber genau wie Tsubasa reagierte sie nicht. Auch nicht als jemand ihren Namen zu rufen begann.

„Geht weg....lasst mich in Ruhe.“ Sanae preßte sich die Hände auf die Ohren und kniff die Augen zusammen. Sie wollte hier nicht weg. Sie wollte bei Tsubasa bleiben..... Unwillkürlich tastete sie wieder nach seiner Hand – und hielt plötzlich etwas weiches, plüschiges zwischen den Fingern. Verdutzt riss sie die Augen wieder auf und blickte direkt auf ihre Zimmerdecke. Das Klopfen und Rufen war immer noch da.

„Sanae!!! Sieh endlich zu, dass du aus den Federn kommst!! Du bist schon viel zu spät dran.“

Die Stimme ihrer Mutter. Schritte entfernten sich von der Tür, es wurde still. Sanae blieb völlig perplex in ihrem Bett liegen, den Blick immer noch an die Decke gerichtet. Es war nur ein Traum gewesen!! Nichts weiter, nur ein blöder, bescheuerter Albtraum...... Unwillkürlich wurde ihr bewußt, dass sie ihren Teddy immer noch fest umklammert hielt. Ihre Wangen waren nass – hatte sie geweint im Schlaf? Das Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals, und sie bemerkte, dass die Angst nicht verschwunden war. Doch dann spürte sie noch etwas anderes: Erleichterung. Es war ein Traum gewesen, nichts weiter.....kein Wunder bei ihren überreizten Nerven. Tsubasa ging es gut, ganz sicher! Und spätestens im Klassenzimmer würde sie ihn treffen, bestimmt! Mit plötzlicher Energie stand sie auf und zerrte ihre Schuluniform von ihrem Schreibtischstuhl. Das Training hatte sie wieder mal verpasst, wie ihr ein Blick auf die Uhr zeigte, aber zur ersten Stunde konnte sie es immer noch pünktlich schaffen.
 

***

Zwei Minuten vor dem Gong erreichte Sanae das Klassenzimmer und wäre beinahe mit Ryo zusammen geprallt, der sich ziemlich ungünstig vor der Tür postiert hatte.

„Oh, hoppla. Morgen, Sanae. Wir dachten schon, du kommst nicht mehr.“

„Ich habe verschlafen.“ Sanae linste an Ryo vorbei. Der lächelte traurig.

„Nach Tsubasa musst du nicht suchen, der ist nicht da.“

„Was?!“ Sanae erstarrte unwillkürlich.

„Yukari hat uns heute morgen beim Training erzählt, was passiert ist. Wir wollen nach der Schule bei ihm anrufen und....“

„Das heißt, beim Training war er auch nicht?“

Izawa, der sich zu den beiden gesellt hatte, schüttelte den Kopf. „Nein – wir haben schon angefangen, uns Sorgen zu machen, aber nach dem was gestern los war – er braucht bestimmt noch ein bisschen Zeit. Ist auch besser so – ich bin eigentlich froh, dass er nicht wieder spielen will, bevor er ganz fit ist.“

„Wie gesagt, wir wollen nachher bei ihm anrufen und wenn es okay ist, mal nach ihm sehen.....Sanae?! Sanae, warte!“

Sanae hatte Ryo nicht zugehört. Sie wirbelte auf dem Absatz herum und rannte wieder nach draußen, an dem verdutzten Lehrer vorbei, der gerade das Klassenzimmer hatte betreten wollen. Die Bilder des Traumes brannten sich wieder deutlicher denn je in ihr Gedächtnis. Sie musste sich einfach sicher sein, dass es Tsubasa gut ging....
 

***

Sanae war völlig außer Atem, als sie Tsubasas Haus erreichte. Ein paar Sekunden gönnte sie sich, um Luft zu holen, dann hastete sie weiter zur Haustür und klingelte Sturm.

„Tsubasa? Tsubasa, bist du zuhause?!“

Sie wußte nicht, warum sie schrie, sie merkte es auch erst als sie langsam heiser wurde. Hinter der Haustür blieb alles still.

„Tsubasa!!“

Sie ließ den Klingelknopf los und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Tür, genauso wie sie es am Tag seiner Entführung getan hatte. Nichts. Ihre Knöchel schmerzten. Leicht keuchend lehnte sie sich an die Haustür – und quietschte erschrocken auf, als sie plötzlich den Halt verlor. Sie stolperte nach hinten wäre wahrscheinlich böse gestürzt – wenn sie nicht mit Tsubasa zusammengeprallt wäre, der die Tür geöffnet hatte und sie jetzt verdutzt anblickte.

„Sanae? Was machst d.....“

Weiter kam er nicht. Sanae wirbelte herum und fiel ihm kurzerhand um den Hals, so dass er für kurze Zeit um sein Gleichgewicht kämpfen müsste.

„Wa...?! Sanae?“

Sanae reagierte nicht. Sie klammerte sich fest an ihn und vergrub das Gesicht in seiner Schulter. Am liebsten hätte sie vor Erleichterung wieder zu weinen begonnen. Nach ein paar Sekunden spürte sie, dass Tsubasa ebenfalls die Arme um sie legte.

„Ist alles in Ordnung?“

Sanae brachte ein schwaches Nicken zustande. Ein paar Sekunden lang rührte sie sich nicht – dann wurde ihr plötzlich bewußt, was sie hier tat. Abrupt löste sie sich aus Tsubasas Umarmung und wurde rot.

„Entschuldige.“

„Schon gut.“ Tsubasa musterte sie aufmerksam und leicht besorgt. „Sicher ,das alles in Ordnung ist?“

„Ja....ich.....“ Sanae brach ab. Wie sollte sie ihre Angst erklären? Tsubasa würde sie auslachen.

„Willst du erst mal reinkommen?“

Sanae zuckte bei dieser Frage leicht zusammen, dann nickte sie jedoch erleichtert. Sie betrat das Haus, und Tsubasa schloss die Tür hinter ihr.

„Ich...es tut mir wirklich....“

Tsubasa schnitt ihr nur mit einem Kopfschütteln das Wort ab. „Später, das hat Zeit. Du kannst schon mal hochgehen in mein Zimmer, ich komme gleich nach.“

„Ja...in Ordnung.“

Sie stieg die Treppe nach oben, und Tsubasa blickte ihr kurz hinterher, dann ging er in die Küche und setzte Teewasser auf. So ganz verstand er immer noch nicht, was hier eigentlich vorging. Sanae hatte ihn mit ihrer Klopf- und Klingelaktion buchstäblich aus dem Bett geschmissen. Er war aus dem Schlaf hochgeschreckt und wäre beinahe unsanft auf dem Boden gelandet. Dann hatte es noch einei Sekunden gedauert, bis er begriff, wer da vor dem Haus stand und es anscheinend darauf anlegte, entweder die ganze Nachbarschaft wach zu brüllen oder die Tür einzuschlagen. Aufstehen und sich schnell etwas überzuziehen, hatte erneut kurze Zeit in Anspruch genommen – und dann kippte Sanae auch noch buchstäblich in seine Arme. Der Morgen fing wirklich sehr verworren an. Hoffentlich hatte sie sich wieder etwas beruhigt und gefaßt, wenn er zu ihr nach oben kam. Tsubasa hatte ihr an der Nasenspitze ansehen können, wie unangenehm ihr die Situation war – mit der Grund, warum er ihr die Gelegenheit hatte geben wollen, sich alleine wieder ein bisschen zu sammeln.

Als der Tee wenige Minuten später fertig war und Tsubasa mit zwei dampfenden Tassen in der Hand sein Zimmer betrat, stand Sanae vor dem Schreibtisch und starrte die Wand darüber an.

„Die Landkarte.“, meinte sie leise, ohne den Blick von der Tapete abzuwenden. „Du hast die Brasilienkarte abgehängt....“

„Ja, und?“

„Aber....warum?“

„Kein besonderer Grund, sie hat mir einfach nicht mehr gefallen.“

Sanae wandte den Kopf und blickte ihn ungläubig an, so dass Tsubasa es vorzog, das Thema zu wechseln. Er hielt ihr eine der beiden Tassen hin.

„Hier. Alles wieder in Ordnung?“

Sanae wurde wieder leicht verlegen und nahm ihm den Tee ab. „Danke. Und noch mal sorry wegen der Szene eben – habe ich dich geweckt?“

„Ja, aber das ist nicht schlimm.“

„Dann.....dann geht’s dir wieder besser? Hast du schlafen können?“

„Einigermaßen.“ Tsubasa setzte sich auf sein Bett. „Die üblichen Unterbrechungen eben....“

„Schlimme Träume?“

„Bei dir wohl auch, oder?“

Sanae zuckte leicht zusammen, dann setzte sie sich neben ihn. „Ja....“ Sie zögerte kurz, dann gab sie sich einen Ruck. Immerhin war Tsubasa neulich auch offen ihr gegenüber gewesen. Also schilderte sie kurz, was sie geträumt hatte, auch wenn sie ihr Verhalten etwas – abschwächte. Als sie geendet hatte, blickte Tsubasa sie ungläubig an.

„Du hattest wirklich Angst, dass ich.....?“

Sanae starrte in ihre Tasse. „Im Nachhinein weiß ich selber, dass es dumm war – aber du warst die letzten Tage so anders, so......“ Sie brach ab. Was war das richtige Wort dafür? Traurig? Unglücklich? Zurückgezogen?

Tsubasa schwieg ein paar Sekunden. „Ich schätze, ich muss mich wieder mal bei dir entschuldigen.“, meinte er dann leise.

„Was? Wofür?“

„Für gestern. Ich wollte nicht....“ Er brach ab, als es an der Tür klingelte.

„Wartest du auf jemanden?“, wollte Sanae nach ein paar Sekunden Stille wissen. Tsubasa schüttelte den Kopf.

„Nein, keine Ahnung wer das ist....“

Es klingelte wieder .Tsubasa seufzte, dann stellte er seine Tasse auf den Nachttisch. „Tut mir leid, ich bin gleich wieder da.“

Sanae nickte, und Tsubasa ging die Treppe nach unten. Als er die Tür öffnete, erstarrte er unwillkürlich.

„Kumi?!“

In der Tat stand Kumi vor der Türschwelle und blickte ihn ängstlich an. Sie sah sehr bleich aus, und ihre Wangen waren stark gerötet, anscheinend hatte sie sehr viel geweint in letzter Zeit.

„Hallo....“, meinte sie zaghaft.

Tsubasa starrte sie fassungslos an, dann wollte er ohne ein weiteres Wort die Tür wieder schließen, aber Kumi hatte mit so etwas anscheinend gerechnet. Sie stolperte vorwärts und ehe er sich versah, hing sie mehr oder weniger an seinem Arm und verhinderte so, dass er die Tür zuschlagen konnte.

„Nein, bitte!!! Ich kann verstehen, dass du sauer bist, und ich bleibe auch nicht lange.....nur ein paar Minuten.....“

Tsubasa riss sich von ihr los und wich ein paar Schritte von ihr zurück.

„Tsubasa?“ Sanae erschien am Treppenabsatz. Als sie Kumi entdeckte, erstarrte sie ebenfalls. Kumi dagegen schien sich nicht zu wundern, Sanae hier anzutreffen. Sie lächelte kläglich.

„Hallo, Sanae.“

„Was willst du hier?“, wollte Tsubasa wissen. Bei seinem Tonfall zuckte Kumi zusammen, und sie fuhr sich noch einmal mit dem Ärmel über die Augen, bevor sie tief Luft holte.

„Ich.....Kojiro hat Kenji gestern zur Polizei gebracht, aber er hat nicht gesagt, dass ich .... Kenji natürlich schon, aber ihm glaubt keiner im Augenblick.....“

„Was willst du hier?!“, wurde sie erneut von Tsubasa unterbrochen.

Kumi schluckte. „Ich....mich entschuldigen...“ Sie holte erneut tief Luft. „Ich wollte nicht, dass so etwas passiert.....wirklich nicht. Ich hatte nur Angst....ich habe gesehen, wie oft du mit Sanae zusammen warst, und ich..... Kenji muss mich beobachtet haben, und er hat mir versprochen, dass dir nichts passiert. Sobald das Spiel vorbei war, wollte er dass ich zu dir nach Hause komme und dich zufällig finde....aber als ich das Foto gesehen habe....“ Mittlerweile kullerten neue Tränen über Kumis Wangen, und sie wischte sie erneut mit dem Ärmel ab. „Ich wollte nicht, dass du verletzt wirst, das musst du mir glauben, Tsubasa! Ich bin dann früher hin, weil ich dir helfen wollte...ich habe gewußt, dass Kenji sich das Spiel ansehen will, und darum bin ich zu deinem Haus..... Bitte, Tsubasa, du musst mir glauben, ich wollte nicht dass dir was passiert!! Er hat nicht gesagt, dass er dich niederschlagen will....“ Sie begann zu schluchzen. „Es tut mir so leid....“

Tsubasa sagte nichts, er blickte sie nur stumm an. Sanae war langsam die Treppe nach unten gekommen und stand jetzt direkt hinter ihm. Unbewußt griff sie wieder nach seiner Hand.

„Meine Eltern nehmen mich von der Schule.“; meinte Kumi, als sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte. „Ich habe ihnen gestern alles erzählt.....wir ziehen in den nächsten Wochen um. Ich wollte....ich wollte mich noch verabschieden.“ Sie blickte zu Sanae hinüber und brachte ein klägliches Lächeln zustande. Dann wirbelte sie auf dem Absatz herum und rannte davon. Tsubasa starrte ihr ein paar Sekunden hinterher, dann schloss er langsam die Haustür, bevor er an Sanae vorbei zurück in sein Zimmer ging. Als Sanae ihm nach kurzem Zögern folgte, saß er wieder auf dem Bett und starrte vor sich auf den Boden. Sie setzte sich neben ihn, und kurze Zeit schwiegen beide.

„Ich glaube, sie hat die Entschuldigung wirklich ernst gemeint.“, meinte Sanae schließlich leise.

Tsubasa nickte nur, sagte aber nichts.

„Warum....warum hast du die Landkarte abgehängt?“

„Ist das so wichtig?“

„Ja.“

Tsubasa seufzte, dann fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. „Ich....als ich im Keller eingesperrt war......“ Er stockte, redete dann aber weiter. „Ich weiß nicht, ob ich noch nach Brasilien will.“

Sanae starrte ihn an. „Was....? Warum? Ich dachte, das....“

„Ja, ich dachte auch.“ Tsubasa lächelte bitter. „Aber ich hatte da unten ja jede Menge Zeit zum Nachdenken.“ Er stand auf und ging zum Fenster hinüber. „Seit dem Unfall früher habe ich mich nur noch mit dem Fußball beschäftigt. Meine Mutter hat es mir nicht verboten, aber sie hat versucht, mir bewußt zu machen, dass es auch noch andere Kinder gibt. Sie hat mich ständig rausgeschickt, damit ich mit den anderen spiele, aber das hat nichts genützt. Weil ich mich eben am meisten für Fußball interessiert habe, konnten die anderen nichts mit mir anfangen, und weil sie nichts mit mir anfangen konnten, habe ich mich noch mehr mit Fußball beschäftigt. Es war ein Teufelskreis, sozusagen.....“ Tsubasa lächelte traurig. „Und als meine Mutter erkannt hat, dass es so nicht funktioniert, hat sie meinen Vater zu dem Umzug hierher überredet, damit ich wenigstens über den Fußball Kontakt finde.“

Sanae blickte ihn mit großen Augen an. Nur zu gut erinnerte sie sich an den Tag, an dem Tsubasa in Nankatsu angekommen war. Nicht eine Sekunde lang hatte sie seitdem daran gedacht, dass er bis zu diesem Zeitpunkt sehr einsam gewesen sein musste. Ein Fußball war kein sehr gesprächiger Freund.....und auch kein guter Ersatz. Aber Tsubasa hatte damals so unbeschwert gewirkt......Unwillkürlich erinnerte sie sich, wie er ihr neulich erzählt hatte, dass er nachts wach geworden war und sich eingebildet hatte, dass sein Vater nach Hause gekommen war.

„Ich habe es bisher immer so gesehen, dass mir der Ball damals das Leben gerettet hat, aber jetzt.....er war schuld daran, dass ich fast unter ein Auto geraten wäre, und die Geschichte hier habe ich ihm auch zu verdanken. Auch wenn er es jedes Mal irgendwie wieder gut gemacht hat.....“

„Wieder gut gemacht?“, meinte Sanae irritiert.

Tsubasa lächelte schwach. „Na ja.....seinetwegen bin ich auf die Straße gelaufen, aber er hat dafür gesorgt, dass mir nichts passiert. Seinetwegen habe ich mich von den anderen Kindern isoliert, und seinetwegen habe ich hier die besten Freunde gefunden, die man sich vorstellen kann. Und seinetwegen....“ Er stockte. „Seinetwegen kann ich jetzt nicht mehr richtig schlafen, aber dafür hat er vielleicht verhindert, dass ich mich schon wieder isoliere.... Ich glaube, er hat mich wachgerüttelt...“

Sanae stand auf. „Du.....du hast Angst, dass du in Brasilien wieder alleine bist?“, meinte sie leise.

Tsubasa antwortete nicht sofort. „Vielleicht war es doch richtig, dass Roberto mich damals nicht mit genommen hat....er wird schließlich seine Gründe gehabt haben. Vielleicht hat er gewußt, dass ich besser hier bleiben sollte.....“

Sanae traute ihren Ohren kaum. „Darum....darum bist du dem Fußball aus dem Weg gegangen, oder?“

„Aus dem Weg gegangen?“ Tsubasa lächelte schwach. „Hat das so gewirkt? Dann wird es wohl stimmen."

Sanae antwortete nicht, statt dessen stand sie auf und nahm ihn ohne ein weiteres Wort in den Arm. Tsubasa erwiderte die Geste nach ein paar Sekunden.

„Willst du aufhören?“, fragte Sanae schließlich.

„Nein.....ich weiß nicht, was ich will, aber ich will nicht aufhören, und ich will nicht, dass es so weitergeht wie früher.“

Sanae spürte, wie sich sein Griff um sie etwas verstärkte.

„Und ich will nicht nur wegen meinen Freunden nicht weg.....“

Ein leichtes Lächeln glitt über Sanaes Gesicht. „Ich weiß.“

„Das mit gestern tut mir leid.“

„Was tut dir leid?“

„Dass ich dir schon wieder Angst gemacht habe.....“

„Vergiß es einfach. Aber tu mir einen Gefallen, ja?“

„Welchen?“

„Lass dir Zeit mit der Entscheidung. Ich will nicht, dass du es später bereust....“ Sie hob den Kopf. „Versprichst du's?“

Tsubasa nickte. Sanae lächelte erleichtert, und ohne darüber nachzudenken küsste sie ihn sanft auf den Mund. Im ersten Moment war er völlig perplex, aber dann kam er ihr entgegen, und die nächsten paar Sekunden schien die Zeit still zu stehen......bis es erneut an der Tür klingelte. Erschrocken fuhren sie auseinander.

„Meine Güte, was ist denn heute morgen los?!“

Wer auch immer vor der Tür stand, war anscheinend sehr ungeduldig und klingelte wieder und wieder.

Sanae lächelte. „Wer auch immer, er hat es eilig.“

„Ja, ich merks....“ Tsubasa seufzte und verließ das Zimmer, um zu öffnen. Sanae stützte sich an der Fensterbank ab und blickte nach draußen. Das Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals..... Von unten war ein Aufschrei zu hören.

„Tsubasa!!! Gott sei Dank, ich hab mir solche Sorgen gemacht!!“

„Mama...?! Ich dachte....uff!! Lass mich los, du erdrückst mich ja!!“

Sanae wurde neugierig. Sie trat auf den Gang. Wie erwartet stand Tsubasa mit seinen Eltern an der Haustür und war im Moment damit beschäftigt, sich aus einer Umarmung seiner Mutter zu befreien, was augenscheinlich nicht ganz einfach war. Sie hielt ihn fest umklammert und weinte vor Erleichterung. Tsubasas Vater wirkte nach außen hin ruhiger, aber auch ihm war deutlich anzusehen, wie froh er war, seinen Sohn gesund und munter vor sich zu haben.

„Geht's dir gut?“, wollte Frau Ozora immer noch unter Tränen wissen und löste sich etwas von ihm, so dass sie ihn besser ansehen konnte. Ihr Blick blieb an dem Pflaster an seiner Schläfe hängen. „Ist alles in Ordnung?“

„Ja, keine Sorge.....“

„Wir haben doch noch einen früheren Flug bekommen und haben uns beeilt, um hier zu sein.“, mischte sich Herr Ozora ein. „Leider hatten wir da keine Möglichkeit mehr, dir Bescheid zu sagen....“

„Ich bin so froh, dass dir nichts schlimmeres passiert ist.“ Seine Mutter umarmte ihn erneut, und Tsubasa schnappte unwillkürlich nach Luft.

„Aua!!! Mama, du tust mir weh......“

„Entschuldige.“ Sie lockerte ihren Griff wieder etwas, und Sanae musste lächeln, während sie sich an die Wand lehnte und die Szene betrachtete. Mit einem Mal fühlte sie sich völlig entspannt. Vielleicht gab es ja doch noch einen Weg zurück in den Alltag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2010-08-07T19:39:18+00:00 07.08.2010 21:39
Super Geschichte!! Endlich mal eine Story die wirklich alle Elemente dabei hat: Liebe, Angst, Gewalt, ...kurz eben ein Spiegel der menschlichen Emotionen. Ich hoffe noch mehr von dir zu lesen, auch wenn dies hier schon etwas zurück liegt (sorry für den späten Kommentar).
Mach weiter so :)
Von: abgemeldet
2009-04-29T13:32:37+00:00 29.04.2009 15:32
Ha.. endlich hatte ich mal zwiet die ganze gschichte zu lesen... wirklich klasse, freu mich schon auf die Fortsetzung (wenn ich mal wieder etwas zeit habe)

LG Desert

PS: ich habe Kumi noch nie getraut ;-)
Von: abgemeldet
2008-03-06T11:43:46+00:00 06.03.2008 12:43
Verdammt, ich hab es wirklich vergessen, das war aber keien absicht wirklich nicht^^

Sanae ist aber auch eine kleine Dramaqueen, das sie gleich das schlimmste vermutet, aber lieber Vorsicht, als sich hinterher Vorwürfe machen zu müssen.

das tsubasa das erlebte psychisch mitgenommen hat, bleib ja nicht aus, aber das die sache ihm so zum grübeln gebrahct hat, das er gleich seinen Traum Brasilien anhc hinten gedrängt hat, amhct einen afssungslos, da spürt man wie sehr tsubasa gelitten hat und noch immer leidet.

Aber alle achtung das Kumi es tatsächlich wage bei subasa auf der türschwelle zu stehen, da kann man sie glatt für ihren Mut scon bewundern. Aber egal aus welchen Gründen das war unverzeihlich was sie angestellt hat.

Tsubasa wird denke ich mir nun immer ebsondere angst haben allein zu sein, das bleibt wohl nicht aus (deswegen sollte sanae auch unbedingt bei Brüder an siener seite sein, Tsubasa hat aus dieser sache hier nun einmal einen Schaden für die Zukunft davon getragen)

der Schluss und der kuss, sowie die Begrüßung war sehr schön beschrieben (Auch wenn das date nun doch niht wirklich zustade gekommen istXD), richtig süß und seine Zukunft bleibt nach wie vor offen. Eine super Geschichte, wirklich Klasse, hab vielen Dank dafür, ich freue mich schon bei deiner nächsten weiter lesen zu können.

Lg^^

PS: und es war wie immer süchtigmachendXD

Lg^^
Von: abgemeldet
2008-01-24T21:21:10+00:00 24.01.2008 22:21
Boah geil das Ende is der Hammer ;) hast du echt toll geschreiben, der Alptraum war - Wahnsinn, war voll traurig...
aber könnte es nicht doch noch ein winzig kleines Kapitelchen geben???????? *hundeblick aufsetz* die zwei müssen doch noch so richtig glücklich in den Alltag wiederkehren!!!!!!! ^^v
son kleines epilögchen??? Bitte!

LG Nina
Von: abgemeldet
2008-01-22T05:29:53+00:00 22.01.2008 06:29
Ohhh wie schön war das kap denn jetzt voll sweet
wie sanae sich sorgemn gemahct hat ;)
aber das kann nicht das letzte kap sein schrieb noch EINS bitte
aber die eltern echt der hammer stören im ungünstigsten zeitpunkt den es geben kann tzzzz
eltern halt
ich fand das kap aber super toll
hoffe du schriebst bald wieder so eine schöne ff über das pairing oder sogar ne fortsetzung
GLG
alyssa16
Von:  Kamikaze_Socke_Ushi
2008-01-20T19:33:32+00:00 20.01.2008 20:33
OMG! War das schöööööön TT///TT
Wo der Traum kam, hab ich erst einen riesen Schrecken bekommen! Hab mir nur gedacht:,, OMG! Sie wird ihn doch nich verrecken lassen?!"
Aba dann ist Sanae ja aufgewacht ~________~
Tsubasa war nich inna Schule. Sanae rennt los und schon wieda kommt die gleiche Textstelle! O_O
Alta du spielst mit meinen Nerven! >.<
Tsubi öffnet aba dann, zu meiner Erleichterung, die Tür und sie fallen sich in die Arme! x3
(Hat sich jetzt so angehört, als wenns mit Absicht war ô.ô Egal! xD~)
Und Tsubi hat auch noch die Landkarte abgehangen ó.ò
Das war so traurig, wo er Sanae erzählt hat, dass er keine Freunde hatte und dass er Angst hat nach Brasilien zu gehen Q.Q
Grrr...dann kommt auch noch diese plöde, plöde Kumi! D=< *Kumi kicks*
Die kann sich so oft se will entschuldigen, die is trotzdem scheiße! >O</
Isch fand des lustig, wo sie gesagt hat, dass sie umzieht xD~
Und dann kam das beste überhaupt! >_______<
Erst umarmen sie sich und dann...dann küssen sie sich >///////<
Jaaaa!! Zum zweiten Mal! x3
Die sind ja so süß zusammen =3
Aba dann musste ja unbedingt die Zweisamkeit mal wieda unterbrochen werden ~.~'
Diese plöden Eltern die... ~o~

Nyo, des war eine ganz, ganz tolle FF! =^.^=
Würd mich wirklich freun, wenns ne Fortsetzung geben wird ^-^
GLG Socke =3


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