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Wie früher... [beendet am 6.11. ^^]

von

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Die Welt kann manchmal grausam sein. Nicht, dass ich das nicht schon lange gewusst hätte, aber manche Tage machen es einem dann doch immer richtig deutlich. Erst standen wir stundenlang im Stau, Toshiya und du quengelten aus Hunger die ganze Zeit, Kao begann irgendwann hysterisch herum zu telefonieren, als klar wurde, dass wir es bis zum Soundcheck unmöglich schaffen würden. Als wir endlich an der Halle ankamen, stellte sich heraus, dass einer der LKWs mit den Instrumenten und einem Großteil der Kabel einen Auffahrunfall hatte und somit erst kurz nach uns ankommen würde. Der Catering war mies und du und Toshiya deswegen umso schlechter gelaunt.
 

Jetzt sitze ich mitten im Zuschauerraum wo in nicht einmal einer Stunde die ersten Fans stehen werden und beobachte aus einiger Entfernung, wie du und Kao euch noch einmal einspielt. Wir haben kaum einen Song während des verkürzten Soundchecks gespielt. Es muss so klappen.
 

Ich liebe es dir dabei zuzusehen, wenn du spielst. Du bist dann immer so konzentrierst, siehst nichts anderes als deine Gitarre und deine Finger die sich auf ihr bewegen und ihr die schönsten Töne entlocken. Niemand spielt Gitarre so wie du, niemand sieht dabei so entrückt aus, als würde er nicht einmal mehr an diese Welt gebunden sein. Nein, du befindest dich schon in deiner eigenen Welt. Woran du wohl gerade denkst? Wie ich dich kenne, gibt es darauf nur eine Antwort...
 

Der Gedanke entlockt mir ein bitteres Lächeln. Wird es wohl immer so bleiben?
 

Kurz bevor das Konzert beginnt, wage ich einen Blick über die Bühne ins Publikum. Es sind so unendlich viele, sie alle nur hier um uns zu sehen, unsere Musik zu hören. So anders ist dieser Anblick doch, als der, den wir früher hatten, in kleinen, dreckigen Clubs, mit winziger Bühne, auf der man sich kaum bewegen konnte und immer aufpassen musste nicht gegeneinander zu laufen. Die stickige Luft, die Hitze, der Gestank nach Alkohol und Rauch... es ist diese Umgebung wo alles ihren Anfang hatte. Wie war es damals? Waren wir damals schon die selben Menschen wie heute? Haben wir ebenso gefühlt wie jetzt? Hast du mich damals schon geliebt? Hatte ich damals schon solch verwirrende Gedanken? Wo ständen wir heute, wenn wir damals nicht weitergemacht hätten, nachdem Kisaki ging? Kisaki...
 

Es ist sicherlich müßig darüber nachzudenken. Mein Leben ist das, was es ist. Jede Entscheidung, die ich getroffen habe, traf ich aus Überzeugung und versuche sie nicht zu bereuhen. Auch wenn es manchmal schwer fällt.
 

Die Hektik hinter der Bühne hat etwas beruhigendes, vermittelt mir eine ungemeine Sicherheit. So viele Leute bemühen sich darum, dass alles glatt geht, keine Katastrophen passieren und die Fans ihren Spaß bei dem Konzert haben. Ich bin nicht alleine. Es kann nichts passieren. Trotzdem halte ich immer wieder Ausschau nach dir, habe plötzlich Angst dich zu verlieren, obwohl es dafür keinen Grund gibt. Und warum diese Angst? Sie war nie zuvor da. Nicht bei dir und auch bei niemand anderem. Verlustängste... auf einmal weiß ich, was dieses Wort bedeutet.
 

Trotz aller Pannen und Katastrophen läuft das Konzert selbst perfekt. Keiner verspielt sich, die Stimmung ist unglaublich. Es ist der beste Start einer Tour den man haben kann, aber aus meinem Loch holt selbst er mich nicht mehr raus. Ich schwitze so sehr, dass der Verband um meinen Arm anfängt zu jucken und sich immer wieder lockert. Dem Publikum scheint nichts aufzufallen, sie alle sehen dahinter wohl nur ein neues Modeassecoir, doch ich spüre Kaorus Blicke auf mir, Shinyas während der Pause vor der Zugabe, nur Toshiya scheint nichts zu bemerken, er ist zu sehr im Rausch, lässt sich wie immer so sehr mitreißen, dass er nichts um sich herum sieht. Du sagst nichts, weißt, dass es mir nur wehtun würde. Ich weiß auch so, dass du verabscheust, was ich tue und deine Blicke wären genug um es mir wieder und wieder deutlich zu machen.
 

Nach der Show, als alle anderen noch den erfolgreichen Tourauftakt feiern gehen, setze ich mich möglichst unauffällig ab und verschwinde in Richtung Hotel. Es ist nicht weit von der Halle entfernt und der kurze Spaziergang durch die eisige Nachtluft tut mir nach der Hitze von zuvor unendlich gut. Mein Arm fühlt sich ein wenig taub an, durch den Verband kann ich sehen, dass die Wunde wieder geblutet hat. Gerade will ich nichts lieber, als meiner Haut eine weitere Narbe hinzuzufügen. Doch, eine Sache will ich lieber als das: dass du mir diese Schmerzen zufügst, endlich tust, was ich die ganze Zeit erwartet, aber auch ein wenig gefürchtet hatte. Du konntest es schon einmal, wieso jetzt nicht mehr? Tust du es, bestätigst du mich endlich in meinem Wissen, dass die Liebe nur Schmerzen bringt, und alles ist wieder in Ordnung. Ich hasse es, nicht Recht zu haben. Wenn ich dir wieder den Rücken zukehre, dich zur Verzweiflung bringe, wirst du es dann tun?
 

Vom Bürgersteig aus beobachte ich den weitläuftigen Eingang des Hotels. Alle paar Minuten fahren Autos vor, Leute steigen ein oder aus, ein Page trägt Koffer und Taschen hinein, das Innere ist warm erleuchtet. Ich weiß nicht, wie lange ich so in der Kälte herumstehe, den Blick starr geradeaus gerichtet, aber irgendwann schaffe ich es, mich wieder in Bewegung zu setzen und hinein zu gehen. Wieder einmal allein, warum bist du nicht hier, warum bin ich nicht bei euch geblieben? Die Vorstellung jetzt allein in meinem viel zu großen Zimmer zu sitzen, zu warten bis der Schlaf mich einholt, nichts zu tun, macht mich krank. Besser wäre es wohl, mir ordentlich die Kante zu geben, um morgen mit einem kräftigen Kater auf der Bühne zu stehen, aber alleine in die Bar zu gehen dafür fehlt mir die Lust und der Mut. Am Ende erkennt mich noch jemand. Dafür habe ich überhaupt keinen Nerv. Also verschwinde ich auf mein Zimmer. Es liegt direkt gegenüber von deinem, fast ganz oben in dem hohen Gebäude. Die Tür öffnet sich mit einem leisen Biepen, als ich die Schlüsselkarte durch den vorgesehen Spalt ziehe, das Licht geht automatisch an. Es ist viel zu hell und taucht den vor mir liegenden Raum in einen fast klinischen Schein. Ich mag Krankenhäuser und Ärzte nicht, deshalb kommt mir auch dieses Zimmer ungemütlich und nahezu bedrohlich vor. So schnell wie möglich durchquere ich es, schalte die Nachttischlampe an und die große Beleuchtung aus. Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir nur tiefschwarze Nacht, es ist ganz anders als zu Hause. Das Hotel steht am Rande der Stadt, in der Nähe des Strandes in dessen Richtung mein Zimmer geht. Nichts gegen Strand und Meer, aber die Stadt ist mir lieber, dort ist alles anonymer, man kann im Strmo der Menschenmassen verschwinden und doch alleine bleiben. Es ist keine Wahl die es zu treffen gilt, man wird unweigerlich einsam.
 

Mein vom Konzert viel zu hoher Adrenalinspiegel sinkt langsam wieder und lässt mich meine Müdigkeit und die schlaffen Glieder spüren. Am liebsten würde ich mich sofort ins Bett legen, doch in der Dunkelheit und Stille werden meine Gedanken wieder umherirren und eine kleine Stimme in meinem Hinterkopf flüstern: Tu es, tu es, tu... Eine heiße Dusche wird vielleicht wenigstens meine Muskeln sich wieder etwas entspannen lassen und meine Nerven sich beruhigen. Die Entscheidung ist getroffen. Du willst es ja nicht anders!
 


 

Liebesentzug. Dieses Wort enfaltet erst in den folgenden Tagen seine volle Bedeutung vor mir. Wenn ich schon denke darunter zu leider, was musst du dann erst fühlen? Es fällt mir schwer dich zu ignorieren. Es sind Kleinigkeiten, die ich mir nun selbst verbiete. Das Teilen einer Zigarette, den Kopf während einer Fahrt auf deine Schulter zu lehnen, deine wie willkürlich scheinenden Berührungen. Selbst während eines Gespräches muss ich mich immer wieder daran erinnern mich wie früher zu verhalten. Und das alles allein weil ich zu feige bin es dir ins Gesicht zu sagen. Wie widerwärtig kann ein Mensch sein?

Bin ich überhaupt noch ein Mensch?
 

Manchmal fühle ich mich nicht mehr so. Jede Nacht, wenn ich von Tag zu Tag müder und erschöpfter nach einem Konzert in mein Hotelbett falle, beginnt die Prozedur von neuem, die Prozedur die mir beweisen soll, dass ich noch ein Mensch bin. Aber beweist die Tatsache, dass ich körperliche Schmerzen spüren und Blut aus meinem Körper fließen sehe, überhaupt etwas? Die Antwort lautet nein, doch ich verbiete mir es mir einzugestehen und mache unverändert weiter.
 

Natürlich bist du nicht der einzige, der die Veränderung in mir bemerkt. Vielleicht haben sich die anderen einfach zu sehr an diesen vergleichsweise gut gelaunten Kyo gewöhnt, wer weiß. In Tageszeitschriften der Städte in denen wir Auftreten, erscheinen am Morgen nach einem Konzert immer erschreckende Bilder und Berichte über meinen angeblich furchtbaren psychischen Gesundheitszustand. Kaoru und Shinya versuchen immer wieder mit mir über meine Selbstverletzungen zu sprechen. Ich habe längst aufgegeben es zu verstecken. Schließlich besteht die Hoffnung, dass es einer weiterer Faktor ist, der dich letztlich zu einer Reaktion provoziert.
 

Es passiert schließlich am Abend vor unserem letzten Konzert dieser Tour in Osaka. Die Stadt, in der wir uns vor so vielen Jahren kennen gelernt haben. Es scheint mir, als seien alle Bands von denen ich jemals ein Teil war, mit denen ich hier gespielt habe, bedeutungslos gegenüber dieser einen. Was hat Dir en grey, was die anderen nicht hatten? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass ich es mir in einer kleinen Bar gemütlich gemacht habe, eine Flasche Bier vor mir auf dem Tresen, unauffällig in der Ecke sitzend, sodass ich den ganzen Raum im Blick habe. Den ganzen Abend schon beobachte ich Menschen herein und wieder hinaus gehen, ihre Gesichter sehen alle gleich aus, alles die selbe Art von Leuten. Doch ein Gesicht ist nicht wie die anderen. Dieses Gesicht ist sanft und rein und wunderschön, die Haut so blass, dass sie wirkt wie Porzellan, nur ein leicht rosiger Schimmer auf den Wangen, der Geschichten von der Kälte dort draußen erzählt. Die Augen sind verdeckt von schwarz-rotem Haar, dessen Anblick ich mein ganzes Leben nicht vergessen werde, in das ich mein eigenes Gesicht vergraben möchte, seinen Geruch einatmen, seine Weichheit spüren.
 

Du hast die Hände in den Hosentaschen versenkt und siehst zu Boden, während du langsam auf mich zu kommst. Man könnte beinahe meinen, du würdest dich nur aus Jux und Tollerei neben mich setzen, mich im Grunde erst bemerken, als du endlich aufsiehst, doch ich weiß es besser. Wir schweigen uns an. Du bestellst das gleiche wie ich, danach sagst du für lange Zeit nichts mehr. Wozu bist du hier, wenn du ohnehin nichts zu sagen hast?
 

“Habe ich etwas falsch gemacht, Tooru?”, fragst du endlich, weiter fixiert auf deine fast leere Flasche. Die Müdigkeit macht mir mal wieder zu schaffen, aber ich unterdrücke sie. “Seit dem Beginn der Tour redest du kaum noch mit mir, du ziehst dich von uns allen zurück und abends, wenn ich denke wir könnten endlich etwas Zeit alleine verbringen, ist deine Tür verschlossen und du reagierst auf nichts mehr. Dabei weiß ich, dass du nicht schläfst, sondern...” An dieser Stelle brichst du ab, als hättest du bereits zu viel gesagt, doch natürlich kann ich mir denken, was nun unausgesprochen bleibt.
 

Was nun? Einerseits spüre ich, dass ich meinem Ziel mit jeder verstrichenen Minute ein Stückchen näher komme, doch auf eine unheimliche Art und Weise entferne ich mich damit von etwas ganz anderem. Ich kann nicht genau sagen, was es ist. Nur, dass es dir wehtut.
 

“Was soll's...” Meine Stimme gehorcht mir nicht mehr, vielleicht habe ich schon zu viel getrunken. Wenn schon meine Stimme nicht mehr mit macht, was werden dann erst meine Glieder tun, wenn ich versuche aufzustehen? Allein bei dem Gedanken wird mir schwindelig und so lasse ich es vorerst mir darüber den Kopf zu zerbrechen.

“Du hast sie doch nicht mehr alle, Tooru!”, zischst du wütend und greifst nach meinem rechten Arm, auf den ich gerade noch meinen Kopf gestützt hatte, der daraufhin beinahe auf die Tischplatte knallt. Danke, Daisuke, ich wollte schon immer mal eine Platzwunde über die sich ganz Japan morgen scheckig lachen wird! “Was ist nur mit dir passiert?”
 

“Ni~ichts...” Verdammt, jetzt fang ich sogar richtig an zu lallen. Wie weit ist es schon mit mir gekommen...

Dir scheint der Kragen zu platzen, denn plötzlich stehst du auf, so schnell, dass mir schwindelig wird, als ich versuche dir mit den Augen zu folgen, wirfst einige Scheine auf den Tresen und ziehst mich erbarmungslos hinter dir her. Womit habe ich das nur verdient? Wo ist mein Bett? Ich will nicht mehr!
 

Einige Meter weiter meint es wohl jemand gut mit mir, denn die Ampel ist rot und du bleibst stehen. Alles dreht sich, mir fallen fast schon die Augen zu. Nie habe ich mir sehnlicher ein Bett gewünscht, aber da leider keines da ist und du der einzige brauchbare Ersatz zu sein scheinst, kuschele ich mich in deine Arme, darauf vertrauend, dass du mich festhalten wirst, wenn ich wirklich einschlafe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  KyOs_DiE
2008-06-28T15:17:41+00:00 28.06.2008 17:17
uh >< Kyo is irgendwie total gemein find ich ><
*weiterlesen geht*
Von:  -aftermath-
2007-08-22T19:53:49+00:00 22.08.2007 21:53
awww~
das ist so toll
*__*
*quiek*
aber was kyo damit dem armen dai macht ist echt mies><
Von:  Kyo-chi
2007-08-18T11:30:24+00:00 18.08.2007 13:30
Weiter weiter weiter!!! >.<
*mehr lesen will*

Es ist sooo toll!
Bitte schnell ein neues Kapitel >///<
Von:  Touma
2007-08-17T19:53:27+00:00 17.08.2007 21:53
mau~
das kapi ist toll~
die tuts mir leid, was kyo macht ist nicht
gerade nett... ich bin mal auf die diskussion
gespannt ^^"

schreib schnell weiter x3

greetz
kurishi


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