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Wie früher... [beendet am 6.11. ^^]

von

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Es ist noch dunkel draußen, als ich am vereinbarten Treffpunkt ankomme. Der Fußmarsch hat gut getan, die Tasche zog ich auf den kleinen Rollen hinter mir her. Sie haben nicht einmal Krach gemacht, da der frisch gefallene Schnee das Geräusch auf dem Bürgersteig gedämpft hat. Wie immer ist Kaoru schon da, wie nicht anders zu erwarten, er steht vor einem der Tourbusse und unterhält sich mit dem Fahrer. Am Eingang zu dem Hof bleibe ich stehen und beobachte das Treiben. Crewmitglieder verladen Kisten hierhin und dorthin, andere stehen mit Klemmbrettern herum und scheinen wichtigste Dinge aufzuschreiben.
 

Etwas in mir wehrt sich plötzlich dagegen auch nur einen Schritt weiter zu tun. Mein eigenes Leben scheint mir fremd. Wer sind sie? Wer bist du? Was habe ich zu tun? Etwas stimmt nicht, aber ich kann mir nicht erklären was es ist. Soll ich weitergehen? Soll ich umkehren? Alles macht mir mit einem mal solche Angst. Ich weiß weder vor noch zurück, nicht wo links, nicht wo rechts ist. Was ist heute? Was kommt morgen? Wo bin ich?

Mir wird schwarz vor Augen und gleichzeitig habe ich wieder das Gefühl mich nur von weit entfernt zu beobachten. Irgendwann einmal habe ich gelesen, dass man einen solchen Zustand als Dissoziation bezeichnet. Ein Zustand, der für unbestimmte Zeit anhalten kann, in dem man kaum noch Kontrolle über das eigene Verhalten hat und der durch Selbstverletzung ausgelöst oder beendet werden kann. Vielleicht kann ich ihn beenden... vielleicht... aber ich darf es nicht, nicht jetzt und nicht hier.
 

Solange habe ich es verdrängt, bin geduldig gewesen, habe gewartet und manchmal nicht einmal mehr das Verlangen danach gehabt. Doch jetzt, da ich erst vor wenigen Stunden den Schmerz wieder gekostet habe, zieht mich das Gefühl wieder in seinen Bann, macht mich abhängig. Es ist, als wäre ich in ein tiefes Loch gefallen, rückwärts gegangen, fröhlich und ohne böse Absicht, und einfach hinein gefallen. Als hätte es sich auf einmal unter mir aufgetan. Warum hat es das getan? Du warst es, dein Anruf hat das Loch unter mir geöffnet und jetzt kommst du nicht um mich wieder heraus zu holen. Vielleicht will ich es auch garnicht. Vielleicht will ich in meinem kleinen, dunklen Loch sitzen und allein sein. Nichts hören und sehen, niemandem begegnen, niemandem Rechenschaft ablegen.
 

So ein kleines Ereignis kann meine ganze schützende Illusion zerstören. Ist das möglich? Wieso bin ich so schwach? Warum kann ich nicht so stark sein wie du und allen Problemen und Schwierigkeiten mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht begegnen, sei es nun echt oder nur aufgesetzt? Ihr alle seid so stark, nur ich bin so schwach und werde es umso mehr, je öfter ich nachgebe, je öfter ich das Verlangen nach diesem Schmerz selbst stille.
 

Ich zwinge mich dazu weiterzumachen, mir nichts anmerken zu lassen. Entschlossen verdränge ich das Gefühl der Entrücktheit, greife nach meiner Tasche und gehe festen Schrittes auf Kaoru zu. Nur ein Tag, nur einen Tag gilt es auszuhalten. Wenn ich ihn überstanden habe, kann ich heute Nacht im Hotel tun und lassen was ich will. Nur ein Tag...
 

In dem Minibus mit dem wir fahren, verziehe ich mich kurze Zeit später, als endlich alle versammelt sind sofort nach hinten. Kopf und Schulter an die Scheibe gelehnt beobachte ich weiter das Treiben. Es fängt wieder an zu schnein, was dich und Toshiya schon bald in den Bus treibt. Kaoru und Shinya sind mit unserem Manager beschäftigt und scheinen sich vom Wetter nicht im Geringsten beeinflussen zu lassen.
 

Du beschlagnahmst den Platz rechts von mir, Toshiya macht es sich auf dem Sitz vor uns breit und guckt sofort schief grinsend über die Rückenlehne zu uns. Gespannt beobachtet er, wie du dich vorlehnst um mich zu küssen. Doch mir steht gerade nicht der Sinn nach solchen Zärtlichkeiten, halte den Blick starr auf den Parkplatz gerichtet, sodass du dich mit einem dicken Schmatzer auf meine Wange begnügst.
 

Mein Arm, durch dein Bedrängnis zwischen der Wand und meinem Körper eingeklemmt, schmerzt ein wenig, doch lang nicht so stark wie ich es erwartet hatte. Es war ein kleienr Schock gewesen, als ich beim Aufstehen das ganze Ausmaß meines Ausbruchs bemerkt hatte. Nun ziert ein fester Verband meinenUnterarmudn ich hoffe, dass die Wunde während des Aufritts am Abend nicht aufbrechen wird. Am Ende kann ich nichts tun, als abzuwarten und hoffen. Ein wenig Versorgung könnte nicht schaden, doch bisher hat es auch so immer geklappt. Es wird schon werden...
 

Als wir erst ein paar Minuten unterwegs sind, schmust du dich wie ein kleiner Kater an mich. Den Kopf auf meine Schulter gelehnt und ein wenig zusammengerollt, eingekuschelt in deine dicke Daunenjacke, höre ich deinen Atem, spüre dein weiches Haar an meiner Haut. Unbewusst habe ich begonnen deine Hand zu streicheln, als du die meine besitzergreifend an dich gezogen hast. Ich sehe weiter nach draußen, beobachte wie der Verkehr vorbeirauscht, wie von Viertel zu Viertel fahren um endlich auf die Autobahn zu gelangen, wo wenigstens das andauernde Bremsen und Anfahren ein Ende hat. Auf Toshiyas Drängen hin schiebt der Fahrer eine CD in die eingebaute Anlage und schon schallt lautstark Linkin Park's “I'm about to break” aus den Lautsprechern. Shinya hat sich in eine Zeitschrift vergraben und bemerkt nicht einmal die Blicke die der Bassist ihm zuwirft, während Kaoru es dir gleichtut und die Augen schließt.
 

Es ist kalt hier, aber wo ist es das nicht. Der Wagen stand sicherlich die ganze Nacht draußen und wird dort reichlich Kälte getankt haben. Es ist schon ein Wunder, wenn wir bei diesem Chaos auf den Straßen nicht irgendwo im Verkehr stecken bleiben. Als ob wir das nicht erst gestern hatten...
 

“I cannot take this anymore, I'm saying everything I've said before, All these words they make no sense...” Am liebsten würde ich die Stimme des Sängers ausschalten. Oder die CD aus dem Fenster schmeißen. Doch davon abgesehen, dass dein Gewicht mich geradzu auf meinen Platz fesselt, würde Toshiya mir mit Sicherheit an die Gurgel gehen. So versuche ich die Worte einfach aus meinem Bewusstsein zu blenden, konzentriere mich auf das Muster im Stoff des Sitzes vor mir. Lauter kleine Punkte und ich versuche sie zu zählen, doch das Auto wackelt so sehr, dass ich immer wieder in der Reihe verrutsche.
 

“Everything you say to me, Takes me one step closer to the edge, And I'm about to break!” Wieso kann dieser Kerl nicht endlich seinen Mund halten, oder die CD kaputt gehen, oder die Anlage den Geist aufgeben? Jedoch, wenn ich etwas sage, wäre das umso auffälliger. Ich muss mich einfach auf andere Gedanken bringen.

“Alles okay, Kyo?” Du beginnst dich zu rühren, blickst zu mir auf. Am liebsten würde ich jetzt für immer in diesen wunderschönen Augen versinken und nie wieder zurückkehren, aber zu meinem Pech muss ich dir wohl antworten.
 

Ich sehe wieder nach draußen. Gerade fahren wir an einer Raststätte vorbei, aber es ist noch nicht annhähernd Mittag und Kaoru ignoriert Toshiyas Gequängel, wir mögen doch anhalten. “Warum fragst du?”

“Du schläfst garnicht.”, lautet deine simple Antwort und ich muss lächeln.
 

“Ich kann nicht. Ich muss nachdenken.”, antworte ich dir bereitwillig. “Und Toshiyas Musik geht mir auf die Nerven.” Im wahrsten Sinne des Wortes. Mein Herz beginnt schon wiede zu rasen, aber deine Anwesenheit beruhigt es etwas.
 

“Aber du bist müde...”, stellst du fest, setzt dich auf und hockst dich im Schneidersitz auf die Bank. Eine Polizeikontrolle hätte an dir ihre Freude: Unangeschnallt und dann auch noch quer auf deinem Sitz hockend. “Worüber musst du nachdenken?”
 

Mit einem kurzen Blick versichere ich mich, dass die anderen zu beschäftigt sind um unsere gedämpften Stimmen zu vernehmen. “Ich...” Seufzend lehne ich mich zurück, schließe kurz die Augen. Du hast recht, ich bin wirklich müde, aber schlafen kann ich nicht. Was soll ich sagen? “Manchmal vergesse ich, was das alles überhaupt für einen Sinn hat.”

“Was meinst du?” Natürlich, wie sollst du es auch verstehen...
 

“Alles was wir hier tun, das tägliche Leben und unseren Job... ich weiß einfach nicht... warum.” Wie kann ich es dir begreiflich machen? Geht das überhaupt? Kann ich jemandem, der nicht diese wirren Gedankengänge hat, erklären, was es mit ihnen auf sich hat? Ich bezweifle es. “Wo soll das alles hinführen?”
 

Einige Augenblicke schweigst du, bis du ein leises Seufzen von dir gibst. “Ich kann nicht behaupten, dass ich genau verstehe, was du mir sagen willst. Wie ich dich kenne, willst du es mir eigentlich auch garnicht sagen und antwortest nur, weil ich dich gefragt habe, oder?”
 

Wie gut du mich kennst. Wieso weißt du das, aber nichts über meine eigentlichen Sehnsüchte? Ich nicke, möchte deinem Blick jetzt nicht mehr begegnen. Sanft streichelst du mir über die Wange, drehst mein Gesicht zu dir, zwingst mich dich anzusehn. Das Gefühl neben mir zu stehen verwandelt sich plötzlich in das andere Extrem, als wäre ich gefangen in meinem eigenen Körper, könnte dir nicht entkommen. So sehr kämpfe ich dagegen an, dass ich nicht einmal bemerke, wie du mit der anderen Hand nach meinem linken Arm greifst, einmal fest zupackst. Mehr aus Schreck und einem natürlichen Reflex heraus, denn des Schmerzes wegen, ziehe ich ihn weg. Wieso tust du das? Und woher weißt du es?
 

“Ich dachte, du hättest damit aufgehört...” Deine Stimme ist plötzlich tränenerstickt. Es ist deine Schuld, allein deine Schuld!, will ich am liebsten schreien, doch es wäre unfair und würde auch nicht der Wahrheit entsprechen.
 

“Offenbar nicht.” Grausam, so ungemein grausam, doch ist es die einzige Möglichkeit die ich gerade sehe, um mich zu schützen. Zu schützen vor meinen eigenen Gefühlen und vor deinen Blicken und stummen Vorwürfen. Und trotz meiner harten Worte, ziehst du mich sanft in deine Arme.
 

“Ist es, weil ich gestern nicht gekommen bin?”, fragst du nach einigen Minuten. Mittlerweile läuft “By the way” was Toshiya und unser Fahrer lautstark mitsingen.

“Lass uns über was anderes reden, bitte...”

“Also gut...” Einen Augenblick überlegst du gespielt angestrengt. “Was hältst du von Ballet?”



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  KyOs_DiE
2008-06-28T15:00:47+00:00 28.06.2008 17:00
was hälst du von Ballett?
oo Wie bitte kommsu denn auf sowas? xDDD
*lachz*
xDDD ich war grade so ernst und du bringst so nen Satz xDDD *lachen musste*
xDDD
Von:  -aftermath-
2007-08-16T17:24:20+00:00 16.08.2007 19:24
*mit schnief*
bitte schreib schnell weiter
*quengel*
TT__TT
Von:  Kyo-chi
2007-08-16T07:56:54+00:00 16.08.2007 09:56
Wie schön ;_________;
Traurig schön um genau zu sein *snifz*
Bitte mach schnell weiter, ja? T___T
*weinz*


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