erster Teil des dritten Kapitels
Mit der Straßenbahn fuhren die drei bis zum Stadtrand. Sie wurden zwar komisch beäugt, aber das waren sie schon gewohnt, denn wie viele Personen gibt es schon, die Punks gegenüber keine Vorurteile haben? In der Nähe der Station, an der sie ausstiegen, gab es nur mehrstöckige Wohnhäuser bei denen teilweise der Putz abblätterte, oder deren Hinterhöfe mit Graffiti besprüht waren.
„Hier sind die Wohnungen billiger.“, meinte Kai, fast schon entschuldigend.
„Also ich mag’s. Es erinnert mich an mich selbst. Irgendwie. Ich glaub ich zieh’ bei dir ein und sei es nur um hier zu wohnen.“, entgegnete Johnny, nicht ohne ein Lächeln. Kai gefiel ihr wirklich und Kati hatte Recht, mit ihrer Behauptung, dass Johnny sich wohl in ihn verguckt hatte, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Das musste sie auch gar nicht, denn ihre Freundin vermutete das auch schon und grinste sie an. Johnny kannte sie schon zu lange um diesen Blick zu missdeuten. Rasch rückte sie beim Laufen so zur Seite, dass sie direkt neben Kati lief.
„Das hab ich gesehen!“, raunte sie ihr zu.
„Ich hatte auch nicht vor, mein Grinsen vor dir zu verstecken.“, entgegnete die Angesprochene leise genug, so dass Kai sie nicht verstehen konnte.
Gerade als er nachfragen wollte, rief ihnen aus einem der Häuser jemand etwas nach.
„Scheiß Punks!“
Wütend ballte Johnny ihre Fäuste. Sie wollte dem verdammten Kerl etwas zurückschreien, doch Kai packte sie am Arm. Genau auf einen der blauen Flecke, die sie sich eine Stunde zuvor zugezogen hatte.
„Au! Mann, spinnst du?“, schrie sie ihn an.
„Ich will nur nicht, dass du wieder eine auf die Fresse kriegst! Denk lieber an den Ausgang deiner letzten Schlägerei! Ich will dich nicht zu mir nach Hause tragen müssen.“
Verwundert starrte sie ihn an. Sie war es nicht gewohnt, dass sich Fremde um ihre Gesundheit sorgen. In ihrer Schule hatte sie nur drei Freunde, der Rest beachtete sie nur, wenn sie mal wieder Lust hatten, ihre schlechte Laune an jemandem auszulassen. Allerdings… Diese Äußerung könnte auch bloß Egoismus gewesen sein. Sie war so durcheinander. Es wäre schön, wenn Kai sich Sorgen um sie machen würde. Sie schämte sich auch plötzlich, so aufbrausend zu sein, dass war ihr noch nie passiert!
„Ich… du hast ja Recht… Ich hab’ mich gehen lassen.“, antwortete sie zerknirscht.
„Macht ja nichts. Ich kann diese Typen auch nicht ausstehen, aber vielleicht solltest du dich etwas zurückhalten. Das da vorne ist übrigens das Haus in dem sich meine Wohnung befindet.“
Er deutete auf ein graues Gebäude mit der Hausnummer 42, dessen Eingangsbereich durch ein großes, eingekreistes A geschmückt wurde.
„Ich hätte jetzt gar nicht vermutet, dass hier ein Punk wohnt“, scherzte Kati.
„Mein Bruder hat es gezeichnet, naja gesprüht. Er kann so ’was gut.“
Johnny betrachtete das Zeichen und wandte sich zu dem anderen Punk:
„Dein Bruder? Ich dachte er wäre Goth?“
„Ist er auch, ich hatte ihn darum gebeten.“