Can't stand the distance
Nach etwa einem halben Jahr habe ich es nun doch geschafft, die Fortsetztung von "Against all odds" zu schreiben.
Geplant war ein OS, aber da die Story schon jetzt viel zu lang ist, habe ich mich dazu entscheiden, es häppchenweise online zu stellen. :P
Das bedeutet auch, dass die Uploadzeiten relativ kurz sein werden ;)
Bin mal gespannt, wie euch "I will always return" gefällt...
Chapter 1
Can't stand the distance
Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Wo war er nur mit seinen Gedanken gewesen, als er dieser Fortbildung zugestimmt hatte?
Angefangen hatte die Sache eigentlich ganz harmlos. Als Mr. Dickenson vor fast einem Monat im Dojo aufgetaucht war, hatte der junge Russe ihm keine Beachtung geschenkt. Wahrscheinlich, weil die Angelegenheit noch in weiter Ferne zu sein schien, oder vielleicht auch, weil hinter ihm Tala unentwegt mit den dunklen Strähnen seines Haares gespielt hatte. Das Gespräch mit dem Vorsitzenden der BBA hatte ein jähes Ende gefunden, als Kai sich wütend zu seinem Freund umdrehte, um ihn in seine Schranken zu weisen.
Dann ging jedoch alles Schlag auf Schlag und ehe er sich versah fand sich Kai in einem kleinen, aber gepflegtem Hotel auf der anderen Seite der Erdhalbkugel wieder. Weit entfernt von den Trubel, der das Leben mit den Bladebreakers prägte. Entfernt von den Sorgen des Alltags und seinen Pflichten als Teamleader.
Auf den ersten Blick schien diese Informationsveranstaltung ein willkommener kleiner Urlaub, doch es dauerte nicht lange bis Kai, kritisch wie immer, ein zweites Mal hinschaute und sein Schicksal zu verfluchen begann.
Er war in Sydneys überfüllter Innenstadt gelandet, mitten im australischen Sommer. Der junge Russe hasste Hitze. In Japan begann sich gerade der Winter anzukündigen, doch in Australien schien durchgehend Grillsaison zu sein.
Auch über das Zusammentreffen mit den fünf anderen Teamcaptains der BBA Weltelite konnte Kai sich nicht wirklich freuen.
//Vom Regen in die Traufe...//, war es ihm durch den Kopf geschossen, als er Michael und Lee praktisch in die Arme gelaufen war, nachdem er an der Rezeption eingecheckt hatte.
Ein paar kurze Höflichkeitsfloskeln waren alles gewesen, was sie ausgetauscht hatte, bevor sie erneut eigene Wege gegangen waren.
Als wenn dies nicht genug gewesen wäre, um Kai gründlich die Laune zu verderben, war der einzige Teamleader, der nicht anwesen war, Tala. Dieser saß noch immer in Japan im Dojo der Familie Granger und übte sich an Stelle des Silberhaarigen im Babysitten.
Die Blitzkriegboys waren, auch wenn sie sich längst von der Biovolt losgesagt hatten, streng genommen noch immer kein Team der BBA. Deshalb waren sie auch nicht eingeladen worden der Fortbildung beizuwohnen. Eigentlich hatte es keinen von ihnen gestört, denn Veranstaltungen wie diese waren im allgemeinen recht langweilig. Doch schon nach diesen kurzen 24 Stunden, die Kai nun in Sydney war, vermisste er seinen Freund.
Es war schon merkwürdig, wie schnell man sich an die Anwesenheit eines Menschen gewöhnen konnte. Erst vor einigen Monaten, nachdem Kai und Tala es geschafft hatte, sich ihre Liebe zu gestehen, war der Rothaarige ins Dojo eingezogen. Dort mischte er nun das Leben der Bladebreakers gründlich auf und wachte mit Adleraugen über seinen Freund, als wolle er alles potentiell böse von ihm abhalten. Von Kai brachte ihm dies des häufigeren mahnende Worte ein.
Er war kein kleines Kind, auf das man aufpassen musste... Und trotzdem vermisste er die aufmerksamen Blicke, mit dem Tala ihn hin und wieder musterte.
In sein Schicksal ergeben hatte sich Kai schließlich rückwärts auf sein Bett fallen lassen und musterte nun die weiße Decke über ihm. Die Rotorblätter einer altmodischen Klimaanlage drehten sich dort mit einem zischenden Geräusch, das den Jungen langsam einzuschläfern begann. Wenn er seine Augen nicht bald von den sich stetig drehenden Flügeln abwenden konnte und ihrer hypnotisierenden Wirkung entging, würde er die erste Sitzung wahrscheinlich verschlafen. Trotzdem machte Kai keine Anstalten, sich von der weichen Matratze zu erheben.
Diese ganze Inforeise hätte ihm nicht unwichtiger sein können. Was auch immer sie hier lernen sollten, der Silberhaarige war sich sicher, dass er es bereits wusste. Mr. Dickenson besuchte das Dojo nicht umsonst so häufig und die meiste Zeit war er dabei in ein intensives Gespräch mit dem Teamleader der Bladebreakers verstrickt. Kai war sich also völlig sicher: Für ihn war diese ganze Veranstaltung sinnlos und reine Zeitverschwendung.
„Kai!“, meldete sich völlig unvermittelt eine helle, mechanische Stimme zu Wort und der junge Russe zuckte überrascht aus seinen Gedanken auf.
„Es ist zehn vor elf, du verpasst den Vortrag über die neuen Abwehrringe!“
Seufzend wand sich der Angesprochene dem kleinen Laptop zu, welcher auf dem einzigen Tisch des Zimmer thronte und seufzte müde auf.
„Das wäre wirklich schrecklich...“, brummte er schläfrig, bevor er sich vom Bett erhob und zielstrebig auf das angrenzende Badezimmer zugbewegte.
„Wo findet dieser Vortrag den statt?“, wollte er von Dizzy wissen. Einmal mehr war er froh, dass er Kennys Angebot angenommen hatte, sie mit sich zu nehmen. ‚Ich bin mir sicher, du wirst es nicht bereuen’, hatte der kleine Japaner gelächelt und Kai dabei über den Rand seiner großen Brille freundlich angelächelt.
Es war eine Überraschung für den Silberhaarigen gewesen, dass Kenny ihm seinen wertvollsten Besitz anvertraute, doch wenn Kai genauer darüber nachdachte, tat er nichts anderes, wenn er ihm Dranzer überließ.
„Raum 412, das ist in der obersten Etage auf der linken Seite. Der Mann, der den Vortrag hält, ist ein enger Mitarbeiter von Judy. Er heißt Anthony Roberts und ist eine wahre Berührtheit, was die Bebladeforschung angeht!“, unterbrach Dizzy seine Gedankengänge und Kai nickte zustimmend. Der Name Anthony Roberts war ihm ein Begriff. Er hatte Mr. Dickenson mit Judy über ihn reden hören.
Gelangweilt stellte Kai den Wasserhahn an und ließ das kühle Nass über seine Finger rinnen, bis er es sich vorsichtig ins Gesicht spritze. Auf seinen überhitzten Wangen fühlte es sich an wie Hunderte spitze Eiskristalle, die seine Haut durchbohrten. Sommer war einfach nicht seine Jahreszeit, stellte der Junge erneut fest, während er sich sein Gesicht vorsichtig mit einem der weißen Hotelhandtücher abtrocknete. Dabei war er immer darauf bedacht, ja nicht die blauen Dreiecke zu verwischen, welche er bereits Stunden zuvor aufgetragen hatte. Hier in Sydney hatten die kühlen Morgenstunden etwas unglaublich verlockendes, und Kai hatte nicht gezögert sie angemessen zu nutzen.
„Noch fünf Minuten!“, dröhnte Dizzys Stimme durch den Raum und entnervt stieß sich der junge Russe vom Waschbecken ab. Mit einigen, schnelle Schritten hatte er das zeternde Bitbeast in seinem Laptop erreicht und schloss diesen mit einer eleganten Bewegung. Sofort verstummte Dizzy und Kai hob das Notebook von dem Tisch auf, um sich endlich auf den Weg zu seinem ersten Vortrag zu machen.
Als die Teamleader den winzigen, aber wohl temperierten Raum fünf Stunden später verließen, schlug ihnen eine Welle heißer, trockener Luft entgegen. Die Hitze des Nachmittags raubte Kai für einen Moment die Sinne, bis er sich schließlich an sie gewöhnen konnte.
„Wer hatte die dumme Idee, nach Sydney zu fliegen?“, beschwerte sich Robert einige Minuten später, nachdem er sich auf einem Stuhl im Restaurant des Hotels niedergelassen hatte. Die kleine Gruppe hatte beschlossen gemeinsam ihr verspätetes Mittagessen einzunehmen, doch keiner von ihnen wollte freiwillig das Gebäude verlassen. Zu ihrem Glück scheinen die Hotelköche ihr Handwerk jedoch meisterhaft zu verstehen.
„Keine Ahnung? Ich glaube Mr. Dickenson...“, antwortete Julia müde auf Roberts Frage. Das einzige Mädchen der Runde wirkte selbstbewusst wie eh und je, als sie sich zu Miguel hinüberlehnte, um mit ihm in eine Speisekarte gucken zu können. Ebenso wie F-Dynasty hatten auch Barthez Battalion nicht lange gezögert, als die BBA ihnen nach dem Justice Five Turnier einen Platz in ihren Reihen anbot. Sie hatten nicht den selben Freigeist wie die Blitzkriegboys und waren von daher heil froh, einen ergiebigen Sponsoren gefunden zu haben.
„Ja, davon ist wohl auszugehen... Obwohl ich nicht weiß, wieso ausgerechnet Australien!“, antwortete Robert, während er sich mit einer fahrigen Bewegung über die Schläfen strich. Für den Jungen, der sonst die kühlen Temperaturen Nordeuropas gewöhnt war, war die Umstellung besonders anstrengend.
„Weil wir die neue Arena des Weltmeisterschaftsstadions testen sollen...“, erklärte nun Kai ruhig, während er an seinem Wasser nippte, welches soeben von einem adrett gekleideten Kellner gebrach worden war. Sofort hatte der junge Russe, der zum ersten Mal am Gespräch teilnahm seit der Vortrag beendet war, die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich gelenkt.
„Woher weißt du das?“, fand Lee als erster die Sprache wieder.
„Ich sitze an der Quelle“, war die kurz angebundene Antwort und die anderen nickten verstehend.
„Mr. Dickenson“, stellte der junge Chinese trocken fest und Michael schlussfolgerte:
„Deshalb wusstest du auch schon so gut über die neuen Abwehrringe bescheid!“
Sein Gesichtsausdruck spiegelte seine Empörung wieder.
„Das ist eigentlich nicht fair!“
„Ich bin mir sicher, dass du auch mehr davon gewusst hast als wir! Immerhin arbeitet Anthony Roberts mit eurer Trainerin zusammen!“, hielt Miguel dagegen und seufzte dann leise auf.
„Jetzt wissen wir es alle und in weniger als einem Monat kommen die Dinger offiziell auf den Markt! Also, was soll’s?“
„Ja, vielleicht hast du recht...“, stimmte Lee nachdenklich zu, bevor er sich über das Brot hermachte, welches als Vorspeise gereicht wurde.
„Natürlich hat er recht!“, lächelte Julia versöhnlich.
Die Diskussion der Teamleader wurde schließlich von zwei Kellnern unterbrochen, welche auf großen Platten die Hauptspeise auftrugen und für den Rest des Tages ließen sie das Thema ruhen.
Als Kai, der sofort nach dem Essen auf sein Zimmer verschwunden war, das Hotel zum ersten Mal an diesem Tag verließ, ging in der Ferne bereits die Sonne unter und tauchte Sydney in ein rotgoldenes Licht. Die ganze Stadt schien in Flammen zu stehen und wäre es nicht noch immer so unerträglich heiß gewesen, hätte der Junge den Anblick sicher genossen.
Trotz der vor Hitze flimmernden Luft zog es Kai nach draußen in die Freiheit. In dem kleinen Hotelzimmer fand er zwar Ruhe – wenn er von Dizzys lautstarken Kommentaren absah – aber keinen Frieden. Die totale Einsamkeit, welche früher sein Leben bestimmte, hatte er längst aufgegeben. Aber niemals war er von seinen Freunden abhängig geworden.
Erst Tala hatte es fertig gebracht, ihn so stark zu binden, dass ihre Trennung nun nahezu körperliche Schmerzen hervorrief. Als hätte man ihn entzwei gerissen...
Wann war er so schwach geworden?
An welchen Punkt war Talas Leben das seine geworden?
Es war wohl die Zeit gewesen, die ein Band geknüpft hatte, so stark, wie Kai es nie für möglich gehalten hätte.
Nicht für sich.
Nicht in diesem Leben.
I hear the wind call your name
It calls me back home again
It sparks up the fire – A flame that still burns
It’s to you I'll always return
Recht kurz, aber das nächste Chapter kommt schon recht bald ;)
Über Kommentare würde ich mich sehr freuen, auch über jede Art von konstruktiver Kritik! :)
Caerdin