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Blutrot und Eisblau

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von

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Blutrot und Eisblau (Kaiba/Aimé)

Blutrot und Eisblau
 

Müde streckte Aimé alle Viere von sich. Mit einer Hand rieb sie sich über ihre erschöpften Augen. Das letzte Mal hatte sie vor 39 Stunden und 23 Minuten geschlafen und langsam machte ihr Körper nicht mehr mit. Aber wenn sie jetzt aufhörte, dann würde sie morgen die Prüfung verhauen. Und wenn sie die Prüfung verhaute, dann hiess das, noch ein Jahr lang alle möglichen medizinischen Praktiken zu studieren.

„Wieso tu ich mir das überhaupt an?“, fragte sie mehr zu sich selbst als zu jemand anderem.

„Weil“, kam es da von einem Schwarzhaarigen, der gerade sehr gespannt über seinen Büchern über moderne Architektur sass, „du das einzige Töchterchen eines Witwers bist. Er hat dich so sehr verweichlicht, dass du sogar das studierst, was er will.“

„Ach, halt doch die Klappe, Mokuba.“ Auch wenn sie es nicht hören wollte, so hatte der Junge doch Recht. „Was machst du überhaupt hier? Soweit ich weiss, ist deine Wohnung doch am anderen Ende der Stadt.“

„Das schon, aber Kitty hat mir eine aufregende Nacht versprochen.“

„Igitt, lass mich in Ruhe mit euren Bettgeschichten. Aber falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, Kitty ist nicht hier.“

„Sie sagte, sie wolle etwas später kommen. Wieso hast du so schlechte Laune, Aimé? Läuft doch alles prima!“

Aimé seufzte. Ja, wenn man der Bruder eines Multimilliardärs war, eine hübsche und kluge Freundin hatte und ganz nebenbei auch noch selbst extrem intelligent und begabt war, dann lief alles prima. Doch ausser Mokuba schien niemand so ein prima Leben zu führen. Doch, Kitty vielleicht! Aber auch da lag es mehr an Mokuba, als am Leben selbst.

Unter einem besonders schweren Wälzer über die verschiedenen Regionen des Gehirns zog Aimé ein altes Photo hervor. Es zeigte ihren Vater vor seiner Praxis mitten in den blühenden Lavendelfeldern der Provence. Und genau diese Praxis irgendwo im Nirgendwo war ihre Zukunft. Eine Zukunft, die sie sich freilich nicht selbst ausgesucht hatte. Wo Mokuba Recht hatte, hatte er Recht. Ihr Vater hatte sie überredet, Medizin zu studieren. Ihm hatte die Vorstellung immer gefallen, zusammen mit seiner Tochter in derselben Praxis zu arbeiten. Wäre diese Praxis dann auch noch in einer Stadt, wäre die ganze Idee nicht mal so schlecht. Aber mitten auf dem Land? Sie hatte diese Gegend schon gehasst, als sie dort aufgewachsen war. Aus einem bestimmten Grund wollte sie ja auf ein Internat. Und genau aus demselben Grund studierte sie heute in der grössten Stadt der Schweiz! Wieso verstand ihr Vater nicht, dass sie zwischen Bienen und Lavendel nicht glücklich werden konnte?

Den letzten Satz hatte sie laut ausgesprochen und prompt kam von einer kleinen, brünetten Gestalt in der Tür die Antwort: „1. Weil du es ihm nie gesagt hast! Und 2. Du siehst deiner Mutter zum Verwechseln ähnlich. Sie wäre zwischen Bienen und Lavendel glücklich geworden!“

„Ja, ja, Kitty, hab schon verstanden. Ich lass euch allein.“ Aimé war sauer auf sich selbst. Seit Jahren badete sie in ihrem Selbstmitleid. Schon oft hatte sie versucht, ihrem Vater zu sagen, was sie wollte. Doch jedes Mal, wenn sie vor ihm stand, wusste sie nicht, was sie eigentlich wollte. Nun sprang sie auf, packte ihre Jacke und drückte sich an Kitty vorbei durch die Tür.

Unten auf der Strasse angekommen, verfluchte sie sich selbst. Es goss wie aus Kübeln. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, zurück zu gehen und einen Schirm zu holen. Aber ein Blick in das erleuchtete Fenster über ihr sagte mehr als tausend Worte. Denn wenn das keine Hose war, die da gerade dagegen geflogen war, dann frass sie einen Besen.

Langsam und ziellos wanderte sie also durch die kalten, nassen Gassen der Schweizer Wirtschaftsmetropole. Zürich war ja im Sonnenschein ganz schön, aber im Regen war diese Stadt genauso hässlich wie jede andere auch.

Während sie einen Fuss vor den anderen setzte, dachte sie über ihr Leben nach. Eigentlich war ihr Leben genau wie die letzten paar Minuten im Regen. Seit Jahren liess sie sich einfach treiben, hatte keinen Plan, keine besonderen Interessen oder Hobbys. Es gab nichts, das ihrem Leben einen Sinn gab. Vielleicht war es ja nicht einmal so schlecht, dachte sie bei sich, dass ihr Vater sie so sehr zu dem Medizinstudium gedrängt hatte. Andererseits, was hatte sie später davon? Menschen zu helfen entsprach ganz und gar nicht ihrem Charakter. Das konnte sie einfach nicht. Wieso sollte sie jemandem helfen, der ihr niemals helfen würde?

In ihrem Leben gab es nur zwei feste Leitsätze: 1. Tu einfach irgendwas, damit du was getan hast.

2. Tu nichts, das dir später nicht auch etwas bringen wird.

So gesehen war das Medizinstudium doch nicht so schlecht. Immerhin entsprach es genau ihrer Philosophie. Trotzdem fühlte sich Aimé leer und verlassen. Während sie weiterging, wanderten ihre Gedanken zurück in ihre Kindheit. Vielleicht lag es ja an ihrer Kindheit, dass sie ihr Leben heute einfach nur noch als eine Aneinanderreihung von Tagen war, die hinter einen gebracht werden müssen. Damals, als Kind, hatte sie nach dieser Philosophie gelebt. Bring den Tag so schnell wie möglich hinter dich. Das mochte einerseits an den Kindern gelegen haben, die sie dauernd wegen ihres Aussehens ärgerten. Andererseits an ihrer eigenen Unfähigkeit, Menschen Vertrauen entgegen zu bringen.

Heute war es noch immer so. Klar, sie mochte ihre Mitbewohnerin Kitty, irgendwie. Doch waren die beiden keine Freunde. Und irgendwie mochte Aimé auch Mokuba. Aber sie war nie fähig gewesen, den Menschen zu sagen, wie sie sich fühlte. Eigentlich war es ein Witz, dass gerade sie einmal Ärztin werden sollte. Und auch ihr Name war der einzige Spott. Aimé, geliebt! Dass sie nicht lachte!

Nach einer Weile gelangte sie zu einer Brücke. Die Lichter der Stadt im Rücken blickte sie auf die dunklen Wellen des Sees hinaus. Dieser Tag war fast geschafft. Aber sie musste sich noch überlegen, wo sie übernachten wollte. Ans Geländer gelehnt strich sie sich eine pechschwarze Haarsträhne aus ihrem Gesicht und wog die verschiedenen Möglichkeiten eines Schlafplatzes gegeneinander ab. Bis zu diesem Moment hatte sie den Regen beinahe vergessen, doch nun zog ihre durchnässte Kleidung schwer an ihr und das Wasser lief ihr andauernd in die Augen.

Plötzlich jedoch hörte der Regen auf. Jedenfalls genau über Aimé. Neben ihr, mit einem Schirm in der Hand, stand ein Mann. Sie hatte ihn schon einmal gesehen. Vor ein paar Monaten. Sein kurzes, braunes Haar sah gepflegt aus und dasselbe galt für seinen schwarzen Anzug. Es war Mokubas Bruder, Seto Kaiba.

Nach mehreren Minuten des Schweigens fragte er auf einmal: „Gehst du immer im Regen spazieren?“

„Eigentlich nicht. Aber ich habe fluchtartig die Wohnung verlassen und dabei den Regenschirm vergessen.“

„Und wieso bist du nicht noch einmal zurück um ihn zu holen?“

„Weil dein lieber Herr Bruder gerade mit meiner Mitbewohnerin beschäftigt war.“

Seto grinste schief. „Jetzt verstehe ich auch, weshalb du fluchtartig die Wohnung verlassen hast.“

Wieder Schweigen. Nach einer Weile wurde es Aimé unangenehm und sie fragte ihn, bloss damit etwas gesagt war: „Wieso bist du hier?“

Zögern. „Ich frage mich von Zeit zu Zeit, ob ich springen soll. Und ich finde die Vorstellung, in diesem See zu ertrinken, aus irgendeinem Grund, sehr schön.“

Aimés Augen weiteten sich auf die Grösse zweier Teetassen. Was hatte er gerade gesagt?

„Du willst jetzt aber nicht wirklich springen, oder? Sonst müsste ich dir nämlich hinterher springen, um dich zu retten. Und ich glaube nicht, dass das Wasser allzu warm ist.“

„Mokuba hat mir erzählt, du würdest nur Dinge tun, die dir etwas bringen. Was schliesse ich jetzt daraus, dass du mir nachspringen würdest?“ Zum ersten Mal sah er sie direkt an. Bei diesem musternden Blick wurde sie rot. Aimé hasste es, wenn man sie so genau unter die Lupe nahm, vor allem ihre Augen. Vielleicht lag es ja an ihren Augen, dass sie so ein seltsames Leben, wenn man das überhaupt Leben nennen konnte, führte. Ihre Augen waren blutrot. Plötzlich kam ihr wieder etwas in den Sinn, das Mokuba vor einigen Wochen mal zu ihr gesagt hatte. Um sich aus dieser ihr unangenehmen Situation zu retten, sagte sie also: „Weißt du, was Mokuba mir vor kurzem gesagt hat? Er findet, unsere Augen würden gut zusammen passen. Meine blutroten und deine eisblauen. Keine Ahnung, was er damit meinte.“

Seto hörte auf, sie so genau zu mustern, legte stattdessen seine Hand auf ihre Hüfte und schob sie neben sich her langsam von der Brücke hinunter.

„Was soll das?“ Aimé fühlte sich nicht unwohl, aber unsicher. Was wollte er von ihr?

„Keine Angst, ich bringe dich nur in mein Hotel. Dort bekommst du etwas Trockenes zum anziehen und wenn du willst, nur wenn du willst, kannst du bei mir übernachten.“

Schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit. Seto und Mokuba waren sich sehr ähnlich. Und wenn die beiden etwas waren, dann war es anständig. Anständig Frauen gegenüber. Und deswegen fügte sie sich mit einem etwas leichteren Herzen. Was hätte sie wohl getan, wenn sie allein gewesen wäre?
 

Seit diesem Tag sind über sieben Jahre vergangen. Aimé hatte einen Sinn im Leben gefunden. Und wenn es nur der war, neben ihrem Mann hübsch auszusehen. (Das konnte sie wie keine Zweite). Und wenn es mit ihrem Leben so weiter gehen sollte, würde sie bald noch einen weiteren Sinn hinzu bekommen. Jedenfalls wenn das stimmte, was der kleine Plastikstreifen in ihrer Hand ihr sagte.

„Ich hoffe ganz fest, unser Kind hat meine Augen.“, sagte Seto, als er einen Blick über ihre Schulter warf. Gerne zog er sie mit ihren Augen auf. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie damals auf der Brücke davon angefangen hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Seto, wenn man ihm Glauben schenken durfte, ihr nur wegen ihrer speziellen Augen verfallen war. Hätte ihr Kind Aimés Augen, dann wäre das Rot nicht mehr speziell.

Kurz überlegte sie, ob sie irgendetwas erwidern sollte, liess es aber dann dabei bleiben. Aimé wusste, dass er sie auch so verstand. Er hatte sie auch damals auf der Brücke verstanden. Zwar hatte er ihr gesagt, dass er überlegte zu springen. Doch hatte sie ihm gesagt, sie würde hinterher springen. Wider ihrem 2.Leitsatz wäre sie ihm hinterher gesprungen. Ohne zu wissen, was geschehen würde.

„Weißt du, weshalb ich dir damals nach gesprungen wäre? Ich habe ganz fest gehofft, dass ich einen Sinn in meinem Leben finden würde.“, hatte sie ihm damals im Hotelzimmer gesagt. Keine zwei Monate später hatte Seto dann erfahren, dass Aimé gar nicht schwimmen konnte.
 


 

ich danke jedem, der diese ff gelesen hat. Es ist ein one-shot, wie vielleicht schon einige bemerkt haben. ;P und, ganz doll wichtig für mich, falls irgendjemand jemals den sinn/ die logik der ganzen story versteht: Bitte sagt es mir!!!!!! *keinen blassen dunst hab*

Liebe alle Kommischreiber!!!!! ;D

*smack*

kiwi



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Manami89
2007-03-11T18:35:08+00:00 11.03.2007 19:35
doch jetzt krieg bekommt jemand noch einen kommi
ich mag die one shot auch^^
da skomm in die favo
Von:  alcatras007
2007-02-21T19:59:59+00:00 21.02.2007 20:59
Ich finde der One-Shot ist wirklich gut geschrieben und sehr emotional.
Ich finde es nur deprimierend, dass du noch keinen Kommis hast, aber jetzt hast du eins.


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