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Trinity Blood

The four winged angel
von

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Alte Freunde

Alte Freunde

Kaum, dass die Besprechung zu Ende war, rauschte die junge Nonne mit dem weißen Haar aus dem stickigen Büro der Kardinalin, um ja das Weite zu suchen und dieser unangenehmen Person von einer Vorgesetzten zu entkommen.

//Dass sie auch immer so auf den alten Geschichten herum hacken muss...// dachte Samantha empört, während ihre raschen Schritte sie über lange Flure und endlose Treppen hinaus aus dem Hauptgebäude der AX-Organisation trugen, dass ihre langen, weißen Haare wie ein zweiter Umhang hinter ihr herwogten.

Draußen an der frischen Luft, die allmählich den etwas kühleren Herbst ankündigten, kühlten ihre erhitzten Gedanken langsam ab.

//Gut, ich hab mich nicht immer an die Vorschriften gehalten, aber verdammt nochmal ich habe auch ein Herz und Gefühle...ich kann nun einmal nicht wegschauen wenn Unrecht geschieht, auch wenn ich nicht die Befugnis habe mich einzumischen....ich kann eben aus meinem Herzen keine Mördergrube machen...// grummelte sie in Gedanken und schlug fast wie von selbst den Weg zu einer nahen, kleinen Kirche ein. Leisen Fußes betrat sie das gotische Gotteshaus, das sie mit einer angenehmen Kühle und erfrischender, klarer Luft empfing und dazu beitrug, dass sich ihre Stimmung etwas beruhigte.

Mit ruhigeren Schritten durchmaß sie den von wenigen Kerzen schwach erleuchteten Gang des Mittelschiffes, um dann an der ersten hölzernen Kirchenbank Halt zu machen. Nach ehrfürchtiger Kniebeuge und demütigem Kreuzzeichen nahm die junge Nonne in der ersten Bank Platz, um in der friedlichen Atmosphäre Ruhe zu finden und ihrem Schöpfer nahe zu sein.

In der Betrachtung des kunstvoll geschnitzten Kruzifixes, das im Altarraum hing, versunken, wurde sie sich der Anwesenheit einer weiteren Person erst dann bewusst, als diese sie mit leiser und tiefer Stimme von der Seite her ansprach.

„Ich wusste, dass ich dich hier treffen würde...“

Ein wenig überrascht drehte Samantha den Kopf zur Seite, um zu sehen, wer sie so wissend ansprach. Im ersten Moment sah sie sich einem fremden, großen, blauhaarigen Mann gegenüber, dessen rötliche Rüstung, die ihn als Angehöriger der Inquisition auswies, ihn noch imposanter aussehen ließ. Die grünen Augen der Nonne wurden bestärkt von der aufkeimenden Erkenntnis größer und sie murmelte den Namen ihres Gegenübers mit herzlicher Freundlichkeit: „Petros.“

„Schön, dass du dich nach all der langen Zeit doch noch an meinen Namen erinnerst“, brummte der Leiter der Inquisition und schenkte der Nonne ein seltenes Lächeln, das durch die harten Züge um Mund und Augen jedoch etwas gemildert wurde.

//Die Zeichen der Zeit und der Verantwortung...// dachte Samantha und legte die rechte, behandschuhte Hand auf seinen linken Unterarm.

„Du bist zurück, wie ich sehe, und das obwohl du mit der Kardinalin im Klinsch liegst? Sie glaubt wohl du könntest mich um den kleinen Finger wickeln, dass ich und damit die Inquisition nach ihrer Pfeife tanzt, wie?“ brummte Bruder Petros und verschränkte ablehnend die Arme vor der Brust, um die junge Frau mit dem weißen Haar mit seinen sturmgrauen Augen zu taxieren.

Solch eine ablehnende und zurückweisende Haltung war sie von ihrem früheren Vertrauten nicht gewohnt, nicht von Petros.

Petros war ihr stets standhafter Felsen im tobenden Meer des grausamen Schicksals gewesen. Hatte die unbarmherzige See nun diesen Fels abgeschliffen und gezähmt? Sichtlich erschüttert und sprachlos wegen dieser veränderten, befremdlichen Haltung und dem vorgebrachten Vorwurf starrte sie ihn an, als wäre er ein Fremder, jemanden, den sie geglaubt hatte zu kennen, sich in diesem aber geirrt hatte.

Dieser gereifte Petros, dem sie nun gegenüber saß, schien kaum noch etwas mit jenem jungen Burschen gemeinsam zu haben, als den sie ihn kennengelernt hatte. Immer noch vollkommen überrascht, versuchte sie zu verstehen, zu begreifen, dass der Mensch, der ihr wohl am meisten im Leben etwas bedeutet hatte, sich von ihr abgewandt hatte. Von dieser erschütterten Erkenntnis übermannt blickte sie niedergeschlagen zu Boden.

Bruder Petros distanzierte, sturmgraue Augen klarten auf und seine abweisenden Züge entspannten sich. Er hatte sie ein wenig necken und vielleicht verunsichern wollen, doch dass sie durch seine kleine Spielerei so tief getroffen und verletzt worden war, hatte er nicht beabsichtigt. Sachte legte er seine linke, unter einem schweren Eisenhandschuh verborgene Hand auf ihre zarte, rechte Schulter.

„Bitte verzeih mir meinen üblen Scherz. Ich wollte dich nicht so vor den Kopf stoßen. Hab keine Angst. Auch wenn ich jetzt diese Rüstung trage und ein wichtiges Amt bekleide, steckt doch der gleiche Mensch in mir“, erklärte er und klopfte sich bestätigend auf die Brust, was wegen der Rüstung, die er trug, einen dumpfen Ton erzeugte.

Unsicher ob sie diesen beschwichtigenden und entschuldigenden Worten Glauben schenken sollte, wandte sie den flackernden Blick ihrer grünen Augen wieder Petros zu.

//Wie verletzlich sie noch ist. Hätte ich das doch nur geahnt...// dachte Petros mit leichter Bekümmerung und nahm die junge Nonne in seine starke Arme, die ihr in der Vergangenheit Trost und Schutz versprochen hatten. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, kurz vor seiner Initiation, schien sie ihm doch wieder seelisch erstarkt und gefestigt. Niemals hätte er geglaubt, dass sich daran je wieder etwas ändern würde, doch ihre jetzige Verfassung sprach genau von diesem unerwarteten Gegenteil.

Was mochte geschehen sein? Was hatte sie in ihren erstarken Grundfesten so sehr erschüttert, dass sie so leicht verwundbar, so verletzlich war?

„Shht...ist ja gut, alles ist gut....“, brummte er beruhigend und wiegte sie leicht in seinen Armen, wie es ein Vater wohl mit seinem kleinen Kind tun würde.

Kurz darauf wurde Samantha wieder ruhiger, zwar hatte sie sein vorheriges Verhalten total aus der Bahn geworfen, doch vermochte sie ihm deswegen nicht böse zu sein, wie konnte er schon ahnen, dass sie die verborgene Ironie und das stille, warme Lächeln nicht erkennen konnte. In der Zeit, die sie sich nicht gesehen hatten, war zu vieles geschehen, zu vieles, was sie erschüttert hatte.

Langsam nahm sie wieder Abstand zu ihm ein, zumindest soviel, wie es ziemlich war, denn würde jemand unwissendes sie eng umschlungen in einem Gotteshaus antreffen, wären rasch falsche Schlüsse gezogen.

Die Gefühle, die sie für Petros empfand, waren die, wie zu einem älteren Bruder, mehr nicht. Würde man ihr anderes nachsagen, so könnte dies für sie, aber auch vor allem für Petros unangenehme Folgen haben.

Sie beide hatten sich dem Dienst an der Kirche verschrieben, als Nonne vom Sankt Michaels Kloster hatte sie sich zwar nicht zur Enthaltsamkeit verpflichten müssen, doch man erachtete es als stille Pflicht an und für Bruder Petros galt dies in besonderem Maße, da er sich als heiliger Krieger Gottes mit strengeren Regeln und Strafen konfrontiert sah. Sie wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen, die ihn mit Sicherheit sein Amt kosten würde, ein Amt, das er von Beginn an angestrebt und sich erträumt hatte. Sie würde ihm diesen Traum nicht nehmen.

Leise seufzend wandte sie ihre Gedanken wieder der Gegenwart zu und sammelte sich, dass sich ihre eingesunkenen Schultern wieder strafften und ihre Mimik die gewohnte Selbstsicherheit und Fröhlichkeit zeigte. Das alles war jedoch nur Maskerade, wie sich durch Petros gezeigt hatte, dahinter sah es immer noch so aus wie früher.

„Es trifft sich gut, dich zu sehen, da ich mit dir über die Sicherheitsvorkehrungen für den anstehenden Gottesdienst des Papstes auf dem Petersplatz sprechen möchte.

Der Leiter der Inquisition musterte seine frühere Vertraute mit seinen sturmgrauen Augen, die sich nun allmählich wieder daran gewöhnten die geheime Sprache seiner geheimnisvollen Freundin zu lesen. Als sie auf die aktuelle Thematik zu sprechen kam, atmete er tief ein und verschränkte wieder die Arme vor der Brust.

„War das die Idee der Kardinalin, oder deine?“ fragte er, da er selbst einen Groll gegen diese mächtige Frau hegte und es nicht leiden konnte, wenn sie sich in Angelegenheiten einmischte, die eindeutig Sache der Inquisition waren.

„Das Gespräch unter vier Augen mit dir war meine Idee gewesen, auch wenn die Kardinalin den Anstoß dazu gegeben hat. Du bist dir ja der Gefahr von Anschlägen bewusst, die den Gottesdienst überschatten könnten, deshalb halten wir es für angebracht, die größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Das lässt sich aber nur realisieren, wenn Inquisition und AX zusammenarbeiten. Du magst viele fähige Männer und Frauen unter deinem Kommando haben, aber auch ihr vermögt nicht alle jeden noch so kleinen Fleck und Schlupfwinkel abzudecken, dafür ist der Petersplatz einfach zu groß“, erklärte der „Adept“ und wartete darauf, wie der blauhaarige Mann mit den sturmgrauen Augen auf ihre Argumente reagieren würde.
 

Die gotische Kirche, die zum Brennpunkt von zentralen und äußerst wichtigen Entscheidungen geworden war, lag immer noch fast verlassen und von niemandem beachtet zwischen klösterlichen Mauern, die schon lange nicht mehr als solche dienten. Im Inneren der Kirche wartete die junge Nonne immer noch auf eine Antwort, zu der sich ihr großer Gesprächspartner erst nach einiger Zeit des schweigenden Nachdenkens durchringen konnte.

„Die Situation ist einleuchtend und ich kann nicht behaupten, dass ich gegen zusätzliche Unterstützung bin, aber eines muss klar sein. Das Ziel ist die Sicherheit des Papstes. Wir werden kooperieren, allerdings werden wir uns nicht einfach wie Schachfiguren lenken lassen“, machte der blauhaarige Mann in der roten Rüstung klar, damit dieser Irrglaube von Anfang an aus der Welt geschafft war.

„Gut, gleiches gilt natürlich umgekehrt. Hier zählen Vernunft und Menschenverstand und nicht blinde Loyalität. So wird es gehen, sodass wir nur noch ein allgemeines Treffen ansetzten müssen, bei dem die einzelnen Positionen zugewiesen und die Strategien für die Notfälle besprochen werden. Gib uns Bescheid, wenn du und deine Männer soweit sind“, sagte Samantha sichtlich zufrieden mit dem Ausgang des Gespräches. Sie wusste, dass sich Bruder Petros gerne und oft querstellete, sodass man mit ihm in seiner Sturheit nicht mehr reden konnte, allerdings war er auch ein intelligenter Mann mit Verstand und Weitsicht, der schnell erkannte, wann die Zeit gekommen war sich neu einzustellen und flexible zu handeln. Nicht umsonst hatte er es bis zu seinem hohen Amt geschafft.

Samantha musste leicht lächeln. Schon damals als sie ihn zum ersten Mal kennengelernt hatte, hatte sie sein großes Potential erkannt und gewusst, dass aus diesem jungen Burschen eines Tages etwas ganz besonderes werden würde und sie hatte Recht behalten. Leicht in Gedanken versunken, strich sie sachte mit der rechten Hand über ihren linken Arm. Es wirkte wie eine beruhigende Geste. Diese Bewegung entging den scharfen Augen von Bruder Petros nicht und in seinen Gedanken tauchte eine alte Erinnerung auf, die sich so mit der Realität vermischte, dass sich Gegenwart und Vergangenheit miteinander verbanden. Auf dem linken Arm, den er gerade im Blick hatte, leuchtete unter dem schwarzen Mantel, dem schwarzen Pullover und dem langen weißen Handschuh etwas hell bläulich auf. Dieses Etwas hatte Samantha in der Vergangenheit als „Mal“ bezeichnet, von dem er wusste, dass es sich auf ihrem ganzen Körper befand. Ein einziges Mal hatte er es damals in seiner vollkommenen aber auch verderbten Pracht gesehen, denn so schön diese regelmäßigen Linien und Kreise auch sein mochten und wie beruhigend das hellblaue Leuchten sein mochte, der damit verbundene Schmerz war unglaublich gewesen. Er konnte sich noch genau an ihren gellenden Schrei erinnern, von dem er geglaubt hatte, dass er nie mehr hatte enden wollen.

„Macht ES dir wieder zu schaffen...?“ erkundigte er sich mit sanfterer Stimme und deutete mit einem Nicken auf ihren linken Arm.

Samantha hielt leicht verwundert bei dieser Frage inne und erkannte dann, was sie ganz unwissentlich getan hatte. Mit einem Kopfschütteln versicherte sie ihm, dass alles mit ihr in Ordnung war und es wohl nur eine alte Angewohnheit von ihr war.

„ES hat mich schon seit längerer Zeit nicht mehr behelligt, dass ich fast glauben könnte, dass ES gar nicht da wäre, aber ich brauche nur in einen Spiegel zu sehen, um mich zu vergewissern, dass ES noch da ist. ES wird erst verschwinden, wenn ich auch nicht mehr bin, aber dass ist nicht schlimm. Ich habe gelernt damit zu leben, mit allem. Es ist mir nicht leicht gefallen und oft war ich bereit los zu lassen, alles aufzugeben, aber ich habe weitergemacht.

Immer wenn ich das Gefühl hatte nicht mehr zu können, habe ich mich an etwas erinnert, was schon sehr lange her ist. An ein altes Versprechen, dass ich vor sehr, sehr langer Zeit einmal jemandem gegeben habe, der mir sehr wichtig gewesen ist. So lange ich dieses Versprechen nicht einlösen kann, so lange kann ich auch nicht in Frieden gehen. Du kannst sicherlich verstehen, was ich meine.“

Ja, das konnte er, auch wenn Petros nicht genau um dieses Versprechen wusste, so konnte er in ihren grünen Augen lesen, wie wichtig ihr dieses Versprechen war und das es starke genug war, sie am Leben zu erhalten und voranzutragen.

„Pass auf dich auf...“, sagte er schließlich und stand dann auf, um die Kirche zu verlassen, schließlich hatte er immer noch eine Menge Arbeit zu erledigen.

Samantha sah ihm nicht nach, doch sie hörte wie das Knirschen seiner schweren Eisenstiefel auf dem Steinboden allmählich leiser wurde. Ihr entfuhr ein leises Seufzen. Es hatte gut getan wieder einmal mit ihm zu reden und alte, erfreuliche Erinnerungen neu zu beleben, aber nach wie vor hatte ihr Gespräch auch unangenehmere Erinnerungen wachgerufen, da ihr Leben auch Schattenseiten barg, von denen sie nur wenige gewagt hatte ihm anzuvertrauen.

Sie schüttelte den Kopf, um das aufkeimende Unbehagen abzuschütteln, das sie immer zu überkommen drohte, wenn sie sich an jene Unbill erinnerte, die ihr in der Vergangenheit widerfahren war.

//Es wird Zeit nach vorne zu blicken...die Vergangenheit liegt hinter mir...// sagte sie sich und erhob sich von der Kirchenbank, um ebenfalls das kleine Gotteshaus zu verlassen. Die Ruhe und Abgeschiedenheit im Inneren des sakralen Gebäudes hinter sich lassend machte sie sich auf den Rückweg zum AX-Hauptgebäude, um ihre geistlichen Kollegen von dem erfolgreichen Gespräch mit dem Leiter der Inquisition in Kenntnis zu setzen.

//Du hast geglaubt ich würde scheitern, nicht wahr, Catherina? Aber du hast dich geirrt, wie so oft...// dachte sie bei sich und ein ironisches Lächeln hob ihre Lippen an, als ihre Füße sie selbstständig zu ihrem Ziel führen würden.



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