Arashi Teil 1
Ein kleines Abenteuer um Arashi, der sich durch sein Bemühen seinem Vater alles recht zu machen, in eine Klemme bringt:
1.
„Oji-sama!“
Der so scharf mit „ehrenwerter Prinz“ angesprochene kleine, weißhaarige Hundejunge erstarrte in seinem Lauf mitten im Wald und wandte sich um. „Merkt Ihr es nicht, Sensei?“
Sein alter Lehrer keuchte heran: „Ihr seid zu schnell, Arashi-sama. Wohin wollt Ihr denn überhaupt? Wieder einmal mir nicht zuhören, mal wieder den Unterricht versäumen?“
„Nein, wirklich nicht, Sensei“, beteuerte Arashi unverzüglich. Wenn sich der alte Griesgram von Shodai bei seinem Herrn und Vater beschweren würde – all seine Mühen und Eifer der letzten Monate, ja des letzten Jahres wären vergeblich Und Vaters Strafe dann….Er musste den Alten überzeugen, dass es äußerst wichtig wäre. Am besten wäre es wohl, erwachsen tun, zu beweisen, dass er wirklich dazu gelernt hatte. Leider war das nur sein Biologielehrer. Und eigentlich waren sie hier auf Pflanzenkundeexkursion: „Spürt Ihr es denn nicht, Sensei? Dort oben am Hang?“
„Nein. Was meint Ihr denn?“ Shodai musterte misstrauisch seinen Schüler, der sich erst nach einem angeblich furchtbaren Streit mit dem Fürsten zur Unterweisung und zum Lernen bekannt hatte. Und dass nur das einen so plötzliche und rasche Wendung im Wesen verursacht hatte, wollte er noch immer nicht glauben. Sicher, Sesshoumaru-sama genoss den Ruf, todbringend zu sein, aber bei seinem einzigen Sohn und Erben würde das gewiss anders aussehen.
Arashi unterdrückte seinen Seufzer, als er erklärte: „Magie, verblassende Magie. Es…es könnte ein Portal sein, das dort geöffnet wurde. Davon müssten wir dann meinem verehrten Herrn und Vater unverzüglich in Kenntnis setzen.“
Shodai wusste, dass er das nicht spüren konnte und sein Schützling eine entsprechende Ausbildung erhalten hatte: „Das können wir heute Abend auch noch tun“, erwiderte er dennoch fast automatisch.
Der Hundejunge blickte unwillkürlich wieder den Hang empor, ehe er bemüht erwachsen und vernünftig wirkend meinte: „Heute Abend, zumal, bis dann jemand vom Schloss herkommt, ist das verschwunden. Bitte, Sensei, lasst mich nachsehen, damit ich meinem verehrten Herrn und Vater berichten kann. Ist dort nichts, werde ich keine Silbe mehr darüber verlieren. Ihr habt mein Wort. Das Wort eines Hundeyoukaiprinzen.“
Der Lehrer dachte kurz, aber umso schärfer, nach. War dort wirklich etwas Verdächtiges, von dem der Fürst dann durch seine Schuld zu spät erfuhr, wäre das nicht besonders förderlich für seine Gesundheit, zumal, wenn Arashi dann ehrlicherweise gegen ihn aussagte. Niemand konnte Sesshoumaru-sama belügen. Andererseits: war dort etwas Verdächtiges und dem Erben des Herrn stieß etwas zu, war sein eigener Lebensfaden auch zu Ende: „Gehen wir gemeinsam.“
„Gut. Kommt.“ Der Hundeprinz ging weiter, so rasch es der Ältere bergauf vermochte. Er spürte jetzt nur zu deutlich vor sich die Magie, die immer schwächer wurde. Und es hatte in der Vergangenheit seiner Familie zuviel Ärger gegeben, als dass er dies nicht hätte untersuchen wollen. Vater würde das hoffentlich positiv bewerten, anerkennen, dass er sich Mühe gab. Immerhin durfte er ja jetzt mit ihm üben, ihn begleiten, wenn er keinen anderweitigen Unterricht hatte. „Kommt, Sensei, rasch. Es verschwindet immer mehr!“
„Ich…ich kann nicht so schnell wie ein junger Youkai“, keuchte Shodai: „Und ich kann nichts spüren.“
„Eine Höhle!“ Der Hundejunge blieb stehen und deutete zwischen den lichten Bäumen voraus empor: „Da muss es sein!“
„Ihr…habt Recht, mein Prinz!“ Auch der Lehrer konnte jetzt etwas fühlen, dass hier so nicht hingehörte. Froh, seinem früher so ungehorsamen Schüler zu Recht vertraut zu haben, fuhr er fort: „Wartet, Arashi-sama….wir...wir müssen uns anschleichen.“
„Nein. Ich werde das allein tun. Aus zwei Gründen.“ Erwachsen tun, ermahnte sich der kleine Hundeprinz: dann vertraut er mir weiter: „Zum einen, wenn jemand kommt, könnt Ihr mich warnen oder falls in der Höhle etwas Gefährliches ist, Hilfe holen. Und, verzeiht, Sensei, aber Ihr habt keine Kampfausbildung wie ich.“
„Das ist wahr.“ Shodai lehnte sich keuchend gegen einen Baum: „Aber seid vorsichtig, oji-sama!“
„Ja“, versprach Arashi etwas leichtfertig, war er doch unbewaffnet, und sprang möglichst leise und sorgfältig witternd zu dem dunkeln Spalt im Berg und blickte hinein. Er spürte, wie sein Herz rascher schlug. Das war doch ein echtes Abenteuer. Schade, dass seine Zwillingsschwester nicht dabei war. Seiko wäre im Zweifel, das hatte er bei dem Abenteuer mit dem entführten Menschenbaby gesehen, eine bessere Rückendeckung gewesen als der alte Shodai, aber das war eben nicht zu ändern. Sie war wieder einmal im Süden bei Katsumaru.
Im matten Tageslicht glaubte er etwas Glitzerndes weiter hinten im Spalt zu sehen. Und von dem ging diese Magie aus. Wirklich ein Portal? Aber wer hatte es benutzt? Ihm kam es wie Drachenmagie vor. Der verehrte Onkel Akamaru oder Tante Myu hätten ihm das sicher genauer sagen können, aber sie waren nun einmal nicht hier.
Leise schlich sich der Hundejunge an, bemüht, keine Falle auszulösen.
Es sah eigentlich wie ein goldener Knochen aus – oder ein Griff an einem Deckel. Führte da etwa unter dem Höhlenboden ein Weg weiter? Er bückte sich und berührte vorsichtig das Metall.
Ein Fehler.
Im nächsten Moment lösten sich große Steine aus der Decke, es schien ein Erdbeben zu geben. Noch bevor er sich aufrichten, sich mit den Händen schützen konnte, trafen ihn die Bruchstücke so heftig am Kopf, so dass er das Bewusstsein verlor.
Arashi erwachte - und konnte zu seiner gewissen Erleichterung noch Tageslicht wahrnehmen. Um ihn lag allerlei Geröll. So hatte ihn wohl nur ein Stein getroffen, war nicht der gesamte Spalt eingestürzt. Hoffentlich machte sich sein Lehrer jetzt keine Sorgen um ihn. Nicht, dass ihm das nicht eigentlich einerlei gewesen wäre, der alte Shodai war einer seiner griesgrämigsten Lehrer, aber Vater…Ja, Vater. So sprang er auf:
„Sensei, ich bin in Ordnung. Sensei?“
Warum antwortete der nicht? Hatte den etwa auch ein Stein getroffen, der sich außen gelöst hatte? Er rannte aus dem Spalt – und erstarrte. Wo sich zuvor lichter Wald den Hang emporgezogen hatte, war nun ein fast undurchdringlicher Urwald. Und sein Lehrer war nicht zu entdecken. Was jedoch das Ärgste war: er konnte seine eigene Fährte nicht mehr wittern, so sehr er auch schnupperte. Er hatte nicht umsonst die Familiengeschichte gelernt und ihm wurde zu seinem Entsetzen klar, dass sich nicht die Frage stellte, wo er war, sondern: wann.
In jäher Panik fuhr der junge Hundeprinz herum und lief zurück in den Spalt. Wie auch immer ihn das Portal hierher befördert hatte, es war seine einzige Hoffnung, wieder zurück zu kehren.
Fast eine halbe Stunde zog er, zerrte, tastete Steine ab und versuchte seine eigene Magie, nur um schließlich mit hängendem Kopf die Höhle zu verlassen.
Langsam ließ er sich davor nieder und zog die Knie an, um sich so selbst zu umarmen, als er in den dichten Urwald vor ihm starrte. Er fühlte sich gar nicht mehr erwachsen oder wichtig, sondern nur wie eben ein kleiner Junge, der sich verlaufen hatte, und wieder nach Hause wollte.
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Im nächsten Kapitel klärt sich die Frage des Wann - nur, ob das seine Lage verbessert?
bye
hotep