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Geschichte von Drachen, Perlen und Priestern

Neue Version: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/209310/200274/
von

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Der Anfang einer Legende

Dunkelheit, Stille.

Ein dunkler Weg über einen kleinen Hügel.

Eine Waldlichtung,

weiß von den vielen Kirschblüten.

Mondlicht.

Es war Frühling.
 


 

Ein Mädchen tritt auf die Lichtung, aus dem Schatten des Waldes in das weiße Mondlicht. Sie trägt eine Sporttasche mit sich und hat eine Cheerleaderuniform an. Sie geht einfach weiter, ohne zu bemerken, dass sich etwas in der Dunkelheit des Waldes bewegt, dass sie beobachtet wird. Sie geht einfach weiter.
 

Leises Flüstern. Eine kleine Gruppe von Leuten versteckt sich im Unterholz des Waldes. Sie unterhalten sich leise miteinander. Es müsste ungefähr 3 oder 4 sein. Einer von ihnen beobachtet unentwegt ein Mädchen, dass durch den Wald läuft, vermutlich geht sie grad vom Cheerleadertraining nach Hause. Zwei andere unterhalten sich, ein anderer sitzt noch weiter vorne im Gebüsch. Er verfolgt das Mädchen.

„Ist sie das?“

„Ich glaube schon. Spürst du nicht, welche spirituelle Kraft sie ausstrahlt? Sie muss es sein! Wer sonst hätte eine so starke Aura? Außerdem beobachten Yori und Ryota sie doch schon länger. Es gibt keinen Zweifel. Sie ist die echte Hüterin der 1000 Jadeperlen.“

„Taro! Souta! Jetzt seit aber mal ruhig! Wenn ihr so weitermacht wird sie uns noch bemerken! Wir dürfen doch kein Aufsehen erregen!“

„Ja, Hauptmann Ryota!“

„Gleich müsste sie an die Stelle kommen, wo sie sich auf diese Bank setzt und auf dieses merkwürdige Gefährt wartet. Ihr wisst schon was ich meine, diese Kutsche ohne Pferde!“

„Ja, Hauptmann.“

„Wir sollten uns beeilen, wenn wir unsere Chance nicht verpassen wollen! Wir müssen jetzt wirklich ruhig sein, Taro und Souta. Yori müsste uns jeden Augenblick das Zeichen geben, das die Luft rein ist!“

Nach einer Weile ertönte ein lautes Wolfsgeheul. Die drei Männer machten sich auf den weg...
 

Ich schreckte hoch, War da nicht gerade das Heulen eines Wolfes zu hören gewesen? Ich saß gerade an der Bushaltestelle und wartete, wie jeden Tag nach dem Cheerleadertraining, auf den Bus. Eigentlich hörte ich dann immer Musik auf meinem MP-3 Player, aber heute hatte ich ihn vergessen. Ich wusste gar nicht, dass es hier so gruselig sein kann. Ganz alleine, im dunkeln, und dann muss ich jetzt auch noch fast eine halbe Stunde lang auf den Bus warten. Echt unheimlich. Geheul! Schon wieder dieses Geheul! Was hat das nur zu bedeuten? Gibt es im Wald etwa Wölfe? Jetzt hab ich’s langsam aber wirklich mit der Angst zu tun... Was ist wenn jetzt wirklich gleich Wölfe auftauchen? Was soll ich nur tun? Ich sah mich um. Hatte sich da nicht grad etwas im Schatten der Bäume bewegt? Ich hatte es mir wohl nur eingebildet.

Als ich mich gerade wieder umgedreht hatte und nach dem Bus schaute, packte mich plötzlich jemand von hinten. Ich wurde unter den Armen gepackt, hochgehoben und verschleppt!

„Lass mich runter! Runter hab ich gesagt!“ Ich hämmerte dem Mann auf den Rücken, der mich jetzt wie einen Sack über seine Schulter gelegt hatte und mich festhielt. Ich war den Tränen nahe. Der Mann schien mich einfach zu ignorieren, stattdessen schien er jetzt mit jemand anderem zu reden! „Wer seid ihr, lasst mich jetzt endlich los!“ Ich hämmerte und trat weiterhin um mich, doch mein Entführer schien gar nicht daran zu denken mich runter zu lassen.

„Wir sollten uns beeilen, bevor uns noch jemand bemerkt.“ Sagt jetzt einer, der Unsichtbaren.

„Ihr habt Recht. Lass uns schnell zurück in den Wald. Wenigstens der ist wie in unserer Welt.“

Unserer Welt? Was hatte das zu bedeuten? Und was wollte diese Männer überhaupt von mir?

Ich hörte auf mich zu wehren, es hatte ja doch keinen Sinn. Der Mann schien sowieso, wie aus Stein, der bemerkte noch nicht mal mehr, dass ich mich wehrte und tragen konnte er mich auch ohne jede Anstrengung, zumindest schien ich ihn nicht zu behindern, denn jetzt fing er an, auf den Wald zuzusprinten, was auf seinem Rücken eine sehr wackelige Angelegenheit war. Er war auch der schnellste von der kleinen Gruppe, denn wir hatten die anderen 3 Männer schon längst überholt. Jetzt konnte ich wenigstens sehen, mit wem ich es zu tun hatte:

Zwei Männer mittleren Alters sprinteten hinter uns her, vor ihnen noch ein jüngerer Mann, ungefähr in meinem Alter, so um die 15. Ich konnte nicht viel mehr erkennen, dafür war es zu dunkel. Wir waren jetzt im Wald. Der Mann, der mich trug hielt an.

„Souta, Taro, Yori! Beeilt euch! Sonst sieht euch noch jemand!“ Als alle im Wald waren, im Schutz der Dunkelheit, ließ mich mein Träger runter. Ich wollte weglaufen, doch bevor ich an Flucht denken konnte fing auch schon der größte von allen an zu reden.

„Glaub gar nicht erst daran zu flüchten. Wir sind sowieso alle schneller als du. Wir würden dich mit Leichtigkeit wieder einfangen können. Also, versprichst du uns, dass du nicht wegläufst, oder muss ich dich weiter tragen?“

„Was wollt ihr von mir?“

„Beantworte meine Frage!“

„Beantworte du erst meine, sonst fang ich an zu schreien!“

„Alles zur passenden Zeit. Wir werden dich zu jemanden bringen, der dir alles erklärt, aber hier ist es zu gefährlich!“

„Habt ihr etwa Angst bei der Entführung eines Mädchens entdeckt zu werden? Ihr seid feige!“

„Darum geht es hier jetzt nicht! Wenn wir an unserem Ziel angekommen sind haben wir immer noch genug Zeit um zu reden! Hier ist es aber zu gefährlich!“

„Hauptmann Ryota! Was diskutieren wir hier denn rum? Nehmen Sie Akina doch wieder auf den Rücken und lass uns abhauen!“

„Dass werde ich ja auch gleich machen, wenn Akina mir nicht gleich antwortet!“

„Stop mal, woher kennt ihr meinen Namen?“ platzte es jetzt aus mir raus.

“Unwichtig“ gab Ryota zurück. „Wir haben jetzt wirklich keine Zeit mehr!“

„Aber...“

„Jetzt sei doch mal ruhig!“ blaffte mich jetzt der Junge, der sich Yori nannte, an.

„Entweder du beantwortest jetzt meine Frage, oder wir nehmen dich so mit!“

„ Ihr macht ja sowieso mit mir was ihr wollt! Ich hab ja gar keine andere Wahl, als mitzukommen. Freiwillig werde ich aber nicht mitkommen!“

„Na dann..“

Ryota kam auf mich zu packte mich wieder über seine Schultern und spurtete los. Wieso war ich bloß nicht so mitgekommen? Das wäre alle mal besser als dieses Dauerschaukeln.

Unsere Reise ging einmal quer durch den Wald. Ich wusste gar nicht wo wir sind. An einer Höhle machten wir halt. Ryota musste jetzt langsamer weitergehen. Er ging, zu meinem Bedauern, genau in die Höhle. Ich konnte überhaupt nichts mehr sehen. Plötzlich spürte ich ein eigenartiges kribbeln. Es fühlte sich so an, als wär ich gerade durch eine unsichtbare Mauer gegangen wär. War das wohl einer dieser Bannkreise, von denen man sich früher immer erzählt hatte?

Es wurde immer heller. Ryota ließ mich wieder runter und ich konnte diesen ungewöhnlichen Ort bestaunen:

In der Höhle war ein Wasserfall, leuchtend hell, als wäre er aus reinem Kristall. Das eigenartige an diesem Ort war, dass es so hell war, als ob es helllichter Tag wäre, doch nirgendwo war eine Lichtquelle zu entdecken, aber in einer Höhle konnte es ja schlecht so hell sein. Es schien, als würde alles hier leuchten:

Das Wasser, der Wasserfall, die Steinwände, die starke Ähnlichkeit mit Rosenquarz besaßen und natürlich der kleine See, in den der Wasserfall mündete. Das eigenartige, an diesem See war, dass das Wasser gar nicht mehr zu werden schien.

„Erstaunlich, was?“ Ryota musterte mich interessiert.

Ich nickte nur.

Die anderen waren inzwischen auch da.

„So toll ist es hier jetzt auch wieder nicht. Ein Wasserfall, nen See und nen paar Höhlenwände! Was soll daran denn besonders sein?“

„Schön, dass du so unromantisch bist!“ fuhr ich jetzt den armen Yori an, der in diesem Moment meinen ganzen Frust abbekam.

„Schön, dass du so zickig bist!“

„Danke gleichfalls!“

„Jetzt hört aber mal auf zu streiten! Wir sollten jetzt weitergehen.“ Ryota zeigte auf den Wasserfall.

„Ich soll durch den Wasserfall? Das ist doch nicht dein ernst?“

„Das ist mein voll und ganzer Ernst! Wir gehen jetzt durch den Wasserfall. Du und Yori gehen zuerst. Wir brauchen ja wen, der auf dich aufpasst. Und wo ihr euch so gut versteht...“

„Okay, ich geh ja schon!“

„Wenn’s sein muss...“ meinte Yori nur schlicht. Soll er mich doch nicht leiden können, ich tat es ja auch nicht!

Wir gingen geradewegs auf den Wasserfall zu, doch als wir das Wasser berührten, wurde ich überhaupt nicht nass. Wir liefen durch eine endlose Helligkeit. Überall leuchtete und glitzerte es. Mir war es nicht bewusst, dass mir das alles hier angst machte, doch als ich auf der anderen Seite ankam, hielt ich plötzlich Yori’s Hand.....
 


 

Wir standen auf einer endlosen weiten grünen Wiese. Das Gras reichte mir bis ans Knie. Ich hielt Yori’s Hand immer noch umklammert, doch ihn schien es nicht zu stören und mir selbst fiel es nicht richtig auf, zumindest in diesem Moment nicht. Ich konnte einfach nur staunen über die weite dieser grünen Wiese, die sich wirklich bis ins endlose weiterführen schien. Weiter hinten konnte ich ein Tal erkennen, mit wunderschönen Bäumen. Hinter uns war ein Hügel und ein Fluss. Der Fluss wurde zum Wasserfall, einer der aussah, als wäre er aus Kristall. Der Wasserfall mündete zu einer kleinen Quelle. Das Wasser schien fast zu stehen, doch aus dem kleinen See führte ein Bachlauf quer durch die Wiesen. Er schlängelte sich durchs weite grün, man konnte kaum erkennen, wo er mal enden würde. Hinter uns stiegen jetzt die anderen Drei, Hauptmann Ryota, Taro und Souta, aus dem Wasserfall. Ich hielt immer noch Yori’s Hand und als ich mich eben gedreht hatte um die unendliche Schönheit der Landschaft zu bewundern hatte er sich immer mitgedreht und geschwiegen und mit mir genossen. Doch als jetzt die anderen kamen wurde er wieder unausstehlich und blaffte mich! „Jetzt lass endlich meine Hand los!“

Ich tat es und wurde rot.

„Na, wie gefällt es dir hier, Akina?“ Ryota war mal wieder der einzige der sich anscheinend richtig für mich interessierte, denn Taro, Yori und Souta liefen jetzt erst mal quer über die Wiese zum Tal und ließen mich und Ryota hier stehen.

„Es ist einfach nur wunderschön..“

„Ja das ist es, unser Kalderan...“

„Kalderan? Nennt ihr so dieses Tal?“

„Kalderan ist nicht nur dieses Tal. Kalderan ist unser ganzes Königreich! Kalderan ist unsere Welt. So wie ihr eure Welt Erde nennt, nennen wir unsere Welt Kalderan.“

„Aber, wo liegt Kalderan? Es kann doch nicht ein neuer Planet sein, oder etwa doch?“

„Kalderan ist so etwas wie eine Spiegelung eurer Welt. Man kann sie nur durch so genannte Spiegelportale betreten. Durch eines sind wir eben gegangen. Du weißt schon, der Wasserfall...“

„Ahja, schon klar..“

Ich kam einfach nicht mehr raus aus dem staunen. Diese Welt war einfach so unglaublich...

„Moment mal, stört es sie eigentlich gar nicht, dass die anderen jetzt ohne uns abhauen?“

„Abhauen? Ach nein, Akina! Sie machen doch nur das, was ich ihnen gesagt habe! Sie gehen unsere Pferde holen!“

„Unsere Pferde? Was wollen sie denn mit einem Pferd?“

„Na zum Schloss reiten! Zum Schloss von Kentosai. Siehst du, da hinten kommen sie schon! Sie kommen mit unserem Beschützertrupp...“

„Was wollen sie denn mit einem Beschützertrupp?“

„Na dich beschützen!“

„Wieso wollen sie mich beschützen? Bin ich denn in Gefahr? Und was mach ich hier überhaupt? Ich hätte längst nach Hause gemusst!“

„Das ist jetzt nicht wichtig. Sogen wir es mal so, du bist bei uns jetzt schon eine der wichtigsten Personen in Kalderan. Weiteres erklärt man die im Schloss.“

„Wieso sagen sie eigentlich immer, dass ich alles später erklä....“

„Kannst du überhaupt reiten?“

„Eigentlich nicht...“

„Na dann musst du wohl bei Yori mitreiten...“

Na super, dass konnte ja mal heiter werden....
 

Ein ganzes Heer aus Pferden kam, um uns abzuholen. Ich dachte gar nicht mehr an Flucht, das alles hier war einfach zu unglaublich. Es waren etwa 20 oder 30 Männer auf Pferden, mit Pfeil und Bogen und einem Schwert. Sie mussten wirklich so etwas wie die Garde des Königs sein und Ryota war deren Hauptmann. Es gab bestimmt noch viel mehr Soldaten, aber um eine einzige Person zu schützen, auch wenn ich nicht wusste, warum sie mich schützen wollten, brauchten man Nichtmalmehr als 10 Leute. Die Soldaten in ihren chicen Uniformen hatten noch ein paar Pferde mitgebracht. Die sollten wohl für uns sein.

„Yori, Akina reitet bei dir mit.“

„Ach, ich schaff das schon alleine. So schwer kann das ja nicht sein ein Pferd zu lenken..“

Das dachte ich mir, doch schon nach 10 Minuten auf dem wackligen Gaul verkrampfte ich mich total und saß steif auf dem Pferd, zog die Zügel bis an meine Brust und schaukelte bei jedem Schritt meines Schimmels mit. Plötzlich tauchte Yori neben mir auf. Er ritt einen schönen Fuchs und ER konnte anscheinend reiten, vermutlich sogar sehr gut.

„Das kann man ja nicht mit ansehen, so wie du da auf dem Pferd sitzt. Los, komm zu mir rüber. Ich zeig die auf dem Schloss, wie man richtig reitet, aber jetzt nehm ich dich erst mit auf meins.“

Ich nickte nur und probierte so gut wie es ging, vor ihm in den Sattel zu klettern. Als ich endlich saß schlang er seine Arme unter meinen her, um weiterhin die Zügel zu halten. Mein Pferd lief uns am langem Zügel hinterher. Es kam mir fast so vor als würde ich von Yori umarmt werden. Was für ein schönes Gefühl. Ich hätte mich am liebsten an seine Brust gelehnt und mir den Himmel angeschaut, doch dann würde er mich wahrscheinlich sowieso wieder anmaulen, wenn ich ihm so nah auf die Pelle rücke. Ich sah mir einfach nur stumm die Landschaft an. Das hatte ich schon immer gemacht, auch wenn wir mit dem Auto irgendwo hingefahren waren. Ich setzte mich ans Fenster und beobachtet alles um mich herum. Manchmal sogar die Leute in anderen Autos.

Nach einem Ritt von etwa einer Stunde waren wir endlich da. Ich konnte es schon von weitem sehen: das Schloss von Kentosai. Es lag mitten in einem Bergkessel, umgeben von grasbewachsenen Hügeln mit einer Mauer als Schutzwall. Uns hatte man einfach so passieren lassen, keiner der Wachen hatte etwas gesagt, als wir an ihm vorbeiritten. Was war hier bloß los? Ich wusste es nicht. Aber von dem, was mir Ryota erzählt hatte, würde ich wohl hier antworten auf meine Fragen finden und vielleicht würde man mich auch dann endlich nach Hause lassen. Wir ritten über die weiten Wiesen beim Schloss. Plötzlich sagte der stumme Yori etwas:

„Sollen wir das letzte Stück noch galoppieren?“

Ich musste erst ziemlich geschockt geguckt haben, aber dann hatte ich doch mit einem „Ja“ geantwortet. Yori drückte seine Beine in die Seiten des Pferdes und schon wurde es schneller. Erst trippelte es nur ein bisschen schneller weiter, doch dann fiel das Pferd in einen leichten Galopp. Ich fühlte mich wie auf Wolke sieben. Einfach nur wunderbar: in den Armen eines nicht supersüßen, aber nervigen Typen ritt ich über eine Wiese zu einem Schloss. Wie im Märchen.

Am Schloss gab es noch mal ein paar Wachen. Diese prüften dann doch mal ein wenig genauer nach und fragten nach unseren Namen:

„Yori, Lehrling des Hauptmann Ryota.“

„Akina?“

„Akina, Hüterin der Jadeperlen“ sagte Yori.

„Ok, ihr dürft rein.“

„Was sollte das? Hüterin der Jadeperlen, was soll das bedeuten?“

„Na du BIST die Hüterin der Jadeperlen!“

„Jetzt versteh ich echt überhaupt nichts mehr. Ihr müsst mich verwechseln. Ich bin Akina-Shizuka-Shinju und nicht irgendeine Hüterin der Jade Perlen, wie du mich nennst. Außerdem verstehe ich auch überhaupt nicht, was ihr überhaupt von mir wollt!“

„Wie du meinst. Du bekommst sowieso noch alles von den hohen Priestern Hikari und Hikaru erklärt bekommen.“ Dann stieg er ab.

„Hey, lass mich hier nicht alleine, wie komm ich denn hier wieder runter?“

Er half mir runter, und ohne ihn wär ich bestimmt runtergefallen. Nun kamen auch die anderen Reiter....
 

„Taro, Souta, seht mal!“

„Was denn, Hauptmann Ryota?“

„Unser Yori... tut so als könnte er sie nicht leiden, und doch geht er so zärtlich mit ihr um. Seht mal, wie er ihr vom Pferd runterhilft. Und wie er ihr in die Augen schaut... ich glaube unser Yori ist verliebt...“

Taro und Souta guckten ihren Hauptmann nur entgeistert an. Ein Krieg stand bevor und er hatte nichts besseres zu tun als über die Liebe zu reden!?!?

Die Gruppe aus Soldaten war jetzt auch am Schloss angekommen und jeder einzelne wurde nach seinem Namen gefragt. Ryota ging als erstes durchs Tor und ritt auf Akina und Yori zu. Inzwischen war jetzt auch Akina vom Pferd und die beiden beobachteten die einschwärmenden Soldaten.
 

„Komm Akina, ich soll dich jetzt sofort zu den hohen Priestern bringen?“

Ich sah unsicher zu Yori. Doch dann ging ich langsam zu Ryota. Er stieg vom Pferd, reichte die Zügel einem der Stallburschen und ging in Richtung eines großen Schlossportals. Ich ging ihm hinterher. Das Portal öffnete sich und ich bekam es irgendwie mit der Angst zu tun. Ich quetschte mich näher an Ryota. Ich dacht ich hätte ihn lächeln sehen, doch das kann ich mir auch eingebildet haben.

Wir traten in einen großen Saal. Die Wände schimmerten in verschiedensten Tönen und der Boden schien aus reinem Kristall zu sein. Ich fühlte mich wie im Märchen. Die zwei Treppen im Saal führten in den zweiten Stock. Dort gab es zwei Torbogen, einer links einer rechts. Wo sie wohl hinführten? Unten gab es nur 3 große Flügeltüren, die wohl weiter ins Schloss führten.

„Die eine Tür dort“ Ryota zeigte auf die mittlere, zwischen den Treppen. „führt in den Thronsaal. Die Tür dort rechts führt in den Festsaal und die Tür links in die Gemächer der Angestellten. Wir müssen aber nach oben, komm!“

Ryota ging zur linken Treppe. Wie viele Stufen sie wohl hat... ich glaub sie ist aus Rosenquarz. Wunderschön...

63...

64...

65...

66...

66 Stufen! 66 Rosenquarzstufen! Echt nur Märchenhaft.

„Hauptmann Ryota?“

„Nenn mich nur Ryota, Mylady!“

„Ryota, wo bringen sie mich jetzt eigentlich hin?“

„Wir gehen jetzt zu einer Versammlung in den Bibliotheksräumen der Priester.“

„Was ist denn dort rechts, wo kommt man da hin?“

„Dort geht es zu den Gemächern der Ehrengäste, des Königs und denen der Garde.“

„Gibt es links nur die Bibliothek?“

„Nein, da gibt es noch allerlei Räume, von denen selbst ich nicht alle kenne. Dort ist der Ostflügel der Priester, nur sie kennen die geheimen Räume, die es dort alle gibt!“

„Achso...“

„Jetzt komm, wir sind schon spät dran...“
 

Wir liefen durch viele Gänge und Flure, überall waren Türen, schön verzierte Türen in pechschwarzem Holz. Überall hingen Bilder, Bilder von der Landschaft Kalderan’s, Bilder von mir unbekannten Gesichtern und Bilder von Gegenständen. Alle waren so schön gezeichnet. Es war kaum eine freie Wand zu sehen. Dann am Ende eines Ganges war ein heller Raum mit hohen Fenstern. Ich glaube wir waren in einem der Zahlreichen Türmen angekommen. Die Decke war Kuppelförmig und an der Wand, die gegenüber des Eingangs war, hing ein riesiges Bild eines Drachen. Er war einfach nur großartig, anmutig, edel. Er war nicht, so wie man sich Drachen normalerweise Vorstellt, grün. Er war Purpurrot . Feuerrot. Einfach fantastisch. Ich kam, wie immer, seit ich eigentlich hier war, einfach nicht mehr aus dem staunen heraus, bis mich Ryota’s Stimme aus meinen Gedanken riss.

„Wir sind da“ sagte er und grinste mich mal wieder an.

„Wir sind da?“

„Das, liebe Akina, sind die geheimen Bibliotheken Kalderan’s.“
 

Ryota öffnete die hinterm Bild versteckte Tür und wir traten in den verborgenen Raum. Wir betraten einen riesigen Saal. Gegenüber des Eingangs war eine große Fensterwand. In der linken und rechten Ecke waren je eine Treppe. Sie führten hoch auf eine zweite Ebene. Dort, und auch hier unten, waren alle freien Wände mit Bücherregalen zugestellt. Bücher über Bücher, es müssten mehr als 10.000 sein! In der Mitte des riesigen Saals saß eine kleine Gruppe um einen Tisch. Ich war zwar überwältigt von diesem ganzen Schloss, und besonders von seinen Geheimnissen, wie der Bibliothek, doch trotzdem wurde mir immer unbehaglicher. Als Ryota die Tür hinter uns Schloss richteten sich plötzlich alle Blicke auf uns. Das stärke nicht gerade mein Selbstvertrauen, es steigerte eher meine Panik. Ich flüsterte Ryota leises etwas zu: „Kann ich nach dem hier endlich nach Hause?“

„Wenn du dann immer noch weg willst, kannst du das tun.“

Was sollte das denn jetzt schon wieder heißen?

Wir waren nun am Tisch angekommen. Das Licht der Untergehenden Sonne tauchte den Raum in ein schönes orange.

„Hohe Priester, mein König...“ er nickte einem Mann mit Krone zu. „Ich bringe das Mädchen, das ihr Hüterin der Jadeperlen nennt.“

„Gut so, Hauptmann Ryota, mein Freund. Sie können jetzt gehen.“

Gehen? Nein, nicht gehen!!! Lass mich nicht alleine!

„Wenn das euer Wunsch ist, Herr.“ Dann verschwand er hinter der Tür.

„So, junge Akina, Hüterin der Jadeperlen. Du wirst unsere Namen nicht kennen, deswegen werde ich dir helfen. Ich bin Daisuke, der Herrscher dieses Reiches. Zu meiner linken sitzt meine hohe Priesterin Hikari, zu meiner rechten sitzt der hohe Priester Hikaru. Dann sind hier noch mein Berater Botan, mein Sohn Prinz Daiji und die Priester Chiyo, Naoki, Eriko und Nikko. Setz dich doch zu uns an den Tisch, ich glaube wir haben dir eine Menge zu erklären. Setz dich doch hier hin, neben Daiji.“

Na wenn er unbedingt wollte.... Ich nahm mir einen Stuhl und setzte mich zwischen diesen Daiji und die hohe Priesterin Hikari. Daiji war vielleicht ein paar Jahre Älter als ich, 16 oder so, auf jeden Fall, fand ich, sah er aus wie ein verwöhnter Prinz mit Dauergrinsen und einem viel zu großen Selbstbewusstsein. Er dachte wohl er kann alles, denn seine Blicke sprachen Bände:

«Hi Süße, willst du nicht gleich mit zu mir kommen?» Das passte ihm wohl so, mich bekam er nicht rum. Sobald die mir erzählt hatten, was sie wollten haute ich sowieso wieder ab nach Hause! Außerdem, was sollte ich auch schon mit nem kleinen Möchtegernprinzen?

„Also, Akina, was hat man dir denn schon alles erzählt?“ fragte mich jetzt Hikaru.

„Überhaupt nichts! Ich weiß noch nicht mal mehr, warum ich hier bin! Ich hätte längst nach Hause gemusst!“

„Es tut uns leid, das wir ihnen so viele Unannehmlichkeiten bereitet haben, aber wir müssen Sie um Hilfe bitten.“ Sagte Hikari, die junge Priesterin mit dem langen, schwarzem Haar.

„Lass uns ihr als erstes alles erklären, Hikari. Sie versteht doch gar nicht, was wir wollen, wenn wir ihr nichts erzählen!“

„Ist gut, Hikaru. Erzähl du! Du bist schon älter, du kennst die Legende besser als ich. Ich kann mich kaum noch an sie erinnern...“

„Ist gut, meine Liebe, dann werde ich alles erzählen. Es geht um eine Legende, die man sich schon vor tausenden von Jahren erzählte. Die besagte Legende lautet wie folgt:

Eine Legende, zwei Welten. Zwei junge Herzen, aus verschiedenen Sphären. Das eine mutig und stark, das andere auserwählt zu retten die Welten. Das eine bestimmt um zu Beschützen den Erlöser, das andere zu behüten die Prophezeiung und zu lieben, was es zu lieben gibt.

Die Welten verbunden durch ein Tor, ungewiss wo es zu finden ist. Wacht, auf die Zeichen die zu Sehen sind um es zu finden. Passt auf, welch junges Herz ausgewählt ist, die Prophezeiung zu erfüllen und zu finden den, der Retter in letzter Not, der Erlösender Engel der Welten sein wird, der die Gabe besitzt die Völker zu vereinigen, zu heilen die Wunden und zu sehen, was gut ist in den Herzen der Menschen, der die Gabe besitzt das Böse zu besiegen, die Kräfte besitzt den Kampf zu bestreiten und die Hoffnung nie zu verlieren. Jemand der einen Grund hat zu kämpfen, jemand, der Lieben kann. Jemand der die Gabe der tausend Jadeperlen besitzt. Den Hüter der Jadeperlen.

„Ja, so lautet die Prophezeiung, Hikaru, und wir konnten auch schon einiges entschlüsseln.“

„Und was hat das jetzt mit mir zu tun?“

„Verstehst du denn immer noch nicht, kleine Akina? Du bist die Hüterin der Jadeperlen. Du besitzt die Gabe der tausend Jadeperlen und nur du allein kannst die Dunkelheit besiegen, dass unsere Welt und auch die eure bedroht. Du bist die Auserwählte, von der die Prophezeiung sprach. DU wirst unser erlösender Engel sein, denn schon so viele Jahre kämpfen wir gegen das Böse in der Hoffnung endlich die Prophezeiung zu erfüllen.“

„Aber...aber.... ich kann das nicht! Ich bin nichts besonderes! Wie soll ich denn da eine Welt retten? Ich habe keine besonderen Talente! Ich bin einfach nur ein ganz normales Mädchen! Ich will nur ein ganz normales Mädchen sein. Ich will nichts mehr mit dieser ganzen Sache zu tun haben!“ Mit diesen Worten stand ich auf und rannte davon. Das war mein großer Fehler, aber das würde ich auch noch früh genug herausfinden...
 

Ryota kam in den Stall gestürmt. Einige Soldaten waren grad dabei ihre Pferde zu versorgen darunter auch der Lehrling des Hauptmanns Ryota.

„Sofort Pferde Satteln, Akina ist verschwunden. Die Hohen Priester haben uns befohlen sie zu suchen. Sie weiß gar nicht in was für Schwierigkeiten sie sich bringen kann, hier in Kalderan!“

„Was? Akina ist weg?“ fragte Yori geschockt.

Ryota nickte nur stumm. Das gab Yori das Zeichen sein Pferd zu Satteln. Er wusste schon ganz genau, wo er Akina suchen sollte.

<Ich kenne sie doch am besten. Ich war der einzige, der sie jeden Tag beobachtet hat. Ich bin ihr überall hin gefolgt. Ich weiß genau, wo sie hingeht, um allein zu sein.> dachte sich Yori.

Er Sattelte schnell sein Pferd und galoppierte auch schon los.
 

Ich war allein, ich musste nachdenken. Hier war es jetzt auch dunkel, so wie bei mir daheim. Was sollte ich jetzt nur machen? Ich wusste nicht, wie ich nach Hause kommen sollte, wollte aber auch nicht zurück ins Schloss. Ich wusste nicht wo die Quellen waren und auch wenn ich es wüsste hätten die Soldaten des Schlosses mich sowieso schon eingefangen, bevor ich überhaupt da war. Sie würden mich suchen, das war mir klar. Ich war einfach ratlos. Ich wusste nicht weiter und fing an zu weinen. Diesmal konnten selbst die Berge mir keinen Trost mehr spenden...
 

„Wo will denn dieser Junge nun schon wieder hin...“ Ryota konnte Yori, der gerade vom Platz galoppierte, nur noch nachsehen. Was hatte er nur vor?
 

„Hier bist du also!“ Yori kam gerade auf den Felsvorsprung geklettert, auf dem ich mich versteckte. „Man hat dich ja schon von weitem heulen hören!“

„Geh weg, lass mich allein! Du willst mich ja sowieso nur zurück zum Schloss bringen, das kannst du dir aber gleich wieder aus dem Kopf schlagen!“

„Das hatte ich eigentlich nicht vor.“ Er setzte sich jetzt neben ich an die kalte Steinwand und wir schauten auf die schwarzen Landschaften von Kalderan. Ich musste bestimmt ganz schön verheult aussehen und die Schminke lief mir bestimmt auch ins Gesicht. Meine Haare waren fürchterlich verzaust, ich fühlte mich einfach nur schrecklich.

„Was willst du denn dann hier?“ fragte ich ihn etwas genervt.

„Auf dich aufpassen, du kannst ja nicht alleine in einer fremden Welt rumlaufen.“

„Nein, jetzt mal ehrlich, warum hast du mich gesucht, und warum hast du mich hier gefunden? Du hast wohl kaum mein Heulen bis zum Schloss gehört.“

„Oh, das ist eine lange Geschichte, aber wir haben ja Zeit. Ich kann dir allerlei erzählen... Ich sollte vielleicht damit anfangen, dass ich einen Tag genauso Niedergeschlagen wie du jetzt an einer Quelle saß.“

„Die Quelle mit dem Kristallwasserfall?“

„Ja, damals war sie aber noch eine ganz normale Quelle“ lachte er mich an. „Es war an dem Tag, als meine Eltern starben...“

„Deine Eltern.... sind tot?!?!“

„Ja...“

„Das tut mir Leid Yori..“ Ich guckte ihn mit verschwommenen Augen an und probierte zu lächeln, doch das schien mir nicht so ganz zu gelingen... „Yori..“

„Hmm..“

„Darf ich dich fragen, wie sie gestorben sind?“

„Mein Vater war General in der Garde des Königs, meine Mutter war Beraterin der Königin. Sie ritten gerade von dem Besuch eines anderen Königreichs zurück nach Kentosai. Sie wurden von der Armee der Schwarzmagierin Mizuki geschickt, um den König und die Königin zu töten. Es gab einen Kampf. Viele Krieger starben, doch der König konnte fliehen. Mein Vater ritt ihm hinterher um ihn zu schützen, doch ein Ritter der schwarzen Armee verfolgte die beiden. Als er dann Angriff konnte mein Vater ihn zwar besiegen, doch er wurde so schwer verletzt, dass er dann im Schloss starb. Meine Mutter und die Königin wurden von der schwarzen Armee verschleppt, seitdem habe ich nichts mehr von ihnen gehört. Als man mich dann ans Totenbett meines Vaters brachte, war er schon fast tot. Er war kurz davor in Ohnmacht zu fallen, und als es dann soweit war, wachte er nicht mehr auf....“

„Dann bist du abgehauen?“

„Ja... aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Als ich dann dort saß an dieser Quelle, passierte etwas sehr merkwürdiges. Die Quelle fing an zu leuchten und glitzern. Sie wurde zu dem Portal, was es heute ist. Als ich dann zurück zum Schloss ging erzählte ich Ryota von dem Wasserfall. Es wurde eine lange Nacht. Ryota erzählte erst dem König von der Quelle, dann den Priestern des Hofes. Um Mitternacht war das ganze Schloss auf den Beinen und diskutierten über das eigenartige Geschehnis. Keiner wusste, was es damit auf sich hatte, doch als Priesterin Hikari einer der alten Legenden durchlas wusste sie genau was Geschehen war:

das Portal, von dem in der Legende erzählt wird, wurde gefunden, und das musste heißen, dass die Prophezeiung wahr war und das es die Hüterin der Jadeperlen wirklich gab. Das, worauf wir so lange gewartet hatte, war endlich in Erfüllung gegangen. Die Prophezeiung sollte sich erfüllen und damit den jahrelangen Krieg zwischen den Schwarzmagiern und den Priestern beenden.“

„Und das soll meine Aufgabe sein? Zwei zerstrittene Völker wieder vereinen?“

„Wenn das so einfach wäre. Du sollst Priesterin werden und deine Kräfte dazu benutzten um Kalderan zu beschützen.“

„Ich soll kämpfen?“

„Wie man es sieht. Ich glaube du sollst etwas besonderes Lernen, was nur du lernen kannst, oder so... auf jeden Fall brauchen wir deine Kräfte, wenn wir nicht ewig so weiterkämpfen wollen.“

„Wieso muss denn ausgerechnet ICH dazu auserwählt worden sein?“

„Ich weiß nicht warum es so ist, ich weiß nur das es so ist!“

„Das bringt mir auch nichts....Und woher wusstest du jetzt wo ich bin? Das hast du mir immer noch nicht gesagt...“

„Na, als wir das mit der Legende herausfanden wollten wir natürlich so schnell wie möglich die Hüterin der Jadeperlen finden, bevor die Schwarzmagier von der erfuhren....“

„Moment mal, DIE wollen auch was von mir?“

„Klar, wenn die dich dazubringen auf ihrer Seite zu kämpfen, dann würden sie endlich gewinnen können... und Kalderan wäre verloren!“

„Aber warum wollen sie denn unbedingt Kalderan zerstören?“

„Zerstören wollen sie Kalderan keinesfalls. Sie verfolgen ihre eigenen Ziele, eine Welt unter der Alleinherrschaft der schwarzen Mächte...“ Unbeholfen zuckte Yori mit den Schultern. „Wenn du uns nicht hilfst ist das das Ende des freien Kalderans...“

„Das ist furchtbar...“ kam es mir nur lautlos über die Lippen.

„Als wir dich dann gefunden hatten, sollten wir dann auf dich aufpassen und dich verfolgen. Meistens übernahm ich diese Aufgabe. Den Rest kannst du dir glaube ich denken, oder?“

„Du hast mich verfolgt, als ich abgehauen bin, weil ich mich mit meinen Eltern gestritten hab?“

„Jaaa...“

„An dem Tag bin ich auch in die Berge gegangen, wusstest du daher wo ich bin?“

„Ja...“

„Na super, ich werde schon seit Wochen beschattet und merke es noch nicht mal mehr... Ich bin vielleicht eine tolle Hüterin..“ Ich konnte nicht anders, jetzt musste ich wirklich lächeln. Als Yori das sah lächelte er mir auch zu...

„Danke Yori“ flüsterte ich ihm zu. „Danke für alles, danke dafür, das du für mich da bist..“

Wir schauten noch lange ins Schwarz des Himmels. Überall am Himmel waren strahlende Sterne. Irgendwann schliefen wir dann beide ein...
 

Mizuki, die Schwarzmagierin, saß auf ihrem Thron im Schatten einer großen Drachenstatue. Draußen herrschte nur schwärze, doch am Himmel schienen die abertausend Sterne und der Mond. Sie schienen wie jede Nacht normal zu leuchten, doch nach der Dunkelheit zu urteilen schien es als hätte man das Licht der Sterne geklaut, so dunkel war es im Schloss Saitenko. Mizuki saß dort also auf ihrem Thron. Vor ihr schwebte ein großer Lichtball, der einzige Funken Licht den es wohl auf dem Schloss gab. Er war so groß als wäre alles Licht der Welt in ihm vereint. Das Licht gab dem Gesicht der Magierin einen schaurigen Ausdruck. Licht und Schatten flackerten überall im Raum herum. Die Magierin schaute nur stumm in den Lichtball, als könnte sie etwas darin sehen, was kein anderer sehen konnte. In der Kugel flackerten Bilder umher, Gesichter von zwei Menschen.

„Das also ist Akina“ murmelte Mizuki vor sich hin „Akina, mit der Gabe der tausend Jadeperlen. Die Kraft mag zwar noch in ihr schlummern, doch wenn sie ihre Kräfte entdeckt wird sie gefährlich für uns werden.“

Die beiden in der Kristallkugel waren Yori und Akina. Sie redeten miteinander, dann schauten sie nur noch, sich gegenseitig anschweigend, in den Nachthimmel.

„Der Junge wird keine Gefahr für uns sein“ überlegte Mizuki vor sich hin. „Ich sollte wohl einfach einen meiner schwarzen Ritter schicken. Das wäre wohl das einfachste...“

Plötzlich sprang Mizuki auf und mit einem einzigen Schlenker ihrer Hand barst die Lichtkugel auseinander und alles Licht, was in ihm versteckt war, verteilte sich im ganzen Schloss. Überall im Saal flackerten nun Kerzen in ihren Haltern an der Wand und auf dem großen Kristallleuchter an der Decke. Sogar die Sterne hatten ihr Licht zurück und der Mond tauchte nun die Gegend ums Schloss herum in weißes Licht. Ein schrecklicher Anblick wurde sichtbar. Überall ums Schloss waren große Krater mit Lava drin und der ganze Boden rund um den Berg auf dem das Schloss stand, war mit Lavaasche bestäubt. Eine große Brücke führte vom Schlosstor über den größten der Lavaseen.

Mizuki war inzwischen zu einer der jetzt vielen sichtbaren Drachenstatuen gegangen und zog jetzt an einem versteckten Hebel. Eine versteckte Tür in der Wand öffnete sich und ein schwarzgekleideter, in einen Mantel gehüllter Mann trat in den großen und jetzt hellen Saal.

„Sie haben gerufen, Mylady? Was verschafft mir die Ehre?“

„Schicken sie einen der schwarzen Ritter los. Er soll mir die Hüterin der Jadeperlen holen!“

„Aber Mylady, ist sie denn aufgetaucht? Meinen sie damit etwa.... die Prophezeiung wird sich erfüllen?“

„Aber ja doch! Und jetzt schicken sie endlich den Ritter los, sie ist im Moment so gut wie allein. Es ist nur ein schwacher Knabe bei ihr, aber der wird uns nicht behindern. Wenn nötig, erlaube ich meinem Diener auch ihn zu töten, bringt mir bloß das Mädchen, aber lebend...“
 

Mitten in der nacht schreckte ich aus dem Schlaf. Yori hatte mich wach gerüttelt, doch als ich fragen wollte, warum er mich geweckt hatte, bedeutete er mir nichts zu sagen und zu lauschen. Jetzt konnte ich es auch hören. Es hörte sich an wie Hufgetrappel auf dem Fels. Die Hufe schleiften leise auf dem Boden, als wenn das Tier eine schwere Last tragen musste. Wer konnte das nur sein? Jemand aus dem Schloss? Nein, das kann ja nicht sein, sonst wäre Yori nicht so ruhig. Also musste es jemand sein.... jemand sein, der uns etwas antun wollte! Ich erschrak, was ist, wenn sie uns finden? Wer wollte uns überhaupt finden? Was sollten wir nur tun? Yori drückte sich jetzt gegen die Felswand und glitt langsam an ihr vorbei. Er wollte nach oben, um zu schauen, wer dort war. Das war mir klar, doch bevor er auch nur einen Zentimeter weiter klettern konnte, schlug auch schon ein Schwert von der oberen Felskante gegen den kalten Stein. Ich schrie auf. Eine riesige schwarze Rüstung hatte probiert Yori zu attackieren! Yori, der nun wusste mit wem er es zu tun hatte, kletterte schnell die Felskante hoch und zog sein eigenes Schwert. Es war ein silber-glänzendes Schwert, mit einem wunderschönem Griff aus Kristall. Er zog sein Schwert, als hätte er schon sein ganzes Leben lang mit einem Schwert umgehen können, dachte ich, als Yori dann auf den Ritter losstürmte und gegen ihn kämpfte. Yori war schnell, doch der Ritter war ihm mit seiner mörderischen Kraft überlegen. Jedes mal, wenn der Ritter angriff konnte Yori nur ausweichen oder mit mühe und Not abwehren. Ich wollte es nicht zugeben, doch Yori hatte keine Chance gegen diesen mörderischen Krieger. Bis jetzt konnte Yori zwar noch ausweichen, doch die wenigen Treffer die er auf die Rüstung wagen konnte, schadeten ihr kaum. Sie schien immer noch mit der selben Kraft anzugreifen, so als ob der Mensch, der in ihr sein musste, nicht fühlen würde und auch nicht müde wurde, ganz im Gegensatz zu Yori. Er konnte nicht ewig den Schlägen des schwarzen Schwerts ausweichen, das mit mörderischer Durchschlagskraft immer wieder auf ihn zusauste. Yori verlor langsam seine Kraft und er wurde immer langsamer. Ich war inzwischen auch den Abhang hochgeklettert. Jetzt konnte ich Yoris keuchenden Atem hören und konnte wirklich sehen was passiert:

Das Schwert des Ritters hatte Yori schon etliche male gestreift. Überall an seinem Körper waren kleine Kratzer und seine Kleidung, eine einfache Hose und ein Hemd, waren überall leicht eingerissen. Ich konnte nur entsetzt zuschauen wie Yori gerade sein Leben riskierte, doch als der schwarze Kämpfer Yori dann mitten an der Schulter traf, riss ich mich aus meine Erstarrung. Yori fiel auf den Boden und rollte einige Meter weiter weg von dem blutrünstigen Kämpfer.

„Yori!“ kreischte ich und rannte auf ihn zu.

„Akina, hau ab! Er hat es auf dich abgesehen! Los, lauf zum Schloss!“

„Aber..“

„Jetzt mach schon! LAUF!!“

„Aber Yori! Das ist Wahnsinn, ich lass dich doch nicht hier alleine!“

Ich kniete mich jetzt neben ihn. Yori’s Schulter blutete stark. Er versuchte sich aufzurichten, doch seine Schulter schmerzte so stark, das er sich nicht aufstützen konnte.

„Yori, leg deinen Arm auf meine Schulter, ich helf’ dir hoch. Komm, schon, wir müssen hier weg!“

Yori regte sich nicht. Er schaute nur wie gelähmt auf den Ritter, der immer näher kam. Der Ritter hob jetzt sogar sein Schwert, so nah war er jetzt schon an uns herangeschlurft. Yori bewegte sich immer noch nicht.

„Yori, jetzt komm endlich!“ Ich legte jetzt Yori’s Arm über meine Schultern und wollte ihm aufhelfen, doch ich schaffte es nicht. Als unser Angreifer nur noch wenige Schritte entfernt war, schloss ich meine Augen. Ich konnte das nicht mit ansehen. Es war aus, alles war aus. Ich würde meine Familie nie wieder sehen und ich würde auch jemals wieder zu Hause sein und bei meinen Freunden. Ich werde nie wieder all sie Dinge tun, die mir spaß machen, und das schlimmste ist, dass ich hier sterben muss. Hier, alleine in einer anderen Welt, wo niemand bemerkte, dass ich tot war. Aber Moment, ich bin doch gar nicht allein! .... Yori ist bei mir! Dann werde ich wenigstens nicht alleine sterben, Yori ist schließlich für mich da....

Als mir das klar wurde, lief mir eine einzelne Träne über die vor Aufregung glühende Wange. Ich hörte jetzt schon das quietschen den hebenden Arms, der zum tödlichen Schlag ausholte und die Stille durchbrach. Ich schloss die Augen noch fester und weitere Tränen liefen mir über meine Wangen. Ich nahm Yori noch fester in den Arm, doch als ich dachte, der Ritter würde nun endlich zuschlagen und es hinter sich bringen, endete das Geräusch des peitschenden Schwerts so aprupt, wie es angefangen hatte. Mir wurde schwindelig als ich meine Augen einen Spalt breit öffnete. Ich musste sie zukneifen, denn gleißendes Licht blendete mich. Der tödliche Schlag des Ritters wurde durch das Licht von uns ferngehalten und der Ritter schien nun gegen das Licht anzukämpfen das rund herum um mich und Yori war. Langsam wurde mir schwarz vor Augen. Ich sackte langsam zusammen, nahe der Ohnmacht, doch bevor mir meine Augen ganz zuklappten, konnte ich noch verschwommen sehen, wie das Licht schwindete und Hauptmann Ryota sich nun zwischen uns und den Ritter warf. Nun nahm er den Kampf des Lichts gegen die Rüstung auf. Ich fiel in Ohnmacht...

Die Entscheidung

Kapitel 2: Die Entscheidung
 

Es gibt immer und überall einen Hoffnungsschimmer

Du musst nur daran glauben

Denn egal was passiert

Deine Geliebten stehen immer hinter dir.
 

Als ich wieder aufwachte, lag ich in einem bequemen Bett. Mein Kopf sank in dem Kissenberg ein und Sonne strahlte durch die dünnen Vorhänge des Himmelbetts auf mein Gesicht. Ich richtete mich auf und abrupt zog jemand den rosanen Vorhang zurück. Es war eine Frau, Hikari.

„Na, auch schon wach?“ sagte sie mit einem lächeln auf dem Gesicht.

„Ja, was ist denn passiert? Was mach ich hier in dem Bett?“

„Ach, das ist jetzt nicht so wichtig. Ich geh dann mal besser. Ich sollte den anderen Bescheid sagen, dass du wieder aufgewacht bist. Wir haben uns alle ganz schöne Sorgen um dich gemacht!“

„Was ist denn passiert??“ sagte ich jetzt mit ein wenig Nachdruck.

„Frag Ryota doch gleich“ sagte Hikari, die schon halb aus dem Raum war. Sie warf mir noch ein lächeln zu und verschwand dann aus dem Raum.

Einige Augenblicke später kam dann Ryota in den Raum.

„Na, auch schon wach?“

„Jaaahaa! Würdest DU mir denn bitte die Freude erweisen und mir endlich sagen, was los ist??“

„Wollte dir Hikari etwa nichts sagen?“

„Ja, und jetzt sag doch endlich! Was war los? Warum bin ich plötzlich hier?“ Ich fing an zu überlegen, und unter höllischen Kopfschmerzen fiel mir dann langsam alles wieder ein... „Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass dieser Ritter Yori und mich angegriffen hat und das.... das Yori gegen ihn gekämpft hat... dann wurde er getroffen...von dem Schwert des Ritters.... ich wollte Yori aufhelfen und mit ihm weglaufen.... aber Yori ist nicht aufgestanden...“ Ein plötzlicher Schmerz durchfuhr jetzt wieder meinen Kopf. Ich zuckte zusammen.

„Kopfschmerzen?“

„Ja..“

„Hikari meint das wäre jetzt ganz normal, bei dem was du getan hast.“

„WAS hab ich denn getan, und was ist mit Yori passiert?“

„Also, als dieser Ritter euch angreifen wollte, hast du sozusagen eine Schutzmauer gebaut.“

„Meinst du dieses viele Licht, das plötzlich rund um uns herum auftauchte?“

„Ja.“

„Das kam von mir?“

„Ja, das ist eine der Gaben, die nur Priester beherrschen..“

„Aber ich bin doch gar kein Priester!“

„Du hast aber die Fähigkeiten einer Priesterin, und das bedeutet, das du wirklich die Hüterin der Jadeperlen bist! Du musst wissen, das Priester normalerweise nur hier in Kalderan geboren werden und sie auf der Erde eigentlich gar nicht existieren. Und selbst hier schaffen es nur bestimmte Personen zum Priester zu werden, aber die müssen das erst noch lernen. Du hast die Kräfte einer Priesterin schon von Geburt an und musstest sie nicht vorher trainieren so wie Hikari und Hikaru.“

„Bin ich deswegen etwas besonderes? Weil ich eine kleine Barrikade errichten kann, die mich schützt?“

„Du weißt ja nicht, was noch für Kräfte alle in dir Schlummern...“

„Hat mich Hikari deswegen so angelächelt??“

„Ich denke schon.“

„Ryota, was war das eigentlich für ein komischer Ritter. Er schien überhaupt nichts zu fühlen, so als wäre er nicht...“

„...lebendig?“

„Genau!“

„Das könnte daran liegen, das die Rüstung nicht lebendig war.“

„Wie sie ist nicht lebendig?“

„Es war eine der verzauberten schwarzen Rüstungen von Mizuki. In ihnen steckt nur Magie und keine Seele, deswegen kann die Rüstung auch nichts fühlen. Das könnte auch der Grund sein, warum es die liebsten Beschützer Mizuki’s sind... Jetzt hab ich dir aber genug erzählt! Du solltest dich erst einmal ein wenig erholen. Dein Training fängt dann später an!“

„Ich will doch aber gar nicht hier bleiben! Ich will heim!“

„Aber du musst blei..“

Dann kam Hikari herein, gefolgt von Hikaru und Yori.

„Lasst sie gehen, wenn sie heim will!“ sagte Hikari.

„Aber..“ fing Ryota, doch wurde direkt von Hikaru unterbrochen.

„Wenn sie nicht hier bleiben will, kann sie uns auch nicht helfen und lernen schon gar nicht. Wir können dich nicht dazu zwingen, zu bleiben Akina, doch du wirst schon wissen, was du für richtig hältst.“

„Ryota, können sie vielleicht jemanden suchen, der Akina zur Quelle zurückbringt?“

„Ja, Priesterin Hikari. Ich werde jemanden meiner Garde fragen.“ Dann verschwand er aus dem Raum. Yori starrte mich die ganze Zeit nur ein wenig traurig an, wie ich so im Bett saß und langsam ein schlechtes Gewissen bekam. Ich fühlte mich schlecht dafür, dass ich alle hier im Schloss im Stich lassen würde, doch ich wollte keine Priesterin oder irgendeine Auserwählte sein. Ich wollte einfach nur weiter ich selbst sein: Akina, ein 15-Jähriges Mädchen, dass auf der Erde lebt, ein Cheerleader ist und ein ganz normales Leben führt. Ich wollte nichts besonderes sein, ich wollte nur ich sein. Ich wollte heim, zu meiner Mum und zu meinen Freundinnen und einfach wieder mein Leben leben.

„Du solltest jetzt deine Sachen zusammensuchen...“ sagte Hikari und deutete auf einen Stuhl wo meine Tasche lag. Dann drehte sie sich um und verließ den Raum. Yori und Hikaru folgten ihnen und ließen mich allein in diesem Zimmer, dass viel zu märchenhaft war für das was gerade geschah. Ich fühlte mich gefangen in diesem Dilemma einer märchenhaften Geschichte die sich hier vor mir abspielte. Und ich sollte die Hauptrolle spielen ohne es zu wollen. Plötzlich war es mir einfach egal, was hier passierte. Ich wollte all das einfach nur noch vergessen. Ich stand auf und fing an meine Sachen zusammenzusuchen. Dann verließ ich den Raum, schaute noch einmal hinein und ließ es dann hinter mir. Ich nahm abschied von diesem Schloss und von allem, was ich mit ihm verband. Ich schlenderte die Gänge entlang, wollte alles nur hinter mir lassen, also dachte ich an zu Hause, um all das hier zu vergessen...
 

Akina kam nun an der Treppe an, wo auch schon Hikari, Hikaru und Ryota warteten. Akina schlenderte in ihrer Cheerleaderuniform auf die kleine Gruppe zu und das Herz wurde ihr immer schwerer.

«Ich muss das jetzt durchziehen.» dachte Akina, doch irgendwie fiel ihr das nicht so leicht, alles zu vergessen. « Ich muss das alles hier einfach hinter mir lassen...»

„Nun, Akina.. Dann ist das wohl der Moment in dem wir Abschied nehmen müssen“ sagte Ryota und blickte traurig drein.

„Ja..“ sagte Akina nur.

„Draußen wartet ein Reiter auf dich, er wird dich zurück zu Quelle bringen.“

„Ja... dann geh ich mal raus...“

„Machs gut, Akina!“ sagte Hikari und umarmte Akina.

„Leb wohl!“ raunzte Hikaru.

„Wir werden dir nicht böse sein Akina. Wir werden dich vermissen...“ sprach Ryota. „Geh jetzt...“

Akina ging. Sie schaute noch einmal zurück und ging dann die lange Treppe hinunter. Dann stieß sie die große Flügeltür auf und trat ins Freie.

„Sollen wir sie nicht aufhalten, Gebieterin?“ fragte Ryota Hikari.

„Lasst sie gehen..“

„Aber..“

„Wir werden nicht verloren sein. Sie wird zurückkommen, da bin ich mir sicher“ sagte die Priesterin und verschwand in den Ostflügel.
 

Vor dem großen Tor saß ein einsamer Reiter auf seinem Pferd und hielt noch ein zweites am langen Zügel. Das war wohl die Person, die mich nach Hause bringen sollte. Ich wollte ihn gerade begrüßen, da sagte er schon: „Los, steig auf.“

Ich fand ihn ein wenig unhöflich, aber das war irgendwie auch ein wenig verständlich, da ich schließlich gerade abhaute um diese Welt nicht zu retten, in der er ja lebte. Deswegen stieg ich einfach stumm auf und schon ritten wir los. Den ganzen, langen Weg schwiegen wir uns an. Als wir endlich die große Wiese erreicht hatten war es schon Nachmittag.

„Ab hier werde ich gehen, ja?“

„Wie du meinst“ sagte der Typ nur und blieb stehen. Als ich von dem Rappen abgestiegen war, ritt er auch schon los ohne auch nur Tschüss zu sagen.

Ich ignorierte ihn einfach und watete durch das hohe Gras bis zur Quelle. Ich schaute noch einmal zurück, betrachtete die weite, grüne Wiese, das Tal dahinter und verfolgte ein letztes mal den Weg des kleinen Bachlaufs. Dann nahm ich meinen letzten Mut zusammen und schritt durch das Wasser der kristallklaren Quelle..
 

Yori saß an dem Bett, wo vor einigen Augenblicken noch Akina gelegen hatte. Seine rechte Schulter war Bandagiert und ein großer Kratzer zog sich über seine linke Wange, die Verletzungen aus der Schlacht gegen den Ritter. Ryota war ebenfalls in dem Raum.

„Ryota, wieso haben wir sie gehen lassen. Ohne Akina brauchen wir jetzt auch nicht mehr hoffen. Wir sind verloren, denn sobald Mizuki davon erfährt, dass Akina zurück in ihrer Welt ist, wird sie Akina sofort auf ihre Seite ziehen. Wir hätten Akina nicht gehen lassen sollen...“

„Yori, du vergisst, dass Akina kein kleines Mädchen mehr ist. Sie ist eine Priesterin, vielleicht auch die stärkste aller Zeiten! Sollte sie in Gefahr geraten wird sie sich nicht einfach verschleppen lassen, sie wird sich wehren und das weiß Mizuki auch. Jetzt, wo Akina anfängt ihre Kräfte zu entwickeln, ist es Mizuki unmöglich sie noch zu entführen.“

„Ja, du hast recht, aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gefühl bei der ganzen Sache. Was ist, wenn Akina doch nicht zurückkehren wird?“

„Hat sich Hikari jemals geirrt?“

„Nein...“sagte Yori und schaute bedrückt auf den Boden.

„Siehst du, du brauchst dir überhaupt keine Sorgen machen. Warte einfach ab, es wird schon so kommen, wie es kommen soll, dafür sorgt Gott schon...“
 

Piep Piep Piep

Mit einem lauten Stöhnen wachte ich auf und stellte erst einmal meinen nervtötenden Wecker aus. Ein sonniger Dienstagmorgen, und ich verspürte nicht die geringste Lust aufzustehen und in die Schule zu gehen. Mein Kopf dröhnte und müde war ich noch dazu. Aber was blieb mir schon anderes übrig? In die Schule musste ich so oder so...

Aber eines fragte ich mich trotzdem: was hatte ich gestern gemacht? Ich wusste wohl noch, das ich beim Training war, aber danach hatte ich nur noch eine dicke schwarze Gedächtnislücke. Der Versuch auch nur zu ergründen, wie ich gestern nach Hause gekommen was und was ich dort getan hatte, bereitete mir schon Kopfschmerzen. Aber es half ja nichts, auch keine Kopfschmerzen. Ich musste heute in die Schule, es war die letzte Mathestunde vor der Arbeit.

Also stand ich auf, machte mich im Bad fertig und frühstückte mit Mum in der Küche. Dann schnappte ich mir meinen Rucksack und machte mich auf den Weg zur Schule. An der Bushaltestelle traf ich dann meine besten Freundinnen und Mitcheerleader Nimoe, Taya und Nodika. Die drei begrüßten mich mit einer Gruppenumarmung und wir warteten gemeinsam an der Haltestelle.

Dann kam der Bus endlich und brachte mich und die anderen zum Schulgelände um einen erneuten Tag langweiligen Unterrichts dort zu verbringen.
 

Den Nachmittag verbrachte ich damit meine Hausaufgaben zu machen und für die bevorstehende Mathearbeit zu lernen. Lineare Gleichungen, wer brauchte die Dinger schon?

Am Abend ging ich dann zum Cheerleadertraining. Kopfschmerzen hatte ich immer noch ein wenig... Nach dem Training alberten wir alle noch in den Umkleiden herum. Wir duschten uns, redeten über den neusten Tratsch und Klatsch und über die neusten Mode- und Stylingtipps. Als ich dann in meiner Sporttasche nach meinem Schlüssel suchte, fand ich nur

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eine Perlenkette? Eine Perlenkette... Jadeperlen... die Hüterin der Jadeperlen!!! Ich wurde kreidebleich und mein Gesicht erstarrte. Plötzlich fiel mir alles wieder ein, was ich gestern getan hatte. Ich war in Kalderan, eine Parallelwelt der Erde, die durch die mächtigen Streitkräfte Mizukis bedroht wurde. Ich musste zurück, ich musste ihnen helfen. Es war ein Fehler zu gehen. Vielleicht würden die Welten jetzt alle untergehen, nur weil ich so stur war. Vielleicht konnte ich ja gar nicht mehr zurück! Ich musste es versuchen, ich musste zurück nach Kalderan!

„Ich muss los“ rief ich in den Raum, wo die anderen noch ihre Haare vor den Spiegeln föhnten, und griff mir Jacke und Sporttasche. Dann stürmte ich aus der Halle, von den verwunderten Blicken der anderen Mädchen verfolgt.

Das einzige, woran ich jetzt noch denken konnte, war Kalderan. Immer mehr Erinnerungen kehrten zurück, und schließlich auch die an Yori. Ich wusste nicht genau, was ich für ihn empfand, doch ich wusste ganz genau, dass ich ihm helfen wollte. Das war ich ihm schuldig, nachdem er für mich da war und versucht hatte mein Leben zu retten.

Ich hastete jetzt schon durch den Wald und schlängelte mich zwischen den vielen Bäumen her. Den kleinen Waldpfad hatte ich schon vor langem verlassen. Wo war bloß diese verflixte Höhle? Na endlich, dort hinten auf der Lichtung musste sie sein. Und tatsächlich, dort im Dämmerlicht der gerade untergegangenen Sonne war sie. Die Höhle, das Spiegelportal nach Kalderan. Auf der Lichtung angekommen kniete ich mich nieder und kroch durch den schmalen Eingang der Höhle. Ich ließ den dunklen Tunnel hinter mir und trat in das eigenartige Licht das die Höhlenwände ausstrahlten.

Mittlerweile war ich jetzt an dem kleinen Wasserfall angekommen. Plötzlich hörte ich eine tiefe Stimme hinter mir: „Wir haben dich schon erwartet...“

Ich drehte mich langsam um und sah ein halbes Dutzend schwarzer Rüstungen hinter mir. Einer von ihnen hatte sein stählernes Visier hochgeklappt. Aus der schwarzen Leere funkelten mir zwei rubinrote Augen entgegen. Entsetzt stolperte ich ein paar Schritte rückwärts. Was sollte ich jetzt tun? Wenn Yori schon gegen einen Ritter kaum etwas anrichten konnte, wie sollte ich dann mit so vielen klarkommen? Wieso musste mir immer wieder so etwas passieren?

„Was zum Teufel wollt ihr von mir“ schrie ich in meiner Verzweiflung den Ritter mit dem aufgeklappten Visier an.

„Mizuki erwartet Sie schon zu Ihrer Audienz.“

„Ich weiß nichts von einer Audienz und zu Mizuki würde ich sowieso nie mitkommen!“

„Dann bleibt uns nicht anderes übrig, als Sie mit Gewalt zur Meisterin zu bringen“ erklang wieder seine dunkle Stimme. Plötzlich hoben alle Ritter gleichzeitig ihre Schwerte und stapften langsam auf mich zu. Ich wich weiter zurück zur Wand. Was sollte ich nur tun schoss mir immer wieder durch den Kopf. Es war aussichtslos. Konnte ich es riskieren einfach in den Wasserfall zu springen und zu flüchten, oder warteten wohlmöglich noch mehr von diesen Monstern auf der großen Grasebene in Kalderan? Sollte ich kämpfen oder eher konnte ich das überhaupt? Wie sollte ich mich denn schon wehren? Diesen Blechbüchsen hatte ich doch nichts entgegenzusetzen. Ich musste mich entscheiden: Kampf oder Flucht. Beides war riskant. Doch eine Entscheidungsmöglichkeit blieb mir eigentlich gar nicht mehr, denn die Ungetüme hatten mich schon so eingekreist, dass wenn nur noch ein Kampf möglich war. An Flucht war also nicht mehr zu denken. So ein Mist. Was sollte ich nur machen? Die Ritter stapften unentwegt weiter auf mich zu während ich mir, nach einer Lösung suchend, den Kopf durchlöcherte. Verzweifelt dachte ich nach und nach, doch mir fiel nichts ein, wie ich mich hätte wehren können. Na ja, wie auch, schließlich war ich ja keine Meisterin in Karate oder der Schwertkunst. Nur noch wenige Meter trennten mich von meinem Schicksal schon wieder verschleppt zu werden. Es war aus, alles war zuende bevor es überhaupt angefangen hatte. Denn was wollte Mizuki wohl mit mir machen, schließlich war ich ihr Todfeind. Natürlich würde sie mich aus dem Weg schaffen wollen.

Wie versteinert sackte ich auf den Boden und sah meinen Schicksalsengeln langsam zu, wie sie immer näher kamen. Wenn mich jetzt noch jemand retten will, sollte er sich beeilen, dachte ich mir nur.

Doch es kam keiner. Mit jedem Schritt mehr hoffte ich auf Rettung. Doch niemand erhörte mich, niemand kam. Ich schloss die Augen, denn irgendwie hatte ich die Vorahnung, dass gleich einer der Ritter zuschlagen würde. Doch nichts geschah. Ich hörte nur ein sehr lautes scheppern und ich riss meine Augen sofort auf. Ich sah nur noch, wie eine dichte Lichtmauer den ohnehin schon hellen Raum in ein helles, fast weißes Licht tauchte. Die schwarzen Rüstungen wurden in die Luft gehoben und gegen die nächstbeste Wand geschleudert. Ich sprang auf. Wenn ich an Flucht denken konnte, dann jetzt. Ich nahm all meinen Mut zusammen und rannte durch das Schlachtfeld. Ich lief durch das helle Licht, dass, wie ich mir dachte, anscheinend wieder mir entsprang. Da ich langsam immer erschöpfter wurde wusste ich, dass ich diese Lichtbarriere nicht lange halten konnte. Als ich durch den dichten Lichtschleier dann endlich den Wasserfall erkennen konnte sprang ich heilfroh in das glitzernde Wasser und fand mich auf der Grasebene in Kalderan wieder. Ich konnte mich nur glücklich schätzen, dass nicht auch hier die Lakaien der Schwarzmagierin auf mich lauerten. Trotzdem sollte ich mich nicht mit dieser plötzlichen Sicherheit zufrieden geben. Deshalb nahm ich meine Beine in die Hand und rannte los, in der Hoffnung irgendwen zu finden, bei dem ich eine Nacht bleiben konnte, denn wie auch bei meinem letzten Besuch, ging gerade die wunderschöne goldene Sonne Kalderans unter....
 

„Ich hätte es wissen müssen“ schallte die kalte Stimme Mizukis durch den dunklen Raum. „Wie konnte ich nur so dumm sein und darauf vertrauen was so ein Vollidiot wie Sie, Roka, sagen“ schrie sie den Mann im schwarzen Mantel an.

„Es tut mir Leid Mylady, ich bin ihnen nicht würdig“ gab Roka, der erste Berater Mizukis zurück. Dabei verneigte er sich demütig und wartet auf die Geste seiner Meisterin, die ihm befahl sich wieder aufrecht hinzustellen.

„Schon gut, schon gut“ blaffte die ihn nur an und schritt quer durchs Zimmer. Sie ging zu einem großen Lichtball. Das verschwommene Bild in ihr flackere immer wieder undeutlich durch den Lichtball. Man konnte sehen, wie Akina über die Wiesen Kalderans rannte, auf der suche nach Kentosai oder einem anderen Ort, wo man sie vorübergehend aufnehmen würde.

„Was war ich auch so einfälltig zu glauben, dass ihre Kräfte noch nicht so kräftig ausgebildet sind um sechs meiner besten Männer davon abzuhalten die Kleine zu verschleppen. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass sie schon so stark ist.“

„Gebieterin, wie hättet ihr auch wissen sollen, dass dieses verflixte Gör schon..“

„Schweigt!“

Er gehorchte und senkte leicht seinen Kopf.

„Lassen sie mich allein, Roka, ich muss nachdenken“

„Sehrwohl, Gebieterin“ sagte Roka und verschwand durch den Geheimgang in der Wand.

Mizuki hingegen guckte nur weiterhin mit scharfen Blicken in die Wahrsagekugel aus purem Licht.

„Akina, kleine Akina...Welche Macht schlummert wohl wirklich in dir? Man weiß es nicht...Das Mädchen ist mir ein Dorn im Auge. So ein mächtiges Geschöpf sollte wissen auf welche Seite es gehört. Ich kann es mir nicht erlauben eine so starke Gegnerin zu haben! Ich muss einen Weg finden sie auf meine Seite zu bringen, sonst ist mein Plan zum scheitern verurteilt.“ Nachdenklich wandte Mizuki ihren Blick von der Kugel ab. „Akina, renne nur so lange du noch kannst. Es kommt der Tag, an dem du mir nicht mehr entkommen kannst. Dann werden wir zusammenarbeiten, ob es dir passt oder nicht, und niemand wird uns stoppen können. Habe ich Akina unter Kontrolle kann ich mit der Hilfe der Drachen endlich siegen! Nicht mehr lange, Akina, dann wirst du mir gehorchen. Das verspreche ich dir! Und ich weiß auch schon genau wie ich...“ Ein wahnsinniges Lächeln zog sich über das Gesicht der Schwarzmagierin. „Akina, werde nur stärker. Desto stärker, desto besser! Werde schnell stärker und erfülle deine Aufgaben, denn erst dann wirst du für mich nützlich sein...“
 

Es wurde immer dunkler. Die Sonne war nur noch ein Stück am Horizont zu sehen und ich war inzwischen bei einem kleinen Waldstück angekommen. An einer Weggabelung am Waldrand wählte ich dann schließlich den rechten Weg und hoffte darauf endlich irgendein Haus oder Bauernhof zu finden. Ich irrte erst mal ein wenig am dämmerigen Waldrand herum. Aufgehört zu rennen hatte ich schon am Waldrand. Nach einer halben Ewigkeit konnte ich dann endlich einen Gutshof erkennen. Erleichtert und erschöpft schleppte ich mich das letzte Stück bis zum dem alten Haus. Efeu berankte das alte Gemäuer des großen Hauses, das sich bis weit über mir in den Himmel erstreckte. In der Dunkelheit wirkte es fast ein bisschen bedrohlich. Ich wagte die letzten Schritte bis zu der großen Flügeltür und klopfte mit dem steinernen Türklopfer an der Tür. Nach einiger Zeit regte sich etwas im Haus und eine liebenswürdige alte Dame öffnete vorsichtig die Tür.

Mit schriller Stimme fragte sie mich: „Wer ist da? Was willst du?“

„Ich suche einen Platz zum schlafen. Ich möchte auch nur eine Nacht bleiben. Morgen früh bin ich gleich wieder weg. Es ist nur, ich habe mich verirrt, denn eigentlich...“

„Moment, beruhige dich erst einmal, meine Liebe. Ich sehe, dass du uns nichts tun willst. Komm erst mal herein, dann kannst du weitererzählen. Hier draußen ist es nämlich doch sehr kalt.“

Die alte Dame, mit ihrem langen weißen Haar, von welchem manche Strähnen in kleine Zöpfe geflochten waren, öffnete die Tür nun etwas weiter und bat mich herein.

Sie führte mich durch eine kleine und dunkle Eingangshalle in einen vom Kaminzimmer warm beleuchteten und gemütlichen Raum mit niedlichen Sesseln und Regalen voll mit alten Büchern. In dem Sessel der am nächsten am Feuer stand, saß ein freundlich aussehender alter Mann mit Falten im Gesicht und einer Halbglatze. Er guckte mich freundlich an und begrüßte seinen Gast mit einem lächeln und einem herzlichen Händeschütteln. Das Ehepaar forderte mich dazu auf mich in einem der gemütlich gepolsterten Sesseln am Feuer niederzulassen und erst mal zu erzählen, wem sie diese späte Störung zu verdanken kannten. Also stellte ich mich erst mal vor: „Mein Name ist Akina, entschuldigen sie die Störung.“

„Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen, mein Liebes. Wir freuen uns über jeden Besuch, nettes Fräulein.“ Sagte die nette alte Frau, die sich als Moriko vorstellte.

„Bei uns ist doch jeder willkommen“ sagte nun auch Tatsuya, der Besitzer des ehemaligen Zuchthofes.

„Ich weiß gar nicht was ich zu dieser herzlichen Aufnahme sagen soll“ bedankte ich mich.

„Nichts zu danken, aber erzähle uns doch erst einmal was dir überhaupt passiert ist. Du siehst ja doch ein wenig mitgenommen aus, Akina.“

Also erzählte ich dem Ehepaar meine Geschichte. Ich erzählte ihnen, dass ich die Auserwählte Hüterin der Jadeperlen war, dass ich bei meiner Rückkehr auf Mizukis Lakaien getroffen war, und was mein eigentliches Ziel war, nämlich das Schloss Kentosai.

Zwischendurch hatten sie beiden staunen müssen, besonders weil sie ihres Erachtens eine „sehr wichtige Person“ vor sich sitzen hatten.

Sie könnten erst gar nicht glauben, dass ich, Akina-Shizuka-Shinju, ein kleines Mädchen mit 15 Jahren die große Heldin dieses langen Krieges sein sollte, doch als sie meinen Erlebnissen zuende gelauscht hatten, konnten sie nicht anders als mir zu glauben. Was blieb ihnen auch anderes übrig, fest für sie stand auf jeden Fall, dass ich aus einer anderen Welt kam, da ich ihrer Meinung nach eigenartige Kleider trug, und vielleicht auch ein wenig anders sprach. Daraus schloss sich auch für die beiden, dass ich die Wahrheit sagte, denn wer aus einer anderen Welt würde, erstens, hierher kommen können und zweites, dabei auch noch so viel wissen?

„Armes Mädchen“ stammelte Moriko immer wieder vor sich hin während sie auf den Boden starrte. Ich wurde unterdessen von ihrem Ehemann ausgefragt. Er wollte besonders viel über die Unterschiede zwischen meiner und ihrer Welt reden. Ich würde müder und müder, und als ich bestimmt schon zum siebten mal gegähnt hatte meinte Moriko schließlich, dass sie mir grad das Gästezimmer bereit machen würde, damit wir alle denn jetzt auch mal schlafen gehen könnten.

„Wir sehen dann morgen weiter“ meinte noch Tatsuya.

„Was meinen sie damit?“ fragte ich nur etwas verwirrt.

„Na wie wir dich morgen ins Schloss schaffen!“

„Danke“ sagte ich nur schlich mit einem lächeln und folgte dann Moriko die Treppe hinauf.
 

Ich verbrachte eine wundervolle Nacht in einem wunderbar weichen Himmelbett im alten Anwesen des Ehepaares Moriko und Tatsuya.

Wir verbrachten die morgendlichen Stunden mit einem ausgiebigen Frühstück und einem weiterem langem Gespräch.

„Tatsuya, was meinst du? Könntest du Akina nicht in ein paar Stunden zum Schloss bringen?“

„Sie brauchen sich nicht die Mühe zu machen, es reicht wenn sie mir den Weg erklären könnten auf dem ich zum Schloss komme. Ich kann auch ruhig gehen..“

„Kommt gar nicht in Frage meine Liebe!“ fiel mir Moriko ins Wort. „Was wäre wenn Mizukis Helfer dich wieder überfallen wollen. Nein, nein, nein, du bist die Hüterin der Jadeperlen, dass heißt wir müssen dich Unterstützen in allem was du tust. Da aber im Moment die einzige Möglichkeit dir zu helfen darin besteht dich zum Schloss zu bringen, werden wir diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen.“

„Du bist nun mal unser letzter Hoffnungsschimmer, den wollen wir doch nicht verlieren“ sagte nun auch Tatsuya. „Ich werde dich gleich zu Schloss bringen.“

„Aber das kann ich nicht annehmen“ wiedersprach ich. „Ihr habt mich doch schon eine Nacht aufgenommen, dann braucht ihr mich doch nicht auch noch zum Schloss kutschieren.“

„Wir sehen es aber als eine Pflicht an, dich so gut es geht zu schützen! Also, keine wiederreden mehr, Tatsuya bringt dich gleich zum Schloss.“

So war es dann auch, egal was ich sagte, ich konnte die beiden Dickköpfe nicht mehr von ihrem Vorhaben abbringen. Also brachte mich Tatsuya mit seiner Kutsche zum Schloss. Die ganze Fahrt über saß ich stumm neben ihm auf dem Kutschbock und schaute mir schweigend die Gegend an. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, aber sie hatten sich ja auch nicht überreden lassen mich gehen zu lassen! Ich wollte nicht von allen Leuten besonders behandelt werden, nur weil ich ihr „letzter Hoffnungsschimmer“ war. Ich bin nicht hilflos, das mussten sie doch einsehen! Es macht mich krank, immer als besser angesehen zu werden nur weil mein Schicksal etwas anderes für mich vorgesehen hatte wie für all die anderen Menschen! Ich wollte einfach ganz normal behandelt werden, nicht wie ein kleines Kind, auf das man jede Minute aufpassen musste und bei jeder Sache unterstützen musste die es tat. Ich war nicht mehr klein, ich brauchte ihre Hilfe nicht! Ich konnte auf mich selbst aufpassen! Und das wollte ich jetzt allen Menschen hier in Kalderan beweisen. Ich war kein kleines Kind, was vor den Problemen wegrennt. Ich bin Akina, die Hüterin der Jadeperlen, und ich werde meiner Bestimmung folgen und euer Kalderan retten, egal was passiert.

Das und viel mehr beschloss ich an diesem Tag als ich mein Schicksal annahm und wirklich zu Hüterin der Jadeperlen wurde.

Aller Anfang ist schwer

Kapitel 3: Aller Anfang ist schwer
 

Es gibt immer einen Weg,

eine Tür ins Licht.

Du musst bloß wissen,

wo das Tor zu finden ist.

Die Antwort für alles,

der Schlüssel,

das ist dein Herz.
 

Als ich am Schloss ankam traf ich nicht gerade viele Leute auf dem Hof an. Wie üblich wurden die neuen Gäste erst mal von den Soldaten geprüft und nach den Namen gefragt. Dann durften wir auf den Hof, wo nur König und Prinz mit zwei Stallburschen ihrer Pferde sattelten. Na ja, man könnte wohl eher sagen, dass Vater und Sohn die beiden armen Männer herumscheuchten und mit unsinnigen Kommentaren bombardierten, wie sie die Pferde besser und schneller satteln konnten während sie nur dumm daneben standen und zuschauten.

Außerdem traf ich auch noch auf Ryota, der auch sein Pferd sattelte. Er brauchte dafür allerdings keine Stallburschen. Gerade als Ryota dann auf seinen Schimmel aufsteigen wollte, bemerkte er den Besuch. Erst guckte er etwas verwundert, doch als er mich erkannte hatte kam er zu uns herüber und begrüßte mich erst mal herzlich.

„Akina, welch ein freudiger Besuch! Hast du dich doch noch für dein Schicksal entschieden“ neckte er mich.

„Jaaa, klar, ich kann euch ja nicht einfach so im Stich lassen“ gab ich nur etwas ironisch zurück und lächelte ihn an.

Er wurde wieder ernst und sagte etwas was es mir erleichterte mich in dieser fremden Welt heimisch zu fühlen: „Ich bin froh das du wieder da bist.“

„Ich bin auch froh“ sagte ich und lächelte noch mal, aber diesmal ein ehrliches und aufrichtiges Lächeln, kein neckisches wie eben.

„Hast du was dagegen wenn ich jetzt gehe“ fragte mich Tatsuya schüchtern.

„Nein, nein. Du kannst ruhig nach Hause gehen. Danke noch mal für alles, und grüß bitte noch Moriko von mir“ antwortete ich ihm dankbar.

„Danke auch von mir, dass Sie Akina heil nach Kentosai gebracht haben“ sagte dann auch Ryota.

„Nicht der Rede wert, nichts zu danken. Machs gut Akina, unsere Hoffnung liegt allein in dir“ sagte Tatsuya glücklich und verabschiedete sich von uns.

„So, dann erzähl doch erst einmal. Was ist denn passiert?“ fragte Ryota etwas irritiert.

„Also…“ begann ich zu erzählen...
 

Währenddessen im Schloss

Yori war gerade auf dem Weg in sein Zimmer. Dabei ging er an der offenen Waschküche der Zofen vorbei und hörte unbeabsichtigt deren Gespräch mit an:

„Hast du es auch schon gehört? Die Hüterin der Jadeperlen soll zurückgekehrt sein!“

„Akina? Sie ist wieder da? Welch ein Glück! Wer hat dir das erzählt?“

„Irgendjemand soll sie bei ihrer Ankunft gesehen haben, ich weiß aber nicht mehr wer es war. Der alter Tatsuya soll sie hierher gebracht haben.“

„Gott sei Dank, dass sie zurückgekehrt ist“ sagte noch die eine, doch ab dann konnte Yori nichts mehr verstehen, da die beiden nun fertig damit waren die Wäsche zu waschen und sie jetzt aufhängen gingen.

Akina war also wieder da? Sie war wieder da? Wie lange und wo war sie? Man hatte sie zuletzt auf dem Hof gesehen, also spurtete Yori los, den Weg zurück durchs Schloss, durch lange Flure und an vielen verschlossenen Türen vorbei.

Das Gerenne kam ihm vor wie eine Ewigkeit, doch dann, endlich, kam er in die Eingangshalle. Er ging an der großen Treppe vorbei und ging zum großen Eingangsportal. Als er es aufstieß flutete gleißendes Sonnenlicht in den großen Saal.
 

Als ich endlich zuende erzählt hatte, bemerkten auch endlich König und Prinz, dass Besuch gekommen war. Sie kamen zu uns herüber getrottet und gerade als Daiji mir zur Begrüßung die Hand küssen wollte, öffnete sich das große Schlossportal und Yori trat ins Freie. Als er mich dann sah, wie meine Hand von Daiji, dem Möchtegernprinzen abgeknutscht wurde, verfinsterte sich langsam seine Miene. Er kam erst noch ein Stückchen näher getrottet, wurde dann immer langsamer und blieb schließlich stehen. Er wirkte unsicher. Unterdessen laberte Daiji mich damit zu, wie glücklich er doch war, eine reizende junge Dame wie mich wiederzusehen, doch ich hörte ihm überhaupt nicht zu. Ich schaute nur zu Yori und als er sich langsam wieder zum gehen wandte, riss ich mich von Daiji los.

„Entschuldigst du mich bitte mal kurz“ sagte ich teilnahmslos zu ihm und rannte zu Yori.

„Hey“ flüsterte ich und packte ihn sanft an der Schulter.

Er drehte sich um und sein zuvor finsteres Gesicht schaute mich jetzt nicht mehr so finster an.

„Hey“ antwortete er nur abweisend.

„Bist du irgendwie sauer?“ fragte ich ihn direkt aus dem Bauch heraus.

Plötzlich wurde er kaum merklich rot im Gesicht und stritt nur ab: „Neeeiiiin, wieso sollte ich denn sauer sein?“

„Deswegen frag ich ja“ lächelte ich ihn an.

„Du hast vielleicht Ideen“ lachte er und fuhr sich durch die Haare am Hinterkopf.

„Und? Hast wohl nicht damit gerechnet, dass ich wiederkomme, oder? Du hast eben so entsetzt geguckt.“

„Ich hab nur vergessen... mein Licht auszumachen!“

„Dann... solltest du vielleicht in dein Zimmer gehen und es ausmachen?“

„Ach, nicht so tragisch. Die Kerze geht schon irgendwann von alleine aus“

„Dann ist ja gut“

Stille trat ein und wir beide wandten unsere Blicke dem Boden zu. Irgendwie war es schon ein komisches Gefühl hier vor einem Typen zu stehen, der mich eigentlich nicht mag und darauf zu warten, dass er was sagt. Doch was empfand ich eigentlich für Yori? Eigentlich war er ja gar nicht so schrecklich. Er war sogar ganz nett, wenn er nicht gerade auf cool machte. Yori war ja eigentlich auch ganz süß, doch was sollte ich mit einem Typen der mich immer nur anzickt? Vielleicht sollte ich mich einfach verabschieden und mich weiter vom Prinzen zulabern lassen?

Unerwartet räusperte er sich .

„Du Akina?“

„Hm?“ Erwartungsvoll hob ich meinen Kopf ein Stück und schaute ihm schräg in seine leuchtend blauen Augen.

„Ich wollte dir noch etwas sagen...“

Plötzlich wurde er von dem Rufen von Ryota unterbrochen: „Akina, komm doch gleich mal rüber.“ Yori drehte sich weg und schaute zur Sonne am Horizont. Ich stellte mich neben ihn und schaute in dieselbe Richtung.

„Was wolltest du sagen“ fragte ich noch mal nach und ignorierte, dass mich der Hauptmann gerade gerufen hatte.

Er überlegte kurz. „Ich wollte dir sagen, dass ich froh bin, dass du wieder du bist.“

„Wirklich“ fragte ich etwas ungläubig und versuchte ihm in die Augen zu schauen, doch er wich meinen Blicken aus. Ich wurde aus ihm einfach nicht schlau, mal war er total unausstehlich und mal... wie jetzt!

„Ja, ich mein es ernst.“

Sollte ich ihm glauben schenken? Wieso eigentlich nicht, Menschen können sich ändern und das hatte er anscheinend.

Also wandte ich mich zu ihm und sagte: „Yori, ich bin auch froh wieder da zu sein“

Dann wandte ich mich um. Im Gehen drehte ich mich noch mal um und sagte ihm über die Schulter: „Ach übrigens, ich stehe nicht so auf die Traumprinzen, ich stehe eher auf die Beschützer.“ Ich drehte ich mich wieder nach vorne und verschwand in Richtung Ryota.
 

Ich war inzwischen wieder in meinem alten Zimmer. Seit meiner kurzen Flucht hatte sich hier nichts verändert, immer noch der gleiche, hell eingerichtete Raum. Draußen standen unzählige Sterne am Firmament und der Mond beleuchtete den schönen Raum nur schwach.

Glücklich warf ich mich auf das große Bett. Ich kam mir vor wie eine Prinzessin, denn genau so behandelten mich jetzt die Leute. Ich fand es zwar immer noch nicht toll, anders als alle anderen behandelt zu werden, doch trotzdem musste ich einfach manches von diesem zuvorkommenden Verhalten der anderen genießen. Ich hatte ja gedacht, dass mich die Leute hier im Schloss nach meinem Fehltritt nicht mehr so nett behandeln würden, doch darin hatte ich mich getäuscht. Jeder hier war glücklich mich zu sehen und verzieh mir auf anhieb. Nichts hätte besser laufen können.

Hikari hatte sich am meisten gefreut mich zu sehen. Die junge Priesterin war fast schon wie eine Freundin für mich. Ab morgen sollte meine Ausbildung zur vollwertigen Priesterin beginnen, das hatte mir Hikari versprochen. Es wird zwar nicht gerade leicht werden, doch die Anwendung meiner Kräfte musste ich leider erst noch lernen.

Nachdem ich zu Ryota herübergegangen war, hatte ich mir erst einmal das Dauergequatsche vom Prinzen und nun auch des Königs anhören müssen, doch glücklicher Weise, hatte Hikari mich dann gerettet und nahm mich mit in die Bibliothek. Dort erzählte sie mir dann von der Ausbildung und von allerlei anderen Dingen. Später hatte sie mich dann nur noch in mein Zimmer zurückgebracht.

„Du solltest dich erst einmal ausruhen“ hatte sie gesagt. „Wir sehen uns dann morgen.“

Danach hatte sie die Tür geschlossen und war gegangen.

Wie ich jetzt bemerkte war ich auch ganzschön müde. Kein Wunder, bei der ganzen Aufregung in den letzten Tagen. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich bei den vielen Gedanken, die noch in meinem Kopf rumschwirrten, gar nicht schlafen konnte.

Ich musste immer wieder an meine Eltern denken, ich vermisste sie und irgendwie hatte ich ein bisschen Heimweh.

Aus Langeweile zählte ich die Sterne am Himmel. Immer und immer wieder fielen mir die Augen zu, bis ich dann endlich in einen unruhigen Schlaf fiel.
 

Yori lag währenddessen auf seinem Bett in seinem Zimmer. Dieses war nicht so schön eingerichtet wie das von Akina, doch er war ja auch nur im Bediensteten-Trakt untergebracht worden und nicht im schönen Obergeschoss. Schon viele Jahre lebte er in diesem Zimmer, und mit der Zeit hatte es von Yori seine ganz persönliche Note bekommen. Er hatte es zwar nicht groß dekoriert, oder verändert, doch trotzdem konnte man erkennen wer hier leben musste. Egal wo, überall in diesem kleinen Zimmer standen Bilderrahmen mit Fotos aus der Vergangenheit. Bilder aus glücklichen Tagen, wo Yoris Eltern noch gelebt hatten. Auf einem Bild konnte man das junge Elternpaar mit ihrem etwa sechs Jahre alten Sohn erkennen. Yori war der einzige Sohn der kleinen Familie gewesen. Auf einem anderen Bild konnte man den gleichen kleinen Jungen erkennen, jetzt etwa ein Jahr älter. Er saß auf einem Pferd, breit grinsend und neben ihm sein Vater, der so stolz guckte, als wäre sein Sohn gerade zum König gekrönt worden. Auf dem Bild, auf dem Nachtschrank des Jungen, waren einzig seine Eltern zu sehen. Ein glückliches Paar, eng aneinander geschlungen und verliebt lächelnd. Yori guckte sich dieses Bild gerade an. Wie sehnte er sich doch nach den freien, sorgenlosen Tagen, als seine Eltern noch bei ihm waren. Er vermisste die beiden sehr, früher einmal waren es die einzigen Menschen die er hatte. Die Zeit nach ihrem Tod, war die schrecklichste Zeit in seinem ganzen Leben. Früher hatte er immer jemanden zum reden, jemanden der sich mit ihm freute, wenn etwas tolles passiert war. Was würde Yori dafür geben, wenn seine Eltern wieder da wären, wenn einfach alles wie früher wäre. Manchmal wünschte er sich jemandem alles erzählen zu können und um Rat zu fragen. Doch niemand war da, der sich mit ihm freute, niemand hörte ihm zu. Schon klar, Ryota behandelte ihn wie einen Sohn, doch trotzdem war es nicht das gleiche wie eine richtige Familie. Manchmal dachte er, irgendwo da draußen gab es einen Menschen der ihn verstand, der vielleicht das gleiche Schicksal wie er teilte. Er hoffte oft darauf, dass einfach jemand durch seine Zimmertür schreiten würde und ihr fragen würde wie es ihm geht, ihn fragen würde was los ist, wenn er traurig guckt.

Oft fühlte er sich alleine, doch an dem Tag, als er allein mit Akina auf dem Berg gewesen war, fühlte er ein Gefühl, was seit Jahren nicht mehr da gewesen war. Er hatte sich geborgen gefühlt und in gewisser Weise auch verstanden. Akina hatte ihm zugehört, ihm Trost gespendet und mit ihm gefühlt. Er wusste nicht, was er für dieses Mädchen empfinden sollte. War sie vielleicht nur eine Freundin, oder hasste er sie wirklich so sehr, wie er am Anfang der ganzen Geschichte behauptet hatte? War sie vielleicht die Person auf die er schon so lange gewartet hatte?

Er wusste einfach nicht mehr was er glauben sollte, dieses Mädchen raubte ihm einfach nur noch den letzten Nerv. Warum brachte sie ihn immer wieder so aus der Fassung? Wieso war er traurig, wenn sie nicht da war und wieso war er froh, wenn er in ihrer Nähe sein durfte?

Yori dachte an die Szene heute im Hof. Warum war er nur so glücklich gewesen, als er von ihrer Rückkehr gehört hatte? Und warum war er dann so enttäuscht und wütend gewesen, als er dann seine Akina und Prinz Daiji zusammen gesehen hatte? Könnte es etwa sein, das er eifersüchtig war? Yori konnte einfach nicht glauben, was er gerade gedacht hatte. Schnell verscheuchte er diesen Gedanken wieder aus seinem Kopf.

Das nächste Teil des Puzzles bereitet ihm genau solche Kopfschmerzen. War der letzte Satz bevor sie gegangen war etwa eine Anspielung? Dachte Akina etwa wirklich, dass er eifersüchtig geworden war? Und selbst wenn, hatte sie diesen Satz ernst gemeint? „Ach übrigens, ich stehe nicht so auf die Traumprinzen, ich stehe eher auf die Beschützer“ hatte sie gesagt. Hatte sie etwa damit gemeint, dass sie ihn, Yori, dem Prinzen Daiji vorziehen würde? Schließlich war der ja so etwas wie ein Traumprinz, und beschützt hatte Yori sie nun einmal. Fragen über Fragen.. Sein gesamtes Gedankenfeld glich einem einzigen unlösbaren Puzzle. Er wusste weder ein, noch aus. Er wusste nicht was er denken oder fühlen sollte. Doch eine Sache war klar: Ihm kam es so vor, als wäre er nicht mehr allein auf dieser Welt, seit sie in sein Leben getreten war. Er fühlte sich nicht mehr leer und einsam, denn in seinem zuvor dunklen und leeren Herzen war nun ein helles Licht aufgetaucht. Trotzdem war sie ihm ein Rätsel, so nah und trotzdem so fern für ihn.

Mit einem Seufzer drehte er sich um, schaute nicht mehr auf das Bild seiner Eltern. Wenn doch nur seine Mutter da wäre, oder sein Vater. Er brauchte einen Rat, doch damit konnte er nicht zu Akina gehen, auch wenn er es gerne getan hätte. Er konnte sie ja schlecht fragen, was er für sie fühlte!

Yori war immer noch genauso ratlos wie am Anfang. Wieso war das alles so schwer? Wieso quälte er sich überhaupt so? Ich sollte einfach das Beste aus allem machen, dachte Yori sich. Einfach abwarten was passiert. Im Laufe der Zeit würde sich sein Gedankenpuzzle schon noch lösen. Das hoffte der Schwarzhaarige jedenfalls. Aber es brachte nichts jetzt weiter vor sich hinzugrübeln. Es war schon spät, höchste Zeit schlafen zu gehen.

Plötzlich vernahm Yori ein leises klopfen an der Tür. Wer konnte das denn so spät noch sein?

Irritiert stand Yori auf. Er öffnete die Tür und schaute in das Gesicht von Akina. Ein stummes Lächeln huschte über ihre Lippen.

„Du bist noch auf?“ fragte sie ihn.

„Ja, aber ich wollte eigentlich gerade schlafen gehen.“

„Ich glaube dann sollte ich besser wieder gehen, oder?“ Sie wollte sich gerade wieder umdrehen, als Yori sie plötzlich zurückhielt.

„Warte! ... Ich meine... Nein, du brauchst nicht gehen“ fügte er noch hinzu.

„Wirklich? Stör ich dich auch nicht?“

„Nein gar nicht, möchtest du nicht rein kommen?“ fragte er etwas schüchtern.

„Gerne doch“ antwortete sie nur und ging neben ihm her durch die Tür. Verblüfft schaute er ihr nach und erwachte dann schlagartig wieder aus seiner Trance. Er schloss die Tür und folgte ihr.

„Nettes Zimmer“ sagte Akina und ging erst mal quer durch den Raum um ihn genau zu betrachten: Ein Bett, eine Kommode und ein Tisch mit zwei Stühlen, alles aus demselben, hellen Holz. Über der Kommode hing ein kleiner Spiegel, darunter standen ein paar Bilderrahmen und ein Stapel Bücher. Sie schaute sich alles an, ab und zu musste sie lächeln.

« Wie süß Yori doch damals ausgesehen hat...» dachte die zukünftige Hüterin der Jadeperlen nur.

„Was machst du eigentlich hier, Akina?“ fragte Yori etwas verwirrt und unterbrach so die Stille.

Sie drehte sich zu ihm um, lehnte sich an die Kommode und meinte nur: „Ich konnte nicht schlafen, da dachte ich, ich schau mal ob du noch wach bist.“

Sie guckte ihn schon wieder so an, mit ihren wunderschönen blauen Augen. Dieses unschuldige Lächeln und der schüchterne Blick. Akina war einfach nur das schönste Mädchen das er kannte. Seit Tagen konnte er jetzt schon nicht mehr aufhören an sie zu denken, und jetzt wo sie vor ihm stand, die beiden alleine waren und sie nur wegen ihm, ihm ganz allein, hier war, konnte er nichts sagen. Sein Kopf wurde Tagelang durch nervenden Gedanken gequält und jetzt wo sie vor ihm stand war sein Kopf leer. Was sollte er denn jetzt sagen? Unbewusst nahm Akina ihm diese schwere Last ab und fing an zu Reden.

„Hattest du eigentlich gar keine Geschwister Yori?“

Überrascht, dass sie das Schweigen brach, antwortete er nur wahrheitsgemäß mit einem ‚Nein’.

„Waren deine Eltern... die einzigen Menschen die du hattest?“

Er senkte den Kopf und nickte nur stumm. Manchmal wünschte sich Yori einfach weinen zu können, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen, doch, wie er fand, war das gar nicht so einfach. Der Verlust seiner Eltern hatte aus dem einst fröhlichen kleinen Jungen, einen gefühlskalten Menschen gemacht. Er konnte nicht jeder x-beliebigen Person vertrauen. Er wusste nicht wie aber Akina brachte ihn dazu etwas zu tun, was er schon sehr lange nicht mehr getan hatte: Er erzählte von seinen Gefühlen.

„Seit meine Eltern weg sind, fühle ich mich so leer. Irgendwie kommt es mir manchmal vor, als wäre ich ganz alleine auf der Welt.“

Langsam ging sie näher an ihn heran. „Aber Yori, du bist doch nicht allein! Was ist denn mit dir los? Überall, wenn du um dich herum guckst sind Menschen die mit dir leben. Wir alle zählen auf dich Yori, und egal was passiert, wir stehen alle hinter dir. Du bist nicht allein. Du hast doch uns.“

Sie kam näher und versuchte Augenkontakt mit ihm aufzunehmen, doch er wandte sich ab und ging zu dem Bild seiner Eltern auf seinem Nachtschrank.

„Du hast Recht Akina, jetzt nicht mehr. Früher vielleicht, aber langsam wird mir klar, dass das nicht stimmt.“ Er nahm den Bilderrahmen in die Hand und guckte es sich an.

„Was meinst du? Was passiert mit denen die sterben?“

Akina kam zu ihm herüber und schaute nun auch auf den silbernen Rahmen. „Ich weiß nicht genau, aber bestimmt gibt es irgendwo einen Ort, wo deine Eltern weiterleben. Von dort schauen sie dir dann jeden Tag zu und stehen dir bei. Sie sind immer da, egal wo du bist. Und zwar genau da!“ sagte Akina und zeigte auf Yoris Herz. „Egal wo du bist, deine Eltern sind immer in deinem Herzen, und daran wird sich auch nichts ändern. Selbst wenn du glaubst allein zu sein, die Menschen die dich lieben sind immer bei dir und zwar da drin.“

„Akina, du bist echt unglaublich. Du bist die einzige die mir richtig zuhört. Danke...“

„Du hast mich auch getröstet als es mir schlecht ging, ist doch klar, dass ich mich nicht einfach umdreh und gehe wenn es dir schlecht geht.“

„Darf ich dich noch etwas fragen?“

Sie nickte.

„Warum bist du zurückgekommen?“

Akina seufzte. „Das ist schwer zu erklären. Als ich wieder zu Hause war hatte ich erst alles vergessen. Es war so, als wäre überhaupt nichts passiert. Ich wusste gar nicht, dass ich überhaupt kurzzeitig in Kalderan war. Dann hab ich diese Perlenkette in meiner Tasche gefunden, ich wusste auch nicht woher sie kam. Wahrscheinlich ist sie mir irgendwie in die Tasche gerutscht als ich meine Sachen gepackt habe. Auf jeden Fall fiel mir dann irgendwie alles wieder ein als ich mir die Perlenkette genauer ansah. Irgendwie war der Rest dann nur noch Kurzschlussreaktion. Ich fühlte mich irgendwie schlecht euch alle im Stich gelassen zu haben und bin ohne auch nur zu zögern zurückgekehrt.“

„Ehrlich gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass du zurückkehrst.“

„Hab ich anfangs auch gedacht“ sagte das Mädchen und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Jetzt bin ich aber froh, dass ich es getan hab. Anfangs hatte ich ja gedacht, dass ihr mir jetzt alle böse wärt...“ sagte Akina und setzte sich auf die Kante des Bettes.

„Ist ja noch alles gut gegangen“ gab der Junge zurück.

Mit verschwommenem Blick schaute Akina auf den Boden. „Findest du echt, dass alles gut gegangen ist? Ich fand es nicht gerade lustig von 12 schwarzen Rittern gleichzeitig angegriffen zu werden.“ Die Blonde lachte zynisch auf.

„Du wurdest...angegriffen?“, fragte Yori entsetzt.

„Ja, aber ich konnte flüchten. Danach ist ja wirklich fast alles gut gelaufen“, sagte das Mädchen gelassen.

„Erzähl schon, was ist den passiert“ fragte Yori entsetzt und ließ sich neben Akina nieder.

„Als ich zur Quelle kam lauerte mir ein Dutzend von diesen Monstern auf. Es ist wieder diese Lichtmauer gekommen, danach konnte ich flüchten. Dann bin ich durch das Spiegelportal und hab versucht nach Kentosai zurückzufinden. Ich hab mich dann aber irgendwo in einem Wald verirrt und bin dann zu dem Gutshof von Moriko und Tatsuya gekommen. Eine Nacht habe ich bei den beiden verbracht, und am nächsten Tag hat mich Tatsuya dann zurückgebracht. Ende der Geschichte.“

„So wie du das erzählst hört sich das gar nicht so schrecklich an. Hattest du denn gar keine Angst?“

„Anfangs schon, ich war voll in Panik, weil ich dachte die Ritter würden mir folgen. Später wollte ich dann einfach nur noch ins Schloss.“

„Wärst du nicht nach Hause gegangen, hätte das alles gar nicht passieren müssen.“ Sagte der Kendo, ein Lehrling des Hauptmanns.

„Sag das noch mal! Willst du etwa sagen ich bin an allem Schuld?“ fragte Akina und stellte sich mit den Händen in den Hüften vor Yori.

„Ja, das wollte ich damit sagen. Du hättest einfach direkt bleiben sollen!“ Yori ahnte was sie jetzt gleich machen wollte, doch er provozierte sie trotzdem weiter. Er wollte sie testen, gucken ob sie das jetzt wirklich machte. Und sie tat es.

„Jetzt bist du dran“ sagte sie und ein breites Grinsen zog sich über ihr Gesicht. „Ich kenne kein Erbarmen.“

Plötzlich stürzte Akina sich auf Yori und kippte ihn aufs Bett. Sie kitzelte ihn und tat ihr bestes um ihn festzunageln. Doch Yori gelang es Akina nach unten zu drehen. Er hielt ihre Handgelenke fest und fesselte sie so auf dem Bett.

„Blödmann“ maulte sie ihn an.

„Zicke“ erwiderte er nur.

„Das hättest du nicht sagen sollen!“ Dann riss sie sich los.

Das Ringen zwischen den beiden hatte schnell ein Ende, denn müde und schweratmend fielen die beiden auf die weichen Kissen.

„Wirst du eigentlich irgendwann auch mal müde?“ keuchte Yori.

„Nein…“ murmelte sie. Die Augen hatte sie geschlossen und sie atmete ruhig und langsam.

„Sag mal, willst du jetzt etwa hier schlafen?“ fragte der Schwarzhaarige leise.

„Mmh..“ Sie schlief bereits.

« Was soll ich denn jetzt machen?» fragte sich Yori.

Er guckte Akina beim Schlafen zu. Sie sah so unschuldig und lieb aus, wenn sie schlief. Nicht so temperamentvoll, wie sie eben noch gewesen war. Irgendwie war sie doch gewissermaßen süß. Ab und zu zwar etwas zickig und aufbrausend, aber einfach süß, wunderhübsch und unbeschreiblich. An einem Tag hatte sie es geschafft ihn so sehr zu verändern. Es war fast schon beängstigend.

Yori legte sich auf die Seite, den Kopf auf der Hand abgestützt, und betrachtete Akina. Ihre blonden Haare lagen wild neben ihr auf dem Kissen, die Beine hatte sie angewinkelt und sie lag auf der Seite.

Yori überlegte. Langsam wurde ihm klar, dass er Akina nicht hasste. Sie war etwas ganz besonderes für ihn, er mochte sie. Akina akzeptierte ihn so wie er war und wusste genau was er fühlte. Sie stand ihm bei und tröstete ihn und danach brachte sie ihn immer zum Lachen. Langsam stand Yori auf und holte eine zweite Decke aus dem Schrank. Sanft zog er die Decke auf seinem Bett unter Akina weg und deckte sie damit zu. Dann nahm er die zweite Decke und legte sich daneben.

Erst fühlte er sich ein bisschen komisch in dieser Situation, doch dann gewöhnte Yori sich daran. Er gähnte herzhaft, kuschelte sich in die Kissen und nach kurzer Zeit schlief auch er ein.
 

Wiedereinmal wurde ich von diesen nervtötenden Sonnenstrahlen geweckt. Ich musste blinzeln als ich meine Augen öffnete, da mir die Sonne direkt auf Gesicht knallte. Hektisch kramte ich halb blind nach einem Kissen und hielt es mir über meine Augen, in der Hoffnung, doch noch wieder einzuschlafen. Ich war noch hundemüde, doch irgendwie konnte ich einfach nicht wieder einschlafen. Genervt legte ich das Kissen zur Seite und richtete mich langsam auf. Überall sah ich Sterne... Was schien die Sonne einem auch direkt in die Augen wenn man gerade aufwachte!?

Erst schaute ich mich ein wenig verwirrt um, doch ich realisierte sehr schnell, dass ich ja gestern in Yoris Zimmer eingeschlafen war. Fragt sich bloß, wo Yori war?

Im Zimmer konnte ich ihn auf jeden Fall nicht entdecken, das einzige, was ich vorfand, war ein Tablett mit Frühstück auf dem Nachtschrank.

Ich schnappte mir erst mal ein Croissant vom Teller und schaute mich noch ein bisschen im Zimmer um. Vielleicht ließ sich Yori ja doch noch irgendwann mal blicken.

Umschauend ging ich langsam durchs Zimmer. Beim Vorbeigehen am Spiegel erhaschte ich einen kurz Blick auf mein total verschlafenes Selbst. Müde schaute ich drein, mit wild zerstrubbelten Haaren vom Kopf abstehend. Hastig strich ich mir die Haare glatt und wanderte weiter durch den Raum zum Fenster. Von Yoris Zimmer aus konnte man direkt auf den Innenhof des Schlosses schauen. Draußen herrschte dasselbe Treiben wie jeden Tag. Die Stallburschen versorgten die Pferde der Ritter, die gerade von einem Kontrollritt wiedergekommen waren, sattelten die Tiere oder misteten aus. Es war beruhigend zu sehen, dass sich hier wirklich nichts verändert hatte. Als ich mein Frühstück aufgegessen hatte wandte ich mich vom Fenster ab und verließ den Raum. Im Gehen richtete ich meinen Blick auf die Armbanduhr. Es war inzwischen schon kurz nach halb zehn, wie ich feststellte. Sehr lange hatte ich also nicht mehr Zeit, bis mich Hikari zu meiner ersten Lehrstunde an der Bibliothek erwartete. Auf leisen Sohlen schlich ich über die leeren Gänge bis in die Eingangshalle. Leise wie eine Katze huschte ich die Treppe hoch und verschwand durch den rechten Torbogen. Nun eilte ich nur noch die letzten paar Gänge entlang und stand schließlich vor meiner Zimmertür. Fast geräuschlos drückte ich die Klinke herunter und glitt durch den schmalen Türspalt in den Raum. Mit tapsenden Schritten ging ich ins Zimmer und Schloss die Tür wieder hinter mir. Erleichtert atmete ich auf und rutschte langsam an der Tür hinunter auf den Boden. Es ist ganz schön anstrengend durchs halbe Schloss zu schleichen, wie ich jetzt wusste. Zum Glück hatte mich keiner gesehen, ich hatte keine Lust die dummen Fragen zu beantworten, die sie mir dann stellen würden, besonders weil ich selbst nicht genau wusste, warum ich eigentlich gestern bei Yori geschlafen hatte.

Ich hoffe nur ich hab niemanden geweckt, insofern überhaupt noch jemand schläft. Langsam stand ich wieder auf, und schlenderte zum Kleiderschrank. Hikari hatte mir gestern extra noch gesagt, dass man mir Kleidung in die Kommode hatte legen lassen. Dann fiel mir plötzlich ein wunderschönes, schneeweißes Kleid auf, welches über den Stuhl in meinem Zimmer gelegt wurde. Also war doch schon irgendwer hier gewesen...

Ein bisschen enttäuscht darüber, das meine ganze Mühe beim leise sein umsonst gewesen war, widmete ich mich jetzt dem Kleid. Wie gesagt war es schneeweiß, hatte einen etwa knielangen, aus flatternden Stoffschichten bestehenden Rock und um die Hüfte waren schöne, rote Bänder gewickelt die hinten mit einer Schleife zusammengebunden waren. Insgesamt wirkte das Kleid sehr verspielt, was besonders durch den mit Bändern zusammengebundenen Ausschnitt unterstrichen wurde. Glücklich hob ich es hoch und hielt es mir mit durchgestreckten Armen vors Gesicht um es genauer zu betrachten. Normalerweise mochte ich ja nicht so gerne Kleider, doch dieses hier war irgendwie besonders und nicht so wie ein Rüschenkleid, in welches man als kleines Mädchen immer von der Mutter hineingezwängt wurde, weil es ja so süß aussieht.

Fröhlich über diesen schönen Tagesbeginn trottete ich mit dem Kleid ins nahegelegene Badezimmer. Auch hier war alles aus atemberaubenden, glänzenden Steinen gefertigt. Von der Marmorbadewanne, bis zu den Wänden aus einem weißen, spiegelglatten Stein. Ich legte das Kleid erst einmal über den Badewannenrand und putzte mir Zähne und wusch mein Gesicht. Dann zog ich das viel zu große Hemd aus, welches ich gestern Abend zum Schlafen angezogen hatte und schlüpfte in das neue Kleid. Es passte als wäre es extra für mich gemacht. Ich bürstete noch schnell meine schulterlangen, blonden Haare und verließ dann das Bad. Mit einem letzten Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es Zeit war um mich auf den Weg zu den Bibliotheken zu machen, insofern ich sie überhaupt wiederfinden würde. Ich konnte nur hoffen, dass ich mir die Wegbeschreibung von Hikari genau genug gemerkt hatte.

Voller Tatendrang endlich mehr über meine Begabungen in Erfahrung zu bringen machte ich mich auf und trottete gemütlich die Gänge des riesigen Schlosses entlang. Ohne mich nur einmal zu verirren erreichte ich dann endlich den hellen Fensterraum mit der Kuppelförmigen Decke mit dem Drachenportrait an der Stirnseite. Ich fummelte kurz hinter dem Rahmen des Bildes herum und betätigte dann den versteckten Schalter. Klickend ging die Tür auf und eröffnete den Eingang zu den geheimen Bibliotheken Kalderans.

Mir blieb nichts anderes übrig als wieder über diesen unglaublichen Raum des Schlosses zu staunen. Verwirrt schaute ich mich um, auf der Suche nach Hikari. Endlich entdeckte ich sie auf der oberen Ebene wo sie, wie ich glaubte, einige Bücher sortierte.

Munter stapfte ich die Treppe hinauf und rief Hikari gut gelaunt ein „Gute Morgen“ entgegen. Erschreckt schaute sie von den Büchern auf, entspannte aber dann gleich wieder, als sie bemerkte, dass es nur ich war.

„Guten Morgen“ antwortete sie mir und stand von ihrem Stuhl auf um zu mir herüberzuschlendern. „Na, gut geschlafen, Akina?“

„Ja, super! Meine erste Nacht hier hätte kaum besser sein können“ gab ich ihr mit einem Lächeln zurück.

„Ja, erste Nacht und schon außer Haus! Sag schon, wo warst du gestern Nacht“ sagte Hikari gespielt ernst und stemmte dabei ihre Arme in die Hüften.

Mein Lächeln wurde noch breiter. „Ach, muss ich dir das etwa sagen?“

„Ja klar, schließlich bin ich deine Erziehungsberechtigte!“ schauspielerte Hikari weiter und guckte dabei genau wie meine Mutter, wenn ich etwas angestellt hatte.

„Und wenn nicht?“

„Dann, meine kleine Akina, bringe ich dir nicht bei, wie du deine Kräfte richtig einsetzt!“

„Das ist gemein!“ protestierte ich.

„So ist das Leben“ spottete sie nur und tippte mir gegen die Stirn.

„Ich sag es dir ja“ maulte ich und rieb mir die Stirn. „Ich hab Yori besucht und bin dann bei ihm eingeschlafen. Bist du jetzt zufrieden?“

„Ja, mehr wollte ich nicht wissen“ lachte Hikari nur und fragte dann doch weiter. „Und du bist dir auch sicher, dass da nichts gelaufen ist.“

Mir neugierigen Blicken musterte sie mich.

„Chices Kleid übrigens“ fügte sie noch hinzu und deutete auf mich.

„Dankeschön, und ja, ich bin mir sicher, dass da nichts mehr gelaufen ist! Wir haben nur geredet. Können wir jetzt anfangen?“ gab ich genervt zurück.

„Ja ja, schon gut“ plauderte Hikari nur vor sich hin, als sie seelenruhig zum Tisch zurück schlenderte.

„Also für heute habe ich mir überlegt, solltest du erst mal lernen, wie du deine Magie richtig bündelst. Das kann man am Besten damit üben, indem du wieder eine deiner netten Schutzmauern baust.“ Erklärte meine Lehrmeisterin und setzte sich mit einem verspielten Lächeln auf die Tischkante.

„Dann fang mal an und zeig mir was du kannst.“

„Wie jetzt? Einfach eine Wand auftauchen lassen?“ fragte ich etwas irritiert.

„Ja doch..“

„Aber wie soll ich das machen?“ fragte ich etwas verzweifelt. „Sonst ist die Wand doch immer nur aufgetaucht, wenn ich in Schwierigkeiten war!“

„Na das sollst du ja jetzt eben lernen, deine Magie auch so zu bündeln, nicht nur instinktiv!“

„Oh mein Gott“ sagte ich nur und versuchte mich zu konzentrieren.

Plötzlich fing meine Handfläche an zu kribbeln. Erschrocken öffnete ich die Augen und sah eine klägliche kleine Magiemauer vor meiner Hand.

„Na das kann ja noch heiter werden“ hörte ich Hikaris zynische Stimme.

Das glaube ich aber auch, fügte ich in Gedanken hinzu. Das kann man aber laut sagen...
 

Mit einem lauten Seufzer ließ ich mich auf den Stuhl neben Hikari fallen.

„Ganz schön anstrengend, so ne dumme Wand aufrecht zu erhalten“ seufzte ich.

„Es hat ja auch keiner gesagt, dass Magie einfach wäre.“ Sagte die immer noch putzmuntere Hikari und tänzelte um mich herum. „Das müsste für heute auch reichen. Wenn du willst kannst du jetzt gehen.

„Echt, das war’s schon? Aber meine Magiewand ist doch immer noch nicht größer als ein normaler Ritterschild!“ wunderte ich mich.

„Das stimmt schon, aber deine Kräfte müssen sich erst wieder generieren. Es ist nicht gut deine Energie überzustrapazieren. Außerdem sind deine bisherigen Ergebnisse gar nicht mal so schlecht, du lernst sehr schnell!“

„Meinst du das wirklich“ fragte ich noch einmal nach und lächelte sie schüchtern an.

„Ja doch, und jetzt verschwinde schon, du hast bestimmt noch was Besseres zu tun als den ganzen Tag in der Bibliothek rumzuhocken. Falls du mich fragen würdest, ich würde an deiner Stelle erst mal Mittagessen, weil mein Magen schon seit ungefähr einer Stunde knurrt und danach täte es dir gut daran dich endlich mal hier auf dem Gelände etwas umzuschauen.“

„Wenn das so ist frag ich dich halt: was soll ich jetzt machen?“

„Komm mit mir in den Speisesaal, dann können wir erst einmal was essen. Danach könntest du dann ja mal das Gelände ein wenig erkunden.“

„Gute Idee, los, gehen wir!“

Arm in Arm schlenderte wir aus dem Raum und bahnten uns den Weg in den Speisesaal...
 

Der Speisesaal war einfach atemberaubend. Der riesige Saal des Erdgeschosses war lichtdurchflutet, denn gegenüber der großen Flügeltür war eine ganze Wand, einzig und allein aus Glas bestehend. An den übrigen Wänden hingen wunderschöne Bilder von adeligen Leuten und dazwischen hingen jede Menge silberne Kerzenhalter mit schneeweißen Kerzen. Von der Mitte der Decke hing ein riesiger Kronleuchter besetzt mit Rubinen, Saphiren und Smaragden. Das Sonnenlicht brach sich tausendfach in den vielen bunten Steinen und warf funkelndes Regenbogenlicht auf den darrunterstehenden Tisch, der quer durch den ganzen Saal reichte. Auf dem Tisch standen so viele verschiedene Speisen, dass man sie gar nicht alle hätte zählen können. An dem Tisch saßen zahlreiche Leute die angeregt plauderten und glücklich das üppige Mahl verspeisten. An der Fensterseite des Saales saßen an der Mitte des Tisches, wie ich erkannte, König und Sohn, daneben die Priester und andere adelig aussehende Menschen. Außerdem erkannte ich noch die Ratspriester, unter ihnen auch Hikaru und daneben Ryota mit seinem Schützling Yori. Erstaunt über diesen prächtigen Saal folgte ich etwas eingeschüchtert Hikari, die sich mit Vorsicht den Weg um den Tisch herum zur Fensterseite bahnte. Sie hielt auf Hikaru zu, neben dem noch zwei Plätze frei waren. Flink setzte sich Hikari auf den leeren Stuhl neben Hikaru, der, wie mir schien, ihr zugewiesener Platz war. Wie ich jetzt bemerkte, stand bei jedem Platz ein Namensschildchen. Meines stand neben dem Platz von meiner Lehrmeisterin, also setzte ich mich auf den freien Platz zwischen Hikari und Yori.

„Hi Yori“ begrüßte ich den Schwarzhaarigen freundlich.

„Hallo Akina“ antwortete er mir höflich und schenkte mir eines seiner berüchtigten Grinsen.

„Danke wegen des Frühstücks heute Morgen, du warst aber sehr früh auf!“

„Gern geschehen“ sagte Yori nur und wurde leicht rosa im Gesicht. „Ich musste zum Training“ sagte er dann noch, als er seine Fassung zurückgewonnen hatte.

„Achso, na dann. Ich hatte auch eben Training. Und was hat mein Lieblingskendo heute alles so gelernt?“

Erstaunt schaute er von seinem Essen auf und begann zu erzählen. Währenddessen tat ich mir Essen auf und hörte ihm aufmerksam zu. Danach berichtete ich ihm von meinem Training. Nach und nach verstrickten wir immer mehr Themen in unser Gespräch.

„Wann bringst du mir eigentlich jetzt reiten bei?“

Verwundert schaute mich Yori an und hob eine Augenbraue. „Das hast du nicht vergessen?“

„Nö, wieso sollte ich denn. Also, was sagst du, steht das Angebot noch?“

„Wenn du willst geb ich dir gleich heute Nachmittag deine erste Reitstunde. Ich hab heute Nachmittag frei.“

„Und du willst deinen freien Nachmittag wirklich für eine Reitstunde mit der wohl unbegabtesten Reiterin ganz Kalderans opfern?“

„Wenn ich mit dir fertig bin, bist du die beste Reiterin ganz Kalderans“ lachte Yori.

„Okay, das fasse ich dann mal als ein ja auf, also, wann und wo treffen wir uns?“

„Am besten so um drei bei den Stallungen.“

„Okay, dann bis um drei.“ Sagte ich und stand auf. Ich verabschiedete mich noch kurz mit einer Umarmung von Hikari und wir machten meine nächste Trainingsstunde für morgen früh um dieselbe Zeit ab.

Dann ging ich in mein Zimmer.
 

Pünktlich um drei fand ich mich in Jeans und T-Shirt unten auf dem Platz vor den Stallungen ein. Ungeduldig schaute ich mich um und beschäftigte mich damit mir noch schnell einen Pferdeschwanz zu machen. In der Eile hatte ich keine Zeit mehr dafür gehabt, da ich beim Lesen des von mir aus der Bibliothek ausgeliehenen Buches die Zeit völlig vergessen hatte. So konnte ich mich nur noch schnell umziehen und dann hier herunter gesprintet kommen.

Gerade als ich mehr genervt die Haare zurückstrich und sie mit dem Haargummi zusammen band, hörte ich die trippelnden Schritte eines Pferdes hinter mir. Ich zog noch schnell die Haare durch das Band und drehte mich dann um. In der dunklen Stallgasse konnte ich Yori erkennen, der, gefolgt von einem Pferd, gerade auf dem Weg nach draußen war.

„Hi Yori, auch schon da?“ fragte ich ihn gespielt genervt.

„Entschuldigung, habe ich unsere Prinzessin etwa warten lassen?“ konterte er nur.

„Wen nennst du hier Prinzessin“ fragte ich kampflustig und kam ein paar Schritte auf ihn zu.

„Reg dich ab, ich nehme es ja schon zurück. Prinzessinenhaft führst du dich ganz bestimmt nicht auf, du bist eben eine Priesterin, da ist es klar das du aufbrausend...“

„Was?“

„...arrogant...“

„Wie bitte?“

„...selbstbewusst...“

„Pah...“

„...verrückt, ein bisschen zickig...“

„Musst du gerade sagen!“

„...und wunderhübsch bist.“

Baff schaute ich ihn mit großen Augen an. „Was hast du grad eben gesagt?!“

„Dass du arrogant, zickig und verrückt bist. Eben eine Priesterin.“

„Und du bist total bescheuert, ein Trampeltier und dazu auch noch vorlaut! Eben ein Trampel von einem Kendo!“ sagte ich und streckte ihm die Zunge raus. Dann wandte ich mich von ihm ab und schaute mich um. „Wo müssen wir noch mal hin?“

„Hier links und über den Platz, wir gehen vor dem Schlosstor auf die Wiese.“

Also wandte ich mich nach links und stürmte auf die Wiese zu. Ich drehte mich noch mal um und rief: „Wer zuerst auf der Wiese ist hat gewonnen!“ Und schon rannte ich los. Erst dachte ich Yori würde nicht mitmachen, doch kurz bevor ich durch das Schlosstor rennen konnte überholte mich Yori mit seinem Fuchs. Auf der Wiese hielt er an und stieg ab. Mit einem breiten Grinsen wandte er sich an mich.

„Und, was habe ich jetzt gewonnen?“

Ich überlegte kurz. „Was du willst. Ist mir egal!“

„Dann... möchte ich dich gerne zu einem Ausritt einladen. Natürlich erst wenn du reiten kannst und wenn du willst“ fügte er noch schüchtern hinzu.

„Yori...“ fing ich an. „Ich würde sehr gerne mit dir ausreiten.“

„Okay, dann sollten wir jetzt schleunigst mit den Reitstunden anfangen“ sagte er und führte den Fuchs zu mir herüber.

„Wenn ich vorstellen darf, dass ist Jarik.“

„Hallo Jarik“ sagte ich und kraulte den Fuchs zwischen den Nüstern.

„So, dann sollte ich dir am besten mal zeigen, wie du aufsteigst. Also, du musst dich mit deinem linken Fuß in den Steigbügel stellen und dann mit dem anderen Bein rüberschwingen. Meinst du das schaffst du?“

„Klar“ sagte ich nur und setzte sogleich meinen Fuß in den Steigbügel. Gekonnt schwang ich mein rechtes Bein über den Sattel und setzte mich aufrecht hin.“

„So, das hat ja schon mal geklappt, aber das aufsteigen ist ja auch nur der einfache Teil des Reitens. Jetzt zeig ich dir mal, wie du die Zügel halten musst. Am Besten, machst du gleich mit.“

Yori zeigte mir Schritt für Schritt, wie ich die Zügel halten sollte, und so hatte ich auch das schnell begriffen. Jetzt kam eigentlich erst der zentrale Punkt meiner Reitstunde: Wie reite ich eigentlich richtig?

Yori wollte mich als erstes am langen Zügel longieren, damit ich ein besseres Gefühl im Sattel bekam. Locker saß ich im Sattel und wackelte wie ein Sack bei jedem einzelnen Schritt des Pferdes mit.

„Du musst gerade sitzen, dann wackelst du auch nicht immer so“ analysierte Yori mein Problem.

Also setzte ich mich gerade hin.

„Jetzt nimm die Schultern noch ein bisschen weiter zurück, dann sitzt du richtig.“

Ich tat ihm auch diesen Gefallen. Und ich wackelte nicht mehr mit.

„So sieht das schon viel besser aus“ rief mir Yori zu.

„Deine Tipps bringen ja auch was“ rief ich zurück.

„Willst du Traben?“

„Das heißt?“

„Ein bisschen schneller.“

„Ok“

Yori schnalzte mit der Zunge und Jarik begann schneller zu werden. Langsam verlor ich immer mehr den Halt, auf dem jetzt wieder ziemlich wackeligen Pferderücken und rutschte immer weiter zu Seite. Gerade noch im passenden Moment hielt Yori das Pferd an und bewahrte mich davor, nicht herunter zu fallen.

„Du hast nicht gesagt, dass es auch wackeliger wird“ fauchte ich ihn vorwurfsvoll an.

„Tut mir Leid, ich hätte dich nicht direkt schneller reiten lassen dürfen.“

„Ist nicht so schlimm. Jetzt bin ich ja vorgewarnt. Außerdem hast du mich ja gerettet“ lächelte ich ihn an. „Dann lass uns mal weitermachen.“

Ich ritt noch viele Runden Schritt, und nach ein paar Runden klappte das Reiten auch im Trab.

„Galoppieren lasse ich dich heute am Besten noch nicht allein“ sagte Yori dann, als er nach dem Traben das Pferd anhielt.

„Nicht, wie schade. Beim letzten Mal fand ich das Galoppieren sehr lustig.“

„Wenn du willst können wir ja zusammen galoppieren.“

„Yeah, das wär super. Komm, steig auf.“ Ich rutschte so weit es ging nach vorn und Yori schwang sich hinter mich aufs Pferd. Er ergriff die Zügel und ich krallte mich an der Mähne fest. Yori gab Jarik die Sporen und der preschte mit uns die Schräge des Bergkessels hinauf. Oben angekommen hielt Yori an und vor uns Tat sich der schönste Sonnenuntergang auf, den ich je gesehen hatte. Der Himmel war tief pink und am Horizont erstreckte sich eine lange Bergkette. Die hellleuchtende Sonne tauchte die Umgebung in ein mattes, warmes Licht. Die langen Grashalme wippten im gleichen Takt wie der Wind und die Blätter der Bäume am weit weg am Waldrand tanzten farbenfroh im Wind.

Der Anblick war einfach atemberaubend schön.

Stumm schweigend guckten Yori und ich der Sonne beim Untergehen zu. Erst ging sie nur langsam unter und färbte den Himmel in ein immer kräftiger werdendes rot. Nach einiger Zeit wurde der glühende Feuerball nach und nach von der Bergkette verschluckt. Um uns herum wurde es dunkler und der Himmel färbte sich immer dunkler blau. Als die Sonne vollständig untergegangen war und sich schon die ersten Sterne am Nachthimmel abzeichneten, griff Yori in die Zügel und ritt im Schritt den Hügel hinunter zum Schloss. Der Hof vor den Stallungen war menschenverlassen. Yori stieg ab und auch ich schwang mein Bein über den Rücken Jariks und stieg ab.

„Es war ein wirklich schöner Nachmittag, Yori.“

„Finde ich auch“ antwortet Yori nur knapp. „Und so schlecht reitest du jetzt auch schon wieder nicht.

„Danke, dass du mir das Reiten beibringst.“

„Mach ich doch gern. Willst du schon mal zum Abendessen vorgehen? Ich muss noch Jarik versorgen.“

„Ich warte noch, dann können wir zusammen gehen.“

„Ok, ich beeil mich auch.“

Yori versorgte schnell sein Pferd und dann gingen wir gemeinsam zum Abendessen. Später ließ ich mich kaputt auf mein Bett fallen. Der Tag war doch ganz schön anstrengend gewesen. Erst meine erste Lehrstunde und dann auch noch reiten lernen. Aber wie sagte man noch? Aller Anfang ist schwer. Aber dafür, dass der Anfang schwer sein soll, finde ich, dass mein erster richtiger Tag in Kalderan doch ganz schön geworden ist. Schmunzelnd dachte ich an den wunderschönen Sonnenuntergang, kuschelte mich unter meine Decke und schlief ein.

Veränderungen

Kapitel 4: Veränderungen
 

Menschen die einen zu ändern vermögen

sind etwas ganz besonderes

Denn egal was kommt

Ein Mensch für den du dich änderst

muss etwas ganz besonderes sein

und wird noch eine große Rolle in deinem Leben spielen.
 

Am nächsten Tag wachte ich wieder früh auf, doch diesmal weckten mich nicht die hellen Strahlen der Sonne, sondern das laute Grummeln des Donners. Verschlafen schaute ich nach draußen und sah graue Gewitterwolken so weit mein Blick reichte. Es goss in Strömen und ab und an sah man einen grellen Blitz, der irgendwo weit hinterm Horizont einschlug. Seufzend stieg ich aus dem Bett und suchte mir in der Kommode passende Kleidung. Mir war nicht gerade warm, deswegen entschied ich mich für eine normale Hose und ein Langarmshirt. Ich verschwand damit im Bad, und machte mich fertig. Ich schielte auf die Uhr, es war gerade mal kurz vor acht. Genervt warf ich mich wieder auf mein Bett und begann wieder in dem Buch zu lesen, das ich mir ausgeliehen hatte. In der Bibliothek gab es so wunderbare Geschichten, so viele tolle Bücher hatte ich noch nie auf einer Stelle gesehen.

Mein Buch handelte von einer Welt, hoch über den Wolken Kalderans. Dort lebten engelsgleiche Wesen, mit weißen Flügeln und der Gestalt eines Menschen. Sie konnten Zaubern und lebten in einer Welt, ganz ohne Krieg. Wie wunderbar musste das doch sein, überlegte ich und dachte dann wieder an das, was mir bevorstand. Bei dem Gedanken bekam ich ein mulmiges Gefühl im Magen, also las ich schnell weiter um mich abzulenken.

Als etwa eine Stunde vergangen war, fing mein Bauch an zu knurren. Ich legte das Buch weg und ging zum Speisesaal um zu frühstücken. Mal schauen ob noch jemand am Tisch saß.

Vorsichtig öffnete ich die Tür zum Speisesaal einen Spalt breit und schlüpfte hindurch. Es saßen nicht mehr sonderlich viele Leute am Frühstückstisch, doch immerhin konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen, dass in meiner Ecke jemand saß.

Langsam ging ich an den meist leeren Stuhlreihen vorbei und suchte nach meinem Namensschild. Endlich fand ich es und bemerkte dann, dass ich wirklich nicht alleine frühstücken musste, denn zu meinem Glück saß Yori noch auf seinem Platz und aß ein Brötchen mit Marmelade. Glücklich setzte ich mich neben ihn und schaute mich um.

„Heute ganz schön leer hier, oder?“

Yori blickte auf und bemerkte mich anscheinend erst jetzt. „Morgen. Was hast du gesagt?“ fragte Yori.

„Ich hab dich gefragt ob es hier morgens immer so leer ist.“

„Hm, eigentlich nur wenn man so spät frühstücken kommt wie du.“

„Musst du gerade sagen, du bist doch auch noch am frühstücken“ sagte ich, während ich mir ein Brötchen nahm und es mit Käse belegte. „Ganz schön schlechtes Wetter heute, oder?“

Yori nickte. „Ich glaube die Reitstunden können wir die nächsten Tage erst mal vergessen. Es wird bestimmt noch ein paar Tage lang regnen.“

„Schade“ antwortet ich ihm nur und aß mein Brötchen.

„Und, was machst du heute noch so?“

Hastig schluckte ich runter. „Hab gleich Training bei Hikari.“

„Achso, ich hatte eben auch schon „Frühsport“ wie es Ryota immer so schön ausdrückt“ sagte Yori mit einem grimmigen Lächeln.

Ich musste Lachen. „Armer Kerl, wirst du schon so früh morgens hart rangenommen?“

Mit einem gespielten Selbstmitleidsblick sagte er: „Ja, ich muss jeden Tag immer ganz früh aufstehen und Sport machen.“ Beide fingen wir wieder an zu lachen.

Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten fragte ich Yori dann, was er heute noch zu tun hatte.

„Das übliche“ antwortete er. „Muss trainieren.“

Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, also schwiegen wir uns gegenseitig an und frühstückten seelenruhig weiter.

Mit einem Räuspern unterbrach ich die Stille: „Ich glaub ich muss jetzt gehen, meine Stunde fängt gleich an.“

„Okay man sieht sich“ sagte Yori mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen und nickte mir zum Abschied zu.

„Genau, man sieht sich“ sagte ich auch und winkte ihm zu.

Dann drehte ich mich um und verließ den Speisesaal. Ich schlenderte die Treppe hoch und ging dann in den Ostflügel. Ich durchquerte viele mit Bildern behängte Flure, bis ich endlich an dem Bild mit dem rubinroten Drachen kam. Ich betrat die Bibliothek und entdeckte auch gleich Hikari die hektisch mit einem Stapel Bücher vor der Tür rumwuselte.

Ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen meinte sie nur: „Hilf mir doch kurz die Bücher von dem Tisch dort drüben zu dem Regal dort zu tragen.“

Also nahm ich mir einen Packen Bücher und folgte Hikari zum Regal.

„Sag mal Hikari, was sind das alles hier für Bücher?“

„Ich hab sie mir alle angeschaut, weil ich ein bestimmtes Buch gesucht habe. Ich wusste bloß nicht genau welches, deswegen habe ich die Bücher hier durchgeschaut.“

„Wonach hast du denn gesucht?“

„Nach einem Buch über alte Legenden von einer berühmten Wahrsagerin Namens Sakura Kisuka. Sie war eine der Begabtesten Seherinnen, denn alle ihrer Prophezeiungen wurden wahr.“

„Echt? Das ist ja unglaublich!“

„Ja, und es war auch unglaublich schwer das Buch zu finden“ sagte Hikari mit einem verbissenen Ausdruck im Gesicht. „Na ja, lass uns schnell die Bücher wegräumen, dann können wir mit dem Unterricht anfangen.“

Ich nickte nur kurz, sortierte meinen Bücherstapel ins Regal und holte einen Neuen. Nicht lange und wir hatten alle Bücher weggeräumt.

Zufrieden betrachtete Hikari das Regal und wandte sich mit einem Lächeln an mich. „So, dann können wir ja jetzt anfangen. Ich habe mir gedacht, dass wir heute mal etwas Richtiges ausprobieren. Das mit der Schutzmauer hast du ja anscheinend schon kapiert. Sie ist zwar noch nicht sehr groß, aber deine Zauberkräfte müssen sich ja auch erst weiterentwickeln.“

„Und wie hab ich es dann hinbekommen in Notsituationen eine größere Mauer herzustellen?“

„Das war so, weil du mit einem Schlag fast deine gesamt Magie freigesetzt hast. Jetzt wo du weißt, wie du den Magiefluss regulieren kannst, ist deine Mauer zwar kleiner, aber lang anhaltender. Wenn du mehr Kraft entwickelt hast, wird dein Schutzwall aber auch wieder größer werden, du kannst bloß im Moment noch nicht so viel Magie reguliert auf einmal freisetzten.“

„Achsoooo“ antwortete ich nur etwas sprachlos.

„Ich glaube ich sollte jetzt einfach mal anfangen dir zu erklären, was wir heute machen.

Also, ich hatte mir überlegt, dass wir ja heute schon mit ersten magischen Übungen anfangen könnten.“ Als Hikari meinen fragenden Blick sah, erklärte sie genauer. „Ich dachte wir könnten schon mit einfachen Elementzaubern wie Feuer, Wasser, Luft und Erde anfangen. Und da du ja ein so feuriges Temperament hast, fangen wir doch heute mal mit den Feuerzaubern an.“ Für diese Anmerkung fing sie sich einen genervten Blick von mir, doch ich ersparte mir den Kommentar.

„Denk mal an den Menschen, den du am Liebsten hast.“

„Wieso denn an den Menschen, den ich am liebsten hab? Wäre es nicht sinnvoller, an etwas wie Wut oder Hass zu denken?“

„Nein, dass ist nicht sinnvoller. Es wissen zwar nur wenige Leute, doch die wahre Flamme ist die Liebe“ bemerkte Hikari nachdenklich und zwinkerte mir zu. „Also, schließ die Augen und denk an Denjenigen, der dir am Wichtigsten ist.“

Das war ja auch so einfach. Wie sollte ich mich denn so schnell entscheiden, wer mir am Wichtigsten ist? Angestrengt dachte ich nach und entschied mich dann dafür, dass es wohl am sinnvollsten wäre, an meine Mutter zu denken. Wen konnte ich auch schon mehr Lieben als meine eigene Mama. Ich konzentrierte mich auf das Gesicht von Mama.

„Hast du das Bild jetzt vor den Augen?“ Stumm nickte ich. „Gut, dann halte jetzt deine Hand vor dich und probiere deine Magie und deine Gefühle dort zu bündeln.“

Weiterhin konzentrierte ich mich, und spürte dann eine wunderbare Wärme auf meiner Handfläche. Erschrocken öffnete ich die Augen und bemerkte dann eine kleine Flamme, die knisternd vor sich hin flackerte. Überglücklich, dass der Feuerelementarzauber direkt geklappt hatte, lächelte ich Hikari an.

„Du lernst wirklich schnell“ sagte Hikari zufrieden und besah sich meine Flamme näher. „Du hast wirklich Talent.“

„Danke“ sagte ich stolz und ließ die Flamme wieder verschwinden.

„Du machst dich echt gut, Akina. Meinst du, du kriegst es auch hin, Wasser heraufzubeschwören?“

„Klar.“

„Gut, bei dem Element Wasser musst du darauf achten, dass du ruhig bleibst und auf die Stimme in deinem inneren hörst. Wasser wird oft mit der Stille in Verbindung gebracht. Du musst einfach nur deinen Geist und deinen Verstand in Einklang bringen.“

Wieder schloss ich meine Augen und versuchte ganz ruhig zu werden. Plötzlich konnte ich die Magie spüren, die langsam durch meinen Körper floss. Ich fühlte mich wie in Trance.

Mit einer fast beiläufigen, kreisförmigen Handbewegung bündelte ich meine Magie und beschwor eine große Menge Wasser, die als großer Kreis vor meinem Gesicht schwebte.

„Na das scheinst du ja auch schon zu beherrschen“ sagte Hikari lachend und ließ meine Wasserkugel mit einem Schlenker ihrer Hand verschwinden.

„Und, was lerne ich jetzt als nächstes?“

„Tut mir Leid Akina, aber die anderen Elementzauber können wir jetzt leider nicht mehr ausprobieren.“

„Aber, warum?“

„Für die Elementzauber Luft, Erde und Blitz brauchst du sehr starke Gefühlsregungen. Bei Luft, musst du sehr glücklich sein, Erdzauber werden durch das konzentrieren der Magie bei Angst ausgelöst und um Blitze zu beschwören musst du wütend sein. Da diese Gefühle nicht manipulierbar sind, können wir diese Zauber leider nicht üben. Aber wie ich sehe, wirst du das bestimmt auch ganz allein durch deine Intuition hinbekommen.“

Lächelnd wandte ich mich ab und schaute aus dem Fenster. „Hikari, darf ich dich mal was fragen?“

„Ja, frag ruhig.“

„Warum setzte ihr alle eigentlich soviel Vertrauen in mich? Woher könnt ihr euch so sicher sein, dass ich nicht doch kalte Füße bekomme und wieder abhaue?“

Hikari überlegte kurz. „Ich fühle einfach, dass du uns nicht im Stich lassen wirst. Du bist nun mal unsere letzte Hoffnung.“

„Gerade das macht mir so viel Angst. Manchmal weiß ich nicht wie ich damit umgehen soll, dass so eine große Aufgabe auf mir lastet.“

Hikari stellte sich schräg hinter mich und legte ihre Hand zaghaft auf meine Schulter. Vorsichtig und mit leisen Worten begann sie zu sprechen „Akina, vergiss niemals, dass du nicht alleine bist. Wir stehen alle hinter dir und werden dir so gut wir können helfen.“

„Das würde ich euch ja gerne Glauben, aber wenn ich es vermassle, ist alle vorbei. Was ist, wenn ich das alles nicht schaffe?“

„Das wird nicht der Fall sein, denn ich bin mir sicher, dass du es schaffst. Du bist das Begabteste Mädchen, dass mir je unter die Augen getreten ist. Auch wenn noch nicht deine vollständigen Kräfte entwickelt sind, konntest du es trotzdem bereits mit mehreren schwarzen Rittern aufnehmen!“

Ein schwaches Lächeln umspielte meine Lippen. Kurz überlegte ich, ob ich diese Frage stellen sollte, die ich mir schon so oft selbst gestellt hatte. Ich gab mir einen Ruck.

„Hikari, worin genau besteht meine Aufgabe eigentlich?“

„Ich hatte mir gedacht, dass du mich diese Frage bald stellen würdest. Setz dich Akina, ich will es dir anhand der Legende erklären. Ich muss nur grad das Buch suchen.“

Ich setzte mich und sah Hikari nach, die im hinteren Teil der Bibliothek verschwand um das Buch zu holen.

Nach kurzer Zeit kam sie mit einem verstaubten Schmöker im Ledereinband zu mir in die kuschelige Sitzecke und ließ sich in dem Sessel neben mir nieder. Es war das Buch „Legenden und Prophezeiungen“ von Sakura Kisuka. Sie klappte es auf und blätterte solange herum, bis sie die passende Stelle gefunden hatte.

„Hast du die Legende der 1000 Jadeperlen noch im Kopf?“

„Ja hab ich“ sagte ich und rief mir die Prophezeiung wieder in Gedächtnis, die mir Hikaru am Abend meiner Ankunft aufgesagt hatte.

„Also, die Legende ist an manchen Stellen etwas zweideutig. In der Prophezeiung ist ja von zweien die Rede. Wir haben die Prophezeiung so interpretiert, dass du diesen zweiten finden musst. Die Prophezeiung beschreibt dich so, dass du diejenige bist, die die Welten retten wird und die Hüterin der Prophezeiung bist, also die Hüterin der Jadeperlen. Die zweite Person ist so beschrieben, dass sie mutig und stark ist und dich beschützen wird. Mit Hilfe einer zweiten Prophezeiung, die ich erst vor einigen Monaten in diesem Buch gefunden habe, hoffen wir jetzt, dass wir das Geheimnis um den zweiten auserwählten gelüftet haben. Am Besten lese ich dir die Prophezeiung einmal vor:

Nachdem die schwarze Sonne aufgegangen ist, soll am Abend die Zeremonie der Sternschnuppen abgehalten werden. Durch die Zeremonie absorbiert der auserwählte Hüter die Kraft der 1000 Jadeperlen. Dann soll die Auserwählte ihre gefährliche Reise beginnen, um den Beschützer zu finden und die Drachen zu bezwingen. Allein durch das Drachenfeuer kann der Krieg beendet werden. Die Reise führt über steile Berge, die tiefe See, grüne Wiesen, durch das sagenumwobene Reich der Wolken und am Ende ins verworrene Lavalabyrinth der Schwarzen. Doch um am Ende das Reich des Kristalldrachen zu finden, muss die Auserwählte zuerst die sieben Tempel der Reiche finden in denen die Hinweise über das Geheimnis des Kristalldrachen verborgen sind um am Ende den Kristalldrachen Aya aus ihrem ewigen Schlaf zu erwecken und in das Reich der Drachen einzutreten. Die Reise wird lang und beschwerlich sein, doch am Ende wird das triumphieren, was richtig ist. Einen Hinweis werde ich euch gewähren: Eure Reise wird im Reich des Granitdrachen beginnen, doch am Ende werden die Namen doch die besseren Hinweise auf das Versteck der Tempel sein.

Wir vermuten, dass diese zweite Person, oder eher dieses zweite Wesen, der Kristalldrache Aya ist. Demnach muss ich dir bis zum Fest der schwarzen Sonne alles beibringen, was ich kann und dann müssen wir die Zeremonie der Sternschnuppen abhalten, um dir deine vollständigen Kräfte zu verschaffen.“

„Und was ist diese Zeremonie der Sternschnuppen?“

„Das versuche ich im Moment auch herauszufinden, doch ich glaube ich bin der Lösung schon ziemlich nahe. Auf jeden Fall wirst du nach der Zeremonie aufbrechen müssen, um die Tempel der Reiche zu finden.“

„Wie viele Reiche gab es noch mal gleich?“

„Acht, nämlich das Reich des Granitdrachen, des Vulkandrachen, des Eisdrachen, des Flussdrachen, des Donnerdrachen, des Wolkendrachen und das Reich des Nichts. Und natürlich das Reich des Kristalldrachen, aber das versuchst du ja zu finden.“

„Na das stell ich mir ja toll vor, alleine durch eine fremde Welt zu wandern und irgendwelche unauffindbaren Tempel zu suchen“ seufzte ich.

„Noch mal Akina: Du bist nicht allein! Außerdem haben wir uns überlegt, ob wir nicht Yori mit dir schicken sollten, wo ihr euch doch jetzt so gut versteht“ schwärmte Hikari. „Außerdem sind die Tempel nicht unauffindbar, sondern nur versteckt.“

„Ihr wollt... dass Yori mit mir geht?“ stotterte ich etwas perplex. „Was sagt er denn dazu?“

„Er hat gesagt das wäre okay, er würde gerne auf dich aufpassen.“

„Auf mich AUFPASSEN?! Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“ empörte ich mich.

„Ja, ja, dann drücken wir es doch einfach so aus: Yori wird dir helfen dich zurechtzufinden und wird dir ein bisschen zur Hand gehen. Klingt das so besser?“

„Ja“ sagte ich mit einem breiten Grinsen.

„Wo wir gerade von Yori sprechen: Was hast du eigentlich mit ihm angestellt?“

„Mit ihm angestellt? Was sollte ich schon mit ihm gemacht haben? Gar nichts!“

„Seit du hier in Kalderan aufgetaucht bist hat sich Yori sehr verändert. Du weißt sicherlich, dass seine Eltern beide starben, als er gerade mal 7 Jahre alt war?“

„Ja, er hat mir davon erzählt.“

„Seit dem Tod war er immer sehr verschlossen und ließ niemanden an sich heran. Der einzige dem er den Kontakt nicht vollständig verweigerte war Ryota und ein paar andere Männer aus der Garde. Es dauerte lange, bis Yori wieder wusste, wie man Vertrauen zu jemandem fasste. Der Tod seiner Eltern hatte ihn tief im Herzen verletzt und die Narben sind bis vor einiger Zeit nicht geheilt, bis du hier aufgetaucht bist. In letzter Zeit beobachte ich immer öfter, dass Yori auch mal lacht und wieder Spaß am Leben hat. Ich weiß nicht warum, aber es scheint mir, als wenn du der Auslöser von alledem wärst.“

„Ich soll Yori... verändert haben?“ fragte ich Hikari verwundert.

„Anscheinend ja schon“ lächelte mich Hikari an. „Yori sieht in dir einen ganz besonderen Menschen, Akina. Eure Freundschaft ist etwas ganz besonderes, vergiss das nicht.“

„Ich werde es zu schätzen wissen“ sagte ich und wurde leicht rot.

Yori sah also einen ganz besonderen Menschen in mir. Fragt sich nur, wie ich zu ihm stand.

Grübelnd starrte ich vor mich hin.

„Akina, wenn du willst, kannst du jetzt schon gehen, für heute habe ich dir sowieso schon alles beigebracht, was ich wollte, also kannst du deine Zeit jetzt auch lieber anderweitig nutzen.“
 

Wochen vergingen. Yori hatte mir das Reiten jetzt perfekt beigebracht und unser Ausritt stand kurz bevor. Hikari hatte jetzt in Erfahrung gebracht, wann das Ereignis der schwarzen Sonne das nächste Mal stattfinden würde, denn, wie sie herausfand, fand dieses nur alle 87 Jahre statt. Glücklicher Weise würde die schwarze Sonne jedoch schon in ein paar Tagen aufgehen, doch bis dahin musste noch viel vorbereitet werden. Während ich meine Zeit zumeist damit verbracht hatte die Region Kalderans so gut es ging anhand von Karten kennen zulernen, hatte Hikari keine ruhige Minute mehr. Sie verbrachte jede freue Sekunde mit der Organisierung des Sternschnuppenfestes. Mit ihrem Buch über die Zeremonie der Sternschnuppen rannte sie immer hysterisch durch das ganze Schloss und organisierte dieses und jenes, während ich über meinen Büchern hockte und büffelte und keinen blassen Schimmer hatte, was mich überhaupt in ein paar Tagen erwartete.

Wie fast jeden Tag in letzter Zeit saß ich in der Bibliothek und probierte mir selbst etwas beizubringen und nachzuforschen, wenn Hikari schon keine Zeit mehr hatte. Wieder einmal schaute ich also eine Karte an. Ungeduldig schaute ich auf die Uhr. Nicht mehr lange, dann war ich mit Yori beim Abendessen verabredet. Das war bei uns jetzt schon zum normalen Tagesablauf geworden: morgens trafen wir uns beim Frühstück und trainierten danach fleißig. Nach dem Mittagessen hatten wir meist ein, zwei Stunden Freizeit. Dann gab Yori mir entweder eine Reitstunde oder wir alberten sonst irgendwie herum. Am Nachmittag hatte Yori dann meist wieder Training bei Ryota, in dieser Zeit verschanzte ich mich dann meistens in die Bibliothek und las über Kalderan. Abends dann trafen wir uns immer kurz vor sieben vor den großen Flügeltüren der Halle und gingen dann gemeinsam Abendessen. Meist alberten wir danach dann noch bis tief in die Nacht in Yoris oder meinem Zimmer herum. Inzwischen war es für uns schon alltäglich gemeinsam Zeit zu verbringen ohne uns dauernd nur anzuzicken.

Wieder schaute ich genervt auf. Ich beschloss in zehn Minuten loszugehen. Ich starrte wieder auf die Karte. Nach kurzer Zeit schaute ich wieder auf die Uhr. Erst eine Minute vergangen? Genervt sank ich mit dem Kopf auf das Buch vor mir und schlug einmal mit einem lauten krachen des Tisches mit meiner Stirn auf die Seiten. Erschrocken nahm ich meinen Kopf wieder vom Buch und rieb mir über die Stirn. Gelangweilt schaute ich mich um. Keiner da, wieder einmal war ich alleine in der Bibliothek. Mit einem langen Seufzer schlug ich das Buch zu und erhob mich aus dem bequemen Sessel. Leicht mit den Füßen über den Boden schlürfend schlenderte ich durch den stillen Raum und stellte mich ans Fenster, um den Regentropfen zuzusehen. Regen, schon seit Tagen nichts anderes. Zwischendurch war die dichte Wolkendecke zwar mal aufgerissen, doch lange war es nicht wirklich trocken geblieben. Immerhin hatten die wenigen trockenen Stunden uns nicht vom Weiterentwickeln meiner Reitkünste abgehalten.

Nachdenklich starrte ich in den Regen. Verschwommen nahm ich nur wahr, wie die Regentropfen auf den Boden fielen. Gelangweilt schaute ich wieder auf die Uhr. Wie langsam doch die Zeit verging, wenn man sich nichts sehnlichster wünschte, als das die Minuten doch schneller vorbeigehen würden. Ich hatte immer noch über fünf Minuten Zeit, doch das war mir jetzt auch egal. War ja eigentlich egal wo ich wartete. Frohen Mutes machte ich mich auf den Weg zum Speisesaal und ließ die stille, leere Bibliothek hinter mir...
 

Nach einigen Tagen bewölkten Himmels und Dauerregenschauern war heute mal endlich wieder ein sonniger Tag. Gerade zur richtigen Zeit, wie Yori und ich fanden, denn im Hinblick darauf, dass der Regen von Tag zu Tag weniger geworden war, hatten wir unseren Ausritt für heute geplant. Hikari war froh, dass sie mich für heute los war, denn jetzt hatte sie auch den Vormittag dafür Zeit, die Zeremonie zu perfektionieren Schließlich war morgen endlich der Tag gekommen, der mir meine Vollständigen Kräfte geben sollte.

Ryota hatte Yori auch frei gegeben, schließlich trainierte Yori jeden Tag hart und konnte sich deswegen natürlich auch mal eine Auszeit nehmen, wie Ryota gesagt hatte.

Als wir gerade unsere Pferde aus dem Stall führten, stand die Sonne schon so hoch, dass sie den ganzen Platz erhellte. Yori wollte seinen Fuchs Jarik reiten und ich sollte die Schimmelstute Savann zum Ausritt mitnehmen. Wir banden die beiden Pferde draußen an der Schlossmauer an und striegelten die Tiere erst einmal. Nach der gründlichen Reinigung Sattelten wir die beiden und legten ihnen das Zaumzeug an. Dann schwangen wir uns auf unsere Pferde und ritten durch das große Tor auf die unendlich, grüne Wiese.

„Du Yori, wohin reiten wir eigentlich“ fragte ich meinen Begleiter, als ich ihn gerade wieder eingeholt hatte.

„Also, als Erstes reiten wir durch das Tal der Morgenröte. Du weißt schon, durch den Wald, am Fluss lang und so weiter. Wenn wir dann durch das Tal durch sind, brauchen wir nur noch ein kleines Stück reiten, dass sind wir an der Küste des ewigen Meeres. Ist ganz schön da, ich dachte es reicht, wenn wir bis dahin reiten und dann ein bisschen Zeit dort verbringen.“

„Hört sich gut an“ sagte ich und schenkte ihm ein Lächeln bevor Savann und ich ihn überholten.

Erstaunt schaute er mir nach, doch dann fiel auch Jarik in den Trab und jagte mir hinterher. Ein langer Ritt stand uns bevor. Zuerst ritten wir über die riesigen, grünen Hügel Kalderans. Dann kämpften wir uns durch das dichte Unterholz des Talwaldes und folgten dem Fluss bis sich das dichte Blätterdach endlich lichtete. Weiterhin dem Fluss folgend ritten wir immer weiter Richtung Küste. Am frühen Nachmittag erreichten wir dann endlich die weiße Steinküste. Der Frühlingswind trug den salzigen Geruch des Meeres über die Anhöhe und fuhr mir sanft durchs Haar. Ich atmete tief ein und schloss meine Augen. Ich genoss diesen Moment, denn ich war sehr lange nicht mehr am Meer. Langsam öffnete ich sie wieder und sah den Wellen zu, die sich immer und immer wieder an dem weißen Stein brachen und so wunderschön in der Sonne glitzerten. Nach einiger Zeit wandte ich meinen Blick vom Meer ab und schaute mich um, um Yori zu finden. Jarik stand ein Stück hinter mir und sein Reiter blickte ebenfalls aufs Meer hinaus.

Ich stieg von Savann und löste die Riemen ihres Zaumzeugs. Dann nahm ich ihr die Trense ab und ließ meine Süße grasen. Ich ließ mich in dem weichen Gras nieder und schaute Yori zu, wie auch er abstieg und Jarik die Trense abnahm. Danach setzte er sich neben mich ins Gras.

„Was hältst du davon, wenn wir erst mal essen?“ schlug ich vor.

Mit einem kurzen Blick auf Yoris Gesichtsausdruck wusste ich sofort was er antworten wollte und spurtete auch gleich zu meiner Satteltasche um die frisch gemachten Sandwiches herauszuholen. Ich schmiss mich wieder neben Yori ins Gras und reichte ihm ein Sandwich.

Dankend nahm er es entgegen und wir beide fingen an zu essen.

Als ich aufgegessen hatte lehnte ich mich zufrieden zurück ins Gras und blickte in den blauen Himmel. Nirgendwo war eine einzige Wolke zu sehen. Verträumt beobachtete ich das blau des Himmels und die Strahlen der Sonne kitzelten mich im Gesicht. Meine Augen wurden mir immer schwerer, bis sie mir dann schließlich zufielen.
 

Nach nicht gerader langer Zeit, wie ich am Stand der Sonne bemerkte, wachte ich wieder auf. Verschlafen blinzelte ich in die Sonne und richtete mich wieder auf. Schlaftrunken sah ich mich um und bemerkte Yori, der schlafend neben mir im Gras lag und sich mit einer Mütze vor den Augen, von der Sonne abschirmte.

Ich musste schmunzeln und kroch dann neben ihn. Vorsichtig rüttelte ich ihn wach.

„Aufwachen, Schlafmütze“ lachte ich ihn an und zog ihm die Mütze vom Kopf. Müde schaute er mich an und stöhnte auf, weil die Sonne ihm jetzt genau in die Augen schien. Erschrocken richtete auch er sich auf und schaute sich verwirrt um. Lachend stand ich auf und hielt ihm meine Hand hin um ihm aufzuhelfen.

„Na, gut geschlafen?“ fragte ich ihn mit einem breiten Grinsen.

Er nahm die Hand dankend an und antwortete mir: „Wenn du mich nicht aus meinen Träumen gerissen hättest schon.“ Ein bitteres Grinsen huschte über seine Lippen.

„Ach komm schon, wir können ja nicht den ganzen Tag verschlafen. Wenn wir schon mal hier sind, müssen wir auch irgendetwas unternehmen.“

Yori streckte seine Arme hoch in den Himmel und gähnte noch einmal herzhaft. „Du hast Recht“ meinte er nur knapp. Verschwörerisch schaute er sich um, auf der Suche nach einer Beschäftigung.

Sein Blick fiel auf die Küste. Er schlenderte bis an den Rand und schaute hinunter. Ich beobachtete ihn nur argwöhnisch. Plötzlich begann er seine Stiefel auszuziehen.

„Was machst du“ fragte ich ihn leicht verwirrt.

„Schwimmen, kommst du mit?“

Konfus starrte ich ihn an und trat neben ihn an die Felskante.

„DA willst du RUNTERSPRINGEN?“ fragte ich ihn und deutete mit meinem Finger nach unten in die Fluten.

„Klar? Wieso nicht? Ich bin da früher oft runter gesprungen“ sagte er nur, während er die Knöpfe seines Hemds aufmachte.

Immer noch leicht verwirrt machte ich mich daran meine Schuhe auszuziehen. Ich schlüpfte aus der Hose, ließ jedoch mein Top an.

Ängstlich blickte ich noch einmal in die Tiefen und schluckte dann schwer.

„Du Yori, ich glaub ich geh grad runter an den Strand und geh von da rein.“

Er blickte auf und schaute mich verwundert an. Ein höhnendes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Angst?“

„Ein bisschen..“

„Dafür ist es jetzt zu spät“ sagte er und stürzte sich an mir vorbei in die Fluten. Ein plötzliches Ziehen an meinem Arm riss mich in den Abgrund. Erschrocken fiel auch ich die lange Klippe herunter und schaute herunter auf Yori, der mich an meinem linken Arm mit heruntergerissen hatte.

Die glitzernde Wasseroberfläche kam immer näher. Zackige Wellen zogen sich über das Wasser. In Bruchteilen von Sekunden kam die hart aussehende Fläche immer näher. Panisch sah ich zu, wie der Boden immer näher kam und ich nichts dagegen tun konnte. Mit einem lauten Platschen knallte ich ins Wasser, dann war alles Still. Vor Angst hatte ich die Augen geschlossen, erschrocken öffnete ich sie wieder und schaute durch das kristallklare Wasser die tausend bunten Fische und wunderschönen Unterwasserpflanzen an, die in Regenbogenfarben um mich herum um die Wette leuchteten. Wieder verspürte ich ein leichtes ziehen an meiner Hand. Verwundert schaute ich auf mein Handgelenk und erblickte die zweite Hand, die dieses umfasste. Ich folgte dem Arm und erblickte Yori, der immer noch meinen Arm festhielt und mich darauf aufmerksam zu machen versuchte, dass wir langsam wieder auftauchen sollten.

Ich verstand sofort und tauchte auf. Außer Atem prustete ich eine Zeit lang rum und atmete schnell ein und aus.

„Und? War es jetzt so schlimm?“ presste Yori außer Puste hervor.

„Eigentlich ja nicht“ gab ich zu. „Doch jetzt bist du trotzdem dran.“

Kurzerhand stürzte ich mich auf diesen Verräter namens Yori und drückte ihn unter Wasser. Blasen stiegen aus dem Wasser hervor, wo eben noch sein Kopf gewesen war. Verwundert schaute ich mich um.

Unerwartet packte mich jemand von hinten um die Hüfte und auch ich wurde wieder unter Wasser gezogen. Ich kämpfte mich frei und drückte Yori noch einmal nach unten, bevor ich wieder auftauchte. Hustend spuckte ich Wasser und kam nur langsam wieder zu Atem. Yori tauchte jetzt auch wieder neben mir auf und fing an zu husten. Rasselnd atmete er ein.

„Was sollte das denn?“ stöhnte er, während er sich bemühte wieder zu Atem zu kommen.

„Rache“ presste ich nur hervor und hielt mich gerade noch so mit hektischen Bewegungen über Wasser, Yori hingegen blieb ganz ruhig.

„Lass uns an Land gehen“ sagte Yori, immer noch schwer atmend und deutete an eine Stelle, wo die Klippe abfiel und in einen Sandstrand auslief.

Langsam beruhigte ich mich wieder und paddelte in Richtung Sandstrand.

Die letzten paar Meter legte ich zu Fuß zurück und watete schwerfällig durch das flache Wasser. Erleichtert ließ ich mich an Land in den weißen Sand fallen und atmete tief ein.

Yori warf sich neben mich. Meine Klamotten klebten mir unangenehm am Körper und überall haftete Sand an meiner Haut.

Jetzt kam auch Yori durch das Wasser gelaufen und spritzte bei jedem Schritt mit Wasser durch die Gegend.

Pitschnass warf auch er sich in den Sand. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und beobachtete wie seine Brust sich langsam hob und wieder senkte. Auch seine Hose klebte nass an seinen Beinen.

„Und? Bist du jetzt zufrieden mit deinem Höllensprung?“

„Was heißt denn hier Höllensprung?“ fragte Yori und schaute mich jetzt auch an, doch auf seinen Gesichtszügen spiegelte sich Verständnislosigkeit. „War doch ziemlich erfrischend“ sagte er, während ihm Wassertropfen über die Stirn liefen.

Ein lästiger Tropfen lief mir über die Lippe. Genervt leckte ich ihn weg. Doch das eigenartige war, dass das Meerwasser überhaupt nicht nach Salz schmeckte.

„Yori, ist es hier auf Kalderan normal, dass das Meerwasser nicht nach Salz schmeckt?“

„Ja.“

„Du weißt nicht zufällig auch warum das so ist?“

„Nein, ist halt so“ antwortet er mir nur knapp und starrte in den Himmel.

Seufzend drehte ich meinen Kopf weg und schaute auch in den Himmel.

Immer noch war keine einzige Wolke zu entdecken. Langsam kam Wind auf und strich über meine nackte und feuchte Haut. Ich fröstelte. Frierend stand ich auf und klopfte den Sand ab. Mit verschränkten Armen stellte ich mich vor Yori.

„Ich geh wieder hoch, mir ist kalt.“

Langsam erhob sich Yori und strich sich lahm den Sand vom Rücken. Dann schüttelte er die Beine seiner Hose aus und ging voran. Ich folgte ihm nur stumm und ging zitternd hinter ihm her.

Wir gingen einen mit Gras bewachsenen Abhang hinauf und gelangten dann wieder an die Stelle, wo wir ins Wasser gesprungen waren. Von weitem konnte ich schon Savann und Jarik sehen, die grasend auf der Wiese standen und die warme Frühlingssonne genossen. Wir packten unsere Anziehsachen und stiegen weiter hinauf um wieder dorthin zu gelangen, wo wir uns am Anfang ins Gras gesetzt hatten. Bibbernd vor Kälte schlüpfte ich in meine Jeans und zog wieder Socken und Schuhe an. Immer noch leicht zitternd hockte ich mich ins Gras und ließ mir von der Sonne das Gesicht wärmen.

Am späten Nachmittag, als wir dann endlich wieder trocken waren, wagten wir dann noch mal den Abstieg zum Strand. Ich wollte noch unbedingt Muscheln sammeln, und Yori schleppte ich mit, ob er wollte oder nicht. Ich hatte ihn nur lieb darum bitten müssen, dann war er -immer noch leicht zögernd und mit dem Wort „Weiber“ auf den Lippen- mitgekommen. Es gab wunderschöne Muscheln am Strand. Alle schillerten in kunterbunten Farben und die Gehäuse waren zumeist silber- oder goldfarben. Als Yori dann flehte, ob wir nicht endlich wieder hoch gehen könnten, willigte ich endlich ein.

Schon beim Aufstieg bemerkte ich, dass die Sonne langsam verblasste. Oben angekommen ließen wir uns dann wieder an der Küste ins Gras fallen und starrten hinaus aufs Meer. Der Anblick war überwältigend. Die Sonne spiegelte sich tausendfach im weiten Ozean und der Himmel leuchtete in hellen Orange- und Rottönen. Mitten drin hing die strahlend gelbe Sonne und brachte die Wellen zum glitzern. Je weiter die Sonne unterging, desto roter wurde die Umgebung. Als die Sonne dann gerade dabei war im Meer zu versinken, färbte sich auch das Wasser orange. Verträumt schaute ich in die Ferne. Es wurde kühler und langsam kam wieder Wind auf. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen. Ich verschränkte die Arme und rieb sie um mich warm zu halten. Überraschend fühlte ich wie sich etwas Warmes um meine Schulter legte. Irritiert schaute ich mich um und bemerkte, dass mir Yori seine Jacke umgelegt hatte. Er selbst trug jetzt nur noch sein Hemd.

Yori ließ sich nichts anmerken und schaute nur weiterhin hinaus auf das wunderschöne Szenario. Ich überlegte kurz und rutschte dann etwas näher an ihn heran. Zufrieden lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter und schaute weiterhin der Sonne beim untergehen zu. Erstaunt schaute er auf mich herunter, wandte sich dann doch wieder ab. Bei jedem Atemzug sog ich seinen Geruch ein. Es war ein angenehmer und beruhigender Geruch. Ich genoss seine Nähe. Wie ich mich schon darauf freute, wenn wir demnächst jeden Tag zusammen verbringen würden. Schon morgen früh würde das Abenteuer richtig losgehen. Denn morgen früh wird die Sonne nicht gelb aufgehen, sondern pechschwarz. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie das aussehen würde.

Die Sonne war jetzt vom Meer verschluckt worden. Wir saßen noch lange so und schauten einfach weiter den Wellen zu.

Yori regte sich langsam wieder. Ich zog meinen Kopf weg und er stand auf. Diesmal hielt er mir die Hand hin. Ich nahm sie und vorsichtig half er mir auf.

„Wir sollten wieder aufbrechen“ sagte Yori nur knapp. „Die Jacke kannst du erst mal noch behalten, sonst erkältest du dich noch.“

„Danke“ sagte ich und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Die Röte schoss Yori ins Gesicht. Inzwischen nahm ich mir die Jacke von den Schultern und schlüpfte in die Ärmel der mir viel zu großen Kängurujacke. Ich zog den Reißverschluss ein Stück zu und kam langsam auf Savann zu. Ich zügelte sie wieder und gurtete den Sattel noch einmal nach. Yori trenste Jarik ebenfalls auf doch irgendwie wirkte er immer noch ein bisschen geistesabwesend. Wie leicht man Yori doch aus der Fassung bringen konnte, dachte ich und lächelte schadenfroh in mich hinein.

Wir schwangen uns beide auf unsere Pferde und ritten schweigend zurück zum Schloss.
 

Am nächsten Tag wachte ich erst spät auf. Es hatte gestern noch lange gedauert, bis wir wieder beim Schloss ankamen.

Schlaftrunken schleppte ich mich aus meinem Bett und zog die Vorhänge meines Fensters zurück, doch diesen Morgen schlug mir nicht wie gewohnt der helle Schein der Sonne entgegen, sondern flackerndes Dämmerlicht. Der Himmel war immer noch dunkelblau gefärbt, doch kein Stern hing mehr am Himmel. Ein matt leuchtender, schwarzer Ball hing am Himmel. Das einzige Licht spendeten die Laternen, die überall ums Schloss herum verteilt waren. Irgendwie fand ich diesen Anblick erschreckend, deswegen wandte ich mich auch schnell wieder von der schwarzen Sonne ab, die bedrohlich am Himmel hing.

Ich schaute mich im dunklen Zimmer um und beschloss erst einmal die Kerzen anzuzünden. Blind durch die ganze Dunkelheit suchte ich meine Streichhölzer auf dem Nachtschrank, und fand sie dann glücklicher Weise auch schnell. Mit einem leisen Zischen entzündete sich eine kleine Flamme am Ende des Stäbchens. Ich zündete die Kerzen an und blies das Streichholz aus. Schwaches Licht erhellte jetzt den Raum, gerade so, dass man ein bisschen etwas sehen konnte.

Verschlafen zog ich mich an und schwankte noch ein bisschen benommen aus dem Zimmer. Auf dem Flur war es ruhig und keine Menschenseele war zu entdecken. Das Schloss war wie ausgestorben. Verwirrt ging ich zum Speisesaal, doch auch hier waren nicht gerade viele Leute, gerade Mal ein paar der Adeligen. Wo waren nur die ganzen Leute hin? Ich setzte mich auf meinen Platz und bemerkte zu meinem Bedauern, dass ich heute wohl oder übel alleine Frühstücken musste.

Ich griff nach einem Croissant und grübelte weiter, wo denn alle hin waren. Doch auch bis zum Ende meines Frühstücks bot sich mir immer noch keine Eingebung. Ich trottete zurück in mein Zimmer und hoffte, dass mich wenigstens jemand besuchen kam, wenn ich schon nicht wusste wo die anderen sind. Mit der Kerze auf meinem Nachtschrank zündete ich die Kerzen im Halter an der Wand über meinem Bett an und setzte mich wieder einmal mit einem Buch darunter um zu lesen. Was blieb mir auch schon anderes übrig?

Erst am Nachmittag klopfte es wie erwartet an der Tür nachdem ich meine meiste Zeit mit Lesen und dem Mittagessen verbracht hatte. Erfreut schaute ich auf, als Hikari in das Zimmer trat, im Arm ein langes weißes Kleid.

„Hallo“ sagte sie und schloss die Tür hinter sich. Dann setzte sie sich einfach auf einen meiner Sessel. „Ich dachte ich sag dir einfach mal, was heute ansteht.“

„Das wär doch endlich mal was Sinnvolles an diesem dummen Tag.“

Hikari überhörte die Bemerkung und sprach weiter: „Also heute Abend, kurz bevor die Sonne untergeht, beginnt das Fest. Die Zeremonie wird im Schlossgarten abgehalten und das hier...“, sie hielt das Kleid hoch, „ist dein Outfit. Ich hol dich später ab, oder weißt du wo der Garten ist?“

Ich schüttelte dem Kopf.

„Okay, dann komm ich später vorbei. So um halb fünf kommt eine Zofe, sie wird dir helfen das Kleid anzuziehen und wird dich frisieren.“

Verwundert hob ich dir Augenbraue. „Ist das alles echt nötig?“

„Wenn wir schon so ein Fest feiern, muss es auch perfekt sein.“

„Du weißt nicht zufällig, wo die ganzen Leute sind? Der Speisesaal heute war ziemlich leer.“

„Die meisten helfen dabei im Schlossgarten das Fest vorzubereiten. Die Ritter sind draußen ums Schloss verteilt, da wir bei dieser Dauerdunkelheit ein leichtes Ziel für Angreifer sind.“

Nachdenklich starrte ich an die Wand. Ob Yori wohl jetzt auch vor den Mauern des Schlosses Wache hielt?

Hikari musterte mich mit einem prüfenden Blick. „Ich weiß was du denkst, so wie du guckst. Die Antwort ist nein. Er treibt sich irgendwo im Schloss herum.“

Verwundert schaute ich auf. Ein zartes Lächeln umspielte meine Lippen.

Hikari winkte zum Abschied und zwinkerte mir zu. „Bis später.“

Dann schlüpfte sie wieder durch den Türspalt und zog die Tür hinter sich zu.

Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die Uhr. Inzwischen war es kurz vor halb vier. Ich überlegte kurz und beschloss dann hinunter zu den Stallungen zu gehen um Savann zu besuchen. Vermutlich wird Yori sich auch bei Jarik aufhalten, wenn er schon mal einen Tag frei hat. Voller Vorfreude auf Savann und vielleicht auch auf Yori verließ ich mein Zimmer und ging hinunter zu den Stallungen. Auch hier, im muffigen Pferdestall hatte man überall Laternen aufgehängt um den wenigen Pferden die gerade noch im Stall standen einen relativ normalen Tagesablauf zu ermöglichen. Savann war eines der Pferde, welches ziemlich am Anfang der riesigen Stallungen eine Box hatte. Sie war gerade das einzige Pferd, was hier vorne in seiner Box stand, die anderen mussten wohl bei der Wachpatroullie eingesetzt worden sein. Mit freundlichen Worten näherte ich mich der Box und schnalzte um Savann ans Gatter zu locken. Freudig wiehernd näherte sich die Schimmelstute meiner ausgestreckten Hand und schnupperte mit ihren weichen Nüstern an meinen Fingern. Ich tätschelte ihren Kopf und kraulte ihr zur Begrüßung die Nase. Sie schnaubte ruhig und genoss meine Streicheleinheiten. Ich nahm mir einen Striegel aus dem Putzkasten in der Stallgasse und kletterte über das Eisengatter. Mit kreisförmigen Bewegungen bürstete ich den Dreck aus Savanns Fell.

Währenddessen hörte ich leises Hufgetrappel weit hinten im Stall. Jemand musste ein Pferd die Stallgasse hinunter nach draußen führen.

Verwundert beugte ich mich über das Stalltor und schaute den Gang hinunter. Nach kurzem Grübeln erkannte ich das mir sehr bekannte Gespann: Yori und sein Fuchswallach Jarik, wer war auch sonst noch um diese Zeit im Stall?

Ich beugte mich über das Geländer und winkte ihm begeistert zu.

Überrascht führte er Jarik in die Nähe des Gatters.

„Was machst du denn hier?“

„Zu viel Freizeit heute, und du?“

„Auch nichts anderes zu tun. Ich wollte gerade ausreiten, kommst du mit?“

„Ich würde ja gerne, aber ich kann nicht. Ich muss in einer halben Stunde wieder in meinem Zimmer sein.“

„Ach komm schon, was könnte den wichtiger sein als ein Ausritt im Dunkeln?“

Ich seufzte. „Hikari meint ich muss für die Zeremonie später hübsch gemacht werden, deswegen kommt gleich eine Zofe um mir in mein Kleid zu helfen und meine Haare zu frisieren. Ich würde ja gerne verzichten, aber Hikari besteht darauf.“

„Schade, na ja, wenn du schon keine Zeit hast Savann noch fertig zu machen, kannst du ja wenigstens noch die halbe Stunde auf Jarik mitreiten.“

Mit einem breiten Lächeln schaute ich ihm direkt in die Augen. „Überredet.“

Ich kletterte wieder über das Gatter und streichelte Savann zum Abschied die Nüstern. Dann folgte ich Yori hinaus auf den Hof.
 

Skeptisch schaute ich mich von allen Seiten im Spiegel an. Die Zofe hatte mich in das Ankleidezimmer der früheren Königin gebracht. Zuerst hatte sie mir die blonden Haare hochgesteckt. Es sah zwar ganz schön aus, doch gefallen tat es mir trotzdem nicht. Danach hatte sie mich noch mit Pastelltönen geschminkt, hatte meine Wimpern getuscht und mir einen für meinen Geschmack zu dunklen Lidstrich gemalt. Nachdem sie mich dann auf ein Podest vor die Spiegelwand gestellt hatte, zog sie mir das weiße Kleid ein. Es war eng und ich hatte mühe es anzuziehen.

Ich drehte mich so, dass ich mich von hinten anschauen konnte. Das Kleid hatte hinten einen tiefen Ausschnitt der meinen ganzen Rücken enthüllte. Vorne war das Kleid zum Glück nicht so Freizügig, denn vorne war glücklicher Weise nur ein normaler V-Ausschnitt. Unglücklich starrte ich meinen nackten Rücken an. Musste ich dieses Kleid wirklich anziehen. Ich seufzte, gerade dann, als die Zofe mit der Kette und den Haarnadeln zurückkam, mit denen sie unbedingt mein Aussehen perfektionieren wollte.

Ungestüm wuselte sie um mich herum und band mir eine Kette mit einem einzelnen Diamanten dran hängend um den Hals. Zum Schluss steckte sie mir dann noch die Haarnadeln mit den Diamantsplittern in die Haare und nebelte mich mit einer Wolke Parfüm ein.

Irgendwie fühlte ich mich immer noch nicht ganz wohl in diesem Kleid. Ich fand irgendwie war ich nicht mehr ich selbst, denn wenn ich jetzt in den Spiegel sah erkannte ich nicht mich, sondern jemand anderes. Hatte ich mich wirklich so verändert?

Ich stieg von dem Podest und setzte mich darauf. Die Zofe reichte mir weiße Schuhe mit kleinen Absätzen. Ich zog sie an und betrachtete den kleinen Diamanten der an der Spitze des Schuhs glitzerte. Ich ließ meinen Rock darüber fallen und ging Probe im Raum. Das Kleid schwebte gerade mal so über dem Boden, hinter mir schleppte sich eine lange, weiße Schleppe über den Boden. Irgendwie kam ich mir vor als würde ich heiraten.

Schnell verscheute ich diesen Gedanken wieder aus meinem Kopf, ich wollte doch mit 15 noch nicht ans heiraten denken.

Gerade als ich mich zum Hocker vor der Schminkkommode begeben wollte, öffnete sich die Tür vorsichtig.

Hikari steckte suchend ihren Kopf durch den Türspalt. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zur Abwechslung heute hochgesteckt und wie ich jetzt sah, trug auch sie keine normale Kleidung. Als sie das Zimmer betrat erkannte ich ein wunderschönes dunkelrotes Tillkleid, welches sie anhatte. Auch Hikari zog eine lange Schärpe hinter sich her, doch ihre hing wie ein Cape von ihren Schultern. Ihr Rock bestand aus mehren schichten Till und war deswegen auch Verhältnisweise weit. Hikari sah genauso aus wie Schneewittchen, die gerade aus dem Märchenbuch gesprungen war.

Lächelnd kam sie auf mich zu und betrachtete mich von allen Seite.

„Gut siehst du aus, steht dir gut das Kleid. Hätte nicht gedacht, dass du hier so lange brauchst, dafür ist das Resultat aber auch einfach nur atemberaubend.“

Glücklich schaute ich zurück. „Mir gefällt mein Kleid nicht so, irgendwie nicht mein Typ. Du siehst aber auch Klasse aus, wie aus dem Märchen.“

„Kommst du? Das Fest beginnt jeden Moment.“ Hikari wandte sich schon um und ging zur Tür. Ich folgte ihr.

Wieder einmal durchstreiften wir lange Flure mit alten, ausgetretenen Teppichen am Boden. Wir erreichten einen Flur, der mit hohen Fenstern gesäumt war. Ich schaute nach draußen und sah viele Leute, die zwischen Rosenbüschen und Kirschbäumen im Fackellicht auf etwas warteten. Alle starrten wie gebannt in den Himmel. Hikari bog an der Ecke ab und ging durch eine gläserne Tür in den Schlossgarten. Er war riesig, überall standen wunderschöne Büsche und Bäume und bildhübsche Blumen zierten den Steinweg, der sich quer durch den Garten zog. Das Gras fiel immer weiter ab, desto weiter man sich vom Schloss entfernte. Der Garten war nach hinten hin offen, sodass man bis zum Waldrand hinunterschauen konnte. Irgendwo versteckte sich bestimmt noch eine Schlossmauer in dem dichten Buschwerk rund um den großen Rosengarten. Von dem kleinen Pavillon, der über und über mit Rosenranken verziert war, schweifte mein Blick zum Himmel ab. Jetzt konnte auch ich dabei zusehen, wie die Sonne, kaum erkennbar, von den Baumkronen des Waldes verschluckt wurde. Als ich langsam zu den Leuten trat richteten sich nach und nach alle Blicke auf mich. Ich folgte Hikari zum von Kerzen erleuchteten Pavillon und hörte um mich herum viel Getuschel. Ich hörte die Leute murmeln, wie schön ich doch aussah. Manche vergliche mich mit einem weißen Engel tief in der Dunkelheit, oder einem Stern, hell leuchtend am Nachthimmel.

Schüchtern stellte ich mich neben Hikari und schaute mir die Menschenmenge an. Es waren viele Leute dabei, die ich vorher noch nie gesehen hatte. Plötzlich erhob Hikari ihre Stimme und fing an zu reden:

„Wir haben uns heute hier versammelt, um Akina, unserer Auserwählten Hüterin der Jadeperlen, zu ihrer vollen Kraft zu verhelfen. Die letzten Tage waren ganz schön anstrengend und ich hoffe, dass ich es schaffen werde Akina ihre Kraft zu verleihen. Hoffen wir alle, dass nichts schief geht und mein ganze Mühe nicht umsonst war.“

Hikari wandte sich von den Leuten ab und zog eine lange Perlenkette hervor. Sie funkelte und glänzte im schwachen Kerzenlicht. Verwundert schaute ich dabei zu, wie Hikari die Kette vorsichtig auseinander knotete. Dann erst bemerkte ich, dass eines der Verbindungsglieder zwischen den Perlen zerbrochen war. Hikari kam langsam auf mich zu und begann wieder zu sprechen:

„Wie es eine alte Legende sagt, gibt es eine Perlenkette, die vor abertausenden von Jahren den Drachen Aya in Kristall verwandelt hatte, jedoch war sie dabei gerissen. Die Kette bestand aus 1000 Perlen und um sie zu reparieren brauchte man das Drachenfeuer, oder die Flamme eines Auserwählten Zauberers. Ich habe lange gesucht, um diese Kette zu finden. Und heute, an diesem Tag, wirst du Akina diese Kette mit deinem Feuer wieder zusammenschmieden und durch die Kraft des Sternschnuppenregens und der Kette deine vollständige Kraft erlangen.“ Dann überreichte Hikari mir feierlich die lange Kette.

„Pass gut darauf auf, sie ist einzigartig. Du solltest dich schon mal darauf vorbereiten, jeden Moment geht die Sonne unter, du solltest jetzt die Kette wieder zusammenschmieden, bevor noch der Sternschnuppenregen anfängt. Vorsichtig legte ich die wertvolle Kette auf den Steintisch im Garten und begann mich zu konzentrieren. Wie in Trance ließ ich das Feuer in meinem Herzen entfachen. Ich schloss die Augen und Konzentrierte die Hitze auf meine Handfläche. Ich spürte wie eine Flamme auf meiner Hand tanzte und ich hörte wie ein leises Raunen durch die Reihen der Zuschauer ging. Ich öffnete meine Augen wieder und hielt die gebrochenen Enden der Kette solange in die heißen Flammen, bis das Metall orange glühte. Vorsichtig drückte ich die schmelzenden Metallenden aneinander. Konzentriert beobachtete ich, wie die Enden langsam wieder zu Einem zerschmolzen. Erfreut, dass mir das reparieren der Kette geglückt war, wandte ich mich zu Hikari um, die mich stolz anlächelte.

„Die Kette ist wieder ganz, jetzt müssen wir nur noch auf die Sternschnuppen warten“ meldete sich Hikari wieder zu Wort und schaute gebannt in die schwärze des Himmels. Langsam zeichnete sich der Mond in der Dunkelheit ab und warf sein mattes Licht hinunter auf unsere Zeremonie.

Eine einzelne Sternschnuppe raste blitzschnell über den Himmel. Ihr folgten noch weitere und nach kurzer Zeit war der ganze Himmel überfüllt mit hell blitzenden Sternschnuppen, die aussahen wir glitzernde Diamanten im Mondlicht. Hikari wandte sich mir zu, schloss die Augen und streckte eine Hand in Richtung der Kette aus. Dann begann sie den Beschwörungsspruch aufzusagen:

Einst gebrochen, nun wieder beisammen gefügt.

Alterwürdige Sternschnuppen,

erhöret uns.

Erfüllt die Hüterin der Jadeperlen

mit der Kraft aus allerwelt Zeiten.

Plötzlich ging von Hikaris Hand ein wundersames Leuchten aus. Erschrocken wollte ich zurückzucken, doch ich konnte mich nicht bewegen, gehalten von einer unsichtbaren Kraft. Langsam ging das geheimnisvolle Licht auf die Perlenkette über und verbreitete sich immer weiter bis auch Hikari und ich vollständig leuchteten. Ein seltsames Kribbeln kitzelte auf meiner ganzen Haut. Ich spürte wie eine eigenartige Kraft meinen ganzen Körper erfasste. Ohne es zu merken schloss ich meine Augen. Ich bekam nicht mehr mit, was um mich herum passierte. Das einzige, was ich realisierte, war diese eigenartige Energie, die ich tief in mir spürte. Langsam verebbte dieses Impulsive Gefühl und ich öffnete wieder meine Augen. Das verblassende Licht der Kette funkelte mir entgegen. Hikari hatte nun auch wieder ihre Augen geöffnet und lächelte mich stolz an.

„Es hat geklappt“ flüsterte sie mir zu. „Du bist jetzt die vollwertige Hüterin der Jadeperlen.“

Verwundert schaute ich sie an. Dann überkam mich die Freude und ich sprang Hikari um den Hals. Dankend knuddelte ich sie durch. Ich ließ sie wieder los und strahlte der Menschenmenge entgegen. Jetzt war ich also die echte Hüterin der Jadeperlen. Stolz schaute ich zu, wie die letzte Sternschnuppe vom Himmel fiel...

Mina

Kapitel 5: Mina
 

Vergiss nie

Egal wie groß deine Angst auch ist

Irgendjemand ist immer da

Um dich zu schützen
 

„Du sahst echt wunderschön aus.“

Ich war gerade in Yori’s Zimmer. Ich saß auf seinem Boden und besah mir eine Karte Kalderans, während er auf dem Bett saß und mich dabei beobachtete.

Nach der Zeremonie hatte es noch ein Festmahl gegeben, doch danach waren dann auch die restlichen Gäste gegangen. Ich hatte mich noch kurz umgezogen und war dann zu Yori ins Zimmer geschlichen.

„Fandest du echt?“ fragte ich Yori und strich mir eine Strähne, die sich aus meiner Hochsteckfrisur gelöst hatte, hinter mein Ohr.

„Klar, denkst du ich erzähle etwas, was nicht stimmt?“

Ich schaute kurz weg. Dann wandte ich mich mit einem breiten Grinsen wieder zu Yori um. „Nein, eigentlich nicht.“

„Na siehst du“ sagte er und lächelte zurück.

Ich versuchte mich wieder auf die Karte zu konzentrieren, doch irgendwie lenkten mich Yoris Blicke immer wieder ab. Ich tat so als würde ich weiter auf die Karte schauen, doch durch den Vorhang aus meinen Ponyhaaren sah ich ganz genau was Yori machte. Unablässig schaute er in meine Richtung.

„Musst du mich die ganze Zeit beobachten?“ fuhr ich ihn genervt an, während ich vorsichtig Haarnadel für Haarnadel aus meiner Frisur entfernte.

„Hm, nicht unbedingt. Hab aber nichts anderes zu tun...“

„Kannst du nicht etwas Sinnvolles machen? Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du dauernd zu mir rüber schaust!“

„Tja, damit musst du leben wenn du in MEINEM Zimmer bist.“

Genervt knallte ich das Buch zu.

„Wenn ich hier schon nicht mein Buch lesen kann, dann könnten wir ja wenigstens etwas Sinnvolles machen.“

„Was schlägst du vor?“

„Selbst keine Ahnung...“ bedauerte ich und setzte mich auf den Bettrand. Ich ließ mich rückwärts rüberkippen, die weiche Matratze federte sanft unter meinem Rücken.

Ich drehte meinen Kopf nach links und beobachtete nun auch Yori, der mit angewinkelten Beinen an der Wand lehnte.

„Bist du schon aufgeregt wegen morgen?“ fragte ich und starrte dann wieder an die Decke.

„Eigentlich nicht, ich war ja schon öfter im Reich des Granitdrachen.“

„Wie ist es da denn?“ fragte ich während ich weiterhin an die Decke starrend herumträumte.

Yori überlegte kurz und fing dann an zu sprechen: „Die Menschen im Reich des Granitdrachen sind sehr freundlich und haben gerne Besuch, da sich nicht viele Leute durch das dichte Gebirge kämpfen um dort ein paar Tage zu verbringen. Durch die dichte Gebirgskette sind die Städte und Dörfer im Königreich gut geschützt. Überall im Gebirgsinneren gibt es große Wälder mit uralten Bäumen. Das Reich wird von einer jungen Königin namens Ai-Lynn regiert. Ryota hat Ai-Lynn schon vor einer Woche einen Brief zukommen lassen, und die Königin hat zugestimmt, dass wir die Zeit in ihrem Schloss verbringen können während wir in ihrem Reich sind. Wir haben ihre volle Unterstützung bei unserem Vorhaben.“

„Ist es dort genauso schön wie hier im Reich des Flussdrachens?“

„Dort gibt es zwar kein Meer, aber wunderschöne Sonnenuntergänge in den Bergen“ erwiderte Yori nur.

Ich schloss die Augen und stellte mir vor, wie es dort wohl aussah.

„Es muss dort wunderschön sein“, kam es mir über die Lippen, ein Flüstern, gerade mal so laut, dass Yori es verstand.

„Überwältigend“, stimmte er mir zu.

„Ich freu mich schon auf morgen“, sagte ich mitten in den Raum hinein. Ich öffnete wieder meine Augen und drehte meinen Kopf so, dass ich nach draußen schauen konnte. Tausend Sterne funkelten am Himmel und der Mond war jetzt auch schon am Himmel erschienen. Mit einem Seufzer richtete ich mich auf. „Ich sollte jetzt gehen“, sagte ich langsam und fing an zu gähnen. „Wir müssen morgen schließlich früh raus.“

„Stimmt.“

Ich stand auf, streckte mich kurz und wandte mich der Tür zu. Ich drehte mich noch einmal um und zwinkerte Yori zu. „Gute Nacht“ hauchte ich ihm entgegen und warf ihm einen Luftkuss zu. „Schlaf schön.“

Verdattert stotterte Yori nur ein „Träum schön“ hervor und ich verließ den Raum.

In meinem Zimmer warf ich mich in meine weichen Kissen und schlief von einer auf die andere Minute ein.
 

Früh morgens schleppte ich mich aus meinem Bett und packte meine Tasche. Immer noch gähnend stapfte ich zum Frühstück und setzte mich neben den mindestens genauso müden Yori. Wir schwiegen uns an und würgten unser Frühstück hinunter. Außer uns waren nur wenige andere Leute im Speisesaal, so früh war es erst.

Nach dem Frühstück holten wir unsere Taschen und trafen uns dann bei unseren fertig gesattelten Pferden. Es waren nicht viele Leute da, die uns verabschieden wollten: nur Hikari, Hikaru und Ryota.

Ryota nahm seinen Schützling noch zur Seite und auch Hikari flüsterte mir noch ein „Viel Glück, pass auf dich auf“ ins Ohr.

Sie umarmte mich noch einmal herzhaft und wisperte mir noch zu, dass sie mich vermissen würde.

„Wir kommen ja wieder“, murmelte ich zurück.

Hikari ließ mich zögernd wieder los. „Ich weiß, aber ich habe Angst um dich, schließlich ist das der Abschied ab dem ich vorerst nichts mehr für dich tun kann.“

„Ich krieg das schon hin, du hast mir ja alles beigebracht, und vergiss nicht, ich bin jetzt die Hüterin der Jadeperlen. Mir wird schon nichts passieren, ich bin ja schließlich nur im Reich des Granitdrachen.“

Hikaris Augen glitzerten feucht, doch sie blinzelte die Träne weg und fing bei meiner Bemerkung an bitter zu lächeln. „Ich hab irgendwie so eine Vorahnung, dass irgendetwas passieren wird.“

Zweifelnd schaute ich sie an.

„Ich glaube es ist jetzt Zeit, dass du gehst.“ Hikari drückte mich noch einmal kurz und schubste mich dann in Richtung Savann.

Auch Ryota ließ nun von Yori ab und ließ ihn zu Jarik.

Hikaru wünschte mir ebenfalls noch viel Glück bei der Suche des ersten Tempels und die anderen winkten uns zum Abschied zu, während Yori und ich vom Schlosshof ritten.

„Wir müssen in Richtung Norden“, bemerkte Yori schläfrig und zeigte in etwa in die Richtung, in der das Spiegelportal liegen musste. „Dort sind die Berge des Granitreiches.“

Müde nickte ich und ritt schläfrig in die angezeigte Richtung.

Die schöne Umgebung nahm ich nur verschwommen war, denn ich hatte das Gefühl, dass meine Augen jeden Moment wieder zufallen könnten. Wer kam auch auf die Schwachsinnige Idee nach einem Fest noch vor dem Sonnenaufgang aufzustehen? Inzwischen zeichnete sich die Sonne wenigstens schon schwach hinter den weit entfernten Wipfeln der Berge ab.

Lange ritten wir so herum, und nach ein, zwei Stunden, war ich dann endlich auch wieder zurechnungsfähig. Inzwischen waren wir jetzt endlich nicht mehr im Wald, sondern auf der Wiese des Spiegelportals, oder wie es auch genannt wurde, das Tal der Morgenröte.

Wir ritten einen schmalen Pfad entlang, der uns im direkten Wege zwischen den Bergen herführte. Die steilen Geröllwände zeichneten sich bedrohlich über uns ab. Schnellen Schrittes durchquerten wir die Schlucht. Unser Weg stieg immer weiter an und am Ende fanden wir uns am Gipfel des Berges wieder. Der stundenlange Querfeldeinritt hatte sich ausgezahlt, allein schon wegen der fabelhaften Aussicht.

Von hier oben konnten wir direkt in das wunderschöne Tal hinab schauen. Der Berg fiel flach ab und froschgrünes Gras zog sich über die gesamte Fläche bis zum Rand eines kristallklaren Bergsees. Vereinzelte Bäume standen um den See, weiter hinten wurden es mehr, bis sie sich in einem riesigen Wald verloren. Die Sonne spiegelte sich tausendfach auf der glatten Wasseroberfläche. Das Tal war riesengroß, doch nirgendwo konnte ich ein Schloss oder eine Stadt erkennen. Vermutlich lebten die Menschen jenseits des tannengrünen Waldes.

Verwundert sah ich mich um. Wo war Yori denn schon wieder abgeblieben?

Ich entdeckte ihn weit vor mir, schon fast unten bei dem Bergsee. Ich sputete mich und galoppierte den Hang hinunter, um Yori einzuholen.

Er war gerade von seinem Pferd gestiegen und schöpfte mit seinen Händen Wasser aus dem See, als ich bei ihm ankam.

Ich stieg ebenfalls ab und hockte mich neben ihn ins Gras um meine Wasserflasche neu zu füllen.

Nachdem mein Wasserproviant wieder aufgefüllt war trank ich selbst noch etwas und ließ mich dann ins Gras zurückfallen. Ich beobachtete, wie die Wolken sich schnell über den Himmel bewegten. Anscheinend wehte starker Westwind, doch hier im Reich des Granitdrachen war davon nichts zu spüren, durch den Windschutz aus purem Gestein bekamen wir von alledem nichts mit. Die Sonne stand am höchsten Punkt des Himmels, sodass nur wenige Schatten um uns herum sichtbar waren.

Yori kramte nun in seiner Satteltasche herum und warf mir ein in Papier eingepacktes Sandwich zu, woraufhin ich erschrocken aufschrie und meine Arme schützend vors Gesicht hielt. Als das Sandwich dann wohlbehalten neben meinem Bauch lag, stütze ich mich auf meinen Ellenbogen auf und aß es.

Wir sprachen weiterhin nicht viel, deswegen war unsere Rast auch bald zu Ende. Wir ritten über einen kleinen Weg direkt in den Wald und folgten diesem bis in das dichte Blätterdach des Waldes. An einer Kreuzung entschieden wir uns für den linken Weg und folgten ihm zwei endlose Stunden bis sich der Wald langsam lichtete und Sonnenlicht wieder die Gegend erhellte.

Vor uns tat sich ein wunderschöner Anblick auf: Der Hügel auf dem der Wald stand fiel steil ab. Hügel für Hügel konnten wir sehen, und überall dazwischen standen vereinzelte Dörfer und Städte. Weit am Horizont konnte ich das Ende des weitläufigen Tals erkennen, denn dort schloss sich die lange Bergkette zu einem Gebirgsring. Irgendwo zwischen den vielen Hügeln und Dörfern, erkannte ich eine riesige Stadt auf einer der wenigen flachen Ebenen. Um ein großes Schloss zogen sich hohe Häuser mit winzigen Gassen und Straßen dazwischen. Viele Brücken zogen sich über die Straßen und eröffneten neue Wege oberhalb des unteren Teils der Stadt. Insgesamt gab es etwa 5 verschiedene Stadtebenen, oben heraus prangte das riesige Schloss. Insgesamt hätte man die Hauptstadt des Granitreiches als ein Labyrinth aus Treppen und Brücken bezeichnen können.

Der anstrengende Ritt über die vielen Hügel dauerte noch einmal um die neunzig Minuten bis wir dann endlich die Stadt erreichten. Am Rande der Stadt standen noch einzelne Häuser ohne jeglichen Zusammenhang mit der eigentlichen Stadt, doch desto weiter man in das komplexe System der Stadt eindrang, desto dichter wurde das Straßennetz und desto enger wurden die Gassen. Verzweifelt versuchten wir bis zum Kern der Stadt vorzudringen, doch mit unseren Pferden kamen wir nicht sehr weit, das lag besonders an der Tatsache, dass die Straßen auch noch überfüllt mit Menschen waren. Wir gaben die Versuche auf doch noch mit unseren Pferden einen Weg zu finden, und kehrten erst einmal zum Stadtrand zurück um einen Platz für die Pferde zu finden.

Glücklicher Weise brauchten wir nicht lange fragen, um herauszufinden, dass die Ställe für die Pferde am anderen Ende der Stadt waren. Ohne lange zu überlegen ritten wir einmal um die Stadt herum und fanden auch schnell die Stallungen. Die waren auch kaum zu übersehen:

Das Gebäude war halb so groß wie das Schloss Kentosai, es mussten Hunderte Pferde darin untergebracht sein. Der Stall war aus grobem Stein gebaut und hatte ein flaches Holzdach.

Am Eingang entdeckten wir einen Stallburschen, der seelenruhig im Heuhaufen vor dem Stall schlief.

Yori ritt nahe an ihn heran und räusperte sich laut. Belustigt schaute ich dabei zu, wie der Stallbursche erschrocken hochfuhr und sich unter den herablassenden Blicken Yoris so schnell es ging aufrichtete. Der Schrecken stand dem Armen ins Gesicht geschrieben, anscheinend war es ihm verboten mitten in seiner Arbeitszeit zu schlafen.

„Was kann ich für sie tun“, brachte er mit brüchiger Stimme hervor.

„Wir sind Besucher der Königin Ai-Lynn aus dem Reich des Flussdrachen.“

„Dürfte ich bitte Ihre Namen erfahren?“

„Das ist Akina, die Hüterin der Jadeperlen und ich bin ihr Begleiter, Yori.“

Leicht verwirrt runzelte er seine Stirn. Er schien zu überlegen.

„Ah, jetzt ist es mir wieder eingefallen! Ihr seid die Ehrengäste, von denen hier alle sprechen.“

„Du könntest uns nicht zufällig sagen, wie wir zum Schloss kommen und wo wir unsere Pferde unterbringen können?“

„Um die Pferde werde ich persönlich mich kümmern. Ich werde euch auch noch jemanden suchen, der euch zum Schloss bringt.“

Ich stieg von meinem Pferd und reichte ihm meine Zügel so wie Yori auch. Dankbar lächelte ich ihn an. „Das wäre wirklich nett von dir.“

„Das ist sein Job“, fuhr mich Yori eifersüchtig an, doch der Stallbursche war schon mit unseren Pferden im Stall verschwunden und konnte diese Bemerkung deswegen nicht mehr hören. Ich ignorierte Yoris Bemerkung einfach und stellte mich wartend an die Wand.

Eine ganze Weile warteten wir darauf, dass die Person endlich kam, die uns zum Schloss bringen sollte. Vor Ungeduld hatten wir uns schon ins Heu geworfen und gelangweilt die Augen geschlossen.

Plötzlich schreckte ich auf. Ein Mädchen kam auf uns zugestürmt und kreischte herum. Erst konnte ich nicht verstehen was sie immer wieder rief, doch dann verstand ich es doch.

„Yori!“ kreischte das Mädchen mit den langen rot-braunen Haaren abermals und umarmte meinen Gefährten übermütig.

Verwirrt löste er ihren festen Griff ein wenig und blickte ihr ungläubig ins Gesicht.

„Mina?“ fragte Yori stockend.

„Du bist es wirklich!“ kreischte das Mädchen, dass anscheinend Mina hieß, und drückte Yori wieder fester an sich.

Irritiert schubste Yori Mina von sich weg.

„Was machst du denn hier, Mina?“

„Das könnte ich dich genauso fragen!“

Mit einem gehässigen Grinsen sprang Yori vom Heuhaufen. „Ich habe einen Auftrag zu erledigen.“

„Und wer ist sie?“

„Das ist Akina, sie ist sozusagen mein Auftrag.“

Mina wandte sich nun interessiert an mich. Sie schaute kurz zwischen uns hin und her und hakte dann nach.

„Was macht ihr denn im Reich des Granitdrachen?“, fragte sie Yori mir scharfer Stimme.

Yori seufzte. „Ich habe gerade wirklich keine Zeit dir zu erklären, was wir hier machen. Wir warten gerade auf jemanden.“

Sauer wandte sie sich von Yori ab und kam zu mir herübergewirbelt.

„Ich hab mich ja noch gar nicht vorgestellt. Also ich bin Mina, eine alte Bekannte von Yori. Seine und meine Eltern waren Freunde.“

Mina hielt mir ihre Hand hin, höflich nahm ich sie an und stellte mich ebenfalls vor.

„Schön dich kennen zu lernen, ich bin Akina.“

„Bist du denn wenigstens ein bisschen gesprächiger als unser Gesprächsmuffel und sagst mir auf wen ihr wartet?“

„Eigentlich sollte jemand kommen um uns den Weg zu Schloss zu zeigen, doch anscheinend kommt dieser jemand nicht.“

Ein breites Grinsen zog sich über ihr mit Sommersprossen überflutetes Gesicht. „Na dann kommt mal mit, eure Begleitperson ist gerade eingetroffen.“

„Was willst du uns denn damit schon wieder sagen?“, maulte Yori genervt herum.

„Mensch, du Blitzmerker! Diese Person bin ich“, konterte Mina mit gehässiger Stimme.

Yori wollte schon wieder eine seiner berüchtigten Anmerkungen machen, doch bevor er anfangen konnte sich wieder aufzuregen unterbrach ihn Mina auch schon wieder und maulte an seiner Stelle herum.

„Yori, du bist noch immer ein Großmaul genau wie früher. Jetzt bleib endlich mal ruhig und halt endlich mal die Klappe!“ Sie holte einmal tief Luft. „Können wir jetzt gehen?“

Ohne auch nur ein Wort zu sagen sprangen Yori und ich reflexartig auf. Minas Ansprache hatte gesessen. Zufrieden guckte sie zu uns hinüber und bedeutete uns ihr zu folgen. Sie führte uns in Richtung Stadt. Wieder einmal mussten wir uns durch das enge Straßennetz quälen. Die Wege führten immer weiter hinauf, es wurde immer anstrengender die steilen Straßen zu überqueren. Am Ende liefen wir nur noch unter einer Brücke her. Der Boden wurde wieder flach und statt auf harten Pflastersteinen standen wir jetzt auf weichem Gras. Von der Dunkelheit der engen Gassen traten wir jetzt in den von Sonnenlicht durchfluteten Schlossgarten. Überall waren wunderschöne Blumen zu sehen und Weiden ließen träge ihre Zweige ins Wasser eines stillen Tümpels hängen. Der Wind ließ die Zweige sachte schaukeln und dadurch zogen sich immer wieder dünne Wasserringe über die Oberfläche des Tümpels.

Die Rosen und der Efeu rankten sich an den alten Schlossmauern empor und die Vögel zwitscherten leise ihr Lied. Das Schloss erhob sich prachtvoll vor uns und reichte noch bis weit in den Himmel. Im Gegensatz zum Schloss wirkten die Bäume hier alle winzig klein. Eine lange steinerne Treppe führte hinauf bis zum massiven Steinportal des Schlosses. Das Geländer der Treppe hatte die Form einer wunderschönen Rosenranke, genauso wie der Rahmen der riesigen Tür und der zahlreichen Fenster, die sich wie ein Glasring ums Schloss zogen. Zuerst zog sich die bewachsene Mauer nur kahl hinauf, dieses Bild wurde jedoch durch die zahlreichen Fenster unterbrochen. Man konnte deutlich die einzelnen Stockwerke erkennen, die das schmucklose Gebäude bis in den Himmel zogen.

Das Schloss selbst war ein einziges riesiges Gebäude, ohne jegliche Türme oder Balkone. Das Dach rundete das Bild des riesigen Schlossquadrates ab. Die roten Ziegel zogen sich spitz in die Höhe und das Dach wurde durch die Spitze aus Gold veredelt.

Staunend trat ich an die Mauer und schaute an der Steilen Mauer hinauf. Mina hingegen hatte schon die ersten Stufen bestiegen.

„Jetzt kommt doch endlich, wir müssen hier lang!“

Ich schaute noch einmal hinauf zu den Rosen und folgte dann den anderen beiden ins Schloss.
 

Staunend schaute ich in die steinerne Eingangshalle. Die Wände und der Fußboden wirkten kalt, doch der Sonnenschein, der durch die hohen Fenster fiel warf alles hier in ein warmes Licht. Ein großer Teppich lag in der Mitte des Raumes. Ein riesiger Kamin war an der Stirnseite der Einganghalle zu erkennen, ein warmes Feuer knisterte fröhlich darin vor sich hin. Davor standen ein paar Sessel. Eine große, bequeme Sitzecke mit vielen Sesseln und einem riesigen Sofa stand im Mittelpunkt des Zimmers. Nirgendwo an den Wänden hing auch nur ein einziges Bild, da überall wo man hinsah nur der blaue Himmel durch die dicken Scheiben des Fensters zu sehen waren. Dafür standen jedoch jede Menge Pflanzen in Töpfen in diesem Zimmer. Eine Wendeltreppe am anderen Ende des Raumes führte in die oberen Stockwerke.

„Ich muss jetzt wieder gehen, ihr findet euch ja garantiert auch ohne mich zurecht“, sagte Mina unerwartet in den Raum hinein. Sie zwinkerte Yori noch kurz zu. „Vergiss mich bloß nicht, man sieht sich.“

Dann drehte sie sich um und stolzierte aus dem Raum.

Verwirrt schauten Yori und ich uns an. „Und jetzt?“, fragte ich verwirrt.

„Ich würd ja mal sagen, dass es hier nur nach oben weiter geht.“

Kurzerhand beschlossen wir die Treppe hinaufzusteigen. Oben angekommen liefen wir auch direkt einem Mann in einem feinen, schwarzen Anzug und einem dicken Monokel vor dem Auge in die Arme.

„Entschuldigen sie bitte, aber sie wären nicht zufällig so nett uns kurz weiterzuhelfen?“

Herablassend schaute er auf mich hinunter und belächelte mich und meinen Begleiter. Dann fiel sein Blick auf meine Perlenkette, die ich mir mehrmals ums Handgelenk gewickelt hatte.

„Ach sie sind es! Ich hätte das werte Fräulein beinahe nicht erkannt. Folgen sie mir bitte, folgen sie mir, die Königin wird sie im Dachgeschoss in Empfang nehmen.

Irritiert schaute ich kurz in Yoris Gesicht und sah, dass er genauso wortlos war wie ich. Wir folgten dem merkwürdigen Butler zu nächsten Treppe und wieder zur nächsten. Ich hörte schnell auf die Treppen zu zählen, es waren sowieso viel zu viele, denn mal gingen wir eine hoch, dann wieder eine runter, bis wir endlich in einem Raum ankamen, in dem keine weitere Treppe zu entdecken war. Die mit hellem Holz verkleidete Decke lief spitz zu, wir mussten also wirklich im höchsten Raum des riesigen Schlosses sein.

Der Butler bedeutete uns am Anfang der Treppe zu warten, während er uns bei Königin Ai-Lynn ankündigen wollte. Erstaunt schaute ich mich in dem riesigen Dachraum um. Wieder bestanden alle Wände um mich herum aus massivem Glas. Sogar im Dach waren einige Scheiben eingelassen, wie ich jetzt erkannte. Von hier konnte ich die Sonne durch eines der Dachfenster funkeln sehen. Der Raum um uns herum war wieder sehr freundlich eingerichtet. Helle Polstermöbel standen um mich herum und eine ganze Reihe an weißen Bücherregalen versperrte die ganze Fensterwand an der Ostseite. In der linken Ecke des riesigen Raumes war ein Podest, dort saß eine wunderschöne Frau in einem langen, weißen Kleid. Sie hatte lange weiß-blonde Haare, die ihr bis zum Po reichten, ihr Gesicht konnte ich leider nicht sehen, da sie uns den Rücken zugewandt hatte.

Die Königin und der Butler redeten kurz miteinander, ich konnte aber nicht verstehen, was sie sagten. Dann kam er wieder zu uns und hielt einladend seine Arme auf.

„Die Königin erwartet sie“, sagte er und zog sich zurück.

Unsicher näherte ich mich der Königin, deren Schönheit mir irgendwie unwirklich vorkam. Ich wusste nicht genau wie ich mich ihr gegenüber benehmen sollte, deswegen tat ich einfach das, was Yori ebenfalls tat: Er ging vor ihr in die Knie und verneigte sich.

Ai-Lynn fing an zu lachen und warf ihre langen Haare zurück. Mit melodischer Stimme sprach sie zu uns: „Ihr braucht euch vor mir nicht zu verneigen, bitte, setzt euch doch.“

Schüchtern blickte ich auf und sah in ihr Gesicht. Ai-Lynn war wunderschön. Ihr Haar umspielte ihr herzförmiges Gesicht und ein freundliches Lächeln forderte uns dazu auf keine Demut vor ihr zu zeigen.

Wir folgten ihrer Bitte und setzten uns auf die Sessel die ihr am nächsten standen. Ihre eisblauen Augen folgten jeder unserer Bewegungen aufmerksam, als wollte sie uns prüfen. Ich fühlte mich unsicher und irgendwie ein wenig verloren. In einer fremden Welt, in einem fremden Königreich, in einem fremden Raum mit einer fremden Frau.

Immer noch lächelnd fing sie an zu sprechen:

„Willkommen in meinem Reich. Ich bin Ai-Lynn, die Königin des Reiches des Granitdrachen. Wie ich sehe haben Sie den weiten Weg in mein Reich gut überstanden?“

Eifrig nickte ich. „Oh ja, Majestät. Die Reise war einfach atemberaubend“, berichtete ich strahlend.

„Das freut mich. Ich hoffe wir können Ihnen den Aufenthalt hier so bequem wie möglich machen. Haru, mein persönlicher Butler, lässt gerade Ihre Zimmer herrichten. Sie können sich dann also gleich dort ausruhen, die Reise wird dann wohl doch anstrengend gewesen sein.“

„Danke, das ist sehr nett von ihnen, ich glaube wir beide könnten wirklich ein wenig Ruhe vertragen“ pflichtete ich ihr bei.

„Wenn Sie beide irgendwelche Fragen oder Wünsche haben, können Sie sich gerne an Haru richten, er wird Ihnen gerne weiterhelfen. Mich werdet Ihr vermutlich kaum sehen, da ich viel zu tun habe und ab und zu auch mal in andere Reiche reisen muss. Ich wünsche euch dann noch viel Glück beim Suchen des ersten Tempels, ich werde euch, so gut es geht, unterstützen.“

„Danke, Majestät, wir werden unser Bestes geben.“

Ein leises Räuspern war zu vernehmen. Haru stand am Fuße der Treppe.

„Eure Zimmer sind nun fertig angerichtet“, sagte die Königin wieder mit ihrer Stimme, die Klang wie das Rauschen des Wasserfalls. „Ihr ruht euch dann jetzt am Besten aus.“
 

Am nächsten Tag machten wir uns auf die Suche nach dem ersten Tempel. Ratlos standen wir auf einem Hügel vor der Stadt. Ich setzte mich auf einen großen Stein und schaute hoffnungslos zu Yori, der sich interessiert die Umgebung ansah, um sich erst mal einen groben Überblick zu verschaffen.

„Du weißt nicht zufällig wo wir anfangen sollen zu suchen, Yori?“

„Was hat die Prophezeiung noch mal gesagt?“

„Eure Reise wird im Reich des Granitdrachen beginnen, doch am Ende werden die Namen doch die besseren Hinweise auf das Versteck der Tempel sein.“

Das hatte Yori mich heute bestimmt schon zum tausendsten Mal gefragt, und jedes Mal hatte ich diesen Satz als Antwort heruntergerattert.

Yori überlegte und murmelte dabei etwas vor sich hin.

„Ich hab’s! Das Versteck des Tempels muss irgendetwas mit Granit zu tun haben. Und wo findet man Granit? In der Erde! Der Tempel muss irgendwo in der Erde versteckt sein, in einer Höhle oder so.“

„So wie du das sagst klingt das irgendwie ziemlich logisch.“ Ich überlegte kurz. „Du hast Recht , wir sollten in den Höhlen suchen.“

Begeistert sprang ich von meinem Fels.

„Ich könnte dich küssen!“, schrie ich ihm enthusiastisch zu.

„Das lass mal lieber bleiben“, raunte mir eine bekannte Stimme kalt zu. „Yori ist mein Verlobter!“

Mina stand mit wutverzerrtem Gesicht neben dem Fels auf dem ich eben noch gesessen hatte. Irritiert schaute ich zwischen Yori und Mina hin und her.

„Mina“, begann Yori aufgebracht. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich dich nicht heiraten werde?!“

„Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass unsere Eltern diese Hochzeit schon nach unserem ersten Treffen arrangiert hatten?!“

„Das interessiert mich doch nicht, meine Eltern sind...“ Abrupt hörte Yori auf zu sprechen, das letzte Wort blieb ihm im Hals stecken. Er fing sich wieder und begann seinen nächsten Satz. „Die Vergangenheit interessiert mich nicht! Ich habe sie schon lange hinter mir gelassen!“

„Du willst mir damit doch jetzt nicht sagen, dass du mich nie mehr sehen willst?“ fragte Mina mit schneidender Stimme.

„Genau das will ich sagen! Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass aus uns nichts wird! Immer und immer wieder habe ich dir gesagt du sollst mich in Ruhe lassen, und was passiert? Garnichts!“

„Was sollte auch schon passieren? Meinst du nur weil du meine Anwesenheit nicht schätzt, verziehe ich mich? Nein danke! Wieso sollte ich auf deine Gefühle achten, wenn du auf meine herumtrampelst wie eine Horde wildgewordener Elefanten?“

Eine Wand aus kaltem Schweigen breitete sich zwischen den beiden aus, eine Gewitterwand mit Blicken wie Blitzen.

„Ich lass euch zwei Turteltauben dann mal alleine!“, sagte Mina und wandte sich schon zum gehen, dann drehte sie sich aber doch noch mal um. „Ich hoffe du hast wenigstens genug Anstand um mir auf Wiedersehen zu sagen, wenn ihr weiterreist? Ihr findet mich in dem kleinen Haus am Stall, fragt einfach nach mir, die Leute wissen schon, wo ich zu finden bin.“

Dann verließ sie den Hügel und ließ mich und Yori allein in der kalten Stille stehen.

„Lass uns jetzt in den Höhlen suchen“, sagte Yori, als wäre nichts vorher geschehen.
 

Den ganzen Tag hatten wir die verdammten Höhlen im Granitreich durchsucht und waren jedes Mal nur in dunklen Sackgassen gelandet. Bis der Mond am Himmel hing hatten wir gesucht, draußen war es nun schon genauso dunkel wie in den nochmals verdammten Höhlen.

Seufzend verschoben wir die weitere Suche auf den nächsten Tag. Ausgeruht und mit zerknirschten Gesichtern setzten wir also unsere Suche fort, doch abermals fanden wir in den Höhlen nur Sackgassen der Dunkelheit. In manchen Höhlen hatten wir garantiert auch zwei oder dreimal nachgeschaut, waren durch die Dunkelheit gestolpert um dann doch am Ende wieder nur auf Gestein zu treffen. Schweren Herzens hatte sich Yori dann doch dazu überreden lassen in die Stadt zurückzukehren und sie dann morgen zu verlassen, um die Höhlen außerhalb der Stadt im Gestein des riesigen Gebirgsrings zu durchsuchen.

„3 Tage haben wir jetzt schon verschwendet. 3 Tage, in denen Mizuki schon ganz Kentosai in Schutt und Asche legen könnte!“, hing mir Yori immer wieder in den Ohren.

Als ich dann auch noch vorschlug, dass wir zu Mina gehen sollten, um uns zu verabschieden riss ihm der Geduldsfaden.

„Was hat die Welt nur gegen mich“, jammerte er den ganzen Weg hin zum Stall. Es war einfach gewesen Yori doch noch zu überreden. Ich hatte ihn nur lieb fragen müssen, dann war er, jedoch murrend, doch noch mitgekommen.

Schließlich fanden wir uns vor der morschen Holztür eines alten und kaputten Hauses wieder. Hier musste Mina wohnen, dachte ich mir, während ich Yori an der Hand zur Haustür zog.

Vorsichtig klopfte ich an die Tür, darauf aufpassend, dass die Tür nicht doch noch unter meiner Hand zu Staub zerfiel, doch auch nach einigen Minuten und zwei weiteren Anklopfversuchen öffnete keiner die Tür. Yori wollte sich schon wieder umdrehen und gehen, aber ich griff nach seiner Hand, öffnete vorsichtig die Tür und zog ihn ins Haus.

„Mina?“, rief ich in den kleinen Raum und schaute mich um. Wir befanden uns in so etwas wie einer Wohnküche, denn hier befand sich ein alter Kachelofen diverse Schränke und Regale, ein alter Tisch mit vier klapprigen Stühlen und ein kleines Sofa mit abgesessenen Polstern. Zwei weitere Türen befanden sich in der grob verputzen Wand und führten vermutlich in ein Bad und in ein Schlafzimmer. Eine Luke befand sich im dreckigen Dielenboden und führte hinunter in den Keller, sie stand offen und unten in der Dunkelheit bemerkte ich ein schwaches Flackern einer Kerze. Verwirrt trat ich noch einen Schritt näher an die Luke und erhaschte einen Blick in die Tiefe, doch ich konnte nichts Konkretes erkennen.

„Hallo? Ist da unten jemand“, rief ich in die Stille hinein, doch wieder bekam ich keine Antwort.

„Komm, Mina ist nicht da. Lass uns zurück zum Schloss gehen.“ Doch genau in dem als Yori mich wieder zur Tür ziehen wollte sprang eine rot getigerte Katze aus der Dunkelheit und tapste leise auf uns zu.

Ich ließ Yori stehen und hockte mich vor die kleine Katze.

„Na Kleine? Ist dein Frauchen nicht da? Komm doch mal zu mir...“

Ich hielt der Kleinen lockend die Hand hin, doch statt zu mir zu kommen und sich streicheln zu lassen, tapste sie schnurstracks zu meinem Gefährten und umspielte schnurrend seine Beine. Erschrocken sprang der einen Schritt zurück und knallte dabei versehentlich gegen einen Stuhl.

Als wäre die Katze beleidigt sprang sie prompt von Yori weg und setzte sich demonstrativ auf die Couch. Von ein auf die andere Sekunde fing das Tier plötzlich an zu Leuchten. Das Licht breitete sich wie ein Blitz im ganzen Zimmer aus, sodass ich nichts mehr erkennen konnte, alles um mich herum war nur weiß.

Genauso plötzlich wie es gekommen war verschwand das Licht auch wieder, doch statt der roten Tigerkatze saß jetzt Mina auf dem Sofa!

Entsetzt starrte ich sie an, dann schaute ich zu Yori und bemerkte zum Glück, das er Mina genauso anstarrte wie ich.

„Tag!“, sagte Mina glücklich und schlug ihre Beine übereinander.

„Tag...“, antwortete ich ein wenig entsetzt und stolperte einen Schritt zurück zu Yori.

„Weswegen hab ich die Ehre?“, fragte Mina uns mit zuckersüßer Stimme.

Yori schien wohl immer noch zu geschockt um zu sprechen, deswegen antwortete ich.

„Ähm...wir sind gekommen um...um uns zu verabschieden!“

„Achso, wie lieb von euch!“ Wieder antwortete Mina mit dieser zuckersüßen Stimme, so als wäre sie froh darüber, dass sie Yori so geschockt hätte. Dabei lächelte sie noch schadenfroh.

Yori hatte inzwischen wohl wieder zu sich selbst gefunden und wagte nun doch näher zum Sofa zu treten auf dem Mina, immer noch lächelnd, saß.

Misstrauisch musterte er sie. „Mina? Seit wann kannst du dich in eine Katze verwandeln? Und wo sind deine Eltern?“

Ihre Miene verfinsterte sich plötzlich. Yori hatte wohl einen empfindlichen Punkt getroffen.

„Das ist eine lange Geschichte, setzt euch, dann erzähle ich sie“, antwortet Mina jetzt mit einer Stimme, aus der die Traurigkeit und der Schmerz an die Erinnerungen förmlich rauszuhören waren.

Yori und ich setzten uns auf die abgenutzten Stühle und Mina fing an zu erzählen.

Vor ein paar Jahren noch, als Mina gerade mal 9 Jahre alt war, hatte sie mit ihren Eltern nahe Saitenko gelebt. Ihr Vater war Schmied und bevorzugte es deswegen bei den Lavaseen des Vulkanreiches zu wohnen, weil die Schilde und Waffen durch das Schmelzen durch die Lava widerstandfähiger wurden.

Eines Tages, so erzählte Mina mit gesenktem Kopf und Tränen in den Augewinkeln, ritt Mizuki höchstpersönlich auf den kleinen Hof der Schmiedfamilie, mit einer Gefolgschaft von mindestens einem Dutzend ihrer schwarzen Krieger.

„Du sollst hier der beste Schmied in der Gegend sein?“, hatte Mizuki Minas ahnungslosen Vater gefragt.

„Der Beste“, hatte er bestätigt und seiner Frau zugeflüstert sie solle die Kinder verstecken.

Ihre Mutter hatte Mina und ihre beiden jüngeren Brüder in den Stall geschoben und hatte ihnen gesagt, sie sollen sich verstecken, wie sie es so oft getan hatten, um sich vorm ausmisten der Ställe zu drücken. Doch diesmal war es kein Spiel, es war todernst.

Minas Mutter hatte die Tür hinter den Kindern verschlossen, während Mina zum Fenster des Heubodens geklettert war um weiterhin zuhören zu können.

Die Schwarzmagierin hatte versucht den Schmied zu überreden ihr eine Armee aus den stärksten Rüstungen aller Zeiten zu schmieden, so robust wie die Normalen und doch wendiger als die Alten. Mithilfe von Mizukis Magie sollten sie dann später zum Leben erweckt werden.

„Ein hoher Lohn wartet auf dich, wenn du den Auftrag annimmst. Und wenn nicht hast du einen unbezahlbaren Preis zu zahlen!“, hatte Mizuki ihn damals angezischt und böse gelächelt.

„Niemals werde ich dir helfen“, hatte er gesagt und Minas ängstlich Mutter hinter sich geschoben.

„Wenn das so ist...“, hatte Mizuki nur gesagt, mit dem Finger geschnippt und hatte Minas Eltern von den Schwertern ihrer unbarmherzigen Rittern durchbohren lassen. Den Hof und das Haus und den Stall hatte sie in Brand stecken lassen. Mina konnte sich nur gerade so retten indem sie aus dem hohen Fenster des Stalles gesprungen war. Ihre Brüder verlor sie im Feuer und die Eltern lagen tot auf dem Hof. Nur Mizuki stand noch dort, wie der Teufel zwischen den Flammen. Gelacht hatte sie, doch war verstummt, als sie Mina unverletzt vor sich stehen sah, das Gesicht rot gefärbt und Tränen in den Augen, Tränen der Trauer und der Wut.

„Leichfüßig wie eine Katze“, hatte Mizuki gemurmelt während sie sich Mina stumm besah, die immer noch zitternd vor ihr stand.

„Töten werde ich dich nicht, Kleine“, hatte sie Mina ins Ohr geflüstert. „Ich will mir nicht die Hände schmutzig machen. Dennoch, ich werde dich in eine Katze verwandeln, damit du mir nie wieder so verweint vor die Augen trittst!“

Die Augen des jungen Mädchens hatten sich vor Schrecken geweitet, doch sie konnte sich nicht bewegen.

An mehr konnte Mina sich nicht erinnern, nur noch daran, dass, als sie wieder aufwachte, Mizuki verschwunden war. Das Haus und der Stall waren völlig abgebrannt und die toten Eltern lagen in einer Blutlache auf dem Hof.

Weggelaufen war sie, doch erst im nächsten Dorf bemerkte sie, was eigentlich passiert war.

Die Menschen überragten sie um Meter, so kam es Mina zumindest vor, und niemand schien sie zu bemerken. Das alte Leben war zerstört wurden und vor ihr lag jetzt das Leben einer kleinen, roten Tigerkatze.

Lange lebte sie in den Gassen bei den anderen Streuern, bis eines Tages eine alte Frau in der Sackgasse auftauchte.

Sie hockte sich vor Mina, lockte die Katze zu sich und raunte ihr leise etwas zu.

„Du bist keine Katze, du bist ein kleines Mädchen.“

Die Katze folgte ihr, der, die erkannte, wer sie wirklich war.

Die alte Frau lebte allein im Wald, weit entfernt von den Dörfern, da die Leute sie hassten wie sie Pest, weil sie die Alte für eine Hexe hielten.

Es dauerte nicht lange, bis Mina wieder ein kleines Mädchen war, gerettete durch die Magie der angeblich bösen Hexe.

Jawe, so nannte sie sich, hatte die Magie, mit der Mizuki Mina in eine Katze verwandelt hatte, in ein Amulett gebannt. Sie schenkte es Mina, mit den Worten, dass es sicherlich eines Tages nützlich für Mina sein würde.

Auf Wunsch der Alten verließ Mina den Wald und suchte sich Arbeit und ein zu Hause in der Stadt. Sie versprach, niemals zurückzukehren und so hörte sie auch Niemals wieder von Jawe, der weißen Hexe.

„Eines Tages fand ich das Geheimnis des Amulettes heraus. Es verwandelt mich in Tiere, wenn ich es will“, beendete Mina und wischte sich die Tränen von den mit Sommersprossen übersäten Wangen.

Unwillkürlich stand ich auf, setzte mich neben Mina und legte ihr tröstend den Arm um die Schultern. Selbst Mina realisierte erst später, dass sie mich ja eigentlich gar nicht mochte und schubste meine Hand von ihrer Schulter, woraufhin ich von ihr wegrutschte.

„Das ist...traurig“, presste Yori nur geschockt hervor und stützte sich nachdenklich mit den Ellenbogen auf seinen Oberschenkeln ab. „Und was machst du jetzt?“

„Dies und das, mal mache ich Botengänge, mal helfe ich in einem Lokal aus... Aber hauptsächlich beschäftige ich mich damit“, sie zeigte auf die Kellerluke.

„Und das wäre?“

„Ich erforsche die Heilwirkungen von Schlangengift auf andere Krankheiten.“

Erstaunt schaute ich in Minas Richtung.

„Du brauchst mich gar nicht so angucken, du kannst mir ruhig glauben“, blaffte Mina mich unfreundlich an. Beleidigt lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Woher bekommst du denn das Gift?“, fragte Yori.

Mina wurde plötzlich wieder zuckersüß und wandte sich lächelnd zu Yori. „Ich verwandle mich natürlich in die Schlangen und sammle das Gift!“

Stille trat ein. Angewidert musste ich an den Anblick denken, wie eine Schlange ihr Gift in ein Reagenzglas füllte. Ich schauderte.

„Darf ich euch vielleicht etwas zu trinken anbieten?“

„Nein danke, wir wollten eigentlich nur kurz verabschieden und dann auch gleich wieder gehen, also mach dir nicht die Mühe, wir wollten sowieso gerade gehen.“

Yori stand auf und ich wurde abrupt aus meinen Gedanken gerissen. Hektisch sprang ich auf und folgte ihm zur Tür.

„Auf Wiedersehen“, sagte ich höflich und winkte Mina zu, doch die schaute demonstrativ weg.

„Man sieht sich, Yori!“, sagte sie nur mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen.

Yori erwiderte nichts sondern knallte nur die Tür zu, ein Wunder das sie nicht aus den Angeln gehoben wurde.

Nicht sonderlich gut gelaunt marschierte Yori direkt zurück zum Schloss ohne auch nur auf mich zu warten. Ich schaute kurz zurück zu Minas Haus, dann eilte ich ihm hinterher.
 

Ich wachte auf, weil jemand wie wild gegen meine Zimmertür hämmerte. Erst dachte ich es wäre nur ein Traum, doch das Klopfen an meiner Tür wurde immer lauter und immer wieder hörte ich jemanden meinen Namen Rufen.

Verschlafen öffnete ich meine Augen und wurde sogleich vom dämmrigen Licht erschrocken. Es war mitten in der Nacht, wo kam dann bitte das Licht her?

Wieder klopfte es an der Tür.

„Akina, jetzt mach endlich die Tür auf!“ Es war Yori.

Schlaftrunken taumelte ich zur Tür und öffnete sie.

Yori stand davor, fertig angezogen und mit gepackter Tasche. Die Erleichterung erhellte plötzlich sein Gesicht, doch im nächsten Moment wurde es schon wieder ernst.

„Wir müssen hier weg, SOFORT! Sie sind hier!“

„Wer ist hier?“, fragte ich verwirrt und guckte dabei zu, wie Yori an mir vorbeistürmte und wahllos irgendwelche Sachen in meine Tasche stopfte.

„Das erklär ich dir später. Hier, zieh das an!“ Er warf mir einen Pullover und eine Hose zu.

„Aber was ist los?“, fragte ich verwirrt mit dem Pullover in der einen und der Hose in der anderen Hand.

„Schau nach draußen, dann weißt du’s!“, antwortete er mir wütend.

Ich trat ans Fenster und erkannte sogleich die mysteriöse Ursache des dämmrigen Lichts mitten in der Nacht: Überall in den Gasse tobten schwarze Ritter mit Fackeln in den Händen. Manche Häuser brannten und viele Leute eilten hektisch mit Wassereimern durch die Straßen um die Brände zu löschen. Die Ritter durchsuchten die Häuser nach irgendwas, oder irgendwem. Mir blieb fast das Herz stehen. Plötzlich löste ich mich aus der Erstarrung zog mir in Windeseile den Pullover über und schlüpfte in die Hose. Jetzt wusste ich was Yori meinte, wir oder eher ich war nicht sicher, wenn die hier herumwüteten.

Ich schnappte Yori die Tasche aus der Hand, stopfte noch die letzten Sachen hinein und zog Yori dann an der Hand hinter mir her. Ich fing an zu rennen, solch eine Angst hatte ich.

„Wohin?“, fragte ich.

„Zu den Pferden, wir müssen die Pferde holen, dann sind wir schneller als die Ritter.“

„Und wie sollen wir das machen, wenn die in jeder Gasse sind?“

Abrupt stoppte er und zog ein Blatt Papier aus der Tasche.

„Das hab ich in meinem Zimmer gefunden. Es ist ein Plan den Untergrundnetzes der Stadt. Wenn wir darein kommen, müssten wir sicher bis zum Stall kommen.“

„Und wo ist der nächste Eingang?“, fragte ich und schaute dabei nervös auf die Karte.

„Der nächste Eingang ist im Schlossgarten eingezeichnet. Dort muss irgendwo eine Klapptür im Boden oder so sein.“

„Na dann los“, sagte ich ängstlich und rannte auch gleich weiter den Gang hinunter der zur nächsten Treppe führte.

Die Zeit schien mir so langsam wie noch nie zu vergehen, solch eine Angst hatte ich. Jede einzelne Sekunde schien so lang wie eine Minute. Genauso lang kam mir der Weg bis nach draußen vor, und jede einzelne Minute machte mich nur noch aufgeregter.

Endlich betraten wir jetzt die Eingangshalle, durch das rote Licht des Feuers wirkte der Raum jetzt bedrohlich und nicht mehr fröhlich. Ein schaudern lief mir über den Rücken und ich eilte schnell durch die Halle und öffnete die riesige Tür.

Aufgeregte Schreie drangen in den Raum und das laute Knistern von Feuer war bis zum Schloss zu hören.

Beim hinuntersteigen der langen Treppe übersprang ich oftmals ein oder zwei Stufen. In der Dunkelheit stolperte ich auch häufig, doch jedes Mal hielt mich Yori an der Hand zurück und bewarte mich so davor längs auf die Steinstufen zu fallen.

Endlich kamen wir unten an, kaputt und außer Puste.

„Wo ist der Eingang?“

„Hinter der Weide am Teich.“

Ich hastete zur Weide und kniete mich auf den Boden. Hastig räumte ich das meiste Laub und Astwerk zur Seite und brachte eine mit Moosbewachsene Falltür zum Vorschein. Unachtsam schlug ich die Klappe zurück und ein langer, dunkler Schacht öffnete sich vor uns, eine Leiter war an der Wand angebracht. Ich erhaschte einen Blick auf meinen Gefährten der unschlüssig neben mir stand und argwöhnisch in die Tiefe starrte. Ich warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und stieg auf die Leiter. Panisch begann ich den Abstieg nach unten, Yori folgte mir nach kurzem Zögern.

„Mach die Klappe zu, dann findet man uns nicht so leicht“, flüsterte ich in die Stille hinein, dann wurde es dunkel um mich herum.

Sprosse für Sprosse stieg ich herunter, bis ich nach einer Ewigkeit endlich wieder festen Boden unter meinen Füßen spürte.

Ein kurzer Aufschrei gefolgt von einem Rumsen und einem unterdrückten Schimpfen sagte mir, dass auch Yori unten angekommen war.

Ich ließ eine kleine Flamme auf meiner Hand erscheinen und sah, dass Yori wohl nur wenige Meter gestürzt war, denn er stand schon wieder und rieb sich den schmerzenden Po.

Verwundert schaute er auf die Flamme, die fröhlich auf meiner Handfläche tanzte. Ich hatte ganz vergessen, dass ich ihm niemals gezeigt hatte, was ich eigentlich gelernt hatte.

Sein bewundernder Blick ließ mich schmunzeln und augenblicklich züngelte die Flamme kurz nach oben auf.

Ich wandte mich von Yori ab und schaute mir jetzt zum ersten Mal an, wo wir hier eigentlich gelandet waren. Es war der Anfang eines langen Tunnels, der stetig weiter nach unten führte. An der grob behauenen Steinmauer neben der Leiter war eine Fackel angebracht. Vorsichtig löste ich sie aus der Halterung und setzte sie in Brand.

„Gehen wir“ sagte ich und ging los.

Lange Zeit führte der Stollen weiter nach unten, er machte keine einzige Abbiegung. Ich fragte mich, wie tief unter der Erde wir uns wohl befanden. Endlich hob sich der Boden vor uns kaum merklich an und wir stiegen wieder weiter nach oben.

Nach kurzer Zeit schon kamen wir an einer Treppe an, ungestüm sprang ich die Stufen hinauf, Yori immer dicht bei mir. Nach nur wenigen Stufen stieß ich mit dem Kopf gegen die Decke. Das musste das Ende des Tunnels sein.

Vorsichtig tastete ich über den Stein über mir bis ich morsches Holz an meinen Händen spürte. Ich drückte kaum merklich dagegen und die Luke öffnete sich einen Spalt. Ich linste nach draußen, doch erkannte nichts als Dunkelheit. Wir mussten schon ein gutes Stück von der Stadt entfernt sein. Erleichtert atmete ich auf und stupste die Klappe ganz auf und stieg ins Freie. Frische Luft stieg mir in die Nase, nicht mehr die stickige Luft die sich unten im Stollen befunden hatte.

Ich schaute mich um und sah, dass wir uns gut fünfhundert Meter entfernt von der Stadt entfernten. Die abgelegenen Stallungen waren von hier nicht mehr weit.

Entsetzt starrte ich in Richtung dort, wo ich die Stallungen vermutete, doch selbst hier, außerhalb der Stadt, brannten Feuer.

Hastig drehte ich mich zu Yori um. „Sollten wir nicht beim Löschen helfen?“

„Auf keinen Fall! Wenn sie wirklich nach dir suchen sollten, sollten wir uns so schnell es geht hier verschwinden. Wir holen jetzt unsere Pferde und reiten weg!“

„Aber...“

„Kein aber, jetzt komm!“ Er packte mein Handgelenk und zog mich mit sich.

Mit schellen Schritten näherten wir uns den Stallungen. Viele Häuser rundherum brannten, die Stallungen glücklicher Weise aber nicht. Trotzdem fingen die Stallburschen jetzt aber schon an die Pferde aus ihren Boxen zu lassen und die gesamte Herde vom Feuer wegzutreiben.

Hastig näherten wir uns der Herde und Yori schoss gleich auf einen der Reiter zu, der damit beschäftigt war die Pferde beisammen zu halten.

„Sind unsere Pferde dabei?“, fragte er und deutete auf die Herde.

„Alle Pferde“, sagte der Stallbursche und nickte mit ernstem Gesicht.

„Komm wir suchen Jarik und Savann, Akina!“

Und schon verschwanden wir zwischen den Pferden. Yori zog mich zwischen den Pferden her und hielt Ausschau nach unseren Pferden. So schnell wie er hier durchjagte kam ich gar nicht mit.

Nach kurzer Zeit fanden wir erst Jarik, der seinen Besitzer fröhlich anwieherte, und dann auch Savann.

Yori half mir auf mein Pferd, da wir ja nun kein Zaumzeug oder einen Sattel hatten, und stieg selbst ohne Probleme auf Jarik.

Ich krallte mich in der Mähne fest und wir preschten davon, weg von der Herde und rauf auf den Hügel neben der Stadt.

Oben stoppten wir und ich erhaschte einen letzten Blick auf die in Flammen stehende Stadt.

Doch was ich dann sah erschreckte mich noch mehr als die Tatsache, dass das alles hier gerade passierte. Die brennenden Häuser bildeten einen aus Flammen bestehenden Pfeil, der auf etwas deutete, was wir vorher nie bemerkt hatten: eine kleine Schlucht am Fuße der Stadt.

„Was auch immer Mizuki damit bezwecken will, dich suchen tut sie anscheinend nicht!“, stellte Yori erschreckend sachlich fest.

Plötzlich dämmerte es mir. „Das sollte kein Anschlag auf die Stadt sein, das ist ein Hinweis! Denk doch mal nach, eine Schlucht besteht auch aus Granit!“

„Ja, aber warum sollte Mizuki dir helfen?“

„Was weiß ich, aber die Tatsache, dass der erste Tempel irgendwo in der Schlucht liegt ist doch nahe liegend.“

„Schon, aber ich habe kein gutes Gefühl bei der ganzen Sache.“

„Denkst du ich? Meinst du nicht, wir sollten doch runtergehen und löschen helfen?“

„Nein, wir bleiben lieber hier. Wer weiß, was passiert wenn du denen über den Weg läufst. Das Risiko, dass du doch noch von denen verschleppt wirst, gehe ich nicht ein!“

„Und was ist mit den Menschen unten am Feuer?“

„Auf zwei Leute mehr, die Wasser schleppen kommt es nicht an. Hauptsache du bist in Sicherheit.“

Ich wurde leicht rosa im Gesicht. Was war nur mit mir los? Was interessiert es mich, dass Yori sich um mich sorgt?

Trotzig stieg Yori von seinem Pferd und ließ sich im Gras nieder.

„Steig ab, du kannst da unten sowieso nichts mehr retten.“

„Ja, aber allein wegen mir werden da unten Leute verletzt oder sogar getötet!“

„Wenn du da unten dein Leben riskierst ist keinem geholfen! Wenn du tot bist ist das sowieso das Ende dieser Welt und auch von deiner! Irgendwann wird Mizuki einen weg finden die Drachen zu kontrollieren, da bin ich mir sicher. Deswegen dürfen wir jetzt nicht auch noch unsere letzte Hoffnung mit dir verlieren.“

„Ja, ja, ich bleib ja hier...“ Traurig stieg ich von meinem Pferd und setzte mich neben Yori ins Gras.

„Nimm dir das nicht so zu Herzen“, versuchte Yori mich aufzumuntern. „Das Mizuki hier Dörfer und Städte plündert ist Normalzustand, da kannst selbst du nichts gegen machen.“

Widerwillig löste ich meinen Blick von dem schrecklichen Feuerszenario das sich unten abspielte und schaute zu dem Schwarzhaarigen. Er lächelte mir aufmunternd zu, doch ich konnte das schlechte Gewissen einfach nicht verdrängen. Das Feuer spiegelte sich in seinen blauen Augen, ich guckte schnell wieder auf den Boden.

Obwohl dort unten die Flammen wüteten, war es hier oben eisig kalt. Ich fröstelte und kuschelte mich tiefer in meinen Pullover.

„Schlaf jetzt, ja Akina? Morgen früh klettern wir dann hinunter in die Schlucht.“

„Gut...“, sagte ich nur abwesend und legte mich aufs feuchte Gras, den starren Blick immer noch auf den Boden gerichtet und mit dem Rücken zu Yori und der Stadt liegend.

Immer und immer wieder sah ich die kreischenden Menschen und die züngelnden Flammen in meinen Gedanken auftauchen und die quietschenden Rüstungen, die Haus für Haus anzündeten nur damit man von weiter weg einen Pfeil aus Feuer erkennen konnte.

Hikari hatte Recht gehabt. Es würde etwas passieren, hatte sie gesagt. Und es war etwas passiert... Und ich ganz allein war Schuld daran, dass all diese Leute verletzt wurden.

Wenn das Normalzustand war, mochte ich gar nicht erst wissen, was passierte wenn Mizuki die Alleinherrschaft hatte.

Ich wollte nicht darüber nachdenken, viel zu dunkel waren die Gedanken an das Schicksal Kalderans, dass ich allein zu bestimmen hatte. Wie hatte Hikari einmal gesagt? „Das Schicksal besteht aus Vergangenheit und Zukunft. Lasse deine Vergangenheit hinter dir und öffne dich der Zukunft, denn dein Schicksal ist es die Welt zu retten.“

Genau das sollte ich machen. Geschehenes sollte ich vergessen und mich voll und ganz darauf konzentrieren, was ich gegen Mizuki ausrichten kann.

Ich gähnte. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber die Aufregung und die Angst hatten wirklich sehr an meinen Kraftreserven gerissen. Ich wollte zwar nicht Schlafen, aber die Müdigkeit siegte dann später doch über meine schläfrigen Augenlider.

Verborgene Kräfte und Kalderans Vergangenheit

Kapitel 6: Verborgene Kräfte und Kalderan Vergangenheit
 

Es ist Nachts, doch kein Stern steht am Himmel

Kein Stern, der mich jetzt noch an die erinnert

Du bist gegangen, genauso wie die Sterne

Deine Augen, nie wieder werde ich mich in ihnen verlieren

Kristallklares Meer, glitzernd wie tausend Sterne
 

Als ich aufwachte saß Yori immer noch an derselben Stelle wie gestern Nacht. Es war früh morgens, die Feuer waren gelöscht und die Sonne hing träge hinter der Silhouette der halb abgebrannten Stadt. Der brennende Pfeil von gestern Nacht hing mir immer noch in meinen Gedanken fest. Die Überreste des Feuers ließen den Pfeil aus schwarzem Ruß jetzt nur noch erahnen, aber ich wusste er ist immer noch da. Ich wandte mich von der Stadt ab und richtete mich auf. Ich streckte mich kurz und stand dann auf.

„Gut geschlafen?“ fragte ich Yori und hielt ihm meine Hand hin, um ihm aufzuhelfen.

„Wohl kaum“ sagte er und griff nach meiner Hand. Seine Anziehsachen waren genauso feucht wie meine, die Pferde standen unbekümmert auf der Wiese und grasten.

„Ich auch nicht“ erwiderte ich gähnend. „Ich habe die ganze Zeit von brennenden Pfeilen geträumt und von Schluchten die mich auffressen wollten.“

Yori stand schmunzelnd auf.

„Mach dich nicht über mich lustig!“ fuhr ich ihn ärgerlich an und ließ sogleich seine Hand los. Beleidigt drehte ich ihm den Rücken zu.

„Das war doch nur Spaß“ verteidigte Yori sich.

„Ja, ja, schon gut“ erwiderte ich nur abwesend. Beunruhigt schaute ich hinüber zur Schlucht. Ich hatte gerade wirklich nicht den Nerv dazu mich über Yori aufzuregen, dafür fürchtete ich mich viel zu sehr davor, was uns dort unten wohl erwarten würde.

Vorsichtig trat Yori näher zu mir. Nur einen Schritt hinter mir blieb er stehen und schaute über meine Schulter hinweg ebenfalls zur Schlucht.

„Du denkst über das nach, was uns dort unten erwartet, oder?“

Stumm nickte ich.

„Mach dir darüber mal keinen Kopf, es wird schon alles gut.“

„Das sagst du so leicht!“

„Das sag ich nicht nur, das weis ich! Wenn ich da bin und dich beschütze, passiert schon nichts.“

Versteinert senkte ich meinen Kopf. „Gut, lass uns gehen.“ Mit meinen Gedanken immer noch abwesend setzte ich mich in Bewegung. „Kommst du?“

„Du vertraust mir nicht, oder?“

Resigniert drehte ich mich um. „Wie kommst du darauf?“ fragte ich ihn verständnislos.

„Akina, vertraust du mir?“

„Natürlich vertraue ich dir.“

Immer noch schaute er mich fordernd an.

„Hätte ich mich auf diese Mission eingelassen, wenn ich dir nicht vertrauen würde? Nur so zu deiner Info, ich vertraue dir schon seit wir uns richtig kennen!“

Ein mattes Lächeln stahl sich auf Yoris Lippen.

„Kommst du jetzt?“

Er nickte kurz. „Was machen wir mit den Pferden?“

„Lass uns sie hier stehen lassen, irgendeiner der Stallburschen wird sie schon finden und versorgen.“

Es fiel Yori sichtlich schwer Jarik hier alleine zu lassen, doch dann willigte er ein und wir gingen Seite an Seite den Hügel hinunter, jedoch nicht zu der Seite, an der die Stadt lag.

Wir dachten es könnte auffallen, wenn wir einfach an der Stadt vorbeiliefen, statt drinnen zu helfen. Deswegen entschieden wir uns dafür den längeren Weg außen herum zu nehmen. Desto näher wir dem tiefen Abgrund kamen, desto bedrohlicher schien er mir. Angsterfüllt starrte ich in die Tiefe, der Boden war nicht zu sehen, nur endloses Schwarz.

„Und da wollen wir jetzt runterklettern?“ fragte ich mit leichtem Nachdruck.

„Uns bleibt ja nichts anderes übrig“ antwortet mir Yori mit ernster Miene und begann mit dem Abstieg.

Das Gestein bröckelte teilweise unter Yoris Schuhsohlen weg und fiel mit einem leisen Ticken die Felswand hinunter, bis es immer leiser wurde und dann ganz verstummte.

Ich atmete noch einmal tief durch und begann dann auch mit dem beschwerlichen Abstieg. Mehrere Male hatte ich das Gefühl, dass ich den Halt auf den schmalen Felskanten verlieren würde, die bei jedem Schritt weiter abbröckelten. Schon nach wenigen Minuten konnte ich mich nur noch mit großer Anstrengung an der Wand halten, nach Luft schnappend hielt ich einen Moment inne und warf einen Blick nach unten. Immer noch war dort alles nur schwarz.

Lange hangelten wir uns von Felsvorsprung zu Felsvorsprung, bis der Himmel nur noch als kleiner, grauer Punkt zu erkennen war.

An einer etwas größeren Gesteinsinsel machten wir eine Pause. Wir hatten gerade mal so viel Platz, dass wir mit sehr viel Mühe unbequem auf dem wenigen Raum sitzen konnten.

Ich ließ meine Beine über die Kante baumeln und tastete in der Dunkelheit nach meiner Flasche. Ich leerte sie, vom Gefühl her, bis zur Hälfte und packte sie wieder weg.

Erst dann entzündete ich eine kleine Flamme auf meiner Handfläche und konnte nun auch endlich Yori wieder neben mir erkennen. Er sah genauso geschafft aus, wie ich mich fühlte: schneller Atem, Schweiß lief ihm über die Stirn und seine Haare klebten nass auf der Haut.

Auch er leerte mit hastigen Schlücken seine Flasche und schob die Ärmel seines Pullovers nach oben. Nach einer halben Ewigkeit, in der ich nur unseren schnellen Atem und meinen pochenden Herzschlag hörte, kletterten wir schweren Herzens, als unser Seitenstechen nicht mehr ganz so stark war, weiter.

Nachdem mein Handfeuer erloschen war, verschwanden wir wieder in kompletter Dunkelheit. Ich hätte jetzt gedacht, dass mir der weitere Abstieg etwas leichter fallen würde, da ich nun ein wenig ausgeruhter war, doch darin hatte ich mich getäuscht. Bei jedem Atemzug rasselte mein Atem von neuem und das Seitenstechen kam nach wenigen Minuten auch wieder. Mühsam schleppte ich mich weiter die Felswand hinunter, bis mein Fuß plötzlich auf festen, ebenen Boden stieß. Ich betastete die Erde erst mit meinem Fuß, bevor ich es schließlich doch wagte und auf den Boden sprang. Achtsam erzündete ich eine Flamme und schaute mich aufmerksam um. Viel erkennen konnte man mit dem Licht nicht, doch augenblicklich nach dem erscheinen meiner Miniflamme entzündeten sich rund um uns herum überall flackernde Lichter. Um uns herum wurde es immer heller und instinktiv stolperte ich zurück, geblendet von der plötzlichen Helligkeit. Sie hatten uns aufgelauert, es war eine Falle! Panik stieg in mir auf. Ich hörte ein leises Dröhnen rund um mich herum und ich merkte, wie die Erde leicht unter meinen Füßen bebte. Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte meinen Kopf. Abrupt sank ich zu Boden und schloss meine Augen. Das Einzige, was ich noch merkte war dieses dumpfe Dröhnen und das leichte Beben der Erde unter meinen Knien. Mein Kopf schmerzte so heftig, das ich den Halt verlor und zu schwanken begann. Alles um mich herum verschwand. Als ich wieder zu mir kam, war alles um mich herum ruhig. Ich öffnete meine Augen und nahm alles nur noch verschwommen war. Langsam wurde alles wieder klarer um mich herum. Dumpfe Laute drangen an mein Ohr, die immer verständlicher wurden und sich zu Stimmen und Geräuschen zusammenfügten. Auf einmal nahm ich wieder alles wahr. Ich schreckte vom Boden auf, um mich herum war alles hell. Yori hatte sich neben mich gekniet und sah mich jetzt besorgt an. Das Erdbeben hatte aufgehört. Erschrocken schaute ich mich um, doch statt Mizukis Vasallen sah ich nur die Steinwände mit brennenden Fackeln um mich herum.

„Was ist passiert“ fragte ich Yori verwirrt und massierte mir meine immer noch schmerzenden Schläfen.

„Ich hab keine Ahnung. Du bist plötzlich zusammengesunken und die Erde hat angefangen zu beben.“

„Was ist mit den Rittern? Wo sind sie hin?“

„Ritter? Es waren keine Ritter hier!“

„Aber... die Lichter?!“

„Das waren nur die Fackeln an der Wand. Die haben irgendwie auf die Flamme auf deiner Hand reagiert und haben sich entzündet.“

„Und wo kam dann das Erdbeben her?“

„Akina ... ich glaub das Erdbeben ging von dir aus...“

Mit weitaufgerissenen Augen schaute ich Yori an. „Wie meinst du das?“

„Du warst sozusagen der Mittelpunkt der Erdstöße.“

„Aber das kann doch nicht sein!“

„Aber es passt alles zusammen! Das Beben, dein plötzlicher Zusammenbruch...“

„Ja, vielleicht schon... Aber das müsste ja bedeuten, dass...“

„Was?“

„Hikari meinte mal zu mir, dass die Elementzauber von Erde, Luft und Blitz nicht manipulierbar sind, so wie Feuer und Wasser. Und das eben.... war dann wohl ein Erdzauber..“

„Und wie konnte das passieren? Ich meine, wieso fing die Erde einfach an zu zittern, du wolltest das doch gar nicht!“

„Angst“ flüsterte ich und schaute beschämt auf den Boden vor meinen Füßen. Ich hatte mich inzwischen hingesetzt und die Knie bis vor die Brust gezogen.

Mit versteinertem Gesicht schaute Yori auf genau denselben Fleck Erde.

„Du brauchst keine Angst haben, wenn ich bei dir bin“ flüsterte er.

Stumm senkte ich meinen Kopf noch weiter hinunter, bis ich mit meiner Stirn auf den Knien lag. Leise fing ich an zu weinen, die Tränen tropften lautlos meine Wangen herunter. Kaum hörbar fing ich an zu schluchzen.

„Hey, was ist denn los?“ fragte Yori mit sanfter Stimme, eine Seite, die ich bis jetzt erst einmal bei ihm gesehen hatte.

Vorsichtig kniete er sich neben mich und berührte mich sachte an der Schulter.

Ich hob meinen Kopf ein Stück und schaute ihn mit verschwommenem Blick an.

„Das gestern...“ fing ich immer noch schluchzend an. „das war... einfach... zu viel... fü-hüüür mich....“

„Komm mal her“ wisperte Yori und zog mich sanft zu sich heran. Er nahm mich in den Arm und ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Immer noch rannen mir Tränen über die Wangen.

„Dummkopf“ raunte mir Yori mit rauer Stimme ins Ohr. „Merk dir doch einfach mal, dass ich hier bin, um dich zu beschützen.“

Antworten tat ich nicht, ich lächelte nur stumm seine Schulter an.

Als meine Tränen versiegt waren löste Yori die Umarmung. Wir rückten ein Stück von einander weg.

„Geht’s wieder?“

Ich nickte.

„Lass uns weitergehen.“ Er stand auf und zog mich an der Hand durch die riesige Schlucht. Ich stolperte hinter ihm her, schloss dann auf und wir gingen gemeinsam in die Richtung, in die uns die Fackeln wiesen, in einen langen Tunnel, der tief unter die Stadt führen musste.

Wieder umgab uns diese Stille, die alles um mich herum ewig scheinen ließ. Die Wand mit den Fackeln, die Zeit, die ich hinter Yori herstolperte und die Entfernung, die uns vom Eingang der Schlucht trennte und die immer größer wurde, unendlich.

Nach einer Ewigkeit war die Schlucht hinter uns nur noch ein heller Lichtpunkt am Ende des Tunnels. Vor uns wurde unser Ziel jetzt immer klarer, eine Höhle, von der ein eigenartiges Leuchten ausging. Es war anders als das Leuchten, dass von den magischen Steinen hier in Kalderan ausging, so wie bei dem Spiegelportal.

Als wir dann in die Höhle traten, schienen wir beide wie geblendet. Gleißendes, weißes Licht leuchtete überall um uns herum, reflektiert von schimmernden Steinen die überall in den Wänden eingebettet waren. Das Licht kam durch ein großes Loch in der Decke, vermutlich befand sich der riesige Raum im inneren eines uralten Vulkans, der jetzt nicht mehr aktiv war.

Vor uns war ein gigantischer Urwald mit einem antiken tempelähnlichen Gebäude aus weißem Stein mit riesigen Säulen, der sich auf einer kleinen Insel befand umgeben von einem tropischen Fluss. Die unterirdische Oase wies unendlich viele exotische Pflanzen auf und den Geräuschen nach zu urteilen lebten hier auch viele Tiere, wie seltene Vögel die harmonisch ihre Melodien zwitscherten. Das Singen wurde nur noch durch das Säuseln des lauen Windes und dem Plätschern eines kleinen Wasserfalls unterbrochen.

Vorsichtig überquerte ich den kleinen Flusslauf über ein paar Steine, die aus dem Wasser ragten. Ich schaute mich um, denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass hier irgendetwas eigenartig war. Das ganze hier wirkte auf mich irgendwie so... vertraut?

„Ist was?“ fragte mich Yori, dem wohl mein verwirrter Gesichtsausdruck aufgefallen war.

„Ich habe irgendwie das Gefühl schon mal hier gewesen zu sein. Doch komischer Weise kann ich mich nicht daran erinnern je an so einem Ort gewesen zu sein, oder je einen gesehen zu haben. Es ist so als wäre es eine Erinnerung aus einem früheren Leben, ein Déjà-Vu.“

„Dieser Ort ist merkwürdig, lass uns schnell den Hinweis im Tempel suchen und dann wieder verschwinden.“

Ich nickte stumm und warf noch einen letzten Blick auf die Oase. Dann stieg ich über die zwei weißen Marmorstufen hinauf in den Tempel. Auch hier gab es Kerzen, die nie abzubrennen schienen. Sie waren in Leuchtern befestigt die wie Storchenbeine lang auf dem Fußboden standen und die Steinwände erhellten. Eigenartige Zeichen waren in das Gestein eingemeißelt. Ich fragte mich, was sie wohl bedeuteten.

Überall, egal, wo man hinschaute, konnte man diese Schriftzeichen sehen. Die altertümliche Schrift bestand nur aus Schnörkeln und Punkten.

Ich wandte mich zu Yori um. „Kannst du das lesen?“

Sachte schüttelte er den Kopf. „ Das ist anglesisch. Es wurde früher vom Stamme der Nuinn gesprochen, doch inzwischen sind sie ausgestorben. Heutzutage kann nur noch kaum jemand anglesisch.“

„Wer waren die vom Stamme der Nuinn?“

„Von den Nuinnen wird nur noch in Kindermärchen geredet und dort werden sie als Engelsähnliche Wesen beschrieben, mit großen weißen Flügeln, hellblondem Haar und Augen, die in der Sonne wie Bernsteine leuchteten. Früher sollen sie mal in Kalderan gewohnt haben, doch falls das wahr sein sollte, ist das schon so lange her, dass sie heutzutage niemand mehr kennt.“

„Warum sind sie aus Kalderan fortgegangen?“

„So ganz genau weiß man das auch nicht, aber man vermutet, dass die Nuinnen und die anderen Kalderanen verschiedener Meinung in irgendeiner Sache waren und die Nuinnen sich deswegen abgespalten haben.“

„Traurig, dass ein kleiner Streit zwei ganze Völker auseinander reißt...“ Ich trat wieder ein paar Schritte auf die Wand zu. „Wenn ich doch nur anglesisch könnte“ murmelte ich und legte meine Hand behutsam auf die Steinwand.

Ein plötzliche Welle aus Kälte durchflutete mich und alles um mich herum wurde schwarz, außer einem merkwürdigen verschwommenen Leuchten. Erschrocken zog ich meine Hand zurück Ein eigenartiges Schaudern erzitterte meinen Körper.

„Yori, was passiert mit mir?“ fragte ich panisch und suchte ihn, doch immer noch schien die Welt um mich herum nicht mehr zu existieren.

„Akina? Was hast du?“

„Ich kann nichts mehr sehen! Ich bin blind...“ sagte ich hilflos und versuchte panisch Yori zu finden. Er nahm meine Hand und zog mich zu sich an seine Schulter. Mit seinem Finger hob er vorsichtig mein Kinn.

„Was ist mit deinen Augen los? Deine Pupillen sind auf einmal... rot?!“

„Ich habe keine Ahnung. Es ist nur auf einmal alles schwarz und so merkwürdig kalt, als wäre ich nicht mehr richtig in dieser Welt.“

„Akina, was genau ist eben passiert?“

„Ich habe die Wand berührt und dann wurde alles kalt und dunkel und dann war da dieses verschwommene Leuchten und dann...“

„Moment mal ... Leuchten?“

„Was willst du damit sagen?“

„Komm mal mit...“ Vorsichtig zog er mich in irgendeine Richtung. Dann nahm er meine Hand in seine. „Ich lege jetzt noch mal deine Hand an die Steinmauer, ja?“

Als ich den kalten Stein unter meinen Fingern spürte, erschien wieder dieses eigenartige Leuchten. Rote anglesische Schrift schimmerte in der Dunkelheit vor mir.

„Anglesisch“ flüsterte ich erschrocken.

„Was siehst du?“

„Rote anglesische Schriftzeichen...“

„Sonst noch etwas?“

Wie in Trance starrte ich auf das Geschriebene.

„Ich kann das lesen...“ murmelte ich leise und begann die seltsame Sprache zu lesen:

„Du, der du der Auserwählte,

überwunden hast den Staub der Zeit.

Durchquert hast des Weltens Körper

Und gefunden hast des Weltens Herz.

Du wirst nun reisen ins Reich des Eisdrachens,

wo herrschet der Frost und die Kälte.

Dort, begraben unter Eis und Schnee,

lieget der See der Besinnung.

Aus dem Wasser entstanden

Und ins Wasser zurückgekehrt,

Dort wirst du den Tempel finden.

In einem Ort so alt wie die Zeit selbst

Wo Zeit noch Zeit ist und Eis Ewigkeit.“

„Steht das sonst noch was?“

„Irgendetwas über die Nuinnen... aber... die Schrift wird immer undeutlicher... Sie verschwindet!“

Mit jedem Wimpernschlag verblassten die roten Zeichen immer mehr. Auf einmal war wieder alles um mich herum hell. Meine Knie wurden weich und knickten unter mir zusammen. Yori fing mich auf und schloss mich in seine kräftigen Arme. Das erste was ich dann sah, war sein erstauntes Gesicht.

„Siehst du mich wieder?“ fragte er und dachte dabei wahrscheinlich an meine Augen, die jetzt vermutlich wieder blau waren.

Ich nickte und stellte mich wieder aufrecht hin, wobei mir immer noch ziemlich schwindelig war.

„Geht’s wieder?“

„Ja, alles okay... Mir ist bloß noch ein bisschen schwindelig.“

„Ruh du dich hier noch ein bisschen aus, ich schau mich solange mal draußen um.“

Yori verließ den kleinen Tempel und ich sah mir interessiert die anglesischen Schriftzeichen an. Mir fiel jetzt erst auf, dass an der gegenüberliegenden Wand auch kleine Bilder waren. Eines zeigte eine Karte Kalderans, doch ich konnte nicht lesen, was daneben stand. Ein anderes zeigte einen eigenartigen Menschen mit riesenhaften Flügeln.

Ich setzte mich noch einige Minuten auf den Fußboden, dann ging ich raus, um zu schauen, wann Yori endlich kam. Ich konnte ihn nirgendwo entdecken.

Plötzlich hörte ich ein rascheln hinter mir im Dschungel. Ich hoffte auf Yori, doch niemand war da.

Ich trat einige Schritte zwischen das dichte Gestrüpp, doch auch dort konnte ich nichts entdecken.

Gerade als ich mich umdrehen wollte um wieder zum Tempel zu gehen und doch dort zu warten. Fühlte ich einen stechenden, brennenden Schmerz an meinem Hals.

Panisch schrie ich auf, als ich eine rot gemusterte Schlange sah, die von einem Ast baumelte. Die Bisswunde an meinem Hals pochte, und mein Herz fing an immer heftiger zu schlagen. In Panik rief ich nach Yori, immer wieder, bis er endlich hinter mir durch Gestrüpp gebrochen kam.

„Was machst du hier?“ blaffte er mich wütend an. „Du solltest doch am Tempel warten!“

„Ich hab dich gesucht, und dann war da dieses rascheln, dann bin ich in den Wald gegangen und dann hat mich diese Schlange gebissen und...“

„Wo hat dich eine Schlange gebissen?“ fragte Yori allarmiert.

Ich war schon den Tränen nahe, als ich ihm die Wunde an meinem Hals zeigte und die Schlange beschrieb, die mich gebissen hatte.

„Wir müssen hier schleunigst weg! Ich hab einen Tunnel am Ende der Höhle gefunden, hoffen wir mal, dass der uns schneller nach draußen bringt, wie die Schlucht...“

Ich wollte gerade schon aus dem Wald hetzten, als mich Yori zurückhielt.

„Ich trag dich, du darfst dich nicht so viel Bewegen, sonst verteilt sich das Gift schneller...“

Ich schluckte schwer, dann kletterte ich auf Yoris Rücken und klammerte mich an ihm fest.

Er ging vorsichtig los und trug mich aus dem Wald hinaus und in den Tunnel, den er entdeckt hatte.

Wir schwiegen uns an, irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er sauer auf mich war.

„Ich hab Angst, Yori...“

Stumm beschleunigte er seinen Schritt etwas.

„Bist du sauer?“ fragte ich leise und lehnte meinen Kopf an sein Schulterblatt. Die Wunde kitzelte unangenehm an meinem Hals.

„Ich hab mich zu Tode gesorgt, weil du plötzlich weg warst! Und dann wirst du auch noch von einer Tropenschlange gebissen, die wir nicht kennen...“

„Es tut mir leid...“ flüsterte ich und mein Kloß im Hals wurde nur noch dicker.

„Hör beim nächsten Mal einfach auf das, was ich dir sage...“

»Wenn es ein nächstes Mal gibt« fügte ich in Gedanken hinzu. Langsam schien das Gift in meinen Adern an zu wirken. Ich fühlte mich immer schläfriger und schlapp und das sprechen fiel mir immer schwer.

„Versuch wach zu bleiben, Akina!“

„Warum?“ murmelte ich nur.

„Vielleicht wachst du sonst nie wieder auf. Erzähl mir irgendwas, das hält dich wach!“

„Ich bin froh, dass du da bist...“

„Warum?“ fragte er, damit ich weiter sprach und nicht einschlief.

„Manchmal wüsste ich gar nicht, was ich ohne dich machen sollte. Wahrscheinlich wär ich ohne dich nie soweit gekommen.“

„Erzähl mir was von deiner Familie.“

„Ich hab noch eine kleine Schwester, Sayuri. Früher, als sie geboren wurde, konnte ich sie nicht leiden, weil ich dachte, meine Eltern würden mich dann nicht mehr beachten.“

„Und was ist passiert?“

„Meine Eltern haben sich immer noch genauso viel um mich gekümmert wie vorher auch und Sayuri ist ein richtiges Goldstück...“

„Und wie warst du als kleines Kind?“

„Ungestüm“ lächelte ich und dachte an früher. „Ich bin immer überall rum gerannt und hab jeden und alles geknuddelt.“

„Was hast du zu Hause am liebsten gemacht?“

„Ich war immer mit meinen Freundinnen unterwegs oder war beim Training. Immer unterwegs... Ich weiß noch, an meinem fünfzehnten Geburtstag war ich mit Taya, Nodika und Nimoe Schlittschuhlaufen, und wir sind dauernd auf dem Eis ausgerutscht. Später hatten wir überall blaue Flecken und haben uns geschworen nie wieder Schlittschuh zu fahren.“

Inzwischen hatte ich auch die Augen geschlossen und achtete nur noch auf den gleichbleibenden Takt von Yoris Schritten und das, was er mich fragte.

„Hattest du einen Freund?“

„Einmal, aber das ist schon länger her, damals war ich grad mal vierzehn.“

„Wie hieß er?“

„Katsuhiko, ich hab ihn immer Katsu-Chan genannt.“

„Warum habt ihr euch getrennt?“

„Es stellte sich heraus, dass er ein totaler Volldepp ist...“

„Was hat er gemacht?“

„Er war nur mit mir zusammen, weil er eine Wette verloren hatte und hat dann mit einer anderen rumgeknutscht.“

„Warst du in ihn verliebt?“

„Schon... ein bisschen... er war meine erste große Liebe...“

„Gleich haben wir es bestimmt hier raus geschafft... sehr viel weiter kann es gar nicht sein, und dann bring ich dich zu einem Arzt!“

„Danke Yori... Ich würd dir ja jetzt ein Küsschen geben, aber ich hab keine Kraft mehr...“

„Ruh du dich lieber aus, ich bring uns schon noch hier raus.“

Einen Moment lang sagte erst gar keiner mehr was.

„Yori, frag bitte weiter, ich will nicht einschlafen...“

„Was ist dein Traum?“

„Das ist schwer... einen Mann finden, der mich so liebt wie ich bin, und eine kleine Tochter möchte ich irgendwann mal haben... Und irgendwann will ich noch mal ans Meer...“

„Wenn das alles hier vorbei ist, gehen wir wieder dahin.“

„Das wär toll...Was ist dein Traum?“

„Ich? Ich hab eigentlich keinen bestimmten...“

„Von irgendwas wirst du wohl träumen...“

„Meine Träume sind mit meinen Eltern gestorben...“

Wieder war es still, man hörte nur die stetigen Schritte Yoris, seinen Herzschlag und sein Atmen.

„Erzähl mir was, Yori...“

„Was denn?“

„Hm...“

„Akina...?“

„Hm?“

„Nicht einschlafen...“
 

Doch Yori bekam keine Antwort mehr. Trotzdem erzählte er ihr ein bisschen was.

Langsam wurde es ein bisschen heller, bis nach einem kleinen Schlenker des Tunnels der Ausgang erkennbar war.

„Akina, da ist der Ausgang!“

Immer noch antwortete sie nicht.

Yori fand sich an einem kleinen Waldstück wieder. Er hatte keine Ahnung wo er war oder wo das nächste Dorf war.

Es war inzwischen tiefste Nacht und irgendwo im Wald schrie eine Eule.

Immer noch auf der Suche nach irgendeinem Haus hetzte Yori weiter. Doch egal wo er hinschaute, überall waren nur die dicken Stämme der uralten Bäume zu sehen.

Akina schlief immer noch, ihr Herzschlag schien sich unterdessen immer weiter zu verlangsamen und ihr Atem war manchmal schon unregelmäßig und stockend.

Obwohl Akina ihn vermutlich nicht hörte, erzählte Yori weiter, egal was, Hauptsache er sagte was. Er hatte das Gefühl sie schon aufgegeben zu haben, wenn er aufhörte auf die einzureden.

Langsam wurde auch Yori immer müder, doch er konnte es Akina nicht zumuten in ihrem Zustand irgendwo im Wald zu schlafen. Außerdem brauchten sie dringend einen Arzt.

Wie durch den Himmel geschickt tauchte plötzlich vor ihm am Waldrand eine kleine Hütte auf.

Der Schwarzhaarige beschleunigte sein Schritttempo abermals. Vorsichtig öffnete er die Tür, doch das kleine Haus schien unbewohnt. Hier drinnen war es genauso kalt wie draußen auch, und so durchgefröstelt, wie die beiden waren, brauchten sie dringend ein wärmendes Feuer.

In der Hütte gab es keine Möbel, nur eine alte Schlafstätte mit Stroh gepolstert und eine Feuerstelle in der Mitte des kleinen Raums über der ein verrosteter Kessel hing.

Umständlich ließ er Akina herunter auf das Strohbett. Ihr Gesicht war vor Fieber gerötet und ihre Haare waren Schweißdurchnässt.

Behutsam breitete er eine Decke über ihr aus und legte ein feuchtes Tuch auf ihre Stirn. Sie glühte förmlich und der Biss an ihrem Hals hatte inzwischen einen lila Rand gebildet und getrocknetes Blut klebte drum herum.

Dann verschwand er in den Wald um kleine Äste und Zweige für ein Feuer zu suchen.

Ihm kam es vor wie eine Ewigkeit, die er Akina alleine ließ und der Drang war immer größer zurückzugehen.

Voll bepackt mit Feuerholz kehrte er dann zurück und machte sich daran das Holz in der kleinen Mulde am Boden zu stapeln und anzuzünden.

Nach ein paar Minuten züngelte die Flamme schon fröhlich vor sich hin, wärmer war es aber dadurch immer noch nicht...

„Yori?“ hörte der Schwarzhaarige die schwache Stimme Akinas.

Überrascht kniete er sich neben das Mädchen, das ihn mit ihren wunderschönen blauen Augen musterte. Er hatte schon gedacht, sie würde überhaupt nicht mehr aufwachen.

„Mir ist kalt...“ flüsterte sie und verkroch sich noch etwas mehr unter die Decke.

„Gleich wird es wärmer, ich habe schon ein Feuer angemacht...“

„Wo sind wir?“

„In einer Hütte in der Nähe der Höhle. Ganz genau wo wir sind weiß ich aber auch nicht... Morgenfrüh geh ich einen Arzt suchen und bring ihn hierher.“

„Komm mal ein Stück weiter runter...“

„Warum?“

„Siehst du gleich...“

Er tat es, und Akina hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange und flüsterte ihm ein „Danke“ ins Ohr.

Wieder wurde Yori scharlachrot im Gesicht, doch das überspielte er damit, dass er aufstand und anfing in der Tasche zu kramen.

„Hast du Hunger?“ fragte er Akina.

Sie schüttelte mit dem Kopf. „Wie spät ist es?“

„Mitten in der Nacht, bestimmt schon nach Mitternacht...“ antwortete Yori, wobei er nebenbei etwas aß.

„Du bist doch bestimmt müde, so lange wie du mich getragen hast...“ sagte Akina verlegen und richtete sich ein bisschen auf.

„Bleib liegen, du brauchst Ruhe...“ antwortete Yori mit ruhiger Stimme. „Ich kann jetzt nicht schlafen, irgendeiner muss ja aufpassen, dass nichts passiert.“

„Wenn du nicht schläfst, bleibe ich auch wach!“ antwortete Akina trotzig und verkroch sich wieder unter die Decke.

„Du musst dich aber ausruhen!“

„Es bringt aber nichts, wenn wir beide krank sind... Also leg dich schlafen!“

Seufzend nahm sich Yori seine Decke und wollte sich auf den Fußboden legen.

„Komm ins Bett, das ist groß genug für uns beide...“

Schüchtern legte er sich neben Akina ins Bett, den Rücken ihr zugewandt und an die Wand starrend.

Ein schlanker Arm legte sich um seine Brust und er spürte, wie Akina ihre Stirn gegen seinen Rücken lehnte.

„Du bist so schön warm“ murmelte sie und kuschelte sich an ihn heran.

„Träum schön“ flüsterte er zurück und schloss ebenfalls die Augen...
 

Mit den ersten Sonnenstrahlen wachte Yori schon auf und machte sich auf den Weg um einen Arzt beziehungsweise ein Dorf zu finden.

Akina hatte noch seelenruhig geschlafen, als er gegangen war, doch trotzdem sah man ihr an, dass mit ihr nicht alles in Ordnung war. Das Fieber wollte nicht runtergehen und das blonde Mädchen wirkte blasser als sonst. Die Wunde an ihrem Hals sah auch immer unansehnlicher aus und schien sich zu entzünden.

Yori ging es schlecht dabei Akina hilflos in der Hütte zurückzulassen, doch tragen wurde dauerhaft dann doch zu einer quälenden Tortur für beide.

Außerdem war es besser für sie in der warmen Hütte zu schlafen, statt durch die Kälte getragen zu werden. Als Yori dann bis zum späten Nachmittag immer noch keine einzige Menschenseele getroffen hatte, beschloss er umzukehren. Unterwegs sammelte er noch frisches Feuerholz um auch die Nacht über die Hütte warm zu halten.

Voll bepackt mit schwerem Holz betrat Yori den kleinen Raum am späten Abend dann wieder. Seine Miene verfinsterte sich, als er sah, was ihn in der Hütte erwartete. Mina saß neben dem Feuer und wärmte sich zufrieden die Hände. Als ihr „Verlobter“ dann eintrat, erhellte ein fröhliches Lächeln ihr Gesicht.

„Was machst du denn hier?“ fragte Yori die Gestaltwandlerin abweisend, während er Holz auf das Feuer legte und den Rest daneben stapelte.

„Ich dachte ich schau mal vorbei und greife euch ein bisschen unter die Arme“ grinste sie frech.

„Sag was du wirklich willst, warum bist du nicht bei dir zu Hause?“

„Abgebrannt? Schon mal daran gedacht?“

Ein schlechtes Gewissen machte sich in Yori breit. In gewisser Weise waren er und Akina ja doch an der Tragödie beteiligt.

„Ich weiß, dass ihr da irgendetwas mit zu tun habt, aber das ist jetzt nicht ganz so wichtig... Wichtiger ist jetzt erst mal Akina das Leben zu retten!“

Fragend schaute Yori Mina an.

„Ich kann sie zwar nicht leiden, aber ich helfe ihr trotzdem, schließlich hängt die Zukunft unserer Welt von ihr ab. Also, du weißt doch noch, dass ich mich mit Giften und so beschäftigt hab, unter anderem auch mit Heilmitteln und Gegengiften. Unser Goldlöckchen hier wurde doch von einer Schlange gebissen oder nicht?“

Misstrauisch nickte der Schwarzhaarige und fragte sich, ob Mina Akina wirklich helfen konnte.

„Dem Biss nach zu urteilen, war es eine Tyséka, eine kleine gelbe Giftschlange mit rotem Muster.“

„Woher..?“

„Ich hab mir den Biss angeguckt und die Krankheitszeichen der Tyséka zugeordnet, also Fieberschübe, Schwäche- und Müdigkeitsgefühl. Das einzige, was mich stutzig gemacht hat, war, dass der Biss einer Tyséka bei einem Menschen eigentlich nach wenigen Stunden zum Tode führen müsste, aber wie du siehst, lebt Akina immer noch... Ich vermute, es liegt an ihren Zauberkräften, dass sie immer noch unter uns weilt.“

„Kannst du ihr helfen?“ kam es klanglos über Yoris Lippen.

„Klar kann ich das, sonst wär ich schon längst gegangen.“

Sie kramte einen Zettel aus ihrer Tasche und schrieb in mit ihrer kleinen, schnörkeligen Schrift die Namen von sechs Kräutern auf, neben jedem eine kleine Zeichnung des Blattes.

Mina reichte ihm das Papier. „Die Kräuter musst du suchen, daraus müssen wir dann einen Tee machen, den sie jede Stunde trinken muss und wir müssen ihr das Gift einer Chonié-Schlange einspritzen.“

„Und das hilft?“ fragte Yori skeptisch.

„Entweder du vertraust mir jetzt einmal in dieser einen Hinsicht, oder ich gehe und Akina wird sterben.“

„Ich geh ja schon die Kräuter sammeln“ seufzte Yori, dem immer noch die Füße weh taten, weil er den ganzen Tag durch die Gegend gelaufen war.

Während Yori draußen nach den Kräutern suchte, versorgte und desinfizierte Mina die Wunde an Akinas Hals. Dann spritzte sie der Vergifteten den Inhalt aus einer kleinen, gläsernen Phiole in den Oberarm und erhitzte Wasser über dem Feuer.

Nach einer viertel Stunde kam Yori mit glühenden Wagen in das kleine Holzhaus und reichte Mina ein kleines Bündel mit den gesuchten Pflanzen.

Dann setzte er sich ans Fußende des Bettes und beobachtet die wie tot wirkende Akina mit besorgtem Blick.

Die Rothaarige warf unterdessen die Kräuter in das Wasser, das sich nach wenigen Minuten grünlich färbte, bis der Sud dann der Farbe und Konsistenz von schlammigem Morast ähnelte.

„Gib ihr davon jede Stunde ein Glas zu trinken, dann wird es ihr morgen früh bestimmt schon besser gehen.“

„Danke, Mina.“

Sie erhob sich von ihrem Sitzplatz, zog sich wieder ihren dicken Pullover an und schulterte die Tasche.

„Wo gehst du jetzt hin?“ fragte Yori seine alte Kindheitsfreundin.

„Ins Reich des Flussdrachens, hier gibt es für mich nichts mehr, was mich hält. Also, vergiss mich nicht Süßer, wir sehen uns bestimmt wieder!“ Sie zwinkerte ihm zu und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch mal um.

„Sag Akina bitte nicht, dass ich sie geheilt hab. Ich will nicht, dass sie denkt, dass sie in meiner Schuld steht oder so...“

Yori nickte nur stumm und Mina warf ihm zum Abschied noch einen Luftkuss zu.

„Ciao, Süßer“ lachte sie und verschwand im dunklen Wald...

„Pass auf dich auf“ erwiderte Yori nur.

Einen langen Moment blieb der Schwarzhaarige einfach nur still sitzen und starrte auf das prasselnde Feuer.

Akina regte sich, sie schien aufzuwachen.

„Morgen“ grummelte sie mit schläfriger Stimme und streckte sich erst einmal ausgiebig. „War da gerade jemand?“

„Ja... eine Ärztin war da und hat dich behandelt.“

„Und?“

„Du wirst wieder gesund, sie hat dir ein Gegenmittel gespritzt und einen Stärkungstee zur weiteren Behandlung gemacht.“

Ein erleichtertes Lächeln zierte jetzt ihr zuvor angespanntes Gesicht.

Yori stand auf und schöpfte den dickflüssigen Tee in ein Glas. „Davon musst du jede Stunde ein Becher trinken“ sagte er und reichte ihr das Gefäß.

„Sieht ja... lecker aus“ kommentierte Akina mit angewidertem Blick.

„Jetzt trink schon, sonst wirkt das Gegengift nicht!“

„Na gut...“ Mit verzerrtem Gesicht trank sie das Glas auf ex aus. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. „Ich freu mich jetzt schon auf den nächsten Becher...“

Es wurde eine lange Nacht, da Yori jede Stunde aufstehen musste, Akina wecken und ihr wieder die Medizin geben musste.

Als dann kurz vor der Morgendämmerung der Trank endlich leer war, fiel Yori müde und kaputt neben Akina ins Bett.

Nach der letzten Portion hatte sie sich schon wieder genauso verhalten, wie früher auch. Das Mittel schien also zu wirken. Das Einzige, was sie jetzt noch brauchte, war Schlaf, und den hatte Yori auch dringend nötig.

Mit den ersten Sonnenstrahlen schliefen beide ein, ein Lichtschimmer auf ihrer Reise, nach den Strapazen der letzten Tage....

Im Herzen des Sees

Kapitel 7: Im Herzen des Sees
 

Es ist schwer etwas im Leben hinter sich zu lassen

Doch wenn man etwas aufgibt, gewinnt man auch wieder etwas

Egal was man zurück lässt

Ob Mensch oder sonst was

Alles hat einen Sinn
 

Die Sonne tauchte den weitläufigen Talkessel in ein hell leuchtendes Licht. Alles schien zu glitzern, selbst der Schnee, der vergangene Nacht vom Himmel gerieselt war, sich in den Nadeln der riesigen Bäume verfangen hatte und den ganzen Wald in ein samtig glänzendes weiß hüllte.

Seit Yori und Akina immer weiter nach Nordwesten gereist waren, fielen die Temperaturen steil ab und schon nach einigen Tagen hatten sich die ersten Vorboten des Winters gezeigt. Yori hatte also richtig vermutet: Nach ihrer Flucht aus der unterirdischen Grotte hatten sie das Reich des Granitdrachens zum Westhang verlassen. So wie die Prophezeiung gesagt hatte, waren die Beiden dann weiter nach Norden gereist, dort wo der Winter das ganze Jahr lang herrschte: Im Reich des Eisdrachens.

Es würde wohl nicht mehr lange Dauern, bis der Schnee ihnen bis zu den Knöcheln oder noch höher reichen würde, doch glücklicherweise hatten Yori und Akina vorgesorgt und hatten dick gefütterte Stiefel aus Leder eingepackt und wärmende Anziehsachen aus Fellen.

Yori war erst unbehaglich bei dem Gedanken, Akina nach ihrer Verletzung solche Temperaturen zuzumuten, doch Akina beteuerte ihm immer wieder, dass es ihr jetzt wieder gut ginge und sie so schnell nicht wieder krank werden würde. Trotzdem umsorgte er Akina um so fürsorglicher, sobald Akina einmal nieste oder unterkühlt schien.

Akina hingegen wusste, dass es keinen Sinn hatte Yori von seinem Umsorgungswahn abzuhalten und ließ ihn machen, was er wollte.

Die Nächte verbrachten die Beiden damit lange bis in die Nacht am Lagerfeuer zu reden, während sie am Tag frisch ausgeruht bis in den späten Abend weiterliefen.

Jetzt, nach vollen acht Tagen quälenden Laufens durch den immer höher werdenden Schnee, hatten sie endlich die Eiswüste durchquert und vor dem ungleichen Paar bot sich ein Anblick dar, der sich wohl für alle Ewigkeit in ihr Gedächtnis einbrennen würde:

Egal wie weit man schaute, überall war nur noch eine einzige Spiegelglatte Fläche Eis zu erkennen, die sich bis hinaus über den Horizont zu erstrecken schien. Das musste er sein, sie hatten ihr Ziel erreicht: Den See der Besinnung.

Doch komischerweise konnte man nirgendwo auch nur ein einziges Anzeichen irgendwelchen Lebens ausmachen, überall war es einfach nur weiß. Keine Tiere lebten mehr hier und keine Bäume wuchsen noch in solcher Kälte, eine Stadt gab es hier genauso wenig.

„Und wo soll jetzt hier bitte eine Stadt sein?“ fragte Akina verwirrt und schaute sich noch einmal um.

„Ich habe keine Ahnung“ musste Yori betrübt zugeben und suchte auch nach irgendwelchen Auffälligkeiten.

Inzwischen war schon wieder die eisige Sonne des Reiches dabei unterzugehen, die Tage hier waren immer sehr kurz.

Während Akina und Yori sich weiter am Seeufer umschauten, verdunkelte sich der zuvor leicht violette Himmel dunkelblau und die ersten Sterne und der Mond blitzten auf. Mit der Dunkelheit kam auch die unerträgliche Kälte der Nacht wieder, die Akina dazu zwang wieder einmal eine Flamme auf ihrer Hand tanzen zu lassen.

Verträumt blickte sie über die gefrorene Oberfläche des Sees, bis ihr etwas merkwürdiges auffiel. Matter Lichtschimmer war unter dem dicken Eis zu erkennen, doch wie kam Licht in einen See?

„Yori!“ Alarmiert deutete Akina auf das seltsame Glitzern. „Meinst du das Eis hält uns?“

„So kalt wie es hier ist, muss das Eis ganz schön dick sein“, bemerkte der Kendo und setzte den ersten Fuß auf den glatten Untergrund. Das Eis barst nicht, also setzte er noch einen Schritt und noch einen. „Ich glaube, das Eis müsste sicher sein“, lächelte er und hielt ihr auffordernd die Hand hin. Dankbar griff sie seine Hand, stützte sich an ihm ab und setzte ebenfalls vorsichtig ihre Füße auf das glatte Eis.

Schritt für Schritt rutschten die beiden gen Mitte des Sees. Akina kniete sich an der Stelle nieder, wo sie vorhin das Schimmern entdeckt hatte und wischte die Schneeflocken vom Eis, um besser hindurchsehen zu können. Ihre Augen weiteten sich als sie erkannte, was sich unter der Oberfläche befand, oder eher am Grund des Sees:

Die merkwürdigen Lichter waren teil eines riesigen Gebäudekomplexes der unterhalb des Oberfläche gebaut worden war. All zu viel konnte man allerdings auch nicht erkennen von der merkwürdigen Stadt...

Yori hatte jetzt auch Akinas erstauntes Gesicht bemerkt. „Was siehst du da unten“, fragte er irritiert und kniete sich ebenfalls aufs Eis um selbst zu sehen, was dort unten vor sich ging. „Eine Stadt?“

Die Blonde nickte leicht. „Synrir“, kam es ihr fast lautlos über die Lippen, wie in Trance starrte sie bewegungslos auf die uralte Unterwasserstadt.

Mit einem fragendem Blick schaute Yori zu Akina auf. „Woher kennst du den Namen der Stadt?“

Plötzlich kam wieder Leben in das sonst so quirlige Mädchen. „Ich weiß es selbst nicht“, lachte sie verlegen. „Es kam einfach so über mich...“

Die beiden blickten sich missbilligenden an, dann zog die Hüterin ihren Handschuh aus, legte die flache Hand auf das frostige Eis. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Vergaß die Kälte um sich herum, vergaß die kritischen Blicke Yoris, vergaß, dass sie auf einem eingefrorenen See saß, der jeden Moment brechen könnte und vergaß auch die eisigen Winde, die ihr mit kalten Fingern übers Gesicht streichelten. Akina konzentrierte sich ganz allein auf sich selbst, auf die lodernde Flamme tief in ihrem Inneren. Vorsichtig gewährte sie dem tückischem Feuer aus seinem sonstigen Gefängnis auszubrechen und seine langen Zungen darüber hinaus lecken zu lassen. Die junge Hüterin spürte, wie sich die Flammen den Weg durch ihren Körper bahnten, langsam ihren Arm entlang züngelten und das Eis unter ihrer Hand zum Schmelzen brachte. In sekundenschnelle war ein großes Loch genau zwischen den Weggefährten in der glatten Oberfläche entstanden, klaffte dort wie ein unglückbringender Riss auf einem Spiegel.

Das Mädchen verschloss ihr magisches Feuer wieder tief in ihrer Seele und unterbrach ihre Trance. Dann richtete sie sich auf und deutete an, dass Yori es ihr gleich tun sollte, und zu ihr herüberkommen sollte. Zögernd tat er, wie ihm geheißen und trat zu den Blonden herüber. „Ich ahne, was du vorhast!“, entgegnete er nur, etwas beunruhigt.

„Dann weißt du ja hoffentlich auch, dass du dich jetzt schön an mit festhalten solltest!“ Zaghaft klammerte er sich an ihre Hand.

„Ich hoffe das Ganze klappt, so wie ich es glaube.“ Akina zog ihn mit sich, ließ sich langsam in das eiskalte Wasser hinunter und merkte, wie ihre schweren Kleider sich mit Wasser voll sogen und drohten sie langsam mit nach unten zu ziehen. Bibbernd schwamm Yori hinter Akina, hielt immer noch ihre Hand. Augenverdrehend packte die Hüterin die beiden Hände des Kendo und legte seine Arme feste um ihre Brust. „Lass mich bloß nicht absaufen, solange ich mich hier konzentriere“ drohte Akina fröstelnd vor Kälte und versuchte jetzt krampfhaft zu ignorieren, dass ihre Hände und Füße immer steifer wurden. Sie verbannte die Kälte aus ihrem Körper, versuchte ruhig zu sein und nichts zu denken. Sie verdrängte jeden einzelnen Gedanken und spürte jetzt nur noch das stetige Plätschern des eisigen Wassers. Gehorche mir, dachte die junge Hüterin. Gehorche mir und verschlucke uns in deinen Tiefen. Lass uns eins werden mit dir, lass uns eins werden...

Akina hörte auf sich zu konzentrieren, als eine weiche Wärme sie sanft zu überfluten schien. Sacht öffnete sie ihre Augen, merkte, wie sich ihre Lungen mit Wasser füllten, sie aber trotzdem nicht ertrank. Selbst das Wasser schien nicht in ihren Augen zu brennen, und selbst die Kälte war nur noch halb so schmerzhaft. Akina gewöhnte sich schnell an die ungewohnte Situation, Yori hingegen schien sehr unbehaglich bei dem Gedanken, was hier gerade um sie herum geschah: Das Wasser schien sie zu verschlucken, riss sie langsam nach unten und durchströmte ihre Lungen, dennoch ertranken sie nicht!

Schmunzelnd befreite die Blonde sich aus der Umarmung des Schwarzhaarigen, nahm ihn an der Hand und zog ihn langsam mit sich nach unten.

Synrir, so hieß ihr Ziel. Je näher sie der schlossähnlichen Stadt kamen, desto orachtvoller schien sie zu werden. Sie bestand komplett aus einem hellen, wie feinem Stein aussehendem Material. An manchen Stellen glänzte das mysteriöse Gebilde wie wertvoller Bernstein, manchmal schimmerte das cremefarbene Kunstwerk aber auch perlmutt. Kleine Türmchen setzten sich von dem gesamten Gebilde ab, stachen spitz und blendend in die brausende See. An manchen Stellen wurden die Wände so durchsichtig, dass man wie durch kristallenes Glas ins innere des Bauwerks schauen konnte, direkt in die fürstlichen Säle und prächtigen Hallen. Die gesamte Stadt ruhte auf geschwungenen Säulen über dem Meeresboden, friedlich schwebend wie ein Luftschloss im Himmel.

Da die Beiden nirgendwo eine Öffnung an den Seiten von Synrir vermuteten, beschlossen sie nach unten zu tauchen um unterhalb nach einem Eingang zu suchen.

Synrir thronte auf einem Steinvorsprung, zu ihren Füßen fiel der Seegrund steil ab und bildete eine bodenlose Schlucht.

Auch hier unten gab es keinen sichtbaren Eingang, nur eine Unterwasserhöhle, die einige Meter neben dem eigentlichen Gebäudekomplexes anfing, jedoch führte der schmale Gang hinter der Öffnung genau in Richtung Stadt.

Akina und Yori wechselten zwei vielsagende Blicke, inzwischen kam es immer öfter vor, dass sie auch ohne es auszusprechen genau wussten, was genau der jeweils andere sagen wollte, obgleich es im See der Besinnung kaum möglich gewesen wäre auch nur ein Wort herauszubringen.

Lass es uns probieren, sagten Akinas Blicke zu Yori, lass es uns versuchen, die Höhle bringt uns bestimmt an unser Ziel. Trotzdem hatte Yori eher Zweifel, dennoch nickte er nur stumm und schwamm auf die Öffnung zu.

Akina kam es inzwischen nicht mehr komisch vor, das Kalderan anscheinend aus mysteriösen magischen Fäden gesponnen sein mag, denn wiedereinmal blieb es hell um sie herum, obwohl es in dem Tunnel eigentlich hätte stockfinster sein müssen.

Unbehelligt schwammen sie weiter, diesen unendlich wirkenden, blass erleuchteten Gang entlang, bis die recht schemenhafte Sicht aufklarte, Akina und Yori auftauchten und sie sich in einer hell erleuchteten Höhle wiederfanden.

Vollkommen durchnässt und halb erfroren stiegen sie aus dem Wasser auf den schmalen Steinpfad, der zwischen Wasser und Höhlenwand herführte und ihnen den Weg zum Schloss wies. Über zwei Stufen traten die Beiden in den ersten, riesigen Saal und kamen sich irgendwie verloren und unbedeutend vor, wie sie dort klitschnass standen und sie fröstelnd vor Kälte am ganzen Körper zitterten, denn obwohl sie hier tief unter dem See waren, herrschten hier eisige Temperaturen.

Es war nichts weiter in der Halle, ein gigantischer, leerer Raum mit glasiger, gewölbter Decke, die einen Blick ins Meer bot. Fasziniert beobachtete Akina, wie bunte Fische dicht an der Decke vorbeischwammen, bunt schillernd wie eine Regenbogenwolke.

Immer noch von dem Bann gefangen, schrak Akina plötzlich auf, als sie leise Schritte vernahm. Sie wurden immer lauter, es musste die Füße von mehreren sein. Wie zur Bestätigung liefen fünf Männer in blauen Soldatenuniformen an dem Torbogen am Ende des Saals vorbei. Erst schien es, als wollten sie vorbeilaufen, doch dann erblickte einer der Soldaten die Eindringlinge und deutete allarmierend auf sie.

Mit bedrohlich schweren Schritten traten die Soldaten auf Akina und Yori zu.

„Was macht ihr hier, Eindringlinge?“, knurrte einer der Soldaten, hochgewachsen und mit einer Offiziersmütze auf dem Kopf, wie ein kläffender Hund, der sein Revier verteidigte. „Wer hat euch geschickt, für wen spioniert ihr?“

„Spionieren?“, fragte Akina verwirrt, doch bevor sie überhaupt dazu kam, die ganze Situation zu erklären, ruhten auch schon die Hände der Soldaten auf den Griffen ihrer Schwerter, genauso wie die Hand Yoris.

Der Kampf dauerte nicht lange, nur ein paar Sekunden und die Soldaten hatten Yori entwaffnet und mit der Hand auf dem Rücken zu Boden gedrückt. Akina leistete keinen Widerstand und ließ sich die Hände von einem der jüngeren Soldaten hinterm Rücken fixieren. Überhaupt war nur der Offizier älter, sein Bart wurde schon grau, und seine Haut schien faltig und in die Jahre gekommen. Seine Soldaten hingegen waren noch jung, gerade mal so alt wie Yori und Akina selbst, vielleicht ein paar Jahre älter, mehr aber auch nicht.

„Mal sehen was König Arados dazu sagen wird“ bellte der Offizier und wies seine Soldaten an die Gefangenen hinter ihm her zu führen. Es waren gleich zwei von ihnen nötig um Yori überhaupt festzuhalten. Akina schüttelte leicht ihren Kopf. Es hat keinen Sinn, sagte ihr Blick. Es nützt nichts uns zu wehren, so hören sie uns doch erst recht nicht zu.

Yori ließ sich fesseln, trotzdem blieben sicherheitshalber zwei Soldaten an seiner Seite, als sie durch die verworrenen Säle traten, mal durch dunkle, mal durch ozeanblaue.

Vor einer meterhohen Tür in einem der Säle blieben sie stehen. Der bärtige Offizier hämmerte laut gegen das helle Material, aus dem das ganze Schloss bestand. Nach kurzer Zeit kam Bewegung in die Tür und wie von Geisterhand schwang sie langsam auf.

Sacht schoben die Jungsoldaten Akina und Yori in die sich dahinter befindende Halle, eigentlich viel zu nett für gewöhnliche Soldaten, die normalerweise brutal und aggressiv mit Gefangenen umgingen.

Eine riesige Glaskuppel spannte sich über den Kronsaal, tauchte ihn in ein leuchtendes, blaues Licht, das weich an den Wänden wogte und das unbekannte Gestein, aus dem sie bestanden, zum Glitzern brachte. Auf einem Podest am Ende der Halle stand ein antiker Thron von unschätzbarem Wert. Anscheinend war er aus dem selben Gestein wie auch die Wände, denn er glänzte genauso prachtvoll wie alles um Akina herum, ebenso wie die cremefarbenen Kronleuchter, die überall verteilt im Raum standen und dem kleinen Tisch neben dem Thron, auf dem welke, eisblaue Blumen in einer kristallenen Vase standen. Allgemein wirkte hier alles eher farblos, monotones blau und weiß waren die einzigen erkennbaren Farben.

Die Schatten spielten geheimnisvoll über das Gesicht des alten Mannes der auf dem weiß gepolsterten Thron saß. Hinter ihm rankte die Lehne des prachtvollen Kunstwerks empor, geschwungen und verzweigt wie ein schneeweißer Baum. Die silberne Krone war dem Alten tief ins Gesicht gerutscht, wie er da saß, zusammengekauert und ermattet, verloren in der Größe des Raumes, der lange weiße Bart über seiner Brust hängend, und die weißen Haare wie ein Schleier vorm Gesicht.

Als sich der ebenso ergraute Offizier leicht räusperte, schien der König aus seinem Schlaf hochzuschrecken und sah Akina plötzlich mit seinen tiefen blassblauen Augen an, in denen soviel Weisheit lag, das ihr ein leichter Schauer über den Rücken fuhr. Arados mag schon ein eindrucksvoller Mann sein, egal wie kränklich und zerbrechlich er auch wirkte.

„Mach sie wieder los, Favian! Das sind doch noch halbe Kinder“ wisperte Arados mit bebender Stimme und warf einen verheißungsvollen Blick auf seine Soldaten.

Sie lockerten die scharfen Seile um Akinas Handknöchel und ließen auch Yori aus ihrer Umklammerung.

„Die Beiden wollen unserem kleinen Reich kein Leid zufügen. Gebt ihnen trockene Kleidung, sie sind meine Gäste...“
 

Das Reich war eine einzige zerbrochene Gemeinde. Ich sah nicht viel von der Stadt doch überall wo ich auch hinschaute sah ich das gleiche hoffnungslose Elend, dass sich in die Herzen des Volkes gefressen hatte. Stumm saßen sie in großen Gruppen in den Sälen, versuchten wenigstens so die unauslöschbare Kälte zu vertreiben, doch auch sie wussten, dass es mit dem Reich zu Ende ging und dass es keine Hoffnung mehr gab, weder für das Reich, noch für seine Bewohner. Mir tat es weh im Herz die kleinen Kinder zu sehen, wie sie fröhlich mit dem kümmerlichen Spielzeug spielten, dass ihnen noch geblieben war, ungewiss darüber, dass sie vermutlich niemals richtig leben würden. Keine Zukunft, keinen Vater, nur eine kaputte Familie in einem Land ohne Perspektive. Berührt wandte ich meinen Blick von den Menschen ab, als wir von den Jungsoldaten weggeführten wurden, um wenigstens so den stechenden Schmerz zu vergessen, der quälend an meiner Seele nagte.
 

König Arados ließ direkt nach ihnen Rufen, nachdem Akina und Yori sich umgezogen hatten. Favian und sein Gefolge führten sie zurück in den Kronsaal. Auf den Wink ihres Herrschers zogen die Soldaten sich zurück, wenn auch Favian eher zögerlich.

„Du bist die Hüterin der Jadeperlen“, sagte Arados mit klarer Stimme und lächelte. „Woher ich das weiß? Der Lauf der Zeiten hat es mir erzählt! Unser Treffen wurde vom Schicksal bestimmt. Ich weiß vieles, was ihr nicht wisst, dafür ist mein Leben auch schon fast gelebt. Bald schon werde ich wohl nicht mehr unter den Lebenden wandeln. Schaut euch um! Was seht ihr? Ein zerbrochenes Königreich, zerstört vom Laufe der Zeit.“ Traurig senkte er seinen Blick.

„Was ist hier passiert?“, fragte Akina gerade heraus und ignorierte Yoris fragendes Gesicht.

„Du hast es also bemerkt“ lächelte Arados wieder. „Ich hätte nicht gedacht, dass du einen so klaren Verstand besitzt, Hüterin. Es ist wahr, meine Männer sind eigentlich keine Soldaten. Meine eigentliche Armee wurde vor Jahren ausgelöscht, bei einem Überfall der Flammenprinzessin Mizuki. Vieles ging in dieser Nacht verloren, die Männer meines Volkes ebenso wie viele Kinder und Frauen die nicht schnell genug fliehen konnten. Auch mein Sohn...“, wieder blickte er mit verklärtem Blick zu Boden, stoppte beim Reden. „Doch das alles ist lange vorbei, dieses Königreich ist schon fast am Ende seiner Geschichte, doch man weiß ja nie, was die Zukunft bringt, habe ich Recht, Hüterin? Wer weiß wie sich die Zukunft durch dein Wirken noch ändern wird...“

„Das Schicksal ist ungewiss“, bestätigte Akina nur und nickte leicht.

„Ich sehe, du verstehst was ich meine.“ Wieder Lächelte er geheimnisvoll. „Komm, ich will dir soweit bei deiner Aufgabe helfen, wie ich kann.“ Vorsichtig erhob Arados sich aus seinem Thron, griff nach seinem geschwungenen Gehstock und schlurfte zu einem weiteren Torbogen hinter dem Thronpodest. Den Gehstock benutzte er jedoch nicht um sich beim Laufen zu stützen, sondern fuhr immer wieder leicht mit seinem Ende über den Boden.

Akina folgte dem weisen König, Yori ihr augenverdrehend hinterher, und wieder hing sie fasziniert an seinen Augen. „Ihr seid blind?“, fragte sie schüchtern.

„Fast“, erwiderte Arados. „Schemen, das sind das Einzige was ich noch erkennen kann, Licht und Dunkel, doch das kann man hier unten so oder so nicht gut auseinander halten. Das Alter verändert viele Dinge, aber denke niemals, dass es ungerecht ist. Ich verlor mein Augenlicht und erlangte Weisheit. Das darfst du niemals vergessen, das Leben gibt und nimmt. Für alles was man verliert, wird einem auch etwas neues gegeben.“

Stumme Zustimmung war die einzige Reaktion der Hüterin. Arados hatte wohl Recht. Das Leben nahm und gab, daran konnte man nichts ändern. Man musste loslassen, um Neues zu erfahren, so war es schon immer gewesen...

„Der Eisdrache... früher erzählte man sich, dass er über unser Reich wachte und es beschützte, doch um so älter es wurde, desto mehr schien er uns zu verlasen. Synrir ist das Einzige, was noch übrig blieb. Der Rest unseres einst stolzen Königreiches ist im ewigen Eis verwittert, genauso trostlos, wie auch Synrir selbst“, säuselte der Alte.

„Trostlos... wenn man ruhig ist scheint es einem fast, als ob die Stadt trauert... leises wimmern...“ nachdenklich lauschte Akina dem leisen Rauschen des Wassers.

„Die Stadt ächzt, sie ist es satt hier unten im Wasser zu verrotten“, bekräftigte Arados Akina. „Vor vielen tausend Jahren entstand sie, Synrir, die Stadt aus Eiskoralle. Doch auch Eiskoralle lebt nicht ewig und genau so wie unser Land langsam untergeht, ist es auch die Stadt leid und wünscht sich endlich zu sterben. Doch bis es so weit ist werde ich schon lange nicht mehr Leben, und der Rest meines Volkes wird schon längst weitergezogen sein und niemand wird die Stadt bei ihrem Untergang begleiten, nur die Toten selbst, die tief unten in der Grotte ruhen.“

„Sie besteht aus Koralle?“

„Gewiss, junge Hüterin. Es ist klar, dass du die Eiskoralle nicht kennst, denn deine Aura verrät mir, dass du von irgendwo weit her kommst. Die Eiskoralle ist eine mächtige Art, lebt fast ewig und ist beinahe unzerstörbar. Doch alles hat ein Ende...“

„Da habt ihr Recht...“, pflichtete Akina ihm bei.

Sie traten in einen riesigen Saal, größer als die vorherigen, und auf eine merkwürdige und magische Weise eindrucksvoller. „Wir sind da“, sagte Arados nur knapp und blieb nahe des Torbogens stehen, während Akina wie im Banne weiter in den Raum hineintrat, Yori dicht hinter ihr. „Findest du nicht auch, dass dieser Raum irgendetwas geheimnisvolles an sich an?“, flüsterte sie Yori atemlos zu.

Ehrfürchtig trat sie an den riesigen gerahmten Spiegel der fast die gesamt Stirnseite des Raumes verdeckte, die mindestens dreißig Fuß maß!

„Irgendetwas ist hier wirklich merkwürdig“, bestätigte Yori und besah sich den Rahmen des Spiegels genauer. Anglesische Schriftzeichen waren eingraviert. „Anglesisch“, flüsterte er.

„Was?“, fragte Akina und schaute über seine Schulter. „Ein Hinweis!“

Die Blonde wollte schon sogleich ihre Hand auf die Gravur legen, doch Yori hielt sie zurück. „Weißt du noch was beim letzten Mal passiert ist? Du wärst fast ohnmächtig geworden! Meinst du nicht wir sollten uns erst ausruhen bevor du wieder fast umkippst?!“

„Aber warum?“, widersprach Akina widerwillig. „Ich will doch jetzt wissen, was da steht!“

„Keine Wiederrede! Wir haben in den letzten Tagen schon genug erreicht, für heute sollten wir uns erst einmal ausruhen und morgen diesen Raum genauer unter die Lupe nehmen!“

„Nur die Schrift! So viel wird da schon nicht stehen, danach ruh ich mich auch aus!“ Yori hob resigniert seine Augenbraue. „Bitte!“, fügte Akina flehend hinzu.

Yori blieb eisern, doch dann verdrehte er nur die Augen und raunte ein genervtes „Meinetwegen!“.

Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, dann legte sie ihre Hand auf die Schrift. Mit der kalten Flutwelle kam auch die Dunkelheit wieder über Akina. Abermals färbten sich ihre saphirblauen Augen blutrot und feurige Lettern brannten vor ihr in der Schwärze auf.

Es ist nicht alles so, wie es scheint“, las die Blonde vor.

„Weiter?“, fragte der Schwarzhaarige.

„Da steht nichts mehr! Nur das...“ Sie zog ihre Hand zurück. Mit jedem Augenschlag wurde die Umgebung wieder klarer, Farben, Dunkel und Licht waren wieder erkennbar und die Augen waren wieder blau. Ein leichter Schwindel überkam Akina für einen Moment. Sie taumelte leicht, fing sich dann aber wieder.

„Alles in Ordnung?“, fragte ihr Begleiter besorgt.

„Ja, nur der übliche Schwindel“, lächelte Akina.

Ihr Gesicht wurde wieder ernst. „Was hat das nur zu bedeuten? Es ist nicht alles so, wie es scheint?"

„Ich weiß es nicht, aber wir werden es sicher morgen herausfinden.“ Ein fieses Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er sah wie empört Akina dreinschaute, als ihr wieder einfiel, was sie Yori eben noch versprochen hatte.

„Du bist gemein! Ich will aber jetzt wissen, was das bedeutet! Komm schon, so schwer kann das nicht sein, das bekommen wir schon raus!“

„Ja, aber morgen“, grinste er wieder. Wenn sie so war, erinnerte Akina Yori immer an ein trotziges, kleines Kind.

„Du bist echt fies...“, schmollte die Hüterin, ließ sich aber trotzdem von Yori mitziehen, zurück zu dem alten König.

Yori wandte sich an ihn. „Wäre es wohl möglich, dass wir ein oder zwei Tage hier unterkommen? Wir würden uns gerne ausruhen, bevor wir den nächsten Tempel suchen, die Reise war doch etwas anstrengend.“

„Ich sagte doch schon“, fing Arados an, „ihr seid meine Gäste, da ist es selbstverständlich, dass ihr in Synrir residiert. Ich werde gleich ein Zimmer für euch herrichten lassen...“
 

Am nächsten Morgen war das erste woran ich denken konnte, der kathedralenähnliche Raum mit seinem Geheimnis. Schon früh standen wir auf, und überprüften die gesamten Wände und den Fußboden auf irgendwelche Auffälligkeiten, einen Knopf, einen Schalter oder eine Falltür vielleicht, aber nichts ließ sich finden. Den riesigen Spiegel fand ich zwar auffällig, aber auf der glatten Oberfläche war nichts zu sehen außer ein ganz normales Spiegelbild und am Rahmen konnte ich auch nichts finden. Trotzdem fragte ich mich, warum gerade ein Spiegel in so einem Raum wie diesem hier hing. Einfach so. Irgendeinen Grund mussten die Erbauer des Reiches doch gehabt haben, ihn hier hin zu hängen, oder war er vielleicht schon immer hier gewesen? Schließlich wurde das Schloss ja nicht erbaut, sondern entstand über viele tausend Jahre. Dennoch wäre es eine Überlegung wert den König danach zu fragen, wie Synrir allgemein entstanden war? Gab es hier früher nur ein leeres Eiskorallengebilde, aus dem man durch Werkzeuge und Zauberei die Stadt erschaffen hatte, oder besaß die Stadt doch schon immer seinen natürlichen Ursprung im See der Besinnung?

Yori und ich fanden keine Antworten auf unsere Fragen...
 

Ich stemmte mich gegen die riesige Eiskorallentür, lautlos öffnete sie sich und ließ einen hellen Lichtstreifen in den dahinterliegenden Saal fallen. Arados fand bereits Platz an der riesigen Tafel, er war der einzige der im Speisesaal saß. Yori und ich schoben uns durch den Spalt und hasteten leere Stuhlreihen entlang. Neben Arados waren nur noch zwei weitere Plätze eingedeckt. Ich nahm zur rechten Seite des weisen Königs platz, Yori zu seiner linken. Wortlos winkte Arados die Diener aus der Dunkelheit und Unmengen von kulinarischen Köstlichkeiten wurden hereingetragen und auf dem Tisch abgestellt. Nach einer kurzen Verbeugung, zogen sich Arados’ untergebene wieder in die Dunkelheit zurück, darauf wartend ihrem König den nächsten Wunsch von den Augen abzulesen.

Stumm speisten wir das Abendessen und weiterhin blieb die Stimmung am Tisch eher bedrückend und niemand redete viel.

Nachdem die Mägde dann den letzten Gang serviert hatten und auch dieser genüsslich verzehrt wurde, brach endlich die erdrückende Stille und Arados erhob seine helle Stimme, die klang wie das Plätschern eines ruhigen Bachs.

„Mein junger Freund“, wandte er sich mit seinem freundlichen Lächeln an Yori, „bei unserer ersten Begegnung hast du das gesamte Schloss immer sehr interessiert angesehen. Begeisterst du dich für so etwas?“

Yori nickte verblüfft. Wie hatte Arados ihn beobachten können, wo ihm doch das Augenlicht fehlte? „Ich frage mich wirklich, wie das ganze hier aufgebaut ist.“

„Was hältst du davon, dem auf den Grund zu gehen? Schau dich ruhig um!“ Yori warf einen fragenden Blick auf mich. Bitter schaute ich auf ihn zurück, ich hielt nicht viel von einem langwidrigen Rundgang durch die Stadt. Die Leute taten mir leid und freiwillig wollte ich mir ihr Elend nicht ansehen.

Wiedereinmal schien Arados genau zu wissen, was uns bewegte. Yori wollte mich nicht unbedingt alleine lassen und ich hatte nicht wirklich Lust auf den Rundgang. „Ich beschäftige deine Freundin schon“ lächelte er und zwinkerte mir zu.

Noch einmal warf Yori mir einen kurzen Blick zu, und antwortete dem König nach meinem knappen Nicken: „Es wäre mir eine Freude mit eurer Erlaubnis die Stadt erkunden zu dürfen“ Yori schob seinen Stuhl zurück und eine kurze Verbeugung folgte seinen Worten. Mit einem flüchtigen Blick auf mich verließ er den Speisesaal, ließ nur das Lächeln auf meinen Lippen zurück, dass ich ihm erwidert hatte.

„Früher einmal war ich genau wie er.“ Die Erinnerungen zauberten ein verträumtes Lächeln auf das faltige Gesicht. „Ungestüm, immer auf der Suche nach Abenteuern, auf der Suche nach dem Unbekanntem.“

Arados Gedanken schienen immer weiter abzuschweifen, sein Blick verklärte, verloren in längst Vergessenem. Gespannt lauschte ich dem, was der alte Mann erzählte.

„Du musst wissen, ich habe die Stadt niemals verlassen, mein ganzes Leben habe ich hier unten verbracht, in der Welt, die sich meine Vorfahren erschaffen haben, Der einzige Weg hinauf zu kommen, war mit der Hilfe eines Priesters, doch mit der Zeit hier unten wurden sie immer rarer, bis sie schließlich ausstarben, zumindest in Synrir. Die Menschen lernten ohne ihre Magie hier unten zurecht zu kommen und als ich geboren wurde, wussten die meisten noch nicht einmal mehr, wie es an der Oberfläche aussah. Als ich noch jung war, habe ich mir immer nur gewünscht ein einziges Mal die andere Welt kennen zu lernen. Ich habe immer einen Weg gesucht nach oben zu gelangen und wäre bei meinem letzten Versuch fast umgekommen. Seitdem das Alter sich langsam in mir ausgebreitet hatte und mir nach und nach mein Augenlicht nahm, habe ich einsehen müssen, dass es hoffnungslos ist, dass ich die unendlichen weiten der Oberwelt wohl niemals in natura kennen lernen werde. Weder werde ich sie jemals sehen, noch werde ich sie jemals erreichen...“

Ich grübelte und kam letztlich zu einem ganz anderen Entschluss: „Aber ich bin doch Priesterin! Ich kann sie doch an die Oberfläche begleiten und nichts würde geschehen!“

„Es stimmt schon, du könntest, doch ich glaube, dass mein Herz das alles auf meine alten Tage nicht mehr tragen könnte. Es ist verwurzelt in dieser Welt und hier wird es auch auf ewig bleiben, bis zu meinem Ende und dem Ende der Stadt.“

Stumm starrte ich nieder auf den Boden, erst als ich Arados leise Stimme wieder vernahm blickte ich auf.

„Ich möchte dich gerne um einen Gefallen bitten...“

Erst nickte ich, doch dann fügte ich noch schnell ein „Fragt, was euch bewegt“ hinzu, da er mein Nicken kaum hätte bemerken können.

„Es ist nicht viel, aber es würde dem Traum eines alten Mannes endlich eine Gestalt geben. Beschreibt mir bitte eure Welt. Erzählt von dem, was ihr die Sonne nennt, von dem, was ihr Eis und Schnee nennt und von den so vielen anderen merkwürdigen Dingen, die es hier unten nie gegeben hat.“

Ich lächelte und räusperte mich leicht. Dann fing ich an zu erzählen, von den endlosen Grasebenen Kalderans, dem riesigen Schloss Kentosai, auf dem meine Reise begonnen hatte. Von der hügligen Berglandschaft im Reich des Granitdrachen und von den tropischen Wäldern, die wir in Ai-Lynns Reich entdeckt hatten. Von den kühlen Wäldern im Norden und dem Eissee, in dem, versteckt unter einem Spiegel aus Eis Synrir versteckt lag. Von der Sonne und ihrer heißen Strahlen, von Schnee und von Regen. Vom ewigen Meer an der Südküste Kalderans und den unendlich glitzernden Wellen, in denen sich jeden Abend aufs neue die orangerote Abendsonne spiegelte.

Arados wurde von meinen Worten in seine eigene Traumwelt getragen, entstanden durch die Phantasie des jungen Abenteurers, der immer noch in ihm schlummerte. Arados spürte die Sommerbrise auf seiner alten, faltigen Haut, das Gras, dass ihn zwischen seinen Zehen kitzelte und die heißen Sonnenstrahlen, die seine noch unberührt weiße Haut küssten. Dann spürte er den Sand und die Wellen, wie sie seine Füße umspielten, dann das knisternde Laub, dass jeden seiner Schritte auf dem weichen Waldboden abfederten. Kalter Schnee wehte plötzlich gegen seine blasse Haut, die Kälte nagte an seinen Kleidern und ließ ihn frösteln. All diese Bilder, Gerüche, Geräusche und Farben durchfluteten seine Seele, während ich die mir inzwischen so bekannte Welt beschrieb und ihn mit klarer, langsamer Stimme hinfort trug.

Auch als ich aufhörte zu reden, schienen meine Worte immer noch durch den riesigen Raum zu schweben, wie Schmetterlinge vom Abendwind getragen...
 

Yori durchstreifte inzwischen schon den abertausendsten Saal, hatte sich mal die rätselhafte Eiskoralle angesehen, dann wieder ein paar Minuten mit den kleinen Kindern gespielt, die sich sehr über den ungewohnten Besuch freuten und war dann weitergegangen, einen anderen Gang entlang, in eine andere der endlos vielen Hallen.

Diese Welt war schon anders, als das, was er kannte. Genau das machte sie so aufregend!

Wie konnte eine gesamte Stadt unter dem Wasserspiegel liegen, und wie war es möglich, dass man hier unten überhaupt überleben konnte? Woher bekamen die Leute ihr Essen und wie war das alles hier überhaupt entstanden? Wie war es möglich, dass die Wände der Stadt nicht einfach unter dem Wasserdruck barsten? Und warum gab es hier unten überhaupt Luft? Was hatte es mit der Eiskoralle auf sich? Welches Geheimnis umgab sie hier? Und überhaupt, was hatte die Menschen damals dazu gebracht sich hier unten zurückzuziehen? Wurden sie bedroht oder doch einfach nur wegen der eisigen Kälte?

Ratlos ließ Yori seinen Blick hinauf zur Decke schweifen. Hier war er in einem der Säle von dem man direkt ins Meer starren konnte und die bunt schillernden Fische bei ihrem Fangspiel beobachten konnte. Doch statt der farbenreichen Meeresbewohner schwamm etwas anderes an dem Eiskorallenglas vorbei. Ein riesiger schwarzer Fleck kam der Glasfläche immer näher, verwandelte sich langsam in etwas, das man als riesigen Schwarm hätte beschreiben können, doch es waren keine dunklen Fische oder andere Unterwasserwesen, es waren vielmehr menschenähnliche Wesen, die der Stadt in ihrer kriegstruppähnlichen Einheit bedrohlich immer näher kam, beschützt von einer Luftblase, die die gesamte Brut umschloss.

Es gab keinen Zweifel: Das mussten Mizukis Mannen sein, die gekommen waren, um das zuende zu bringen, was sie beim letzten Besuch nicht geschafft hatten. Sie wollte die Zerstörung des Reiches, das einst bekannt dafür gewesen war, vom unikalen Eisdrachen behütet worden zu sein.

Abrupt drehte der Kendo sich um und rannte allarmiert zurück.

„Der Feind greift an!“, schrie er warnend durch die Gänge, hörte seine eigene Stimme wie ein bebendes Grollen um ihn her tanzen, so wie die Vorhut eines Übels, das erst noch kommen würde, wie das Toben vor dem eigentlichen Sturm.

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht durch die tiefen Trommeln, die die Soldaten anfingen zu spielen, wenn Gefahr drohte. Ein bedrohlicher, dunkler Rhythmus wurde diesmal gespielt, die Ankündigung der Feinde...
 

Erst der dunkle Klang von grollenden Trommeln riss uns aus dem mächtigen Bann der Worte, die immer noch hell leuchtend im Raum zu schweben schienen. Sie mischten sich mit den tiefen Tönen, wurden langsam ausgelöscht und der Schall der Trommeln wurde immer realer als die Traumworte. Wie durch einen Schlag ins Gesicht fühlte ich mich plötzlich in die Realität zurückversetzt, und lauschte jetzt dem stetigen Rhythmus der Trommelschläge.

„Was hat das zu bedeuten?“, fragte ich mit leiser, verängstigter Stimme, schon ahnend, das solche Töne nichts gutes zu verheißen hatten.

„Sie greifen an“, brachte Arados nur wortlos heraus, mit stockendem Atem nieder starrend, wieder die alte Angst ins Gesicht geschrieben.

Wie durch den Trommelklang getragen flogen auf einmal die Türen auf und leises weinen drang durch den Spalt der riesigen Tür, durch den sich jetzt der Gardeoffizier Favian, einige Soldaten und Yori zwängten.

„Herr, die Stadt wird angegriffen!“, murmelte der alte Offizier aufgeregt und kam mit schnellen, humpelnden Schritten auf seinen König zu. „Welche Befehle geben sie?“ Angst war aus der alten, zitternden Stimme herauszuhören, genau die selbe Angst die auch das Trommelgewirbel auf Arados Gesicht gehetzt hatte.

„Von wo kommen sie?“, Arados Stimme klang blass.

Besorgt schaute ich zu Yori, der unwissend was jetzt kommen würde die Schultern zuckte. Ich trat zu ihm herüber und er nahm tröstend meine Hand in seine.

„Überall, egal wo man hinschaut, sie kommen von überall...“ Hoffnung klang nicht in Favians Stimme wieder, das Ende würde wohl doch noch kommen, das dachten wohl die Bewohner Synrirs.

„Stellt Posten überall dort auf, wo die Eiskoralle allgemein leichter zu durchbrechen ist, dort werden sie wohl angreifen. Stellt auch welche bei der Seepracht auf, dort werden sie vermutlich auch benötigt. Geht außerdem in die Stallungen und sagt den Domteuren, dass sie die Zulos zum Kampf nach draußen ins Wasser schicken sollen!“

„Verstanden, Herr“, sagte Favian schnell, verbeugte sich rasch und drehte um, um den Soldaten und Domteuren die Befehle zu geben.

Ich hatte nur wenig von den Anweisungen verstanden, Seepracht, was war das? Und die Zulos?

Yori schien ebenfalls sichtlich ratlos, ich konnte aber noch etwas anderes in seinem Gesicht ablesen: Kampfeslust. Ich umschloss seine Hand noch fester.

Dann wandte Arados sich an mich. „Akina, ich muss dich abermals um einen Gefallen bitten. Bring die Frauen und Kinder fort, bring sie in Sicherheit! Versteckt euch irgendwo hier im Schloss, bleibt bloß geschützt, und wenn es sein muss, flieh mit ihnen. Ich weiß, dass du das schaffen kannst.“

Ich schluckte schwer. „Ich werde es tun, Arados.“ Dann drehte ich mich um und verließ gemeinsam mit Yori den Speisesaal, wenn er auch eher widerwillig mit mir kam, das spürte ich. Sein Herz gehörte dem Kampf, es war das eines Beschützers. Doch solange ich ihn davon abhalten konnte sich für andere in Gefahr zu bringen, würde ich das auch tun, auch wenn ich merkte, dass der Moment nah kam, an dem ich seine Hand loslassen musste und um sein Leben bangen musste. Genau wie damals, das erste Mal als ich ihn traf.

Vor der Tür warteten schon die Frauen, verängstigte Mienen auf ihren Gesichtern, die weinenden Kinder tröstend im Arm.

„Folgt mir“, sagte ich mit klarer, lauter Stimme, obwohl die Angst mich fast zerfraß.

Die Frauen schauten auf, skeptisch, kamen mir dann doch hinterher. Ich eilte irgendeinen Weg entlang, irgendeinen, ungewiss wohin er führte. Wohin? Genau das war die Frage die ich mir stellte. Wo sollte ich so viele Menschen verstecken und sie vor Mizukis Vasallen schützen? Ich fühlte mich vom Pech verfolgt, egal wohin ich kam, Mizuki folgte mir wie mein dunkler Schatten.

Auf einmal fand ich mich in dem riesigen Spiegelsaal wieder, vor dem Rätsel, dass mich schon seit einigen Tagen nicht mehr losließ. Was sollte das bloß bedeuten? Es ist nicht alles so, wie es scheint...

Ich blickte mich fragend im Saal um, durchlöcherte mir den Kopf mit so vielen Gedanken, wurde fast verrückt bei all den wirren Fragen. Mein Blick blieb and der leeren Wand gegenüber der reflektierenden Spiegelfläche hängen. Irgendwie fand ich sie genau in diesem Moment eigenartig. Eine Wand, eine simple, leere Wand. Genau in dem Moment in dem mir so viele andere Fragen durch den wirren Verstand jagten, musste ich mich auch noch über eine leere Wand wundern.

Doch als mein Blick dann auf den Spiegel fiel stockte mir der Atem. Mir war vorher nie aufgefallen, dass er nicht genau der Raum spiegelte, in dem ich mich befand, denn genau an der Wand, die mir gerade jetzt so ein Kopfzerbrechen bereitete, konnte ich eine riesige, eisblauglänzende Flügeltür sehen. Sonst sah der Raum hinter dem Spiegel jedoch genau gleich aus.

Es ist nicht alles so, wie es scheint...

Ich trat an den Spiegel, betrachtete genau die Tür. Waren dort nicht anglesische Schriftzeichen? Kurzerhand berührte ich die kalte Oberfläche, schloss die Augen und konzentrierte mich auch die Tür, die ja eigentlich gar nicht da war.

Auf einmal wurde wieder alles schwarz und kalt um mich herum. Ich hatte schon Angst, dass ich für ewig in der dunklen Kälte verschollen gegangen war, bis ich die wärmende Hand von Yori spürte, die mich immer noch festhielt und mir halt gab.

In dieser Situation fand ich die eisige Dunkelheit noch erschreckender als sonst, nahm alles noch extremer wahr und erschrak, als plötzlich die Flammen vor meiner Hand auftauchten. Sie formten sich, bildeten erst unkenntliche Bilder, wurden dann zu unleserlichen Zeichen, bis ich endlich das Anglesische ausmachen konnte. Öffne dich, Tür zum Herzen der eisigen Stadt. Leise flüsterte ich die Worte und zog erschrocken die Hand zurück, als ich panische Schreie hinter mir vernahm. Yori fing mich auf, als ich ohne Halt nach hinten taumelte. Einige Augenaufschläge blieb meine Welt noch schwarz, ich hatte schon Angst für immer blind geworden zu sein, doch dann blitzen mir auf einmal die tiefblau leuchtenden Augen Yoris entgegen, ein besorgter Schimmer auf ihnen liegend.

Ich schüttelte nur kaum merklich den Kopf, um ihm zu sagen, dass nichts war, dass es mir gut ging, auch wenn ich in diesem Augenblick eher damit log. Mir war speiübel vor Angst, besonders bangte mir davor, was passieren könnte, wenn meine Furcht mich wiedereinmal so überrumpelte, dass meine Magie die Überhand gewann.

Die Schreie waren die der Frauen und Kinder. Ich war selbst erstaunt als mein Blick die eisblaue Korallentür streifte, die plötzlich an der gegenüberliegenden Wand des Spiegels war. Genau wie die Zeichen es gesagt hatten, die Tür zum Herzen der eisigen Stadt hatte sich geöffnet.

Wir waren gerettet! Dort waren wir und das gesamte Volk bestimmt sicher!

Die Frauen blickten die Tür immer noch mit verängstigten Augen an, die Kinder hatten die Gesichte abgewandt, an die Schultern ihrer Mütter gelehnt oder sich ihre Tränen am Rock der Mütter trocknend.

Yori distanzierte sich leicht von mir, hielt aber weiterhin meine Hand, auch wenn nur noch sehr zaghaft.

Sein Blick verriet mir was er vorhatte, bedrückt starrte ich auf den Boden, damit er meine Furcht nicht erkenne konnte.

„Du schaffst das hier doch alleine, oder?“

Bang nickte ich, fast schon nicht mehr als Bewegung auszumachen.

„Ich werde mithelfen Synrir zu verteidigen.“

Ich nahm Yoris Worte kaum wahr, ich wusste eh was er sagen würde.

Ich fuhr zusammen als mir die erste Träne die Wange hinunterlief.

Stutzig probierte Yori mir ins Gesicht zu schauen. „Akina, weinst du?“

Mir schauderte. Die Tränen kamen immer rascher.

Yori zog mich mit einem Ruck an seine Schulter und legte seinen Arm um meinen Rücken, während er mit der linken Hand immer noch meine Rechte hielt.

Sanft lehnte ich meine Stirn gegen sein weiches Hemd. Es roch nach Salz, genauso wie das Meer.

„Was hast du denn?“, fragte er sacht, trotzdem hörte man den leicht genervten Unterton heraus. „Es geht um mich, oder?“

Ich nickte wieder kaum merklich.

„Du brauchst dir um mich doch keine Sorgen machen, und Tränen bin ich erst recht nicht wert.“

Ich unterdrückte das Schluchzen und probierte Worte herauszubringen. „Und was ist, wenn dir etwas passiert?“

„Das wird es nicht! Was soll mir schon groß passieren? Heute wird Synrir noch nicht untergehen, du hast doch Arados Gerede über die Weissagungen des Laufes der Zeiten gehört!“

„Das heißt aber nicht, dass du da auch heil wieder rauskommst!“, fuhr ich ihn wütend an. „Ich hab Angst um dich.... Kannst du mich nicht mitnehmen?“

„Wenn ich dich mitnehme an die Front, würde ich die ganze Zeit Angst haben, dass man dich vor mir ermordet! Das ist zu gefährlich! Du bleibst hier und ich hol dich wieder ab! Versprich mir, dass du hier bleibst...“

„Und was ist, wenn...“

„Ein letztes Mal, mir wird nichts passieren!“

„Und was ist, wenn es wieder passiert?“ Ich musste an den Tag im Reich des Granitdrachen denken, wo ich wegen meiner Angst zusammengebrochen war und mit einem Erbeben fast die Höhlen zerstört hatte...

„Wa...?“, fing Yori stammelnd an, bis ihm einfiel, was ich meinte. Er kramte in seiner Hosentasche. „Hier, das schenke ich dir... Einst hat mein Vater es mir gegeben und seitdem trage ich es immer bei mir, aber jetzt will ich, dass du es nimmst... als Versprechen dafür, dass uns beiden nichts passiert und das du hier bleibst! Wenn das ganze hier vorbei ist, Kalderan gerettet ist, dann gib es mir wieder!“

Dann drückte er mir etwas kleines, kaltes in die Hand, drehte sich um, ließ mich schluchzend und wimmernd stehen und verließ rasch den Saal.

Immer noch zweifelnd standen die Frauen vor der Tür, schauten zu mir, wartend auf ein Zeichen, wo es jetzt lang gehen sollte.

Ich öffnete meine Hand und musterte den Talisman, den mir Yori geschenkt hatte. Es war ein kleiner Drache aus Kristall. Drachen standen für Mut und Stärke. Genau so wollte ich jetzt sein. Ich straffte mich für einen kurzen Moment, dann wies ich die Frauen an mir zu folgen, trat durch den schmalen Spalt der Tür und trat in den Tempelsaal, der sich dahinter befand.

Er war nicht besonders groß, ein bisschen kleiner als die Hallen im Reich sonst, trotzdem war er prachtvoller und eindrucksvoller als die übrige Stadt. Die Decke war über zwanzig Meter hoch und wölbte sich in mehreren Bögen, ähnlich wie in einer Kathedrale. Auch hier war die Decke durchsichtig und so sahen wir das Szenario draußen mit an: Die Zulos, Meereswesen, die aussahen wie eine Mischung aus Riesenseepferdchen und Einhorn, kämpften gegen die Missgeburtwesen die Mizuki mit ihrer Schwarzmagie hatte entstehen lassen, unförmige Wesen, die aussahen als würden sie aus Schlamm bestehen, der nur durch die Schwarzmagie bewegende Form annahm. Mir kam ein Schauer über den Rücken, als ich daran dachte, dass die Wesen vielleicht die Seele schwarzer Magier darstellten, die durch Mizukis Zauberei wieder Gestalt angenommen hatten und nun aus einem undefinierbaren toten Etwas entstanden waren.

Die durchsichtige Oberfläche wurde nach unten hin immer milchiger, färbte sich dann über die nächsten zwei Meter immer blauer, bis die gesamte untere Wand aus einem dunklen Blau wie das des Nachthimmels gefärbt war. Der schwache Wasserschimmer brach sich tausendfach an den winzigen Bruchstücken, die die gesamten Eiskorallenwände übersäten wie Sterne das Blau der Nacht. Es waren Kristallsplitter, die im Schein glitzerten und so einen zweiten Nachthimmel unter Wasser zauberten.

Der Raum selbst war eher leer, in der Mitte war eine kleine Empore auf der sich eine Steintafel mit alten Inschriften befand, vermutlich das nächste Rätsel auf Anglesisch.

An den Wänden befanden sich korallene Sitzbänke, so wie Kerzen, die aber nicht brannten.

Neben dem kleinen Altar befanden sich ebenfalls Kerzen, und immer mehr erinnerte mich der Tempel des Eisdrachen an eine Kirche oder Kathedrale, ein Ort an dem man ehrfürchtig um Vergebung bat oder um Schutz für Geliebte, bei wem auch immer.

An der Stirnseite sah man eine antike Malerei: Der Eisdrache! Eisblaue Schuppen, blauer Kamm, so wie die Farbe des Meers und Augen die silberweiß glitzernd wie die Sterne.

Die ängstlichen Mütter hatten sich auf die Bänke gesetzt, wiegten die kleinen Kinder schützend in ihren Armen und die größeren Kinder ließen sie sich ängstlich an die Hüfte klammern. Ehrfürchtig schlossen viele die Augen und falteten die Hände vor der Brust, betend.

Ich fragte mich, ob das wohl wirklich etwas brachte?

Immer noch wuchs dieses unangenehme Gefühl in mir heran. Ich wusste einfach nicht warum, aber mir war einfach nicht wohl bei dem Ganzen.

Ich trat an die Steintafel heran, Anglesisch, eindeutig! Vielleicht konnte mir ja diese Beschäftigung Ablenkung von der Angst geben.

Ich zögerte. Ich hatte nie die Schriftzeichen gerufen, ohne das Yori hinter mir gestanden hatte, auf mich geachtet hatte und mich aufgefangen hatte, wenn ich den Halt verlor. Diesmal kann er nicht da sein, dachte ich, diesmal muss er das tun was sein Herz ihm sagt, sein kleines kaputtes Herz, von Schmerz zerfressen, dass ihn zum Kampfe und irgendwann zur Rache treibt, zur Rache für den Tod seiner Eltern.

Das war mir klar geworden, als er mir den Talisman überreicht hat, es war nicht nur das Versprechen gewesen, dass ihm nichts passiert, insgeheim hatte er sich bestimmt geschworen am Ende unserer Reise endlich seine Rache gefunden zu haben.

Er tat mir Leid für sein kaputtes Leben, doch ich zweifelte, dass irgendwer etwas daran ändern konnte außer er selbst.

Ich überlegte noch kurz, dann legte ich die Hand auf den kalten Stein und las die rote Schrift im Dunkel:

Ein stolzes Reich

Durchschlängelt von Wasser

Grenzen der Trauer

Grenzen der Ungleichheit

Einst getrennt von Hass und Wut

Heut zerstreut durch puren Stolz

Gras wiegt im Wind

Rascheln der Blätter

Das ist das Reich des Flussdrachens

Ein Tempel

Stehend in der Mitte der Einigkeit

Versteckt hinter einer undurchdringbaren Barriere

Die nur durchdrungen werden kann

Mit der vereinten Kraft der Mächte.

Ich zog die Hand zurück. Viel konnte ich mir darunter nicht vorstellen. Ich beschloss das Rätsel aufzuschreiben, damit ich es nicht vergaß.

Immer keimte die Furcht in meinem Herzen. Beten...? Würde das vielleicht helfen? Ich schlenderte zum Altar, beobachtete die ehrfürchtigen Frauen. Keine von ihnen sprach auch nur ein Wort.

Was da oben wohl passierte, fragte ich mich. Wieder wanderte mein Blick nach oben, aber inzwischen war das Wasser dunkel, gefärbt von Blut und den toten Überresten der schwarzmagischen Wesen. Nichts war mehr zu erkennen. Würden wir es merken, wenn die Stadt mit uns untergeht oder wenn der Kampf zuende war? Wäre die Stadt am Ende würden uns sicher bald die Wassermassen erdrücken, schloss ich nachdenklich.

Ich wollte nicht daran denken, dass wir verloren. Ich wollte hoffen, hoffen, dass die Stadt gewann, hoffen, das niemand der Soldaten starb und hoffen das ich Yori den Talisman irgendwann wieder zurückgeben konnte.

Vielleicht war beten doch keine schlechte Idee. Betete man nicht immer, um die Hoffnung und den Glauben an etwas nicht zu verlieren?

Ich hätte nur einen kurzen Handschlenker machen müssen, doch ich fand, dass so der Gedanke verloren ging. Vorsichtig entzündete ich ein Stück Pergament an einer der Spitzen. Ich schloss die Augen und bat darum, dass Yori das heil wieder herauskam. Ich musste die Tränen unterdrücken, wenn ich daran dacht, dass er nicht wiederkam.

Dann hielt ich das Pergament an den Kerzendocht. Hoffentlich konnte das Feuer Yori vor den Dingen beschützen, die im Wasser lauerten.

Gerade blieb mir wohl nichts anderes übrig als zu warten, das hatte ich Yori versprochen...
 

Es dauerte nicht lange, bis die Zulos an manchen Stellen dem Druck nicht stand hielten und die Schattenwesen Mizukis die Eiskoralle dort durchbrachen. Die Soldaten schlossen dann schnell die Türen und strichen eine eigenartige Paste in die Ritzen, einiges Wasser sickerte trotzdem durch.

An der Wölbung auf die Yori und eine Hand voll anderer Soldaten achteten, durchbrachen die Schatten schon nach ein paar Minuten die Koralle. Seitdem kämpfte er an der Seepracht, so nannten die Bewohner Synrirs den Ort, an dem man vom Meer aus in die Stadt gelangte.

Die Schatten probierten auch hier hineinzugelangen. Es waren ekelhafte Biester, die mit gefletschten Zähnen und stechend gelbgrauen Augen auf die Soldaten losgingen. Sobald man einen von ihnen erstochen hatte, verflüssigte das merkwürdige Wesen sich und roch nach Tod und morastigem Schlamm. Der gesamte Boden war schon schlammig schwarz, doch glücklicherweise konnte man immer noch nicht ausmachen, ob die Bestien aus verfaulten Kadaverresten oder doch nur aus Schlamm bestanden, wenn Yori ehrlich war, wollte er es aber auch gar nicht wissen.

Yori hatte Favian, an dessen Seite er jetzt kämpfte, gefragt, wann es Zeit für die Flucht war.

„Wenn die große Kuppel in der Mitte der Stadt gebrochen ist“ hatte er geantwortet, „dann ist die Stadt unwiderruflich verloren.“

Bis jetzt hielt sie stand, aber das lag auch nur daran, das dort die meisten Zulos waren. Es waren schlaue Tiere, aber schwer zu zähmen. Er hatte schon mal von den Biestern gehört. Sie waren groß wie Raubtiere und ernährten sich normalerweise von Fisch und Aas. Keine sehr freundlichen Viecher, dachte er und stieß sein Schwert wiedereinmal durch den Rumpf eines Schattens. Yori hielt den Atem an, um den Gestank nicht einzuatmen, was aber eigentlich sinnlos war, da es sowieso schon überall abartig nach den Bestien stank.

Was lag Mizuki nur daran, das Reich auszulöschen. Wahrscheinlich wollte sie bloß so wenige Feinde wie möglich haben, und eine Stadt unter Wasser war einfach am Einfachsten auszulöschen. Oder steckte etwas anderes dahinter?

Er musste an Akina denken, die im Tempel auf sie wartete. Was war, wenn sie Mizukis wahres Ziel war? Es war schon eigenartig, dass Mizuki immer gerade da auftauchte, wo sie hinreisten. Aber selbst wenn, woher sollte sie wissen wohin ihre Reisen führten?

Wieder trieb er einem der Schatten sein Schwert genau durch den Rumpf, einem anderen schlug er mit der scharfen Seite in die Flanke. Beide zerliefen in eine Pfütze aus schwarzer, übelriechender Brühe.

Wieder hörte man ein Knacksen, eine weitere Kuppel war gebrochen. Nichts neues inzwischen.

Yori hatte bis jetzt erst zwei Männer gesehen, die ernsthafte Verletzungen davongetragen hatten. Sie wurden in den Saal getragen, in dem immer noch der König saß, ein eigenartiger Mann, wie Yori fand. Weise aber eigenartig, und wissen tat er auch nicht alles...

Wieder stiegen einige von den Schatten aus dem inzwischen ebenso schwarzen Wasser. Yori erstach gleich zwei auf einmal und schlug einem anderen den wulstigen Kopf ab, wenn man überhaupt von irgendwelchen Proportionen reden konnte.

Er wunderte sich, wie lange die Stadt diesen Zustand wohl noch aushalten konnte. Ein Wunder, dass sie alle noch nicht von den Wellen erdrückt worden waren!

Langsam beschlich ihn aber das Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis Synrir sterben würde, egal was der alte Mann über das sagte, was ihm der Lauf der Zeiten erzählt hatte.

Yori hatte Favian erklärt, dass sie nur mit der Hilfe von Akina flüchten konnten, falls es zu dem Notfall überhaupt kam. Deswegen hatte man allen Soldaten gesagt, dass sie zum Spiegelsaal kommen sollten, sobald sie das Horn zur Kapitulation hörten.

Wieder erstach Yori einige der widerlichen Wesen.

Er hatte beschlossen sofort hier abzuhauen, sobald er konnte, oder sogar musste. Dann würde er Akina seinen Plan erklären, wie sie alle von hier Flüchten konnten... hoffentlich heil!

Da war es! Ein leises Knarren.

War es so weit?

Sein Schwert schnitt wieder durch einen der weichen Körper.

Und wieder hörte er es, ein Knacksen, so wie das Knacken von Eis, wenn sich langsam ein Riss durch die dicke Schicht frisst.

Zehn der Biester schälten sich wieder aus dem dreckigen Wasser, drei tötete Yori, zwei Favian. Um den Rest kümmerten sich die Soldaten, auch um die Nachkommenden.

Wo es da nicht wieder? Das Ächzen von Glas unter dem Wasserdruck?

Einer der Männer wurde verletzt. Yori sprang zwischen ihn und dem Schatten, der den Verletzten angreifen wollte.

Yori lauschte. Konnte man außer dem Wasserrauschen noch etwas hören?

Eine der Bestien biss mit kräftigen Zähnen in die Klinge und kratzte ihn am rechten Arm. Er schüttelte das Vieh ab und schlug ihm das Schwert genau zwischen die Augen. Unter höllischem Geschrei zerfloss es mit einem blubbernden Geräusch. Die Wunde brannte, vielleicht waren die Schatten giftig?

Dann hörte Yori es laut und deutlich: Das Horn! Die Kuppel würde bald brechen!

Yori hastete los, wehrte noch mal einen der Schatten ab und rannte dann genauso wie die anderen Männer in Richtung Spiegelsaal davon.

Er war der erste der die eisblaue Tür erreichte und in den Tempelsaal trat. Die Blicke der Frauen wanderten allesamt in seine Richtung, dann warf sich ihm etwas schweres um den Hals. Es war Akina. Mit leucht feuchten Augen lächelte sie den Schwarzhaarigen an. „Dir ist nichts passiert“, lachte sie glücklich, dann sah sie die Wunde an seinem Arm.

„Halb so schlimm“, winkte er ab und drückte sie sanft von sich weg, als die anderen Soldaten kamen. „Wir müssen hier weg, die große Kuppel wird bald brechen!“

„Die große Kuppel?“, verwirrt hob sie ihre Augenbraue.

„Wenn sie bricht, versinkt Synrir unwiderruflich, also müssen wir hier raus!“

„Und die Leute?“, fragte die Blonde irritiert.

„Die kommen mit!“

„Wie willst du das den anstellen?“ Skepsis verlieh Akinas Stimme einen sarkastischen Unterton.

„Das habe ich mir so vorgestellt“ sagte Yori nur geheimnisvoll und erläuterte Akina seinen Plan.

„Klingt einleuchtend, hoffe das klappt auch...“

Yoris Blick fiel auf die Steintafel. „Hast du...?“

Akina nickte nur und setzte sich auf dem Boden nieder. „Wann kommt denn der Rest?“

„Wenn Favian kommt, müssten mit ihm die übrigen kommen.“

Einen kurzen Moment später traten die Letzten ein. Akina sah sich um. „Wo ist Arados?“

Favian trat zu ihnen. „Nun ja... es ist so... der König hat beschlossen zu bleiben...“

Die Hüterin sprang auf und wollte aus dem Raum rennen, doch genau in dem Moment ertönte ein Ohrenbetäubendes Klirren. Unwillkürlich stoppte die Blonde und drückte sich mit einem lauten Schreckensschrei die Hände auf die Ohren. Die Kuppel war gebrochen...

Yori war hinter Akina her gerannt, wollte sie am Arm zurückziehen, doch widerstrebend probierte sie immer wieder sich von ihm loszureißen.

„Ich muss Arados retten! Er wird hier unten sterben!“

„Er wollte bleiben Akina!“

„Woher willst du das wissen?“ Sie war den Tränen nah. „Wir können ihn doch nicht einfach im Stich lassen!“

„Er wollte es so, er meinte er gehört nicht in unsere Welt.“

„Woher...?“

„Favian.“

„Aber warum“, schluchzte sie.

„Sein Herz ist mit dieser Welt verbunden, sein Leben hier verwurzelt. Und wenn Synrir stirbt, will er mit ihr untergehen.“

„Ja... das klingt nach ihm...“, gab Akina traurig zu, eine einzelne Träne verfing sich in ihren Wimpern. Ihr Körper erschlaffte leicht.

„Komm jetzt... sonst ist es für uns bald auch zu spät...“

„Aber ich kann doch nicht... es geht doch nicht...“ Tränen tropften vor Akina auf den Boden.

„Bitte, wenn wir jetzt nicht flüchten sind wir alle verloren!“

Kraftlos setzte sich Akina wieder auf den Boden, schloss diesmal jedoch die Augen und schien sich voll und ganz zu konzentrieren.

Die Soldaten hingegen schossen mit brennenden Pfeilen auf die Kuppel. Die Flammen zeigten ihre Wirkung: Die ersten Löcher brannten sich in die Decke, das Feuer wurde jedoch durch die ersten Wasserfontänen wieder gelöscht. Mehr Feuerpfeile wurden geschossen, bis auch hier die Kuppel mit einem lauten Klirren barst und Fluten auf die Menschen niederprasselten...



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Kommentare zu dieser Fanfic (26)
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Von:  Azurblau
2008-09-02T09:08:31+00:00 02.09.2008 11:08
So, nun endlich fertig^^ ein richtiges ende ist das zwar nicht aber du hast ja jetzt ne "neue Version" ...

Ich liebe dieses FF, was dir alles für Sachen einfallen, ein Schloss aus Korallen unterm Meer und drüber noch ne Eisdecke ... O.o´*also echt, Respekt!!!* die Viecher kommen mir schon nen bisschen wie die gruseligen Biester aus Herr der Ringe vor *Gänsehautkrieg* ... Auch wie du die Räumlichkeiten und Menschen beschreibst ... , man kann sich total hineinverstetzen! ^^´
und als Yori Akina dann seine Kette gegeben hatte ... das war ja total süß!
das einzigste was ich mir wünschen würde ... wäre vllt. dass Akina ihre Kräfte öfter einsetz ... muss aber net sein O.<
Von:  Azurblau
2008-02-03T13:24:56+00:00 03.02.2008 14:24
awww...ich find das Kapitel auch total super!!!! Des war echt super spannend, zuerst das mit der schrift im Tempel und dann der Schlangenbiss...*ich bin so beeindruckt* ich freu mich schon aufs nächste.... 8)

Von: abgemeldet
2008-01-29T19:11:20+00:00 29.01.2008 20:11
Wuuuuuuuuuuuuuusch
erstöööööö xD
Dein Betaleserchen (Ich! *STOOOOOLZ*) schreibt dir jetzt einen Kommi :)
Ich mag das Kappi ^^ Ich lieb ja Schlangen, weißt du ^^ Und dein Charas sollten ja leiiiiiiden! Muihihihihihiiiii
Na ja, auf jeden Fall find ich das Kappi toll, ich mag auch ne tolle ausgedachte Sprache können x3
Na jaaaa, ich freu mich auf jeden Fall schon aufs nächste Kappiiii, will nämlich wissen, wies weitergeht! Ich mag ja Mina, i-wie, fand ich toll, dass die auch ma wieder vorgekommen is. Weißt du, was ich mir (wie imma eigentlich... find das eben toll :P) wünsche? Eifersucht ^^ Das find ich imma so süüüüüüüß, wenn die Charas so fürchterlich eifersüchtiig sind =) Ich hab zwar keine Ahnung, wo man das einbauen kann, aber wünschen kann ich mir ja alles!
Ich kann mir auch wünschen, dass du ein rosarot gestreiftes Waschlappentier einbaust, mit grünen Karos auf dem Rücken xD
Wie gesagt, wünschen kann ich mir viel ^^
Und weilich jetzt schon wieder Unsinn schreibe, beende ich meinen Kommi ^^
Von:  Azurblau
2007-08-30T09:56:54+00:00 30.08.2007 11:56
Ich mag das Kapitel auch sehr!!! ^.^
Besonders der Schluss mit dem Tunnel und dem Pfeil aus brennenden Häusern finde ich sehr spannend!!! (und einfallsreich)
Aber mich würde auch gern interessieren warum Mizuki ihnen helfen sollte?! *herumrätsel*
Ich finde die Geschichte von Mina sehr traurig! -.- Aber ich glaube sie kommt nochmal in der Geschichte vor, oder?
Also, mir gefällt das Kapitel, wie auch alle anderen, SUPER gut! *.*
Ach ja, es macht auch immer sehr viel Spaß deine Texte zu lesen, denn du beschreibst alles so Detailreich. *find das total klasse*
WEITER SO!!!
Von: abgemeldet
2007-08-07T12:18:26+00:00 07.08.2007 14:18
Uiiii, ersteeeeee ^^ Bin das erste mal erste, oder? uuuuhhh, zu viele "erste" im Satz >.< Nja, zum von mir Betagelesenen Kappi (Beschwerden über Rechtschreibfheler daher an mich u.u). Ich mag das Kappi ^^ Kommt Mina nochmal vor? Hast mir ja schon was über die erzählt und so :P Musst die noch öfter einbauen, ja? Ich mag die! Hier richts verbrannt... Scheiße, hab den Herd angelassen, mom...
...
Sooo, weiter im Text ^^ Ich mag das Kappi! Du schreibst imma so schön lange Kappis, dass krieg ich nie hin xD Nja, auf jeden Fall gefällts mir. Ich mag die Idee mit dem Feuerpfeil =) Ich steh auf Feuer! (wie man unschwer an dem brennenden Spiegelei in der Pfanne auf dem Herd sehen konnte >.<) Na ja, tolle Kap, weiter so!
Jetzt starte ich einen zweiten Versuch des Essenmachens -.-
hdshmdl
Mi
Von:  Azurblau
2007-06-06T09:57:50+00:00 06.06.2007 11:57
wow!!! kann den anderen nur zustimmen, wie immer einsame spitzte.
Du bist ein richtiges Talent!!!
Die vielen kleinen Details und wie du die Gegend beschreibst, man kann sich das richtig Bildlich vorstellen.
Natürlich bin ich wieder gespannt wie es weitergeht. Jetzt fängt ja dann Akinas Reise an, oder?
Also, ich kann mich nur wiederholen, SUPER!!!
*du sagst mir dann wieder bescheid, wenn du wieder ein neues Kapitel fertig hast*
bai...
Von: abgemeldet
2007-05-31T11:26:51+00:00 31.05.2007 13:26
ich find ganz gut und freue mich auf die fortsetzung
Von:  Caellon
2007-05-30T14:38:57+00:00 30.05.2007 16:38
Wow, dieses Kapitel war, gelinde ausgedrückt, verflucht lang und mindestens ebenso gut, wie ich finde. Aber das mit dem Klippenspringen... ich für meinen Teil hätte Yori den Hals umgedreht... mehrfach...
Von: abgemeldet
2007-05-14T18:32:54+00:00 14.05.2007 20:32
MUAHAHAHAAAA, mein mexx funktioniert endlich wiedaaaa ^^ Nja, ich kenn das Kappi ja ^^ Hab ja brav betagelesen *froi* Musst gaaaaanz schnell weiterschreiben, damit ich wieder Arbeit hab ^^ Also ich find das Kapitel toll, aber ich wünsche mir noch gaaaaaaanz viel Eifersucht ^^ Ich find das extrem lustig ^^ Naja, ich find jedenfalls dasdu tolls chreiben kannst, und: Daumen hoch und weiter so!
Von: abgemeldet
2007-05-12T15:56:15+00:00 12.05.2007 17:56
hört sich gut an
mal gespannt, wie's weitergeht


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