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Watership Down

Schattengesicht
von

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Prolog

Der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Frith lag ruhig im rötlichen Abendhimmel und die ganze Umgebung schien von ihm mit einem rotfarbenen Pinsel bemalt worden zu sein. Die Gräser wogen im sanften, warmen Wind auf und ab, rieben leicht aneinander und sangen ihr ganz eigenes, kleines Liedchen. Die Vögel wurden langsam ruhiger und stimmten zu ihren letzten Gesängen für diesen Tag an. Alles sah so unwirklich aus aber gleichzeitig auch wunderschön wie in einem Traum. Man hätte meinen können, dass es kein Wesen auf dieser Welt gäbe, das diesen Sonnenuntergang, jetzt in diesem Moment, nicht genießen würde. Aber dem war nicht so.
 

„BLACK!!!“ hallte es laut durch die zahllosen Läufe des Efrafageheges. Kurz darauf eilte ein Kaninchen hektisch durch diese hindurch und stieß die anderen, im Weg stehenden Kaninchen rücksichtslos zur Seite.
 

So schnell es seine Beine erlaubten, lief es Richtung „Ratshalle“. So wurde der Bau genannt, in dem der Rat, eine vom General persönlich erstellte Gruppe Kaninchen, zu finden war. Sie trafen alle wichtigen Entscheidungen in Efrafa, entschieden auch über das Schicksal einzelner Kaninchen. Nicht nur des eigenen Geheges.

Die Ratshalle war ein sehr großer Raum und viele Kaninchen hätten in ihm Platz finden können. Die Erde unter den Pfoten war zwar extrem trocken und sandig aber die Wände waren steinhart und hielten einiges aus. Neben dem Geruch von Erde lag auch oft noch ein Anderer, Schwererer in der Luft. Hier wurden auch die Hinrichtungen vollzogen und so war es kein Wunder, dass es hier nicht selten penetrant nach Blut roch.
 

Das Kaninchen hatte schnell seinen Weg zum Rat gefunden und nahm direkt vor der Empore Platz, welche am anderen Ende der Halle lag. Links und rechts auf dieser, waren die einzelnen Ratsmitglieder verteilt und mittig von ihnen zeichnete sich noch eine zusätzliche Erhebung ab, auf der stets der General selbst seinen Platz hatte.
 

Der Ankömmling war ein junges, schlankes Weibchen mit nachtschwarzem Fell. Nur eine weiße Blässe zeichnete sich von der Nasenspitze bis zur Stirn ab und eine gräulich-weiße Blume schien förmlich aus der Dunkelheit des Fells hervor zu stechen.
 

Das Weibchen blickte mit aufmerksam aufgestellten Ohren zu dem General hinauf und fragte monoton: „Sie haben nach mir gerufen, Sir?“ „Allerdings!“ begann der Gefragte „Mir ist zu Ohren gekommen, dass du dich als Posten beim Kennzeichen gut gemacht hast. Das freut mich.“ Er pausierte kurz ehe er weitersprach „Du bist noch nicht lange hier darum frage ich, warst du bisher jemals bei einer weiten Patrouille dabei?“ „Nein, Sir“ antwortete sie knapp. „Dann wirst du morgen an deiner ersten teilhaben. Hier kannst du dich beweisen. Die morgige weite Patrouille steht unter dem Kommando von Hauptmann Campion. Du kannst von ihm die Einzelheiten erfahren. Ich würde dir empfehlen morgen früh aufzustehen, Black! Und nun, weg getreten!“ Die schwarze Häsin nickte leicht und erwiderte: „Jawohl, Sir! Danke, Sir.“

Mit diesen Worten verließ die junge Marli die Ratshalle.

Die weite Patrouille

Am nächsten Morgen hatte es kaum zu dämmern angefangen, als das schwarze Kaninchen vom Vorabend auch schon aus einem der Löcher kam. Es streckte sich einmal ausgiebig und setzte sich aufrecht hin. Es begann sich zu putzen und bemerkte nicht, dass gleich schon die nächsten Kaninchen den Lauf hinaufkamen.
 

Das erste Kaninchen, ein hellgrauer Rammler mit weißer Blässe auf Nasenrücken und um die Augen, stieß die schwarze Häsin unsanft zur Seite. „Versperre den Lauf gefälligst nicht! ... Huh!“ jetzt erst bemerkte der Graue wen (oder besser was) er da grade zur Seite gestoßen hatte.

„Kann ich denn ahnen, dass sofort schon die Nächsten raufrennen?!“[1] antwortete die am Boden Liegende verärgert und stand auf.

Der graue Rammler lächelte leicht „Wer bist du eigentlich und was suchst du hier?“ er pausierte kurz und suchte nach dem Kennzeichen des Weibchens welches er schließlich am linken Hinterlauf fand „Dein Kennzeichen ist um diese Tageszeit unter der Erde. Ihr seid erst Ni-Frith an der Reihe!“

„Ich weiß wann die Kennzeichen wo sein müssen! Mein Name ist Black und du?“ wobei sie das ‚du’ eher abwertend betonte „Bist du vielleicht sogar Hauptmann Campion? Den suche ich nämlich.“

„Ich heiße Moss“ antwortete er ihr und schien ihr die abwertende Betonung von vorhin nicht übel zu nehmen „Ich bin leider nicht Campion. Was willst du denn von ihm? Geh wieder zu deinem Zeichen zurück, junge Marli. Du hast hier nichts verloren!“ endete er und wollte grade, ohne sie weiter zu beachten, an der Schwarzen vorbei ziehen.
 

Black hopste auf Moss zu, kam ihm gegenüber zum Stehen und hinderte ihn so daran seinen Weg fortzusetzen. Sie kam ihm mit ihrem Gesicht so nahe, dass sich deren Nasenspitzen beinahe berührten. Trotzig sah sie ihm in die Augen und entgegnete: „Ich laufe heute bei der weiten Patrouille mit-“ Sie konnte ihren Satz nicht einmal beenden als sie von lautem Gelächter seitens der drei Kaninchen, die noch immer hinter Moss standen und ebenfalls rauswollten, unterbrochen wurde.
 

Black legte beleidigt die Ohren an und wandte sich wortlos von ihnen ab. Sie setzte sich ziellos in Bewegung und blickte stets auf den Boden, während das laute Gelächter hinter ihr einfach nicht enden wollte. „Was denken die sich eigentlich?!“ murmelte sie in sich hinein „Die werden sich schon noch wundern! Irgendwann werde ich sie vierteilen und-“
 

Wieder wurde sie unterbrochen. Diesmal jedoch nicht von Gelächter. Sie war geradewegs gegen einen pelzigen Widerstand gelaufen, welcher daraufhin das Gleichgewicht verlor und einen etwa 60 cm tiefen, fast senkrecht nach unten verlaufendem Hang hinunter gerollt war.

Black fiel aus allen Wolken. Sie hopste noch ein Stückchen bis zur Kante des Hanges vor und sah hinunter. Das Kaninchen, welches sie grade hinuntergestoßen hatte, stand schon wieder auf den Beinen und schüttelte sich den Staub aus dem Fell.

„Ist dir was passiert?“ fragte sie laut und schlitterte den Abhang hinunter. Sie kam grade noch ein paar Zentimeterchen vor dem anderen Kaninchen zum stehen

„Es tut mir wirklich sehr Leid. Ich habe nicht auf den Weg geachtet.“
 

Ihr gegenüber hockte ein kastanienbrauner Rammler, der verwundert zu ihr aufsah und sich nun aufrecht hinsetzte. Black staunte über seine imposante Größe.

„Ist schon gut“ antwortete der Gefragte monoton „Mir ist nichts passiert.“

Black seufzte einmal erleichtert aus und wagte einen kurzen Blick an dem Rammler vor ihr vorbei. Hinter ihm erkannte sie den Grauen von vorhin wieder, Moss, der ebenso verwundert dreinblickte wie der Braune vor ihr.
 

„Ich suche Hauptmann Campion“ begann sie erneut, diesmal jedoch mit ernsterer Stimme „ich suche schon einige Zeit nach ihm aber dieser blöde Typ lässt sich einfach nicht finden... weder unter der Erde noch hier...“ Auf diese Worte kicherte Moss kaum hörbar in sich hinein und auf den Lippen des Braunen deutete sich ebenfalls ein leichtes Lächeln an.

„Nun“ begann er „Ich bin Hauptmann Campion.“
 

Blacks Herz machte einen Aussetzer.

Das war Hauptmann Campion? Das Kaninchen, welches sie grade angerempelt und den Hang hinuntergestoßen hatte? Welches sie dazu auch noch beleidigt hatte und das in seinem Beisein? DAS war Hauptmann Campion?? Black hätte viel drum gegeben jetzt einfach nur im Erdboden zu versinken. Einfach zu verschwinden. Aber nichts geschah.

So setzte sie sich aufrecht hin, hielt die Ohren jedoch immer noch unsicher angelegt. Sie räusperte sich und sprach: „Black meldet sich zur weiten Patrouille!“[2]

Campion nickte ihr zu, hopste an ihr vorbei und übersprang die Steile des Hanges mit einem einzigen, gewaltigen Satz. Von dort oben blickte er hinab zu den Kaninchen, welche sich dort unten nun vollständig versammelt hatten und aufmerksam zu ihm aufsahen.

„Marsch!“ rief er ihnen zu und setzte sich in Bewegung Richtung Wald. Die Kaninchen folgten.
 

Ihr Weg führte sie in ein nahegelegenes, kleines Wäldchen.

Die Patrouille bestand aus etwa zehn Kaninchen, sie war an diesem Morgen recht groß. Die Kaninchen trennten sich und sicherten jeweils einzeln oder in Zweiergruppen das Gelände ab, bewegten sich jedoch immer noch in die vorgegebene Richtung fort. Die Nasen stets am Boden, die Ohren aufmerksam aufgestellt die Umgebung im Blick behaltend, hopsten Black und Moss durch ein dichtes Farnmeer. Die schwarze Marli hatte sich dem Grauen angeschlossen um sich etwas an ihm orientieren zu können. Immerhin war das ihre erste Patrouille in Efrafa und Moss schien ihre Begleitung auch gleichgültig zu sein.
 

Plötzlich hörten sie ein kurzes Trommeln und ein Rammler rief: „Fremder am Fluss!“

Der junge Rammler, welcher noch ahnungslos am Fluss unten saß, konnte es so schnell gar nicht registrieren als er auch schon von den Efrafas umzingelt worden war. Ängstlich drückte sich der kleine fuchsbraune Bock flach auf den Boden, legte die Ohren an und schaute unsicher in die Runde. Campion trat aus der Owslareihe hervor und schritt auf den Kleinen zu. Wortlos betrachtete er den „Gefangenen“ und befahl: „Nehmt ihn fest und bringt ihn nach Efrafa!“

Und schon standen zwei riesige Owsla links und rechts neben dem Kleinen. Einer der beiden hob ihn am Nackenfell auf die Beine, der andere stieß ihn kräftig von hinten an und animierte ihn somit sich in Bewegung zu setzen. Die Wucht dieser Geste hätte den fuchsbraunen Rammler beinahe wieder von den Pfoten gehauen.

So wurde er mehr nach Efrafa geschubst und gestoßen, als dass er eine wirkliche Chance bekam selbstständig zu hoppeln.
 

Black beobachtete das Geschehen aus einiger Entfernung.

//Kenne ich den Kleinen nicht irgendwoher?//

Sie verengte die Augen etwas um besser sehen zu können.

„Ist das nicht der kleine Fiver?“ flüsterte sie leise zu sich selbst.

„Hast du was gesagt?“ fragte Moss nach, welcher die ganze Zeit neben ihr saß, und legte den Kopf schief. Black zuckte erschrocken zusammen.

„Ehm... I- ich?“ begann sie erschrocken stotternd „Öh... Nein.. Ich meinte nur dass Campion etwas heiser klingt..“

„Ach so?“ harkte Moss noch einmal nach. Die Angesprochene nickte heftig und sprang an Moss vorbei.

„Lass uns zurück nach Efrafa gehen. Ich bin neugierig wer das ist.“

Moss stimmte nickend zu und sie liefen zurück nach Efrafa.
 

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[1] Zickäh >_o“

[2] Anfang dieses Septembers hab ich meine Begleithundeprüfung gemacht und musste da auch so ein bescheuertes Sätzchen aufsagen °_° „Hundeführerin Insa- Marie Nowack meldet sich mit Hund Lando zur Begleithundeprüfung Teil 1!“ |D Da fällt mir grade ein... ich hab vergessen mich ab zu melden °x°“

Kurai

Moss und Black kehrten nach Efrafa zurück und sahen grade noch das Hinterteil des letzten Owslas in der Dunkelheit des Loches verschwinden. Black hopste einige Schritte vor und lauschte.
 

„Vorwärts, du halbe Portion!“ erklang eine raue Stimme den Lauf hinauf.

Ein kurzer Aufschrei und ein leises, darauffolgendes Poltern ließen vermuten, dass einer der Owslas den kleinen Gefangenen gewaltsam hinuntergestoßen hatte. Leises Wimmern drang an das Ohr der schwarzen Marli.

Das dumpfe Geräusch eines Trittes, ein kurz darauffolgendes, zittriges Stöhnen und einige Momente lang Stille.
 

„Setz dich endlich in Bewegung oder du wirst den Tag bitter bereuen, an dem du geboren wurdest!“

Den Lauten zu urteilen, setzten die drei ihren Weg fort..

Moss sah verwundert zu Black, deren Gesichtsausdruck schwer definierbar war. Hatte sie Mitleid mit einem Feind?! Der Graue konnte es sich gar nicht so recht vorstellen aber sie hatte sich vorhin im Wald ja schon recht seltsam benommen. Er machte sich aber keine weiteren, großartigen Gedanken darüber und hopste wortlos an ihr vorbei, den Lauf hinab. Der Windzug des grauen, vorbeiziehenden Rammlers hatte Black aus den Gedanken gerissen. Einen Augenblick stand sie noch wie angewurzelt da und schaute ihm nach. Dann folgte sie ihm.
 

Ihr Weg führte sie direkt zur Ratshalle.

Sie zögerte nicht einzutreten und schaute sich einmal um. Auf der Empore war der gesamte Rat versammelt, aber vom General war weit und breit noch nichts zu sehen.

In der Mitte des Riesenbaus hockte der kleine Gefangene ängstlich zusammengekauert auf dem Boden, links und rechts saßen die beiden Owsla.

Und jetzt erkannte sie ganz eindeutig: Es war Fiver. Es war tatsächlich Fiver! Sie erinnerte sich an die Zeit im alten Sandleford-Gehege. Sie hatte nie wirklich Notiz von dem kleinen Bock genommen aber sie erinnerte sich klar daran, dass er den grausamen Untergang des Geheges vorhergesehen hatte und grade noch rechtzeitig mit einigen anderen Kaninchen geflohen war. Sie hätte nie gedacht, ihn je wiederzusehen. Erst recht nicht hier in Efrafa.
 

Auch Hauptmann Campion saß unmittelbar neben den dreien und schaute aufmerksam, den General erwartend, zur Empore hinauf.

Black zuckte mit den Ohren, schlich gar lautlos an der Wand entlang und setzte sich nahe des Schattens einer dunklen Ecke nieder.
 

Kurz darauf erschien der General tatsächlich auf der kleinen Erhebung der Empore.

Der riesige Rammler setzte sich auf seinen Platz und schaute grimmig knurrend zu dem Gefangenen hinab.

„Ich höre!“ erklang seine tiefe Stimme.

„Sir!“ begann Campion „Den Kleinen hier haben wir am Fluss aufgesammelt. Weit und breit war keine Spur von anderen Kaninchen.“

„Er war also allein?“ Woundwort senkte den Kopf „Bist du dir auch sicher?!“

„Völlig sicher, Sir!“ erwiderte der Hauptmann überzeugt.

„Wo genau habt ihr ihn gefunden?“ fragte der General noch einmal nach.

„Nördlich der Steinbrücke, Sir!“ kam als Antwort „Hinter dem großen Farngewächs um genau zu sein.“
 

Während Campion vom General noch ein bisschen ausgefragt wurde, folgte Black aufmerksam lauschend dem Gespräch.

Mit einem Mal machte sich ein mulmiges Gefühl in ihr breit und sie spürte ganz deutlich, dass sich irgendetwas oder irgendjemand unmittelbar hinter ihr befand. Nun drang ein Geräusch an ihre Ohren. Langsame, leise Schritte, über den trockenen Boden in ihre Richtung. Doch aus einem ihr unerfindlichen Grund, wagte sie es nicht, sich umzudrehen und nachzusehen, was das war.

Sie spürte etwas im Nacken. Regelmäßiger, heißer Atem hielt ihr Nackenfell in Bewegung. Ihr wurde heiß und kalt. Die Schnauze ihres Hintermanns berührte das lange Fell der schwarzen Marli knapp und sie fühlte förmlich, wie sich ein fieses Grinsen auf den Lippen des Unbekannten breit machte, während er ihren Geruch aufnahm.

Ein leises, rauchiges Lachen drang an ihr Ohr. Sie riss die Augen auf und versuchte aus den Augenwinkeln zu erkennen, wer hinter ihr stand. Die Hitze stieg ihr in den Kopf und sie spürte das Pochen ihres Herzschlags deutlich in den Ohren. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso sie sich plötzlich so fürchtete und sich nicht traute, sich umzuschauen.

Black spürte den fremden Atem in ihrem Nacken nun nicht mehr. Stattdessen konnte sie die hellbraune Schnauze des Anderen aus den Augenwinkeln erkennen. Langsam kam sie ihrer Wange immer näher. Black legte die Ohren an und schloss die Augen.
 

„KURAI!“ hallte es laut durch die Halle.

Mit einem einzigen, riesigen Satz sprang ein Kaninchen hinter Black hervor und landete in der Mitte der Ratshalle, direkt vor dem Gefangenen.

Es war ein großer, muskulöser Rammler. Kopf, Hals und Pfoten waren hellbraun. Brust, Bauch und Blume waren cremefarben, während der Rest seines Fells pechschwarz war. Ein wirklich ungewöhnlich gezeichnetes Kaninchen.
 

Kurai saß schnurgerade da und blickte mit aufgestellten Ohren zum General hinauf.

„Sir?!“ sprach er mit sicherer, dunkler Stimme.

„Du hast unseren >Gast< sicher schon bemerkt, nicht wahr?“ begann Woundwort mit einem gemeinen Grinsen auf den Lippen „Ich möchte, dass du dich ein bisschen mit ihm beschäftigst.“

Kurai grinste finster und bleckte dabei die scharfen, perlweißen Zähne.

„Es wird mir ein Vergnügen sein, Sir..“ begann er und wandte sich zu Fiver um, welcher sich hinter ihm nicht ein Millimeterchen von der Stelle gerührt hatte, seit er in die Ratshalle geschliffen wurde „Ich bin mir sicher, dass der kleine Fuchs eine Menge, höchst interessante Dinge weiß, die er mir mit Freuden mitteilen wird.. He he.“

Die blutrot leuchtenden Augen Kurais funkelten Fiver entgegen und fixierten ihn auf eine furchteinflößende Art.
 

Fiver wäre das Herz beinahe stehen geblieben, als ihn Kurais Blick traf. Sein Körper bebte noch heftiger als ohnehin schon. Er wünschte sich nichts sehnlicher als wieder zu Hause zu sein. Er wollte überall sein. Es wäre ihm egal gewesen wo. Nur nicht hier. Nicht hier in Efrafa! Und erst recht nicht bei diesem Kurai.
 

„Gut!“ sagte der General und hob amüsiert den Kopf „Also mach dich an die Arbeit!“

Kurai schaute noch mal grinsend zu Black in der Ecke zurück, die immer noch wie zu Eis erstarrt an ein und dem selben Fleck verharrte. Erschrocken zuckte sie zusammen als sie den finsteren Blick des Rammlers bemerkte. Allein schon vom puren Blick eingeschüchtert schaute sie zu Seite und legte die Ohren an. Nun wandte sich Kurai wieder zu Fiver um.

„Beweg dich gefälligst, du dreckige Made!“ fuhr er ihn giftig zischend an.

Der kleine Gefangene zuckte zusammen und presste seinen Körper nur noch fester an den Boden. Kurai verdrehte die Augen, packte Fiver unsanft im Nackenfell und schleuderte ihn in Richtung eines Laufeingangs fort. Der Fuchsbraune knallte mit dem Rücken gegen eine Felswand und landete schmerzhaft auf dem Boden. Grinsend kam Kurai auf den Kleinen zu. Fiver riss die Augen vor Furcht auf, sammelte seine Kräfte und stemmte sich hoch. Auch wenn seine Läufe zitterten und drohten nachzugeben, er wollte unter keinen Umständen noch einmal fliegen. Er traute sich weder Kurai den Rücken zu zukehren, noch ihm ihn die Augen zu schauen. Mit jedem Schritt, den der Owslafa auf Fiver zukam, hopste dieser zwei Schrittchen rückwärts nach hinten.

Darüber sichtlich amüsiert kicherte Kurai einmal kurz auf. Nun machte er einen kleinen Satz nach vorn. Vor Schreck stolperte der kleine Bock rückwärts und verlor das Gleichgewicht. Schreiend purzelte er einen tiefen Gang hinab und landete in einem Bau, der von der Größe her etwa ¼ der Ratshalle ausmachte.

Kurai folgte.
 

Fivers Laute waren auch noch deutlich in der Halle zu vernehmen.

Campion hatte das alles mitangesehen und die Zähne die Zeit über so heftig zusammengebissen, dass er seinen Unterkiefer vor Taubheit kaum noch spürte. Er hasste diese Methode Informationen aus Kaninchen heraus zu bekommen. Nur leider machte der General von dieser sehr häufig Gebrauch. Genauso wie er dabei häufig von Kurai Gebrauch machte. Campion hatte in seiner gesamten Lebenslaufbahn noch nie ein Kaninchen angetroffen, das so dermaßen Gefühlskalt und skrupellos war. Er hatte noch nie erlebt, dass ein nettes Wort über die Lippen dieses Rammlers gekommen wäre oder sich ein aufrichtiges Lächeln auf ihnen abgezeichnet hätte. Nichts. Immer nur dieses ständige Grinsen.

In der Tat: Er konnte Kurai wirklich nicht sonderlich ausstehen.

Allein schon die Art, wie er mit anderen Kaninchen umsprang widerte ihn an.

Nur leider konnte auch er als Hauptmann nichts dagegen unternehmen, was der General anordnete.
 

Doch er fasste sich ein Herz und fragte: „Sir. Meinen Sie wirklich, dass es in diesem Falle der richtige Weg ist? Der junge Rammler kam mir schon verängstigt genug vor..“

Das dunkle Grummeln des Generals ertönte im Raum.

„Ich halte diese Methode für effektiv“ antwortete Woundwort „Oder ist dies etwa nicht zu bestätigen, Campion?“

„Gewiss, Sir“ entgegnete der Braune „Aber ich glaube, es wäre zumindest in diesem Fall besser, einen anderen Weg zu gehen.“

„Und ich glaube, dass es bei mir liegen sollte, zu entscheiden was der richtige Weg ist“ sprach der General „Aber falls du irgendeinen Vorschlag haben solltest, der vielleicht sogar mehr Erfolg verspricht, dann immer raus damit.“

Woundwort lehnte sich zurück und schaute gelassen zu Campion hinab.

Der Hauptmann überlegte kurz.

„Nun, Sir..“ er stand auf und nickte dem General „Ich werde sehen, was sich machen lässt.“

Mit diesen Worten verließ er die Ratshalle.
 

Währenddessen hockte Fiver ängstlich zusammengekauert in der Mitte des anderen Baus.

Es roch seltsam. Eine Mischung aus dem süßlichen Geruch modrigen Holzes und Blut lag in der Luft. Das behagte dem kleinen Rammler ganz und gar nicht. Hektisch schaute er sich um. Es war ein finsterer Bau, die Wände waren vollkommen zerkratzt und hier und da steckte noch eine Kralle zwischen Stein und Erde. Er schluckte schwer.
 

„Gefällt es dir hier?“ erklang die kalte Stimme Kurais und Fiver zuckte heftig zusammen. Unfähig zu antworten starrte ihn der Fuchsbraune einfach nur mit weit aufgerissenen Augen an.

„Schade...“ Kurai zuckte die Achseln und legte das für ihn typische Grinsen auf „Mir schon! Es ist quasi mein zweites Heim. He he. “

Kurai hopste langsam um Fiver herum und machte ihn dadurch nur noch nervöser als er ohnehin schon war. Er musterte den Kleineren von oben bis unten.

„Das hier ist die >Gloomy Hole<“ begann er und blickte sich um „Kannst du dir in etwa vorstellen, was hier getan wird, kleiner Fuchs?“

Ganz langsam, kaum merklich, nickte Fiver und legte die Ohren an. Nun kam Kurai direkt auf den Kleinen zu und drängte ihn rückwärts an die Wand.
 

Als dieser die kalte Wand im Rücken spürte, machte sich glatt noch mehr Panik in ihm breit, obwohl er den Anschlag des Pegels eigentlich schon längst erreicht hatte. Kurai näherte sich Fiver trotz Wand immer mehr und kam ihm mit dem Gesicht so nahe, dass sich deren Nasenspitzen beinahe berührten.

„Also? Wärst du so freundlich mir zu sagen, was ich wissen will? Ich denke zu kennst die Fragen...“ sprach der Rammler mit rauchig finsterer Stimme.

Fiver wollte grade den Kopf schütteln als Kurai seine Pfoten plötzlich links und rechts neben seinem Kopf gegen die Wand wuchten ließ. Dies tat er so hart, dass sich einige Bröckchen aus der harten Wand und Decke lösten und auf den Boden hinabrieselten. Der kleine Bock sank eingeschüchtert ein Stückchen tiefer.

„..Alles andere wäre nämlich äußerst ungesund für dich!“ ergänzte sich Kurai noch und fragte nun „Woher kommst du?“
 

Fivers Lippen bewegten sich und formten, was er sagen wollte aber kein Wort drang aus ihnen hervor.

„Also gut“ sagte Kurai finster grinsend. Keine Antwort war für ihn auch eine Antwort und Kurai sah jegliche Art von Antwort gern; beides war ihm Recht. Er ließ die Krallen seiner rechten Pfote aufblitzen und schnellte mit ihnen Richtung Gesicht des kleinen Gefangenen vor. Fiver kniff die Augen fest zusammen und schnappte nach Luft.

„Wa- Wa-...“ begann er hektisch und Kurai hielt inne „Watership D- Down!“

„Aaaaah! Schon besser.“ Kurai nahm seine Pfote grinsend zurück und harkte weiter nach „Wo liegt dieses Gehege?“

Kurais Worte klangen gelassen, er war die Ruhe selbst. Das allerdings machte Fiver nur noch verrückter. Der große Rammler bemerkte das natürlich und war sichtlich amüsiert darüber. Er liebte es, wenn seine >Gäste< so reagierten.

Einige Augenblicke zögerte Fiver noch irgendetwas auf Kurais Frage hin zu antworten. Er konnte sein Heim nicht einfach verraten. Wie in Zeitlupe schüttelte er den Kopf und starrte Kurai ängstlich mit weit aufgerissenen Augen an.

Dieser verengte die Augen und fletschte die Zähne. Er packte den Fuchsbraunen am Kragen, so gut es für ein Kaninchen eben möglich ist dies zu tun, und drückte ihn die Wand entlang ein Stück nach oben, sodass sie in etwa in Augenhöhe waren. Mit der anderen Pfote packte Kurai Fivers Unterkiefer, übte so etwas Druck auf den Kiefer aus und brachte Fivers Kopf in eine Position, in der der Kleine gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. Der kleine Bock fühlte keinen Boden mehr unter seinen Hinterpfoten. Er wimmerte leise.
 

„Ich rate dir mir zu erzählen, was ich wissen will, Kleiner Fuchs“ sprach Kurai seelenruhig „Ansonsten werde ich dafür Sorge tragen, dass niemals wieder eine Silbe aus deinen Mund hervordringt.“
 

Mit diesen Worten brachte der Rammler noch ein bisschen mehr Druck auf den Kiefer des Kleineren. Langsam fing es an, ihm richtig weh zu tun und Fiver bekam Angst davor, dass der Kiefer gleich wirklich mit einem lauten Knacken brechen würde. Der kleine Bock stöhnte vor Schmerz laut auf. Die Krallen der Pfote, mit der ihn Kurai immer noch am Kragen hatte, bohrten sich allmählich durch die Haut. Fiver spürte, wie sich warmes Blut den Weg durch sein Fell Richtung Boden bahnte. Der Kleine konnte sein Herz in den Ohren rasen spüren und er fühlte, wie ihm das Blut vor Aufregung in den Kopf schoss.
 

Kurai merkte, dass Fiver keinerlei Anstalten machte, ihm eine Antwort zu geben und drückte nun sogar noch fester zu. Fiver schrie laut auf und kleine Schmerztränchen kullerten seine Wangen hinab.

Er war plötzlich taub für alles, jedes Wort, jedes Geräusch. Alles um ihn herum verschwamm und allmählich wurde alles schwarz.

Er verlor das Bewusstsein.

Verloren in der Finsternis.

Alpträume

Nichts.
 

Finsternis. Alles war dunkel, alles war schwarz. Kein Lichtschimmer, kein heller Fleck und doch sah er sich.
 

Nichts.

Gefühllosigkeit. Nichts zu spüren, kein Lufthauch, keine Wärme, keine Kälte und doch rührte sich sein Fell.
 

Nichts.

Leere. Nichts zu fühlen, kein Boden unter den Pfoten und doch stand er.
 

Nichts.

Stille. Nichts zu hören, nichts außer dem lauten, hallenden Herzschlag in seiner Brust.
 

Er sah sich um. Absolut gar nichts war zu sehen. Nichts, außer tiefste Schwärze.

Fiver schluckte schwer.

Was mochte das nur für ein Ort sein? War er tot?

Sollte das vielleicht ein Traum sein? Alles fühlte sich so real an. Obwohl er eigentlich gar nichts so recht wahr nahm.

Langsam und unsicher setzte er sich in Bewegung. Leise Tappser hallten durch die Dunkelheit. Er kam vorwärts, so schien es ihm jedenfalls.

Seine Schritte wurden immer schneller, der Ausdruck in seinem Gesicht immer hoffnungsloser.

Hatte dies etwa nie ein Ende?
 

Plötzlich ein wässriges Geräusch. Er spürte etwas Feuchtes unter seinen Pfoten und blieb schlagartig stehen. Er wagte es kaum an sich herunter zu sehen, doch langsam richtete sich sein Blick zum Grund hinunter. Er stand in einer dunklen Blutlache, die sich immer weiter ausbreitete.

Schockiert schnappte er nach Luft und ging rückwärts zurück. Das Rot jedoch schien ihn zu verfolgen. Kleine Rinnsale bildeten sich und flossen zielstrebig auf den kleinen Rammler zu. Die Lache wurde immer größer und größer. Panisch schaute er sich um.
 

Wie mit einem Pinsel gezogen schien sich die rote Farbe auszubreiten.

Ehe er sich versah, wurde er von der dickflüssigen Substanz eingekreist. Langsam wurde alles rot. Immer kleiner der noch schwarze Fleck, auf dem Fiver stand.

Er richtete sich auf, um dem unheimlichen Rot mit den Vorderpfoten zu entkommen und sah ängstlich hinunter. Hektisch atmete er und sein Herz raste. Er konnte deutlich spüren, wie das Blut durch seinem Körper zirkulierte und in seinen Kopf schoss. Seine Pfoten zitterten.
 

Er spürte das warme Blut an seinen Hinterläufen. Der Fuchsbraune wollte grade aufspringen, als das Rot auch schon über seine Hinterpfoten gekrochen war und blitzschnell zu gerinnen schien. Es formte sich zu harten, festen Ketten und färbte sich in ein schimmerndes Silber. Er verlor das Gleichgewicht und kam mit den Vorderpfoten wieder auf den Grund. Mit den Vorderpfoten geschah nun das Selbe.
 

Panisch riss er an den Ketten. Das Rascheln und Klimpern schien ihm unerträglich.

Ein Stück vor ihm in der Flüssigkeit bildeten sich erst kleine, dann immer größer werdende Ringe.

Er erstarrte.
 

Plötzlich schien es ein ungeheuerlich tiefer See aus Blut zu sein. Irgendetwas regte sich dort unten. Blasen stiegen auf, kamen an die Oberfläche und zerplatzten.

Eine Gestalt tauchte aus dem tiefen Rot auf. Ein hockender Kaninchenkörper erschien vor ihm aus der Flüssigkeit. Zunächst noch ganz rot, dann jedoch floss das Blut nieder, perlte ab wie Regenwasser und offenbarte das Gesicht.
 

„Erkennst du mich?“ sprach das Kaninchen mit rauchig tiefer Stimme.

Fiver erstarrte förmlich vor Angst und rührte sich nicht. Unfähig irgendetwas zu erwidern starrte er den Rammler ihm gegenüber einfach nur an. Dessen roten Augen glühten förmlich und funkelten zu dem kleinen Rammler bedrohlich hinüber.

Mit mühelosen, sicheren Schritten über den feuchten Grund, trat Kurai näher. Grinsend ließ er seine blanken Zähne aufblitzen. Er schritt einmal um Fiver herum und blieb auf Höhe der Schulter stehen. Er beugte sich zum Ohr des Kleineren vor und hauchte leise:
 

„Weißt du was das Gemeine an Träumen ist?“

Fivers Blick wanderte zu Kurais Schnauze.

Der große Rammler grinste.

„Das Schmerzempfinden macht keinen Unterschied zur Realität!“

Mit diesen Worten verbiss er sich in der bloßen Kehle des Fuchsbraunen.
 

Fiver spürte den Schmerz, spürte das Blut.

Er schrie sich die Kehle aus dem Leib. Sein Schreien wandelte sich zu einem blutigen Gurgeln , bis er schwieg.
 

Da lag er nun. Wimmernd und ängstlich starrte er ins Nichts. Er spürte wie ihm das Blut aus dem Körper strömte. Es war, als würde mit ihm auch all seine Hoffnungen, all seine Träume, sein Leben aus ihm hinausfließen. Er ergab sich seinem Schicksal.

Lautes Gelächter hallte schmerzhaft in seinem Kopf wieder.

Mit letzter Kraft sah er zu Kurai auf, der lauthals lachte und dabei die Augen fest geschlossen hielt. Sein Fell wurde immer dunkler und dunkler, bis es sich letztendlich zu einer Pechschwärze umgewandelt hatte und Fiver nur noch die Konturen des Körpers des Rammlers ausmachen konnte.
 

Das Gelächter erstarb plötzlich. Der große Bock senkte den Kopf, drehte ihn langsam in Fivers Richtung und öffnete die glühend roten Augen. Glühend rot wie die des schwarzen Kaninchens von Inlé.

Alles um ihn herum wirbelte durcheinander und verschwamm anschließend vor seinen Augen.
 

Sollte dies sein Ende sein?

Über Efrafa

Fiver riss die Augen auf und erwachte heftig atmend aus seinem Alptraum auf. Er hatte keine Ahnung, wo er war. Er kannte diesen Bau nicht. So hob er seinen schweren Kopf und schaute sich mit unruhigen Blick um.

Niemand war hier, niemand außer er.
 

„Argh. Mein Kopf..!“ sprach er leise zu sich selbst und verengte die Augen zu Schlitzen.

Sein Kopf dröhnte und sein Unterkiefer schmerzte heftig. Er wagte sich kaum ihn irgendwie zu bewegen.
 

Was genau war eigentlich passiert? Er wusste es nicht mehr genau.. Er wusste rein gar nichts mehr. Nur an einen See konnte er sich erinnern, einen blutroten See. An rotglühende Augen, die ihn bedrohlich anfunkelten. Und an Schmerzen... große Schmerzen...

Er schüttelte schnell den Kopf um diese Gedanken los zu werden. Bei der Bewegung machte sich ein so heftiger, stechender Schmerz in seinem Unterkiefer breit, dass der Kopf des kleinen Bocks vorne wieder ein Stück Richtung Boden sackte.
 

Mit Mühe rappelte er sich hoch und ließ den Blick abermals durch den Bau schweifen. Er sah ganz normal aus. Fast wie die Bauten in Watership Down. Für einen Augenblick hatte der Rammler die Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum gewesen war. Aber seine Nase verriet ihm, dass er sich immer noch an jenen verhassten, düsteren Ort befand.

Efrafa hatte für einen Downer einen penetranten Geruch, der in den Nüstern brannte. Für Fiver war er unerträglich.
 

Er machte einen Schritt nach vorn, taumelte zur Seite und mühte sich um sein Gleichgewicht.

Langsam schärften sich seine Sinne wieder, mitunter auch sein Gleichgewichtssinn. Nach einem weiteren, prüfenden Blick durch seine Umgebung, dass er hier auch ja nichts übersehen hatte, schlich er, den Körper nahe an dem Boden gepresst, zum Eingang des Baus.

Er hörte Stimmen. Tiefe Stimmen von Rammlern.
 

Fiver schluckte schwer, nahm all seinen Mut zusammen und wagte es, ein Stück um die Ecke in den Lauf hinaus zu schauen. Direkt neben dem Baueingang unterhielten sich zwei große Rammler, Wachen, wie er vermutete. Er wich mit dem Kopf geschwind zurück, um nicht am Ende noch entdeckt zu werden. Das hätte ihm grade noch gefehlt.

Er lauschte, konnte jedoch nur Bruchstücke des Gesprächs aufschnappen, denn der Schall, der von den Wänden ausging, schlug alle Laute übereinander und erschwerte es ihm ungemein, das Gespräch komplett mitverfolgen zu können.

„... der kleine Saubock wird schon noch sehen was er davon hat! ... Wenn du mich fragst...“

„... der General verkündete, dass....“

„... das habe ich auch gehört. Wenn er nicht bald spricht...“

„... das Gehege der Fremden...“
 

Die Wachen schienen sich über ihn und Watership Down zu unterhalten.

Vieles ging in unverständlichem Wirrwarr aus Wortbruchstücken unter. Aber er konnte deutlich heraushören, wie Kurais Name fiel. Und Campions.

Neugierde machte sich in dem kleinen Bock breit. Er schob sich näher an die Ecke heran und stellte das den Rammlern zugewandte Ohr aufmerksam lauschend auf.
 

In diesem Moment bemerkte einer der beiden Owsla, wie die Ohrenspitze des kleinen Gefangenen hinter der Ecke hervorlugte und hielt inne. Zwei leise, langsame Schritte in seine Richtung, dann Stille. Fivers Herz rutschte ihm in die Magengegend. Schnell stieß er sich von der Wand ab und wollte grade wieder in den Bau zurückhechten, als einer der Rammler mit mächtigem Sprung direkt vor ihm landete und sich noch in der selben Bewegung Zähne fletschend zu ihm hervorbeugte.
 

Fiver spürte noch die leichte Vibration im Boden, als der Owsla vor ihm landete, richtete sich auf und wollte dem Rammler entkommen. Durch den Schreck nahm er dabei allerdings zu viel Schwung, verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten. Kaum merkte er den kalten, harten Boden unter sich, befand sich auch schon der große Rammler direkt über ihm. Er nagelte den Kleineren mit den Schultern am Boden fest und hob den Kopf. Ein überlegenes Grinsen machte sich auf dem muskulösen Gesicht breit.
 

„Du kleiner Wurm!“ fauchte er ihn an „Was hattest du denn dort hinten verloren?!“

Fiver riss die Augen auf und öffnete den Mund um etwas zu sagen.

Ungeduldig fiel der Owsla ein, bevor er irgendwas von sich geben konnte: „Antworte!“

Der kleine Bock kniff die Augen zusammen und antwortete hektisch „Nichts..! Sir..!!!“

„Lass dich ja nicht wieder da vorne blicken! Du rührst dich nur hier vom Fleck, wenn es dir befohlen wird, verstanden?!“

Der Kleinere nickte, eingeschüchtert vom aggressiven Auftreten der Wache, und starrte diesen nur an.
 

Der Owsla ließ von ihm ab und gesellte sich wieder zu der anderen Wache auf dem Gang. Rege ging ihr Gespräch weiter. Wirres Gemurmel drang zu dem kleinen Rammler im Bau. Fiver hörte jedoch gar nicht mehr zu. Die Abreibung grade reichte ihm voll und ganz. Er rollte sich auf die Seite und kauerte sich zusammen.

//Was Hazel wohl grade macht?// kam ihm in den Sinn //Ich wünschte, ich könnte ihn warnen... ihm irgendwie Bescheit geben... Aber hier komme ich wohl nie wieder lebendig raus.//

Er seufzte einmal laut aus und schloss die Augen.

Tief in seinem Inneren wusste er, dass er es nicht mehr lange hier in Efrafa aushalten würde. Erst recht nicht, wenn es dieser Kurai auf sein >Inneres< abgesehen hatte.
 

Die Sonne ging unter.

Sie tauchte den Himmel in ein tiefes rot, bahnte sich langsam aber sicher ihren Weg hinter den Horizont.

Leichte Windchen hielten das Fell der schwarzen Marli[1] in Bewegung. Sie atmete tief ein.

Die kühle, erfrischende Abendluft war eine Wohltat. Sie hasste es, lange unten in den stickigen Bauten und Läufen Efrafas weilen zu müssen.

Einige Grillen stimmten schon emsig ihre Zirp-Gesänge an, die auf die Marli wie ein Wirrwarr aus schönen Versen und taktvollen Liedern wirkten. Diese Szenerie erinnerte sie an etwas. Sie erinnerte sich an jenen Abend im Sandle-Ford-Warren.

Sie kannte Fiver durchaus. Sie hätte nie gedacht, ihn jemals wieder zu sehen. Als er damals im alten Sandle- Ford- Warren die Katastrophe vorhergesagt hatte, war sie eine der Owslas gewesen, deren Aufgabe es war, die Kaninchengruppe aufzuhalten und zu verhindern, dass sie das Gehege verlassen. Einen Großteil der Ausbrecher haben sie noch abfangen können aber eine Hand voll hatte sich doch ihren Weg in den Wald gebahnt und waren von da an verschwunden. Mittlerweile bereute sie es. Aber wer hätte schon ahnen können, dass sich die seltsamen Fieberträume dieses hysterischen, chronisch nervösen, paranoiden Zwergs bewahrheiten würden?
 

Ein leises Rumpeln.

Black saß auf einer hoch liegenden Baumwurzel eines halbumgekippten Baumes und blickte aufmerksam hinunter auf den Boden.

Zwei Owslas und in ihrer Mitte ein Fremder. Es war ein Rammler mit goldbraunem Fell.

Die Marli sah nicht genauer hin.

Ihr Blick verharrte bei einem Kennzeichen, das grade über der Erde am fressen war. Im gleichen Zug musterte sie die einzelnen Wachen.

Da war Fern, ein cholerischer, mürrischer Bock, Kingcup, im Gegensatz zum erstgenannten ein angenehmer Zeitgenosse, auch wenn er selten etwas wirklich auf die Reihe bekam, Avens, einer der Offiziere des Kennzeichens >Linker Hinterlauf< und... ...

//Und wer war das noch mal?!//

Sie verengte die Augen und musterte den letzten Owsla, dessen Namen ihr nicht einfallen wollte. Nach einigen Augenblicken seufzte sie aus und gab es auf.
 

Das schwarze Weibchen war noch nicht allzu lange in Efrafa und sie kannte noch lange nicht alle Owsla-Mitglieder beim Namen.

Bei Frith, sie kannte nicht einmal den Offizier in den sie heute Morgen hineingerasselt war. Auch jetzt war es ihr noch immer unsagbar peinlich. Vor allem bei den ständigen, belustigten Blicken, die ihr die anderen Rammler zuwarfen, immer, wenn sie einen von ihnen ansah. Langsam war sie es leid.

Als einziges Weibchen in Efrafas Owsla[2] konnte sie eigentlich schon recht stolz auf sich sein. Vor allem weil sie sehr früh aufgenommen wurde. Aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass der General sie nur für dumm verkaufen wollte und sich insgeheim über sie amüsierte. Das wiederum war in ihren Augen schon wieder äußerst beleidigend.

Damals im Sandle- Ford- Gehege war sie als Offizier aufgestellt worden. Auch wenn sie sich halb auf diese Position geschummelt hatte... Wie dem auch sei.

Mitglied der Owsla zu sein hatte für sie, neben all den Vorzügen, allerdings auch eine Kehrseite. Die Nächte im Owslabau waren alles andere als angenehm.

//Sollten sich die Owsla doch gleich Weibchen aus den Kennzeichen holen. Dann kämen sie mit ein paar Kratzern weniger davon.//

Aber bis jetzt hatte sie die Meute noch ganz gut auf Distanz gehalten.

Sobald die Sonne verschwunden war, begann ihr Dienst. Sie wurde als Wache für ihr Kennzeichen, rechter Vorderlauf[3], eingeteilt. Das war fast das Langweiligste was sich ein Owsla vorstellen konnte. Nur als Wache vor dem Gefangenenbau, dem sogenannten >schwarzen Bau<, rumlungern zu müssen, konnte dies allerdings noch in Ödnis toppen. Denn DA passierte bei den eingeschüchterten Gefangenen so gut wie nie etwas Außergewöhnliches. Mal davon abgesehen war man als Kennzeichen-Wache an der frischen Luft, und nicht in den stickigen Läufen des überfüllten Geheges.

Die Sonne ging unter, es wurde Zeit.
 

Das Kennzeichen wurde unter Aufsicht Hauptmann Avens’ wieder unter die Erde geschickt. Zuletzt verschwand er selbst im Kaninchenloch. Doch bevor das nächste Kennzeichen an die Oberfläche kam, trat ein anderer Owsla aus einem Loch hervor. Er warf einen kontrollierenden Blick auf seine Umgebung und machte dann einen weiteren Schritt vorwärts. Er hielt die Nase kurz einmal in den Wind, trat dann völlig zur Seite und gab seinem Hintermann ein Zeichen. Im nächsten Moment wurde ein tief schwarzes Kaninchen aus dem Lauf auf den Platz gestoßen. Mühsam rappelte es sich auf und machte einen hektischen, kleinen Satz nach vorn, um dem nächsten Owsla hinter sich, der nun auch den Lauf hinauf kam, nicht auch noch im Weg zu stehen.

Das schwarze Kaninchen war ein Rammler. Er hatte zwar eine gute Größe für einen Bock, aber seine schmächtige Figur ließ auf Unterernährung schließen. Seine Ohren waren völlig zerfetzt und hingen schlaff herunter. Einige kleinere Narben führten von den Ohren aus auch noch teilweise in sein Gesicht hinab. Mit aufgerissenen Augen und panisch umherirrenden Blick schaute er einmal rings um sich herum, bevor er sich gierig auf das Grün stürzte.

Es handelte sich um Blackavar, ein Kaninchen, über das nach einem Ausbruchsversuch eine schwere Strafe verhängt wurde. Der Rat hatte ihm beide Ohren zerfetzen lassen und ihn in eine Nische platzieren lassen, mittig des Laufes, den jedes Kennzeichen passieren musste um an die Oberfläche zu kommen. Rund um die Uhr wurde er bewacht und jedem, der vorbei kam und ihn fragte, musste er voll Reue seine Geschichte erzählen. Und jedes mal, wenn er seine Geschichte erzählte, beendete er: „Der Rat ist äußerst gnädig gewesen!“

Es sollte abschreckend für all jene Kaninchen sein, denen es in den Sinn kam aus dem Gehege zu fliehen und sie daran erinnern, was ihnen blüht, wenn sie es wagen sollten auch nur einen Schritt in jene Richtung zu tun.
 

Die meisten Owslas schienen sich über Blackavar jedoch zu amüsieren und fragten ihn nur zu gern, weshalb er auf dem Gang verharren musste. Insgeheim wusste jeder einzelne, der den schwarzen Rammler schon mal gesehen hatte, dass er es nicht mehr lange machen würde.

Nach relativ kurzer Zeit waren die beiden Owslas wieder mit dem Bock, der jetzt wesentlich entspannter erschien, im Loch verschwunden.
 

Das nächste Kennzeichen trat aus einem Loch hinter einer dicken Baumwurzel hervor und fingen auf dem gekennzeichneten Gebiet an zu fressen.

Efrafa beherbergte eine unglaubliche Anzahl von Kaninchen. Das Gehege war deutlich übervölkert. Die Bauten waren überfüllt, viele Weibchen konnten keine Jungen mehr werfen und auch wenn es eigentlich genug Futter gegeben hätte, war der Zustand vieler Kaninchen kritisch.
 

Die Kaninchen wurden in einzelne Kennzeichen eingeteilt: Halskennzeichen, linker Vorderlauf, linke Flanke, linker Hinterlauf, rechter Vorderlauf, rechte Flanke und rechter Hinterlauf. Die Kaninchen der jeweiligen Kennzeichen erkannte man an den gezielt zugefügten Narben am entsprechenden Körperteil. Dies diente dazu, die einzelnen Kaninchen wiedererkennen und zuordnen zu können. General Woundwort legt sehr viel Wert auf Ordnung. Die Offiziere der einzelnen Kennzeichen kannten ihre Leute und jedes Mal, wenn das Kennzeichen über die Erde kam oder wieder in die Läufe zurück musste, wurde die Gruppe sorgfältig auf Vollständigkeit überprüft. Jedes Kennzeichen durfte zwei mal am Tag um eine bestimmte Tageszeit über die Erde um zu fressen und frische Luft zu schnappen. Die Zeiten für die Kennzeichen änderten sich alle Tage mal. Den Rest der Zeit verbrachten die Kaninchen unter der Erde. Für viele war die Langeweile unerträglich. Ziel der meisten Rammler in den Kennzeichen war es daher, möglichst schnell volle Größe und Gewicht zu erlangen um eine Chance zu bekommen in die Owsla aufgenommen zu werden. Wer in der Owsla war, dem mangelte es wahrlich nicht an Vorzügen.

Durch die Vielzahl der Kaninchen im Efrafa-Gehege, war es schwer in die Owsla zu kommen. Zwar starben regelmäßig einige Owslas auf weiten Patrouillen, sodass wieder neue nachrücken konnten, aber das half nicht ausschlaggebend bei Efrafas Populationsproblem, das Woundwort jedoch völlig zu ignorieren schien.
 

„Hast du schon von dem Neuen gehört? Habe einen Offizier vorhin davon sprechen hören.“

„Hab’ ich auch gehört. Ganz schön mutig sich vor dem General als Söldner auszugeben.“

„Eine Unverschämtheit! Ich hätte ihn in seine Einzelteile zerlegen lassen.“

„Er wurde sogar als Owsla aufgestellt und-“

Der Owsla hielt inne.

Er schielte zu seiner Linken und wurde von einem schwarzen, neugierig aufgestellten Ohr überrascht, das kurioserweise immer näher gekommen zu sein schien. Misstrauisch verengte er ein Auge. Er sah ein schwarzes Kaninchen mit weißer Blässe, das sich seitlich nahe zu ihm rüber gelehnt hatte, jedoch unschuldig genau in die entgegengesetzte Richtung geschaut hatte.
 

„Kann ich dir irgendwie helfen?!“ fragte er mürrisch.

Black merkte auf.

„Redet ihr von diesem goldbraunen Kaninchen, das vor ein paar Stunden hier eingetroffen ist?“

„Ja“ antwortete der zweite Owsla knapp.

Die Marli lehnte sich wieder zurück. Ein bisschen neugierig machte es sie ja schon, auch wenn die Erzählungen der beiden Owslas Spuren von Ärgernissen in ihr hervorbrachten.

//Das muss ja ein ganz toller Typ sein, dass er sofort schon in die Owsla aufgenommen wurde// dachte sie im Stillen.

Ihr selbst wurde erst nach einer vollen Woche überhaupt die Chance geboten, sich beweisen zu können. Das ging ihr gewaltig gegen den Strich.
 

Sie hob ihren Blick und schaute zu den beiden Owslas neben ihr. Diese waren jedoch wieder voll und ganz in ihr Gespräch vertieft, das sie über den merkwürdigen Fremden führten.

Sie seufzte aus und hopste zu einer Stelle nahe eines Kaninchenloches, wo noch keine Wache war. Sie setzte sich und schaute dem Kennzeichen zu.

In einer Mulde hatten es sich einige Weibchen bequem gemacht und tratschten rege miteinander. Black verzog, kaum merklich, das Gesicht zu einer leicht angewiderten Mine. Sie hielt nicht viel von den Weibchen in den Kennzeichen.

Vor einiger Zeit hatten zwei, drei von ihnen den Mut aufgebracht vor den Rat zu treten um dem General den Zustand des Geheges nahe zu bringen. Sie schlugen vor, dass einige von ihnen losziehen sollten, um irgendwo ein neues Gehege auf zu bauen. Der General jedoch war strikt dagegen gewesen. Er schickte die Weibchen fort und als sie dann bei einem Fluchtversuch ertappt wurden, wurden sie von einander getrennt, neu gebrandmarkt und in unterschiedliche Kennzeichen geschickt. „Vilthuril“ hieß eine. Eine weitere hatte einen recht eigenartigen, langen Namen, den Black kaum aussprechen konnte und ihre Zunge schien sich jedes mal zu verknoten, wenn sie den Namen nennen wollte.

//Thethuthinnang... Immerhin kann ich den Namen in Gedanken aussprechen...//

Wie die anderen genannt wurden, hatte sie schon wieder vergessen. Aber so wichtig waren ihr die Namen dann doch nicht. Das waren jedenfalls die einzigen Weibchen, denen Black Respekt zusprach. Die anderen Weibchen, die alles einfach so hinnahmen wie es kam, widerten sie an. Und auch wenn die Weibchen, die sich gegen Woundwort aufgelehnt hatten, jetzt alle eingeschüchtert ihre Schnäuzchen hielten, hielt die sie von ihnen jedenfalls deutlich mehr als von den anderen Weibchen.
 

Die Nacht war schon längst hereingebrochen und der klare, unbewölkte Himmel offenbarte eine Vielzahl an Sternen. Der volle Mond beleuchtete die Welt unter sich und tauchte sie in schimmerndes Grau.

Bald würde die Zeit des Rechter-Vorderlauf-Kennzeichens vorbei sein und es würde wieder unter der Erde verschwinden.

Das schwarze Weibchen gähnte einmal herzhaft und streckte sich. Jeden Augenblick erwartete sie den Befehl eines Offiziers des Kennzeichens, Bugloss, dass sie wieder verschwinden sollten.
 

Tatsächlich erklang eine Stimme. Eine laute, hektische Stimme, der ein stürmisches Trommeln folgte.

„AUSBRECHER!“ erklang es aus einem Lauf heraus und dem Ruf stimmten viele Owslastimmen der Umgebung ein.

Black fuhr zusammen. Sie hatte sich grade halb umgedreht als sie nur noch eisblaue Augen aufblitzen sah und rüde zur Seite gestoßen wurde. Als sie einige Herzschläge später die Augen wieder öffnete und sehen konnte, erkannte sie die Rückseite eines Hellbraunen Kaninchens.

Einen Augenblick später registrierte das Weibchen die Situation, sprang auf und setzte sich in Bewegung.
 

Sie folgte den anderen Owslas. Ihr Weg führte sie vom Efrafa-Kern über eine offene, hohe Wiese. Das Gras peitschte ihr ins Gesicht und sie verengte die Augen. Ständig flackerte das Mondlicht zwischen den Pflanzen hindurch und kleine Unebenheiten auf dem Boden brachten sie immer wieder aus der gleitenden Bewegung. Sie sah die anderen Kaninchen vor sich nicht, aber konnte sie deutlich hören.
 

Langsam wurde das Gras kürzer und bald wurde die Owsla von einer übersichtlichen Wiese umgeben. Black sah zwei Rammler vor sich in den Wald rennen und folgte.

Jetzt bei Nacht sahen die Bäume viel bedrohlicher aus. Lange Schatten zeichneten sich auf dem Waldboden ab. Wie sie ihre dürren Äste zum Himmel reckten war unheimlich, ebenso konnte man denken, dass der Wind, der böhenweise durch das Blattwerk pfiff, den riesigen Pflanzen wahres Leben einhauchte. Aber zum Glück sahen Kaninchen selten zum Himmel hinauf. Viel beunruhigender war der stetige Schrei einer Eule, dessen Ursprung vom Schall der Bäume unergründlich war.
 

Vier andere Owslas zählte sie, die vor ihr hinter dem Flüchtling herrannten. Stück für Stück näherte sie sich den einzelnen Rammlern und überholte sie ihm Flug. Zwar war sie bald schon am nächsten an dem unbekannten Kaninchen dran, aber es hatte deutlich Vorsprung. Sehen konnte sie es noch immer nicht aber sie lauschte, wie es durch das dichte Unterholz des Waldes sprang. Allein den Geräuschen nach zu urteilen, schien es vielleicht doch nicht nur ein Kaninchen zu sein. Aber Black verdrängte diesen Gedanken rasch.

Es wurde langsamer.
 

//Auch wenn er am Anfang sehr schnell war, scheint ihm ja doch recht schnell die Puste aus zu gehen!// dachte sich das schwarze Weibchen. Ein überlegendes Grinsen zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Vielleicht konnte sie sich ja ein bisschen Respekt verdienen, wenn sie diesen Ausbrecher packen würde...
 


 

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[1]: Marli = Ein Ausdruck für „Weibchen“.

[2]: Owsla = Kaninchen, die volle Größe und Gewicht erreicht haben (Alter: 2 Jahre und aufwärts) können in die „Owsla“ aufgenommen werden und Autorität ausüben. Sie dienen zum Schutz eines Geheges. Hier in Efrafa stark militärischer Charakter.

[3]: Für diejenigen, die sich noch an eine gewisse Zeichnung von Black erinnern, in der sie ein Kennzeichen am linken Hinterlauf hatte: Ich hab umdisponiert.

Schattenspiel im Mondlicht

„Lee!“ erklang eine klägliche Stimme unweit von der schwarzen Häsin entfernt „Ich kann nicht mehr!“

Die Bewegungsgeräusche verstummten und Black wurde ebenfalls langsamer. Hinter einem Farngewächs kam sie zum Stehen und lauschte.
 

„Reiß dich zusammen! Es ist nicht mehr weit... Komm schon!“ kam als Antwort.

//Es sind also doch zwei..//

„Du kannst hier jetzt jedenfalls keine Pause einschlagen, Fiver! Die Owsla ist uns auf den Fersen!“

Black verengte die Augen.

Fiver war also mitgekommen.

Sie lauschte noch mal in die Richtung aus der sie gekommen war, aber die anderen Owslas waren noch weit entfernt. Oder sie hatten die Spur ganz verloren. Wie auch immer, sie waren nicht mehr zu hören.

Es leuchtete ihr zwar immer noch nicht ganz ein, wie so ein kleiner Bock wie Fiver schneller sein konnte als ein Efrafa-Owsla, aber wenn es die beiden hier geschafft haben aus Efrafa raus zu kommen, wunderte sie rein gar nichts mehr.

Sie legte die Ohren an.

//Jetzt oder nie...//
 

Sie sprang aus dem Farngewächs hervor und stand jetzt einige Meter von den beiden Ausreißern entfernt.

Fiver sah wirklich erschöpft aus und der größere Rammler stellte sich schützend vor den Kleineren.

„Im Namen von Efrafa, ihr seid verhaftet!“ sprach Black mit fester Stimme.

Der Bock grinste nur.

„Nicht in diesem Leben, meine Teuerste!“ entgegnete der Angesprochene, stieß Fiver mit der Schnauze an und lief mit ihm weiter.
 

Fiver musste sich wirklich zusammenreißen.

Langsam war er am Ende seiner Kräfte. Der lange Marsch im Jagdtempo war mit Abstand die größte Leistung, die sein kleiner Körper jemals hervorgebracht hatte.

//Und ich dachte immer, die Reise zu den Downs wäre die anstrengendste Angelegenheit meines Lebens gewesen...//

Er atmete heftig und sein Hals war trocken. Mit jedem Atemzug, den er tat, schien es seine Lungen fast zu zerreißen. Seine Beine waren taub und er spürte seine Pfoten schon längst nicht mehr. Sein Kopf dröhnte vor Aufregung.

Er rannte einfach nur in die Richtung, die ihm der Größere wies.

Die Bäume wurden weniger, der Wald wurde lichter.
 

Das schwarze Weibchen hetzte hinterher.

Mehr und mehr holte sie auf. Es würde nicht mehr lange dauern und sie würde die beiden Flüchtlinge stellen können.
 

Fiver brach vor einer dichten Farnwand zusammen. Der größere Rammler blieb ebenfalls stehen, drehte sich zu der Marli um und senkte den Kopf in eine Abwehrposition.

„Weißt du... Eigentlich ist es nicht grade meine Art, Pfote an eine Marli anzulegen“ begann der Rammler „Aber du bekommst den Hals ja anscheinend einfach nicht voll!“

Black legte die Ohren an und verengte die Augen.

„Auf mich brauchst du keine Rücksicht zu nehmen. Ich an deiner Stelle würde lieber auf mein vorlautes Mundwerk aufpassen. Das könnte dir schneller zum Verhängnis werden als dir lieb ist!“ kam als Antwort.
 

Entferntes Knistern und Rascheln hinter der Marli ließ darauf schließen, dass die anderen Owslas auf der Spur waren. Für Fiver und den Rammler wurde es eng.

Die Owsla Efrafas bestand aus fähigen Kraftprotzen, das wusste er. Und es würden nicht wenige sein, wenn sie nicht aufpassten, waren sie schneller eingekesselt als sie sich umsehen konnten.

Ihnen blieb also nichts anderes übrig als...

Er drehte sich geschwind um, ging mit der Schnauze unter den kleinen Körper des anderen Rammlers und hebelte ihn auf seinen Rücken. Er sprang durch die Farnwand.
 

Black schnaubte aus und sprang hinterher.

Doch sobald sie über der Farnwand war, fuhr eine kalte Welle durch ihren Körper. Als sie wieder auf dem Boden aufkam, erstarrte ihr Körper in dieser Position und sie schaute mit starrem Blick zu dem Rammler vor ihr hinüber, der ihren Blick mit Verwunderung erwiderte.

Ihr Körper fühlte sich wie taub an und ihr Herz schlug schneller. Sie konnte keinen weiteren Schritt nach vorne tun.

Rauschen.

Das plätschernde Geräusch eines nahe gelegenen, breiten Baches drang an ihr Ohr.

Ihr Nackenfell sträubte sich.

Der Rammler vor ihr zögerte erst, rannte dann aber weiter, als er die anderen Owslas näher kommen hörte.

Ein Plätschern wies darauf hin, dass er in den Bach gesprungen war.

Sie nahm weiter nichts mehr wahr.
 

Der erste Rammler, der über die Farnwand sprang, war Moss, der kurz neben Black stehen blieb und sie fragend ansah.

„Was ist? Wo sind sie hin?!“ fragte er bestimmt.

Die Marli rührte sich nicht.

Der graue Rammler murrte leise in sich hinein, hielt die Nase am Erdboden und folgte der Spur.

Kurz darauf sprangen Avens und Campion herbei und folgten Moss.
 

„Ich wusste, dass die Marli zu nichts zu gebrauchen ist!“

Das schwarze Kaninchen blinzelte.

//Zu nichts zu gebrauchen?!//

Die Lähmung schien wie ein Kiesel von ihr runter gefallen zu sein.

Etwa zwei Meter vor ihr, hinter dichtem Gestrüpp verlief der Bach. Sie hörte, wie die Owslas im Wasser und am anderen Ufer versuchten die Spur der Ausreißer wieder zu finden. Vergebens. Die Drei Rammler teilten sich auf, Moss folgte dem Bach flussaufwärts, Campion flussabwärts und Avens lief grade aus am Ufer weiter.

Black überlegte.

Wenn das Kaninchen schnell weg wollte, war es unwahrscheinlich, dass es dem Bach flussaufwärts durchwatet hatte, denn der Strom hielt nur auf. Hätte es den Bach einfach nur überquert und wäre grade aus über Land weiter gelaufen, hätte man die Spuren gefunden. Also konnte er dem Bach nur abwärts gefolgt sein! So. Und wenn das Ziel des Kaninchens auf dem anderen Ufer wäre, hätte es ja zugesehen, schnell dort anzukommen. Es hätte es den dann Fluss überquert. Hat es aber nicht.

//Das Ziel des Fremden liegt also auf dieser Seite!//
 

Nach einiger Zeit trafen sich die drei Rammler wieder. Zumindest sollten es drei sein.

„Wo ist Hauptmann Campion?!“ fragte Moss.

Avens zuckte die Achseln „Er wird etwas gefunden haben, wenn er nicht hier ist.“

Es folgte ein Nicken als Antwort.

Sie folgten dem Flusslauf abwärts.
 

Das Wasser war kühl und erfrischend bei der warmen Nachtluft. Der Grund des Baches war mit glatten, im Mondlicht silbern schimmernden Steinchen bestückt. Einige funkelten sogar richtig. Ab und an kreuzte ein Frosch ihren Weg, sprang vom Ufer aus und landete mit einem kleinen, plätschernden Geräusch vor ihren Pfoten im Wasser.

Aber von Hauptmann Campion war noch immer nichts zu sehen.

Der Bach verlief um eine Kurve. Sie bogen ein und sahen sich um.

Rechts war das Ufer, zum Bachlauf hin stark abgesenkt und es war ein Leichtes das Gewässer zu verlassen. So gingen Moss und Avens an Land.

Der graue Rammler hielt die Nase auf dem Boden und suchte nach einer Spur.

„Campion ist hier an Land gegangen“ begann er „Er hat sicher irgendwas gesehen...“

Bei diesen Worten schaute er sich misstrauisch aus den Augenwinkeln um. Avens nickte und sah sich ebenfalls einmal um.

Die beiden Kaninchen folgten der Spur und verschwanden im Unterholz.
 

Campion war dem Flusslauf abwärts gefolgt und an Land gegangen.

Er hatte ein Kaninchen gesehen und war ihm gefolgt. Im Wald hatte er jedoch seine Spur verloren.

Gedanklich fluchend hielt er die Nase in die Luft und suchte nach dem kleinsten Anzeichen dieses Kaninchens.

Er roch etwas. Die Spur eines Artgenossen, eindeutig.

Leise schlich er über das weiche Moos, das den Waldboden überdeckte, zu einem dichten Dornenstrauch. Er schaute durch das Blattwerk und verengte die Augen.

Schattenhafte Umrisse in der Dunkelheit der finsteren Bäume. Es war ein einzelnes Kaninchen, jedenfalls konnte er kein anderes erkennen. Oder doch?

Neben den Umrissen des Kaninchens war ein weiterer Schatten, aber der Hauptmann konnte nicht genau ausmachen, um was es sich handelte. Vielleicht ein zweites Kaninchen? Das war gar nicht so unwahrscheinlich, schließlich waren es zwei Ausbrecher.

Er hielt es aber für besser, erst einmal um die fremden Gestalten zu kreisen.
 

Da saßen sie nun, mitten im Wald.

Der vereinbarte Treffpunkt lag noch ein ganzes Stück flussabwärts am Ufer. Aber ehe sie nicht ihre Verfolger abgeschüttelt hatten, konnten sie nicht zu den anderen.

Er schaute einmal ringsherum und lauschte aufmerksam in alle Richtungen. Aber er konnte niemanden sehen, genauso wenig hörte er irgendetwas Verdächtiges.

Der Goldbraune seufzte aus und setzte Fiver neben sich ab.

Sie brauchten erst einmal eine Pause. Auch wenn der Rammler wusste, dass das hier mit Sicherheit nicht der richtige Ort zum Verschnaufen war.

„Ist es noch weit bis zu den anderen?“ fragte Fiver vorsichtig flüsternd.

„Nicht mehr ganz so weit, keine Sorge!“ erwiderte er lächelnd „Aber wir müssen erst mal sehen, dass wir gefahrlos zu ihnen kommen und nicht vielleicht auch noch diese Efrafameute direkt zu ihnen führen.“

Der goldbraune Bock fuhr einmal mit der Vorderpfote über seine Brust, betrachtete sich die Pfote im Mondschein und murrte leise.

Blut an seiner Pfote.

„Ich glaube, ich hab von denen eins abbekommen...“ murmelte er leise.

In diesem Moment musterte er den kleinen Fiver.

„Ist dir denn irgendetwas passie-“ begann er, brachte den Satz jedoch nicht zu Ende.

Ein leises Lauf-Geräusch auf dem Waldboden umgab sie.

Jemand oder etwas umkreiste sie.

Er spannte sich an und starrte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.
 

Black hatte die Spur der Flüchtlinge tatsächlich wieder aufgenommen.

Immer noch erstaunt und verwundert über sich selbst war sie den Spuren gefolgt. Sehr bald war sie auf eine kleine Lichtung gelangt und nahm den Geruch einer Stelle vor einem kleinen Baumstumpf auf.

Im Hinterkopf behielt sie immer noch die Frage, wo die anderen Owslas geblieben waren. Sie hatte schon seit sie sich getrennt hatten kein Anzeichen mehr von ihnen wahr genommen.

Aber sie versuchte ihre Gedanken wieder klar auf die Sache zu richten, die momentan im Vordergrund stand. Und zwar, dass sie die Flüchtigen schnappte, bevor diese über alle Berge verschwunden waren.

Sie hörte neben sich ein Knistern.

Das Geräusch, das entsteht wenn man ein vertrocknetes Blatt zertritt.

Sie fuhr zusammen, legte die Ohren an und kauerte nahe dem Erdboden. Konzentriert lauschte sie dem Geräusch.

Es lief einmal im Halbkreis um sie herum.
 

Moss und Avens hatten bald schon die Spuren gefunden, und sie waren noch frisch.

Beinahe lautlos folgten sie ihren Nasen. Avens lief voraus und führte an, der Graue folgte ohne große Widerworte, schließlich war er sein Vorgesetzter.

Avens war ohne Frage ein fähiger Offizier, aber manchmal ein bisschen zu grob den anderen Kaninchen gegenüber, wie Moss fand.

Avens war ein Rammler, der sich seiner Verantwortung, die er zu tragen hatte, durchaus bewusst war. Für ihn gab es immer nur Schwarz oder Weiß. Ein Mittelweg war ausgeschlossen. Und das war der Punkt, der Avens manchmal etwas hart erscheinen ließ. Noch dazu äußerte er immer direkt seine Meinung und das, was er grade dachte. Ganz egal was die anderen Kaninchen davon halten mochten oder ob sie es ihm übel nahmen.

Plötzlich hielt der braune Rammler inne.

Moss blieb daraufhin ebenfalls stehen und schaute gebannt in die Richtung, in die der vor ihm starrte.

Zwei Schatten im Dunkeln vor ihnen.
 

Er war einmal halb um das Objekt herumgelaufen.

Inzwischen war Campion sich sicher, dass es wirklich ein Kaninchen war, mindestens eines. Er sprang aus dem Buschwerk hervor, hinter dem er sich versteckt hatte.
 

Ein Geräusch vor ihnen.

Fiver zuckte verängstigt zusammen.

„I- Ist das die Owsla???“ fragte er flüsternd.

„Pscht!“ zischte der Angesprochene „Bewahre ja Ruhe! Sonst ist’s gleich vorbei.“

Er gab dem Kleineren ein Zeichen, dass er sich dicht am Boden halten solle und wartete.
 

Vor ihr sprang etwas aus dem dichten Blattwerk eines Busches hervor.

Im ersten Moment konnte sie noch nicht so recht registrieren, ob es sich um ein Kaninchen oder vielleicht um Elil[1] handelte. Sie wollte grade kehrt machen und loslaufen, als das Tier vor ihr auf den Boden kam und ins Mondlicht trat.

„Ihr seid festgenommen!“

Black seufzte erleichtert aus und schaute mit Ironie im Blick zu dem Owsla-Hauptmann vor ihr.
 

Campion wartete auf eine Reaktion, aber nichts kam. Jedenfalls konnte er im Schatten vor sich nichts erkennen.

Dann aber bewegte sich das Kaninchen vor ihm im Schatten und kam auf ihn zu. Es trat ins Mondlicht und blickte mit leuchtend grünen Augen zu ihm auf[2]. Er verengte die Augen und sah genauer hin. Es war ein einheitliches, helles Grün und eine vergleichsweise kleine Pupille zu der Größe der Augen. Das wirklich Seltsame war nur, dass sich in den Augen nichts wiederspiegelte. Kein Mondlicht, kein Schatten, gar nichts.

Die schwarze Marli schaute mit einer Mischung aus Verwunderung und Unverständnis zu ihm auf.

Er seufzte und wandte den Blick ab.

„Ich hatte die Spur“ begann er „und bin hier rausgekommen.“

Black nickte.

„Ich hatte sie auch“ erwiderte sie „aber sie endet hier.“

In dem Moment schaute Campion noch mal zu der Stelle, wo das vermeintliche, zweite Kaninchen war. Wie sich nun herausstellte war es lediglich ein Baumstumpf gewesen, von dem sich im Schatten der Bäume nur die umrisse eines Kaninchens abgezeichnet hatten.

Der Hauptmann wollte grade etwas erwidern als ein Schrei zu ihren Ohren drang.
 

„ARGH!“
 

Die beiden Kaninchen folgten dem Schrei.

Sie liefen so schnell sie konnten und blieben in einiger Entfernung an einem etwa einen Meter tiefen Loch stehen und schauten hinab.

Unten saßen Moss und Avens die nach einem Versuch hoch zu klettern wieder runtergerutscht und in die feuchte Erde zurück gefallen waren.

„DIE AUSBRECHER!“ schrie Avens zu den beiden hinauf.

In diesem Moment blickten Campion und Black auf und sahen einige Meter vor sich ein Kaninchen in das Unterholz verschwinden. Sie sprangen hinterher, verfingen sich aber immer wieder in dem dichten Dornengewächs.

Sie folgten dem Geruch der Flüchtlinge noch ein Stück weiter durch den Wald. Sie blieben vor einem hohen Baumstumpf stehen, bei dem auf einer Seite zusätzlich noch die Rinde etwa einen halben Meter in die Höhe ragte. Die Spuren führten links und rechts um den Baumstumpf herum.

Die beiden Owslas waren zuversichtlich. Sie würden die beiden Flüchtige einkreisen und ihnen den Fluchtweg abschneiden.
 

Mit einem Nicken gab Campion der Marli den Befehl links herum zu gehen, er selbst schlich rechts herum. Kurz bevor sie die halbe Runde gegangen waren, blieben sie stehen, duckten sich, sprangen und landeten kurz voreinander auf der Stelle, wo sie die beiden Ausbrecher vermutet hatten.

Die schwarze Häsin blinzelte irritiert und der Rammler erwiderte den Blick.

Sie hielten beide ihre Nasen am Boden und suchten die Spuren. Vergebens.

Campion richtete sich auf und sah sich um.

„Die sind uns wohl entwischt...“ knurrte er.

//Dem General wird das ganz und gar nicht gefallen...//

„Als wären sie vom Erdboden verschluckt“ entgegnete Black und richtete sich ebenfalls auf. Sie hielt die Nase in den sanften Nachtwind, nahm aber nichts wahr, was auf die beiden Gesuchten hätte deuten können.

//Die können sich doch nicht in Luft auflösen...// dachte sie.

Sie liefen wieder um den Stumpf herum zurück. Es war ihnen ein einziges Rätsel wo die beiden Kaninchen hinverschwunden sein konnten.

Black blickte immer noch ununterbrochen um sich herum und lauschte aufmerksam.

„Lass gut sein“ Campion setze sich in Bewegung „Die finden wir jetzt nicht mehr. Jedenfalls nicht allein. Wir müssen dem General Bericht erstatten und erst mal dafür sorgen, dass Avens und Moss nicht als Futter für die Würmer enden.“
 

Der goldbraune Rammler seufzte erleichtert aus, als sich die Geräusche der beiden Owslas entfernten.

Das war wirklich knapp. Er hatte die Ohrenspitzen ihrer Verfolger schon über den Rand des Baumstumpfes gucken sehen.

Er und Fiver waren als letzte Hoffnung auf dieses Holz gesprungen und hatten zu Frith[3] gebetet, dass keiner der beiden Efrafas auf die Idee kommen würde, auf die Stumpffläche zu sehen.

Der Größere blickte noch mal um sich, bevor er von dem Stumpf hinabkletterte.

Sie hatten großes Glück, dass der Stumpf an einer Seite eine Art Schutzwand hatte, die bedeutend dazu beigetragen hatte, dass sie unentdeckt geblieben waren. Dass der Wind dazu auch noch ihnen entgegenwehte, war ebenfalls ein glücklicher Zufall. Ein äußerst glücklicher Zufall.

Er half dem kleinen, fuchsbraunen Bock herunter, lauschte sicherheitshalber noch einmal rings um sich herum und lächelte.

„Das war doch spannend, nicht wahr?“

Fiver schluckte schwer, antwortete jedoch nichts. Sein Herz raste immer noch und zwischenzeitlich hatte er befürchtet, dass die lauten, hallenden Schläge aus seiner Brust sie vielleicht verraten würden.

//Auf die Art von Spannung würde ich lieber für den Rest meines Lebens verzichten!// dachte er bei sich.

„Komm!“ sagte Lee „Gehen wir lieber bevor die Owslas es sich anders überlegen und wiederkommen... Ein zweites Mal wird der Boden sie sicher nicht verschlucken.“
 

„SIE SIND ENTKOMMEN?!“

Hallte es durch die Gänge Efrafas.

„Wie konnte das passieren, Campion?!“

„General“ begann er mit seiner für ihn typischen, monotonen Stimme „Es war, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Vermutlich waren wir auch zu wenige...-“

„Zu wenig oder zu unfähig?“ warf Vervain ein, der wie immer auf seinem Platz auf der Empore neben dem General saß.

Der kastanienbraune Rammler antwortete nichts und ignorierte seine Worte.

„Ich hoffe jedenfalls, dass so etwas nicht wieder vorkommt!“ erklang die finstere Stimme des Generals wieder „Das würde für euch Konsequenzen haben.“

„Ja, Sir“ antwortete Campion „Wir werden unser Bestes tun.“

„Euer Bestes, hm? Dann tut euer Bestes doch daran, diese beiden Kaninchen wieder her zu schaffen!“ kam es höhnisch von Vervain, auf dessen Gesicht sich ein fieses Grinsen breit gemacht hatte.

Der Hauptmann verengte die Augen.

//Frith... Bitte nimm mir die Versuchung Vervain an die Gurgel zu gehen!// dachte er im Stillen.
 

Woundwort schenkte dem dunkelgrauen Bock einen belehrenden Blich, fand die Idee aber im Nachhinein gar nicht so schlecht.

„Da euer Bestes ja anscheinend nicht gut genug war, werdet ihr die Verräter suchen, finden und hier her bringen, verstanden?!“

„Ja, General!“ erwiderte Campion missmutig.

„Ihr werdet gleich anfangen. Und wehe, du enttäuscht mich wieder, Campion!“

Der General grinste.

„Und Vervain wird euch begleiten“ fügte er anschließend noch hinzu.

Vervain zuckte zusammen als der Satz zu seinen Ohren drang und bewegte seinen Kopf langsam zum General.

Er zögerte einige Augenblicke bis er begann „Aber General! Ich-“

„Keine Widerworte! Du kannst dich auch nützlich machen.“

„Aber Sir-!“ gab er erneut von sich.

Woundwort knurrte „SOFORT, VERVAIN!“

Vervain legte mürrisch die Ohren an und kletterte die Empore zu Campion hinunter. Ein breites, schadenfrohes Grinsen machte sich auf Moss’ Gesicht breit.

„Tja, musst deinen Hintern jetzt auch mal bewegen!“ sagte er.

Der Dunkelgraue knurrte und verengte die Augen zu Schlitzen. Er musterte den Rammler vor sich, der nun mehr braun als grau war und kräuselte die Nase.

„Beweg du deinen Hintern mal besser in das Dreckloch zurück, aus dem du hergekommen bist!“ entgegnete er „Und hüte deine Zunge demnächst gegenüber eines Vorgesetzen!“

Bevor Moss irgendetwas darauf sagen konnte, sprach der General abschließend noch:

„Schickt Patrouillen aus und sucht besonders intensiv in der Umgebung des Flusses!“

„Jawohl, General!“
 

Es vergingen drei Tage und noch immer hatten die Patrouillen keine Spur der Gesuchten gefunden, die weiter ginge als bis zu dem Flussufer. Es wurde vermutet, dass sie entweder Elil zum Opfer gefallen seien oder die Flussströmung sie mitgerissen habe. Die Owsla-Kaninchen waren jedenfalls mehr als erschöpft.
 

Ein dunkles Grollen erklang und der Erdboden begann stark zu vibrieren. Erst in größeren Abständen, dann immer heftiger und schneller hörte man das Geräusch niederprallenden Regens auf Boden und Blättern. Ein starkes Gewitter zog auf.

Campion tappte langsam und in Gedanken versunken einen Gang entlang und war beim Erklingen des Donners auch recht froh, dass er hier unten im Trocknen war. Die Sache mit dem General ließ ihn nicht los und auch rätselte er über das merkwürdige, plötzliche Verschwinden der Ausgebrochenen.

Er näherte sich einem Ausgang und blickte auf, als ein Blitz kurz ein Kaninchen preis gab, welches in dem Loch saß und das Naturschauspiel draußen beobachtete. Als es Campion bemerkte, drehte es sich zu ihm um.

„Cutter..“

Campion gesellte sich zu ihm.
 


 

[1]: Elil = Feind der Kaninchen (allgemeiner Überbegriff für Fuchs, Wiesel usw.)

[2]: Der Vollmond macht sie zur Bestie... Khehe.

[3]: Frith: Gott der Kaninchen (gemeint ist die Sonne)

Freiheit ist eine Illusion (Part 1)

Als die aussichtslose Suche endlich abgebrochen wurde, atmete die Owsla auf.

Die Meisten von ihnen waren an der kräftezehrenden Suche beteiligt gewesen und auch der Rest, der nicht auf Patrouille geschickt wurde, hatte alle Mühe damit gehabt, die Kennzeichen zu überwachen. Das war nicht viel einfacher, schließlich waren die Gruppen groß und Ruhepausen gab es nicht.

Nassgeregnet und erschöpft trafen nun auch die letzten Patrouillen in Efrafa ein. Sie schleppten sich ins Trockene und begaben sich direkt in ihre Bauten. Allesamt waren am Ende ihrer Kräfte und überglücklich wieder in Efrafa zu sein.

Es dauerte nicht lange, bis auch der Letzte eingeschlafen war.
 

Am nächsten Morgen war wieder alles beim Alten in dem düsteren Gehege. Die Wechsel der Kennzeichen verliefen reibungslos und ohne besondere Vorkommnisse. Nichtsdestotrotz lag eine drückende Spannung in der Luft. Die Kaninchen wussten, dass sich Woundwort nicht so leicht geschlagen geben würde.

Dass die Flüchtlinge entkommen konnten, nagte unheimlich am Gemüt des Generals. Und dass seine Owsla nicht imstande war, diese wieder aufzuspüren, ging ihm gewaltig gegen den Strich.
 

Woundwort lag schon eine ganze Zeit stumm und in Gedanken versunken auf seinem Platz mittig der Empore in der Ratshalle. Schließlich richtete er sich auf und wandte sich an einen Owsla, der neben dem Eingang saß.

„Hole mir Campion her!“ verlangte er.

Der Owsla nickte und gab als Antwort zurück: „Jawohl, Sir!“.

So verschwand der Owsla aus dem Sichtfeld des Generals.
 

Auf seinem Weg spaltete sich der Lauf, dem er folgte. Zur Rechten hockte Black im Gang und schaute dem Owsla entgegen. Dieser blieb nur kurz stehen, musterte sie und setzte dann seinen Weg fort. Das schwarze Weibchen blickte ihm noch so lange hinterher, bis er um die nächste Kurve verschwunden war.

Sie seufzte aus.

Sie hatte diesen Rammler schon oft gesehen. Aber das auch nur, weil sie ganz besonders auf ihn achtete und sie war ganz hin und weg von ihm. Auch wenn sie nicht einmal seinen Namen kannte.

Oft hatte sie Anstalten gemacht ihn anzusprechen, hatte jedoch nie genug Mumm gehabt, um etwas ordentliches hervorbringen zu können.

Und auch wenn der Owsla nie wirklich Notiz von der Marli nahm, freute sie sich jedes mal ungemein, wenn er ihren Weg kreuzte.
 

Black drehte sich wieder um und blickte direkt in ein breites Grinsen.

„So ein Hasenfuß...!“ sprach das Kaninchen leise aber deutlich in die Richtung der Marli.

Sie senkte die Augenlider, richtete sich auf und lächelte dem Rammler ihr gegenüber ironisch entgegen.

„Hat dir deine Mutter nie gesagt, dass man anderen nicht hinterher schnüffelt?!“ fragte sie und drückte den Kopf des grauen Bocks mit ihren Vorderpfoten sachte zu Boden.

„Hm, nein. Muss ihr entfallen sein!“ erwiderte Moss, hob seinen Kopf und brachte ihn ohne allzu großen Kraftaufwand wieder in seine vorherige Position „Dass DU in der Owsla bist.. du hast nicht einmal genug Kraft um gegen meinen Kopf anzukommen...“ spottete er im Scherz.
 

Blacks wandte den Kopf ab und schloss die Augen: „Manchmal kommt es eben nicht nur auf physische Kraft an sondern aufs Köpfchen!“

„Etwa SO?“ erwiderte er und gab ihr im selben Moment er eine gehörige Kopfnuss, sodass ihr Oberkörper nach vorn kippte.

„AU!“ zischte sie, fand ihr Gleichgewicht jedoch schnell wieder und rieb sich den Kopf „So war das doch nicht gemeint, du primitiver Holzklotz!“

Moss kicherte: „Primitiv???“

Er streckte sich und setzte sich dann neben das schwarze Weibchen.

„Hast du schon davon gehört, dass der General wieder Patrouillen nach den Flüchtlingen ausschicken will?“ fragte er sie.

Black merkte auf: „Was? Davon wusste ich noch nichts.. aber das wäre doch Schwachsinn...“

Moss zuckte die Achseln: „Ich weiß nicht ob es stimmt. Avens hat es mir vorhin erzählt. Und auch der war sich nicht sicher. Ist eben nur ein Gerücht...“

„Ich kann’s mir nicht vorstellen“ entgegnete sie und fügte noch hinzu: „Ich glaub nicht, dass da was dran ist.“
 

Im nächsten Augenblick rauschte der Rammler von vorhin mit Campion im Schlepptau an ihnen vorbei Richtung Ratshalle.

Moss und Black tauschten nur wortlos ihre Blicke.

Für einen Moment überlegten sie noch den anderen beiden zu folgen aber diesen Gedanken verwarfen sie schnell wieder und begaben sich lieber zum Silflay[1] nach oben.
 

Campion setzte sich mittig des Raumes hin und richtete sich auf. Aufmerksam schaute er zum General hinauf.

„Sie haben nach mir gerufen, Sir?“ fragte er kühl.

„Campion“ begann der General „ich möchte noch eine letzte Patrouille nach diesen Kaninchen ausschicken.“

Der Owsla-Hauptmann blinzelte verdutzt „General, wir haben das gesamte Gelände in Flussnähe durchkämmt und nichts gefunden. Die Spuren sind vom Regen weggespült und die Owsla ist-“

„Keine Ausflüchte, Campion! Ich will dass du dich noch mal mit fünf Owslas deiner Wahl auf die Suche machst!“ knurrte er „Du machst dich so früh wie möglich mit den Owslas auf den Weg. Habt ihr bis ni-frith[2] des nächsten Tages nichts gefunden habt, kehrt ihr wieder nach Efrafa zurück.“
 

Der kastanienbraune Rammler nickte widerwillig und antwortete: „Ja, Sir.“

Für ihn war es klar, dass es nur reine Zeitverschwendung sein würde, noch einmal nach den Flüchtigen zu suchen. Entweder waren sie tot oder schon längst über alle Berge verschwunden. Ihm leuchtete es einfach nicht ein, warum Woundwort so beharrlich nach ihnen suchen ließ und das Leben seiner Owslas aufs Spiel setzte, obwohl die Chance diese Kaninchen noch zu finden schwindend gering war.
 

„Gut“ gab Woundwort zurück „Dann mach dich auf den Weg!“

„Jawohl, Sir!“

Er verließ die Ratshalle und machte sich auf den Weg an die Oberfläche.

Er setzte sich als Ziel am nächsten Tag einfach nur mit allen anderen Kaninchen heil wieder in Efrafa anzukommen und es schnell hinter sich zu bringen. Zwar liebte er nichts mehr als auf Patrouille zu gehen und frische Luft zu schnappen, aber diese Fluchtgeschichte begann an seinen Nerven zu nagen.
 

Oben angekommen hopste er zu einer Gruppe Owslas und sprach:

„Der General will noch eine letzte Patrouille ausschicken um nach den geflohenen Kaninchen zu suchen. Er erwartet die Rückkehr der Patrouille spätestens morgen, ni-frith. Ich werde mit fünf von euch losziehen.“

Wieder blickte er durch die Runde und las aus den Gesichtern der Kaninchen Verwirrung und alles andere als Begeisterung. Er nahm sich vor, nicht wählerisch zu sein und nahm die Owslas zu sich, die ihm noch am kräftigsten schienen.

Er holte Moss, Fern, Kingcup und den Rammler zu sich, der vorhin vom General geschickt worden war, um ihn zu ihm zu bringen.

Black merkte auf als dieser von dem Hauptmann zu sich gerufen wurde. Zwar hatte sie keine wirkliche Lust auf diese Patrouille aber es wäre vielleicht eine gute Gelegenheit, diesem Rammler näher zu kommen. Und das auch noch unter einem guten Vorwand.
 

//Vielleicht bekomme ich ja diesmal was Anständiges raus..// schoss ihr durch den Kopf.

Sie verengte die Augen etwas und blickte wortlos zu Campion rüber.

Dieser erwiderte ihren Blick und überlegte ob er sie mitnehmen sollte. Aber wie er in der Nacht des Ausbruchs festgestellt hatte, war sie im Spurenlesen nicht schlechter als die anderen Owslas und sie war verdammt flink.

Er atmete einmal tief ein- und aus.

//Es kann ja nicht schaden...//

//Wenn du mich jetzt nicht mitnimmst...!//

Black brachte ihren Gedanken jedoch noch nicht zu ende, da rief Campion sie auch schon zu sich.

Erleichtert hopste sie federleicht zu der Kaninchengruppe und sie machten sich auf den Weg.
 

Campion führte die Patrouille in den Wald zu der Stelle, an der die Ausbrecher zuletzt gesehen wurden.

Die Owslas schwärmten aus und machten sich auf die Suche.
 

Black versuchte stets in der Nähe des Bocks zu bleiben, der ihr Interesse geweckt hatte. Es verging einige Zeit bis das Weibchen, natürlich ganz unauffällig, nah genug an ihn heran gekommen war, um sich mit ihm unterhalten zu können.

Sie setzte sich und fasste sich ein Herz.

„Ehm.. Du.. bist ja auch in der Owsla..“ begann sie leise.

Black zuckte.

//Aus allen Möglichkeiten die mir gegeben sind um ein Gespräch anzufangen war DAS wohl die Lächerlichste...// dachte sie voller Reue.

Der Owsla reagierte nicht. Hatte er sie nicht gehört?

Sie schloss die Augen und sprach nun einen Takt lauter.

„Ich kenne deinen Namen noch gar nicht... Ich bin jedenfalls >Black<, falls du es noch nicht wusstest...“ sie schluckte und öffnete die Augen wieder.

Zu ihrer Verwunderung war der Bock aus ihrem Sichtfeld verschwunden.
 

Sie blinzelte und sah sich um. Sie hörte ein Geräusch in einem dichten Farnfeld und folgte ihm. Sie stand jetzt direkt vor dem namenlosen Rammler und gab ihm nicht den Hauch einer Chance sie zu übersehen.

Er richtete sich auf und schaute ihr mit gehobener Augenbraue[3] entgegen.

„Was willst du?“ fragte er plump.
 

Black zögerte kurz, bevor sie antwortete: „Naja... Ist es nicht lustig, dass wir beide in der Owsla sind, aber noch nie wirklich miteinander gesprochen haben? Ich meine... Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“

Sie setzte sich ein Lächeln auf, war aber merklich verunsichert.

Der Rammler ihr gegenüber grinste.

„Du schleichst mir nach, spionierst mich aus, drängst dich immer ‚unauffällig’ in meine Nähe.. FRITH! Es wäre schon eine unglaubliche Leistung, dich nicht zu bemerken!“ gab er ihr zur Antwort „Was willst du also von mir? Jetzt sag’s endlich und nerv mich nicht weiter!“

Die Marli holte tief Luft und sagte: „Deinen Namen..“

Der Bock lehnte sich zu Black vor und grinste noch immer.

„Sag ‚Bitte’!“

Sie schluckte „Bitte..?“

Er schloss die Augen und atmete tief ein.
 

„Nein!“ antwortete er ihr monoton „Und jetzt bring deine Nase aus den Wolken wieder zurück auf die Erde und such endlich nach etwas Brauchbarem! Wir sind hier auf Patrouille und nicht bei irgendeinem Weiberklatsch in den Kennzeichen!“

Mit diesen Worten wandte er sich von ihr ab und entfernte sich von ihr.
 

Black saß da wie bestellt und nicht abgeholt. Als sie nun registrierte, dass der Owsla nichts von ihr wissen wollte und sie für dumm verkauft hatte, machte sich in ihr Ärgernis breit. Sie legte die Ohren an und murrte leise in sich hinein.

//Dieser miese-//

Sie brach den Gedanken ab.
 

Ein Geräusch erklang zu ihrer Rechten.

Etwas bewegte sich im Farn. Sie schmiegte ihren Körper nah an den Boden und schlich sich an die Quelle des Geräusches heran. Sie sah durch die Lücken des Blattwerks hindurch und konnte erkennen, dass es tatsächlich ein Kaninchen war.

Sie richtete sich wieder auf und trat zu dem Kaninchen hervor. Verwundert und erschrocken starrte sie es an. Das Kaninchen erwiderte die Reaktion.

Es war niemand Geringeres als der Rammler, der einige Tage zuvor mit dem kleinen Fiver ausgebrochen war.
 

„DU?!“ rief die Marli entsetzt aus.

Ohne ein Wort zu sagen rauschte der goldbraune Bock an ihr vorbei. Sie trommelte zwei, drei mal auf den Boden und folgte dem Fliehenden.

Der namenlose Owsla hatte ihr Trommeln gehört, scherte vor Black ein und folgte dem Rammler ebenfalls.

Der hellbraune Bock rannte zum Bedauern der beiden Owslas genau in die entgegengesetzte Richtung der anderen Kaninchen der Patrouille. Aber die beiden holten auf.

Links und rechts neben ihnen wuchs dichtes Buschwerk, welches keine Durchsicht gewährte.
 

Ein Rascheln.

Ein Knacken.

Ein Knurren.
 

Vor Blacks Augen sprang ein großes Tier aus dem Gebüsch hervor und riss den anderen Owsla vor ihr zu Boden. Sie selbst wurde noch in der selben Bewegung so heftig vom Körper des Tieres getroffen, dass sie durch das Buschwerk auf die andere Seite der Pflanzenwand geschleudert wurde.

Das Weibchen stürzte einen steilen Abhang hinunter. Sie spürte, wie sich spitze Kiesel immer wieder in ihr Fell bohrten, wenn sie auf den Boden aufschlug, und wie sie ab und an gegen einen großen Stein knallte. Als sie am Fuße des Hanges angekommen war, hörte und fühlte sie gar nichts mehr.
 

Der Himmel verdunkelte sich.

Campion richtete sich auf und hielt die Nase in die Luft. Moss gesellte sich zu ihm.

„Eine Wolke fühlt sich einsam...[4]“ sprach der kastanienbraune Rammler.

Im nächsten Moment hörten sie, wie die ersten Wassertropfen auf das höchste Blattwerk der Bäume prasselten.

Als der Regen heftiger wurde, suchten die Kaninchen Schutz in einem hohlen Baum.

Campion ließ den Blick durch die Runde schweifen.
 

„Wo sind die anderen beiden?“ fragte er.

Kingcup zuckte die Achseln „Ich hab sie zuletzt gesehen, als sie Richtung Farn liefen...“

Fern murrte „Ich sag euch wo diese Marli ist! Sie hat sich irgendwo im Wald verirrt und hockt unter einem Stein. Wahrscheinlich hat sie Schiss gekriegt und hofft, dass wir sie finden. Vielleicht ist sie auch schon längst beim schwarzen Kaninchen von Inlé[5]?“

Der Owsla-Hauptmann schaute mit verengten Augen zu Fern und antwortete ihm „Immer langsam, Fern! Sie mag eine Marli sein aber sie ist immer noch ein Mitglied der Owsla. Also sprich nicht so abwertend über sie. Wenn du keine Ahnung hast, solltest du nicht über Kameraden herziehen und wenn dir das nicht passt, solltest du dir vielleicht mal Gedanken darüber machen, ob die Owsla das Richtige für dich ist.“

Der Owsla ließ ein Knurren verlauten, antwortete jedoch nicht mehr auf den Offizier.

//Wäre er nicht mein Vorgesetzter... ich würde ihn umbringen!//

Campion schaute in den verregneten Wald hinaus und hoffte, dass die beiden Fehlenden bald auftauchen würden.
 

Es schien einige Zeit vergangen zu sein bis Black wieder zu sich kam.

Sie fand sich am Fuße des Abhangs wieder. Ihr Fell war völlig nassgeregnet und der Boden um sie herum war schlammig und nachgiebig.

Sie versuchte aufzustehen doch dies scheiterte. Ihre Pfoten rutschten im Schlick unter ihr immer wieder weg und sie fiel zu Boden.

Sie seufzte aus und versuchte es erneut. Diesmal mit mehr Erfolg.

Sie fühlte sich schwer. Sie schüttelte sich aber das half nicht. Der Schlamm, der sich in ihrem Fell festgesetzt hatte, ließ nicht ab.
 

Die Schwarze schaute ein Stück vor sich auf den Hang und bemerkte eine rote Spur, die sich langsam ihren Weg in ihre Richtung bahnte. Skeptisch schnüffelte sie kurz daran und stellte auch schnell fest, was es war.

Blut. Aber nicht ihr eigenes.

Sie musterte die Blutspur und folgte ihr mit Blicken zu ihrem Ursprung. Sie reichte hoch bis zur Kante des Abhangs und schien unter dem dichten Buschwerk hervorzutreten, mit welchem der Abhang dicht bewachsen war.

Sie schaute zu ihren Vorderpfoten hinunter, die beide schon tief im Schlamm versunken waren. Über ihnen hatten sich kleine Pfützen gebildet, in die nun das Blut trat.

Ein interessantes, rotes Muster entstand auf der Wasseroberfläche. Die rote Substanz zog Fäden, kreise auf dem Wasser und trennte sich. Es erinnerte an eine Art Tanz. Black versank in Gedanken. Mit leerem Blick starrte sie auf das Blut, welches das Wasser allmählich rot färbte.

Das erinnerte sie an irgendetwas.
 

Ihr schoss pflötzlich wieder in den Kopf, was zuletzt geschehen war. Sie wurde von dem Tier, das den anderen Owsla angefallen hatte, mitgerissen und hier hinunter geschleudert.

Sie schaute noch mal den Abhang hinauf, hörte aber nichts bis auf den Regen, der laut auf den Erdboden prasselte.

Das Weibchen traute sich nicht näher heran und wollte nur so schnell wie möglich verschwinden.

Also setzte sie sich in Bewegung.

Sie fand es schade um den Owsla und war gleichzeitig unheimlich wütend auf diesen Ausbrecher, der die beiden direkt zu diesem Untier geführt hatte. In diesen Augenblicken wünschte sie sich, sie hätte den Owsla näher kennen gelernt, auch wenn er so unfreundlich gewesen war.
 

„... jedenfalls müssen wir so schnell wie möglich wieder nach Watership Down zurück kommen!“

Black blieb schlagartig stehen und verschwand lautlos hinter einem großen Farngewächs. Vor ihr saßen drei fremde Kaninchen. Falsch. Der goldbraune Rammler und zwei Fremde.

Black verengte die Augen.

Der Goldbraune und eines der anderen Kaninchen schienen verletzt zu sein. Das dritte Kaninchen war winzig im Gegensatz zu den anderen beiden Langohren.

„Bist du dir sicher, dass sie dir nicht gefolgt sind?!“

„Ich hatte dir doch vorhin schon gesagt, dass Elil sie gerissen haben!“

//Wenn ich das hier richtig hinbiege gibt das satte Pluspunkte! Auch wenn ich nur den Goldbraunen nach Efrafa bekommen würde...// dachte sie.

In ihrem Gesicht machte sich ein Grinsen breit.

Selbstbewusst trat das Weibchen hervor und kam direkt vor den Downern zum Stehen.

Die Kaninchen zuckten zusammen, als sie sie bemerkten, und warfen ihr völlig perplexe Blicke zu.
 

„Du Hund!“ begann sie und sprach zu dem braunen Bock „Meinst’ wohl, du könntest einem Elil einen Efrafa-Owsla zum Fraß vorwerfen und ungeschoren davon kommen?! NICHTS DA!“

Der Rammler musterte sie skeptisch und erwiderte belustigt „Sag mal... bist du nicht diese Kleine, die Fiver und mir neulich nachts im Wald hinterhergeschnüffelt hat?? HA! Du hast aus dem Wald rausgefunden?? Wenn das so ist: Alle Achtung. Hätte ich nicht von dir erwartet. Oder irrst du etwa IMMERNOCH hier herum? Aber... Warst du nicht mal schwarz?“
 

Grinsend deutete er auf das schlammgezeichnete Fell der Marli.

Black murrte leise und erwiderte: „Halt du bloß die Schnauze! Dass du überhaupt noch am Leben bist, wundert mich auch.“

Sie setzte sich und musterte die anderen beiden Kaninchen. Das Eine war ein dunkelbraunes Jungtier, das andere war schwer verletzt und hatte einen glasigen Blick.

Die Beiden taten ihr Leid. Sie kannte sie noch aus dem Sandle-Ford-Gehege damals. Sie waren mit Hazel und Fiver fortgezogen, das wusste Black noch ganz genau.

„Komm mit mir nach Efrafa!“ sprach sie bestimmt zu dem Goldbraunen.

Als Antwort bekam sie ein hallendes Lachen.

„Was?“ kicherte der Rammler „DU willst MICH nach Efrafa schleppen? Nicht einmal in deinen Träumen!“

„Jetzt spiel dich bloß nicht so auf! So wie ich das sehe, hocken vor mir ein schwaches Jungtier, ein Schwerverletzter und ein Vollidiot. Und auch der ist verletzt. Der Rest der Patrouille ist sofort zur Stelle, wenn ich nach ihnen rufe. Das ist ein gutes Angebot. Entweder du kommst mit oder ihr alle!“ gab sie als Antwort „Könntest du das verantworten?“
 

Der Rammler knurrte.

„Wieso rufst du die anderen Owslas denn nicht gleich?! Wäre doch Schwachsinn die anderen beiden laufen zu lassen...“ sagte er „Oder soll das eine Art Trick sein?!“

Sie senkte die Augenlider und antwortete: „Ich bin zwar eine Efrafa aber ob du’s glaubst oder nicht: Auch Efrafas haben Herz. Ein Jungtier und ein Schwerverletzter... ich bin kein Untier. Oder sehe ich danach aus?“

Der Bock sprach nur leise zu sich selbst: „Nach was DU aussiehst, will ich mal nicht aussprechen...“
 

Er war sich nicht sicher wie viel an der Drohung dran war, aber er wollte das Leben der anderen beiden Kaninchen nicht riskieren.

//Dandelion käme bei einer Flucht mit solchen Verletzungen nicht weit. Ganz zu schweigen von dem kleinen Pipkin. Bleibt mir etwas anderes übrig?!// dachte er und seufzte aus. Vielleicht könnte er auf dem Weg von dem Weibchen loskommen... Und selbst wenn nicht-
 

„Na gut..“ knurrte er.

Black merkte auf „Was? Wirklich??“

Sie räusperte sich und korrigierte: „Ich meine... Eine wirklich kluge Entscheidung...“

//Ich hätte nicht geglaubt, dass er darauf eingeht!//

Sie schaute sich noch einmal um und stupste den Rammler mit der Schnauze an, dass er sich in Bewegung setzen soll.

„Komm...“ sprach sie.

Er ließ noch ein Murren verlauten, dann folgte er ihr widerwillig.
 

Der Regen entwickelte sich langsam zu einem heftigen Unwetter.

Blitze tauchten die verdunkelte Umgebung immer wieder für einen kurzen Augenblick in ein helles Licht. Darauf folgte jedes mal ein heftiger Donner, der den Boden erbeben ließ.

Jedes mal, wenn ein Donner grollte, spürte Black, wie ihr Herz einen Sprung machte.

Ihr wurde klar, dass sie den Bock nie in diesem stürmischen Gewitter nach Efrafa bringen könnte.
 

Sie setzte sich auf und schaute sich um.

Als ein Blitz den Wald wieder zum leuchten brachte, entdeckte das Weibchen einige große Steine aufeinander liegen. Unten in dem Steinhaufen war ein größeres Loch.

Hoffnungsvoll kam sie näher, beschnupperte die Steine und das Loch. Sie sprang durch es hindurch und landete in einer großen, trockenen Höhle.

Sie schaute zurück zu dem Rammler und rief ihm zu: „Kommst du jetzt rein oder willst du da draußen Wurzeln schlagen?“

Der Bock überlegte nicht lange und kam ihr hinterher.

//Ob ich nun draußen in der nassen Kälte stehe oder hier im Trocknen mit einer Furie hocke... Beides etwa gleich unangenehm.//
 

Das Unwetter wurde immer schlimmer.

Langsam begann sich der Offizier ernsthaft Sorgen um die beiden Vermissten zu machen.

//Es war von vorn herein klar, dass es eine Schnapsidee ist noch einmal nach den Ausbrechern zu suchen...// dachte er und sah zu Moss.

Dieser erwiderte seinen Blick ebenso ratlos, wie er ihn ihm schenkte.

Er seufzte aus und schaute wieder in den trüben Wald hinein.
 

Es war mittlerweile schon einige Zeit vergangen und in der Höhle war kaum ein Wort gefallen.

Nachdem sie sich geputzt hatte, lag Black auf einer kleinen Erderhebung und beobachtete den Rammler, der seine Wunden leckte. Das gab ihr die Gelegenheit, den Bock mal ein bisschen näher unter die Lupe zu nehmen, auch wenn sie natürlich nur etwas sah, wenn die Höhle kurz durch einen Blitz erhellt wurde.
 

Der Bock hatte eine normale Größe für einen gut genährten Rammler und sah auch sonst kerngesund aus. Während sein Körper goldbraun war, waren alle vier Pfoten jedoch ein bisschen heller angehaucht. Ebenso zeichneten sich helle Ringe um seine tiefblauen Augen ab. Der Fremde hatte eine weiße Brust und sein Bauch war ebenso weiß. Als die Blicke des Weibchens an seinen Vorderbeinen entlang glitten, musste sie erst leicht schmunzeln. Einige längere Haare standen vom Gelenk nach hinten ab. Das hatte sie bisher bei noch keinem anderen Kaninchen gesehen.

Ihr Blick wanderte noch mal zum Gesicht des Bocks. Sie konnte sich nicht erklären warum, aber er erinnerte sie an irgendjemanden. An irgendein Owsla-Kaninchen aus Efrafa.
 

„Sag mal..“ begann sie „Wer bist du eigentlich?“

Der Rammler schaute auf und antwortete gereizt: „Du hast mich hier in dieses Rattenloch geschliffen, wie wäre es wenn du dich erst einmal vorstellst?“

Er achtete akribisch darauf, dass seine Stimme ruhig klang.

„Für ein Kaninchen in deiner Situation bist du aber ganz schön unfreundlich!“ bemerkte sie spitz „Mein Name ist ‚Black’. Wie die Farbe. Oder Nichtfarbe. Wie auch immer. Verrätst du mir jetzt auch wie du heißt?“

„Man nennt mich ‚Lee’. So. Genug der Tratscherei. Ich bin froh, wenn ich das hier hinter mir habe..“ sprach er und begann wieder damit, seine Wunden zu säubern.

„Du bist froh, wenn ich dich nicht mehr gefangen halte? Das finde ich irgendwie beleidigend...“ kam als Antwort, vielleicht sogar mit einem neckischen Unterton in der Stimme.
 

Lee lachte lauthals auf „>Du< und mich gefangen halten? Ich könnte jederzeit verschwinden wenn ich wollte!“

„Ach ja?“ harkte Black nach und verengte die Augen einen Deut.

„Warum tust du es dann nicht?“
 

Mit einem Nicken Richtung Eingang machte er auf das Unwetter draußen aufmerksam.

„Bei so einem Hundewetter halte ich eine geschützte Höhle doch für etwas angenehmer.“

Er setzte sich auf und grinste der Marli keck entgegen.

„Oder meinst du etwa, du würdest mich mit deinem unglaublichen ‚Charme’ hier festhalten?“ fügte er noch hinzu, wobei er das Wort ‚Charme’ besonders ironisch betonte.
 

Black murrte leise in sich hinein.

Jetzt, wo sie Lee noch einmal betrachtete und ihn in dieser arroganten Pose musterte, fiel ihr wieder ein, an wen sie dieser Rammler erinnerte.

„Weißt du an wen du mich erinnerst, wenn du so da sitzt?“

Der Bock schaute fragend zu dem Weibchen auf „Nein, an wen?“

Die Marli zuckte die Achseln und erwiderte „Ach, den kennst du bestimmt nicht. Er ist Owsla-Hauptmann in Efrafa.“

//’Campion’... Mein Gott. In Sandle-Ford war ich auch Hauptmann-...in! Und hier wurde ich abgestempelt als Anfänger. Wie lange es gedauert hat, bis ich überhaupt in einer weiten Patrouille mitlaufen durfte...

Der hat das Glück bestimmt zwischen zwei Löwenzähnen gefunden!// dachte sie für sich.

Ihre kleine Antipathie, die sie Campion gegenüber hegte war natürlich nur neidbegründet. Aber das musste ja keiner wissen.
 

Lee wurde dann doch etwas neugierig und fragte noch mal nach: „Wie heißt dieser Hauptmann?“

Black schloss die Augen, legte ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten und begann: „Ca-“

Doch bevor sie zu ende bringen konnte, was sie sagen wollte, wurde sie auch schon unterbrochen.

„Campion???“

Black merkte auf: „Woher kennst du Campion?!“

Er murrte leise und bereute schon wieder, was da grade aus ihm herausgeplatzt war.

„Ist doch egal! Geht dich nichts an.“
 

Das schwarze Weibchen grinste „Du bist aus seiner Familie, hab ich recht? Du bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten, wenn ich das mal so sagen darf. Was nicht unbedingt gut ist... oder schlecht... ach, was soll’s!“

„Gut? Schlecht? Was soll das?“ Lee sah skeptisch zu dem Weibchen hinüber „Sehe ich so aus, als wollte ich bei dir punkten?“

Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht der Marli breit: „Klar. Wer will das nicht?“

Lee verdrehte die Augen „Wenn du nicht bald mal den Mund hältst, sorge ich dafür, dass du dem schwarzen Kaninchen eher begegnest als dir lieb ist!“
 

„Du willst mir drohen? Mal abgesehen davon, dass du dich mit deinen Verletzungen kaum aufraffen kannst, würdest du einer kleinen, schwachen Marli doch niemals etwas antun, oder?“ entgegnete sie.

„Willst du mich nun weiter verhören oder kann ich auch mal ein paar Fragen stellen?“ murrte der Bock.

Black machte eine wellenartige Pfotenbewegung und antwortete gelassen: „Nur zu.“
 

„Wenn wir in Efrafa ankämen... Was würde dann mit mir geschehen?“ fragte er mit etwas Unsicherheit in der Stimme.

„Ich denke...“ begann Black, konnte den Satz aber nicht so recht vollenden. Sie wusste selbst nicht so genau, was mit Gefangenen in Efrafa passierte. Nach einer langen Pause sprach sie weiter „Also ich denke... Du kommst erst mal in ein Kennzeichen... Also nach dem Gespräch mit dem General natürlich.“

Lee hörte aufmerksam zu und schluckte, als Black an die Stelle mit dem Gespräch mit dem General ankam.

Sie schaute zu Lee hinüber und fügte noch hinzu: „Oder hat unser großer Held etwa Angst? Ach, und Verzeihung, aber du WIRST in Efrafa ankommen.“

Lee schnaubte und sagte: „Mir reicht’s jetzt! Ich verschwinde! Ich lass mich doch nicht vom General in Einzelteile zerlegen!“

//Die ist auch nicht ganz klar im Kopf!// dachte er.

Mit diesen Worten stand er auf und schleppte sich Richtung Ausgang.

Als Black aber bemerkte, dass Lee sich aus dem Staub machen wollte, machte sie einen Satz von der Erhebung und landete genau auf dem Rücken des Rammlers, der daraufhin nach vorne kippte und auf den Boden fiel.

„Du bist mir schon mal abgehauen!“ sprach sie.

„Ach ja?“ antwortete Lee wie beiläufig.
 

Nach den Worten wälzte er sich zur Seite weg und nagelte das Weibchen aus der Bewegung heraus mit den Schultern am Boden fest.

Ein überlegendes Grinsen zierte Lees Gesicht.

„Und ich werde es wieder tun.“

Black schaute trotzig zu ihm auf und erwiderte „Ich wird’ dir schon noch zeigen, dass-“

„Ach ja?“ Lee musste kichern „WANN denn?“
 

Black knurrte. Sie holte mit den Hinterläufen Schwung so gut es eben ging, schnellte mit ihnen durch Lees Vorderbeine hindurch und traf ihn mit der Verse heftig unter dem Kinn. Durch die Wucht des Trittes wurde Lee ein Stück zurück geworfen und Black konnte wieder aufstehen.

Triumphierend sah sie dem Rammler ins Gesicht.

Dieser hatte sich bei dem Tritt versehentlich auf die Zunge gebissen und spuckte Blut zur Seite aus.
 

„Nicht schlecht. Trotzdem nur Kinderei. Wenn es hart auf hart käme, würdest du den Kürzeren ziehen!“

Mit diesen Worten rollte er sich auf dem Boden ein und begann wieder damit, seine Wunden zu säubern.

„Woher willst du das denn schon wissen?“ stieß das Weibchen murrend aus und kam während des Sprechens langsam auf den Rammler zu „Reiß du dein Maul mal nicht immer so weit auf. Scheinst ja auch nicht grade der Unbesiegbare schlecht hin zu sein.“

Sie nahm sich eine tiefere Wunde an Lees Schulter vor und begann daran zu lecken.
 

Skeptisch musterte sie der Goldbraune und entgegnete: „Was soll das denn jetzt werden?!“

„Sehe ich so aus, als wollte ich dich tot nach Efrafa tragen?“ kam als Antwort.

„Sehe ich so aus als wollte ich von einer Mittelklassemarli bemuttert werden?“ murrte er zurück.

„Ach, jetzt halt den Mund und halt still!“ raunte sie zurück.

//Mittelklassemarli...//

Darauf erwiderte Lee nichts mehr und schaute einfach nur zu, wie Black sich wieder an seiner Wunde zu schaffen machte. Dies gab ihm auch mal Gelegenheit, das Weibchen näher zu betrachten.

Sie war recht schlank gebaut, sah jedoch nicht abgemagert aus. Aber ihr langes, schwarzes Fell verbarg ihre Überschlankheit unter sich, weshalb man zweimal hinschauen musste, bevor man ihre Figur wirklich erkennen konnte.

//Und die soll in der Owsla sein? Ist das ein Scherz?// dachte er im Stillen //Da sieht man in Efrafa eine Reihe großgewachsener, kerngesunder und vor allem bullig gebauter Rammler stehen und irgendwo dazwischen hockt SIE?!//
 

Er lächelte und sagte nach einer langen Pause: „Wäre Watership Down nichts für dich?“

Sie hielt inne und entgegnete monoton: „Wie kommst du darauf, dass ich aus Efrafa raus will?“

„Weil ich mir nicht vorstellen kann, dass du in einem Gehege wie Efrafa glücklich bist.“

Das Weibchen schenkte Lee finstere Blicke.

„Meine Loyalität liegt absolut bei Efrafa!“ zischte sie und begann wieder, seine Wunde zu säubern. Sie bereute ihre Antwort auch nicht in der Sekunde, als ihr einfiel, dass sie auf diesem Wege hätte herauskriegen können, wo dieser ominöse Bau liegt.

Sie hätte Watership Down vermutlich sowieso nicht verraten können.
 

Lee schloss die Augen und grinste „Weißt du, in Watership Down gibt es einen Owsla-Hauptmann, Bigwig, der würde dir bestimmt gefallen!“

Als sie Bigwigs Namen fallen hörte, verschluckte sie sich an einem Haar und hustete heftig.

„Bigwig?!“ begann sie „Ist dieser Hund etwa immer noch nicht unter die Räder gekommen? Ich kenne diesen Sturkopf. Wieso sollte DER mir gefallen?!“

„Woher kennst du Bigwig?“

Black zögerte erst, bevor sie ihm antwortete: „Er und ich waren zusammen in einem anderen Gehege in der Owsla.“

Sie seufzte und murmelte leise: „Was wohl aus Holly geworden ist?“

„Holly ist tot“ gab Lee kühl zurück.

Black zuckte zusammen.

„Tot?!“ fragte sie entsetzt.

„Ja! Woundwort hat ihn umgebracht!“

„Das ist nicht wahr... du lügst..!“

Traurig schaute sie zu Boden. Innerlich wusste sie, dass Lee die Wahrheit sagte, das traf sie hart. Damals im Sandleford-Gehege war Holly Hauptmann gewesen. Sie hatte sich immer außerordentlich gut mit ihm verstanden. Besser als mit jedem anderen Kaninchen dort.

„Ich lüge nicht“ begann Lee „Bist du Efrafa immer noch so loyal? Immerhin hat dein General einen Freund von dir getötet.“
 

Das Weibchen sah Lee ernst in die Augen.

„Warst du es nicht, der vorhin noch meinte, ich wäre ach so unterlegen? Wenn es darum ginge, wäre ich jawohl keine sonderliche Bereicherung. Warum willst du mich von Watership Down überzeugen?!“

„Frith und Inlé! Dann quäl dich eben weiter in Efrafa herum!“

Lee verdrehte die Augen und fügte noch leise hinzu: „Man kann eben niemanden zu seinem Glück zwingen...“

„Du weißt doch gar nicht, ob ich mich quäle! Du kennst mich nicht einmal!“ gab Black trotzig zurück „Wahrscheinlich ist mein einziges Glück mit einem Halbtoten in einer feuchten Höhle zu sitzen!“

„Ach ja?“ Der Rammler plusterte sich auf „Ich könnte mir auch was besseres vorstellen als mit einer verlausten Efrafa in einer feuchten Höhle zu hocken! Ich wurde mitgeschliffen also reg DU dich gefälligst nicht auf!“

Die Schwarze knurrte „Lieber verlauste Efrafa als nichtsnutziger Downer!“
 

Langsam zog das Unwetter weiter und der Donner wurde immer leiser.

Campion beobachtete unentwegt die Umgebung des hohlen Baumes, in dem die Patrouille immer noch hockte. Er hörte, wie der Regen langsam weniger wurde und wandte sich zu Moss um.

„Wir werden sie suchen!“ befahl er bestimmt und trat ins Freie.

Die restlichen Owslas folgten ihm.
 

Der Bock erhob sich und stellte sich vor Black auf.

„Immerhin können wir miteinander und setzen uns füreinander ein! In Efrafa macht doch jeder jeden nur nieder!“

„Jetzt komm du mir nicht mit Moralpredigten!“ fauchte sie zurück „Ihr Downer verkriecht euch doch nur hinter dem Rücken eurer ‚Freunde’, weil keiner von euch kämpfen kann!“

„Könnte ich nicht kämpfen, wäre ich dann mit einem verletzten Halbstarken aus Efrafa rausgekommen?!“ harkte Lee mit einem verschlagenem Grinsen nach.

Daraufhin schwieg Black nur.

„Wie auch immer!“ Lee setzte sich wieder und fuhr fort „Aber du scheinst ja aus Erfahrung zu sprechen! Wie vielen Kaninchen hast du denn schon das Leben gerettet? Oder.. Wie viele hast du schon umgebracht?“

Die Marli zuckte leicht zusammen und antwortete erst einige Augenblicke später „Wie viele ich schon umgebracht habe?“ sie grinste „U hrair[6]!“

„Aha...“ erwiderte Lee ungläubig „Und? Hat es dir Spaß gemacht?“

//EINEN hat sie bestimmt schon umgebracht...// dachte er für sich.

Ein kalter Schauer kroch Black den Rücken hinauf.

„Blöde Fragen stellst du da!“ sie schaute zur Seite während sie sprach „Sie hatten es jedenfalls alle verdient!“

Lee hob skeptisch eine Augenbraue und sprach: „Verdient? Was haben sie dir getan?“

Black öffnete grade den Mund um etwas zu erwidern als...
 

„Fern! Ich hab sie gefunden!“ erklang eine bekannte Rammlerstimme.

Im Eingang der Höhle stand Moss und trat grade ein. Er kam auf Black zu und sprach: „Wir haben dich schon überall gesucht, Black! Ihr ward auf einmal verschwunden...“

Im selben Moment fiel ihm Lee auf und er fügte noch hinzu: „Dich haben wir übrigens auch gesucht!“

„Glückwunsch! Habt mich ja jetzt gefunden!“ knurrte ihm der goldbraune Rammler entgegen.

Black kam Moss näher und fragte betrübt: „Was ist aus dem anderen Owsla geworden?“

„Wir haben Teile von ihm an einem Hang gefunden. Er ist tot.“ antwortete Fern ihr, der grade ebenfalls die Höhle betrat.
 

„Tot...?“ wiederholte das Weibchen noch einmal niedergeschlagen. Sie hatte es schon geahnt.

„Ja“ erwiderte Fern und murrte „Aber immerhin bist DU ja noch wohl auf.“

Die Ironie kam dabei nur zu deutlich zum Ausdruck. Black schenkte ihm nur einen grimmigen Blick.

Moss kam Lee näher und blieb neben ihm stehen.

„Los. Wir bringen ihn zu Hauptmann Campion!“ sagte er.

Fern nickte und hopste auf Lees andere Seite, sodass ihm keine Chance blieb, weglaufen zu können.
 

Sie machten sich auf den Weg zu einem Punkt, an dem sich die Owslas treffen sollten, wenn sie etwas gefunden hatten oder die entsprechende Zeit abgelaufen war. Die Kaninchen warteten eine Weile, bis nun auch die anderen zwei eintrafen.

Moss musterte Kingcup, dessen Körper zur Hälfte völlig mit Schlamm bedeckt war, und konnte sich sein Grinsen kaum verkneifen.

„Was ist denn mit dir passiert, Kingcup?“ fragte der graue Bock.

Beschämt schaute Kingcup zu Boden und antwortete: „Ich bin in einem Schlammloch stecken geblieben...“

Campion murrte.

Er hatte viel Zeit damit verbringen müssen, Kingcup irgendwie aus dieser Pfütze herauszukriegen. So eine Panik hatte er selten bei einem Kaninchen gesehen.

Genervt musterte er nun die einzelnen Kaninchen.

„Der Verlust eines Kaninchens... für lau...“ knurrte er leise in sich hinein.
 

In diesem Moment schaute er zwischen Fern und Moss hindurch und entdeckte den goldbraunen Rammler, den die Owslas gefangen genommen hatten.

Er riss halb überrascht die Augen auf.
 

„Du?!“

Der Offizier kam näher und musterte Lee, der schweigend da saß.

In Lees Gesicht machte sich ein Grinsen breit, er sagte aber immer noch nichts.

Campion knurrte und befahl: „Wir bringen ihn nach Efrafa und führen ihn vor den Rat!“

Mit diesen Worten machte er Kehrt und setzte die Kaninchengruppe in Bewegung.

Einen halben Tag später kamen sie in Efrafa an. Zum großen Erstaunen der Owslas hatte ihr Gefangener keinerlei Anstalten gemacht.
 

Campion begab sich zu einem Loch, drehte sich jedoch noch einmal um und sprach zu den Owslas: „Passt gut auf, dass er keine Spiränzchen macht!“

Und mit diesen Worten verschwand er ins Unterirdische.
 

Das gab Lee die Gelegenheit, sich die Owslas einmal genauer anzusehen.

Sein Blick schweifte durch die Runde.

//Hm. Alles große, muskulöse Machos...// dachte er, bis sein Blick bei Black hängen blieb //Oh ja und die Kleine... Wie soll die es mit einem Rammler aufnehmen, der zwei, drei mal so viel wiegt wie sie selbst?//
 

Black bemerkte, wie Lee sie musterte und verengte die Augen.

„Was glotzt du so blöd?“

Der goldbraune Rammler streckte sich und entgegnete grinsend: „Tut mir leid. Ich musste grade nur genauer hinsehen um zu erkennen, ob du nun ein Kaninchen oder ein verkohltes Ästchen bist. Aber ich tippe mal auf eine Kreuzung aus beidem.“

Das Weibchen zeigte knurrend die Zähne: „Halt die Schnauze! Bevor ich dir das letzte Quäntchen Hirn aus dem Leib prügle!“

„Oh!“ Lee richtete sich auf und schaute in seiner vollen Größe, immer noch grinsend, auf Black herab.

„Dass du dich überhaupt traust den Mund aufzumachen!“ entgegnete er.

Nun richtete sich auch das Weibchen auf. Allerdings fiel ihr zu spät auf, dass sie immer noch einen ganzen Kopf kleiner war als der Rammler vor ihr, egal wie viel Mühe sie sich gab größer zu wirken.

Sie versuchte sich allerdings nichts anmerken zu lassen und gab ebenfalls grinsend zurück: „Ich wusste gar nicht, dass man Hraka[7] so hoch stapeln kann. Aber jetzt wo du vor mir stehst, bin ich schlauer!“
 

Der Goldbraune kam Blacks Gesicht mit seinem ganz nahe und erwiderte: „Ich gebe Dummen gerne eine Chance! Eigentlich siehst du doch ganz süß aus. Schade nur, dass du so eine Furie bist. Sind hier eigentlich alle Marlil so wie du? Kein Wunder, dass Efrafa so ein Drecksloch ist...“

Das war zu viel.

Das schwarze Weibchen sprang auf ihre Vorderpfoten, schwang ihre Hinterläufe einmal um sich herum und kickte Lee einmal heftig gegen die Schnauze. Von der Wucht des Trittes fiel Lee zurück und landete rücklings auf dem Boden.

Erst total perplex schaute er dann zu Black auf. Er kam wieder auf die Beine und grinste leicht: „Starker Tritt.... für ein Weibchen!“

Blut trat aus seiner Nase und bahne sich seinen Weg über sein Maul bis zum Kinn hinab. Er wischte es mit einer Vorderpfote weg und versuchte dabei möglichst gelassen und schmerzfrei zu wirken.

//AU AU AU!!! Bah, meine Nase! Das tut verdammt weh! Hoffentlich ist sie überhaupt noch komplett dran!//

Er riss sich zusammen, dass ihm das Wasser nicht in die Augen trat.

„Tut mir leid... Beim nächsten mal trete ich fester zu!“ gab sie kühl zurück.

Moss, der das Ganze mit ansehen musste, setzte grade zum Reden an als Campion auch schon wieder aus dem Loch hervortrat.

„Bringt ihn runter in die Ratshalle. Der General möchte sich ein wenig mit ihm unterhalten!“
 

[1]: „Silflay“ = Nach draußen gehen um zu fressen

[2]: „ni-frith“ = Mittag

[3]: Jah! Kaninchen haben keine Augenbrauen... >_< ... Meine haben trotzdem welche!

[4]: Bevor es regnet, ist erst eine Wolke am Himmel, dann sammeln sie sich. Deshalb sagen Kaninchen „Eine Wolke fühlt sich einsam“, wenn es bald zu Regnen beginnt.

[5]: Das „schwarze Kaninchen von Inlé“ ist ein Geist, der die Seelen der Kaninchen abholt und in Friths Himmelreich begleitet. Er dient Frith (der Sonne). Wörtlich bedeutet „Inlé“ „Mond“.

[6]: „U hrair“ = ein Tausend

[7]: „Hraka“ = Mist/Kot/Scheiße xD“

Freiheit ist eine Illusion (Part 2)

„Wo ist Fiver?“

Keine Antwort.

„Woher kommst du wirklich?!“

Keine Antwort.

„Wer hat dich geschickt?!“

Keine Antwort.
 

Der General knurrte.

Er war das ewige Schweigen des Rammlers endgültig leid.

„Entweder du antwortest, oder du bekommst die Konsequenzen zu spüren, Fremder!“

Moss schubste Lee einmal so heftig an, dass es ihn von den Pfoten fegte. Der Bock stemmte sich wieder hoch und schüttelte sich den Staub aus dem Fell. Ruhig setzte er sich wieder genau auf die Stelle zurück, an der er vorher gesessen hatte und schaute mit entspanntem Blick zu General Woundwort hinauf.

Wieder Schweigen.
 

Wie aus heiterem Himmel entspannten sich plötzlich die Gesichtszüge Woundworts und es zeichnete sich tatsächlich so etwas wie ein Lächeln in seinem Gesicht ab.

„Aber irgendwie amüsiert es mich…“ begann der General und neigte den Kopf „Du bringst es fertig, mit einem kleinen, schwächelnden Bock an Dutzenden von Wachen vorbei zu kommen, schaffst es aber nicht, im Wald mit einem einzigen Owsla fertig zu werden.“

Lee grinste.
 

„Mir hat’s in Efrafa so gut gefallen. Ich wette, die Touristen rennen euch im Sommer die Bude ein“ er pausierte kurz, ehe er mit einem noch viel breiterem Grinsen fortfuhr „Und immerhin habe ich hier gearbeitet. Also dachte ich, ich komme mal eben zurück um zu kassieren!“

Woundwort lachte einmal laut auf.

„Deinen Lohn wirst du schon noch bekommen!“ erwiderte er dem goldnen Rammler.

Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Dennoch will ich dir ein letztes Angebot machen, das ich an deiner Stelle nicht leichtfertig abschlagen würde. Sag uns, wo du Fiver hingebracht hast. Oder gegebenenfalls wo Hazels Bau liegt und dir werden schlimme Schmerzen erspart bleiben.“

//Klar, ich habe nur auf dieses Angebot gewartet – Glaubt der das eigentlich selber, was der da verzapft?!//

„Dann wird man mich wohl in Stücke reißen müssen...“ sagte Lee und wartete einen Augenblick, als niemand reagierte sprach er weiter: „Das heißt übrigens ‚Nein’!“

„Oh! Ich würde es mir aber wirklich noch mal überlegen...“ sprach der General von oben herab „Später wirst du dir noch wünschen, dich anders entschieden zu haben...“

„Welcher Teil von ‚Nein’ wurde nicht verstanden?“ gab Lee zynisch zurück, ohne eine Antwort zu erwarten.
 

Das Maß war voll.
 

Nun konnte sich auch Woundwort nicht mehr beherrschen. Er verengte die Augen und sah verachtend auf Lee herab.

Dass er es überhaupt wagen konnte, so dermaßen dreist und respektlos vor dem hohen Rat zu sprechen, vor IHM zu sprechen.
 

Eine Lee unbekannte Gestalt trat aus dem Schatten einer Ecke heraus.

Im fahlen Licht sah Lee erst eine mit langen, scharfen Krallen besetzte Pfote, gefolgt von einem muskulösen Bein.

Letztendlich trat vollends ein kräftiger Rammler aus dem Dunkeln. Die rotglühenden Augen des Bocks schienen ihn zu durchbohren. Sein breites Grinsen offenbarte ein Maul voller blendend weißer Zähne.

Lee hatte ihn zwar noch nie zuvor gesehen, aber er gefiel ihm nicht. Es gefiel ihm nicht, wie sich der Rammler bewegte, so erhaben und zielsicher. Es gefiel ihm nicht, wie ihn der Rammler ansah und ihm gefiel nicht, dass er geradewegs auf ihn zukam.
 

„Ich werde mich darum kümmern, General!“ ließ das Kaninchen mit rauchiger Stimme verlauten.

Beim Klang seiner Worte sträubte sich Lees Nackenfell. Dem Goldbraunen war es ein Rätsel, wieso genau dieser Rammler so eine Unruhe in ihm auslöste. Vielleicht lag es an seinem Killerblick, vielleicht aber auch an seinem Geruch. Frischer, blutiger Geruch.
 

Er ließ sich neben Lee nieder und fügte hinzu: „Soweit Sie nichts dagegen einzuwenden haben, versteht sich.“

Der General grinste.

„Kurai, deine Dienste hätte ich so oder so in Anspruch genommen. Hilf dem Gedächtnis unseres Gasts doch etwas auf die Sprünge.“

//Kurai?// dachte Lee und musterte ihn von der Seite aus.

„Mit dem größten Vergnügen, General!“ erwiderte Kurai auf Woundworts Worte und sah aus den Augenwinkeln zu Lee.
 

Lee legte die Ohren an. In den feuerroten Augen Kurais war ein bedrohliches Funkeln zu erkennen. Und dennoch ging von ihnen eine Kälte aus, die Lee das Blut in den Adern gefrieren lies. So ein Blick war zuvor nie auf ihn getroffen.
 

Kurai stand auf und ging einmal im Halbkreis um den goldenen Rammler herum. Dabei taxierte er sein Gegenüber ganz genau.

Lee machte sich auf alles gefasst und senkte den Kopf.

„Du willst also wirklich nicht reden, hm?“ harkte Kurai nach.

„Ich bleibe bei ‚nein‘“ entgegnete Lee und verengte misstrauisch die Augen „Lieber lasse ich mich zu Tode foltern, als dass ich spreche!“
 

//Der hält sich anscheinend für ‘ne echt große Nummer. Als ob der mich auch nur ansatzweise verunsichern könnte!// versuchte Lee sich einzureden.

Ein leises, finsteres Kichern erklang zu Lees Ohren.

„Das hört sich gut an…“

Stutzig hob Lee eine Augenbraue und verstand nicht recht.

„Das heißt übrigens nicht unbedingt, dass es dir auch so gefallen wird! Ich nehme sowas wörtlich...“

Kaum hatte er zu Ende gesprochen, trat Kurai auch schon nach Lee aus, dieser konnte jedoch um ein Haar ausweichen und rollte sich zur Seite.

Als Lee grade registrierte, dass der Andere nach ihm ausgetreten hatte, spürte er auch schon einen heftigen Schmerz in der linken Flanke. Er spürte nur noch, wie er durch die Luft flog und wieder zu Boden kam. Murrend hob er den Kopf vom Boden auf und blickte sogleich in die blutroten Augen von Kurai, die ihn fixierten.
 

Lee legte die Ohren an und sah aus den Augenwinkeln den Eingang eines Laufs.

//Irgendwie komme ich hier schon raus!// dacht er und mit diesem Gedanken schleuderte er Kurai eine Ladung Sand ins Gesicht und spurtete los, in den Lauf und folgte ihm bis zum Ende. Er befand sich nun in einem etwas größeren Bau und legte die Ohren abermals an.

//Verdammt! Lee, du Vollidiot!// fluchte er und ärgerte sich maßlos über sich selbst. In der Aufregung hatte er nicht einmal realisiert, dass dieser Lauf weder nach oben führt, noch dass keine frische Luft zu wittern gewesen war.
 

Stattdessen war hier ein schwerer Geruch wahrzunehmen.

Lee kam näher auf die gegenüberliegende Wand zu und fuhr mit der Pfote leicht an den Kratzern auf ihrer Oberfläche entlang. Er hielt inne, als er an einem dunklen Fleck ankam, in und neben dem ein paar Haare in der Erde fest hingen. Er schnupperte kurz daran und es dämmerte ihm.

Die Haare und wahrscheinlich auch das längst getrocknete Blut stammten von Fiver. Dieser Kurai hatte den kleinen Bock so zugerichtet! Wie konnte man so dermaßen Spaß daran haben, auf anderen Kaninchen rumzuhacken?!

„So ein kranker Bastard“ fluchte er leise.

Ein leises, finsteres Lachen drang an sein Ohr. Wie unter Strom drehte er sich um und sah, dass Kurai den Bau betrat.
 

„Wie ich sehe hast du den Weg ja ganz allein gefunden!“ sprach der Rammler höhnisch „Die meisten Kaninchen muss man vorher erst zweimal bitten, bis sie sich bequemen hier herunter zu kommen. Aber so nimmst du mir immerhin etwas Überzeugungsarbeit ab.“

//Mist! Hätte der Lauf nach oben geführt, wären natürlich auch Wachen dort postiert gewesen. Wieso hab ich daran nicht gedacht?! FRITH UND INLÉ! Wo bist du nur mit deinem Kopf, Hasenfuß?!// schoss es Lee durch den Kopf, wütend auf sich selbst.
 

„Wärst du also so freundlich mir zu sagen, was der General hören will? Ich kann nämlich nicht versprechen, dass du später dazu noch mehr in der Lage sein wirst“ sprach Kurai, wobei Lee nicht abschätzen konnte, welche Antwort Kurai wohl besser gefallen würde.
 

Er senkte den Kopf und erwiderte: „Bist du wirklich daran interessiert, dass ich dir sage, was dieser General wissen will?“

Er hielt inne und zwang sich zu einem Grinsen „Oder hoffst du in Wirklichkeit sogar, dass ich es dir nicht sage, damit du dich an mir austoben kannst?! Turnt es dich an, Kaninchen nieder zu machen, die kaum halb so groß sind wie du?! Macht es dir Spaß Kaninchen so etwas anzutun, was du mit Fiver angestellt hast?! Regt sich da unten irgendetwas bei dir?!“ endete der Goldbraune provozierend.
 

Kurai tat für einen Moment so, als würde er ernsthaft überlegen „Zu deiner ersten Frage muss ich dir gestehen, dass ich dir da leider keine eindeutige Antwort geben kann.“

Sodann ließ er seine blanken Zähne aufblitzen und bewegte sich zielstrebig in Lees Richtung: „Für den Rest deiner Fragen, mein wissbegieriger, kleiner Freund, musst du mich wohl schon ein bisschen näher kennen lernen, damit du dir ein eigenes Bild machen kannst.“

„Perverser Bastard!“ knurrte Lee dem Rammler entgegen, tappte dabei aber, ohne es selber wirklich zu merken, einen halben Schritt zurück.
 

Auf diese Worte reagierte Kurai nur mit einem kühlen Grinsen.

Allein schon, dass Kurai nicht wirklich auf Lees Beleidigungen reagierte, provozierte ihn. Und er würde sich auf keinen Fall von diesem Rammler herumschubsen lassen.

Der Goldbraune setzte zum Lauf an und rannte auf Kurai zu.

Kurz bevor er ihn erreicht hatte, warf sich Kurai auf den Rücken, setzte seine Hinterläufe an Lees Bauch an und katapultierte ihn mit Wucht über sich hinweg. Der Rammler flog ein Stück und knallte hart gegen die Wand des Baus. Er spürte einen heftigen Schmerz, der von seiner rechten Flanke ausging und hob langsam den Kopf. Er öffnete die Augen und schaute schmerzverzerrt Kurai entgegen, der gemächlich auf ihn zukam.

„Bisher habe ich jeden zum Reden gebracht“ begann er und schaute mit verengten Augen zu ihm nieder „Oder zum ewigen Schweigen. Wie man’s nimmt. Aber es wurde nie von mir behauptet, dass ich meine Arbeit nicht gewissenhaft erledigen würde“ fügte er noch hinzu.
 

Der Owslafa beugte sich zu Lee hinunter und schaute ihm tief in seine stahlblauen Augen. Er betrachtete sein eigenes Spiegelbild darin, wie er es gerne in den Augen anderer tat, und grinste.

Er legte eine Pfote fest auf Lees Nasenrücken ab, damit er den Kopf still hielt, mit der anderen Pfote strich er mit seinen Krallen leicht um Lees Auge herum.

Lee dagegen, blieb einfach nur starr da liegen. Er fürchtete, Kurai würde ihm seine Krallen in den Augapfel rammen, wenn er sich jetzt heftig wehren würde.

„Mir gefallen deine Augen. Weißt du, man sagt Augen seien das Fenster zur Seele. Vielleicht sollte ich deine Fenster mal öffnen und mir deine Augen als Dekoration in den Bau hängen!“
 

Das war eindeutig genug!

Grade, als Lee spürte, wie sich Kurais krallen langsam unter die Haut seines unteren Augenlids bohrten, bäumte er sich fauchend auf. In dieser Bewegung schnitten sich die Krallen des schwarz-braunen Bocks automatisch ein und hinterließen blutige Spuren.

Lee schlug nach Kurais Gesicht aus. Dieser wich gekonnt aus und riss Lee im nächsten Moment seitlich zu Boden. Kurai warf sich mit seinem vollen Gewicht auf Lee, der nun auf dem Bauch lag.

Er setzte seine Krallen wieder knapp unterhalb Lees Auges an und sprach: „Du machst es wirklich spannend, Kleiner!“
 

Er grinste und schnitt erst flach, dann tiefer, in Lees Fleisch bis zum Hals hinab.

Auf diesen verteufelt brennenden Schmerz hin gab Lee einen tiefen Laut von sich und versuchte aufzustehen. Kurai aber, hielt ihn fest am Boden.

Aus den Augenwinkeln heraus erkannte Lee das markante Grinsen Kurais und wie er seine blutbefleckte Pfote langsam zu seinem Maul führte. Er fuhr genüsslich mit der Zunge darüber und schloss für einen Moment die Augen.

„Du schmeckst gut. Da bekommt man glatt Appetit auf MEHR!“ ließ der Owslafa verlauten und öffnete blitzartig wieder die Augen.
 

Als Lee sah, wie besessen sich die roten Augen auf ihn fixierten und in ihm bahnte sich allmählich Panik an. Wie konnte man so einen Geisteskranken nur frei herumlaufen lassen?!

Lees Augen weiteten sich und er rief laut aus: „Du bist doch krank! Absolut krank!!!“

Er begann wie wild zu strampeln und versuchte sich zu befreien.

Als er im Begriff war, aufzustehen, durchbiss Kurai das empfindliche Ohr des anderen Kaninchens. Der goldbraune Rammler schrie vor Schmerz laut auf und kniff die Augen fest zusammen. Panisch riss Lee seinen Kopf zur Seite, woraufhin das Ohr bis zum Rand eingerissen wurde.

So robbte Lee ein Stück weit voran.

Wäre er nicht ohnehin schon verletzt gewesen, hätte er dem Owslafa sicher noch ein paar mitgeben können. Aber in seinem Zustand hatte er keine Chance.
 

Kurai musterte die Wunden, die Lees Körper schon gespickt hatten, bevor er angefangen hatte, sich mit ihm zu beschäftigen und fügte somit noch hinzu: „Kein Wunder, dass deine vorherigen Gegner nicht aufhören konnten dich zu beißen!“

Mit diesen Worten biss er Lee in den Nacken und zerrte ihn ein Stück weit in die Mitte des Baus.
 

Lee fühlte sich wie in einem Karussell.

Alles dreht sich um ihn herum.

Er war taub für jedes Geräusch.

Seine Beine fühlten sich an, als seien sie zu Eis erstarrt und er spürte, wie sein Blut in unglaublicher Geschwindigkeit durch seinen Körper zirkulierte. Das dröhnende Pochen in seiner Schläfe ließ sich kaum aushalten.

Dass er hart auf dem Boden landete, nahm er kaum noch wahr.

Er fühlte, wie sich das warme Blut seinen Weg vom Ohr durch sein Fell Richtung Erdboden bahnte. Spürte den ziehenden Schmerz, der von seinem Ohr ausging und den gesamten Körper zu durchfahren schien. Er stöhnte auf.

Für einen Augenblick erschien ein gleißendheller Blitz vor seinen Augen, der alles um ihn herum in weißes Licht tauchte. Fest kniff er die Augen zusammen und öffnete sie wieder.

Wie in einem Alptraum trat diese Gestalt wieder auf ihn zu.

Mit jedem Schritt, den sie näher kam, wurde ihm kälter. Die unglaublich finstere Ausstrahlung schien man, wie Lee es sich einbildete, schon sehen zu können.

Langsam schärfte sich sein Blick wieder und sein Verstand wurde wieder klarer.

Dennoch wünschte er sich nichts anderes, als dass dieser Alptraum endlich aufhörte. Und er musste an Fiver denken.
 

„Ich hatte für einen Moment auch schon befürchtet, du hättest jetzt schon schlapp gemacht. Das war auch bei dem kleinen Fuchs schon sehr spaßhemmend“ drang die Stimme Kurais mit enttäuschtem Unterton an Lees Ohr.

Lee stemmte sich hoch und schaute dem anderen Rammler trotzig entgegen.

„Bei Frith-!“ begann Lee, wurde allerdings von Kurai unterbrochen.

„FRITH?!“ der Schwarzbraune lachte lauthals auf.

Das finstere Gelächter hallte dröhnend von den Bauwänden zu Lees Ohren wider und er fürchtete, sein Kopf würde jeden Moment in 1000 Stücke zerspringen.
 

„Frith. Wer ist Frith? Was ist Frith? Wo ist Frith?

Du stehst grade tief im Schatten, Kleiner. Frith lebt stets im Licht.“

Lee knurrte daraufhin und sagte: „Du wirst mich nicht umbringen... Du DARFST mich gar nicht umbringen! Nicht, bevor ich die Informationen ausgespuckt habe.“

„Der Tod…“ begann der schwarzbraune Rammler erneut und blickte hinauf zur Bau-Decke, als würde er in die tiefe Ferne des Himmels sehen und fuhr fort „Der Tod gehört dazu. Irgendwann endet alles.

Der Tag, die Nacht, das Leben...

Warum sträubt man sich also dagegen?

In Efrafa wird dein Leben eben etwas beschleunigt. Schade, dass die Kaninchen hier nie in den Genuss wahren Lebens kommen, wobei ihre Zeit hier so bitterkurz ist.“

„Wahren Lebens?“ fragte Lee stutzig nach und verengte ein Auge.

„Was ist schon der Tod? Das Ende des Lebens.

Aber was ist schon das Leben? Definieren wir es mit der einfachen Existenz.

Aber was existiert wirklich? Du? Ich?“

Lee legte die Ohren.

„Existieren kann nur etwas, das von irgendjemandem wahr genommen wird. Ein Land, das unentdeckt bleibt, kann für niemanden existieren, da es niemand kennt. Ein Kaninchen, das niemand kennt lebt nicht. Nicht wirklich. Ein Kaninchen, das von niemandem wahr genommen werden will existiert nicht“ philosophierte Kurai und seine Schnauze war Lees Ohr nun ganz nah „Nun? Was existiert für dich, Kleiner?“ fuhr er mit tiefer, rauchiger Stimme fort „Und für wen existierst du? Wäre dein Tod ein großer Verlust?"
 

Lees Blick, der sich im Nichts verfangen hatte, wurde wieder klar und seine Nackenhaare sträubten sich.

„Bilde dir nicht ein, du wärst unentbehrlich für Efrafa. Du bist schließlich nicht der Einzige, dem zufällig bekannt ist, wo Watership Down liegt!“ sprach Kurai erneut, seine Stimme klang lauter und bestimmt „Du wärst kein großer Verlust.“

Für einen Moment machte sich große Verwirrung in Lees Kopf breit, aber er fasste sich schnell wieder und versuchte sich über diesen wirren Gedankensalat hinwegzusetzen. Er erhob das Wort: „Spar dir deine kleinen Psychospiele! Die fruchten bei mir nicht!“

Nach diesen Worten wich der goldbraune Rammler ein Stück zur Seite.
 

Keine Antwort.

Grinsend trat der Owslafa wieder näher heran und in Lee breitete sich dieses ungute Gefühl erneut aus, das er für einige Momente verdrängt hatte. Er versuchte schnell auf die Beine zu kommen, wurde aber behände von Kurai unten gehalten.

„Die Wunde hier an deiner Schulter ist sehr gut verheilt. Meinst du, es schmerzt sehr, wenn ich...“
 

Ein lauter, beinahe kreischender Schrei drang den Lauf hinauf zu den Ohren eines kastanienbraunen Kaninchens, welches grade die Ratshalle passierte. Es blieb stehen und lauschte.

Immer und immer wieder diese verzweifelten Rufe, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen.

Aber auf die Hilfeschreie, die heraufkamen, reagierte niemand. Keines der Kaninchen, die an der gegenüberliegenden Wand hockten.
 

Campion schaute nur in eine Reihe von Gesichtern ignoranter Kaninchen. Die Owslas unterhielten sich, schauten weg, ignorierten die unüberhörbaren Laute. Er sah, wie zwei von ihnen den großen Ratsbau verließen und nur noch ein letztes Mal herschauten, dann waren sie verschwunden.
 

Campion machte dieses Verhalten der Kaninchen in Efrafa krank. Efrafa machte ihn krank. Efrafa war krank! Jedenfalls in dieser Hinsicht.

Man musste kein Genie sein um zu begreifen, was dort unten vor sich ging.

Kurai ließ seinen Frust und seinen Sadismus wieder an einem vermeintlich wissenden Kaninchen aus. Zwar waren seine Methoden effektiv, allerdings äußerst brutal. Viele Kaninchen, die dieses Todesloch lebend verließen, waren ihren Lebtag lang nicht mehr sie selbst, waren verstümmelt, körperlich und geistig, gebrandmarkt für die Ewigkeit.

Wie konnte man nur daneben stehen und so tun, als würde nichts passieren? Wie kann man vor so einer Wahrheit nur die Augen verschließen? Ihn widerten diese Owslas an.
 

Aber er hatte Efrafa und dem General Treue geschworen.

Und seine Loyalität war für ihn bindend. Sie würde durch nichts erschüttert werden, nicht einmal, wenn sein eigener Bruder dafür leiden musste.

So verließ der Hauptmann die Ratshalle, ohne etwas gegen die Schreie zu unternehmen.
 

Lee war am Ende.

Sein Körper reagierte nicht mehr so, wie er es wollte.

Er zitterte, hatte sich nicht mehr unter Kontrolle.

Sein ganzer Köper wurde von Schmerz durchfahren. Pochender, intensiver Schmerz. Seine linke Schulter brannte und schmerzte stark. So stark, dass er nicht mehr auszumachen vermochte, wo er überall verletzt war.

„Hast du genug?“

Lee hob seinen schweren Kopf und versuchte auszumachen, woher diese Stimme kam. Wieder sah er alles nur verschwommen.

Er strengte sich an und erkannte nach und nach Kurai wieder, der so bequem vor ihm saß, als sei er selbst nicht krank im Geist und Lee gesund im Körper.

„Du... Hund...“ hauchte Lee.

Er sammelte all seine Kräfte und stemmte sich wieder auf die Beine. Zwar bebten seine Glieder, aber er stand.
 

Lee tat sich unerwartet beständig. Er hielt einiges mehr aus als Kurai anfangs angenommen hatte.

Dennoch setzte Kurai nur sein typisches, kühles Grinsen auf und gab sich unbeeindruckt.

//Da habe ich ihn möglicherweise ein bisschen unterschätzt// dachte er.
 

„Du bist ganz schön widerspenstig“ sprach Kurai und fuhr mit aufgesetztem Mitgefühl fort „Aber du wirst mir bestimmt nicht sagen, wo Hazels Bau liegt, hm?“

Der goldbraune Rammler war nun nicht in der Lage, einen sinnvollen Satz zu formulieren. Kurais Worte nahm er auch gar nicht mehr wirklich wahr. Er konnte nur annehmen, dass seine Worte nichts Gutes verhießen.

Er stolperte einen Schritt vorwärts und spuckte Kurai verachtend ins Gesicht.
 

Der Schwarzbraune zuckte nicht einmal mit der Wimper und wischte sich mit ruhiger Miene den Speichel aus dem Gesicht. Er grinste als er auf Lee hinunter zu Boden sah, dessen schnaufender Atem den feinen Staub, der den Boden bedeckte, hochwirbelte.

„Das interpretiere ich mal als ‚nein‘!“

Er grinste und tat einen Schritt zu Lee vor. Er packte Lees Nase mit einer Pfote, wobei sich seine Krallen verankerten, zog in Richtung Nacken nach hinten und ließ die Schnauze des Bocks Richtung Decke recken, sodass sich sein Hals offenbarte.
 

Lee war jedoch zu geschwächt um sich zu wehren und stöhnte nur leise auf.

Wie im Fieber nahm er alles um sich herum wahr. Ihm war heiß und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Kurais bunte Schemengestalt zeichnete sich nur zeitversetzt vor seinen Augen ab und je mehr er versuchte, den Rammler klar zu sehen, desto heftiger schmerzte sein Kopf.

Der Goldbraune versuchte etwas zu sagen. Seine Mund formte die Worte, die er sprechen wollte, er vermochte es jedoch nicht, ihnen Klang einzuhauchen, und schloss erschöpft die Augen.

Sein Peiniger war merklich amüsiert.
 

„Hatte ich dir nicht versprochen, dass du am Ende sprachlos sein würdest?!“

Hallte seine Stimme lautstark von den Wänden wider.

Kurai setzte seine Krallen an Lees Hals an.

„Siehst du ihn schon? Siehst du das schwarze Kaninchen von Inlé?“ begann er grinsend „Ich sehe es jeden Abend. Und es ist mir immer wieder eine Freude – Und eine Ehre.“

Der Owslafa senkte den Kopf und ließ sein Grinsen breiter werden.
 

„Aber weißt du, was die Wahrheit ist? ICH bin das schwarze Kaninchen!“
 

Black folgte den roten Spuren im Schnee.

Sie sprang hoch und weit, landete aber immer wieder sanft auf dem weichen Untergrund.

Alles um sie herum war schwarz, nur das Weiß des Bodens war der gleißende Kontrast hierzu. Sie horchte und blieb stehen. Doch dies hier war eine absolut geräuschlose Welt. Sie blickte zu dem pechschwarzen Himmel hinauf und beobachtete die erste Flocke, die Richtung Boden segelte. Sie landete direkt auf ihrer Nasenspitze.

Aber sie war überhaupt nicht kalt. Auch nicht warm. Eher so, als wäre sie gar nicht wirklich da.

Ein Windstoß brachte ihr Fell in Bewegung und aus dem finsteren Schatten des Windes trat eine ebenso pechschwarze Gestalt heraus.

Black blickte in die feuerroten Augen eines perfekten Abbilds von ihr, welches ihr entgegen grinste.

Das andere Kaninchen sprach, doch Black konnte nichts hören. Sie konzentrierte sich, starrte auf den Mund ihres Gegenübers aber sie konnte dennoch nichts verstehen. Sie sah nur, wie der heiße Atem rauchige Wolken schlug und sich anschließend das Maul zu einem verschrobenen Grinsen formte.

Der Körper der Pseudo-Black verformte sich, schrumpfte kurz, wuchs dann jedoch wieder ins Unermessliche aufwärts und verschmolz mit dem Schwarz des Himmels. Die weiße Blesse verschwand. Das Ungetüm starrte auf sie herab mit eiskaltem, blutroten Blick und ihr schien es, als könne sie die Totengeister darin tanzen sehen.

//Das schwarze Kaninchen von Inlé!// schoss es der schwarzen Marli sogleich durch den Kopf, da holte der Riese auch schon mit seiner gigantischen Pranke aus und schlug mit einem gewaltigen Donnern auf Black ein.
 

Die Häsin schreckte auf und sah sich hastig um. Sie lag in einem der Owsla-Baus und sie war allein. Sie träumte selten solche Träume. Und sie war wirklich froh, dass sie das nur selten tat.
 

Sie streckte einmal ihre Glieder und kratze sich hinterm Ohr.

Ein Donner grollte und brachte die Erde zum Beben.

Black setzte sich in Bewegung und folgte den Läufen bis zur Oberfläche. Es war Nacht und absolut windstill. Kaum ein Kaninchen war draußen, welches nicht draußen sein musste.
 

Das schwarze Weibchen kletterte auf die höchste Wurzel, die aus der Erde des halb umgekippten, toten Baumes ragte. Dieser Baum war das Markenzeichen Efrafas und schon von Weitem zu sehen.

Sie stellte sich auf ihre Hinterläufe und spitzte die Ohren. Es regnete nicht und der Boden war trocken, aber es donnerte und blitzte weit hinten bei den hohen Hügeln.

Es war wirklich schön anzusehen, wie das funkende, dunkle Wolkenungetüm herumzog.
 

Ein melodisches Summen drang an ihr Ohr

„Wer wandert so weit über hohe Hügel?“

Sie hörte direkt hinter sich eine ruhige, männliche Stimme singen.

„Schwebt so geräuschlos und ohne Flügel.“

Sie blickte über ihre Schulter nach hinten.

„Niemals hier und niemals dort.“

Sie erkannte die Silhouette eines Rammlers, der auf einem etwas höher gelegenen, dicken Ast lag.

„Und doch ist er an jedem Ort.“
 

Ein Blitz erhellte die Umgebung für einen Augenblick und Black konnte nun ausmachen, wer der Sänger war. Es war Kurai, Woundworts erster Mann, doch er würdigte sie keines Blickes. Stattdessen sah er nur hinaus in die Ferne, wo sich die dicken, schwarzen Wolken tummelten und deren Bewegungen nur durch die ständigen Blitze auszumachen waren. Das Lied, das er sang, war schon sehr alt. Black selbst kannte es nur aus ihrer Kindheit.
 

Ihr war seine Gegenwart äußerst unangenehm, bewusst wurde ihr das, als ihr frischer Blutgeruch in die Nase stieg. Sie war grade im Begriff sich umzudrehen und wieder von der Wurzel herunter zu klettern als Kurai sodann ganz ohne Melodie weitersprach: „Und sie müssen alle mit ihm fort… weit fort…“
 

Kurai drehte seinen Kopf der Häsin zu und grinste: „Und sein Fell ist ebenso pechschwarz wie deines, kleine Rußkugel.“
 

Black schluckte und drehte sich aus Höflichkeit wieder vollends zu dem Rammler herum.

„Wie meins, Sir?“ fragte sie nach.

„Wusstest du, dass es keinen freien Willen gibt?“ fragte der Owslafa weiter, ohne auf Blacks Frage einzugehen.

„Wieso keinen freien Willen? Man kann doch entscheiden, was man tut. Wenn man Durst hat, trinkt man“ entgegnete sie.

„Zunächst sollten wir klären, über welche Art von ‚Willen‘ wir sprechen möchten“ begann der Rammler „Über die bloße Lebensaktivität, den Überlebenswillen kann man so sagen, oder reden wir über eine andere Art von ‚Willen‘ wie dem Vorhandensein einer Neigung, eines Sehnens oder Begehrens.“
 

Unsicher legte Black ein Ohr an und überlegte, ob es wirklich so klug war, mit einem Killer über freien Willen zu debattieren.

Als nach einigen Augenblicken noch immer keine Antwort kam, sprach Kurai weiter: „Gehen wir also von der zweiten Variante aus. Alle Geschehnisse basieren auf früheren Ereignissen und Prägungen, das heißt, dass alles von vorn herein bestimmt ist und es nie eine Alternative gab. So wirst du jeden Bach meiden, wenn du schon einmal in einen tobenden Fluss gefallen bist.“

„Aber ich kann doch entscheiden, welche Sorte von Gras ich fresse“ antwortete die Häsin „Das macht doch den freien Willen aus, eben wenn man auch hätte anders handeln können.“

„Haha, eben das ist der Schein, junge Marli. Du wirst dich für jene Art von Gras entscheiden, mit denen du die besten Erfahrungen gemacht hast, so kommen wir wieder zurück auf die Prägung. Von einem wirklichen freien Willen könnte man also nur sprechen, wenn es zwischen dem Willen und den Motiven keine Verbindung gäbe.“

„Und wenn ich mich dann absichtlich für bitteres Kraut entscheiden würde?“ harkte Black nach, obwohl es ihr schon dämmerte, dass dies eine dumme Nachfrage war.

„Die einzige Möglichkeit, einen wirklich freien Willen zu manifestieren, wäre, etwas zu tun, wozu es keinerlei Veranlassung gibt. Und da dies selbst die Veranlassung wäre, ist es unmöglich[1] “ begann der Owslafa „Theoretisch müsste deine Zwillingsschwester, wenn ihr stets zeitgleich dieselben Erfahrungen zu Teil wurden, genau so sein wie du“

Black wurde stutzig: „Das kann ich mir nicht vorstellen…“
 

„Dann denk‘ doch noch mal darüber nach und erzähle mir von deinen Überlegungen.
 

Freiheit ist eine Illusion.“
 

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[1] Zitat: Torsten de Winkel



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Kommentare zu dieser Fanfic (54)
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Von:  Scaretactic
2011-04-14T18:55:13+00:00 14.04.2011 20:55
Puh... nun lese ich das Kapitel insgesamt sicherlich schon zum 4. oder 5. mal. JA das heißt, dass es mir so sehr gefällt <3"

Und bevor einige Details wieder verschwimmen, wie das immer so ist, nach dem Lesen 8D
Also, ich würde gerne mal so ne Konversation mit diesem Killer versuchen zu führen :D wäre sicherlich interessant *G*

Insgesamt finde ich das Kapitel rundum gut gelungen und kann mich der mehrheitlichen Meinung eigentlich anschließen. Etwas schwer ist es nur, auch wenn dieses Kapitel jetzt bspw. 1-2 Handlungen umfasste, dass es ein wenig lang war. Mag aber auch subjektiv erscheinen.

Desweiteren wurde ja geäußert, dass der Charakter Lee so verstümmelt und ein Opfer der Gewalt wurde, dem kann ich mich nicht ganz anschließen oO Es wurde lediglich angedeutet wie bspw. mit dem Auge, der Wunde etc. Also man hätte da schon noch viel mehr an Details reinpacken können.
Ich, für mich, kann hier drin keinerlei Monstrosität erkennen! :3

Verliert Kurai eigentlich ein wenig die Selbstbeherrschung? *G* (S. 6)

Es schien ja auch einige Komplikationen mit der Implementierung des Charakters in diese Rolle im Vorfeld gegeben zu haben.
Ich glaube nicht, dass Leo in diese Rolle hätte einfach mal so flux, hineinpassen können, da Leo, ein ganz anderes Aktions-Reaktions-Modell aufweist wie Lee.
Ausserdem hätte er Kurai vielleicht auch mal eins auf die Omme gegeben :D"

Aber ich denke, das Problem hat sich ja De Jura erledigt :)

Schön fand ich auch die Metapher im Traum von Black, wie die Zwiespältigkeit des Charakters dargestellt wird! Ebenso wie die Zeitdehnungs-Effekte die du reingepackt hast! (Hattet ihr das auch in der Erörterung? XD")

*kratz* Mal überlegen... hab ich was vergessen? O_ò Du beschreibst alles sehr atmosphärisch, was ich an deinem Stil liebe. Man kann sich alles haargenau ausmalen, sich in die Charaktere (hier sowohl Kurai, als auch Lee finde ich) hineinversetzen. Schade nur, dass man nicht genau erfährt was sie nun mit Lee gemacht haben. Hätte mich mal interessiert, aber man kann es mit ein wenig Phantasie ja aus dem Lied interpretieren, dass er am Ende sang.

*noch ein bisschen Kurai-FanGirly-Geschrei* 8D
Minds are relatively blown, m8!
Leo~|³
Von:  cblf
2010-06-13T16:27:25+00:00 13.06.2010 18:27
Omai omai omai... Kurai ist ja mal ein richtiger Psychopat... und irgendwie mag ich ihn :3

Brauchst du fürs nächste Kapitel wieder ein halbes Jahr?
Dann müsste ich mir nämlich zwischenzeitlich wieder was anderes zum lesen suchen und ich will nicht so lange warten ;P
Von:  SophMacaulay
2010-06-13T15:00:23+00:00 13.06.2010 17:00
o.O Kurai is ein Psychopat. Bin ich froh dass es den nur in der FF gibt und nicht die Möglichkeit besteht so jemanden mal in real zu begegnen...
Wie immer sehr detailliert geschrieben und sehr interessant. Mensch, ich bin echt mal gespannt ob Lee überlebt.
Von: abgemeldet
2010-05-13T08:57:51+00:00 13.05.2010 10:57
ich finds super das du noch an der story arbeitest .... i-wie fehlt aber die wsd sicht im fanfic .
Von: abgemeldet
2010-05-07T20:31:38+00:00 07.05.2010 22:31
Ich habe ruhig angefangen das Kapitel zu lesen - und nun ist mir ganz anders...

Wieso ich deine Fanfic lese?
Es wird die unermessliche Neugier sein, da du dich nicht einverstanden erklärst, Lee aus deiner kleinen Geschichte zu streichen.

Aber ich will mein Kommentar nicht im schlechten beginnen!
Zunächst möchte ich dir sagen, dass ich deinen Schreibstil beachtlich finde!
Ob zwischen uns Differenzen bestehen, oder nicht - ich will immerhin ehrlich bleiben und an deiner Art, wie du die Worte benutzt und die Sätze formst, gibt es wirklich nichts zu meckern.
Gleichermaßen gilt das für die Sinnbilder, die du verwendest.
Man kann Kunst (welche Form sie auch annimmt) immerhin nicht durch die Beziehung ermessen, die man zu der Person hegt, die eben diese Kunst erschaffen hat, oder siehst du das anders?

Ebenfalls, bevor ich es vergesse, hast du einen kleinen Tippfehler in das Kapitel eingebaut, von welchem ich jetzt einmal nicht anfangen will, ihn zu interpretieren:
"Leo hob seinen schweren Kopf und versuchte auszumachen, woher diese Stimme kam. Wieder sah er alles nur verschwommen."

Und nun möchte ich zum eigentlichen Grund für dieses Kommentar meinerseits kommen.
Aber ich glaube, dass du dir schon sehr genau ausmalen kannst, was mich gewaltig an deiner Fanfiction stört, oder?
Immer noch ist es LEE, der mir hier gewaltig ins Auge sticht und das vor allem in diesem Kapitel.
Ich finde es eine reine Unart, wie du diesen Character (der wohl bemerkt nicht einmal dir gehört; den du lediglich designt hast) nieder machst und geradezu verstümmelst.
Ich weiß ja nicht, ob es dir gefallen würde, wenn jemand gleiches mit deiner Black veranstalten würde, aber finde ich, dass du es keineswegs rechtfertigen kannst was du hier veranstaltest.
Vor allem, da sich René selbst bei dir gemeldet hat und dich darum bat, SEINEN Character aus der Geschichte zu nehmen.
Demnach sehe ich das ganze Szenario als eine reine Provokation deinerseits.

Ich kann den Sinn hierin nicht wirklich nachvollziehen.
Es wäre alles in allem KEIN PROBLEM Lee gegen einen anderen Rammler auszutauschen (beispielsweise Leo, den du ja aus versehen bereits abgetippt hast). Es wäre lediglich ein kleines Suchspiel für Abänderungen.
Verbietet es dir dein Stolz? Ist es eine reine Trotzreaktion, da du dich angegriffen fühlst.
Ist es, weil diese Worte von MIR kommen?
Ich bitte dich~
Wenn du so erwachsen sein möchtest, wie du dich gibst, dann solltest du einmal ernsthaft hierüber nachdenken.

Wie gesagt, es ist nicht dein Character und da der Besitzer die gleichen Ansichten hat wie ich (wobei es völlig egal ist, ob ich seine Freundin bin, oder nicht, denn es geht einzig und allein um´s Prinzip), sehe ich mich im Recht hiergegen andersweitig vorzugehen, falls du dich nicht einsichtig zeigst.

Ich hoffe, du denkst darüber nach.

Tao.
Von: abgemeldet
2010-05-04T18:35:56+00:00 04.05.2010 20:35
hi kannst du das nächste kapittel auch i-wann mal hochladen?
Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:58:35+00:00 02.03.2010 15:58
Tja... Der Oswla ist jetzt wohl an einem friedvolleren Ort...
Lee tut mir irgendwie Leid. Voll gegen Black verloren, auf ganzer Lienie. Wobeis mich natürlich für Black freut, dass sie jetzt endlich auch ein bisschen Oberwasser hat. XD
Gute Arbeit, weiter so!
Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:32:06+00:00 02.03.2010 15:32
tja, Pech für champion, Lee war einfach zu schlau für ihn und hatte Glück. Pech nur, dass die Oswla jetzt schon drei Tage suchen muss...
Und zur Verfolgungsjagd - mir fehlen die Worte. Einfach nur spitze.
Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:18:50+00:00 02.03.2010 15:18
Fängt schon mal sehr gut an. bin gespannt wie es weitergeht.
Von:  SophMacaulay
2010-03-02T14:18:07+00:00 02.03.2010 15:18
tja, da sieht mans mal wieder das Frauen es schwer haben. XD
Ganz schön gemein wiedie andern sie auslachen. Aber das sie ausgerechnet in hauptman Champion reinrennt ist ein guter Gag, der die anfänglich leicht bedrückende Stimmung wieder auflockert und einen zum weiterlesen animiert, weil man natürlich wissen will wie Champoin darauf reagiert und ob ers ihr übel nimmt und vielleicht irgendwann heimzahlt oder so.


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