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Destination Death

Wie viele Formen hat der Tod?
von

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Destination Death - Immortal Pain

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Kais POV
 

“Fear in me so deep, it gets the best of me,

In the fear I fall, here it comes face to face with me,

Here I stand hold back so no one can see,

I feel these wounds, step down, step down,

step down.”
 

Mit flüsternder Stimme singe ich dem Publikum diese Worte entgegen, nur um zum Schluss ihnen mit aller Kraft entgegen zu schreien. Sie sollen mich hören, jeder einzelne von ihnen; ich will, dass sie mich vernehmen!

Schenkt mir Beachtung, hört nur auf mich, denn ich berichte die Wahrheit. Ich werde nicht lügen, niemals mehr. Lüge ist die Wahrheit im Traum, doch in der Realität ist alles bedeutungslos...

Obwohl dies so ist, werde ich dennoch mit ihnen sprechen und ihnen von der Ungerechtigkeit der Welt erzählen. Werde ihnen eine Beichte meiner Sünden und meiner Ängste ablegen. Solange ich nicht erkaltet bin, werde ich alles daran setzen sie zu warnen, damit sie nicht dieselben Fehler begehen wie ich.

Ich umfasse das Mikro, hole tief Luft und singe den Refrain. Meine Bandmitglieder unterstützen mich, als meine Stimme vor Erschöpfung des schon lang andauernden Konzerts zittert.
 

“Am I breaking down

Can I break away

Push me away, make me fall,

Just to see, another side of me,

Push me away, you can see,

what I see, the other side of me.”
 

Mein Hals kratzt, doch ich kann nicht aufhören. Schwärze flimmert vor meinen Augen, Punkte tanzen auf meinen Lidern, wenn ich sie schließe. Ich schwitze und in meinem Kopf dreht sich alles. Ich habe kaum noch Kraft. Meine eigene Energie verliert sich in den Worten, die ich ihnen klar zu machen versuche... verstehen sie mich überhaupt? Wissen sie, worüber ich singe? Wissen sie, dass dies alles mich betrifft? Dass ich ihnen von mir selbst berichte? Mir, dem größten Sünder?

Ich wende den Kopf zur Seite, nicke meinem Gitarristen zu, der mich angrinst. Mit laszesiven Bewegungen meiner Hüften bringe ich die weiblichen Fans zum Schreien, die Männer folgen mir, als ich sie zum Headbanging auffordere. Sie gehorchen mir, folgen mir wie dressierte Hunde. Aber die Befehle verstehen sie nicht. Sie kennen die Handbewegung, die Tonlage der Stimme und wissen, was sie tun müssen, aber den Grund kennen sie nicht. Sie begreifen ihn nicht. Programmierte Roboter, die nur den Tastenkombinationen folgen, die man ihnen eingibt und nichts hinterfragen.

Sie verstehen die Worte nicht...
 

“Fall back on me, and I’ll be the strength I need,

to save me now, just come face to face with me,

stay in place you'll be the first to see me heal these wounds,

step down, step down, step down, down.”
 

Doch wofür singe ich dann, wenn sie nicht begreifen, was sie bedeuten? Sie kreischen zu den Worten, obwohl sie nicht dafür bestimmt sind beschrieen zu werden. Ich habe unter Krämpfen und auch Tränen diese Buchstaben zu Papier gebracht. Es hat mich Schmerzen gekostet sie zu äußern... und noch mehr sie nun ihnen darzubieten, meine Seele offen zu legen wie ein Buch.

Sie sind dumme Tiere, nichts weiter.

Ich verachte sie, jeden einzelnen von ihnen. Sie können mit meinem Geständnis nichts anfangen. Mit keinem dieser Worten. Dabei sind es genau jene, die mich fesseln könnten. Wenn jemand den Text sich zu nutzen machen würde, wäre es ein leichtes für ihn Macht über mich zu erlangen... denn Worte sind schließlich Macht.

Ich lasse meine Zunge aus dem Mundwinkel hervorblitzen und das gesamte Weibervolk schreit sich die Lunge aus dem Leib. Ich lache gehässig in mich hinein. Wenn sie mich wollen, müssen sie nur das gegen mich verwenden, was ich ihnen selber sage. Nicht einmal so viel Grips haben sie.

Ich renne quer über die Bühne und werde von einem Gewitterhagel von Blitzlichtern verfolgt.
 

“I’m not breaking, down

can I break away

push me away, make me fall,

just to see another side of me,

push me away you can see,

what I see, the other side of me”
 

Was haben sie davon? Ich wirble mich herum… absolut gar nichts. Es bringt ihnen doch nichts. Ein Foto... Abbilder, die nicht die Realität zeigen. Es sind nur billige Kopien eines Originals, dessen verrottendes Inneres man nicht kennen will. Ein Bild, das hervorragend verschleiert, was im Verborgenen liegt. Es ist nichts wert. Es zeigt nicht mich, sondern nur einen Doppelgänger, der keine meiner Eigenschaften besitzt.

Ich werfe meinen Kopf in den Nacken. Ich lächle leicht. Es ist lustig, wie man singen und separat etwas ganz Anderes denken kann. Wenn die wüssten, was ich von ihnen halte. Sie würden nicht mehr kommen. Doch ich brauche sie. So sehr ich sie auch hasse, ich brauche ihre Energie, denn meine eigene ist längst erloschen. Ich brauche ihre animalische Kraft, um mich endlich von den Geständnissen zu befreien, die ich mir von meinem versteinerten Herzen singen will. Die Worte, die in mir brenen. So widersprüchlich es auch ist... dass sie mir das ermöglichen, lässt mich sie wieder lieben.

Ich handle widerrechtlich.

Doch das tangiert mich peripher.
 

“Go!
 

Fall, can I break away

push me away, make me fall,

just to see another side of me,

push me away you can see,

what I see, the other side of me”
 

Diese Welt wird von Ungerechtigkeiten regiert und warum sollte ich mich anders verhalten wie jene, die mir tagtäglich gegenüber stehen? Wenn man sich selber schützen will, muss man so handeln, wie andere es tun. Angriff folgt auf Angriff, solange bis jemand stirbt. Ich werde nicht sterben. Nicht vor ihnen.

Ich werde mich erst zur ewigen Ruhe begeben, wenn die anderen alle tot sind. Damit ich auf ihren Gräbern tanzen kann.

Ich werde es genießen.

Schon einmal habe ich Herzen verletzt... und ich werde es wieder tun. Wie damals, als ich einfach meine Freunde verlassen habe, um mit dieser Band erfolgreich zu werden. Ich habe sie zerbrechen sehen, ich habe sie zersplittern hören und ich bin über die Scherben getreten, um sie endgültig zu zermahlen. Niemand wird sich mir in den Weg stellen. Ich werde meinen Weg gehen und alle aus dem Weg räumen, die mich behindern wollen. Gnade sei niemanden gewährt.

Ich grinse.

Wann wird sich endlich jemand entschließen mich aufhalten zu wollen? Diese Person muss all das nehmen, was ich denen dort unten... in den Massen, weg von der Bühne... gebe. Er muss es nutzen, damit es ein Messen wird von Kräften.

Sodass ich verliere...

Denn ich habe keine Kraft mehr, weshalb ich sie den Menschen dort unten entziehe.

Oh ja, das ist mein Ziel. Ich warte darauf, dass man mich zu stoppen versucht. Einen skrupellosen Menschen wie mich, muss man aufhalten, denn ich kann der Welt schaden. Wer mein Gegner sein will, muss einer Konfrontation mit mir Stand halten. Ich bin ein Feind für die Ewigkeit.
 

“No one can see anything on the other side of me

I walk, I crawl, loosing everything and waiting for the downfall

No one can see everything on the other side of me

I walk, I crawl loosing everything on the downfall.

Downfall, Fall.” *1
 

Die letzten Töne verklingen und sie alle kreischen vor Begeisterung. Ich nehme diese Spannung in der Luft mit jedem Atemzug in mir auf...

Es muss verwirrend klingen. Ich versuche meinen Weg zu gehen, ohne dass man mich aufhalten kann, aber gleichzeitig suche ich doch jemanden, der es versucht. Ich biete der Person sogar noch Hilfsmittel an.

Aber so ist das Leben, unberechenbar, seltsam und voller Rätsel. Wie ich.

Eine Überraschung eben...

Ich lächle zuckersüß zu den Damen in der ersten Reihe und schaue gehässig zu den Herren. Dann verabschieden wir uns. Für heute ist es das gewesen. Wieder einmal bin ich nur intellektuell beschränkten Wesen begegnet, die keine wirklichen Herausforderungen für mich darstellen. Keiner von ihnen ist meiner würdig.

Im Backstage Bereich zünde ich mir eine Zigarette an. Der beißende Rauch in den Lungen tut mir gut. Es ist zwar schädlich und für meine Stimme eigentlich nicht förderlich, aber so etwas kümmert mich schon lange nicht mehr. Wir alle sterben irgendwann einmal. Man kann den Prozess beschleunigen oder verlangsamen, das Ergebnis bleibt letztendlich dasselbe.

Warum unnötig Zeit verschwenden?

Niemand kennt mich derart selbst zerstörerisch und depressiv. Selbst für meine Bandkollegen bin ich der zwar abweisende aber lebensbejahende Typ. Wenn sie wüssten... wenn sie hinter die Fassade blicken würden... dann würden sie etwas Anderes sehen. Etwas ganze Anderes... aber es ist fraglich, ob das erste oder zweite die wahre Seite von mir ist... ist es das Äußere, da ich tagtäglich mit ihm lebe nicht schon mein eigentliches Selbst geworden? Oder ist das, was in mir schlummert, der eigentliche Kai, der sich nur verbirgt, um nicht erkannt zu werden? Oder ist es bloß eine perverse zweite Seite, die wie Mister Hyde nur darauf wartet zu erwachen und die Kontrolle zu übernehmen? Ein fremdes Wesen in meinem Körper, das nicht ich ist, aber gleichzeitig doch?

Schwer zu sagen. Ich habe keine Antwort darauf.

Die anderen duschen und ich folge ihnen. Es ist eine Art Tradition unter uns geworden, dass der letzte, der zum Duschen kommt, die anderen mit dem Dushgel einschmiert. Meistens bin ich es, da ich erhebliche Probleme habe aus meinen Klamotten zu schlüpfen. Zwar lege ich während der Show so gut wie immer mein Oberteil ab, weil ich durch das Singen, ständige Bewegen und durch die Lampen schwitze, aber gerade dadurch klebt meine Hose so sehr, dass ich sie nicht mehr ausziehen kann. Hinzu kommen die Schlüsselketten, die sich dann auch noch verhaken müssen, meine engen Schuhe, dies und jenes. Man sollte sich vorher auch noch abschminken, denn sonst läuft das Make-up in der Dusche über das gesamte Gesicht, was einem Gemälde von Munch nicht unähnlich sieht.

Da ich einfach nicht ohne Eyeliner und schwarzen Lidschatten kann, dauert es immer etwas.

Die Jungs unterhalten sich über das Konzert und wie es gelaufen ist. Ich rede nicht gern darüber, da ich sonst meiner Frustration Ausdruck verleihen würde. Sie sind alle hohlköpfig und nicht selbst kreativ. Wie oft sehe ich Männer und Mädchen, die unseren Stil kopieren oder sich dasselbe Deo kaufen wie wir. Diese Menschen besitzen keine eigene Persönlichkeit... ich finde das abartig. Und solchen Wesen muss ich während eines Konzerts in die Augen sehen. Da dreht sich mir der Magen um. Ich könnte genauso gut in den Spiegel sehen und dabei wäre ich dann weniger angepisst.

Bevor wir uns in unseren Tourbus zurückziehen können, muss ich noch das Schlimmste an dieser Prozedur ertragen: Die autogrammhungrigen Fans, die flehentlich um ein gemeinsames Foto bitten. So sehr ich sie für ihre Kraft liebe, so sehr hasse ich sie für ihren Fanatismus. Wozu brauchen sie ein Foto mit mir? Was ist daran so toll ein Abbild von mir zu haben, wo sie selbst auch noch drauf sind? Reicht es nicht, dass sie mich mit ihrem Blitzgewitter von Kameras auf der Bühne beinahe blenden?

Ich würde am liebsten in ihre fanatischen Gesichter schreien, wenn sie vor mir stehen und sie dazu bringen aufzuhören so wie ich sein zu wollen! Sie sollen aufhören die ausdruckslose Maske meines Gesichtes zu tragen, da ich selber nicht weiß, welcher meiner Seiten ICH ist...

Aber ich werde es erdulden.
 

“Say a prayer for me

Cause I can barely breath

I'm suffering and I can't take it

Because of me

No one will ever see

This side of me

If I don't make it”
 

Die Strophen dieses Textes kommen mir wieder in den Sinn, als ich vor einem weiblichen Fan stehe. Ich sehe ihre feuchten Augen und der glückliche Ausdruck in ihnen. Was ist daran so besonders mich sehen zu dürfen? Ich bin ein Arschloch wie jeder andere... ich verstehe es nicht.

Ich blicke sie kurz direkt an, was sie aus der Bahn zu werfen scheint. Naives, kleines Kind... Kein Gegner für mich. Zu unerfahren und leichtgläubig für diese Welt. Sie kennt bestimmt nicht einmal die Hälfte der Erfahrungen, die hinter meinen Texten stehen. Sie wird nicht einmal die Bedeutung erahnen. Sie ist ein behütetes Schaf in der Herde ihrer Mutter... und sie ist genauso dumm wie eines. Nur weil sie schwarz trägt, heißt das nicht, dass sie einen ebenso weiten Blick hat wie die anderen Gothics und Metaller hier. Ich glaube nicht einmal, dass sie annähernd um die schrecklichen Umstände unserer Welt weiß... und um mich.

Wenn sie wüsste, von wem sie hier ein Autogramm haben will. Ja, von wem? Wer bin ich?
 

“It's like I can't wake up

It's like I can't get up

It's like I can't remember who I used to be”
 

Ich wende mich von ihr ab. Dieses kleine Porzellanpüppchen erträgt doch niemand.

Mir werden Fragen gestellt und ich höre Beteuerungen wie sehr wir doch wieder gerockt haben. Angeblich haben wir Herzen berührt, aber davon habe ich nun gar nichts gesehen. Alle solche Lügner. Ich habe geschworen nie wieder zu lügen, aber damit habe ich ja wohl gelogen. Ist es denn nicht hinterhältig von mir, dass ich allen verschweige, dass ich eine geteilte Person bin, die über Leichen gehen würde, nur um jemanden zu finden, der sie endgültig ausschaltet? Was würden sie sagen? Was würden diese unterbelichteten Lebewesen dann von mir halten?

Ich hoffe, dass ihr Weltbild zerstört wird. Sie sollen sehen, was dieses Leben aus Menschen wie mir gemacht hat.
 

“Am I running from you

Or am I running from me?
 

It's like I can't wake up

It's like I can't get up

It's like I can't remember who I used to be
 

Am I running from you

Or am I running from me?”
 

Bin ich einmal anders gewesen? Ich kann mich nicht erinnern… ich weiß nur, dass ich schon immer über die anderen geurteilt habe, wie ich es auch jetzt tue. Vielleicht ist es damals nicht so extrem und kritisch gewesen, aber ich habe es definitiv getan. Schon immer habe ich hinterfragt, ob dieser verwirrende Wahnsinn denn die einzige Möglichkeit im Leben sein kann.

Ich habe festgestellt, dass es nicht so ist. Es kann auch anders gehen, aber dazu muss man einen langen Weg gehen...

Und der führt über Leichen...
 

“Clear a path for me

Cause I can barely see

I'm stumbling and I can't shake it

It's up to me

To save myself from me

My enemy

But I can't face it
 

It's like I can't wake up

It's like I can't get up

It's like I can't remember who I used to be
 

Am I running from you

Or am I running from me
 

It's like I can't wake up

It's like I can't get up

It's like I can't remember who I used to be
 

Am I running from you

Or am I running from me”
 

Nach einiger Zeit reicht es mir. Mit einem gekonnt gespielt schüchternen Lächeln verabschiede ich mich und entschuldige mich, dass sie, die Fans, so geil gewesen sind, dass ich vollkommen ausgelaucht bin. Sie quittieren das mit einem Jubeln. Schon wieder habe ich gelogen, auch wenn ich es eigentlich nicht mehr will. Es bringt nichts... aber die Wahrheit bringt mir auch nichts. Wenn ich es ihnen erzähle, wenden sie sich ab... und ich bin ohne ihre stützende Kraft.

Ich brauche sie und sie brauchen mich.

Ich ziehe mich in den Tourbus zurück. Ich lege mich auf mein Bett. Wann wird das endlich ein Ende haben? Wann kommt endlich jenes Wesen, dass das hier alles beenden wird?
 

“I'm breaking now

I'm breaking now

I'm breaking out

here I come
 

I'm breaking now

I'm breaking now

I'm breaking out

here I come, here I come, here I come
 

Can't ... Wake ... Up cause I'm no one”
 

Bin ich wirklich ein Niemand?

Ist die Tatsache, dass ich mich für keine Seite meines Selbst entscheiden kann, der Beleg dafür, dass ich es auch nicht verdiene irgendjemand zu sein?

Wenn dem so ist, hat meine Existenz nicht ab dem Punkt verloren, an dem man aufgehört hat jemand zu sein. Wenn man niemand mehr ist, wer soll man dann erst sein, wenn weiterhin niemand ist? Kann aus einem Niemand wieder ein Jemand werden, obwohl er früher schon mal ein Jemand gewesen ist?

„So viele Scheißfragen!“, murmle ich und greife mir an die Schläfen. Das ist einfach zu viel. Das ist wirklich zu viel. Ich greife meine Zigarettenschachtel und zünde mir ein weiteres Glimmstängelchen an. Das habe ich gebraucht. Ich mache ein Fenster auf, sonst fangen die Kollegen an zu motzen. Aber die sind bestimmt noch damit beschäftigt die Fans zu unterhalten.

Ich habe eine glorreiche Idee.

Ich verdufte. Wird eh keine von diesen minderbemittelten Primitiven mitbekommen. Ich habe in der Nähe einen kleinen Park gesehen, als wir hergefahren sind. Dahin werde ich mich verziehen. Bestimmt wird der kühle Wind mir den Verstand wieder lüften. Ich ziehe mir meine schwarze Lederjacke über.

Ich setze einen Fuß nach den anderen, ohne zu wissen, wohin es mich führen wird. Ich ziehe an meiner Zigarette. Ich weiß noch, wie entsetzt alle gewesen sind, als sie mich das erste Mal mit diesem Nikotinstäbchen erwischt haben. Ich komme nicht davon los und ich habe es auch nicht vor. Tabak ist eine wundervolle Sache. Es macht den Kopf frei.
 

„It's like I can't wake up

It's like I can't get up

It's like I can't remember who I used to be
 

Am I running from you

Or am I running from me” *2
 

Der Song verklingt in meinem Kopf.

An einer einsamen, verdreckten Parkbank bleibe ich stehen. Der Lack splittert ab und alte, Ekel erregende Kaugummireste kleben auf dem rauen Holz. Nun, es ist immer noch komfortabler als das Klo im Bus. Angewidert setze ich mich. Das ist alles so abstoßend. Wann kann ich endlich aus diesem Alptraum aufwachen?

Ich rauche meine Zigarette auf und schnippe den übrig gebliebenen Stummel auf den Boden. Dort kleben noch mehr Kaugummis. Wie kann man so ein widerliches Zeug nur in den Mund nehmen? Das ist doch eklig.

Ich schließe die Augen. Rieche die unendlich reine Luft des vergehenden Abends. Der Tag stinkt. Die Nacht duftet. Ich bin schon immer ein nachtaktiver Mensch gewesen. Ich verabscheue die Sonne. Die macht meine zarte weiße Haut nur braun. Das sieht doch unnatürlich aus. Deshalb meide ich das Licht wie die Katzen das Wasser.

Ich versuche mich zu entspannen. Ganz allmählich lösen sich meine Muskeln. Während eines Auftritts verwandeln sie sich immer in angespannte Drahtseile. Oder wie ein zu festgezogenes Tau.

Seufze. Die leisen Geräusche des Abends verlieren sich im samtigen Schleier der Nacht. Stille. Wundervoll ungebrochene Lautlosigkeit. Keine kreischenden verstandslosen Fans, keine nervigen Journalisten, keine aufdringlichen Fotographen, kein stressiger Manager. Just silence. So eine angenehme Ruhe.

Ich lege meinen Kopf in den Nacken. Leise beginne ich ein Lied zu summen, das ich vor langer Zeit geschrieben habe. Zu der Zeit, als der Wahnsinn begonnen hat. Als alles sich zum Schlechten gewandt hat. Heute Abend ist es nicht in der Setliste gewesen, obwohl ich nicht einmal weiß, wieso.
 

“Memories running through your head

Alone and afraid there's monster under your bed

Waiting for him to come home
 

The strangest feeling when darkness surrounds your mind

Screaming pain when you turn out to be right

The sad story again, leaves you nothing but pain, all in vain”
 

Plötzlich höre ich eine Bewegung, ein leises Rascheln, doch irgendetwas gebietet mir still zu sein. Ich soll mich nicht bewegen. Einfach ziehen lassen. Jemand tritt hinter mich. Eiskalte Finger berühren meine rechte Wange, verfolgen meine Konturen bis zum Kinn hinab zum Hals und dann zurück zur Rechten Wange.

Ich singe weiter und die fremde Person begleitet mich.

Eine Frau... und ihre Stimme klingt verheißungsvoll. Tief und volltönend, wie eine Göttin.
 

“Storm in your heart, it tears you apart

For so long you have wandered in dark

To find out the one who won't let you down”
 

Ihre Finger erkunden weiter mein Gesicht, als ob sie sich so jeden einzelnen meiner Züge einprägen will. Sie greift in meine Haare, zerrt leicht daran.

Ihre Berührungen sind voller Sinnlichkeit, verbotener Erregung. Ich hole zitternd Atem. Die Luft ist elektrisiert von Erotik, ich spüre das Prickeln auf meiner Haut. Alle meine Härchen richten sich auf, dieses gespannte Warten zerreißt mich beinahe.
 

“Put your heart, back in the game

And you will lose it all over again

It's always the same, nothing but pain, all in vain”
 

Sie wandert um die Bank herum. Noch immer halte ich die Augen geschlossen. Sie setzt sich auf meinen Schoss, meine Hände legen sich automatisch um ihre Hüfte. Die Umgebung scheint vor Leidenschaft zu knistern. Und da... liegen ihre Lippen auf meinen. Ich küsse sie mit feurigem Hunger, ohne zu wissen, wie sie aussieht, wer sie ist, wie sie denkt... es ist gleich, denn alles ist nur ein Trugbild. Ihre Berührungen sind es, die mich in den Wahnsinn treiben. Süße Verlockung, begehrende Sünde...

Als wir uns lösen singen wie den Refrain noch einmal...
 

“Storm in your heart it tears you apart

For so long you have wandered in dark

To find out the one who won't let you down” *3
 

Wir lassen die Töne in der Nacht verhallen, die die Silben bis in alle entlegenen Winkel trägt. Niemand wird diese Worte je hören...

Ich spüre, dass sie sich nach hinten lehnt und dann ertönt ein weiteres Rascheln. Noch ein paar Sekunden... nur noch ein paar Sekunden...

Ich öffne die Augen und lächle sie an.

Ihre Waffe zielt zwischen meine Augen. Über den Lauf hinweg sehe ich ihr wunderschönes Gesicht, das mir einen freundlichen Blick schenkt. Sanft sagt sie: „Ich weiß, was du willst... ich schenke es dir“, bewegt ihren Finger und –
 

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*1 Trust Company – „Downfall“

*2 Trust Company – „Running from me“

*3 Reflexion – “Storm”
 

Die erste Band kann man wohl zum Metal einordnen, in irgendeine Weise. Die Jungs waren Vorband bei Korn, sind aber nicht so hart, wie ich finde. Eigentlich hat der Sänger eine sehr sanfte Stimme, nur an wenigen Stellen brüllt er dann eben doch mal. Diese sind fett markiert.

Die zweite Gruppe ist eine finnische Goth-Rock-Band, die noch nicht lange in Deutschland draußen ist. Mein persönlicher Favorit ist „Rainheart“, aber leider kriege ich den Text da nicht so zusammen.
 

Ich denke, den Schluss braucht man nicht erklären ^^“

Ich hoffe, es hat euch wenigstens ein winziges bisschen gefallen. Wenn die FF unerwartet viel Anklang finden sollte, würde ich mich entschließen daraus eine Sammlung von OS zu machen, wann immer ich mal auf MEXX sind. Das Hochladen könnte aber manchmal mehrere Monate dazwischen haben.
 

Nun... das war’s dann

Bis denne, de are

Destination Death - Insane Love

Dieser Teil kann im Zusammenhang mit dem ersten One-Shot gesehen werden, aber auch unabhängig agieren!
 

Destination Death – Insane Love
 

Hilarys POV:
 

Er ist also tot... ich hätte es nicht erwartet. Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll. Was ich denken, fühlen soll. Wie verhält man sich, wenn man erfährt, dass die einstige große Liebe, die dich ohne ein Wort zu sagen verlassen hat und die du dann zu hassen begonnen hast, gestorben ist. Ermordet worden ist! Ich weiß es nicht... wie oft hab ich mir gewünscht ihm den Hals umzudrehen, weil er einfach gegangen ist, bevor ich ihm meine Gefühle gestehen konnte, aber dass es wirklich eintritt...

Daran habe ich nicht einmal zu denken gewagt.

Ich spüre nichts. Ich fühle mich innerlich so leer.

Tot...

Dieses Wort hat einen so merkwürdigen Beiklang. So unwirklich, unrealistisch. Als wäre dies alles ein Traum, den man nicht lenken kann. Er kann doch nicht einfach tot sein. Das widerspricht doch allem. Es fühlt sich nicht an, als wäre Kai tot. Eher, als wäre er bloß fort... für den Moment.

Ob es den anderen auch so geht? Sie alle haben für ihn nur noch Verachtung übrig gehabt, weil er gegangen ist, um ein Rockstar zu werden. Sie haben ihm zwei Monate gegeben, bevor er den Absturz erleidet. Niemand hätte ihm zugetraut auf einer Bühne zu stehen und zu singen. Tse, es hat auch keiner gewusst, dass er das überhaupt kann... nicht einmal ich... dabei habe ich geglaubt alles über ihn zu wissen, da... ich ihm in meinem Liebeswahn auch nachgeschlichen bin...

Ich habe seine Stimme geliebt. Nachdem sie groß raus gekommen sind, habe ich sie vergöttert. Noch immer stehen alle CDs seiner Band bei mir im Regal. Ich habe mich dafür gehasst, dass ich sie mir angehört habe, obwohl ich den Kerl für seinen Charakter verabscheut habe.

Und jetzt? Was ist jetzt?

Kann ich jemals wieder ohne Bedenken sie mir anhören? Was wird geschehen, wenn ich jetzt eine CD einlege...

„Hilary?“

Wer-? Ich drehe mich um. Tyson. Er steht im Türrahmen. Ich glaube zu wissen, wie es einem von uns geht... wenigstens einer.

„Ja?“, frage ich mit einem Lächeln. Ich weiß, dass es verzerrt ist, dass es unecht ist. Meine Augen müssen starr wirken, ebenso meine Haltung. Wie eingefroren...

„Geht es dir gut?“, fragt er und kommt näher. Warum fragt er das ausgerechnet mich? Er ist doch schließlich, der Kai als sein Idol auserkoren hat. Damals... vor langer Zeit. Man traut es ihm nicht zu, aber Tysons Stolz steht dem von Kai in nichts nach. Er hätte es nie zugegeben, dass er Kai nicht nur als Konkurrenten sieht... dass er für ihn ein Vorbild ist.

Wie muss es für einen sein, dessen Versinnbildlichung des perfekten Menschen das Zeitliche gesegnet hat? Ist das nicht eine Qual?

Ich nicke. „Ich bin nur etwas müde.“

„Kein Wunder. Du warst die halbe Nacht wach und hast allen möglichen Leuten von dem Trauerfall berichtet. Du hingst die ganze Zeit am Telefon. Willst du nicht schlafen?“

Nein, das will ich nicht. Er braucht mich mehr als ich den Schlaf. Er glaubt immer noch, dass meine Liebe zu Kai gewährt hat, aber das ist doch schon lange vorbei. Ich weiß noch... er ist eifersüchtig gewesen. Ich habe es mitbekommen. Aber ich habe nur an mich gedacht. Wenigstens einer, der etwas für mich empfindet! Das habe ich mir gesagt. Ich bin so egoistisch gewesen. Ich habe nicht erkannt, dass er mir immer zur Seite gestanden hat.

Auch wenn sich meine Gefühle gewandelt haben und nun auf jemand anderen projiziert worden sind, so werde ich mich ihnen nicht noch einmal ergeben. Am Ende wird die betreffende Person vielleicht wieder gehen... ich werde sie dann wieder hassen... und am Ende stirbt sie und ich weiß nicht, was ich tun soll...

So sehr ich auch bei Tyson sein möchte, ich werde mich nicht hingeben.
 

Sometimes I’m a selfish fake

You’re always a true friend

And I don’t deserve you ‘cause I’m not there for you

Please forgive me again…
 

“Hilary? Ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir? Du sagst nichts...“

Was soll ich auch dazu sagen. Ich würde ihn jetzt am liebsten anschreien, weil er diese mütterliche Tour abzieht, dass er sich um mich kümmern will. Ich brauch es nicht. Ich komme allein zurecht. Er ist derjenige, der Hilfe braucht, aber ich kann sie ihm nicht geben. Nicht jetzt, vielleicht auch niemals...

Ich hätte sein Angebot heute bei mir zu schlafen ablehnen sollen. Ich hätte ahnen müssen, dass so etwas kommt.

„Ja, Tyson... es ist alles klar...“

Hoffentlich hält er die Klappe. Ich ertrage es jetzt nicht ihn reden zu hören. So viel er mir auch bedeutet, ich will das jetzt nicht hören!
 

I wanna be there for you

Someone you can come to

It runs deeper than my bones

I wanna be there for you
 

Tyson ist ein Inbegriff des Lebens. Und Kai? Meine erste große Liebe steht für den Tod... woher soll ich wissen, dass nicht dasselbe mit Tyson passiert? Lange bevor seine eigentliche Zeit gekommen ist? Ich ertrage dieses Lebendige an Tyson nicht. Diese Energie. Es ist einfach zu viel...

Ich würde so gern Abstand nehmen. Tyson... er weiß nicht, wie oft ich schon selber daran gedacht habe ins andere Reich überzutreten. Wie nahe war ich manchmal schon dem Ende?

Er will Blickkontakt... ich kann ihn nicht halten.
 

Swirling shades of blue

Slow dancing in your eyes

The sun kisses the earth

And I hush my urge to cry
 

Warum kommen mir die Tränen hoch? Ich habe keinen Grund zum Heulen... oder doch? Ist es wegen Tyson? Oder ihm, weil mir sein Tod doch schmerzt? Ich verstehe mich selber nicht mehr. „Tyson?“

„Was ist?“

„Geh bitte... ich muss nachdenken. Allein!“

Seine Augen weiten sich geschockt. Er muss mir verzeihen, aber die Tatsache, dass das Ende und der Anfang sich direkt vor mir begegnen und aufeinander prallen, ist eine zu starke Kraft, die mein lädierter Körper nicht verkraften kann. Zum einen die Präsens des Jungens, der mir den Verstand geraubt hat und dann die CDs, die von jemandem zeugen, der nun nicht mehr unter uns weilt, und der mir einst dasselbe angetan hat. Muss man da nicht wahnsinnig werden?

Ich will für ihn da sein, aber ich will nicht mehr in seine Nähe, wenn es diesen Irrsinn zur Folge hat!

Ich spüre kalte Finger im Nacken. Es ist niemand hier. Aber sie sind da...
 

I wanna be there for you

Someone you can come to

It runs deeper than my bones

I wanna be there for you (2 x)
 

Streifen meine Haare, meine Wange… kälter als Eis, heiß wie Feuer, gebadet in Schnee und erloschen in Flammen... Sie wandern meinen Hals entlang, über Nase und Augen, die ich verschließe, um es nicht sehen zu müssen.

Ich halte den Atem an.

Ist es das, wofür ich es halte?

Wenn ja... dann ist es zu früh... zu früh für mich. Ich muss noch so vielen etwas sagen. Ich habe noch etwas zu erzählen. Ich habe Geschichten, die weitergegeben werden müssen, Weisheiten...

Ich muss noch etwas zugeben...

Etwas gestehen...

„Halt...“, flüstere ich, doch es hört nicht auf. „Halt.“ Und die aufgestauten Tränen fließen. Ein leises Lachen. „Stopp.“ Ich muss jemanden noch... etwas Wichtiges mitteilen...
 

´Cause I hear the whispered words

In your masterpiece, beautiful…

You speak the unspeakable through

I love you… too
 

I wanna be there for you

Someone you can come to

The love… runs deeper than my bones…

I wanna be there for you… *1
 

Und damit schlägt es auf mich ein.

Ich bin wehrlos.

Und Zeit vergeht...
 

***********************************************************************
 

Ich halte einen alten Text von ihm in den Händen... ich habe ihn ihm damals geklaut... Dieser Text ist eine Ironie des Schicksals. Ich betrachte mit Freude seine geschwungene Handschrift. Einmal hat er noch eine Notiz hinterlassen. Ob er sich irgendwann einmal gefragt hat, was daraus geworden ist?
 

“Don’t you feel the death around?/ Taking breath and life

I see blood on the ground/ Cutting through like a knife
 

~ Chorus ~: Hate to seek, Men to bleed

Noone can save me from the dark

Hate to seek, Men to bleed

My damn soul has fallen apart
 

Dreamer’s smile is a lie/ Reaper’s coming

Catching you, than you die/ Can’t keep running
 

Silence is there/ Cold breath in your neck

Fear to touch…/ Don’t you feel the death around?
 

~ Chorus ~ (instead of ‘me’ ‘you’)
 

Just close your eyes/ And let the death pass you by *2
 

Oh doch… ich spüre ihn. Aber ich kann ihn nicht vorbeiziehen lassen. Er will mich packen... hihihi... aber noch kann ich ihm entwischen. Noch nicht. Nur noch ein kleines bisschen leben. Hihihi... bald bin ich da. Aber jetzt noch nicht.
 

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I wasn’t solid enough to be

Things you rather wanted to see in me

Should I forget msyself to get over you,

All I can do is pretend and lie… to myself.

Over and over again…
 

„So oft du mich auch berührst, du unsichtbarer Geist. Du kannst mich nicht mitnehmen. Noch bin ich hier. Und ich werde hier auch bleiben. Du bekommst mich nicht. So viel du auch in mein Ohr flüsterst und mir Dinge versprichst, oh nein... ich werde nicht auf dich hereinfallen. Ich weiß, wer du bist. Du kannst mich nicht täuschen. Ich bin schlauer als du!“

Ich zeige auf ihn. Er steht da. Ich kann ihn nicht wirklich sehen, doch ich spüre ihn. An dieser Stelle ist die Luft kälter und geballt. Es riecht nach Ozon, Fäulnis und Rauch. Er ist dort. Genau vor mir. Ich weiß es.

„Bist wohl sprachlos geworden, was? Ha! Ich sagte dir doch, dass ich noch nicht mitkomme. Da brauchst du dich auch nicht vor mir hinstellen. Ich bleibe hier!“
 

Ghost of you, still breathing.

It won’t leave me alone, it keeps on teasing.

Reflections of eternity are dark as hell now I can see

The things of that I’m glad, my heart and soul are still mine…
 

Er will näher kommen, aber davon werde ich ihn schon abhalten. „Wage es dir nicht, mich auch nur anzurühren! Ich kenne deinen Namen!“

Doch die Kälte schreitet voran. Wabernd, wallend. Ekel erregend! „Verschwinde!“ Ich schmeiße mein Kissen auf ihn zu, doch es sinkt hindurch. „Geh weg!“ Aber er kommt... weiter, immer weiter... seine eisigen unstofflichen Hände. Sie packen mich! Ich erfriere!

„Lass mich los! Tyson! Hilf mir!“

Er schüttelt mich, schlägt mich. Sagt mir, ich solle mit ihm kommen...
 

I couldn’t stop believing in fantasies,

You destroyed then forgot, now I rebuilt.

This promised land, made by sand of an hour glass we misplaced.

It’s broken it has disappeared and so have you…
 

Warum braucht Tyson so lange? Er tut mir so schrecklich weh. „Verschwinde... bitte verschwinde doch. Ich brauche noch Zeit!“ Ich bin den Tränen nahe.

Doch die Berührungen... seine elenden Finger...

„Oh, Kai... lass mich doch los...“, wispere ich.

Jemand stürmt in mein Zimmer. Er geht. Er verschwindet. „HILARY! Mein Gott, was ist geschehen? Du hast geschrieen. Oh mein... das Zimmer ist vollkommen verwüstet. Was ist denn passiert?“

Ich werfe mich ihm in den Arm. „Tyson! Es war schrecklich. Gut, dass du endlich hier bist. Jetzt ist er weg... jetzt ist er weg... er hat mir wehgetan.“

Er streicht mir über mein Haar. „Wer? War jemand hier?“

Ich nicke an seiner Brust. „Kai...“
 

Ghost of you, still breathing.

It won’t leave me alone, it keeps on teasing.

Reflections of eternity are dark as hell now I can see

The things of that I’m glad, my heart and soul are still mine… *3
 

***********************************************************************
 

POV – Wechsel Mariah
 

Ich kann das kaum glauben. Zuerst dieser erste Schock und nun folgt der nächste... ich drücke mir mein Taschentuch gegen die Augen. Fast alle meine Tränen sind aufgebraucht. Kein Wunder... nachdem ich erfahren habe, dass Kai tot ist, hab ich mir schon die Seele aus meinem Leib geheult, auch wenn ich ihn nicht so gemocht habe... aber als ich das von Hilary erfahren habe. Das... das ist jetzt einfach zu viel.

Ich schluchze auf. Meine Augen schmerzen, aber wie ich vorher gesagt habe... sie sind ausgetrocknet. Zurück bleibt ein dumpfer Schmerz im Innern. Ich kann das nicht fassen... das ist nicht möglich.

Hilary, wieso?

„Mariah...“, flüstert mir Ray zu. Ich versuche ihm tapfer zuzulächeln, aber es misslingt mir. Ich drücke mich an ihn. Ich brauche jetzt seine Nähe. Er weiß, dass Hilary meine beste Freundin ist. Dass es mich... besonders trifft.

„Stehst du das durch?“

„Ich hoffe es... ich weiß es nicht.“

Ich zittere. Ich will nicht in das Zimmer gehen. Sie liegt dort. Hilary. Tyson wird auch dort sein, aber das schafft keine Abhilfe. In keiner Weise. Er hat mir davon erzählt... was mit ihr passiert ist. Ich hätte es nie vermutet. Ich habe gedacht, dass sie über Kai hinweg wäre und nun sich bald bereit erklären würde es mit Tyson zu versuchen. Und nun?

Beiße mir auf die Unterlippe. Es ist unfassbar.

„Ich gehe jetzt rein, Ray. Danke noch mal.“ Er nickt und ich sehe eine düstere Vorahnung in seinen Augen. Er hat wohl Angst, dass ich ihren Anblick nicht ertragen kann. Werde ich wahrscheinlich auch nicht, aber ich muss trotzdem gehen. Ich bin es ihr schuldig. Sie würde es auch für mich tun.

Ich klopfe und zögere, als ich die Türklinke ergreife. Nur Mut. Dann drücke ich hinunter und trete hinein mit geschlossenen Augen. Mein Herz bebt. Was wird passieren, wenn ich die Augen öffne?

„Mariah... ich bin froh, dass du endlich hier bist“, höre ich eine Stimme erstickt sagen. Tyson.

Ich blicke vorsichtig auf. Ich bin hier in ihrem Zimmer. Nichts Besonderes. Ich bin hier schon oft gewesen, ich kenne es in und auswendig. Die Farbe der Wände, das Muster des Teppichs. Alles erscheint hier richtig. Nur zwei Dinge sind falsch. Die restlichen Möbel fehlen. Und auch das Mädchen, das dort im Bett liegt. Ich bewege mich auf sie zu. Tyson sitzt an ihrem Fußende. Ich frage: „Wie geht es ihr?“

Er setzt an zu sprechen, doch das Mädchen im Bett, von dem ich geglaubt habe, dass es schläft, öffnet nun die Augen und blickt mich strahlend an. „Oh, Mariah! Ich freue mich dich zu sehen. Wie lange ist es her? Wochen, oder nur ein paar Tage? Ich habe die Zeit vergessen... weißt du, es wird in diesem Zimmer immer so schnell dunkel und hell, ich habe es nicht mehr zählen können. Und seitdem ich die Nächte kaum noch schlafen kann, fällt es mir umso schwerer... ich habe ihm gesagt, dass ich noch nicht komme... aber jede Nacht, jede entsetzliche Nacht! Da kommt er in mein Zimmer und packt mich und lässt mich nicht schlafen. Dabei bin ich doch so müde... ich würde so gern mit ihm mitgehen, aber ich muss noch so viele Dinge erzählen. Doch er hört mir nicht zu, er hört mir einfach nicht zu!“ Sie fängt plötzlich ohne Grund an zu weinen.

Mir schnürt sich die Kehle zu. „Wovon redest du?“

Tyson ergreift mein Handgelenk. Ich blicke ihn an und es schimmert feucht in seinen Augen. Seine Lippen formen einen Namen, der alles in mir erfrieren lässt. Doch da spricht sie es schon aus: „KAI! Wer denn sonst? KAI! Kai, er kommt jede Nacht hierher. Er kommt durchs Fenster und dann packen seine eiskalten Finger meinen Nacken!“ Mit einem Mal richtet sie sich auf. Ich kreische auf, als sie meine Arme packt und mich zu sich zieht. Ihre unsteten Augen blicken wahnsinnig in meine. Mir läuft der Schweiß hinab. Ich will weg. Sie tut mir weh. Ihre Augen, ihre Augen! Das halt ich nicht aus! „Er tut mir weh, Mariah! Verstehst du? Er tut mir weh! Und er hört nicht auf damit. Ich habe ihn angebettelt und angefleht aber er lässt mich nicht.“ Sie stößt einen langen Klagelaut aus, der mir in den Ohren schmerzt. Sie presst mich an sich und schnürt mir die Luft zum Atmen ab. Sie zerquetscht mich! Ich will mich befreien, doch ihr Griff ist zu stark! „Da! Da ist er! Beim Fenster! Hinter den Vorhängen! Tyson, mach ihn weg, mach ihn weg!“

„Hilary!“, brüllt er und ich spüre nur, dass ich weggerissen werde. Hilary strampelt sich aus dem Bett, richtet ihren Finger auf die Vorhänge, auf denen Tysons und mein Schatten zu sehen ist. „Da! Lass mich in Ruhe, Kai! Ich will dich nicht sehen!“ Ihre Hände reißen an ihren Haaren. Ganze Büschel rupft sie sich aus. Sie kratzt sich selbst im Gesicht und an den Armen entlang, dreht sich im Kreis und schreit nur noch. Dann verkriecht sie sich in eine Ecke, hockt sich hin und ist mit einem Mal still. Auf ihren Lippen nur noch ein wahnsinniges Lächeln... und ein Speichelfaden in ihrem Mundwinkel.

„Oh mein Gott“, flüstere ich. Meine Lunge tut so entsetzlich weh. Tyson hält mich noch immer fest. „Das ist bisher der schlimmste Anfall gewesen... sie wird bald abgeholt. Aber ich habe gedacht, dass sie... weil du doch ihre beste Freundin bist, vielleicht... für einen Moment uns ganz normal sagen könnte, was denn passiert ist.“

„Wann hat es... angefangen?“

„Kurz nachdem Kai gestorben war, fing sie an Dinge zu sehen, die nicht da waren. Schatten... Menschen. Wenn ich einen Löffel fallen gelassen habe, hat sie mich angebrüllt. Ich wolle ihr angeblich wehtun. Der Löffel sei eine Prophezeiung. Jetzt ist es so weit... lass uns gehen.“

Ich nicke schwach.

Kaum dass wir die Tür hinter uns schließen, höre ich ein Kreischen hinter mir. Ich höre Kais Namen und unverständliches Gemurmel. Dann einen Knall. Ich zucke zusammen. „Was war das?“

„Sie ist wahrscheinlich gegen die Wand gerannt. Deshalb haben wir die Möbel entfernt. Sie soll sich nicht zu ernsthaft verletzen.“

Ray kommt und nimmt meinen Arm. „Alles klar?“

„Hm...“

Ich drehe mich zu ihm und Tyson. Beide sind kreidebleich. Mir wird es nicht besser gehen.

Und als ich gehen will, ist noch ein lautes Brüllen zu vernehmen: „Tyson, ich liebe dich!“ Es erstirbt mit einem erstickten Lachen.
 

Als Tyson nach fünf Minuten Starre und Stille endlich hoch rennt, hockt sie mit einer blutigen Stirn und merkwürdigen Würgeabdrücken am Hals in der Ecke und wiegt sich vor und zurück...
 

***********************************************************************
 

*1 Flyleaf – „There for you“ Das Lied ist so schön... TT___TT und die Sängerin hat eine bombastische Stimme. Erinnert bei manchen Tonlagen ein wenig an Avril Lavigne.

*2 Hust, hust... also, das... ähä... den Text hab ich mal vor einiger Zeit selber geschrieben >///< aber so doll ist er ja nun nicht... ich fand ihn aber irgendwie passend XD Ich hab ihn extra noch n bissl geändert

*3 Negative – „Reflections“ Ich wollte es erst weg lassen, weil es ja eigentlich zu viele Lieder sind, aber dann konnte ich einfach nicht widerstehen >.<
 

Diese One-Shot Sammlung heißt ja „Destination Death“. Die einzelnen OS sollten deshalb mit dem Thema was zu tun haben, aber ich finde es doof, jedes Mal jemanden sterben zu lassen. Deshalb beschäftige ich mich hier mit dem Tod in verschiedenen Varianten. Hier war es zum Beispiel der Tod des Verstandes ^^

Ich entschuldige mich bei allen Leuten, die vielleicht etwas für Hillary übrig haben.
 

da finnifician are

Destination Death - Silent Words

Diese OS kann ebenfalls in Verbindung mit den ersten beiden gesehen werden oder aber auch einzeln betrachtet werden. Ich erwähne das nur jedes Mal, damit man sich nicht wundert. Gewissermaßen sind alle OS aufeinander aufgebaut, aber sie betrachten immer das Schicksal von einer einzelnen Person (könnten aber auch zwei sein).
 

~ Life’s a bitch and then you die. ~ *1
 

Destination Death: Silent words
 

Ming Mings POV
 

So viel ist in letzter Zeit geschehen. Es kommt mir beinahe wie ein Fluch vor. Zwei von uns... haben ihr Leben beendet. Beide in eine andere Art und Weise... es ist unglaublich. Ich habe nie sehr viel mit den beiden zu tun gehabt. Sie haben mich nicht interessiert, aber dennoch haben wir etwas gemeinsam gehabt: Kai und ich sind singende Beyblader und Hilary hat mit mir eine unerfüllte Liebe geteilt. Doch ihr hat es den Verstand geraubt. Selbstverständlich. Ihr Angebeteter ist ermordet worden. Erschossen auf eine Distanz von wahrscheinlich nur dreißig Zentimetern... ein grausamer Gedanke, dass er da nur auf einer Bank gesessen hat, sich mit seinem Mörder vielleicht auch noch unterhalten hat, um kurz darauf niedergeschossen zu werden...

Aber noch erschreckender als die Art seiner Ermordung ist..., dass er noch im Tod gelächelt hat...

Ich will nicht wissen, was ihn dazu getrieben hat. Fest steht, dass er sich nicht gewehrt hat. In keiner Weise. Und dass seine obere Gesichtshälfte fast bis zur Unerkennbarkeit zerfetzt gewesen ist.

Es musste einfach so kommen, dass Hilary wahnsinnig wird.

Sie beide haben in der Öffentlichkeit gestanden. Er als Beyblader und Sänger, sie als eine unverwüstliche Begleiterin des Weltmeisters. Wir sind irgendwie verbunden gewesen. Ich kann es nicht genau bestimmen. Aber es ist so gewesen. Und es macht mir Angst...

Ich habe sie nur selten gesehen, nie mit ihnen gesprochen... doch ist es mir, als ob wir immer nebeneinander gestanden haben. Als ob sie mich berührt haben. Meine Hand gehalten. Als ob wir gemeinsame Erinnerungen hätten.

Als ob sie jetzt meinen Namen flüstern und mich daran erinnern wollen, dass es genauso sei, wie ich es gerade empfinde.
 

Like seasons change their face,

Rain like the tears

Winds got your voice whispering my name.

Landing shadows come around,

Telling me the same old story with certain sound.
 

Nicht dass ich auch anfange mit phantasieren und so ende wie Hilary... Ich habe doch gar keinen Grund dazu. Ich habe sie nicht einmal wirklich gekannt! Warum fühle ich mich dann ihnen so nah? Wieso empfinde ich Mitleid mit all jenen, die ihnen näher gestanden haben?

Weshalb hab ich dann so eine schlimme Vorahnung?

Ich sehe so viel Schatten...

Ich komme mir wie ein Gefangener vor... als ob die Schatten mich umzingeln wollen. Mich zur Erinnerung zwingen wollen. Was habe ich vergessen? Es muss in Verbindung mit Kai und Hilary gestanden haben. Aber ich erinnere mich einfach nicht... warum lässt mich das nicht in Ruhe? Ich will einfach nur meinen Frieden...

Die Schatten verfolgen mich.
 

I’m stuck in a place, prisoners of this room

Painful memories of me and you

I take colors of longing and paint you on my wall.

Is it too much to ask for some golden peace

That’s what I expect from you at least,

It’s simple and understood there’s no way out.
 

Gibt es keine Möglichkeit zur Flucht? Mein Atem ist zittrig. Ich bin allein. Diese Gasse ist leer. Richtig vereinsamt. Ruhig. Genauso wie ich es haben will, aber... hier stimmt trotzdem was nicht. Ich fühle mich so unsicher. Ist hier vielleicht doch jemand?

„Hallo?“, frage ich probeweise halber. Wenn hier ein Dieb wäre, der meine Tasche klauen will, würde er zwar trotzdem nicht antworten, aber meine widerhallende Stimme beruhigt mich ein wenig. Ich bin doch sonst nicht so. Aber seitdem Kai tot ist und Hilary in der Klapse gelandet ist... verspüre ich so eine Sehnsucht in mir. Beide haben in irgendeiner Weise ihren eigenen Frieden gefunden. Kai wird nicht mehr von dieser schrecklichen Welt berührt. Hilary bekommt von den ganzen schändlichen Dingen gar nichts mit.
 

I wish that I would be dead,

Dead like you and I falling like a butterfly after one lived day.

Hope you will find your peace - immortal, eternal and real

I know I cannot be dead yet, just can’t live it again…
 

Was wäre, wenn ich auch tot wäre?

Jeder Jugendliche fragt sich das mindestens einmal in seinem Leben, aber ich vermute, dass das noch viel öfter geschieht. Ich habe aufgehört zu zählen. Diese Frage schwebt häufig in meinem Hinterkopf.

Würde mich jemand vermissen?

Würde jemand etwas so seltsames verspüren, wie ich es gerade tue? Eine Verbindung sehen, wo keine ist?

Würde mir jemand folgen aus reiner Verzweiflung?

Kommt was danach?

Wäre ich den Problemen damit wirklich entkommen?

Aber für mich ist es noch nicht an der Zeit zu sterben. So merkwürdig dieses Gefühl in mir ist, ich weiß, dass der Tod nur eine Flucht wäre. Letztendlich hätte ich dann meine eigenen Probleme den Hinterbliebenen aufgehalst, die vielleicht ebenfalls daran zerbrechen würden.

Außerdem habe ich keinen Grund zu sterben... nichts läuft schief. Alles verläuft geregelt. Eine geordnete Bahn. Es ist alles in Ordnung. Wieso denke ich dann über den Tod nach? „Genau. Warum denke ich über den Tod nach?“, frage ich laut mich selbst.

In derselben Sekunde krallt sich eine Hand in meine Schulter und eine raue Stimme flüstert: „Weil dich genau das jetzt erwartet.“

Ich drehe mich zur Seite...
 

Seine schmutzigen Hände lassen mich erfrieren. Ich kann nicht einmal mehr schreien.

Seine Worte, die er mir entgegenflüstert, lassen mich vollkommen erstarren...
 

***********************************************************************
 

Seine Berührungen sind unerträglich… ich drifte fort… immer weiter. Als ob ich meinen Körper verlasse. Bald spüre ich nichts mehr. Alles ist in unerreichbare Ferne gerückt. Und ich schwelge... schwelge in Erinnerungen. Sehe Bilder vor mir. Längst vergangen und vergessen...
 

Too much never enough we’re stuck in time till death leads us away.

In a moment that I’m scared the most you’re sleeping away

Soon you’ll be lost

Every breath that you take you’ll be closer to where you belong.

I never thought this could be so hard and rough after we’ve been through

Can’t get enough of this sweetest trip you once gave me as a gift…
 

Was ist das für ein Gesicht?

Was ist das für eine Person?

Was tut sie?

Was hat sie vor?
 

I wish that I would be dead,

Dead like you and I falling like a butterfly after one lived day.

Hope you will find your peace - immortal, eternal and real

I know I cannot be dead yet, just can’t live it again…
 

Bin das dort ich? Und wer sind die anderen zwei?

Was tun wir?

Warum machen wir das?
 

I hope you’re waiting for me somewhere out there

In a place where we can hold each other again.

You went first I’ll come right after you

I’m depressed, I don’t care

I miss you, I hope you hear me…
 

I wish that I would be dead,

Dead like you and I falling like a butterfly after one lived day.

Hope you will find your peace - immortal, eternal and real

I know I cannot be dead yet, just can’t live it again… *2
 

Jetzt weiß ich es wieder… das, was Kai, Hilary und ich gemein haben... ich erinnere mich.
 

***********************************************************************
 

POV – Wechsel Kenny
 

Ich halte ihre Hand, während ich von Heulkrämpfen geschüttelt werde. Eigentlich dürfte ich keine Tränen mehr haben, so viel wie ich schon geheult habe. Rein biologisch gesehen, dürfte ich gar nicht mehr weinen, wenn ich nicht austrocknen will. Aber was interessiert mich jetzt die Wissenschaft?

Allein ihr Zustand ist gegen jegliches Gesetz, das ich kenne...

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Ihr Anblick im schwachen Sonnenlicht ist erschreckend gespenstisch...

Sie scheint mich nicht wahrzunehmen. Sie sitzt aufrecht im Krankenbett, eine Hand im Schoß, den Blick zur Seite, dem Fenster zugewandt. Wie eine Statue. Ohne jede Bewegung, regungslos starrt sie hinaus. Asketisch. Nur ganz selten blinzelt sie. Ansonsten könnte man glauben sie sei eine Schaufensterpuppe, die ein Verrückter in ein Krankenhausbett gesetzt hat. Ihr Anblick ist so unerträglich. Ihre braun gebrannte Haut ist nur noch wächsern und bleich, ihre Wangen sind eingefallen und um ihre Augen zeichnen sich tiefe Schatten ab. Sie hat nicht geschlafen. Seit Tagen nicht. Und wenn sie es versucht, dann erwacht sie nach wenigen Minuten schweißgebadet und wälzt sich hin und her...

Sie zerrt dann immer an ihren verschiedenen Verbänden, die fast ihren gesamten zarten Körper einhüllen.

Warum ausgerechnet sie?

Wieso Ming Ming?

„Ming Ming... bitte, rede mit mir! Sag mir, was ich tun kann, damit es dir besser geht!“, flüstere ich. Meine Stimme klingt vor Schmerz dünn und gebrochen.

Doch egal, was ich sage, sie reagiert nicht einmal... selbst wenn ich ihre Hand schmerzvoll quetsche, zuckt sie nicht. Apathisch schaut sie durchs Fenster und beobachtet die Bäume. Ob sie sich wünscht mit ihnen tauschen zu können?

„Kenny?“

Ich fahre zusammen. Hastig drehe ich mich um und entdecke meine Freunde. Tyson, Max und Ray. Die anderen erkenne ich nicht, da mein Blick immer noch verschwommen ist. Peinlich berührt reibe ich mir über die Augen.

„Hey, kein Problem. Willst du ein Taschentuch?“ Ich nicke schwach. Ray gibt mir eins und ich schnaube. „Willst du nicht einmal eine Pause machen? Du machst dich noch kaputt, wenn du ohne zu schlafen hier hockst und über sie wachst!“

„Aber ich kann sonst nichts für sie tun! Ich weiß, dass sie spürt, dass ich da bin! Auch wenn sie es nicht zeigt. Wenn ich weggehe, verliert sie noch den Halt!“

Max sagt leise: „Kenny...“

„Nein! Ich bleibe bei ihr! Ich kann sie nicht allein lassen. Sie braucht mich...“ Ich knie nieder. Hämmere mit den Fäusten einmal auf den Boden ein. Sie braucht mich. Sobald sie wieder zu sich kommt, wird sie eine stützende Hand benötigen. Ich werde das für sie sein.

Bald wird sie die Erinnerungen daran überwunden haben... wenn ich den Kerl erwische, der ihr das angetan hat, dann werde ich ihn fertig machen, das schwör ich!

Ich höre jemanden seufzen. „Hat sich irgendetwas an ihrem Zustand verbessert?“

Ich kann die Stimme nicht einordnen. Ich schüttle bloß den Kopf. „Aber ich glaube daran. Sie hat einen starken Willen. Sie wird das packen.“

„Du machst dir was vor Kenny. Sieh sie dir doch an!“

Ich fahre auf: „Was!“ Ich wende mich wütend zu dieser Person. Garland. Dieser Widerling. Ich hasse ihn. „Sie war mal mit dir in einem Team! Da musst du doch hinter ihr stehen und alles Menschenmögliche tun, dass es ihr besser geht! Das heißt auch daran zu glauben!“

Er hebt eine Augenbraue. „Sieh sie dir doch an!“, fordert er mich noch mal auf und deutet mit dem Finger auf Ming Ming. Sie hat sich kein Stück gerührt. Ich habe es nicht anders erwartet. Sie schaut starr nach draußen. Draußen, zu den Bäumen. Was sie da wohl entdeckt hat, dass es sie so fesselt? Was sieht sie?

Er spricht leise, aber laut genug, dass ich es noch hören kann: „Kenny, sie wurde vergewaltigt und beinahe getötet. Der Arzt ist sich sicher, dass sie nie wieder sprechen wird! Sie wird stumm bleiben!“
 

Bei dem Wort ‚stumm’ wendet sie sich um und schenkt uns allen einen leeren Blick, als wollte sie die Diagnose mit ihrer Apathie nur noch einmal bestätigen...
 

***********************************************************************
 

*1 Negative: "We can’t go on"

*2 Negative: "In Memoriam (Immortal Peace)" Ich find den Text an einigen Stellen ziemlich schwer verständlich. Irgendwie wirken die Worte da so aus der Luft gegriffen. Aber das finde ich gerade so genial. Das soll damit andeuten: In dem Moment, in dem sie vergewaltigt wird, ist sie wie entrückt, hört das Lied und erinnert sich an ihrer Verbundenheit mit Kai und Hilary.
 

Was diese Bindung ist, überlasse ich mit Freunden der Phantasie der Leser xD Oder vielleicht gibt es doch noch was? ^^ Vielleicht ist da eine tiefe Bedeutung? *muahahahaha* Oder tut Are bloß so, weil sie selber keinen Plan hat, was das soll? xD

Tja, das muss man noch herausfinden ^o^

Vielleicht wird das doch keine simple OS Sammlung, sondern was anderes? ôo
 

Also, dieses Mal war es der Tod der Worte ^o^ hoffentlich fällt mir noch was für ein nächstes OS ein...« Bald gehen mir solche Ideen aus XD
 

Da finnifician are



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Kommentare zu dieser Fanfic (9)

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Von:  between_black_pages
2007-03-28T17:54:04+00:00 28.03.2007 19:54
Wow. Ich denk ich hab eine neue Lieblingsfanfic!
Der Songtext, nein quatsch, die Songtexte, passen verdammt gut zu der Story! Und der innere Monolog war auch heftig! Ich mein, ich hab mir zwar auch schon Gedanken gemacht, aber so? Ich denke vom Sinn her stimmen seine mit meinen überein, nur ich drück mich eher weniger elegant aus. Wieso auch umständlich herumphilosophiern wenns auch kurz und bündig geht?
Wenn man es schafft sich richtig in die Musik zu werfen...das kenn ich nur zu gut! Nur aus diesem Grund hab ich mir nen gescheiten MP3-Player gekauft! Um im Buss den kleinen P***** nichts anzutun. Laut. Nervig. Naiv. Und äzend!

Nochmal großes Lob! Das kannst du!

Bis denne,
Rou
Von:  _Mika_
2006-12-06T19:02:26+00:00 06.12.2006 20:02
Ein bisschen traurig, aber auch wannsinnig schön. Einfach genial.
Von:  friehkie
2006-12-06T15:16:09+00:00 06.12.2006 16:16
Sorry dass ich erst jetzt kommentiere ^^' Wollte es ja am Wochenende, aber Gott scheint mich zu hassen ûU *Internet einfach zerstört hat* ><

Aber jetzt~ *muahahaha* Habe ich wieder Verbindungen zru Außenwelt ** Und hab den ersten Teil gelesen ^^ Und ich muss sagen, wie alles andere was ich bisher von dir gelesen habe, gefällt es mir^^

Es ist tiefsinnig und wunderschön geschrieben *~* Man kann so schön die Gedankengänge nachverfolgen und versuchen, sich mit der Figur zu identifzieren.

Vor allem beim Ende war ich mal wieder traurig und konnte meine Tränen nicht unterdrücken T_T Auch wenn es Kai-chan erlöst hat~... es war gemein T_T *sniff*

*sich jetzt an die anderen setzt*

Gruß
Freaky ^^/)
Von:  Votani
2006-11-23T20:36:53+00:00 23.11.2006 21:36
ô_____O
*drops*
Mein Kommi kommt spät, ich weiß~
Ich hatte irgendwie noch keine Zeit...

Nja, auf jeden Fall hat sich das Lesen ja mal wieder gelohnt.
Es hat mir sehr gefallen bzw. mich mitgerissen. Deine Ideen sind wirklich ausgefallen, deswegen gefallen mir die OS umso mehr. Man merkt, dass du dich mit so einem Thema auseinander setzt und außerdem lieb ich deinen Schreibstil wirklich. ^.^
Gut lesbar und verständlich, ganz abgesehen von den Umschreibungen, die immer klasse passen.
^____^

Arme Ming-Ming. Erst denkt sie noch an Hilary und Kai und dann das. *sfz*
Aber es kann immer schneller kommen, als man denkt. >_>
Kenny hat auch gut reingepasst, wie er sich um sie sorgt und so.

Ich kann auch gar nicht mehr dazu sagen, außer das du dich mal wieder selbst übertroffen hast und ich keine Kritik habe. *lol*

Und danke fürs Bescheid geben ^.-
+Ninja+
Von:  Kizu8
2006-10-23T12:04:33+00:00 23.10.2006 14:04
okay, .. sagen wir einfach mal .. wow?! *verwirrt*
das ist ja echt grausam gut, psychothriller, aber voll auf horror getrimmt ..
und wie immer bringst du songtexte deiner wahl blendend mit ein, sehr schön ^^^
wie immer.
also mach dir keinen kopf, dass du das schreiben verlernt hättest. talent löst sich nicht auf ^^
Von: abgemeldet
2006-10-21T15:46:43+00:00 21.10.2006 17:46
Gut dass ich Hilary nicht leiden kann und deshalb auch kein Mitleid mit ihr habe. *nick* Aber ihre Situation hast du toll in Szene gesetzt und da kommt beim Lesen wirklich eine interessante Stimmung auf.

Einerseits ist man fasziniert von ihrem Wahnsinn und wie sie mit Kais Tod umgeht - und andereseits läuft es einem eiskalt den Rücken hinunter, wenn man sich dieser Abhängigkeit Hilarys von Kai bewusst wird. Denn anders lässt sich ihr Zustand nun ja kaum erklären.

Und die Liedtexte haben auch toll gepasst und untermauern das ganze irgendwie noch. *sfz* Nya, mehr fällt mir dazu jetzt aber auch nicht mehr ein uû""
Ach und sorry, dass das Kommi erst jetzt kommt - hab irgendwie verplant den zweiten OS zu lesen... *pfeif*

Toy
Von:  Votani
2006-10-20T21:40:46+00:00 20.10.2006 23:40
Hm~
Noch kein Kommi verzeichnet ôo Nja, dann wird es Zeit für eines.^^

Gut, dass du mal wieder was schreibst. Ich bin schließlich zum Fan deiner FF's geworden. *____*
Denn die sind immer einmalig und klasse. Kritik hab ich da ganz und gar nicht auszusetzem x3~
*lachz*
Lieber wird ich dich mit Lob überschütten >_> Aber das wird dann zu lang werden auf Dauer.^^

Beide OS finde ich mehr als nur gut gelungen.
Wobei mir das erste besser gefallen hat. Anderseits finde den sauberen Übergang von dem ersten OS zu dem zweiten perfekt gestaltet *.*

Es ist nachvollziehbar und traurig T___T
Arme Hil! Da hat sich ihr Verstand wohl wirklich verabschiedet. Traurig, sowas gönnt mal wohl gar keinen, nicht einmal in einer FF...
Aber andereseits ist das auch sehr realistisch, was ich an deinen FF's so wieso sehr gut finde.
Die Empfindungen sind spitze rübergebracht und ich weiß gar nicht was ich noch großartig sagen soll.^^

Nur schade, dass nicht einmal tyson in der Lage war, ihr zu helfen x3~
Obwohl sie ihn doch auch sehr mochte *sfz*

Nja, ich erwarte sehnsüchtig ein weiteren OS und ich hoffe sehr, dann bekomm ich ein sinnvolles Kommi hin ^____^°

+Ninja+
Von: abgemeldet
2006-09-29T20:00:13+00:00 29.09.2006 22:00
Ein OS von dir *~* Und er macht mir Angst uû Ich weiß nicht mal genau, was ich eigentlich schreiben soll. Auf jeden Fall kann ich Kais Gedanken und Gefühle - einfach alles an ihm - völlig nachvollziehen und verstehen. Und gerade das finde ich so gruselig...
Wift hier irgendwie die Frage auf, wann jemand kommt und mein Leben mit einem gezielten Schuss einfach beendet und ich meine Ruhe habe uû""
Irgendwie kamen mir die beiden ersten Texte bekannt vor, obwohl ich von der Band noch nie gehört habe. Aber das werde ich bei Gelegenheit auf jeden Fall noch nachholen.

Was an dem OS besonders gelungen war, waren die geilen Umschreibungen und Phrasen, die an manchen Stellen wirklich einfach nur noch mit "geil" zu beschreiben sind. Mir fällt da ernsthaft kein anderes Wort ein uû"

Ich will jetzt aber auch nicht ewig lange mit meinem Kommi nerven. Ich denke, meine riesen Kommis sind dir noch gut in Erinnerung - das reicht ja erstmal >D
Bei deiner nächsten FF oder OS gibt es dann wieder ein umfangreicheres Kommi als das hier. Wollte jetzt einfach nur loben und mich dann weiter an meinem Wodka zu schaffen machen.
Kein Alkohol ist schließlich auch keine Lösung >DDD

*knuffz*
Bis die Tage mal~

dein Toy
Von:  Kizu8
2006-09-24T13:24:57+00:00 24.09.2006 15:24
are .. *lächel* ich bin echt froh, wieder was von dir zu hören. ich hab mich schon gefragt, wo unsere gute autorin denn hin ist .. aber ich versteh dich. manchmal zwingen uns gewisse umstände, mal das leben zu ändern. ich bin dir in keinster weise böse. schön, dass du wieder da bist. auch wenn du dennoch nicht öftes zu uns finden wirst, wie du gesagt hast. hauptsache du lebst noch ^^

und deine sorge ist auch unbegründet. du bist noch genauso gut wie eh und je *smile* talent verliert man nicht. es ist immer da, legt sich schlafen, wenn man pausen macht und schlummert dann tief im innerern der seele, bis es wieder erwacht, das kleine monster (*lach*) und wieder etwas neues gebährt..

so wie kai gings mir auch, gehts mir auch heute noch, aber ich glaube, so geht es irgendwie jedem menschen. er muss sich entscheiden, wer er ist. der mensch steht immer vor einer solchen entscheidung, da er ja selbst wissen muss, wer er nun ist, was sein ausgangspunkt ist.
aber die situation, als er gesungen hat und dabei noch nachdachte .. ich kenne das so gut. wenn ich klavier spiele, drifte ich auch immer ab. schließ die augen und denke über alles nach, es läuft einfach von selbst.
das puplikum versteht ihn nicht .. hmm .. ich weiß, was du meinst. die leute erkennen nicht, was dahinter steckt. das die sonne auch schatten wirft... sie wollen es nicht sehen. nur in ihrem leid versinken ..

man könnte deinen kai ganz einfach verunsichern ... leute die im inneren monolog ( mehr war es ja nicht) sich selbst beteuern, was ihre prinzipien sind.. sind meist sehr unsicher. man hätte ihm nur nach dem text fragen müssen, oder einfach - warum- fragen müssen ..
es wäre so einfach ..
die letzte szene .. im schwarzen feuer verbrannt, ich glaube kaum, dass er es so wollte .. aber das ist dir überlassen.

so, mehr kann ich jetzt auch nicht sagen. zumindest ist die ff auf meiner liste *smile*
sehr schön ^^
bis dann
*liebe grüße*


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