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Angel or Demon?

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#12: Ein Hoch auf das Wörterbuch

Es war Wochenende und die Klassenfahrt nach Okinawa war inzwischen zwei Wochen her, als Tetsu eines Morgens wieder an diesen einen Tag zurückdenken musste. Er hatte gerade erst geduscht und saß mit einem Hemd und einer Hose bekleidet auf seinem Stuhl. Das Handtuch hatte er sich um den Hals gelegt und rieb die Haare damit etwas trocken, während er Hideto beim Schlafen beobachtete. Das schlafende Gesicht des Blonden sah so sanft und friedlich aus. Tetsu entdeckte immer mehr Ähnlichkeiten zwischen seinem Freund und einem Engel. Auch an jenem Abend in ihrem Hotelzimmer war ihm das aufgefallen - an dem Tag, an dem sein Schritt ungewollt Bekanntschaft mit Hideto's Hand gemacht hatte und an dem er selbst später völlig unerwartet seinem alten Klassenkameraden Daisuke begegnet war. Ein ziemlich seltsamer und ereignisreicher Tag, wenn er jetzt so darüber nachdachte...

Tetsu erinnerte sich noch genau an diesen Abend, als Hideto ihn auf der Straße wieder aufgesammelt und getröstet hatte. Wie aus dem Nichts war er bei ihm aufgetaucht und hatte ihn vorsichtig in den Arm genommen. Fast, als hätte er Tetsu um Hilfe schreien hören. Irgendwie war er ihm wirklich dankbar dafür. Dafür, dass er einfach nur zur richtigen Zeit bei ihm gewesen war... Später im Zimmer hatte sich Hideto dann wieder für sein eigenes Verhalten zuvor entschuldigt und Tetsu hatte ihm genau ansehen können, wie leid es ihm tat. Allein der Gesichtsausdruck des Blonden hatte Bände gesprochen, als er an Tetsu's Bett auf dem Boden gekniet und ihn von unten schuldbewusst angesehen hatte. Zwar hatte sich Tetsu ein wenig geärgert, dass er ihm nicht einmal einen Tag lang hatte böse sein können, doch er hatte ihm verziehen. Und Hideto hatte ihn wieder angelächelt... Dieses Lächeln war Tetsu mittlerweile so viel mehr wert als beinahe alles andere. Er hatte sich sehr darüber gefreut, es wieder zu sehen...

Als Hideto dann aber seinen Kopf auf sein Bein gelegt hatte, hatte sich Tetsu zunächst ein wenig erschrocken. Doch dann hatte er sich überlegt, dass das nicht weiter schlimm war, solange es nur beim Bein blieb - und solange Hideto seine Finger für sich behielt. Wieder hatte er sich an sein Versprechen sich selbst gegenüber erinnert, dass er körperlichen Kontakt wieder Stück für Stück zulassen wollte. Außerdem, hatte er sich gesagt, hatte Hideto das sicher auch nur deshalb getan, weil Tetsu ihm seit ein paar Minuten durchs Haar gekrault hatte. Er hatte es sich natürlich nicht nehmen lassen, ihn weiter ein bisschen zu streicheln. Immerhin hatte es ausgesehen, als wäre es beiden nicht gerade unangenehm gewesen. Schnell hatte sich Tetsu eingestehen müssen, dass er es sogar sehr gern mochte, mit den Fingern durch das gebleichte Haar zu fahren. Es war so wunderschön, hatte er sich noch dabei gedacht, passend zu Hideto's Rücken - ein Engel mit blondem Haar. Wenn er jetzt daran dachte, dass er dabei sogar etwas Herzklopfen bekommen hatte...

Kurz trocknete sich Tetsu das Haar weiter ab, sah 'seinen Engel' weiter an - welcher seelenruhig weiter schlief - und wurde bei dem Gedanken an den weiteren Verlauf ihres Gesprächs nachdenklich und betrübt. Er verstand immer noch nicht, wie so etwas möglich war, wie man ihm das hatte antun können. Traurig schüttelte er den Kopf. Einen Moment lang musste er überlegen: Wie waren sie noch gleich auf dieses Thema gekommen? Ach ja, Hideto hatte gefragt, ob es ihm denn wieder etwas besser gehe, weil er auf der Straße angeblich so durcheinander und zerbrechlich gewirkt hatte. Nach einem kurzen Seufzer hatte er ihn beruhigen können und gesagt, dass er nur an etwas nicht ganz so angenehmes erinnert worden war. Daraufhin hatte er ein bisschen mehr über den Unfall seiner Eltern erzählt - ein Verkehrsunfall mit einem LKW, der Eisenstangen geladen hatte. Da diese nicht ausreichend gesichert gewesen waren, hatten sie sich in voller Fahr selbstständig gemacht und das Auto der Ogawas getroffen. Dabei hatte eine der Stangen seinen Vater geköpft und eine weitere hatte seine Mutter aufgespießt. Nur dass er sich selbst die Schuld an dem Unglück gab, hatte er verschwiegen.

Wieder schüttelte Tetsu den Kopf, versuchte das Bild wieder aus seinem Kopf zu verbannen. Er wollte nicht schon wieder wegen dieser Geschichte weinen. Schlimm genug, dass ihm die Tränen auch an jenem Abend, an dem er Hideto davon erzählt hatte, über die Wangen gelaufen waren. Zugegeben, es war schon irgendwie süß gewesen, wie der Blonde ihm die Tränen wieder von den Wangen gewischt hatte, aber... Er errötete allein bei dem Gedanken daran wieder - und bei dem Gedanken an das, was er Hideto danach mit einem kleinen Lächeln gesagt hatte: "Aber etwas Gutes hat es doch... Ohne diesen Unfall hätte ich dich schließlich nicht kennen gelernt." Hideto hatte ihn erst überrascht, dann verlegen angesehen. "Mag sein...", hatte er gemurmelt, "Aber wenn ich an die Alternative denke... Sie haben dich sicher sehr geliebt."

Bei diesen Worten hatte Tetsu etwas aus seiner Stimme heraushören können, das ihn beunruhigt hatte. Er hatte nicht genau sagen können, was es nun genau war... Verachtung? Verbitterung? Schmerz? Er wusste es immer noch nicht richtig zu deuten, doch was immer es auch gewesen sein mochte, es hatte Tetsu dazu veranlasst, ihn nach seinen Eltern zu fragen. Bisher hatte er nur erfahren, dass Hideto allein lebte - nicht mehr und nicht weniger. Hideto hatte eine ziemlich lange Weile geschwiegen und in die Gegend gestarrt, Tetsu hatte schon Angst bekommen, etwas falsches gesagt zu haben. Gerade hatte er die Frage wieder zurück nehmen wollen, da hatte Hideto leise geseufzt und sich mit zu ihm aufs Bett gesetzt.

Wieder bekam Tetsu feuchte Augen, als er daran dachte, was Hideto ihm erzählt hatte. Diesen Blick und seine genauen Worte würde er wohl sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen. Sicher nicht... "An meine Mutter kann ich mich nur noch ganz verschwommen erinnern. Sie hat mich und meinen Vater verlassen, da war ich vielleicht vier Jahre alt oder so. Vielleicht ist sie sogar mit einem Jüngeren durchgebrannt, keine Ahnung. Ist mir auch egal..." Die Gelassenheit und Gleichgültigkeit, mit der Hideto das gesagt hatte, hatte ihn richtig erschreckt, vor allem noch dieses Schulterzucken.

"Sie... hat euch im Stich gelassen?", hatte Tetsu leise nachgehakt, als Hideto wieder verstummt war. Daraufhin hatte sich auf dessen Lippen ein bitteres Lächeln abgezeichnet, als er genickt hatte. "Ja, so kann man es auch nennen...", hatte er geantwortet. Einem schnellen Gedanken folgend hatte Tetsu nach einer Hand seines Freundes gegriffen und sie fest gedrückt. "Das tut mir leid...", hatte er geflüstert und auf ihre Hände gestarrt. Beinahe hätte er sogar wieder angefangen zu weinen... Ob nun bewusst oder unbewusst, Hideto hatte genau das verhindert, indem er den Händedruck erwidert hatte. "Nun tu mal nicht so, als wär das deine Schuld...", hatte der Blonde ihn wieder warm angelächelt. Tetsu wusste immer noch nicht genau warum, aber Hideto's Lächeln war verdammt ansteckend. Ihm war gar keine andere Wahl geblieben, als ebenfalls wieder zu lächeln.

Nach einer Weile hatte sein Schweigen wieder gebrochen und von seinem Vater erzählt. Auch diese Worte würde Tetsu niemals wieder aus seinen Erinnerungen löschen können, das wusste er. "Meinem Vater hat sie damit das Herz gebrochen.", hatte Hideto wieder leise angefangen, "Anfangs hat er noch versucht, mir wenigstens ein guter Vater zu sein. Das ging ein paar Jahre gut, bis er dann dem Alkohol verfallen ist. Zuerst konnte ich mich allenfalls darüber beschweren, dass er nachts zu laut war und ich nicht schlafen konnte, aber dann wurde er gewalttätig..." Hier hatte er eine kleine Pause gemacht und Tetsu hatte einfach nur seine Hand ein wenig fester gedrückt. Er hätte nicht gewusst, was er hätte sagen sollen, wenn er denn überhaupt dazu fähig gewesen wäre. Immerhin hatte Hideto ihn dadurch wieder ein bisschen angelächelt, wenn auch traurig, dafür aber genauso dankbar...

"Mit ein paar Ohrfeigen fing alles an...", in diesem Moment waren Tetsu wirklich wieder Tränen in die Augen gestiegen und er hatte seinen Blick wieder auf ihre Hände gerichtet, "Ich konnte ihm nichts mehr recht machen und es wurde schlimmer und schlimmer. Bis es mir dann gereicht hat und ich ausgezogen bin..." Da Tetsu seine Stimme immer noch gut unter Kontrolle gehabt hatte, hatte er gefragt, was genau Hideto's Vater getan hatte. Das Seufzen, das der Andere daraufhin von sich gegeben hatte, hatte ihm einen heftigen Stich mitten ins Herz versetzt und schnell hatte er seine Neugierde verflucht. Liebend gern hätte er seine übereilte Frage wieder zurückgezogen, doch selbstverständlich war das alles andere als möglich gewesen.

"Er hat... mich geschlagen und getreten. Überall, nur nicht ins Gesicht, damit man es nicht sieht. Vorzugsweise in den Magen...", hatte Hideto nach ein paar Sekunden mit seiner Erzählung begonnen, "Ich hatte einige blaue Flecke und Blutergüsse von ihm... Ich habe immer behauptet, ich wäre hingefallen oder hätte mich gestoßen oder sonst was... Dann nahm er noch irgendwann den Gürtel zu Hilfe. Einmal ist er auch mit einer kaputten Glasflasche auf mich los. Ein andern Mal hat er mir so aufs linke Auge geschlagen, dass mein Lid dort immer noch etwas tiefer hängt als das andere. Ist dir sicher schon aufgefallen... Ich kann wohl froh sein, dass ich dort überhaupt noch was sehen kann." Wieder hatte Hideto einen Moment lang geschwiegen und mit dem Daumen über Tetsu's Hand gestichen. "Ich hatte ihm auch ein paar Knochenbrüche zu verdanken, vor allem die Rippen. Einmal auch der linke Arm. Das merk ich heute noch, wenn ich ihn zu stark belaste."

Wieder hatte Hideto alles so gleichgültig erzählt, es hatte Tetsu förmlich den Hals zugeschnürt. Gegen die Tränen hatte er nicht mehr angekämpft, es hätte eh keinen Sinn gemacht. Eine seiner Tränen war auf Hideto's Hand getropft und der Blonde hatte ihn etwas genauer angesehen, hatte die feuchten Stellen auf Tetsu's Wangen entdeckt. Zum zweiten Mal an diesem Abend hatte er sie vorsichtig wieder weggewischt. "Du weinst doch jetzt nicht etwa um meinetwegen?", hatte er noch gefragt, "Das musst du wirklich nicht..." Tetsu hatte kurz genickt und versucht, seine Stimme wiederzufinden. "Es ist nur...", hatte er ganz leise angefangen, "Ich versteh nicht, wie man so etwas seinem eigenen Kind antun kann, wie man es überhaupt jemandem antun kann! Und ich versteh nicht, wieso ich jetzt deshalb weine und nicht du..."

"Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, deshalb zu weinen. Nun fang du nicht damit an, ja? Das ist es nicht wert...", hatte Hideto freundlich gemeint und ihm mit der noch freien Hand übers Haar gestrichen, "Es ist doch inzwischen eh vorbei..." Irgendwie hatte Tetsu das wieder beruhigt und er hatte sich das Gesicht wieder komplett trocken gerieben. Trotzdem hatte er Hideto's Kopf einfach wieder auf seinen Schoß gedrückt. Er hatte eben noch ein wenig durch sein Haar streicheln wollen und Hideto hatte auch keinerlei Anstalten gemacht, das zu verhindern. Wieder war Tetsu die Ähnlichkeit mit einem Engel aufgefallen und zum ersten Mal hatte er ihn in Gedanken seinen 'persönlichen, kleinen Engel' genannt. Wie er darauf gekommen war, wusste er nicht recht, doch als er Hideto jetzt auf seinem Bett friedlich vor sich hinschlummern sah, kam ihm dieser Gedanke wieder...

Hideto, Tetsu's persönlicher Engel... Der Schwarzhaarige schüttelte erneut den Kopf. Was war nur mit ihm los? Leicht frustriert strich er sich durch sein nasses Haar. Und prompt war er in Gedanken wieder bei jenem Abend und musste etwas lächeln, auch wenn ihm die Fortsetzung ihrer Unterhaltung immer noch Kopfzerbrechen bereitete. Nach einer Weile, in der sie gar nichts mehr gesagt hatten, hatte ihn Hideto wieder angesprochen und doch tatsächlich gefragt, warum Tetsu ihn immer 'Hideto' nannte. Tetsu hatte ihn nur verwirrt angeblinzelt. "Weil das dein Name ist?", hatte er unsicher geantwortet, woraufhin Hideto leise gelacht hatte. "Okay, warte. Ich vormulier die Frage anders.", hatte Hideto sich anschließend deutlicher ausgedrückt, "Was ich nur wissen wollte, ist... Warum benutzt du keine Spitznamen für mich? Ich meine, ich nenn dich nun auch schon eine Weile lang 'Tet-chan'..." Was hätte Tetsu dazu großartig sagen sollen? Die Wahrheit war, dass er noch nie so richtig darüber nachgedacht und er einfach keinen Spitznamen für den Blonden hatte. Genau das hatte er ihm auch erklärt und auf den Vorschlag hin, er solle ihn doch 'Hide' nenne, so wie die meisten anderen auch, hatte Tetsu nur den Kopf geschüttelt.

"Sei nicht böse, aber ich mag diesen Namen nicht sonderlich...", hatte er ganz ehrlich gesagt und versprochen, ein wenig darüber nachzudenken. Vielleicht würde er ja noch etwas Passendes finden und wenn es soweit war, hatte er gesagt, würde er ihm sofort Bescheid sagen. Hideto hatte sich damit zufrieden gegeben und sich bis zum Abendessen weiter kraulen lassen. Die restlichen Tage der Fahrt waren relativ ruhig vorüber gegangen. Sie hatten sich die Stadt auf eigene Faust ein wenig angesehen und dabei eine kleine Shoppingtour veranstaltet. Wie oft hatte Hideto versucht, ihn an noch einem Buchladen vorbei zu locken, weil sie schon in so vielen gewesen waren? Ohne Erfolg, versteht sich... Sie hatten all die anderen Klassenausflüge in Museen und sonstige Ausstellungen brav mitgemacht und waren am Tag vor der Abreise im Stadtpark etwas spazieren gegangen, bevor sie sich dort eine Weile ins Gras gelegt hatten. Tetsu dachte noch oft und sehr gern an diese Tage zurück...

Nur bei der Sache mit dem Spitznamen war er bisher immer noch nicht einen Schritt weiter gekommen. So sehr er seinen Kopf auch anstrengte, ihm wollte einfach nichts einfallen, das auch wirklich zu Hideto passen würde - bis auf diese eine Sache... Aber daran, Hideto künftig nur noch 'Engel' oder 'Engelchen' zu nennen, wollte er gar nicht erst denken. Somit fing er also wieder bei null an... Was musste Hideto auch unbedingt einen Spitznamen haben wollen? Von allein hätte Tetsu doch nie darüber nachgedacht... Ein Name hatte seiner Meinung nach herzlich wenig mit der Persönlichkeit eines Menschen zu tun. Hierzu fiel ihm auch immer wieder gern das Zitat der Julia ein: 'Was ist denn schon ein Name?' Es stimmte doch, eine Rose würde immer noch genauso duften, auch wenn man sie nicht mehr 'Rose' nannte...

Wieder fiel sein Blick auf Hideto, der sich im Schlaf ein wenig bewegte. Wieder lächelte Tetsu. Wenn es Hideto glücklich machen würde, würde er ihm eben einen Spitznamen suchen, nahm er sich wieder mit mehr Elan vor, und wenn es das Letzte sein würde, was er tat. Im Moment aber wollte er seine Englischhausaufgaben endlich hinter sich bringen und griff zum Wörterbuch, sowie zu seinem Textbuch und schlug leise die richtige Seite auf. Er hatte bereits die Hälfte des Textes durchgelesen, als er das Wörterbuch versehentlich mit dem Ellenbogen vom Tisch stieß. Erschrocken versuchte er noch, es aufzufangen, doch er war zu langsam und mit einem dumpfen Geräusch schlug es auf dem Boden auf. Schnell warf er Hideto einen Blick zu - so hatte er ihn eigentlich nicht wecken wollen - doch zum Glück schlief der Andere wie ein Stein.

Erleichtert atmete Tetsu auf und wollte das Wörterbuch wieder aufheben, hielt dabei jedoch kurz inne und starrte auf die obere Ecke der Seite, die ganz zufällig aufgeschlagen war. Ein Wort, das dort groß und fett abgebildet war, hatte sein Interesse geweckt. Vorsichtig hob er das Buch auf, ohne dabei die Seite zu verblättern und es eine Weile schweigend an. Dort stand es groß und breit: hide. Eben der Spitzname, den alle für Hideto verwandten. Und schon war Tetsu wieder bei diesem Thema angelangt... Ein lautloser Seufzer folgte und einen Moment überlegte Tetsu, bevor er sich die Erläuterung genauer ansah. Erste Bedeutung, 'hide' als Substantiv: Haut oder Fell. Augenblicklich musste er an Hideto's Rücken und dessen Tattoo denken. Zweite Bedeutung, (to) 'hide' als Verb: (sich) verbergen, verstecken oder verheimlichen. So gesehen passte auch das wieder, überlegte Tetsu. Hideto verbarg so viel vor anderen Menschen, seinen wahren Charakter, sein Lächeln, seine Erinnerungen und seinen Schmerz - zumindest sah Tetsu das so...

Dennoch, der Gedanke, ihn auch 'Hide' zu nennen, wie jeder andere eben auch, wollte ihm einfach nicht schmecken. Wenn schon einen Spitznamen, dann wollte er etwas eigenes für seinen Freund finden... Gerade wollte er das Wörterbuch also wieder zuschlagen, als ihm etwas anderes ins Auge stach. Er hatte ganz vergessen, dass englische Wörter auch englisch ausgesprochen werden mussten. Natürlich, das war es doch! Er würde denselben Namen verwenden, nur würde er ihn vollkommen anders aussprechen. Diese Idee war genial und er sah sich die Aussprache genauer an: ha-i-do. Haido. Na also, damit hatte er seinen Spitznamen doch gefunden! Tetsu freute sich wie ein kleines Kind und hätte Hideto nicht immer noch friedlich neben ihm geschlafen, hätte er einen Freudenschrei ausgestoßen. Er war so froh, endlich etwas gefunden zu haben...

Ein paar Minuten später kam Tetsu sogar noch ein weiterer Gedanke: Gab es nicht auch noch eine Version mit Ypsilon? Hyde statt Hide? Er glaubte, sich dunkel an ein solches Wort oder einen solchen Namen erinnern zu können. Aber würde das denn auch im Wörterbuch stehen? Tetsu bezweifelte es und zog daher lieber seinen PC und das Internet zurate. Schnell war auf einer der unzähligen Suchmaschinen das Wörtchen 'Hyde' eingegeben und schon hatte er seine Antwort: Dr. Jekell und Mr. Hyde. Der Hydepark in London. Nun war er sich vollkommen sicher, Hideto würde von ihm den Spitznamen 'Hyde' bekommen, sobald er aufwachte. Außerdem sah das doch mit Ypsilon eh viel schöner aus als mit I...

Nach einer weiteren halben Stunde hatte Tetsu seine Hausaufgaben endlich erledigt und fragte sich langsam, wie lange Hideto nun eigentlich noch schlafen wollte. Langsam wurde es doch Zeit zum Essen, das Frühstück hatte er ihn schon verpassen lassen... Vorsichtig trat er an den Rand seines Bettes, wo Hideto sich in die Decke eingewickelt hatte, und kniete sich davor. "Haido...", sprach er ihn leise mit seinem neuen Namen an und strich ihm wieder durchs Haar. Hideto murrte leise und vergrub das Gesicht tiefer im Kissen. "Komm schon, es wird langsam Zeit aufzustehen!", drängte Tetsu weiter und spielte mit den hellen Strähnen.

Hideto aber dachte nicht einmal im Traum daran, aufzustehen, wenn er so schön gekrault wurde. Er hatte sich schon so daran gewöhnt... Sehr zu seinem Bedauern wich das Kraulen aber schnell einem anhaltenden Stupsen hinter sein Ohr. "Ich kann auch allein Mittag essen, nur wirst du dann auch heute Abend nicht von mir kriegen...", drohte Tetsu nun und Hideto sah ihn verschlafen an. "Wie gemein...", nuschelte er leicht angesäuert und gähnte. "Nörgel nicht, sondern komm endlich...", seufzte Tetsu, bevor er mit einem leichten Grinsen "Haido..." hinzufügte. Der Angesprochene sah ihn jedoch überrascht an. "Haido?", fragte er verwirrt und konnte die Fragezeichen in seinen Augen förmlich spüren. Tetsu aber strahlte ihn fröhlich an und nickte vergnügt. "Ich hatte vorhin einen Geistesblitz, was deinen Spitznamen angeht...", verriet er schmunzelnd und erzählte ihm, wie er darauf gekommen war. Hideto freute sich sichtlich und auf die Frage, ob ihm sein Name denn überhaupt gefalle, nickte er eifrig und bedankte sich.

"Weißt du, ich wäre dir auch sehr dankbar, wenn du mein Bett nicht den ganzen Tag in Anspruch nehmen würdest...", erwiderte Tetsu gespielt sauer und zog ein Schnütchen, während er Hideto's Nase mit dem Finger leicht anstupste. Dieser gab sich geschlagen und schlug die Decke zurück, während er sich aufrecht hinsetzte und sich streckte. Tetsu musste kurz schlucken, denn er hatte ganz vergessen, dass Hideto am Vortag mit freiem Oberkörper ins Bett gegangen war. Nun starrte er unverwandt auf die perfekte Brust vor ihm und schämte sich gleichzeitig dafür. Verlegen stand er auf und setzte sich direkt hinter Hideto, so dass er die Flügel 'seines Engels' näher betrachten konnte. Wieder fuhr er die schwarzen Linien vorsichtig mit den Fingern nach und war froh, dass die Prügeleien, die Hideto früher bezogen hatte, keine bleibenden Spuren hinterlassen hatten - jedenfalls nicht auf dem Rücken.

Als Hideto klar geworden war, was Tetsu vorhatte, hatte er die Augen geschlossen und sich ganz auf die Fingerspitzen auf seiner Haut konzentriert. Jedesmal, wenn Tetsu das tat, bekam er Gänsehaut und verspürte diesen leichten, angenehmen Schauer überall. Er genoss es immer wieder aufs Neue und bekam dabei immer öfter Herzklopfen. Fast wünschte er sich schon, Tetsu würde das täglich machen, doch das behielt er lieber für sich. Über die Schulter hinweg sah er seinen Freund an, beobachtete, wie dieser ihm mit verträumtem Blick auf den Rücken sah. "Du scheinst wirklich einen Narren daran gefressen zu haben...", flüsterte der Blonde lächelnd. Etwas überrascht sah Tetsu zu ihm auf, schaute dann verlegen zu Seite und sah ihn dann mit dem Blick eines Kindes an, das dabei erwischt wurde, wie es etwas Böses getan hatte, bevor er ganz leicht nickte. "Schlimm...?", fragte er fast schon ängstlich, doch Hideto schüttelte gleich den Kopf. "Nein...", antwortete er sanft, "Es freut mich..."



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  queermatcha
2011-04-09T22:06:36+00:00 10.04.2011 00:06
Oh Gott, die zwei sind ja soooo Zucker >/////< Voll toll, wie der Spitzname Hyde Zustande gekommen ist! x3
Von:  devitto
2009-01-14T19:28:15+00:00 14.01.2009 20:28
Wie süüüüüüüß ^___^
Die beiden sind so toooll und du kannst das alles soooo toll beschreiben =D
und leider war das das letzte vorhandene Kapitel..
Hoffentlich schreibst du das bald mal weiter. Ja? :)
Ich liebe diese Geschichte. *Loooob* :D
Liiieeebe Liiieeeebe Grüße <33
Von:  I01I-CYBORG-TE
2008-10-25T19:14:43+00:00 25.10.2008 21:14
AAAAAAAAAAAKAAAAAAA-CHAAAN!!!
Ich liebe dich xDD
*umknuddel*
Die FF is soo~ GOIL!!!!!
*rumhoppel*
weiterschreibn |3
xDDD
*durchknudel*
Von:  Earu
2008-09-09T21:51:44+00:00 09.09.2008 23:51
Aww~ wie nieldich. Haido hat endlich seinen Spitznamen. Auch wenn 'Hideto' schön klingt, in FFs wirkt es einfach immer so formal.

Und ich hab die ganze Zeit gehofft, dass sie sich küssen ^^ Die Stimmung war stelenweise echt perfekt dafür. Besonders als Tetsu weinte. da hätte Hyde ihn in den Arm nehmen können und dann so rein zufällig ... *_* Na~ was nich is kann ja noch werden ^^

Schreibst du bald weiter? *liebguck*


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