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Disruption

Eine Smallville-Geschichte
von

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Kapitel 2
 

Die Nacht hatte es in sich. Lana weinte im Schlaf und fand keine wirkliche Ruhe. Die Bilder der Geschehnisse gingen ihr nicht aus dem Kopf. Im Traum durchlebte sie die Szene immer und immer wieder.

Chloe hatte hilflos dagelegen und Lanas Schluchzen vernommen. Sie wollte sie nicht wecken, denn wach würde es für sie nicht leichter sein.

So ersehnte sie sich nur den Morgen und war auch als erste wach und im Badezimmer. Sie musste los. Das behagte ihr ganz und gar nicht. Lana in dieser Situation alleine zu lassen, erschien ihr falsch. Doch was sollte sie tun? Sie hatte einen Termin. Und den musste sie einhalten. Schließlich wollte sie die Story haben, damit sie beim Daily Planet endlich vorankam. Chloe warf einen langen Blick auf Lana, die nun doch noch ein wenig ruhiger geworden war. Kurz entschlossen rief sie ihre Cousine Lois an.
 

Lois lag noch im Bett. Sie war die Nacht zuvor auf einer mächtig heißen Party gewesen und hatte sich, als sie nach Hause kam, einfach nur aufs Bett fallen lassen. Zu mehr war sie auch nicht mehr in der Lage gewesen. Nur ihre Schuhe hatte sie im liegen noch von den Füßen gestreift. Dann war sie platt, wie sie war, eingeschlafen.
 

Nun jedoch wurde sie durch einen schrecklich schrillen Ton geweckt, der ihr ziemlich weh in den Ohren tat. Langsam öffnete sie ein Auge und schielte auf ihren Nachttisch. Ihr Blick wanderte von ihrem Wecker, der ihr sagte, dass es eine verdammt unchristliche Zeit war, zu ihrem Handy. Entnervt griff sie danach und nahm den Anruf an.

„Ja?“
 

„Lois? Hier ist Chloe. Du musst zu mir kommen.“ fiel Chloe sofort mit der Tür ins Haus. Sie hatte keine Zeit und wusste, das Lois morgens um diese Uhrzeit nur sehr langsam in die Gänge kam. Da war ein Befehlston, wie ihn ihr Vater immer an den Tag legte, genau das Richtige.
 

Lois schüttelte leicht den Kopf um doch noch ein wenig wacher zu werden.

„Chloe, was um Himmels Willen verleitet dich dazu, mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf zu reißen?!“ fragte sie böse.

Chloe seufzte.
 

„Zum einen ist es 8Uhr morgens und nicht mitten in der Nacht und zum anderen muss ich dir sagen, dass es Lana nicht gut geht. Sie hat sich gestern von Clark getrennt.“, antwortete Chloe und wusste, dass sie Lois damit erst einmal mundtot machen würde. Das hieß bei ihrer Cousine ja schon einiges. So konnte sie gleich fortfahren:

„Hör zu. Ich hab einen wichtigen Termin mit einem potentiellen Interviewpartner. Den darf ich nicht verpassen. Ich will aber auch nicht, das Lana alleine ist. Also beweg deinen Zuckerarsch aus den Feder, besorg was zum Frühstück und tanz hier an.“, befahl sie Lois.
 

Diese musste sich erst einmal fangen. Lana und Clark getrennt? Diesmal womöglich sogar endgültig?

“Ich komme.“ Antwortete sie nun Chloe und legte auf. Schnell sprang sie aus dem Bett und huschte ins Badezimmer. Seit sie wieder in Metropolis wohnte, hatte sie sich nicht so wirklich eingelebt. Noch immer stand die Kartons im Raum und versperrten ihr den Weg zu der ein oder anderen Schublade.

Chloe starrten einen Moment lang böse das Handy in ihrer Hand an. Da hatte sie Lois endlich munter und dann würgte sie sie so ab. Das war nicht die feine englische Arte, aber die hatte sie ja eigentlich von ihrer Cousine auch nicht erwartet. Sie lächelte leicht und setze sich an ihren Schreibtisch um ihre Notizen so lange noch einmal durchzugehen, bis Lois da war.
 

Nachdem Lois so aussah, dass sie sich der Öffentlichkeit zeigen konnte, machte sie sich auf den Weg zu dem Wohnheim, wo Lana und Chloe residierten. Auf dem Weg hielt sie noch an einer Bäckerei und besorge Croissants. Die würden reichen, denn so wie sie das mit den Trennungen kannte, hatte man Tage darauf nicht wirklich Appetit. Sie packte alles auf den Beifahrersitz und fuhr das letzte Stück zum Wohnheim. Sie ging mit ihrem Errungenschaften zu dem Zimmer der Freundinnen und klopfte an.
 

Chloe blickte auf. Lois war schnell gewesen. Verdammt schnell. Sie stand auf und ging zur Tür, um zu öffnen.

„Cousinchen. Schnell warst du.“, begrüßte Chloe sie.

„Du hast ja auch einen echten Notruf abgesetzt.“, antwortete Lois und zog eine Braue hoch. Ihr Pferdeschwanz wippte, als sie das Zimmer schwungvoll betrat. Sie blieb vor Lanas Bett stehen und betrachtete sie im Schlaf. Sie sah so schon sehr schlecht aus. Es musste ihr sehr zugesetzt haben.
 

„Komm mit raus.“, sprach Chloe und zog sie mit sich auf den kleinen Balkon.

„Ich weiß noch nicht, was genau vorgefallen ist. Aber sei einfach für sie da.“, gab Chloe Lois Anweisungen.

Lois blickte beleidigt und stemmte die Hände in die Hüften.

„Ich habe dich oft genug getröstet, wenn dir Clark einmal mehr einen stich versetzt hatte. Da wird ich auch mit Lana fertig.“ Entgegnete sie leicht gereizt, nahm Chloe ihre Worte aber nicht übel.

„Mach dich auf den Weg, Karla Kolumna!“ grinste Lois ihre Cousine an und schob sie Richtung Tür.

„Ich schaffe das, sei dir sicher.“
 

Chloe blickte noch einmal zu Lana und drängte ihr schlechtes Gewissen zurück. Sie wusste, dass Lana sie verstehen würde und nicht wollen würde, dass sie ihren Termin verpasst. Und mit Lois war sie ja nicht völlig alleine.

„Ich beeile mich. Bey.“, verabschiedete sie sich und ging.
 

Die Übriggebliebene schloss die Tür und setzte sich in einen Sessel, der am Fenster stand. Das Zimmer war sporadisch eingerichtet, wie das Studentenzimmer so an sich hatten. Außer 2 Betten, 2 Schreibtischen, Schränken und 2 Sesseln, stand in dem Zimmer nichts. Mal von den Bücherregalen an den Wänden abgesehen. Dass man sich hier wohl fühlen konnte, verstand Lois nicht. Sie hatte immer versucht so wenig Zeit, wie nur möglich in ihren damaligen Räumlichkeiten zu verbringen. Leider verbrachte sie so auch sehr wenig Zeit beim Lernen und erst Recht an der Uni. Sie hoffte, dass sich das, nun da sie sich eine kleine Wohnung genommen hatte, besser verlaufen würde. Zumindest war sie viel motivierter, fühlte sich jedoch auch sehr einsam.
 

Sie legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Was nun wichtig war, war Lana. Sie wusste, wie sehr sie junge Frau Clark geliebt hatte. Sie hatte oft über Macken seinerseits hinweggesehen.
 

Lana regte sich leicht. Noch schlief sie, doch sie war schon am Aufwachen. Gedanken an Clark und wie er ihr ein Messer ins Herz jagte, prägten die Letzten Gedanken, bevor sie die Augen auf machte und schon wieder Tränen darin waren. Mit einem Schlag war sie hell wach und setzte sich auf. Ihr Herz schlug schwer gegen ihre Brust und ihr Atme ging rasselnd. Ihre Augen brannten noch immer und waren von einem Schleier überzogen, den sie sich erst einmal wegwische musste. Kräftig rieb sie ihre Augen. Dann blickte sie umher und stellte erleichtert fest, dass sie in ihrem Zimmer war. Lana nahm nun Lois wahr und wunderte sich einen kleinen Moment.
 

Lois hatte wahrgenommen, dass Lana sich bewegte und hatte sich im Sessel nach vorne gebeugt und die Ellenbogen auf die Beine abgestützt. Sie musterte die Brünette aufmerksam.

„Guten Morgen, Lana.“ Begrüßte sie sie mit sanfter Stimme und lächelte ihr aufmunternd zu.

„Guten Morgen, Lois.“ Antwortete Lana nur halbherzig. Sie war einfach zu down, um sich nun auf die Freundin zu konzentrieren.

„Wo ist Chloe?“, hängte sie die nächste Frage an.

„Sie hatte einen wichtigen Termin. Es tut ihr Leid, dass sie nicht bleiben konnte.“, gab Lois alles wahrheitsgemäß weiter. Sie war aufgestanden und hatte sich zu Lana aufs Bett gesetzte. Freundschaftlich strich sie ihr eine wilde Strähne aus dem Gesicht.

„Sie hat mich angerufen und mich hergebeten, weil sie nicht wollte, dass du alleine bist.“, fügte sie hinzu und versuchte ein strahlendes Gesicht zu machen. Es misslang. Kläglich. Zu sehr hatte sich in der Zeit, in der sie gewartete hatte, bis Lana aufwachte, ein Bild von Clark in ihrem Kopf gefestigt, das sie nun nicht mehr herausbekam.

„Hat… hat Chloe dir gesagt, was vorgefallen ist?“, fragte Lana zaghaft und blickte unter sich. Ihr behagte der Gedanke, dass alle wussten, dass sie sich von Clark getrennt hatte, nicht.
 

Lois schüttelte den Kopf.

„Sie hat mir nur gesagt, das du und Clark wohl Streit hatte und dass es dir deswegen nicht gut geht.“, verbog Lois ein wenig die Wahrheit, damit es Lana besser ging.

Sofort breitete sich auf dem Gesicht der brünetten Schönheit auch ein etwas erleichterter Ausdruck aus. Jedoch nur bis zu dem Gedanken an Clark und den gestrigen Abend. Sie seufzte. Ihr Herz war so schwer und sie fragte sich, ob es die richtige Entscheidung gewesen war. Hätte sie ihn vielleicht nicht so bedrängen dürfen? Hätte sie ihm mehr Freiraum geben müssen? All diese fragen, die ihr den Kopf schon wieder so schwer machten, ergaben einfach keinen Sinn. Nicht im Moment.
 

Lois sah, wie ihre Freundin litt. Doch sie wollte sie nicht zum reden drängen, sondern wollte warten, bis Lana von selbst zu ihr kam und ihr das Herz ausschüttete. Bis dorthin wollte sie ihr einfach nur das Gefühl geben, dass sie für sie da war.
 

Eigentlich waren Lana und sie nie so gut befreundet gewesen. Klar, sie mochten sich, aber irgendwie hatte Lois immer das Gefühl gehabt, dass die Antipartie, die Clark für sie empfand, sich auch auf Lana übertrug. Doch nach einer Weile hatte sich dieses Gefühl gelegt. Vielleicht war Clark auch dabei ein wenig auf der Strecke geblieben. Doch das war Lois egal. Sie empfand Lana als eine gute Freundin und sie war ihr mehr Wert, als jeder Kerl.

„Ich habe uns Croissants und Marmelade besorgt. Einen Kaffee habe ich auch schnell aufgesetzt. Du weißt ja, da habe ich Erfahrung drin.“, zwinkerte sie Lana zu.
 

Eigentlich war dieser nicht wirklich nach etwas zu Essen. Aber Kaffee hörte sich sehr verlockend an. So nickte sie. Während Lois aufstand und den Kaffee bereitete, saß Lana aufrecht in ihrem Bett. Die Decke lag noch immer über ihren schlanken Beinen und ihre Hände darauf. Ohne ihr zutun, trieb es heiße Tränen in ihre Augen. Stumm und unauffällig liefen diese über ihre Wangen. Sie liefen weiter an ihrem Kinn entlang und tropften schließlich auf die decke. Die Decke, die sie mit ihren zu Fäusten geballten Händen zusammenknüllte.
 

Lois drehte sich in diesem Moment zu Lana und wollte sie lächelnd fragen, ob sie ihr Croissant mit oder ohne Marmelade wollte, als ihr auffiel wie die junge Frau da saß. Mit ein paar schnellen Schritten war sie bei ihr und kniete sich vor ihr Bett. Verzweifelt versuchte sie Lana z beruhigen. Doch sie verzweifelte fast daran.
 

„Wir hatten keinen Streit. Nein, ich habe ihn verlassen.“, schluchzte Lana plötzlich los.

Dass das mit dem Herz ausschütten so plötzlich kommen würde, hatte Lois sich auch nicht erahnen wollen. Innerlich hatte sie gehofft, dass sie bis dahin schon wusste, was sie dann tun sollte. Doch nun saß sie dem ganzen mehr als hilflos gegenüber und wusste nicht weiter. Sie versuchte sich zu überlegen, wie Chloe in dieser Situation wohl reagieren würde und auch, was Lana zu ihr sagen würde. Aber nichts passte auf sie. Sie war nicht dieser extrem einfühlsame Typ. Sie war eher der Sprücheklopfer. Doch ob das jetzt gerade passte?

Lana drückte sich an Lois und suchte die Nähe der Freundin, die ihr diese nur zu gerne gewehrte. Warum das alles nur? Sie verstand es nicht.
 

„Ich… ich konnte nicht mehr. Diese ständigen Geheimnisse und dieses Misstrauen, das ich verspürte. Das war einfach zu viel für mich.“, fing sie an zu erzählen. Lois schnappte sich ein Taschentuch und reichte es Lana. Dann hörte sie aufmerksam zu, wie ihr alles erzählt wurde.

Lois hörte Lana aufmerksam zu. Sie wollte ihr beistehen und ihr helfen. Ihr eventuellgut zureden, wie es Chloe getan hätte. Doch sie konnte einfach nicht. Das war nicht sie. Dieses fürsorgliche Getue lag ihr einfach nicht. Dafür hätte sie sich verbiegen müssen und das hätte Lana kein Stück weiter gebracht.
 

Trotzdem ließ Lois Lana ausreden und hört auch wirklich zu. Die deprimierte Schöne endete in einem großen Schluchzen. Und auch Lois musste erst schlucken, bevor sie etwas sagen konnte. Dann jedoch kam es umso dicker.

„Hör mal, Lana. Willst du meine ganz ehrliche Meinung hören? Unverblümt und gerade heraus?“ fragte sie die verweinte, junge Frau.

Lana nickte, auch wenn sie nicht wusste, ob ihr gefallen würde, was Lois ihr sagte. Würde sie ihr die Schuld geben?
 

Lois holte tief Luft, dann legte sie los:

„Du solltest dich nicht kremen. Er ist es in keinster Weise wert! Um Himmels Willen, es handelt sich hier doch nicht um Brad Pitt, sondern jediglich um einen Farmerjungen, dessen Kleidungsstil mehr als zu wünschen übrig lässt.“ Wetterte Lois und machte dazu die passenden, theatralischen Handbewegungen, die ihren Worten noch mehr Ausdruck verliehen.

„Clark Kent ist weder besonders intelligent, noch besonders charmant. Klar er sieht nicht schlecht aus, aber in der Hülle ist es leer.“, fuhr sie fort und sah Lana eindringlich an.

„Ich meine, überleg dir doch einmal genauer: für alles was er tut braucht er die Erlaubnis seiner Eltern. Mit allem rennt er zu seiner Mummy und bettelt um eine Lösung. Er ist unfähig für sich selbst Einzustehen und hat eine beschissene Menschenkenntnis. Der erkennt einen guten Menschen doch noch nicht einmal auf 100km!“, tat Lois ihre Meinung nun in vollem Maße kund. Sie hatte keine Lust, damit hinter dem Berg zu halten.

„Und nicht nur das, nein! Er wechselt seine Meinung wie seine Unterhosen. Jede Minute hat er eine andere Idee, einen anderen Plan. Er weiß ganz einfach nicht, was er will.“, schloss sie ihre Rede. Ihre Wangen waren gerötet und sie war erhitzt.
 

Lana starrte die Frau mit großen Augen und offenem Mund an. Hatte sie das gerade wirklich alles gesagt?“ Das konnte doch nicht wahr sein, oder? In Lana wuchs ein wenig das Verlangen, ihren langjährigen Freund in Schutz zu nehmen.

„Jungs sind Mädchen einfach in der Entwicklung ein wenig hinterher. Das wird noch…“ startete sie einen Versuch, Lois in die Parade zu fahren.

Doch es misslang. Lois hatte für diese Aussage nur ein böses Lachen über.

„Lana, red dir das doch nicht ein! Klar, es stimmt, dass Jungs den Mädels hinterherhinken. Aber denk’ doch Mal nach! Clark ist nicht mehr in der Pubertät. Er ist erwachsen. Er geht aufs Collage. Nix da fünfzehn, sechzehn Jahre! Das sind seine Anlagen. Er wird sich nicht großartig verändern!“, sagte sie mit voller Überzeugung.
 

Lana sah Lois weiter stumm an. Doch die kleinen Rädchen in ihrem Kopf fingen an zu laufen und ihre Gedanken verzahnten sich ineinander. Sie musste zugeben, dass in Lois Worten eine Menge Wahrheit steckten. Sie hatte es zwar auf eine Art und Weise gesagt, die Lana nicht lag, aber doch hatte sie irgendwie Recht. Clark war in den letzten Jahren nicht wirklich erwachsener geworden. Aber das hätte Lana noch nicht einmal wirklich gestört. Alleine die Tatsache, dass er ihr einfach nicht vertraute, dass er immer das Gefühl gab, dass er ihr etwas verheimlichte. Genau das war es, was Lana nicht mehr wollte. Wieder stiegen Tränen in ihren Augen auf. Doch dieses Mal, weil die Erkenntnis einfach erdrückend war.
 

„Lana. Wein nicht. Lass ihn nicht noch so gewinnen.“, sagte Lois und legte ihre Hand fest auf den Arm der Freundin.

„Du bist eine hübsche, intelligente, junge Frau. Du hast es nicht nötig einem Typen hinterher zu weinen, der dich mies behandelt hat. Glaub mir. Sieh nach vorne. Genieß deine Freiheit und warte, bis dir der Richtige über den Weg läuft.“, schlug Lois Lana vor und grinste sie an.
 

Lana war noch nicht wirklich überzeugt. Aber Lois Vorschlag hörte sich in ihren Ohren weitaus besser an, als sich Tage oder Wochen lang die Augen aus dem Kopf zu weinen. Mit viel Anstrengung schaffte sie es, sich ein Lächeln abzuringen.

„Danke, Lois. Du hilfst mir wirklich.“

„Nichts zu danken.“, erwiderte Lois. Sie war sich nur noch nicht sicher, was Chloe zu ihrer Aktion sagen würde. Denn Chloe lag eindeutig auch Clark am Herzen. Vielleicht sogar mehr, als Lana.

„So, und nun lass uns die Croissants vernichten. Die riechen einfach köstlich.“, lenkte Lois das Thema auf etwas belangloses.
 

Clark saß wie immer in seinem kleinen Separee und blickte durch das Fenster hinaus. Hier hatte er die Nacht verbracht. Hier würde er auch den Tag verbringen.

Das Klingeln seines Handys hatte er ignoriert. Es konnte nur Chloe sein. Lana würde ihn vorerst nicht anrufen. Und dafür war er auch dankbar.

Alleine der Gedanke an Lana ließ in ihm Übelkeit aufsteigen. Sein Magen rebellierte bei der Erinnerung an sie.

Sie war schuld. Nur sie.

Wütend Schlug er mit seiner Faust gegen den Fensterrahmen und sah ihn in Splittern zu Boden fallen.

Wie hatte diese Frau ihn nur so lange blenden können? Warum hatte er es nicht früher gesehen und etwas unternommen?

Lana sah aus, wie eine nette und harmlose Person. Doch in Wirklichkeit zog sie das Unheil an. Niemand, der mit ihr länger zusammen war, konnte glücklich werden. Jeden kostete etwas. Manche starben einfach, wie es das Schicksal von Whitney gewesen war. Manche wurden auch verrückt. Wenn er da nur an Jason dachte.

Und ihn hatte es seinen Vater gekostet… Ja, er gab Lana die Schuld daran. Der Moment, in dem er sich entschlossen hatte, ihr zu vertrauen, war der Moment, in dem er das Todesurteil seines Vaters unterschrieb. Um ihr erbärmliches Leben zu retten, hatte er riskiert, jemand anderen zu verlieren. Dafür verfluchte er sich und sie. Vor allem sie.

Desto mehr er darüber grübelte, desto schneller steigerte er sich in diese Hassgefühl hinein. Er konnte es nicht unterdrücken und er wollte auch nicht.

„Dafür wirst du büßen Lana Lang…“
 

Zwar war ihre Cousine schnell gewesen, aber dennoch war Chloe verdammt spät dran. Sie raste mit ihrem Beatle über den Highway. Endlich kam die ersehnte Ausfahrt nach Smallville und sie bog mit quietschenden Reifen hinein.

Sie drückte das Gaspedal voll durch und hoffte, dass nicht ausgerechnet heute irgendwo eine Verkehrkontrolle darauf wartete, sie zu haschen.

Doch ausnahmsweise hatte sie Glück und es stellte sich ihr niemand in den Weg.

Ihre Gedanken kreisten noch immer um Lana und Clark. Sie hatte nicht noch einmal versucht ihn zu erreichen. Doch sie hatte sich vorgenommen, nach dem Gespräch bei ihm vorbei zu schauen. Doch vorher musste sie ihre Gedanken sortieren und auf das Thema ausrichten.

Schon eine Weile hatte sie sich überlegt, welche sie ihm stellen wollte.

Chloe musste grinsen. Sie machte sich Gedanken, was sie ihn fragen würde? Hatte sich seit der Zeit bei der Torch denn so viel verändert? Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Es war eine andere Welt beim Daily Planet.

Sie hatte nicht mehr alles in der Hand und musste mehr als einmal Zugeständnisse machen. Dort war sie einfach nur eine Angestellte, nichts Besonderes. Nur ihre Fähigkeiten wurden mehr belächelt, denn geachtet. Das nervte sie und sie musste sich bisher mehr als einmal beherrschen, um nicht alles hinzuwerfen.
 

Journalismus machte ihr dort nicht mehr so viel Spaß, wie noch zuvor auf der Highschool. Sie war nur noch ein kleines Licht und keine rasende Reporterin mehr, wie Lois sie nur zu gerne betitelte. Verriet sie sich, wenn sie über Hundeschauen und Backwettbewerbe berichtete? Oder war das nun mal das Los eines jeden Reporters, wenn er in den Beruf einstieg?

Ein tiefer Seufzer entfuhr ihrer Kehle. Sie war nicht glücklich. Wirklich nicht. Doch es musste weiter gehen.
 

Gerade bog sie in die Einfahrt des Anwesens ein und fuhr Richtung Haus.

Vielleicht würde das ihre Chance auf ihren Durchbruch sein. Eine Serie. Eine spannende Serie. Und vielleicht würde sie etwas herausfinden, was sie als Sensationsreporterin voranbrachte.

Das Schloss kam langsam hinter den Bäumen des Parks zum Vorschein. Nun hieß es, ihn davon zu überzeugen, dass eine Berichtsserie über ihn für sein Image nur von Vorteil sein konnte.
 

Chloe parkte den wagen vor Lex Haus und stieg aus. Wieder einmal musste sie einen langen Blick auf die atemberaubende Fassade des Schlosses werfen, bevor sie zur Tür ging und klingelte.

Nach ein paar Sekunden wurde Chloe von einem Butler geöffnet.

„sie wünschen?“, fragte dieser.

„Ich habe einen Termin mit Mr. Luther.“, entgegnete Chloe und versuchte selbstbewusst drein zu schauen.
 

Der Butler nickte und ließ sie eintreten.

„Ich werde sie zu Mr. Luther führen.“, sagte der Diener steif und deutet Chloe, ihm zu folgen.

Chloe zog eine Braue hoch und blickte irritiert. Sie war schon mehr als einmal hier gewesen und nie war dieser Typ so höflich. Meist sagte er, wo Lex sich befand und sie ging hin. Aber heute war irgendwie alles anders. Nur fragte sie sich, wieso der ganze Terz. Doch sie folgte dem Mann ohne etwas in diese Richtung verlauten zu lassen.
 

Schnell waren sie an der Tür zu Lex Büro angelangt. Der Butler klopfte an und öffnete eine Spalt, dann verabschiedete er sich mit einem kurzen Diener und verschwand.

Chloe blickte ihm ungläubig nach, öffnete dann aber die Tür und trat ein.

„Guten Morgen, Lex!“ begrüßte sie den alten Bekannt, wie immer.
 

Doch dieser schaute nicht drein, wie immer. Er saß steif an seinem Schreibtisch und blickte Chloe unfreundlich entgegen. Sie verstand es nicht… Wo war der Lex, der aufstand, wenn sie eintrat und sie begrüßte?

„Chloe. Komm gleich zur Sache, ich habe wenig zeit.“ Fuhr er die Blondine an und blickte noch immer auf seinen Laptop.
 

War Lex wieder durchgedreht? Stand er unter Drogen? Oder war sein Sexualleben auf dem Tiefststand? Klar, sie hatte sich nicht immer einwandfrei mit Lex verstanden. Sie vertraute ihm nicht zu 100%. Doch das war nach den Geschehnissen den letzten Monaten auch kein Wunder. Lex hatte sich das ein oder andere Mal durchaus nicht wirklich menschenfreundlich verhalten. Und auch seine Loyalität gegenüber Clark hatte nachgelassen.
 

Chloe musste allerdings zugeben, dass sie Lex verstehen konnte. Sie selbst hatte Clark schon mehr entgegengebracht. Doch es traf sie noch immer, dass er ihr nicht von sich aus gesagt hatte, was mit ihm los war. Beziehungsweise, welche Kräfte er hatte und wo er wirklich herkam. Also warum sollte es Lex, der schon eine Menge für Clark getan hatte, es anders gehen? Er hatte ihm stets geholfen und immer nur Ausflüchte statt antworten bekommen. Dass er da anfing nachzuforschen war ja wohl klar. Und auch sie hatte ja Nachforschungen angestellt um etwas herauszufinden. Warum also mit zweierlei Maß messen?
 

„Kurz? Du scheinst mir heute recht kurz angebunden zu sein.“, antwortete die Reporterin mit einem schiefen Lächeln. So recht wusste sie nicht mit der Situation umzugehen.

„Du bist wegen einem Interview hier. Und ich behandele Reporter grundsätzlich nicht freundlich und habe auch kein Interesse daran, mehr Zeit als nötig mit ihnen zu verbringen. Heute bist du für mich nicht die alte Bekannte Chloe, sondern ein Schreiberling, der mir mit Sicherheit nichts Gutes will.“, erklärte sich Lex. Schon das war ihm zu wieder. Er wollte nicht so mit der junge Frau umspringen. Aber seine Erfahrungen hatten ihn gelehrt, keinem Menschen zu vertrauen, der sein Geld damit verdiente, andere Menschen in den Schmutz zu ziehen und dabei womöglich leben zu zerstören.
 

Chloe musste schlucken. Sie hatte es sich nicht einfach vorgestellt, aber das überraschte sie nun doch. Lex sah in ihr zurzeit also nicht mehr, als einen Schreiberling? Er traute ihr zu, dass sie sein Leben und den Schmutz zog? Nun ja… sie hatte es in Erwägung gezogen. Ihr Aufstieg beim Daily Planet wäre mit einer derartigen Sensation sicher. Wie ein Blitz durchfuhr sie ein Gedanke: was ist schon wieder aus dir geworden?! Während ihrer Zeit bei der Torch hatte sie schon mehr als einmal über die Strenge geschlagen. Sie hatte Clark und ihre Freunde damit in Gefahr gebracht. Ja, sie sollte sogar umgebracht werden. Damals hatte sie sich doch geschworen, nie wieder eine Story oder ihre Karriere über das Wohl anderer zu stellen. Hatte das öde Praktikum beim Daily sie so schnell wieder in diese Richtung getrieben?
 

„Du hast Recht Lex. Ich bin wegen einem Interview hier. Doch ich will dich nicht verleumden oder prekäre Details deines Lebens ans licht bringen. Ich will nur eine Serie über dich machen. Denn, was du bisher geleistet hast, ist es wert, darüber zu berichten.“, antwortete die Frau mit ein paar Sekunden Verspätung.
 

Lex war das Zögern durchaus aufgefallen. Und er quittierte es mit einem Lächeln. Er hatte darauf spekuliert, Chloe mit seinem abweisenden Verhalten aus der Reserve zu locken und sie dazu zu bringen, über ihre Handlungsziele nachzudenken. Ganz offensichtlich hatte es funktioniert, denn er glaubte ihr ihre Worte auf Anhieb.
 

Chloe sah das Lächeln und wurde ein wenig ruhiger.

„Was spielst du hier mit mir, Lex?“, fragte sie unverblümt.

„Ich wollte nur herausfinden, was du mit mir vorhast.“, antwortete der Glatzkopf.

Chloes Augenbraue hob sich. Hatte Lex Luther sie doch tatsächlich vorgeführt…

Doch wirklich böse konnte sie ihm nicht sein. Irgendwie hatte er ihr ja die Augen geöffnet.

„Mensch Lex, du spinnst ja wohl total.“, grinste sie ihn an und setzte sich erstmal.

„Nun, was hast du dir vorgestellt?“, fragte Lex die quirlige Blondine.
 

Chloe lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blickte über den Tisch zu Lex.

„Eine Serie über dich. Dein Leben und wie du es geschafft hast, die Firma deines Vaters nicht nur zu übernehmen, sondern auch noch in großem Stil auszubauen. Du bist schließlich nicht viel älter, als ich.“, erklärte Chloe ihren Plan und konnte nicht verhindern, dass ein wenig Bewunderung mitschwang. Den Biss, den Lex an den Tag legte, imponierte ihr. Auch wenn sie immer hin und her gerissen war und nicht genau wusste, ob sie seine Methoden für gut empfand.

„Also was sagst du?“
 

Lex dachte nach. Er fuhr sich mit seiner Hand über die Glatze und sah die Reporterin fest an.

„Du weißt, eigentlich mag ich die Öffentlichkeit nicht besonders. Sie hat es noch nie gut mit mir gemeint.“, fing er an zu reden. Man sah förmlich, wie seine kleinen, grauen Zellen arbeiteten.

„Jedoch wäre es für Luther Corp von Vorteil. Ich könnte Pluspunkte machen und somit ein wenig Druck von der Firma nehmen.“, dachte er weiter laut nach. Die Idee sagte ihm immer mehr zu. Jedoch entwickelten sich in seinem Kopf noch viel mehr. Er sponn Chloes Idee weiter und weiter.

„Ich hätte da noch so ein Paar Einwürfe. Weitere Ideen, wenn du es so willst.“
 

„Und die wären?“, fragte Chloe, die nun langsam neugierig wurde. Was hatte Lex nur vor? Sie wusste nicht, ob sie ein schlechtes Gefühl im Bauch bekommen sollte oder doch nicht.

Lex grinste frech.

„Ich will, dass du einen Bericht über mich machst, der einem Tagebuch ähnelt.“, machte er seinen Vorschlag.
 

Chloe blickte er staunt. Sie empfand den Vorschlag als wirklich gut. Nur fragte sie sich auch, wo der Harken bei der Sache war. Darauf wollte sie auch gleich hinaus:

„Und der Harken an der Sache?“
 

Lex fuhr sich wieder über die Glatze. Was er nun sagen würde, würde Chloe nicht wirklich gefallen. Vielleicht würde sie auch Wutendbrand sein Büro verlassen. Doch er musste es darauf ankommen lassen. Denn er wollte, das die junge Reporterin den wirklichen Lex sah und nicht ab und an rein kam und nur Bruchstücke von dem auffing, was er den ganzen Tag über machte. Das musste er verhindern. Nicht nur, weil der Name seiner Firma auf dem Spiel stand, sondern auch, weil er Chloe nicht verschrecken wollte.

„Ich will, dass du hier einziehst.“, ließ er die Bombe platzen und sah dabei forschend in das Gesicht der Blondine.
 

Chloe entgleisten die Gesichtszüge. Was hatte er da gerade gesagt? Sie solle bei ihm einziehen? Hatte der sie noch alle?! Gerade wollte sie auffahren und ihm böse Sachen an den Kopf werfen, als Lex fort fuhr. Da sie wissen wollte, warum er diesen Zirkus abziehen wollte, heilt sie die Füße still und hörte weiter zu.
 

Lex hob beschwichtigend die Hände in die Höhe.

„Versteh mich nicht falsch. Ich will einfach, dass du den ganzen Tagesablauf mitbekommst und dich nicht an Bruchstücken orientierst. Mir liegt viel daran, dass du den wirklichen Lex und die wirkliche arbeit kennen lernst.“
 

Noch immer war Chloe mehr als skeptisch. Doch ihr Reportersinn gewann die Überhand über ihren Verstand.

„Den wirklichen Lex? Und wenn er mir nicht gefällt? Soll ich dann lügen? Nicht schreiben, was ich denke?“, wollte Chloe nun alle Details klären.
 

Lex schüttelte ernst den Kopf und verschränkte die Hände im Schoß.

„Ich will, dass du die Wahrheit schreibst. Genau so, wie du sie siehst. Und wenn ich dabei dann doch schlecht abschneide, kann ich es nicht ändern.“
 

Das war ein Angebot! Chloe war restlos begeistert. Und in einem solch schnieken Schloss zu wohnen, hatte mit Sicherheit auch keine echten Nachteile… So nickte sie und lächelte.

„Abgemacht. Ich ziehe ein, bis ich genug für eine Serie über dich und dein Leben habe.“, schlug sie ein und hielt Lex zur Besiegelung des Vertrags, die ausgestreckte Hand hin.

Lex schlug ein.
 

Chloe hatte sich schnell bei Lex verabschiedet. Sie musste noch einiges regeln… Sie konnte während der Berichterstattung ja nicht zur Uni und musste irgendwoher die Unterlagen bekommen. Noch dazu musste sie Lana beibringen, dass sie für unbestimmte Zeit nicht im Wohnheim leben würde. Chloe hatte schließlich keine Ahnung, wie lange es dauern würde, bis sie genug interessanten Stoff zusammen hatte, um über Lex Luther zu schreiben. Sie rechnete ohne weiteres mit ein paar Wochen.

Dieser Bericht entschied über ihre Karriere und da durfte sie kein Risiko eingehen. Sie musste einen perfekten, einen Pulitzerpreisverdächtigen Artikel abliefern.
 

Die junge Frau war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie ganz vergaß, dass sie noch zu Clark wollte. So musste sie vor dem weg, der zur Kent-Farm führte, einen Vollbremsung hinlegen, um noch abbiegen zu können.
 

Von weitem sah sie schon, dass Clarks Wagen in der Einfahrt stand. Also war er da. Das war schon einmal gut zu wissen. Und ihr war auch sofort klar, wo sie ihn finden würde: in der Scheune.

Dort verbrachte er seit dem Tod seines Vaters schließlich 90% seiner Zeit. Sie wusste, dass er seiner Mutter nicht über den Weg laufen wollte.
 

Chloe parkte ihren Wagen und ging schnurstracks zur Scheune und die Treppe hinauf.

„Clark. Ich bin es.“, rief sie hoch.

Etwas zu laut, das war ihr klar. Schließlich hatte dieser Mann ein Supergehör und hatte ihren Wagen wohl schon vor einigen hundert Metern gehört.
 

Als sie den Absatz der Treppe erreicht hatte, sah sie, dass Clark nicht hier war.

Das war seltsam… Chloe beschloss, auch noch im Haus nachzusehen. Vielleicht ging es Clarks Mutter besser und er hielt sich wieder mehr in ihrer Nähe auf. Auch wenn es schwer fiel, es zu glauben.
 

Sie ging zur Hintertür des Hauses und klopfte an. Chloe hatte viel Zeit ihres Lebens bei Clark verbracht und kannte sich daher wunderbar im Haus aus. Auch wusste sie, dass die Kents die Zeit, in der sie nicht mit der Farmarbeit beschäftigt waren, am liebsten in der Küche oder dem Wohnzimmer verbrachten. Und da Mrs. Kent zu schwach war, um einen Zaun zu reparieren oder Tiere zu hüten, würde sie sich wohl da aufhalten.
 

„Mrs. Kent?“, rief Chloe fragend in den Raum, als sie die Hintertür hinter sich schloss. Ein paar Sekunden hörte sie nichts und fing schon an, sich zu fragen, ob vielleicht doch niemand daheim war. Dann jedoch vernahm sie ein leises Geräusch aus dem Wohnzimmer.
 

Mit ein paar Schritten war sie da und betrat den Raum. Sofort sah sie Mrs. Kent, die mit dem Rücken zu ihr auf der Couch saß. Ihre Haltung verriet der jungen Frau, dass es ihr wohl noch immer nicht besser ging. Das schloss die Möglichkeit den jungen Kent hier zu finden, fast völlig aus.
 

„Mrs. Kent? Ich bin es, Chloe.“, sprach die Blondine die Frau an. Ihr war unwohl, denn sie wusste nicht, wie sie mit ihr umgehen sollte. Zwar kannte sie Mrs. Kent so lange, wie sie Clark kannte, doch so hatte sie sie nie erlebt. Sie hatte auch gehofft, sie nie so erleben zu müssen.
 

Noch immer reagierte die Rothaarige nicht. Still saß sie da und rührte sich fast nicht. Nur ab und zu kam ein Laut von ihr, der sich wie ein schluchzen anhörte und es wohl auch war.

Seit dem Tod ihres Mannes hatte Martha ihre Zeit selten mit etwas anderem verbracht, als zu trauern und hier zu sitzen. Sie wollte auch nicht mehr.
 

Inständig hatte sie gehofft, in Clark eine Stütze zu finden, die ihr durch die schwere Anfangszeit half.

Sie hatte sich stets nur nach jemandem gesehnt, an den sie sich anlehnen konnte und der für sie da war. Doch so schwer es ihr auch fiel, es zuzugeben, Clark war diese Stütze nicht. Er war nicht für sie da.

Schon direkt nach dieser verhängnisvollen Nacht, hatte er sich zurückgezogen. Warum genau, das wusste die Mutter nicht.
 

Mehr als einmal hatte sie versucht mit ihm zu reden und etwas aus ihm herauszubekommen. Aber sie hatte so viel mit sich selbst zu tun. Ihre größte Aufgabe zurzeit bestand darin, nicht den Lebensmut zu verlieren, nachdem ihre einzige und große Liebe sie so frühzeitig verlassen hatte. Ohne Jonathan war sie einfach nur ein halber Mensch und mit der Situation im Haus und auf der Farm, völlig überfordert.
 

Stets hatte ihr Mann sie versucht immer aus allem herauszuhalten und ihr den Ärger und den Stress zu ersparen. Immer war das nicht gegangen, denn auch er konnte ihr über kurz oder lang, nicht ihre Finanzellen Probleme mit der Farm vorenthalten.

Doch das war in weite Ferne gerückt. Oder hatte sie es einfach nur verdrängt?
 

Der Gedanken an ihren geliebten Jonathan und die Todesnacht ließen wieder einmal bittere Tränen in ihr aufsteigen. Sie wunderte sich das ein oder andere Mal, dass sie überhaupt noch in der Lage war zu weinen. Sie hatte gehofft oder befürchtete, dass sie alle Tränen ihres Lebens vergossen hatte. Dem war nicht der Fall bemerkte sie, als ein Schall der salzhaltigen Flüssigkeit über ihre Wangen rollte.

„Jonathan…“ flüsterte sie unmerklich und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
 

Chloe zuckte zusammen. Nie hatte sie einen Menschen so gesehen. So am Boden und völlig am Ende.

Sie konnte Clark nicht verstehen. Seine Mutter und sein Vater hatten immer alles für ihn gemacht, ihm alles ermöglicht und sein Geheimnis bewahrt. Und nun dankte er es seiner Mum, indem er sie im Stich ließ? Nur an sich dachte und für sich lebte?

Das war nicht fair und kein Verhalten, dass Chloe hätte akzeptieren können.

Sie hatte Clark Zeit lassen wollen. Zeit, sich selbst ein wenig zu fangen und auf die wichtigen Dinge im Leben zu konzentrieren. Sie wollte, dass er von alleine zu seiner Mutter ging und ihr Hilfe anbot. Und damit meinte sie nicht die Hilfe auf der Farm. Diese Arbeit erledigte er gewissen haft und kontinuierlich. Nein, sie meinte damit, dass er Martha zuhörte und versuchte, die entstandene Lücke in ihrem Herzen zu füllen. Zu füllen mit der Liebe eines Sohnes.
 

Noch einmal wagte Chloe einen Vorstoß und ging auf die Frau zu. Sachte, damit sich diese nicht erschreckte, legte sie ihre Hand auf deren Schulter.

„Mrs. Kent?“ fragte sie noch einmal und dieses Mal etwas lauter.
 

Die riss Martha aus ihrer Liturgie und ließ sie aufblicken. Sie drehte sich herum und blickte mit Tränenverschmierten Augen zu Chloe auf.

„Chloe?“, entfuhr es ihr und sie starrte die Blondine einen Moment lang irritiert an. Dann versuchte sie sich zu fangen und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.

„Was tust du hier?“, fragte sie schnell weiter und versuchte so ihre Unsicherheit zu überspielen. Sie wollte Chloe nicht belasten und ihr Sorgen bereiten.
 

„Ich bin auf der Suche nach Clark.“, antwortete Chloe wahrheitsgemäß. Sie wusste, wann der falsche Zeitpunkt war, jemandem helfen zu wollen. Wobei es weniger der falsche Zeitpunkt war, als sie die falsche Person.
 

Marthas Gesichtszüge verdunkelten sich ein klein wenig und sie sah Chloe traurig an.

„Ich weiß nicht, wo er ist. Ich habe ihn schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen.“, entgegnete die Frau und blickte schwermütig unter sich.
 

„Seit ein paar Tagen?“, fragte de Blondine entsetzt und stand einen Augenblick mit offenem Mund da.

„Dann wissen sie auch noch gar nicht, dass er und Lana sich gestern Abend getrennt haben?“, harkte Chloe nach und sah Mrs. Kent eindringlich an.
 

Diese schüttelte nur entsetzt und verwirrt den Kopf. Was war denn geschehen? Clark liebte Lana doch über alles! Er würde sie doch niemals verlassen! Viele Fragen schossen ihr durch den Kopf und sie beschloss, dass es an der Zeit war, mit ihrem Sohn zu sprechen.

„Ich weiß nicht wo er sich rum treibt, wenn er nicht in der Scheune ist.“, sagte sie weiter und wurde immer nachdenklicher.
 

Chloe beschlich das Gefühl, dass sie vielleicht besser nichts wegen der Trennung gesagt hätte. Unsicher blickte sie umher. Sie wollte hier weg und das bitte schnell.

„Ich werde ihn noch ein wenig suchen. Sagen sie ihm, dass ich da war?“, bat sie Mrs. Kent.
 

Diese nickte nur. Sie war schon wieder in ihrer eigenen Welt. Nun nicht nur mit der Trauer um ihren Mann sondern auch noch mit der Sorge um ihren Sohn.
 

Schnell machte Chloe, dass sie zu ihrem Wagen kam. Eingestiegen brauchte sie erst einmal ein wenig Ruhe und atmete tief durch. Sie hatte ebenfalls keine Idee, wo sie Clark finden könnte und beschloss zurück zum Wohnheim zu fahren und weiterhin zu versuchen ihn auf dem Handy zu erreichen.
 

Clark hatte alles aus einiger Entfernung beobachtet und belauscht.

Als er Chloes Wagen gehört hatte, war er schnell verschwunden. Er wollte ihr ganz einfach nicht über den Weg laufen wollte er überhaupt noch jemandem über den Weg laufen? Nein. Wohl nicht. Die Einsamkeit war zurzeit sein treuester Begleiter und sein bester Freund.
 

Er genoss es, das niemand ihm sagte, was er zu tun oder zu lassen hatte. Das niemand ihn dazu zwang zuzuhören. Er musste sich niemandem öffnen und war keinem Rechenschaft schuldig.
 

Und vor Allem blieb ihm dieses elende Mitleid erspart, das ihm sonst jeder entgegenbrachte. Das hasste er am meisten. Mitleid. Schließlich war er doch selbst daran schuld, dass sein Vater tot war. Oder zumindest traf ihn eine nicht geringe Mitschuld.

Doch das konnte er niemandem sagen. Es hätte ja niemand verstanden. Nur seine Mum und Chloe. Und selbst denen hatte er sich nicht anvertraut. Er hatte Angst davor, was sie zu ihm gesagt hätten.
 

In Clark stieg ein neues, nicht gekanntes Gefühl auf. Er wusste es nict zu deuten. Es war seltsam. Irgendetwas in ihm schien zu zerbrechen, aber es machte etwas anderem, neuen Platz. Was ging mit ihm vor?

Plötzlich hatte er nicht mir diese bedrückenden Schuldgefühle. Nein, sie waren gewichen. Doch was waren sie gewichen?
 

Clark hörte in sich, während er sein Supergehör einsetzte, um zu belauschen, was Chloe mit seiner Mutter besprach. Und es gefiel ihm nicht. Er fand, dass Chloes Stimme sich anhörte, als wäre sie auf Lanas Seite. Das würde heißen, dass auch Chloe eine Überläuferin war. Sogar sie. Seine beste Freundin. Wütend ballte er die Hände zu Fäusten und blickte in Richtung Haus. Wie konnte sie nur?
 

Gerade verabschiedete sich Chloe und hetzte zu ihrem Wagen. Clark folgte ihr mit versteinertem Blick. Noch immer hingen die Worte in seinem Gehörgang.

Nachdem sich der Wagen von der Farm entfernt hatte, machte sich auch Clark auf den weg zurück. In Windeseile war er wieder in seinem Loft und nahm seine altbekannte Position am Fenster ein.

Nun wirkte er äußerlich zwar gefasst und ruhig, ja fast paralysiert, doch in seinem Inneren kochte es und die Gedanken überschlugen sich. Immer wieder fragte er sich, wem er noch trauen konnte und wem nicht.
 

Lana genoss die Zeit mit Lois.

Zwar hatte sie sich den ersten Tag nach dieser schweren Trennung anders vorgestellt, aber das fand sie besser.
 

Lois Rede und ihr Zynismus brachten Lana nicht nur zum nachdenken, sondern auch zum Schmunzeln. Himmel, nie hatte sie jemanden so über Clark reden hörn, wie Lois es heute Morgen getan hatte! Diese erfrischende und brutal ehrliche art war es, die die junge Frau so besonders machte.
 

Von dieser Seite hatte Lana sie nie gesehen. Für sie war sie immer eher eine Fremde gewesen. Der Kontakt beschränkte sich auf ein paar Mal und dann war es so, dass sie sich mit Clark stritt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lana das nicht verstanden. Nun, dachte sie nicht anders über Clark.
 

Dennoch konnte sie den Wehmut nicht ganz verdrängen, der mit diesem Bruch ihrer Beziehung einherging. Lana hatte sich eine Zukunft mit Clark gewünscht. Und dabei dachte sie nicht an diese art von Beziehung, die sie die letzte Zeit geführt hatten. Sie wollte mit ihm zusammenziehen und dann heiraten. Kinder bekommen. All das, was man braucht, um eine Familie aufzubauen. Sie wollte eine gute Mutter sein und wollte ihren Kindern das geben, was ihr durch den Tod der Eltern verwehrt worden war. Sie war der Überzeugung gewesen, bis vor ein paar Wochen, dass Clark genau das auch will und mit ihr darauf hinarbeitet. Doch vielleicht war gerade da der Fehler im System: Clark wollte sie nie heiraten und Kinder bekommen, sondern wollte spaß und ein bisschen nähe haben. Vielleicht hatte sie ihn mit ihren Gefühlen überrumpelt und ihm Angst gemacht.
 

Lana fing an jede Minute ihrer Beziehung mit Clark zu analysieren und die Fehler zu suchen. Nachdenklich saß sie in einem der Sessel am Fenster und blickte nach draußen. Heute hatte sich das Wetter ihrer Stimmung angepasst, schien es. Es war ein trüber, verregneter Herbsttag und die Wolken hingen so tief, dass sie einen zu erschlagen drohten.
 

Lois trat zu Lana heran. Sie hatte ihnen etwas zu Trinken geholt.

„Du scheinst mir ja schon wieder ganz weit weg. Kann man dich nicht mal eine Minute alleine lassen?“, scherzte die junge Frau und reichte Lana den Orangensaft.
 

Lana blickte auf und musste lächeln. Für Lois schien das alles kein Problem zu sein.

„Du bist stark, Lois. Stark und gefestigt.“, antwortete Lana mit einem lauten Seufzer. Gerne hätte sie Lois stärke besessen und wäre wie sie über diese Situation hinweg gegangen.
 

Lois schüttelte energisch den Kopf.

„Ich bin nicht besonders stark, Lana. Glaub mir. Nur habe ich von Anfang an festgestellt, dass es kein Mensch, der einen schlecht behandelt, wert ist, um ihn zu weinen. Wenn ich eines von meinem Vater gelernt habe, dann dass es im Krieg nun mal Opfer gibt. Ebenso es gibt Kameraden, die sich als Gegner herausstellen. Und mehr ist das Leben nicht: ein Krieg. Ein Krieg der Geschlechter und ein Krieg der Freundschaften.“, warf Lois ihre Meinung ein und setzte auch gleich noch eins nach: „Manchmal kommt es zu einem Waffenstillstand oder gar zu wirklichen Frieden. Aber selbst dann ist die Gefahr, dass die alten Wunden aufreißen und ein neuerlicher Krieg beginnt, noch immer gegeben.“ Sie legte Lana die Hand auf die Schulter und ging vor ihr in die Hocke.

„Du, Lana, wurdest von einem Verbündeten, einem Friedenspartner verletzt und zurück in den Krieg geschickt. Doch wenn du dich jetzt diesem Gefühl der Verletztheit hingibst, wirst du den Krieg nicht überleben.“, sprach sie auf die Brünette ein.
 

Lana sah Lois einen Moment lang völlig irritiert an. Nicht nur, dass sie das so noch nie gesehen hatte, nein, diese Metapher symbolisierte das Leben auf eine recht eigenwillige weise. Da war sie doch gleich froh, dass sie nicht bei einem Militärangehörigen hatte aufwachsen müssen.

„Das sind recht… radikale Ansichten, Lois.“, entgegnete Lana und grinste schief.
 

Lois nickte eifrig und blickte nun ihrerseits aus dem Fenster.

Ja, das war ihr Vater ja auch: recht radikal. Doch er hatte es gut mit ihr gemeint, als er ihr nach ihrem ersten Liebeskummer diese Geschichte erzählte. Und da Lois diese Art von Erziehung gewohnt war, hatte sie diese Ansicht fix angenommen. Vor Allem, als sie merkte, wie sehr es half, alles ein bisschen weniger emotional zu sehen und sich die Fakten vor Augen zu führen.

„Aber es stimmt. Du kannste es jetzt noch anders ausdrücken und es nett verpacken, doch der Kern des Ganzen bleibt der Selbe: das Leben ist ein Kampf. Man muss kämpfen um zu überleben. Man muss kämpfen um das Glück zu finden. Manchmal verliert man einen Kampf, so wie du den um Clark. Doch man hat danach keine Wahl und muss einfach weiter kämpfen. Tut man es nicht, verliert man nicht nur einen Kampf sondern einen großen Teil des Lebens.“
 

Das war eher etwas, das Lana verstand.

Und nun gab sie Lois auch Recht. Sie hatte ihr Leben lang gekämpft und gewonnen. Manchmal auch verloren. Aber es war ihr nie etwas in den Schoss gefallen. Für alles hatte sie sich angestrengt. Auch für die Beziehung mit Clark hatte sie gekämpft. Mehr als nur einmal, weil sie einfach hatte nicht einsehen wollen, dass man auch einen Kampf verloren gehen lassen muss.

Ihr Herz hing an Clark, keine Frage. Doch ihr Verstand sagte ihr, dass es an der Zeit war, Neues zu versuchen und weiter zu kämpfen.

Doch bitte noch nicht jetzt. Jetzt wollte sie erstmal ein wenig Ruhe und trauern. Trauern um einen verlorenen Kampf.



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