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Ai No Kiseki

Wunder der Liebe
von

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Depressionen

Als Haruka nach Hause kam, war ihre Tante nicht da. Irgendwo in der Wohnung kläffte Fiffi. Er kläffte immer, wenn Haruka zur Tür herein kam. Ansonsten aber machte er einen großen Bogen um sie. Anscheinend hatte er ihr die Sache mit dem Bad noch immer nicht verziehen.

Michiru war nicht in Harukas Zimmer. Das Bett war ordentlich gemacht und das Nachthemd lag sauber zusammengefaltet auf dem Kopfkissen. Ansonsten gab es jedoch kein Zeichen auf Michirus Anwesenheit.

Auch die Küche war tadellos aufgeräumt. Nirgendwo stand schmutziges Geschirr herum, wie es sonst immer der Fall war. Haruka grinste. Es schien, als habe Michirus Anwesenheit durchaus Vorteile für sie.

Im Wohnzimmer war laute Musik zu hören. Haruka trat ein und legte ihre Mappe auf einen Stuhl. Michiru trug eine schwarze Leggins und ein weißes Hemd. Sie sah nicht aus, als habe sie sich heute schon gekämmt, und ihr Gesicht wies deutliche Tränenspuren auf. Während aus der Anlage Someday... somebody von Three Lights dröhnte, saß Michiru auf der Couch und zappte durchs Fernsehprogramm.

„Ich liebe dich“, sagte eine Stimme im Fernsehen.

„Ich nicht“, erwiderte Michiru lakonisch und schaltete das Gerät ab.

Haruka ging zur Anlage und drückte auf „Stop“. „Hallo“, grüßte sie.

„Hi“, murmelte Michiru und gähnte. „Bist du noch rechtzeitig zum Unterricht gekommen?“

„Nein“, antwortete Haruka. „Aber das ist mir egal. Mrs. Ishigama hat mich Ende der zweiten Stunde erwischt und gleich damit gedroht, es Tomoe zu erzählen.“

Michiru legte die Fernbedienung auf den Tisch. „Meine Güte! Als wenn sich dadurch irgend etwas ändern würde. Solange dir deine Tante mit ihrem Geld den Rücken frei hält und das Projekt „Infinity“ finanziert, kann sie doch überhaupt nichts machen.“

Haruka wußte inzwischen, daß Dr. Tomoe mehrerer solcher Schulen in allen Teilen des Landes leitete. Das ganze Projekt wurde „Infinity“ genannt und war das erste seiner Art in Japan. Mrs. Tenô war die Hauptsponsorin von „Infinity“.

„Du sagst es. Aber mach das Mrs. Ishigama mal klar!“

„Ach, ich hab sowieso die Nase voll von der Schule“, erklärte Michiru und verschränkte die Arme. „Wieso gehe ich nicht ab und verdiene mein Geld als Violistin oder Malerin?“

„Das ist nicht dein Ernst!“ rief Haruka fassungslos aus.

Michiru hob den Kopf. Sie sah traurig aus. „Traust du mir das etwa nicht zu?“ fragte sie.

„Doch, natürlich – aber ich dachte immer, du gehst gern zur Schule und möchtest studieren und all das.“

„Ja, bis gestern hatte ich das auch noch vor.“

Haruka setzte sich neben sie auf die Couch. „Michiru, du hast doch nicht wirklich vor, alles aufzugeben, oder? Die Mugen Gakuen Schule – das hast du selbst einmal gesagt – bietet dir optimale Möglichkeiten, deine Zukunft zu nutzen.“

„Ich habe mich entschieden“, erwiderte sie knapp.

Aber Haruka schüttelte den Kopf. „Nein, das hast du nicht“, widersprach sie. „Ich glaube dir nicht! Willst du wegen Nerissa wirklich alles aufs Spiel setzen?“

„Du weißt nicht, was du sagst“, rief Michiru heftig. „Nerissa und ich haben total viele Kurse zusammen! Ich würde sie praktisch ständig sehen! Und das... halt ich nicht aus!“

„Ja mein Gott, damit mußt du leben!“ fuhr Haruka sie ungeduldig an. „Du kannst nicht erwarten, daß immer alles glatt läuft! Hör endlich auf, vor deinen Problemen davonzulaufen!“

Michiru brach in Tränen aus. Haruka wollte sie trösten, aber sie machte sich in ihren Armen steif. „Laß mich allein, bitte“, bat sie.

Die Türglocke läutete. Haruka stand auf, warf noch einen letzten besorgten Blick auf Michiru und ging die Treppe hinunter zur Haustür. Es waren Taiki und Setsuna.

„Ist meine Schwester hier?“ fragte Taiki.

Haruka nickte. „Ja, oben im Wohnzimmer. Sie weint. Vielleicht schaffst du es, sie zu beruhigen.“

„Ich versuche es.“ Taiki verschwand die Treppe hinauf.

Haruka sah Setsuna an. Sie trug einen violetten Minirock, eine weiße Bluse mit viereckigem weitem Ausschnitt, an dessen Ende eine rote Schleife prangte und eine kurze violette Jacke. Es tat ihr leid, daß sie beim letzten Zusammentreffen mit ihr so unfreundlich gewesen war. Und sie hatte das Gefühl, daß sie Setsuna erzählen konnte, was ihr Nerissa heute morgen gesagt hatte.

„Setsuna, kann ich dich sprechen?“ fragte sie entschlossen.

„Das tust du bereits“, entgegnete Setsuna merklich distanziert. Beim letzten Gespräch hatte es einigen Ärger gegeben, und das hatte sie offensichtlich nicht vergessen.

Ungeduldig führte Haruka sie in Mrs. Tenôs Wohnzimmer, verbannte Fiffi auf den Flur und machte die Tür zu. Setsuna sah sie erstaunt an, während sie auf der Ledercouch Platz nahm.

„Es geht um Michiru und Nerissa“, fing Haruka an.

Setsuna nickte. „Das dachte ich mir.“

„Schau mich nicht so an, mit mir hat das überhaupt nichts zu tun!“ knurrte Haruka. Sie erzählte ausführlich von ihrem Gespräch mit Nerissa.

„Na schön, sowas soll vorkommen“, sagte Setsuna nur. „Aber was habe ich damit zu tun? Warum erzählst du mir das?“

Gute Frage, dachte Haruka. „Wahrscheinlich, weil ich es einfach irgendwem erzählen mußte“, gab sie zu.

„Und dann kommst du ausgerechnet auf mich? Das überrascht mich!“

Haruka merkte, daß sie nicht darum herumkam, sich bei Setsuna zu entschuldigen. Das gab ihr das Gefühl, Setsuna irgendwie ausgeliefert zu sein. Und dieses Gefühl machte sie rasend. Sie runzelte die Brauen, verschränkte die Arme und biß die Zähne zusammen.

„Also, was ist jetzt?“ fragte Setsuna ungeduldig nach einem Blick auf ihre Armbanduhr.

Ach, hau doch ab! dachte Haruka bei sich. Ich bin nicht auf dich angewiesen! Aber dann mußte sie zugeben, daß sie damit falsch lag. Sie brauchte Setsunas Hilfe. Sie kam nicht weiter. Es war eine neue Erfahrung, auf die Hilfe von jemand anderem angewiesen zu sein, und sie konnte nicht sofort damit umgehen.

„Okay“, murmelte sie schließlich, „das vom letzten Mal war wohl etwas... übertrieben. Meine Reaktion, meine ich. Aber ich bin wirklich nicht in Michiru verliebt.“

Gelogen, dachte sie gleich darauf. Ich empfinde sehr stark für sie. Aber ist es Liebe...?

„Das Wort „Entschuldigung“ gibt’s in deinem Wortschatz wohl nicht, was?“ fragte Setsuna, aber es klang schon etwas freundlicher. „Nun gut, ich misch mich nicht mehr ein. In deine Freundschaft oder Beziehung oder was-weiß-ich mit Michie, meine ich. Aber du hast natürlich völlig recht, wenn du sagst, daß sie nicht erfahren darf, weshalb Nerissa sie wirklich verlassen hat. So wie du mir die Situation geschildert hast, ist sie im Moment sehr depressiv.“

„Wenn ich nur wüßte, wie ich ihr helfen kann“, seufzte Haruka.

Es klopfte an die Tür, und Seiya und Yaten kamen herein. „Taiki hat uns reingelassen“, erklärte Yaten. Sie setzten sich.

„Sprecht ihr über Michie?“ fragte Seiya. „Was ist denn jetzt eigentlich los? Keiner sagt mir irgendwas! Geht’s ihr nicht gut oder was?“

„Hat sie vielleicht Liebeskummer?“ erkundigte sich Yaten arglos.

Setsuna und Haruka tauschten einen Blick. Schließlich räusperte sich Setsuna. „Hm, Yaten liegt gar nicht so falsch...“

„Was?“ fuhr Seiya auf.

„Halt mal die Luft an, Michie ist nicht dein Eigentum, ja!“ sagte Setsuna scharf.

Yaten grinste. „Das hätte er wohl gerne!“ kommentierte er, was ihm einen Rippenstoß von Seiya einhandelte.

„Wer ist der Kerl?“ fauchte Seiya und ballte die Fäuste. „Dem brech ich alle Knochen, wenn ich den erwische!“

Haruka drehte den Kopf weg, damit Seiya ihr Gesicht nicht sehen konnte. Sie mußte sich das Lachen verbeißen. Auch Setsunas Augen funkelten belustigt.

„Hör mit dem Unsinn auf, Seiya“, sagte sie schließlich. „Und im Übrigen möchte ich dich bitten, Michiru gegenüber nichts davon zu erwähnen. Benimm dich wie immer, damit hast du genug getan. Ruka und ich überlegen uns gerade, wie wir Michiru ablenken können.“

„Ihr wißt wirklich nicht, wer der Typ ist?“ fragte Seiya wieder. Das schien ihn ungemein zu beschäftigen.

„Nein“, antworteten Haruka und Setsuna im Chor. Und das war nicht mal gelogen – schließlich war Nerissa kein Junge.

„Seiya, halt endlich die Klappe“, fügte Yaten genervt hinzu. „Ruka und Poo haben recht, es ist viel wichtiger, Michiru aufzuheitern, als sich mit irgend jemandem zu prügeln!“

„Wie wollt ihr das machen?“ fragte Seiya interessiert.

Haruka zuckte die Schultern. „Keine Ahnung“, antwortete sie. „Aber wir müssen uns schnell etwas einfallen lassen. Michiru hat etwas davon gesagt, daß sie die Schule schmeißen will.“

„Also jemand aus ihrer Schule“, murmelte Seiya und ging in Deckung, als er von allen Seiten mit Kissen beworfen wurde.

„Anstatt hier blöde Reden zu schwingen, überleg dir lieber was“, forderte Yaten ihn auf.

Sie überlegten eine Weile hin und her, aber ihnen wollte nichts vernünftiges einfallen. Schließlich gingen Sie hinauf zu Taiki und Michiru. Sie weinte nicht mehr, sah aber noch sehr blaß aus. Taiki saß neben ihr auf der Couch und sprach leise mit ihr. Sie hatte den Kopf an seine Schulter gelehnt und wirkte erschöpft und hilflos.

„Hallo, Michie“, sagte Setsuna liebevoll. „Wie geht’s dir?“

„Sieht man das nicht?“ antwortete Michiru ohne aufzusehen.

Mitfühlend sah Yaten sie an. „Sollen wir lieber wieder gehen? Du kannst es ruhig sagen. Wir wollten nur mal nach dir sehen, weißt du. Wir haben uns Sorgen gemacht.“

Taiki winkte Haruka auf den Flur, während Setsuna, Seiya und Yaten im Wohnzimmer bei Michiru blieben.

„Das sieht nicht gut aus“, bemerkte er. „So depressiv kenn ich meine Schwester gar nicht. Die Sache hat ihr sehr zugesetzt.“

Yaten und Seiya kamen aus dem Wohnzimmer. Seiya wirkte ziemlich verwirrt. „Was hab ich denn jetzt schon wieder gemacht?“ fragte er. „Ich hab doch nur gesagt, daß ich Nerissa gestern getroffen habe.“

Haruka und Taiki wechselten einen verzweifelten Blick.

„Ich versteh auch nicht, was sie hat“, sagte Yaten kopfschüttelnd. „Seiya wollte sie doch nur irgendwie ablenken. Aber sie ist in Tränen ausgebrochen und war nicht mehr zu beruhigen.“

„Gut gemacht, Seiya“, murmelte Taiki und verschwand im Wohnzimmer, wo verzweifelte Schluchzer und Setsunas tröstende Stimme zu hören waren.

Seiya sah Haruka fragend an. Haruka wollte gerade sagen, daß sie keine Ahnung habe, als ihr ein besserer Gedanke kam. „Nerissa hat damit zu tun, daß es Michie so schlecht geht“, erklärte sie bedeutungsvoll.

„Du meinst, sie hat ihr den Typen ausgespannt oder was?“ fragte Seiya denn auch prompt. „Ja, dann wird mir einiges klar...“

Haruka ließ Seiya und Yaten diskutierend auf dem Flur zurück und ging zu Taiki, Setsuna und Michiru hinüber. Sie erzählte Setsuna flüsternd, was sie Seiya gesagt hatte.

„Schon mal daran gedacht, ihm schlicht und einfach die Wahrheit zu sagen?“ fragte diese sarkastisch.

„Nein!“ rief Michiru, die offenbar doch einiges mitgehört hatte. „Bitte nicht! Ich will nicht, daß das jeder erfährt! Soll Seiya ruhig denken, Nerissa hat mir meinen Freund ausgespannt. Das ist okay so.“

„Hast du dich schon einmal gefragt, was ein reines Herz ist, Michie?“ fragte Setsuna plötzlich.

Michiru hob erstaunt den Kopf. „Was hat das mit Nerissa und mir zu tun, Setsuna?“ wollte sie wissen.

„Du hast dich also noch nicht gefragt? Und du hast auch keine Ahnung, worauf ich hinaus will?“ Setsuna legte der Freundin den Arm um die Schultern. „Gut, dann werde ich es dir sagen: Ein reines Herz ist ein Herz, das voll Liebe und Freundschaft für andere ist. Ich möchte mein ganzes Leben lang so ein Herz haben. Du nicht? Michiru, auch wenn es dir jetzt schlecht geht, denk immer daran, daß deine Eltern, dein Bruder, Ruka, Seiya, Yaten und ich, daß wir alle immer für dich da sind! Bewahre dir dein reines Herz. Denn Liebe und Freundschaft werden immer siegen!“

Michiru lächelte tapfer. „Ach Setsuna, ich weiß ja, was du meinst, aber es ist noch zu früh, um so zu tun, als sei nichts gewesen. Ich werde irgendwann wieder von vorn anfangen müssen, ich weiß, und ich verspreche dir, ich werde die Bedeutung von Liebe und Freundschaft niemals vergessen! Ich bin dir ja dankbar, daß du für mich da bist, und Ruka und Taiki auch, aber im Moment kann ich einfach noch nicht wieder zu mir selbst finden. Tut mir leid.“

„Das muß es nicht, ich verstehe dich, Michiru“, lächelte Setsuna mitleidig. „Aber denk immer daran: Auch wenn wir im Leben oft schwere Schicksalsschläge hinnehmen müssen: Mit etwas Liebe und Verständnis wird alles wieder gut! Wir haben immer die Wahl, welchen Weg wir gehen! Du darfst dich nicht selbst aufgeben! Michiru, es gibt Menschen, die dich lieben und dich brauchen! Gib nicht auf!“

Michiru seufzte. „Oh Setsuna, das hast du schön gesagt, aber... aber... die Wunden sind noch so frisch... versteh doch bitte... ich kann einfach noch nicht...“

„Ich weiß, Michie“, bemerkte Setsuna traurig. „Ich weiß.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Emma_Frost
2006-09-17T16:33:13+00:00 17.09.2006 18:33
danke! :)
also kapitel 21 ist da, nur noch nicht freigeschaltet. ich hoffe, dass die das bald freischalten!
Von: abgemeldet
2006-09-17T14:37:31+00:00 17.09.2006 16:37
so ich habe die ff jetzt in einem zug durchgelesen und muss schon sagen das das eine der besten ist die ich hier jemals gelesen habe
toller stil, gute story, gut umgesetzt
ich kann kaum glauben das du erst 15 warst als du die geschrieben hast, respekt!!!
hoffentlich taucht kap 21 bald auf, ich würde gern wissen warum narissa wirklich schluss gemacht hat
auf jeden fall bin ich schwer beeindruckt und kann es kaum erwarten weiterzulesen
glg m
ps: falls kap 21 verschollen bleibt, könntest du es mir per mail oder ens zukommen lassen????? das wäre toll, ich brenne darauf zu erfahren was da war
Von:  Emma_Frost
2006-09-15T22:03:04+00:00 16.09.2006 00:03
also ich hab alles der reihe nach hochgeladen, aber das hatte animexx schon mal, dass die einfach ein späteres kapitel zuerst veröffentlicht haben... sollte kapitel 21 verschollen bleiben, werde ich reklamieren!
Von:  das-schrecken
2006-09-15T21:39:01+00:00 15.09.2006 23:39
Hmm... Kapitel 20.. Kapitel 22... also nach meinen mathematischen Kenntnissen fehlt hier was. Hoffe Mal das kommt schnell nach ^__^


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