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Kannst du es fühlen?

Atemu x Yugi
von

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Theater, Theater

So, da der Schrei danach so groß war, nun mit Trennungssternchen^^
 

8. Theater, Theater
 

Yugi lag nun schon seit Tagen mit einer dicken Erkältung im Bett.

Was hatte er sich auch nur dabei gedacht, seine Jacke in der Schule zu lassen?

Er wusste auch nicht genau, wie lange er wirklich auf der Bank gesessen hatte.

Vermutlich Stunden.

Der Junge wusste bis heute nicht, ob ihn an dem Abend überhaupt noch jemand vermisst hatte.

Als Téa gekommen war, um zu wissen, wie es ihm geht und warum er so plötzlich verschwunden war und um ihm seine schwarze Jacke zu bringen, die sie beim Rockkonzert entdeckt hatte, als alle schon gedacht hatten, er sei nach Hause gegangen, hatte er so getan, als würde er schlafen.

Welchen Sinn hatte es denn auch, mit jemandem darüber zu reden?

Mit seiner Mutter oder seinem Großvater hatte er seit dem Tag auch kaum etwas gesprochen und zum Essen mussten sie ihn ebenfalls zwingen, was ihnen manchmal gut, anderes Mal eher schlecht gelang.

Und alle machten sich Sorgen um ihn.

So schien es zumindest.

Aber Yugi glaubte nicht mehr daran.

Sie machten ihm doch alle nur etwas vor.

Wenn er nicht mehr wäre, würden sie doch nicht lange um ihn trauern und keiner würde ihn vermissen.

Als er ein paar Tage zuvor die ersten Gedanken, die in diese Richtung gingen, gehabt hatte, war er zunächst über sich selbst erschrocken gewesen.

Doch wieso sollte er nicht über einen baldigen Tod und das Danach nachdenken?

Ihn hielt doch sowieso nichts mehr in dieser Welt.

Wenn er vor einem Jahr an Selbstmord gedacht hatte, dann immer mit dem Gedanken, Atemu wieder zu sehen, doch nun war es eher so, dass er genau vor ihm davonlaufen wollte.

Dennoch konnte er keinen Selbstmord begehen.

Dann wäre seine Mutter ja ganz allein, wo sein Vater doch im Ausland arbeitete und sich so gut wie nie meldete.

Das konnte er ihr nicht antun.

Der einzige Grund, weshalb er es immer verschoben hatte.

Würde er es diesmal auch so tun können?

Immerhin würde er Atemu fast jeden Tag in der Schule sehen!

Aber hieß es nicht, Liebeskummer würde irgendwann vergehen?

Yugi lockerte den Schal um seinen Hals, woraufhin er kräftig Husten musste.

Danach putzte er die Nase, die schon die ganze Zeit wie ein offener Wasserhahn lief und er musste niesen.

Als er das alles beendet hatte, wälzte er sich in seinem Bett herum.

Heute war Joeys Halloween-Fete.

Natürlich machte es ihm nichts aus, diese zu verpassen.

Er würde sowieso noch die ganze Woche im Bett verbringen müssen.

Genug Zeit, die Gedanken wandern zu lassen.

Was meistens eher nicht so gut war, denn oft blieben seine Gedanken an der Person kleben, an die er am wenigsten denken wollte: Atemu.

Erstmal natürlich die Szene in der Schule.

Und leider war seine Phantasie dazu übergegangen, auch weiterzudenken.

Er sah die beiden schon küssend, sich streichelnd, sogar beim Liebesspiel war er ‚anwesend’.

Abermals schüttelte er den Kopf.

An so was sollte er wirklich nicht denken.

Doch woran sonst?

Ihm blieb nichts.

Alle Erinnerungen hatten in gewisser Weise mit Atemu zu tun.

Konnte er sich überhaupt noch daran erinnern, wie es war, bevor sie sich kennen gelernt hatten?

Nein.

Und wenn er an die Zukunft dachte, sah er schon wieder Atemu vor sich.

Fünf Wochenstunden Geschichte, drei Ägyptisch.

Noch bis zum Abitur.

Ein halbes Jahr.

Danach würde er ihn vielleicht noch sporadisch bis zum Schuljahresende sehen.

Und dann nie wieder.

Ob er darüber glücklich sein würde?

Wohl eher nicht, selbst wenn Atemu einen festen Freund hatte.

Yugi würde nie in seinem Leben glücklich sein können.

Sich noch einmal zu verlieben – allein die Vorstellung unmöglich.

Sein Herz zog sich schmerzlich zusammen.
 

**
 

Der erste Schultag nach dem Rockkonzert.

Und gleich würde er Geschichte haben.

Yugi seufzte.

Wieso konnte er seine Gefühle nicht in seinem Herzen einschließen und davor Ruhe haben?

Er hatte es versucht, wirklich, aber es hatte nicht funktioniert.

Seine Gedanken wanderten automatisch zu Atemu und rissen jedes Mal aufs Neue seine Wunden auf.

Egal wie sehr er sich bemühte, sie heilen zu lassen.

Aber schon ein Gedanke genügte.

Mit hängendem Kopf betrat er den Klassenraum, in dem sie Geschichte hatten.

Er wollte Atemu nicht ansehen.

Doch dieser kam gleich auf ihn zu und legte ihm einen kleinen Stapel Blätter auf den Tisch, den Yugi nur zur Kenntnis nahm, aber nicht anrührte.

Das erste Blatt obenauf war Geschichte und Herr Yamito hatte in seiner geschwungenen Schrift seinen Namen darauf geschrieben. Mit Bleistift.

Als es schellte, packte Yugi so schnell wie möglich zusammen und verließ hastig den Unterrichtsraum, um Herrn Yamito, den er auch während der Doppelstunde nicht angesehen hatte, nicht doch noch ansehen zu müssen.
 


 

Am nächsten Tag vor Ägyptisch, Atemu saß schon an seinem Platz, ging Yugi einfach an ihm vorbei.

Er hatte Naoko, von der er wusste, dass sie eine der wenigen war, die noch immer für den Referendar schwärmte, überredet, dass sie die Plätze tauschten.

Somit hatte er nun den Platz inne, der am weitesten von Atemu entfernt war.

Seine Konzentration war auch nicht mehr die Beste und so kam es, dass er seinen Block fallen ließ, in den er am Vortag unachtsam die Blätter von Herrn Yamito gesteckt hatte.

Als er sie zusammenklaubte, fiel ihm auf, dass neben einigen Geschichtsblättern und seinem letzten Essay auch die Übungsblätter Ägyptisch, die der Lehrer an dem Dienstag, an dem er krankheitsbedingt gefehlt hatte, ausgeteilt hatte, darunter waren.

Erstaunt sah er auf und als sein Blick sich dabei mit dem von Atemu traf, wurde ihm unbehaglich und er wandte sich schnell wieder ab, leicht rot im Gesicht.

Was war das gewesen?

Hatte er sich geirrt oder war Atemus Blick besorgt gewesen?

Was sollte er denn auch denken, wenn Yugi sich plötzlich von ihm wegsetzte und ihm stattdessen diese Quasselstrippe Naoko an den Hals hetzte?

Dass Naoko Yugi gebeten hatte, mit ihm den Platz zu tauschen.

Das hoffte er jedenfalls inständig.
 


 

Natürlich hatten auch seine Freunde bemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmte.

Selbst ohne ihn direkt zu fragen, hatten sie gewusst, was los war.

Hatten sie also den gleichen Schluss wie er gezogen.

Oder nur sein Verhalten gegenüber Herrn Yamito bemerkt.

Bakura hatte nur einen der üblichen abgedroschenen Sprüche für ihn übrig gehabt. „Andere Mütter haben auch schöne Söhne!“

Dabei hatte er den Arm um seine Schultern gelegt und ihn angelächelt, als würde er sich selbst meinen.

Aber davon wollte Yugi nichts wissen.

Er konnte sich nicht vorstellen, Bakura zum festen Partner zu haben, genauso wenig, wie er sich überhaupt vorstellen konnte, jemand anderen als Atemu zum Freund zu haben.

Yugi wollte es sich noch nicht einmal vorstellen.

Früher hatte er sich gut vorstellen können, in Atemus Armen zu liegen, hatte seine Hände überall an seinem Körper gespürt, genauso wie seine Lippen.

Doch wenn er jetzt daran dachte, dann kam immer Atemus Freund noch hinzu.

Zu dritt?

Jedes Mal spürte er grenzenlose Verzweiflung in sich aufsteigen.

Könnte er einfach nur Atemus Geliebter sein?

Wenn er eines in den letzten Tagen bemerkt hatte, dann dass er ohne Atemu, sein Nähe, seine Gedanken, die ständig um ihn kreisten, nicht leben konnte.

Er brauchte Atemu, wie die Luft zum atmen.

Aber das wäre unmöglich.

Atemu würde seinen Freund nicht betrügen.

Er war auf jeden Fall treu.

Yugi stiegen immer Tränen in die Augen, wenn er Atemu sah, wenn dieser ihm im Geschichtsunterricht unbemerkt näher kam.

Jedes Mal musste er sie wegblinzeln.

Er konnte doch nicht vor der ganzen Klasse wegen seiner unerfüllten Liebe heulen.

Und schon gar nicht vor Atemu.
 


 

Auch den Rest der Woche und die Woche danach ging er Atemu so gut wie möglich aus dem Weg, sah ihn kaum an und verfolgte seinen Unterricht nur halbherzig.

Donnerstag startete Herr Yamito den ersten Versuch, Yugi anzusprechen, doch zum Glück wurde er von einer Mitschülerin aufgehalten und Yugi machte, dass er so schnell wie möglich weg kam, nicht ohne die bohrenden Blicke in seinem Rücken zu spüren.

Nach der Freitagsstunde rief er ihm sogar nach. „Yugi? Hey, Yugi, warte mal!“

Doch der Junge tat so, als hätte er ihn nicht gehört, obwohl es offensichtlich war, dass dies nicht der Fall war.

Er nahm seine Beine in die Hand und rannte weg, Eile vortäuschend, indem er immer wieder auf die Uhr sah.

Was wollte Atemu denn von ihm?

Sollte er doch mit seinem Freund glücklich werden!

Ihm selbst war nie Glück vergönnt.

Nachdem er das Gebäude verlassen hatte, ließ er aufseufzend den Kopf hängen.

Jetzt noch zwei Stunden Sport und dann hatte er dank des Wochenendes erst einmal Ruhe vor Atemu.

Jedenfalls, was den realen Atemu anging.

In seinen Gedanken, Träumen oder Erinnerungen verfolgte er ihn ständig.
 

**
 

Erst als er kurz nach Ikumi sein Klausurenheft ablieferte, bemerkte er, dass er der Letzte war, der abgab.

Yugi legte das Heft einfach auf das Pult, ohne Herrn Yamito dabei anzusehen.

Er verließ wieder eilig den Klassensaal, doch Herr Yamito hatte schon alle Hefte weggepackt, nur noch seines in die beige Stofftasche dazu geschoben und rannte Yugi nun nach.

Der Junge konnte fühlen, wie sich Atemus Hand um seinen Oberarm schloss und keine zwei Sekunden später spürte er die kalte Gangwand in seinem Rücken.

„Was ist los, Yugi? Du gehst mir jetzt schon seit zwei Wochen aus dem Weg.“ Er sah auf Yugi hinab, der den Kopf abgewandt und die Augen geschlossen hatte. „Seit dem Rockkonzert benimmst du dich komisch. Hast du etwa begonnen, Drogen zu nehmen?“

„Was?“ Yugis Kopf flog hoch und er sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Selbst in seinen Ohren hatte dieser Ausruf entsetzt geklungen.

Atemus Gesicht war dem seinigen ganz nah.

Doch er blickte ihn nur mit ernster Miene an und Yugi konnte ein leises sorgenvolles Glänzen in seinen Augen erkennen.

„Nein!“ wehrte er ab, sagte aber nichts zu dem eigentlichen Grund.

Atemu fixierte ihn noch eine Weile stumm, bevor er ihn schließlich losließ und nach den Taschen griff, die er zuvor auf den Boden fallen gelassen hatte.

Als er sich wieder aufrichtete, waren seine Gesichtszüge wesentlich weicher.

Yugi hatte sich keinen Millimeter von der Stelle gerührt.

„Übrigens, meinem Bruder hat das Rockkonzert auch gut gefallen.“ Er drehte den Kopf zu Yugi und lächelte ihn an.

„Bruder?“ rutschte es Yugi ungläubig von den Lippen.

Er hatte seinen Bruder an dem Abend nicht gesehen.

Nur seinen Freund.

„Ja“, bestätigte Atemu. „Du warst doch auch da. Er war der große Blonde mit den langen Haaren, der bei mir gestanden hat.“

Yugis Herz fühlte sich plötzlich an, als wäre es von dicken Eisenketten befreit worden und war nun so leicht, als hätte es Flügel.

Am liebsten wäre er vor Freude jubelnd durch die Gegend gehüpft und Atemu um den Hals gefallen.

„Sie gleichen sich aber gar nicht!“ Es war noch immer eine leise Skepsis, ein leichter Zweifel vorhanden.

Atemu lachte. „Das sagen alle. Er ist mein Halbbruder. Er hat optisch mehr von seinem Vater geerbt, mein Aussehen ist eher eine Mischung aus dem meiner Eltern.“

Sie setzten sich in Bewegung und schlenderten den Gang entlang, so wie früher.

Yugi waren viele Fragen durch den Kopf geschossen, nachdem er die beiden zusammen gesehen hatte, aber die meisten waren nun unwichtig geworden.

„Wie alt ist Ihr Bruder denn?“ Jetzt, nachdem Atemu ihn so erleichtert hatte, musste er einfach wieder mit ihm reden.

„22. Er steckt jetzt mitten im Studium, will die Firma von meinem Vater übernehmen“, erklärte Atemu.

Yugi hörte ihm zwar zu, aber die Zusammenhänge erschlossen sich ihm nicht auf Anhieb.

Viel zu schnell waren sie am Lehrerzimmer, wo Atemu sich von Yugi verabschiedete.
 


 

Nach der letzten Stunde traf er wieder auf seine Freunde.

„Ich habe eine gute Nachricht für dich!“ rief Joey begeistert und begann gleich mit seiner Erzählung, während sie sich auf den Weg zur Haltestelle machten.

„Sanae hat heute in der Pause zwischen den beiden Politikstunden mit Herrn Yamito geredet. Ich kam leider nicht umhin, mitzuhören, da ich direkt daneben gesessen habe.“ Er grinste bedeutungsvoll.

„Sie hat ihn geradeheraus gefragt, ob er eine Freundin hätte, was er natürlich verneinte. Also hab ich ihn ganz frech gefragt, ob er denn einen Freund hätte?“ Der blonde machte eine Kunstpause.

„Die Mädels um uns herum haben natürlich gelacht, meinten wohl, das sei einer meiner Witze. Atemu hat mich eine Weile stumm angesehen, bevor er den Kopf schüttelte“, meinte er triumphierend. „Na, was sagst du? Du hast dir vollkommen unnötig Sorgen gemacht!“

Während Joeys Erzählung waren Yugis Augen immer größer geworden.

„Oh nein!“ rief er entsetzt aus.

„Was?“ fragte Joey irritiert nach und sein Lächeln verschwand.

Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass sein bester Freund ihm freudetrunken um den Hals fallen würde.

Yugi seufzte. Er hatte Joey keineswegs vor den Kopf stoßen wollen.

„Das weiß ich, er hat es mir vorhin gesagt. Der Typ bei ihm war sein Halbbruder gewesen“, begann er mit seiner Erklärung.

„Ich konnte natürlich nicht anders und habe wieder die ganze Pause mit ihm geredet. Wenn er jetzt eins und eins zusammenzählt …!“ Yugi ließ betrübt den Kopf hängen.

Joeys Lächeln war so schnell wieder aufgetaucht, wie es zuvor verschwunden war und er legte Yugi einen Arm um die Schultern. „Und wenn schon! Dann weiß er es eben! Du bist ja jetzt lange genug heimlich in ihn verknallt! Ein halbes Jahr!“

Er mustert ihn skeptisch. „Oder hast du ihn schon geliebt, als ihr euch noch einen Körper geteilt habt?“

Yugi sah seinen Freund kurz an, wandte dann aber den Blick ab. „Ich … weiß es nicht. Ich glaube aber nicht.“

Das war die Wahrheit.

Im Rückblick konnte er nicht mehr genau sagen, wann diese Gefühle angefangen hatten.

Eingestanden hatte er sie sich erst spät.

„Er hat mich sogar gefragt, ob ich Drogen nehmen würde, weil mein Verhalten so seltsam wäre!“ erzählte Yugi weiter und war ehrlich empört.

Er wusste gar nicht, wie Atemu überhaupt darauf gekommen war.

„Kein Wunder“, meinte Téa ruhig.

Yugi warf ihr einen aufgebrachten Blick zu.

Was sollte denn das jetzt heißen?

„Herr Yamito hat bei dem Rockkonzert einen Schüler einer anderen Schule beim Verkauf von Drogen erwischt. Und zwar nicht nur Ecstasy-Pillen.“ Natürlich hatte Téa ihm das schon erzählt, aber ihr war schon damals klar gewesen, dass er ihr absolut nicht zuhörte. „Und dann bist du einfach verschwunden.“

Tristan nickte. „Das hätte schon miteinander zusammenhängen können. Wann genau bist du eigentlich verschwunden? Sicherlich gleich, nachdem du zur Toilette warst, oder?“

Yugi nickte.

„Wir haben erst gedacht, du würdest draußen in der Vorhalle stehen. Dann dachten wir, du wärst nach Hause gegangen“, fuhr Téa fort. „Doch als ich deine Jacke in der Garderobe gesehen habe, hab ich mir Sorgen gemacht. Und dann hab ich sogar deine Mutter aus dem Bett geklingelt, doch zu Hause warst du ja auch nicht. Natürlich haben wir uns sofort auf die Suche gemacht.“

„Wir vier haben zu Fuß die nähere Umgebung abgesucht, während Herr Yamito dich mit dem Motorrad gesucht hat“, nahm Joey den Faden auf. „Wir haben echt gedacht, du würdest irgendwo mit einer Überdosis im Straßengraben liegen. Kurz zuvor hatte Atemu nämlich den Dealer gestellt.“

„Da es gar nicht deine Art ist, einfach davon zu rennen und du nirgendwo zu finden warst, haben wir das Schlimmstmögliche angenommen“, erläuterte Tristan.

Yugi hörte nur zu.

Alle hatten sich Sorgen um ihn gemacht?

Sogar Atemu hatte nach ihm gesucht?

Seinen Bruder einfach in der Schule stehen lassen?

Wegen ihm?

Und er war nur in seiner kindischen und, wie er nun wusste, unbegründeten Eifersucht davongerannt.

„Es tut mir leid.“ Yugi seufzte verzweifelt.

Dann sah er Téa an, die ihm kurz zuvor sein Handy aus der Tasche geklaubt hatte.

Sie hatte auch ihr Handy in der Hand und hantierte damit herum.

„Was machst du da eigentlich?“ wollte er nun endlich wissen.

„Ich speichere dir Atemus Handynummer ein.“ Sie sah kurz auf, richtete ihre Aufmerksamkeit dann aber wieder auf sein Handy.

„Wieso hast du seine Nummer?“ fragte er irritiert.

„Ich sollte ihn informieren, wenn einer von uns dich gefunden hätte. Immerhin hatte er dank des Motorrads einen größeren Suchradius“, klärte ihn die Braunhaarige auf.

„Nachdem deine Mutter mich angerufen hat, dass du wieder zu Hause und nur wortlos auf dein Zimmer gegangen bist, hab ich ihn angerufen.“ Téa reichte ihm sein Mobiltelefon und Yugi steckte es verdutzt weg.

„Es tut mir wirklich leid, dass ihr euch solche Sorgen gemacht habt.“ Yugi ließ den Kopf hängen.

Joey legte seinen Arm um die Schultern des Kleineren. „Halb so schlimm. Wenn man Liebeskummer hat, dann sitzt einem der Kopf meistens nicht gerade!“ versuchte er ihn zu trösten, während sie in den Bus einstiegen.
 

**
 

Yugi saß mit angewinkelten Beinen auf dem braunen Tisch, der auf der Bühne der Aula stand.

Er langweilte sich etwas.

Wieso hatte er sich auch von Téa dazu überreden lassen, in der Theater- AG für die heutigen Proben für sie einzuspringen?

Die Lehrerin, die die Gruppe sonst betreute, war verhindert und hatte Téa somit die Verantwortung übertragen.

Er musste zwar nur den Text von einem Blatt vorlesen und die Bewegungen ausführen, doch er spielte Téas Rolle, also eine Frauenrolle!

Aber wen hätte sie denn sonst fragen sollen?

Joey etwa?

Der hätte die Proben mit seinen Sprüchen und Witzen nur durcheinander gebracht.

Tristan hatte sie ebenfalls nicht in Erwägung gezogen, genauso wenig, wie Bakura.

Naja, wenigstens musste er kein Kostüm tragen.

Die anderen hingegen hatten zumindest einige Kostümteile an, um sich besser in das Stück hineinversetzen zu können und auch, damit er ungefähr wusste, mit welcher Figur er es zu tun hatte.

Er seufzte.

Téa ließ diese Szene schon zum hundertsten Mal wiederholen, so langsam wurde seine Position auf dem harten Tisch unbequem.

Der Junge hob die weißen Textblätter wieder hoch und las seinen Text abermals durch.

Bald konnte er es auswendig.

Als nächstes kam die Kussszene.

Wen Téa wohl küssen musste?

Und wie reagierte Tristan eigentlich darauf?

Dieser saß zwar die ganze Zeit auf einem Stuhl neben Téa im Zuschauerraum, aber er hatte ihn noch nicht darauf ansprechen können.

Sein Szenenpartner hatte jedenfalls einen lächerlich wirkenden Plastikritterhelm auf, dessen Visier hinuntergelassen war und ein knöchellanger blauer Umhang umhüllte die Statur, so dass Yugi noch nicht einmal erraten könnte, wer in dem Kostüm steckte, wenn er alle Schüler der Theater- AG kennen würde.

Noch stand der Ritter unbeweglich am gegenüberliegenden Bühnenrand und betrachtete das Geschehen.

Zunächst würde er mit einem Papppferd quer über die Bühne reiten, bevor er die Prinzessin vor dem Drachen retten würde.

Yugi schüttelte den Kopf.

Das Stück war von den Schülern selbst erarbeitet worden, bediente aber alle vorhandenen Klischees.

Endlich kam sein Ritter auf ihn zugeritten.

Er sollte ihm in freudiger Erwartung entgegensehen, was Yugi nach dieser langen Warterei eindeutig nicht schwer fiel.

Der Junge sah desinteressiert zu, wie der Ritter sich knapp vor ihn stellte.

Selbst wenn er auf dem Tisch saß, musste er an ihm emporblicken.

Jetzt kam die Kussszene und er würde endlich sehen, wer unter der Maske steckte und wem er einen gespielten Kuss aufhauchen durfte.

Das Visier wurde hochgeschoben und ihm blickten zwei lachende violette Augen entgegen.

Atemu!

Dieser beugte sich zu Yugi hinab und noch ehe er hätte zweimal blinzeln können, spürte er auch schon die weichen Lippen des anderen auf den seinen.

Doch Yugi hatte seine Lippen nur zu einem dünnen Strich zusammengepresst und konnte das Kichern der jüngeren Schüler hören.

Für diese war eine echte Kussszene schon etwas besonderes, aber wenn sich jetzt auch noch zwei Männer küssten und dann auch noch Referendar und Schüler … aber es war ja alles nur gespielt.

„Noch mal, bitte! Reiß dich zusammen, Yugi! Etwas echter sollte es schon aussehen!“ rief Téa zu ihnen hoch.

Wiederholung?

Wenn er das hier überlebte, würde er Téa eigenhändig umbringen!

Das hatte sie doch eingefädelt?!

Atemu schloss das Visier wieder und packte sein Papppferd an der Wollmähne.

Er ritt Yugi wieder entgegen und diesem schlug das Herz bis zum Hals.

Wieso hatte Atemu ihn eigentlich richtig geküsst?

Téa hatte ihm versprochen, dass er den Kuss nur andeuten musste.

Aber das wollte er gar nicht mehr, es war doch so angenehm gewesen.

Lächelnd sah er dem Ritter entgegen, keinesfalls mehr desinteressiert.

Wieder kam er vor Yugi zum Stehen, wieder wurde das Visier hochgeschoben, wieder sahen ihn zwei strahlend violette Augen an und Yugi spürte, wie er sich Atemus Lippen erwartungsvoll entgegenreckte.

Atemu neigte etwas den Kopf und legte wieder seine Lippen auf die von Yugi, der die seinigen diesmal locker und unverkrampft ließ.

Automatisch legte er beide Hände auf Atemus Brust, da er nicht genau wusste, was seine Figur überhaupt in der Szene tat, war das sowieso egal.

Er lehnte sich in den Kuss, die Augen genießerisch geschlossen.

Als er unerwartet Atemus Hand über seine Wange streichen spürte, öffnete er diese wieder etwas erstaunt, doch Atemu lächelte ihn nur an.

Plötzlich hörten sie Téa erschrocken aufquieken.

Etwas widerwillig löste Yugi den Kuss, um seiner Freundin einen fragenden Blick zuzuwerfen.

Hatte dieses Geräusch etwa ihrer ‚Darbietung’ gegolten?

Doch Téa saß nun knallrot und lachend auf Tristans Schoß.

Verlegen bemerkte sie, dass sie nun von allen Anwesenden angestarrt wurden.

„Tut mir Leid! Ich hab grade nicht aufgepasst, können wir das noch mal wiederholen?“ bat sie dann.

Wieso hatte Yugi nur dieses stechende Gefühl, dass Tristans ‚Ablenkung’ Absicht gewesen war?

Naja, was kümmerte ihn das, so hatte er wenigstens die Gelegenheit zu einem weiteren Kuss mit Atemu.

Schüchtern sah er zu Atemu auf, doch dieser hatte sich schon pflichtbewusst sein Pferd geschnappt und war gerade dabei, sein Visier wieder herunter zu klappen.

Der nächste Kuss war genauso bezaubernd.

Ein richtiger Schmetterlingskuss, denn Atemus Lippen setzten sich auf Yugis leicht wie ein Schmetterling und flogen bereits nach einigen wundervollen Sekunden genauso behände wieder davon.

Danach fand er sich in Atemus Armen wieder.

Er wusste nicht, inwiefern das zu dem Stück gehörte und er lehnte sich einfach nur an seine Brust.

Yugi spürte die starken Arme des Älteren um sich und wie dessen Hände auf seinem Rücken lagen.

„Yugi?“ fragte Téa nach einer scheinbaren Ewigkeit des Schweigens.

Der Angesprochene wurde leicht rot im Gesicht.

„Ich hab den Text vergessen“, murmelte er verlegen in Atemus Hemd.

Als dieser nun lachte, fühlte Yugi dessen Brustkorb, an den er noch immer, ohne sein eigenes Zutun, gepresst war, erbeben.

Aber er fühlte sich keineswegs ausgelacht.

Schließlich gab ihn der Ältere frei und Yugi griff hochrot nach seinem Textblatt.

Zuvor hatte er geglaubt, den Text dank Téas ständiger Wiederholung der vorherigen Szene schon auswendig zu können, doch jetzt, als es darauf ankam, hatte er ihn natürlich vergessen.

Aber er hätte ja auch unmöglich noch in Atemus Umarmung nach dem Textblatt greifen können, als er bemerkt hatte, dass er die Worte nicht mehr wusste, und die ganze Atmosphäre damit zerstören können.

Am Anfang des Abschnittes stand tatsächlich, dass der Ritter die Prinzessin umarmen sollte.

Was hatte Yugi sich denn auch eingebildet, der Referendar würde ihn einfach so umarmen?

Hastig las er den Text und versuchte, sich die Sätze einzuprägen.

Wegen ihm musste die Szene noch mal wiederholt werden.

Eilig legte er die Blätter wieder zur Seite und schon stand sein Ritter wieder vor ihm.

Doch dieser Kuss von Atemu war anders, als die vorherigen.

Er war irgendwie – fordernder.

Yugi konnte Atemus Hand in seinem Nacken, an seinem Haaransatz spüren und der Ältere zog ihn etwas zu sich heran.

Da der Jüngere dadurch von seinen Gefühlen überrannt wurde, irritierte ihn das noch nicht einmal.

Von seiner Seite her war diese Szene nicht mehr gespielt, sondern er lebte seine Gefühle aus.

Dennoch waren es nur ihre Lippen, die sich voller Hingabe ineinander verschränkten.

Als Atemu ihn schließlich in seine Arme zog, musste Yugi ein wohliges Aufseufzen unterdrücken.

Nach einer kurzen Zeit sagte Yugi dann brav und deutlich für alle zu vernehmen seinen Text auf, den er fast wieder vergessen hätte, bei dem Gefühlssturm in ihm drin.

Der Ältere entließ ihn schließlich aus seiner Umarmung und Yugi schien es, als würde er einen verträumten Blick in seinen Augen erkennen, doch als Atemu nun seinerseits seinen Text aufsagte, war davon nichts mehr zu sehen und Yugi war sich sicher, sich geirrt zu haben.

Kurz danach fand Yugi sich auf Atemus Armen wieder, denn der Ritter musste seine Prinzessin ja vom Drachenfelsen entführen.

Diesmal ließ Téa die Szene weiterspielen, so dass sie vor Probenende noch ein paar weitere Szenen durchgespielt hatten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (13)
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Von:  Otoya-Ittoki
2007-04-23T21:34:39+00:00 23.04.2007 23:34
Ich find Tea echt klasse wie sie Yugi gefragt hat wegen den Theater. Die Kusszene war ein fach geil und klasse gemacht.
Von:  Leuchtender_Mond
2007-04-11T18:35:42+00:00 11.04.2007 20:35
Wow!!
Also, du hast ein Wunder vollbracht!!
Dank dieser Theater-Szene war mir Anzu zum ersten mal in meinem Leben sympathisch!! Respekt!!

Der Rest deiner FF is aba auch toll, supi!^^
Lg
Miss Hellfire
Von: abgemeldet
2007-01-29T14:40:42+00:00 29.01.2007 15:40
boah wie sweeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeet!!!!

Sry, ich musste jetzt einfach mal diesem klischeehaftem gequietsche nachgeben. es kam grade so über mich ^^°

aber jetzt mal ernsthaft.
ich finde deine idee mit dem theaterstück wirklich klasse, obwohl mir teas gründe doch eher durchsichtig erscheinen xD
ich fand es auch sehr autenthisch, dass die beiden diese szenen immer und immer weider wiederholen mussten.

ich bin wirklich unglaublich gespannt wie es weiter geht. wie werden die beiden wohl nun mit dieser situation umgehen? und vielleicht muss yugi ja am ende wirklich noch ernsthaft die prinzessin spielen? *auflacht*

also, lass dir mit dem neuen chapter nich allzu lange zeit!!!!
Ganz liebe Grüße
Kura
Von: abgemeldet
2007-01-28T20:59:55+00:00 28.01.2007 21:59
Hi,
ich habe diese FF erst vor einer Weile für mich wiederentdeckt und muss sagen sie gefällt mir gut. Ich mag deine Art so gefühlvoll zu schreiben. Auch an Spannung fehlt es nicht. Weiter so.
Taen^_________^
Von: abgemeldet
2007-01-27T11:41:37+00:00 27.01.2007 12:41
Waaah, das war wieder so ein schönes Pitel!
Die Kusszenen waren natürlich am besten, hrhr~ |D~
Hab ich mir schon gedacht, dass es sein Bruder ist *g*
Mach schnell weiter! ^o^ Sonst kratz ich ab! XDD
die story is so schön! **
Von: abgemeldet
2007-01-27T00:27:33+00:00 27.01.2007 01:27
das is supi cool das pitel du musst schnell weiter schreiben ^^

by ViMoPoOh
Von:  Grinsefisch
2007-01-26T16:01:25+00:00 26.01.2007 17:01
ich wusste es!
es war sein bruder
das chap war so coooooooooool!
*nich weiß was noch schreiben soll*
Weitermachen!!
Von:  Sensenweiblein
2007-01-25T17:32:08+00:00 25.01.2007 18:32
Ein hoch auf Atis Halbbruder °___°!!!
*tief ausatmet*
xDD

wie waii~ *___*
Die Kussszenen ^____________________________^
*freu*
*hopps*
Einfach herrlich :D~

Mach schnell weiter ^o^!
see ya da† yami~ x33~
Von:  angelwater
2007-01-25T11:13:45+00:00 25.01.2007 12:13
endlich haben sich die beiden mal geküsst und das war nicht nur gespielt. hoffe die beiden kommen sich noch näher.

schreib schnell weiter!

*hdl*
angelwater
Von: abgemeldet
2007-01-25T04:46:55+00:00 25.01.2007 05:46
Is ja lolig
Wie Tea das wieder eingefädelt hat^^
"Und noch einmal bitte!" *sich wegrofl*
Super Kapi^^

Schreib schnell weiter


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