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Festhalten

if all wishes could come true
von

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Part 110 – pale white

110 – pale white
 

Her face's so delicate and bright

In alabaster
 

And his chest beat like a wolf

To bring her home

And his chest beat like a wolf

To bring her home
 

And if ever you try to sever

All the things we've come to know

And if you ever try to sever

All the things we know
 

Nobody will come dance

Will come dance upon our grave

Nobody will come dance

Will come dance with us
 

------ Lyrics „Pale white“ by Yann Thiersen and Shannon Wright----
 

Warnungen: Ashura und Fye, dubioser Inhalt, Kriegs - und Gewaltdarstellung, weiterer Backslash, immer noch kein Beta.
 


 

Die weißen Gänge des Schlosses waren noch vertraut aus Kindertagen, doch es schien es als wäre er ewig nicht mehr hier gewesen. Doch das stimmte nicht, sein letzter Besuch war kaum acht Monate her... der junge Magier war so in Gedanken versunken, dass er kaum die Rufe der Wachen hörte, während er marschierte. „Ashura?“, rief er in den leeren Flur des Flügels, in dem der König von Ceres seine privaten Gemächer hatte. Die Krönungszeremonie war noch kein Jahr her und auf der Akademie gab es immer noch kein anderes Thema als den plötzlichen Tod des alten Königs und die Thronbesteigung des Prinzen. Vieles hatte sich für Fye nicht geändert, die Wachen waren nur noch paranoider und Ashura hatte noch mehr zu tun. Die Welt jedoch, in der Fye lebte und in der es Ashura gab, war die selbe geblieben. Krönungszeremonie hin oder her – vor seinen Ministern und wichtigen Beamten sprach der Junge den König immer noch mit Ehrentitel an und das ganze blah blah, doch sobald sie allein waren, war es entspannend, so... so wie es immer schon war. Nichts hatte sich geändert, auch wenn er selbst älter wurde und auf der Akademie bei weitem nicht nur Zauberkünste erlernte, schien im Schloss die Zeit nie weiter zu gehen und das war ein wirklich gutes Gefühl, auch wenn ihm einiges einfiel, was geändert werden könnte. Nervige neue Wachen z.B. - er ignorierte den jungen Mann immer noch, der nun sogar Magie gegen ihn anwendete – oder.. na ja... andere Sachen.
 

Endlich kam er in der Bibliothek an und spürte auch schon die Aura des Königs, kurz klopfte er noch an, dann trat er einfach ein und grinste den Mann breit an, der über irgendwelchen alten Karten gebeugt in der Mitte des gewaltigen Raumes stand.
 

„Mein König! Es tut mir Leid, ich konnte ihn einfach nicht aufhalten!“ Ashuras Wachen waren die besten im Lande, doch es wäre doch viel weniger amüsant, einfach zu erklären, dass er JEDERZEIT zu Ashura konnte, wann immer ihm das passte. Der junge Mann grinste die verzweifelte Wache breit an und tätschelte ihm die verspannte Schulter. „Wollte ich unsre Majestät wirklich ermorden, dann hättest du jetzt ein Problem. Das das aber nicht so ist, kannst du ganz entspannt bleiben und zurück auf deinen Posten gehen und nach schwarzen Katzen Ausschau halten, denen du dann den Eintritt verweigern kannst.“ Schwarze Katzen brachten nämlich, so der Glaube unter den Bewohnern des kalten Eislandes, Unglück. Die Tiere konnten im Schnee nicht überleben, nur in den Städten und waren manchmal eine echte Plage.
 

Die Jahre waren ins Land gezogen, seitdem er die Kinder bei sich aufgenommen hatte und mittlerweile hatte Ashura sie auf externe Schulen gehen lassen. Es war ihm seltsamer Weise schwer gefallen, doch er wusste, dass es das Beste für diese Kinder war. Sie waren interessiert, neugierig und begabt, warum sollte er ihnen nicht die Möglichkeit geben, ihre Interessen in den besten Schulen des Landes auszuweiten? Obwohl es stiller war seitdem Fye und Keira nicht mehr im Schloss lebten, fast ein wenig einsam.. Es war schon immer still und einsam auf dem Schloss gewesen, aber die Beiden hatten dem mittlerweile gekrönten Prinzen viel Freude bereitet. Sein Vater, der König, war plötzlich verstorben und von dem einen auf den anderen Tag hatte der neuernannte König die ganze Verantwortung auf seinen Schultern lasten, obwohl er sein Leben lang darauf getrimmt wurde.

Kopfwehgeplagt hatte Ashura sich die Schläfen massiert und gerade eine kurze Denkpause eingelegt als es laut im Schloss wurde. Sein Herz schlug von ein auf die andere Sekunde vor Freude schneller als er feststellte, wer oder was der Grund für die Aufruhr war. „Fye“, bemerkte er mit einem glücklichen Lachen. Die Überraschung war dem Blonden gelungen und der König ließ von seinen Recherchen ab, um auf den Anderen zuzugehen. „Ich habe nicht mit einem Besuch von dir gerechnet..“ gab er zu, begrüßte den Anderen jedoch freundlich. „Willkommen zurück.“
 

Die Wache entfernte sich verlegen und der jugendliche Gast schloss so gleich die Tür hinter ihm, bevor er sich dem König wieder zuwandte. „Na ja, Eure Majestät..“, begann er mit einem theatralischen Seufzen. „Die Prüfungen sind vorbei und der Unterricht momentan eigentlich nur dazu da Schlaf nachzuholen. Ich dachte, ich könnte die Zeit sinnvoller nutzen und habe mich bei den werten Zauberermeistern entschuldigen lassen, um im Schloss... Karten und... ehm..“, sein Grinsen wurde breiter, „andere wichtige, lebensnotwendige und unterrichtsrelevante Dinge in der Bibliothek zu entfernen. Außerdem bist du ein viel besserer Trainingspartner als die anderen Schüler und wenn du auch nur einen Tag da gewesen wärst, kämst du sicher auch zu dem Schluss, dass mir dort momentan viel zu viele Flausen in den Kopf gesetzt werden.“
 

Ein weiteres Lachen entwich dem König, Fyes Anwesenheit erfreute ihn sehr und ließ ihn für einen Moment fast vergessen, wie groß der Berg an Arbeit war, der noch vor ihm lag und wie schwer die Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete. Doch er ließ es sich vor seinem gut gelaunten Gast nicht anmerken.. erst vor wenigen Wochen hatte Keira ihm auf dem Schloss einen Besuch abgestattet und er war froh, nun auch den Jungen bei sich zu haben. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, dass die beiden Kinder kamen, weil sie es wollten, weil sie sich wirklich interessierten und nicht deswegen, weil er ein König war. „Soso..“ bemerkte er. „Du kommst also einfach hier ins Schloss hineinspaziert und erhoffst dir wertvolles Staatseigentum zu eigen zu machen?“, fragte er Fye. „Und die Flausen hattest du schon immer im Kopf.. ich könnte mir eher vorstellen, dass du es bist, der die Flausen unter den anderen Schülern verbreitet.“ Mit einer Handbewegung wies er den den Platz vor dem Schreibtisch an. „Setz dich.“
 

Einen kurzen Moment stockte der Jugendliche. 'Staatseigentum zu eigen...', verdammt, hatte er echt 'entfernen' gesagt? Leicht errötend ging er auf den Brokat besetzten Stuhl zu und setzte sich. „Ehm... ich meinte recherchieren, nicht entfernen..“ Verdammt, wo war er in letzter Zeit nur mit seinen Gedanken? Wenn Ashura auch noch erfuhr, dass er die letzten Wochen keinen einzigen neuen Zauberspruch gelernt hatte... er lernte zwar schnell und wurde stets gelobt, hatte seit er sich erinnern konnte ab und an ein paar Aufträge von Ashura selbst übernommen, aber... es war alles grade sehr verwirrend. Mit einem Seufzen stütze er sich an den Tisch und starrte auf die Karte, ohne sie wirklich zu sehen. „Ich mag den Trubel, die vielen Menschen und Jungen in meinem Alter, aber irgendwie... vermisse ich was...“
 

Nun ergab Fyes Gerede natürlich eher einen Sinn und mit einem Lächeln beobachtete der den anderen dabei, wie ihm dieser Ausrutscher tatsächlich ein wenig peinlich zu sein schien und setzte sich danach dem Blonden gegenüber an den Tisch. Aufmerksam hörte Ashura zu und blickte sein Gegenüber danach skeptisch und fragend an. „Vermissen?“, fragte er, „aber was denn? War es nicht das, was du wolltest? All diese Dinge lernen, damit du später solche Katastrophen und Kriege verhindern kannst. Keira und das Volk von Ceres beschützen?“, meinte sich der König an Fyes Argumente zu erinnern. „Erfüllt dich das nicht mehr?“
 

Den Kopf mit einer Hand aufgestützt sah der Blonde zu Ashura rüber, sein Ausdruck eine seltsame Mischung von kindlicher Verlegenheit und ernster, zu erwachsen anmutender Nachdenklichkeit. „Es ist eigentlich nicht wichtig...“, murmelte er. Nicht so wichtig wie das Schicksal eines ganzen Landes.
 

Nun wirklich fragend zog Ashura die Augenbrauen zusammen und wieder einmal mehr fiel ihm auf, dass der Junge langsam immer mehr zu einem jungen Mann wurde. Die kindlichen Züge verließen das Gesicht von Besuch zu Besuch mehr. „Wenn du etwas auf dem Herzen hast, kannst du es mir ruhig sagen.. du kannst mir alles sagen, Fye, das weißt du doch.“
 

Fye hielt den Blick der goldenen Augen, auch wenn es ihm gerade schwer fiel. „Na ja, eigentlich kann ich es gar nicht vermissen, weil ich diesem 'etwas' noch gar nicht begegnet bin, aber ich denke es zu vermissen, denn ich kann mir nichts anderes vorstellen. Na ja, ich hab gehört, es wäre ganz normal so was zu vermissen, aber ich will nicht 'irgendein etwas', sondern das 'etwas', was ich auch wirklich vermisse. Doch wenn ich's dann habe, will ich's dann wirklich gewollt haben? Und dann sollte so was unsinniges auch gar nicht so wichtig sein... nicht so wichtig wie stark werden und Länder regieren und Zauberei üben und.... Recherche und so was und vor allem, wenn ich es dann habe, hätte ich Angst, dass ich mir im Nachhinein denke, ich habe es gar nicht haben wollen sollen, weil 'etwas' etwas ist, was man zwar allgemein ganz natürlich haben will und da sagt niemand auch was, aber im speziellen Fällen kann das 'etwas' etwas sein, was .. na ja, nicht so gut ist.“

Anhand Ashuras Gesichtsausdruck konnte er sehen, dass dieser seinem Redeschwall nicht mehr ganz folgen konnte und die Nervosität in dem jungen Magier wuchs ins Unerträgliche. Dabei war er doch nach Hause gekommen, weil hier alles einfach und vertraut und sicher war. Und nun war er zehn Minuten hier, verplemperte die Zeit des Königs mit seinem pubertärer Gelaber und drohte... was immer hier gerade tat.
 

Es fiel dem jungen König tatsächlich schwer dem Anderen zu folgen.. erst wusste er gar nicht, worauf der Blonde hinauswollte, doch langsam schien er es zu verstehen. Redete der Junge, der mittlerweile fast ein junger Mann war etwa von der Liebe? Und auch wenn es Ashura etwas verwirrte, blickte er nach Fyes Worten nachdenklich aus dem Fenster, während er sich etwas die Müdigkeit aus seinen vom vielen sitzen steifen Gelenken streckte. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst... ich habe auch manchmal das Gefühl, etwas zu vermissen von dem ich nicht genau weiß, was dieses 'etwas' ist“, gab er nach einer kurzen Weile des Nachdenkens und des Schweigens zu. „Aber manchmal, wenn ich darüber nachdenke, weiß ich, dass ich euch vermisse.. dich und Keira.. manchmal vermisse ich meine Mutter und in letzter Zeit oft meinen Vater.“ Ashura sprach einfach weiter ehrlich aus, was er dachte und blickte dabei die ganze Zeit aus dem Fenster in den weiten Himmel, den man von hier oben gut sehen konnte.

Plötzlich kam ihm jedoch ein Gedanke und ein breites Grinsen legte sich auf das Gesicht des Königs. „Ah.. ich weiß!“ bemerkte er und stütze seine Arme wieder auf dem Tisch ab und grinste den jungen Mann vor sich an. „Du bist verliebt.. gib es zu.. und nun weißt du nicht, wie du dich ihr oder ihm gegenüber verhalten sollst..“
 

Vor lauter Schreck fuhr Fye aus seiner gemütlichen Position auf und starrte den König baff an. „Nein!“, rief er aus, ohne darüber nachzudenken. Dann gab er ein Lachen von sich und grinste seinen Gegenüber an. „So naiv bin ich auch wieder nicht, Ashura-ou. Ich rede vom Küssen!“
 

Nun wirklich verblüfft blickte Ashura sein Gegenüber sehr lange schweigend an. „Das ist alles?“ fragte er nach einer erstaunlichen Ewigkeit noch einmal nach und konnte Fyes viele Gedanken, die er sich darüber machte nicht nachvollziehen. „Du bist naiver, als du denkst, wenn es das ist, was dich so beschäftigt“, fiel dem König auf und auch ihm entwich wieder ein Lachen.
 

Verlegen und irgendwie beleidigt über die Reaktion des Königs, stand der junge Magier auf und umrundete den Tisch, bis er vor dem Sessel stehen blieb und auf den dunkelhaarigen Mann hinunterblickte. „Es ist also keine große Sache?“, fragte er fast etwas angesäuert und sein Herz schien in seiner Brust zu zerplatzen als er sich runterbeugte und seine Lippen prompt auf Ashuras legte.
 

Das Lachen des Königs gefror auch recht schnell wieder als der angehende Magier aufstand und sich zu ihm rüber begab. Seine Verwirrung stand dem König ins Gesicht geschrieben und als Fye sich dann plötzlich runterbeugte und seine Lippen auf Ashuras legte, hielt dieser im ersten Moment erschrocken die Luft an und riss die Augen auf, war aber im ersten Moment zu versteinert, um sich dagegen zu wehren. Dass Fye ihn küssen würde, damit hatte er nicht gerechnet und ein klein wenig knickte sein Ego.. war er das Versuchskaninchen, war Fye deswegen hier gewesen? Sein Herz schlug dem jungen König fast bis zum Hals und erst, nachdem er sich aus seiner Starre löste, löste er sich auch abrupt von Fye. „Hast du nicht gesagt, dass du nicht nach „irgendeinem etwas“ sondern nach „dem Etwas“ suchst?! Also, was soll das hier?“, fragte er den jüngeren Mann leise und schaute ihm in die Augen, während er ihn leicht auf Distanz hielt. „Man sollte nur jemanden küssen, den man auch wirklich mag.. erst dann wird es zur 'großen Sache'.. verdirb dir dieses Gefühl nicht..“
 

„Ich weiß...“, murmelte Ashuras Gegenüber leise, geschockt aufgrund des kühlen Tons. Er hatte gedacht, dass er sich aufregen würde – na ja, eigentlich hatte er gar nicht nachgedacht und nie vorgehabt, das spezielle 'etwas', was ihm vorschwebte, in die Tat umzusetzen. Vom Kuss selbst hatte Fye vor Aufregung gar nichts mitbekommen, er erinnerte sich nur, dass Ashuras Lippen trocken waren.

Langsam, wie in Zeitlupe richtete er sich wieder auf und wünschte sich, er wäre nie hergekommen. Wie kam er auch darauf ausgerechnet den König zu küssen? Der hatte anderes zu tun, wichtigere Dinge, als sich mit Fyes verwirrten, jugendlichen Gefühlen rumzuschlagen und Fye fand, er selbst hatte auch besseres zu tun, wenn ihm seine Freunde auf der Akademie nicht immer so irre machen würden... dann würde er sich auch nicht solches Zeug zusammen spinnen und nicht die Person verletzen, die ihm am wichtigsten auf der Welt war. „Aber ich 'mag' dich wirklich“, antwortet der junge Magier fast trotzig, obwohl ihm klar war, dass es nicht Ashuras Schuld war, sondern seine Reaktion nur all zu natürlich. Jahrelang war der Prinz für ihn so etwas wie ein Adoptivvater gewesen, trotz des nicht all zu immensen Altersunterschieds. Kein großer Bruder, kein Freund, kein Fremder, ein Vater, bei den Göttern noch mal, deswegen hatte er auch „leichte“ Bedenken gehabt, mal davon abgesehen, dass Ashura 1. ein König war 2. vermutlich gar keine Zeit für so was hatte und … na ja 3. Fye gar nicht wusste, was er von Ashura wollte, nur eben... und 4. vielleicht war Fye die letzte Person, die dieser küssen würde und wollte. - Kurzum, der junge Magier wollte am liebsten seinen Kopf in einen Bücherstapel stecken und Runenmagie pauken. Aber jetzt konnte er nicht mehr zurück.
 

Still betrachtete er Fye eine Weile selbst etwas verwirrt. Seine Lippen brannten, nachdem der angehende Magier sie mit seinen berührt hatte und auch das Herz des Königs klopfte aufgeregt und verwirrt vor sich hin, doch äußerlich blieb er ruhig. Die Nähe des Anderen „erdrückte“ ihn gerade ein wenig, der Blonde hatte eine Grenze überschritten, die sie beide untereinander gezogen hatten und es wäre für Ashura nie denkbar gewesen, diese Grenze auch nur im Kleinsten zu überschreiten. Sie hatten eine Art der Beziehung zueinander aufgebaut, die nie zugelassen hätte, dass sie sich auf eine andere Art und Weise näher kommen würden als in einer „familiären“ Bindung zueinander. Ashura hatte Fye und seine Schwester damals aus dem Wald mit zu sich genommen, hatte ihnen die Möglichkeit gegeben, sich zu entwickeln, hatte ihnen Dinge gelehrt, beigebracht, wie man sich im Schloss verhielt, hatte sie ein Stück weit „erzogen“.. er hatte diese Kinder nie mit anderen Augen betrachtet als Kinder, die ein Stück weit zu seiner „Familie“ gehörten, auf die er aufpassen und die er beschützen musste. Ihnen alle Wege offen halten und hoffen, dass sie sich an ihn erinnerten, würden sie in die weite Welt ziehen.. er hatte gehofft, sie würden sich entscheiden eines Tages mit ihren Talenten und Ausbildungen ins Schloss zurück zu kommen, um an seiner Seite zu arbeiten und zu kämpfen, dafür dass dieses Land ein besseres wurde aber er hätte es nie von ihnen verlangt. Und jetzt kam Fye hier an und drehte dieses Verhältnis total auf den Kopf.. Ashura hätte sich nie träumen lassen, dass Fye oder Keira ihr Verhältnis umdeuteten, aber die Reaktion des Blonden machte ihm eines klar: „Du meinst das ernst..“, stellte er verwundert und leise fest, eher für sich. Konnte es sein, dass Fye das tatsächlich ernst meinte? Dass er nicht hier war, weil Ashura das Versuchskaninchen für seine pubertären Anwandlungen war, sondern weil er in Fyes Augen die „große Sache“ darstellte? Hatte der junge Mann wohlmöglich andere Gefühle für den König entwickelt? Der König wusste es nicht, er wusste nur, dass ihn diese Gedanken selbst verwirrten, er wusste, dass es Fyes Kuss getan hatte und bemerkte, dass es seine weitere Anwesenheit ebenfalls tat. Der König war ebenfalls seltsam nervös, Fye hatte etwas angestoßen, was ihm unerklärlich war.. seine Lippen brannten seltsam und sein Herz schlug wild, Fye anzusehen fiel ihm auf einmal unglaublich schwer in dem Wissen, die Richtung diese Nähe, die der Andere vorgegeben hatte, wäre unmöglich für sie. Und plötzlich, sah er den Blonden gar nicht mehr als das Kind, das er aus dem Wald zu sich geholt hatte, sondern als den jungen Mann, zu dem er nun einmal geworden war.

Die Grenze war längst überschritten, Ashura sehnte sich auf einmal nach Nähe, die er vorher nie vermisst haben könnte, da es gar keinen Gedanken daran gab.. doch gerade wünschte er sich für einen Moment, er hätte den Anderen einfach weiter machen lassen. Und wenn er den Blonden nun gehen ließ, wäre es wohl nie wieder so zwischen ihnen, wie es war.. unkompliziert.
 

Schwer schluckte der dunkelhaarige Mann und rang sich zu einem Lächeln durch, zögerte kurz, bevor er dem enttäuschten und verletzten Blonden vorsichtig über die Wange strich. „Ich mag dich doch auch..“, erklärte er. Das Sprechen und die Worte fielen ihm außergewöhnlich schwer für einen Mann, der immer das richtige zu sagen wissen musste und es mittlerweile gut beherrschte, „..aber ich will nicht, dass du dich da in etwas verrennst.. meinst du das, was du dir da vorstellst würde gut gehen?“ fragte er den Blonden, von dem er nur erahnen konnte, welche Absicht dahinter steckte und dass sich der angehende Magier tatsächlich in seinen „Ziehvater“ verliebt hatte. „Ich glaube das zwar nicht..“, gab er zu, zog den Blonden jedoch wieder näher zu sich runter, er dachte selbst gar nicht mehr groß darüber nach, er hatte plötzlich einfach nur das Bedürfnis diesem jungen Mann noch einmal so nahe zu sein wie es ging, bevor diese Chance vertan war und der Blonde die Nähe zu ihm nie wieder so wagen würde oder sie irgendwann getrennte Wege gingen. „Doch wenn du schon den weiten Weg hierher gemacht hast um das Rätsel zu lösen, ob es die „große Sache“ oder „das Etwas“ ist.. solltest du es auch herausfinden“, sprach er leise, bevor er die Augen schloss und die Lippen des Magiers wieder sanft mit seinen berührte. Sein Herz sprang dem König dabei fast aus der Brust, ihm war innerlich unglaublich heiß.. Fye hatte mit dieser Aktion irgendwas angerichtet, was die Luft zwischen ihnen zum elektrisieren gebracht hatte.. es fühlte sich in diesem Moment gar nicht so falsch an, wie es den Anschein machte.. eher gut und wie etwas, das seit langem zwischen ihnen stand, als hätte es so passieren müssen.
 

Der junge Magier war gedanklich schon mit einem Fuß aus der Bibliothek, nur die goldenen Augen Ashuras hielten ihn noch versteinert an seinem Platz. Er wollte am liebsten vor Ashuras Füße fallen, seinen Kopf in seinem Schoß vergraben und um Entschuldigung für sein kindisches Verhalten flehen, dass alles so wie vorher werden würde....Ashura konnte wütend sein, doch Hauptsache....er stieß ihn nicht weg. Er hatte einfach unüberlegt das getan, wonach er sich fühlte, einfach weil er sich so wohl und sicher in Ashuras Nähe fühlte. Doch nun da ihm klar wurde, was es bedeutete, wünschte Fye sich nichts sehnlicher als dass sein Herz aufhören würde so heftig zu schlagen. - Doch das tat es nicht, es schlug so heftig, dass er kaum atmen konnte, erst recht als Ashuras warme Finger sanft über seine Wange streichelten; die altbekannte Geste machte Fye fast wütend, denn so berührte man ein Kind! Doch die Augen hielten ihn davon ab zu sich zu bewegen, gefangen wie von Glühwürmchenlicht und nur die mit weicher Stimme gesprochenen Worte beruhigten Satz für Satz sein Angst, obwohl die Worte ihn noch mehr verwirrten, das konnte Ashura doch gerade nicht wirklich sagen?! Als der König ihn runterzog, gab Fyes Körper nach als wären kein Knochen in ihm und sie schienen ihm wirklich gerade abhanden zu kommen, während er zum zweiten Mal die Lippen des Königs berührte. Das genügte. Fye schob alle Gedanken bei Seite, um sie diesmal wirklich zu fühlen, um die Erinnerung mitzunehmen, um es nie zu vergessen, um die Blässe in seiner Phantasie, wie es sein würde, mit Leben zu füllen und es nie, nie, nie zu vergessen. Wenn er einen Fehler gemacht hatte und danach alles anders und zerstört war, dann wollt er das hier jetzt wenigstens haben. Wenn, wie Ashura sagte, vielleicht nichts gut gehen würde, er würde nichts kampflos loslassen, was er von diesem ihm so wichtigen Menschen bekam... die Lippen fühlten sich kühl an, und sanft, irgendwie wie Samt und diesmal war es nicht nur eine Berührung. Sondern leichte Bewegungen, die ihre Lippen etwas mit Feuchtigkeit bedeckten, die er zaghaft, ungeschickt erwiderte, alle „Übung“ vollkommen vergessend, denn all das zuvor war bei weitem nicht wie das hier gewesen.
 

Vorsichtig versuchte Ashura den Kuss ein wenig leidenschaftlicher zu werden zu lassen, er konnte sich dagegen gar nicht wehren. Leicht stieg ihm die Röte ins Gesicht, ob er sich in diesem Moment für seine Gefühle schämte oder ob es die Nervosität war.. er wusste es nicht. Aber der König konnte auch nicht aufhören, spürte die etwas ungeschickten Lippen auf seinen, die aber gleichzeitig viel zu sicher waren, als dass es der erste Kuss des Blonden hätte sein können. Überwältigt von diesem impulsiven Gefühl in seiner Brust, hatte er seinen Verstand wohl fast vollkommen ausgeschaltet, brachte seine Zunge immer öfter und intensiver ins Spiel, doch immer noch bedacht, den Anderen nicht zu überfordern. Kurz schoss es ihm durch den Kopf, das es purer Wahnsinn war, was er hier tat.. aber er konnte sich nicht wehren und es schon gar nicht lassen.
 

Fyes Körper hatte mittlerweile jegliche Eigenständigkeit aufgegeben und so lag er halb im Schoß des Königs. Bevor er drohte auf den Boden zu rutschen, legte er zaghaft die Arme um seine Schultern. Sein Herz schlug immer noch ängstlich und aufgeregt, aber obwohl das hier alles völlig überwältigend war - vor allem als sich ihre Zungen kurz berührten - wüsste der junge Magier auch gerade keinen anderen Menschen, bei dem er so etwas eher zulassen würde, bei dem er sich sicherer fühlen würde, trotz all der Unsicherheit, die gerade in im tobte. Sie hing auch zwischen ihnen. Er fühlt sie von Ashura und er fühlte sie erst recht bei sich, dennoch tasteten sie sich immer weiter vor, die Zunge des Königs berührte immer wieder seine Lippen, drangen leicht zwischen sie und schienen ihn einzuladen, vorsichtig, sich ein wenig weiter vor zu wagen. Wenn das so weiterging, würde er davon abhängig werden, das begriff der junge Mann auf einmal, dann würde er es nie mehr lassen können, egal was hiernach passierte. Der Status quo war für alle mal zerstört und nun begriff Fye wirklich, dass es alle möglichen Richtungen in die Zukunft gab, nur kein Zurück mehr.
 

Ashura war sich nicht sicher wie lange dieser Kuss andauerte.. dafür, dass das für den König zwischen ihnen nie denkbar gewesen war, war es doch fast leidenschaftlich zwischen ihnen. Verwirrt von seinen eigenen Gefühlen, zu wissen, dass es eigentlich nicht richtig war, sich aber auch nicht direkt falsch anfühlte, schien sich langsam wieder sein Verstand zu melden.

Atemlos löste er sich nach einer ganzen Weile von dem angehenden Magier und blickte in die blauen Augen vor sich. Nun hatte es ihm wirklich die Sprache verschlagen.. dass er das zugelassen hatte, dass er das genossen hatte und dass er nicht wusste wie er sich jetzt verhalten sollte oder was zu sagen war, obwohl er immer zu wissen hatte, was er zu sagen oder zu tun hatte, verwirrte den dunkelhaarigen Mann. Schweigend starrte er einfach nur in die blauen Augen des Anderen, nicht fähig sich zu bewegen. Gefesselt von dem eigenen Verlangen, zu wissen, dass es eigentlich nicht richtig war.. aber zu fühlen, dass es gut war.. etwas schämte sich der König, doch sie konnten nicht mehr zurück an ihren Ausgangspunkt. „Lass uns hier aufhören..“, fand er nach einer gefühlten Ewigkeit seine Stimme wieder und bevor er sich in die Gefahr begab, dass er noch einen Schritt zu weit ging.
 

Aber sie waren schon längst einen Schritt zu weit gegangen. Auch Fye wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, als er nach dem Kuss in Ashuras Augen sah. Sein Atem beruhigte sich nur langsam und er merkte wie sein Körper brannte, wie zu keinem vernünftigen Gedanken fähig war. Vielleicht wäre jetzt ein kecker Spruch angebracht gewesen, der die Situation etwas entschärfte, das alles durch Humor nicht so erdrückend machte... doch ihm viel nichts ein und irgendetwas wehre sich auch in ihm diesem Moment seine Bedeutung (welche auch immer das war) wieder zu rauben.

Tief atmete er durch, weil er sonst fürchtete in Tränen auszubrechen und er wollte Ashura nicht denken lassen, dass das ihm hier traurig machte. Traurig machte ihm nur der Gedanke, was jetzt passieren könnte, dass Ashura einen „Sicherheitsabstand“ zwischen ihnen einrichten würde, dass die Nähe von früher, seine Familie, einfach so verschwand.

Er wollte 'nein!' schreien, von Ashura fordern, dass das hier blieb, dass hier nichts aufhörte, weil das andere verschwunden war, nun anders, und wenn Fye jetzt einfach ging blieb da nichts zurück, was klar und sicher war. Sondern nur Verwirrung und Angst. Doch Ashura hatte ihn zurückgeküsst, oder? Was hieß das? Doch ihm kam nur ein leises „Nein...“ über die Lippen und er beugte sich vor, um Ashura sanft auf die Wange zu küssen.
 

Der König hatte sich wieder mehr oder weniger gefangen und tief atmete er durch als der Magier protestierte. Was sie mit dieser Situation anfangen sollten, wusste er selbst nicht genau, doch sanft schob er den Anderen erneut etwas von sich als dieser seine Wange küsste und der König rang sich zu einem weiteren Lächeln durch.. dass es nun kompliziert werden würde, blieb nicht aus.. es war verrückt gewesen, vollkommen verrückt.. Ashura hätte vernünftig bleiben müssen, hätte sich eigentlich nicht drauf einlassen dürfen, er war verwirrt, schämte sich etwas dafür, dass es sich gut angefühlt hatte, aber auch Fye schien es genossen zu haben und damit hatte er als der Ältere wohl etwas angestoßen, das einfach nur..total wahnsinnig und verrückt gewesen war. Das Lächeln fiel ihm gar nicht mehr so schwer, im Grunde, lachte er über seine eigene „Dummheit.“

Doch wenigstens wollte er dem Magier zeigen, dass er nicht wirklich viel falsch gemacht hatte, dass sie beide „Schuld“ hatten und wenn sie beide es wollten, auch nichts kaputt sein musste zwischen ihnen.

Vorsichtig strich er dem jungen Mann die wirren Haarsträhnen aus dem Gesicht und küsste ihm flüchtig über eines seiner Augen. „Du bist mir wichtig..“, sprach er einfach das aus, was und vor allem von dem er dachte, es seien gerade die richtigen Worte. „Zu wichtig um alles gedankenlos über den Haufen zu schmeißen, was gewesen ist.. aber auch zu wichtig, um dich einfach so gehen zu lassen in dem Wissen, dass etwas zwischen uns stehen könnte..“, erklärte er dem Blonden. „Mir ist das wohl in dieser Sekunde nicht weniger unangenehm wie dir..“
 

Fye schauderte unter der leichten Berührung auf seinem Augenlid, doch sie gab ihm tatsächlich etwas Sicherheit zurück. Er betrachteten das Gesichts des Königs, seinem Gesichtsausdruck, nun mit anderen Augen und nicht zum ersten Mal viel ihm auf wie … schön … Ashura eigentlich war und auch dass er ihn so noch nie gesehen hatte. Nicht so … unsortiert, atemlos und leicht errötet. Nur der Ernst und die Sanftheit war vertraut. Irgendwie schien ihm das alles gar nicht falsch, unglaublich beängstigend, aber nicht falsch, er wollte einfach nur noch mehr sehen, noch näher kommen, noch... Ob falsch oder richtig, es war beides da gewesen und sich nun für eines zu entscheiden, um das Gewissen zu beruhigen, schien ihm als würde man versuchen es wertlos zu machen. Dann hätte er genau so gut Witze drüber reißen können, das wäre das selbe gewesen, was Ashura gerade mit seiner Vernunft versuchte! Die Stimme des jungen Magiers klang leicht belegt, als er sprach, doch er legte aller Sicherheit hinein, die er gerade verspürte. Denn er war sich sicher, etwas, was sich so anfühlte, musste das 'etwas' sein, weswegen er hergekommen war. „Alles was ich will, ist, dass nichts zwischen uns steht... weder... das hier... noch... irgendwelches...falsch oder richtig... und... mir ist das hier keinesfalls unangenehm....wenn – wenn...-wenn ich auch glaube mein Herz platzt gleich“. Leicht errötete er, ja, wunderbar. „Ich... du brauchst nicht allein die Verantwortung übernehmen... ich kann das genau so gut...“ Das letzte, was er jetzt wollte war, dass Ashura irgendwie dachte, das Beste für ihn zu wollen, denn Fye wusste genau, was er gerade wollte, vollkommen egal, ob es das Beste für ihn war – und irgendwie hatte er ihm Gefühl, dass Ashura das selbe wie er wollte.
 

Etwas überrascht war Ashura doch über Fyes Entschlossenheit.. der Magier hatte das wirklich gewollt und auch wenn dem König immer noch etwas unklar war, was der Andere nun genau von ihm wollte, bemerkte er, dass das hier auf jeden Fall alles war, nur kein Spiel.. auch keine pubertäre Laune. Dass der blonde Mann wohl weniger Angst hatte eine Grenze zu überschreiten als der König, war nur zu logisch.. Fye war jünger und unerfahrener.. aber gleichzeitig faszinierte Ashura das. Dass Fye wohl deutlich eher bereit war, mit den Konsequenzen zu leben als er..

„Ich bin mir sicher, dass du das kannst, du bist schon lange kein Kind mehr..“, bemerkte er, was ihm vor ihrem Kuss das erste Mal bewusst geworden war. Leise lachte er auf, wieder eher über sich selbst, dass der Magier wohl gerade etwas "erwachsener" und "entschlossener" schien als er selbst. „Gut, wenn es dir nicht unangenehm ist, dann sollte es mir wohl auch nicht unangenehm sein..“, bemerkte er. „Jedenfalls hast du mich ganz schön überrumpelt.. aber vielleicht lern ich ja in der Zukunft auch noch was von dir, wer weiß?“
 

Erleichtert ließ Fye seinen Kopf auf Ashuras Schulter sinken. Das war ganz schön... intensiv.... gewesen, das alles. Er fühlte sich irgendwie völlig körperlich erschöpft, aber gleichzeitig unsagbar erleichtert. All die Angst, dass Ashura ihn wegstieß, dass eine Mauer zwischen ihnen entstehen würde, ließ langsam nach. So als würde er sich nach einem langen Marsch durch den Schnee am Lagerfeuer aufgewärmt haben. Natürlich hatte er keine Ahnung wie es weitergehen sollte.... doch er war zumindest froh, dass nicht alles in Scherben lag... sondern im Gegenteil, leicht lächelnd sah er zu Ashura auf, der ihm über die Jahre so unglaublich wichtig geworden war. Was immer passierte, mit diesem Mann hatte er keine Angst den Weg zu gehen, der vor ihnen lag.
 

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Die tagelange Warterei und die Unsicherheit, die von einem plötzlich so unentschlossenen König ausging hatten ihren Tribut unter den ceresianischen Soldaten gefordert. Erst kamen sie in diese fremde Dimension, bereit es einzunehmen, voller Hoffnung auf ein grünes, neues Land und einem blutigen Kampfgeschehen gegen die fremde Armee und nun sie taten nichts weiter als warten, warten, warten. Dann verschwand der Hofmagier, tauchte wieder auf und verschwand wieder mit dem König. Zurück blieb der Geruch von Rebellion.

Nun gelangten stündlich neue Nachrichten der Späher ins Lager. Die feindliche Armee rückte näher und etwas völlig überraschendes war geschehen: Die Bewohner dieses Landes hatten sich mit den Vampiren verbunden, die sie eigentlich schwächen sollten! Diese Nachricht reichte, um die vereinzelten Kämpfe zwischen Königstreuen und „Verrätern“ kurz zum erliegen kommen zu lassen.
 

Der König war bisher nicht mehr aufgetaucht und hatte nur einen wütenden Ausrücksbefehl dagelassen. Vielleicht kämpften sie noch, vielleicht tauchte Ashura-ou jeden Moment wieder auf, vielleicht war er bereits tot. Doch letzteres trauten sich nicht einmal die „Rebellen“ auszusprechen. Der Tod eines Gottes schien doch zu unglaublich. Vielleicht schlief er auch bald wieder und alles wurde wie vor seinem Erwachen. Der alte abwartende Frieden. Vielleicht. Dennoch rückte die japanische Armee weiter vor und niemand von den Männern wollte kampflos sterben.
 

Viele Soldaten waren verwirrt, unsicher was sie tun sollten. So kam man nach einigen Diskussionen zu dem Schluss die Verteidigung des Lagers in Angriff zu nehmen, die Linie zu halten, bis... bis irgendetwas geschah. Die magischen Schutzwälle wurden erneuert, Holzwälle und Speere aufgestellt, Fallen aktiviert, ein Feldlazarett eingerichtet, Rationsnachschub organisiert, Waffen und Rüstungen angelegt. Doch es funktionierte nicht alles so, wie es sollte. Runen waren falsch ausgelegt und damit zu schwach, Schutzamulette ließen sich nicht aktivieren und viele weitere Kleinigkeiten, die bewiesen, dass der Hofmagier sie wirklich verraten hatte. Wut und Frustration stiegen – man wusste ja nicht mal wer unter den eigenen Kameraden Freund oder Feind war. Sie steigerten aber auch den Kampfwillen und so erwartete man die japanische Armee, von der manche überzeugt waren, diese magielosen Barbaren und die Monster, die sie auf ihre Seite gezogen hatten, leicht den Erdboden gleich zu machen. Ebenso wie die Feinden in den eigenen Reihen, die sich gegen ihren König und ihr Land gestellt hatten.
 

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Ununterbrochen waren die japanische Armee und die der Vampire unterwegs gewesen, durch den Schnee, die lange Reise in das ceresianische Lager zu bestreiten. Sie hatten keine Rast gemacht und sowohl die Pferde als auch sie waren wohl fast an der Grenze ihrer Kräfte, aber das Adrenalin und der bevorstehende „Sieg“ ließ sie weiter reisen. Das war die letzte Schlacht, danach war alles vorbei und Frieden würde wieder einkehren, Japan wäre diese letzte Bedrohung los.

Ohne einen Stopp einzulegen ritten sie einfach nur weiter, auf das Lager zu, das schon von weitem langsam sichtbar wurde. Es würde bald Abend werden, aber die Sonne schien noch.

Bevor sie das Lager überhaupt erreichten, tauchten hier und dort ein paar wenige Soldaten des feindlichen Lagers auf, um ihren Weg zu kreuzen. Doch sie waren kaum gefährlich für die große Armee. Kurogane wunderte sich, warum es nur so wenige waren, er hätte damit gerechnet, dass es weit aus mehr Soldaten waren, aber es schien als würde es sich nur um die Späher in direkter Nähe des Lagers handeln... sie hatten kaum kämpferisches oder magisches Talent.

Der Krieger war kaputt aber unerschöpflich, er spürte jeden einzelnen Knochen und Muskeln in seinem Körper, wie dumpf die Müdigkeit auf ihm lag. Er war sich nicht sicher, ob das Fieber wieder ausgebrochen war und eigentlich wollte er es auch gar nicht wissen.. nur endlich diese Armee vernichten, diesen König und wieder Frieden nach Japan bringen.
 

Als sie endlich die Grenze zum Lager überschritten, wurde ihnen auch bewusst, warum sie nicht vorher angegriffen wurden, die Armee bekämpfte sich mittlerweile gegenseitig. Ohne Vorwarnung stürzte die japanische Armee mit der Unterstützung der Vampiren in das Geschehen ein, mischten sich mit lautem Gegröle in das schon bestehende Kampfgeschehen. Der Ninja war sich nicht bewusst, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass die ceresianische Mannschaft schon selbst bekriegten, aber es war zu ihrem Vorteil. Er wollte sich auch keine Gedanken machen, genauso wenig wie er nach wenigen Minuten begriff, dass es keinen Sinn machte, in diesem Gedrängel nach dem Magier Ausschau zu halten. Wütend und voller Kampfgeist, ritt er in die Menge rein, das Überraschungsmanöver und auch die große Anzahl von Pferden und Kriegern, zeigte Wirkung. Kurogane zog sein Schwert gegen die Soldaten ohne das Westarmee-Zeichen und ritt einfach, wie viele Anderer seiner Leute durch die ceresianischen Soldaten und schlug zu. Die ganze Zeit hatte sich der Krieger gefragt, wie er das Zeichen im Getummel nachher erkennen sollten, aber es leuchtete wohl durch Magie auf den Rüstungen der ihnen zugewandten Armee.
 

Doch kaum hatten die ersten Reihen der feindliche Armee die Grenzen des Lagers überschritten, fraß sich bläuliche Magie durch den Boden und explodierte in einer heftigen Detonation, die alles von sich sprenge, was nicht durch Magie geschützt war. Die Pferde sträubten sich, die japanische Armee schien für einen Augenblick verwirrt, obwohl sie mit Magie gerechnet haben mussten, denn sie rappelten sich schnell wieder auf. Ein Pfeilregen rieselte auf das Mittelfeld, das noch nicht mit ceresiansichen Soldaten vermischt war und auch schienen diese Barbaren wirklich kaum Magie zu beherrschen – doch ihre Schwerter beherrschten sie. Zusätzlich schossen wie Schatten, flüssiges dunkles Wasser, die Vampire durch die Reihen und rissen einen weißgekleideter Soldat zu Boden.
 

Die japanische Armee und auch die Vampire hatten zwar mit einem magischen Rückschlag gerechnet, doch jetzt überraschte es dennoch viele, vor allem die Pferde, die sie auf so etwas mental nicht vorbereiten konnten. Viele verloren den Halt von ihrem Reittier und mussten sich auf den Bodenkampf umstellen, viele wurden von den Pfeilen getroffen.. mit Schwertern und Schildern, versuchten sie, die Pfeile abzuwehren und den ihnen nahen Soldaten mit ihren Schwertern zuzusetzen. Die japanischen Bogenschießer brachten sich ebenfalls in Position, nachdem der Angriff der Ceresianer dem Ende entgegen ging und auch wenn sie in der Unterzahl waren, würde es wohl den ein oder anderen Feind treffen und verletzen.. vielleicht töten.

Immer wieder griffen auch die ceresianischen Kämpfer mit Schwertern an, die ihre längst übertrafen.. sie waren magisch, genauso wie die magischen Angriffe, die sie zum Teil abbekamen.. aber die japanische Armee war wild entschlossen und ab und zu ging auch ein magischer Angriff von Seiten der Vampire auf die Ceresianer los.
 

In kürzester Zeit war in dem Lager die Hölle ausgebrochen. Zelte wurden niedergetrampelt oder gingen in Flammen auf, das Feldlazarett hatte sich an den Rand der Schlacht zurückgezogen – es ging alles zu schnell. Die Männer auf beiden Seien fielen so zahlreich, dass die Schlacht gefühlt in wenigen Minuten vorbei sein musste.
 

Über allem hing ein schwerer Winterhimmel, der sich nicht einmal kümmerte frischen Schnee auf die Szenerie rieseln zu lassen. Mittlerweile war die Sonne vollkommen aufgegangen und strahlte auf den Schnee, der immer blutiger und blutiger wurde. Die ceresianischen Soldaten waren gut ausgebildet und entschlossen, doch die Aktionen der Kommandierenden waren nicht aufeinander abgestimmt. In solchen Situationen, in denen ihr König sie nicht kommandieren konnte, war es eigentlich am Hofmagier gelegen seine militärische Position einzunehmen, allen anderen hatte der König nicht genug vertraut, um das Kräftegleichgewicht aus Konkurrenz und Hierarchien unterhalb der politischen Führung aufzulösen und so viel Macht in die Hände zu geben. Nun bemerkten auch die einfachen Soldaten das Dilemma dieser Situation, das Ashuras Berater stets bemängelt hatten.

Dennoch kämpften die ceresianischen Soldaten mit einer Entschlossenheit, die an Wahnsinn grenzte und auch die Vampire waren gegen Magie nicht gefeit und erst recht war ihre Magie eine schwächere.
 

In dem ceresianischen Lager, herrschte grenzenloses Durcheinander, das war wahrlich ein Kampf auf Leben und Tod und zeugte von der Macht dieses Königs, stellte der Krieger fest.. denn auch wenn die Westarmee auf ihrer Seite war, hatten sie doch Mühe sich gegen den Rest zu stellen. Gerade hatte Kurogane einen Zweikampf erfolgreich gewonnen, sein Gegner war stark gewesen, doch hatte er eine Sekunde nicht aufgepasst, eine einzige Sekunde, die dem ceresianischen Soldaten zum Verhängnis wurde. Schwer atmend und mittlerweile blutbesudelt, blickte Kurogane zu dem toten Mann hinunter.

Doch auch der Ninja hatte diese Sekunde nicht aufgepasst und im selben Augenblick, nahm er nur noch aus dem Augenwinkel eine Magielawine wahr, die auf ihn zugerollt kam. Etwas erschrocken drehte er sich um, wusste gegen die Magie nichts auszurichten, seine einzige Überlebenschance war es sich zu weit runter zu ducken.. selbst das hätte ihn wohl nicht retten können, aber zu seinem Erstaunen, blieb der Schmerz aus und als er wieder aufblickte, stellte er fest, dass sich ein ceresianischer Soldat längst vor ihn gestellt hatte und den Magieangriff abwandte.. es war einer von der Westarmee. Grinsend drehte sich der Krieger zu Kurogane um, der das magische Schild vorhielt, damit die Magiewelle sie nicht treffen konnte und der Ninja war sich sicher, diesen Mann schon mal gesehen zu haben.. doch er brauchte gar nichts sagen, da sprach er schon zu ihm. „Lange ist’s her“, kam es von dem Soldaten, den Kurogane als den Mann von Fyes Schwester erkannte. Mit wild klopfenden Herzen blickte der Ninja den Mann nur einige Sekunden lang an, bevor er weiter sprach, plötzlich war Aurun ernst. „Das Mädchen haben sie in das Verließ gesperrt.. am anderen Ende des Lagers!“, schrie er dem Ninja zu.. es war so laut hier, schreien blieb gar nicht aus.
 

„Was ist mit Fye?!“, fragte Kurogane nicht weniger laut nach.
 

„Ich weiß es nicht genau.. König Ashura und er haben gekämpft.. dann sind beide plötzlich verschwunden..!“, erwiderte Aurun und Kurogane musste die Zähne zusammen beißen. Er hatte so was erwartet, aber gehofft es würde anders kommen. Doch dazu lange weiter darüber nachzudenken kam er nicht als Aurun erneut das Wort erhob, mittlerweile hatte er sich vom Blick abgewandt, es schien ihm schwerer zu fallen, die Magiewelle abzuhalten. „Verdammt! Nun geh schon!“, rief er Kurogane zu, der etwas verwirrt zu dem anderen Mann hochblickte, bevor er sich endlich mit seinen schmerzenden Knochen wieder aufraffen konnte. „Geh das Mädchen retten und dann verschwinde!“
 

„Aber..“ wollte Kurogane trotzdem protestieren, doch Aurun ließ ihn nicht ausreden. „Geh, verdammt! Wir kommen auch ohne dich zurecht!“, das magische Schild knackte leise und Aurun zischte, spürte die Aura dieses Ninja immer noch hinter sich. „Geh! Bring sie hier weg!“, schrie er fast wütend und endlich schien es bei Kurogane angekommen zu sein. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und rannte los. Wenn die Wüstenprinzessin noch hier war.. und Aurun wollte dass er ging.. Aurun war ein Krieger, so wie er.. was er sagte, meinte er ernst und der Gedanke daran, die Wüstenprinzessin in dem Verließ und hier in Gefahr zu wissen, machte ihm gerade in dieser Sekunde fast mehr Angst als Japan an diese Armee zu verlieren.

Also ohne sich weiter Gedanken zu machen und sein eigenes Ego als Krieger hinten anstellend, einen Kriegsplatz einfach mitten im Geschehen zu verlassen, rannte er an das andere Ende des Lagers, es war keine Zeit zu verlieren. Die Männer, die sich ihm dabei in den Weg stellten, wurden ohne Kompromisse niedergemäht, bis er endlich nach einer gefühlten Ewigkeit durch das Chaos ankam, wo die Prinzessin wohl sein musste und er ihre Aura geortet hatte.
 

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Sie war so müde...

Schon vor einigen Stunden war sie aufgewacht und hatte sich in fast völliger Dunkelheit wieder gefunden. Um sie herum war... Erde? Einige Schritte über ihr, viel zu hoch als dass sie es erreichen konnte, war so eine Art Gitter.... sie konnte nicht all zu viel erkennen.
 

Ständig liefen Leute über dieses Gitter und das bisschen Licht, welches in ihr Gefängnis drang, wurde immer wieder verschluckt. Sie hätte wohl ziemliche Angst gehabt hier unten, wären die freundlichen Schatten, die halb erfrorenen Erdgeister nicht gewesen, die ihr melodisch zuwisperten.

Dennoch reichte der Geruch nach Exkrementen, Schweiß und der metallene Geruch von Blut aus, dass die junge Frau sich ganz fest gegen die eiskalte Erde drückte. Wurzeln von längst verdorrten Pflanzen pressten in ihren Rücken und der Soldat, der sie bewachte und ein wenig mit ihr geredet hatte, war auch längst verschwunden. Statt dessen wurde der Lärm da draußen immer lauter, egal wie sehr sie sich die Ohren zuhielt. Sie spürte regelrecht wie das Leben dort oben immer und immer weiter ausgelöscht wurde, wie ein Blumengarten der gerade abbrannte... etwas Feuchtes tropfte auf sie herunter und sie hoffte, dass es Schneeschmelze war.... und dass es Fye gut ging.. hoffentlich war er weit, weit weg oder zumindest bei Kurogane... bloß nicht auf diesem Schlachtfeld, auf dem sich Menschen völlig sinnlos gegenseitig umbrachten.
 

„Hey...“, musste die junge Frau die vertraute Stimme des Kriegers hören, der endlich das richtige Loch erreicht hatte, in dem die Aura des Mädchen am stärksten war. Nur kurz hatte er einen Blick hineingeworfen, dass die Gefangenen hier nicht mehr bewacht wurden, wunderte Kurogane nicht, fast alle waren hier mittlerweile tot. Aber hier strahlte Leben raus und der Krieger war sich ziemlich schnell sicher, dass es die Wüstenprinzessin war. Die einzige Wache, die hier lächerlicher Weise noch stand, hatte Kurogane besiegt. Das Herz des Kriegers ging schneller, unglaublich erleichtert war er, dass sie zumindest noch lebte und die Hektik in ihm wurde größer. Ohne groß eine Antwort abzuwarten, versuchte er schon das Gitter rauszureißen. „Ich hol dich da raus..“
 

Erleichtert sprang Sakura auf, als sie die vertraute Stimme hörte. „Kurogane-san!“, rief sie so laut sie konnte gegen den Krach an und begann am Erdrand hochzuklettern, während der Krieger versuchte das Gitter zu öffnen.
 

Im Hintergrund waren nur die Kampfgeräusche zu hören und das Gebiet, in dem die Verließe waren schien ziemlich Abseits zu sein. Leicht fiel nun doch der Schnee auf dieses Szenario, von dem der Krieger nur noch erahnen konnte, was sich abspielte.. er hoffte, der Mann von Fyes Schwester überlebte.. er hoffte sogar, dass dieser verdammte Vampir überlebte und sein selbsternannter Freund „Tarou“ aus der japanischen Armee.. er hoffte, dass so viele wie möglich überlebten.. wenn er dem Schlachtfeld schon den Rücken zuwandte.. aber das hier war wichtig, bemerkte er, viel wichtiger.. er hoffte, Fye ging es gut.

Mit bloßen Händen, versuchte er das Gitter anzuheben, nachdem er es mit Gynruu aufgehebelt hatte und so zumindest die Ecken frei bekam. Er fühlte sich ausgelaugt und müde, seine Hände brannten heiß von dem eisigen Schnee und der kalten Erde, bis sie taub waren. „Verdammt..“, zischte er, während er abwechselnd mit Händen und Schwert versuchte, das Gitter zu lösen.. die Zeit hing ihnen im Nacken..dieser König hatte Fye.. hinter ihm ging etwas großes und grausames vor sich.. der Krieger war müde.. aber er durfte nicht aufgeben.

Immer wieder hörte er das Mädchen von der Erdwand abstürzen, er konnte es in dem Moment kaum ertragen, es brach ihm fast das Herz und nur noch schneller versuchte er, das Gitter zu lösen und die Wüstenprinzessin zu befreien.

Nach einer Ewigkeit bewegte es sich endlich und noch einmal seine ganze Kraft zusammen nehmend hob Kurogane es an und warf es neben sich in den Schnee, bevor sich endlich in das Loch vorbeugen konnte und dem Mädchen die Hand entgegen strecken. „Sakura...“, sprach er wohl zum ersten Mal den Namen dieses Mädchens aus. „Komm.. ich bring dich weg von hier..“, versprach er ihr. Weit weg von Krieg und Leid wollte er sie bringen.. nach Hause.. zu diesem Bengel und ihren Babys.. zu Fye und diesem Wollknäuel.. zu Tomoyo und all den Menschen, die nicht so weit auseinander gerissen sein sollten..
 

Immer und immer wieder rutschte sie vom Rand ab, doch auch wenn die Stimmen ihr sagten, sie solle ruhig bleiben, warten, konnte Sakura es einfach nicht. Endlich war das Gitter weg und weißes, flockendurchsetztes Licht drang zu ihr herunter. Ihr Herz schlug bis zum Hals, doch gleichzeitig verflog fast jegliche Angst als ihr klar wurde, dass es tatsächlich Kurogane war, der gerade ihren Namen ausgesprochen hatte. Mit neu gefundener Kraft, kletterte sie noch einmal und schaffte es die große, starke Hand zu greifen. Kaum, dass sie draußen war, fiel sie ihm um den Hals und hielt sich einfach nur an ihm fest. „Kurogane!“, sie kämpfte gegen die Tränen an, doch konnte sie in ihrer Erleichterung nicht anders.
 

Müde schloss der Krieger die Augen, als er das Mädchen sicher im Arm hatte und auch machte sich die Erleichterung in ihm breit. Er selbst konnte nicht anders, nur sie an sich drücken und ihr mit seinen durch den Schnee kalten und dem Versuch das Gitter los zu werden blutigen Händen vorsichtig über die Haare fahren.

Kurz gönnte er sich die Sekunde der Ruhe, einfach nur um zu wissen, dass nicht alles verloren war. „Du musst nicht hinsehen..“, versprach er ihr und hielt sie weiter an sie gedrückt, während er aufstand und sie hochhob. Zwar wusste er gar nicht wo er jetzt hinsollte, er wusste nicht, wo Fye war.. er wusste nur, dass er dieses Mädchen von hier wegbringen musste und dann zu dem Magier gehen.. also setzte er sich einfach in Bewegung, in der Hoffnung, irgendwo anzukommen.
 

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„NEEEEEIIINNN!“
 

Die Handfesseln glühten immer wieder bläulich auf als er sie mit Magie zu sprengen versuchte. Sie absorbierten sie einfach, so als stemmte sich nicht einer der mächtigsten Magier des Landes gegen sie, sondern ein Anfänger oder ein Kind.
 

„ASHURA!“
 

Der König sah ihn nicht einmal an.
 

Die Wachen zogen ihn weiter. Er trat um sich, auch ohne Magie war er zum Nahkampf fähig, doch als die zwei Wachen auf de Boden lagen, kamen neue und neue und neue und neue. Bis der König wohl genug hatte und mit einer einfachen Handbewegung alle Kraft aus Fyes Körper fließen ließ. Scheinbar knochenlos sank Fye mit einem geschockten Laut in die Arme der Wachen hinter ihm und wurde sofort in einen festen Griff genommen.
 

Vorhin hatte der König des Eislandes ihn wenigstens noch angesehen und bei aller Grausamkeit, die er in diesem Blick schon gesehen hatte, mit so einer erstickenden Kälte lag der goldenen Blick, der ihn sonst immer an zwei Sonnen erinnerten, noch nie auf ihm. „Es ist falsch!“, schrie der Magier so laut er konnte und seine Lungen schmerzten dabei noch in in Erinnerung an den kurzen, aber heftigen Kampf. „Das ist sinnloses Morden! Das ist -“
 

„Das ist nur eines Fye“, erklang vertraute Stimme, verzerrt vor Wut und etwas anderem, was nie im Leben warm genug war, um Verletztheit zu sein. „Rebellion. Du wirst genug Zeit bekommen, über dieses Wort und deine Loyalität nachzudenken.“
 

Sein Blick verschwamm, er konnte den König nicht mehr sehen, sein Rachen brannte und Ashura würde ihn eh nicht hören. Egal was er sagte, egal was er tat, selbst wenn er sich direkt gegen ihn stellte, der König würde nicht einsehen, dass es falsch war, was er tat. Dass Fye das nicht mehr wollte, nicht mehr konnte.. all das Blut, all die Toten... er sah nichts als blutigen Schnee seit Jahren und Ashura kommandierte immer nur weiter, weiter, weiter. Noch ein Toter, ein Feld voller Leichen, Kinder, denen es wie ihm und seiner Schwester erging. Die Nachbarländer waren besiegt und Ashura hörte dennoch nicht auf... und auf den Feldern verdorrte alles. Das war doch Wahnsinn! - Einzig wenn sie zu zweit allein waren, war es besser, doch alle Wärme schien aus den goldenen Augen zu weichen, sobald er es wagte Ashuras Politik in Zweifel zu stellen.
 

Bevor Fye noch irgendetwas schreien konnte, schlossen sich die mächtigen Doppeltüren zum verwüsteten Thronsaal. - Wahrheit und Macht – stand in der alten, verzierten Schrift in goldenen Lettern an der Türe, von Menschen getragen, in einem paradiesischen Garten - all das schien ihn, das ganze Eisland und auch seinen König zu verhöhnen. Die Verzierung war ihm vorher nie aufgefallen – bis.. bis wann? Wann hatte er den Mut gefunden sich offen gegen Ashura zu stellen? Er wusste es nicht, er dachte frenetisch darüber nach, während die Wachen ihn die vielen Gänge entlangschleppten. Treppe um Treppe tiefer hinab, sie näherten sich den Kerkern. Es hatte mit dem Schloss der Wünsche zu tun... doch was war der Preis gewesen für die Macht, sich Ashura entgegen zu stellen? Die Magie donnerte nutzlos in seinen Venen und wurde höhnend von den Handfesseln aufgesaugt. Sie nützte ihm rein gar nichts.
 

Eine massive Holztür wurde vor ihm aufgestoßen. Es roch nach Feuchtigkeit. Schimmel. Dreck. Der Magier kämpfte gegen die Übelkeit an. Geräusche drangen an seine Ohren. Stimmen. Echos. Der König hatte in letzter Zeit viele Gefangene gemacht und vergessen. Sie meisten starben hier unten an Krankheit bevor der Exekutionsbefehl kam.
 

Hart landete er auf dem feuchten Boden und alle Geräusche wurden auf einmal erstickt, als die Tür schwer ins Schloss fiel. Auch das Licht. Im Stockdunkeln schien sein keuchender Atem unglaublich laut. Er blieb einfach auf dem Boden liegen und versuchte sein erschrockenes Herz zu beruhigen.
 

Ashura hatte ihn noch nie so angesehen. Noch nie.
 

Die Sekunden verflogen und irgend wann, wenn es schon gar keine Sekunden mehr sein konnten, hörte er noch andere Geräusche. Tropfen von Wasser. Er richtete sich auf, zitternd, da das Adrenalin abebbte. Wie lange würde dieser Arrest dauern? Ob ihm danach Ashura endlich zuhörte?
 

Er würde nicht aufgeben.... er... er konnte diesen Menschen nicht weitermachen lassen. Er konnte es nicht mehr ertragen. Konnte er ihn auch dieses Mal nicht besiegen, oder nächstes Mal, er konnte auch nicht mit ansehen, wie dieser wichtige Mensch Dinge tat, die niemals diesem sanften Herzen entspringen konnten. Vielleicht war Fye auch nur feige und müde und nicht bereit die Konsequenzen von Stärke zu tragen. Wer stark war, musste töten, um.. er wusste es nicht mehr... gerade fühlte er sich... als würde er noch eine Menge Leute umbringen, um Ashuras Vergebung zu erlangen... Er wollte ihn nicht kränken, nicht stürzen, erst recht nicht töten... alles was er wollte.... Langsam atmete er ein. Und aus. Und wieder ein. Er musste Ashura aufhalten... irgendwie... irgendwie... aber wie?
 

Je länger er in die Dunkelheit starrte, wurde ihm klarer, dass er gar nichts wusste. Er hatte Macht, doch beschützen konnte er nichts. Weder die Menschen von Ceres, noch Ashura, noch sich selbst. Das Wasser tropfte weiter und irgendwann schlief er erschöpft ein. Doch das war nicht so schlimm.
 

Er würde sehr, sehr, sehr viel Zeit zum Nachdenken haben, er wusste es nur noch nicht.
 

Es wurde schwarz, hell, doch das war vielleicht auch nur ein Traum, denn es wurde sofort wieder schwarz, und es blieb schwarz. Schwarz. Schwarz. Schwarz. Für eine gefühlte Ewigkeit.
 

Doch plötzlich legten sich zwei Arme von hinten um den Magier und zogen ihn vorsichtig an sich.. „Ich wollte nicht, dass du das noch einmal erleben musst..oder sehen..“ , sprach er leise in Fyes Ohr. „Du darfst nicht an mich glauben.. es wird nicht besser..“ seine Stimme klang traurig und weit entfernt und sein Herz war schwer, wenn es noch sein Herz war...

Der König hatte den Magier verzaubert, in eine Traumwelt verfrachtet, aus der er sich selbst ausschloss, um nicht sehen zu müssen, was er nicht sehen wollte.. doch das ließ Platz für Ashura.. hier war kein dunkler Geist, denn dieser war real und er würde Fye umbringen und es würde kein Ende nehmen, es würde niemals enden. „Das Einzige, was du jetzt tun kannst, ist aufzuwachen und dem Spuk ein Ende setzen..“
 

Irgendetwas stimmte mit dieser Dunkelheit nicht …. - und als er bemerkte was, spürte er schon geisterhaft Arme um sich, wie ein leichter, warmer Lufthauch. Doch der konnte in diesem engen, beklemmenden Raum voller kalter Feuchtigkeit nicht sein... er wusste es, er wusste es, auch wenn er träumte, dies war kein Ort an dem etwas so Angenehmes existieren konnte – sein Körper, irgendwo weit, weit weg, der im Jetzt, schmiegte sich gegen diese Wärme und ein wenig lächelte sein Traum-Ich in diese Dunkelheit hinein, als die Worte sanft über sein Ohr strichen. Auch wenn mit den Worten nichts anfangen konnte, der Ton, die Stimme, solange sie bei ihm blieb... „Ich weiß nicht.. wovon du redest..“, murmelte er in die Dunkelheit hinein, die mittlerweile dick und vollkommen geworden war, sich beinahe schützend um ihn legte. Es war so einfach... er musste einfach nur die Augen schließen und diese Dunkelheit würde ihn aufsaugen, tief, tief hinunter an einen Ort, an dem alles egal war – dann würde auch aufhören alles weh zu tun, vor allem sein heftig schlagendes Herz und seine brennenden Wangen.
 

Ruhig blieb Ashura in seiner Position, ließ den Magier gewähren, sich noch näher an ihn zu schmiegen, denn er wusste, wie Fye sich hier unten fühlte.. oben im Palast hatte er ihn längst vergessen, hatte zu viele Kriegspläne im Kopf und die Wut auf Fye ließ ihn dazu verleiten, ihn im Keller gefangen zu halten, so lange, wie es nötig sein würde.

„Auch wenn du noch so viel nachdenkst.. oder an mich glaubst, du kannst mich nicht erreichen und nicht ändern.“ Erklärte er dem blonden Mann, dem er so viel Leid angetan hatte. „Du musst aufwachen und besiegen, was du dort vorfindest.. jetzt, bevor es zu spät ist..“
 

Er fühlte ja selbst, dass es keinen Sinn hatte.... doch er war so müde zu hassen. Hier unten konnte er nicht sehen, konnte die Augen nicht öffnen, weil es eh das selbe wäre wie sie geschlossen zu halten. Doch seltsamerweise ließ er das gerade gar nicht so sehr an sich ran – er hatte Angst, aber die Panik vor der Dunkelheit stellte sich nicht ein. „Sag...“, murmelte er zu der Stimme und fühlte, wie er seinem richtigen Körper wieder näher kam, nur noch gehalten von einer all zu vertrauten Magie und den Armen um ihn. Ob sie ihn erdrücken würden? Wen er wohl sah, wenn er aufwachte? Wen er wohl dann wieder umbringen musste? „Hast du keine Angst... vor der Dunkelheit?“

Irgendwas pulsierte sanft durch seine Arme, breitete sich wohltuend in seinem Nacken aus und floss wie warmes Wasser seinen Rücken hinunter – dort, wo er eh schon diesen geisterhaften Lufthauch spürte. Es passierte ganz automatisch, ohne einen Zauberspruch oder rationalen Gedanken. Er konnte nichts dagegen tun und wusste auch nicht, was er dagegen tun wollen sollte. Es gab schließlich so viel... außerhalb dieses Kerkers, der ihm die Luft abschnürte. Er öffnete die Augen und-
 

--- plötzlich explodierte Schmerz in seinem Rücken, überrannte ihn fast das grelle Weiß. Die Kraft der gewaltigen Magieexplosion riss Ashura von ihm fort, schleuderte ihn durch die Luft und ließ Fye selbst überrascht und nun hellwach im kalten Schnee zurücksinken.
 


 

Irgendwas hatte sich verändert, stellte der König fest, der die ganze Zeit das schlafende Gesicht des Magiers beobachtet hatte und den Zauber aufrecht hielt. Plötzlich flüsterte Fye vor sich hin und die Worte ließen ihn stocken.. Angst vor der Dunkelheit? Doch bevor Ashura darüber nachdenken konnte, riss ihn eine riesige Magiewelle von Fye los. Sie kam so unerwartet und plötzlich, dass er sich nicht wehren konnte.

Hart landete der König im Schnee, seine Knochen knackten und schmerzerfüllt blieb er eine Sekunde liegen, blickte in den grauen Himmel über ihn, während der Schnee auf sein Gesicht rieselte. Teils geschockt, teils gar nichts fühlend, starrte er in den Himmel, hielt die Zeit für einige Sekunden an, in denen er auch unbewusst den Atem angehalten hatte. Erst dann wurde ihm bewusst, dass er frontal angegriffen worden war, sein Körper schmerzte von Fyes Angriff.. sein Herz fing wieder wilder an zu schlagen, die Wut überkam ihn urplötzlich...

Etwas unbeholfen durch die Schmerzen richtete er sich auf und starrte auf den Magier, der wohl tatsächlich das Ziel hatte ihn umzubringen. Langsam stand er auf, sein Atem ging schwer.. wenn der Magier kämpfen wollte.. ohne Vorwarnung ging er zum Gegenangriff und sendete eine Magiewelle auf den Blonden zu.. er dachte nicht mal darüber nach, dass er Fye umbringen könnte in seiner Wut.
 

Zwar war Fye nun wach, aber immer noch vollkommen verwirrt wegen des Traumes, der Erinnerung und Illusion in einem gewesen war. Hatte er dort wirklich Ashuras Stimme gehört...? Bevor er sich aus dem Schnee hieven konnte, griff der König wieder an und diesmal war Fye nicht schnell genug, er konnte sich gerade mal zur Seite rollen, um nicht im Zentrum der Explosion zu sein. Doch wieder rettete ihn seine unterbewusste Magie - der Teil in ihm, der sich absolut und endgültig nicht mehr von Ashura verletzten lassen wollte und keine Angst mehr vor der Dunkelheit hatte. Diesmal spürte Fye ganz deutlich, wie die Haut auf seinem Rücken aufriss, die fast schon verheilten Wunden nachzeichnete, wo einst sein Tattoo gewesen war – das er, ironischerweise, ausgerechnet von dem König erhalten hatte. Ein erstickter Laut kam über seine Lippen, doch Ashuras Magie prallte von ihm ab, ohne ihn ernstlicht zu verletzen.
 

Der Schnee hatte sich rot gefärbt an der Stelle, an der Fye gerade noch gelegen hatte und wütend stellte der König fest, dass er dem Magier mit seiner Magie gerade nicht groß zusetzen konnte, denn nicht umsonst war der andere Mann der beste Magier in Ceres und sein Hofmagier gewesen.

Seine Illusionen hatten auch nichts gebracht und für eine Sekunde fragte er sich, seit wann Fye so wenig zu beeinflussen und täuschen war.. und seit wann der Andere es tatsächlich wagte einen Angriff auf Ashura loszuschicken, der für jeden anderen tödlich gewesen wäre und ihn offensichtlich verletzen sollte.

Wütend und fast rasend, brachte er wieder das dunkle Schwert zum Vorschein und der König zögerte gar nicht lange, um auf den am Boden hockenden Mann loszugehen. Fye war eine Bedrohung für ihn.. er musste leiden, egal wie..
 

Doch Ashuras Gegenüber hatte sich mittlerweile wieder gefasst und auf seine bewusstere, stärkere Magie zugegriffen, um ebenfalls anzugreifen. Während er Ashuras Schlag auswich, bildeten sich vor ihm in der Luft Eiskristalle, die sich in Sekundenschnelle zu funkelnden Klingen aus Kristall verdichteten und auf den König zuflogen. Wie viel Zeit vergangen war, wusste er nicht zu sagen und er hatte gerade nicht die nötige Konzentration frei, um weiter darüber nachzudenken.
 

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Wie lange er schon durch den Schnee lief, wusste der Krieger kaum noch. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor und gleichzeitig hatte er das Gefühl, keinen Schritt voran zu kommen. Seine Beine waren schwer, er selbst war müde. Die Wüstenprinzessin hatte er die ganze Zeit in seinem Arm getragen, drückte sie bewusst nah an seine Brust, obwohl sie schon längst aus dem Schlachtfeld heraus waren und weit und breit nur Schnee zu sehen war und die einzigen Geräusche ihr Atem und das Knirschen unter seinen Stiefeln waren. Er wollte nicht, dass sie das Blut sah und sie sich Sorgen machte. Unter seiner Rüstung am Rücken klebte es mittlerweile durch den Schweiß und das Blut, das ihm warm über den Rücken lief. Die magischen Waffen der ceresianischen Armee hatten vor seiner Rüstung keinen Halt gemacht.. doch er fühlte den Schmerz durch das Adrenalin kaum, nur langsam wurde er spürbar, je länger er lief und je dunkler die Welt wurde. Er hörte seinen eigenen Atem fast überlaut in seinen Ohren, er wusste nicht einmal, ob er auf dem richtigen Weg war.. er wollte in die Flüchtlingsstadt, das Mädchen zurück bringen.. zu Fuß ein eigentlich viel zu weiter Weg aber er hatte es sich zum Ziel gesetzt, sie dort hinzubringen, wo es sicher war.. und dann zu Fye.. doch er wusste gar nicht mehr, wo er war.. die Sicht verschwamm immer mehr in dieser ewigen nicht enden wollenden Eiswüste, das Gewicht in seinen Armen wurde immer schwerer, genau, wie seine Schritte.
 

Sakura hatte die ganze Zeit die Augen geschlossen gehabt und sich an den Krieger geklammert, der sie fest im Arm hielt, während er sich mit der anderen seinen Weg durch das Schlachtfeld geschlagen hatte. Der Lärm war unerträglich gewesen und ständig stießen Körper an sie, spürte sie warme Flüssigkeit auf ihre Arme spritzen, doch sie hatte seltsamerweise gar keine Angst. Sie vertraute dem Krieger, dass er sie von hier fort bringen würde und wusste, dass Kurogane stark genug war, dieses Versprechen auch wahr zu machen. Doch irgendwann, als schon lange, lange Stille um sie herum war, getraute sie sich die Augen wieder zu öffnen. Über ihnen hing ein grauer Himmel und es schneite leicht. In der Ferne war noch Rauch zu sehen, aber mehr wie eine Fata Morgana... „Kurogane-san...?“, murmelte sie leise, war aber dennoch erschrocken wie laut ihre Stimme in diesem Schneefeld klang, das sie seltsam an die weite Wüste in Clow Country erinnerte. Obwohl sie doch eigentlich gar nichts gemacht hatte, fühlte sie sich völlig schwach und zittrig.
 

Der Weg aus dem Lager war schwierig gewesen und Kurogane war mit dem Mädchen im Arm ziemlich ungeschützt, denn er hatte nur einen Kampfarm freigehabt. Doch irgendwie hatte er es geschafft, die Wüstenprinzessin unverletzt durch das ganze Durcheinander zu bringen, nicht ohne die Hilfe eines Vampires oder einem Soldaten der Westarmee. Aber die paar Angriffe, die ihn trotzdem erlitten hatte, konnte er nicht abwehren, er hatte weder Rückendeckung noch sonst etwas gehabt, nur den Wunsch und das Verlangen, die junge Frau heil aus dem Lager zu bringen.

Doch das schien dem Ninja gerade ganz weit in der Vergangenheit zu sein. Er erschrak fast, nachdem er die Stimme des Mädchens nach der ganzen Ewigkeit der Stille hörte, augenblicklich hatte er das Gefühl, etwas wacher zu sein. „Aa...was ist?“ murmelte er leise zu dem Mädchen, das leicht zitterte.
 

„Du bist verletzt, oder?“, flüsterte sie. Ohne wirklichen Grund, hier war ja niemand außer ihnen, aber irgendwie hatte sie Angst die Stille all zu laut zu durchbrechen.
 

Für eine Sekunde stockte der Krieger darüber, dass sie das erkannt hatte, obwohl er das am wenigsten gewollt hatte und obwohl er am wenigstens darüber mit ihr reden wollte, war er froh ihre Stimme zu hören. „Aa..“ kam es noch einmal von ihm. „Aber das ist nicht schlimm.“ antwortete er ihr ehrlich, er konnte ihr schlecht etwas vorgaukeln, er war sowieso ein schlechter Lügner und alle wussten das.
 

Trotz seines beruhigenden Tons, schluckte Sakura schwer. „Ich kann auch laufen..“ Wenn ihr Freund schon verletzt wegen ihr war, dann wollte sie ihm erst recht keine weitere Last sein. Es war ziemlich kalt hier draußen, aber der andere Körper glühte regelrecht, weswegen der jungen Frau auch recht heiß war und sich ein leichter Schweißfilm in ihrem Nacken gebildet hatte – vielleicht lag es auch an ihrem seltsamen Zustand...oder daran, dass die Geburt noch nachwirkte... sie konnte es nicht sagen, aber sie war sich sicher eigenständig gehen zu können.
 

Aber der Ninja machte keine Anstalten anzuhalten und sie abzusetzen. „Lass mich.. bitte.“ antwortete er leise. Solange er die junge Frau im Arm hatte, hatte er zumindest einen Grund weiter gehen zu können, obwohl seine Kräfte längst erschöpft waren. Er befürchtete, wenn er den lebenden Körper nicht mehr an seinem spürte, nicht mehr weiter zu kommen. Eine ganze Weile herrschte wieder Schweigen zwischen ihnen, das dem Krieger gerade unerträglich und lang vorkam. „Rede einfach nur mit mir..“ bat er sie.
 

Sakura wagte nicht zu protestieren, so verzweifelt hatte sie die Stimme des Mannes noch nie gehört und fieberhaft dachte sie darüber nach, ob ihr eine schöne Erinnerung einfiel, die sie mit Worten jetzt für sie beide ein wenig Real machen konnte. Eine schöne, warme Erinnerung, die all das kalte Weiß bunt anstreichen würde.

„In der Stadt..“, flüsterte sie in sein Ohr und meinte damit die Flüchtlingsstadt, zu der Fye sie und Shaolan gezaubert hatte, „haben Shaolan und ich ganz viele freundlich Menschen getroffen... sie haben uns und die Kinder sofort aufgenommen... Vampire und Menschen leben dort friedlich zusammen … wir saßen am Lagerfeuer... und haben gemeinsam Brot gebacken... Stockbrot...“, leicht lächelte sie. „Man hält einfach einen Stock mit Teig über die Glut und wartet.. die Stöcke stoßen manchmal aneinander.. dann muss man die Glut abwischen... doch es ist sehr lustig... Vampire... sind gar nicht so anders, Kurogane -san.. sie essen auch auch... nur manchmal brauchen sie Blut.. wir haben uns von den verschiedenen Dimensionen erzählt.. und Shaolan und ich von unserer Reise...“ Ob er noch zuhörte, oder einfach nur ihrer Stimme lauschte? Das Stampfen durch den Schnee war wie ein Rhythmus, sonst war da nur das Rauschen des Windes. „Kurogane-san? Von allen Welten, die wir gemeinsam bereist haben... was war deine liebste?“
 

Sakuras Stimme beruhigte den Ninja und brachte mehr Licht in das aussichtslose Dunkel, schweigend hörte er ihr zu, versuchte sich ihre Erzählungen sogar kurz bildlich vorzustellen, und für einen Moment schien er tatsächlich besser Luft zu bekommen, die Schritte fielen ihm nicht ganz so schwer, der Weg schien ihm nicht ganz so endlos zu sein. Er überlegte ernsthaft, darüber hatte er sich noch nie Gedanken gemacht, er war sich nicht mal sicher, ob er sich überhaupt noch an all die Welten erinnerte. „Ich glaube..“ antwortete er nach einer Weile, in der er wirklich ernsthaft darüber nachdachte. „..diese verdammte „Schulwelt.“ Wenn er das ganze Drama auf dem Schneeberg ausblendete, war es wahrscheinlich wirklich diese gewesen. „Ich frage mich..worüber ich mich damals mit Fye gestritten habe.. das kommt mir so unwirklich vor.. so belanglos.. aber ich mochte, dass es trotzdem so unkompliziert war, in dieser verdammten Wohnung, die unseren Ebenbildern gehörte.. und diese verdammte Party, auf der du und Fye euch gegenseitig abgefüllt habt und auch den Bengel, der hatte als erstes schlapp gemacht.“ Grummelte er vor sich hin. „Aber..mir hat es gefallen..“ erinnerte er sich und bemerkte erst jetzt seinen Redeflash, weshalb er wieder verstummte, nur leise fragte er nach, in der Angst, das Mädchen verstummte auch wieder. „Und deine?“
 

Leise kicherte Sakura als auch ihr die Bilder um so deutlicher in den Sinn kamen. Das war wirklich ein Spaß gewesen! „Shaolan und ich haben zwei Tage in der Geräteraum der Schule übernachten müssen.. und ständig sind wir unseren Ebenbildern über den Weg gelaufen...“, erinnerte sie sich nun auch, „der Ausflug in die Berge war wirklich toll..“

Doch ihre liebste Welt? Sie hatte alle Welten gemocht, egal wie aufregend oder schrecklich sie gewesen waren, weil sie mit Shaolan, Kurogane, Fye und Moko-chan zusammen sein konnte. Am Anfang hatte sie wegen ihrer Federn nicht viel mitbekommen... einmal hatte sie sogar die Sterne von ganz nah gesehen... Nara fand sie beängstigend, aber dort hatte sie in Yuzuriha eine Freundin gefunden... und Shaolan und sie hatten sich ihre Liebe gestanden... eigentlich gab es in jeder Welt schöne Erinnerungen... und auch wenn es von Clow Country auch sicher welch von unschätzbaren Wert gab, waren es die Erinnerungen dieser Reise, die sie gerade zu Sakura machten... „Ich glaube...“, flüsterte sie gedankenverloren, obwohl sie noch zu keinem Ergebnis gekommen war. Doch der Krieger brauchte gerade ihre Stimme, so viel verstand sie, „Ich mochte sie alle irgendwie... weil ich bei euch war.. aber am lustigsten war die Märchenwelt... Fye war ein Pirat.. und Shaolan sein Sohn... und du ein Räuber und ich... konnte fliegen.. es ging immer drunter und drüber... und am Endeffekt gab es einen großen Schatz..“ [1]
 

Leicht musste der Krieger in sich hinein lächeln bei diesen bescheuerten Erinnerungen.. diese Welt war durch und durch chaotisch und anstrengend gewesen... Fye war ein nerviger Pirat gewesen, der ihn abgefüllt hatte um ihn ins Bett zu kriegen.. innerlich schüttelte er über sich selbst den Kopf, sich ausgerechnet an so etwas zu erinnern.. Fye.. bemerkte er schmerzlich wieder die Situation.. was würde er gerade dafür geben, dass Fye ihn abfüllte um wer weiß was mit ihm anstellte? Seine Augen waren schwer und nur mit Mühe hielt er sie offen.

“Ein Schatz?“ fragte er leise nach. „Daran erinner' ich mich gar nicht mehr..“ gab er ehrlich zu.
 

„Doch … einen Schatz... Fye hatte ihn versteckt und du wolltest ihn haben... und dann gab es ein Erdbeben und alle hatten furchtbare Angst um euch... aber ihr habt es geschafft....“ Kurz schloss sie die Augen und seufzte. Als sie sie wieder öffnete war da aber immer noch der weite, schneeweiße Himmel. Doch plötzlich viel ihr etwas auf und leicht bewegte sie den Arm, um in eine Richtung zu zeigen. „Kurogane-san... da lang..“
 

Kurz zog er fragend die Augenbrauen zusammen. „Mich wundert es.. dass du dich daran erinnerst. Wir haben alle die Erinnerungen an diese Erlebnisse nach und nach wieder erlangt.. aber du hattest das doch alles vergessen, oder?“ , erinnerte er sich da falsch? Aber das Gespräch lenkte ihn von den Schmerzen am Rücken ab und auch seine Schritte fielen ihm leichter, weil er sich mehr auf die Wüstenprinzessin und diese Erinnerungen konzentrierte als auf den langen Weg. Er fragte sich gar nicht groß, woher sie nun meinte zu wissen, wo sie lang mussten, aber da er wohl noch weniger Ahnung zu haben schien, vertraute er ihr blind und schlug die vorgegebene Richtung ein.
 

Die junge Frau schloss wieder die Augen, um besser die Erinnerungen vor Augen zu haben, die sie wohl gerade beide beruhigten und sie von dem tödlichen Grau und Weiß um sie herum ablenkten. „Ich habe mich später daran erinnert.. durch die Federn...“, erklärte sie. Es muss ziemlich spät gewesen sein, weit nach Nara und sie hatte sich sehr mit Shaolan darüber amüsiert. Ihre Hüfte, um die der Krieger seinen Arm geschlungen hatte, um sie zu tragen, wurde langsam taub und sie spürte seine schweißige, fiebernde Haut gegen ihre Wange. Ihm ging es nicht gut und allein die Geister in dieser toten Wüste aus Eis, hielten sie davon ab loszuweinen. Sie würden schon irgendwann, irgendwo ankommen... Sie redete einfach weiter und weiter... erklärte Kurogane sogar das Rezept für Stockbrot und auch wenn sie manchmal den Faden verlor oder sich ein bisschen seltsam dabei vorkam, flüsterte sie einfach gegen die Stille an und merkte, dass auch sie das beruhigte.
 

Immer wieder schien das Mädchen zu wissen, wo sie lang mussten und immer weiter und weiter gingen sie. Sakura erzählte ihm fast ununterbrochen etwas und er war ihr dankbar dafür, auch, wenn es nichts wirklich wichtiges war, worüber sie redeten, Hauptsache, sie redeten überhaupt..

Doch plötzlich blieb der Krieger stehen, ihm war augenblicklich schwindelig und schwarz vor Augen, sein Atem überschlug sich fast, doch es füllte seine Lungen kaum noch mit Sauerstoff, sein ganzer Körper fühlte sich taub an, nur sein Rücken brannte.. er wusste nicht, wie viel Blut er verloren hatte. Was er wusste war, dass er nicht mehr weiter gehen konnte, dabei wollte er nichts mehr, als diese junge Frau zurück zu bringen..zu diesem Bengel.. „Es tut mir Leid..“ flüsterte er leise, bevor alles wie in Zeitlupe zu passieren schien.. seine Augen konnte er nicht davon abhalten, endlich der Müdigkeit nachzugeben, seine Beine verloren den Halt und langsam sackte er mit dem Mädchen in den kalten Schnee, auf dem sie hart ankamen. Und dann, war es dunkel um ihn herum..
 

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Das Blut rauschte in seinen Ohren und Fye atmete schwer. Er hatte Ashura einige ernstere Verletzungen zufügen können, doch er musste sein Bestes geben seine Konzentration und vor allem seine Kräfte zu sammeln. Das Schneefeld hatten der Könige und sein ehemaliger Hofmagier mittlerweile völlig verwüstet, genau so wie die vereinzelten Bäume in der Umgebung, tiefe Schneisen verwundete den oftmals verdorrten Boden und Wurzelwerk von abgestorbenen Pflanzen wurde sichtbar. Der Himmel zeigte immer noch keine Veränderung, außer sein gleichgültiges grau-weiß und nach wie vor spuckte er Schneeflocken aus, die aber zu wässrig waren, um liegen zu bleiben. Statt dessen machten sie das Kampffeld schlammig und rutschig.
 

Der Kampf der Armeen lief schon, so viel hatte der Magier mitbekommen, doch der König hielt ihn für alles weitere zu beschäftigt. Wieder musste er einen Angriff blocken und entfesselte einen weiteren Zauber gegen den König. Sein Herz sprang ihn fast aus der Brust und als er sich nach einem Schlag wieder aufraffen wollte, sank er beinahe wieder in die Knie. Mittlerweile war eine Waffe gegen Ashura mehr als notwendig geworden und er führte die magische Lanze gegen das schwarze Schwert. Mit der Waffe konnte er sich den König weit genug vom Hals halten, schaffte es aber durch die Spitzen und Widerhaken ihm einige tiefere Wunden zuzufügen.
 

Den König, der sich gerade von einem Angriff von Fye wieder aufgerafft hatte, überkam ein Hustenreiz und als er die Hand wegnahm, fiel ihm das Blut auf, dass er dabei spuckte. Nun wirklich wütend, blickte er kühl in das Auge des Verursacher seiner Wunden. Blind griff er nach dem Schwert, das neben ihm im Schnee lag, bevor er endgültig aufstand.. so wurde das nichts, stellte er fest.. Fyes Magie war stark und zum ersten Mal, richtete sie sich mit voller Gewalt gegen ihn.

Dass sich der Mann gegen ihn richtete, dem er so viel gegeben hatte, so viel ermöglicht.

„Ich hätte euch da lassen sollen.. damals, in eurem verfluchten Dorf... was bist du jetzt noch wert?“, fragte er den blonden Mann, der sichtlich genauso an den Grenzen seiner Kräfte war, wie er selbst. „Ein Königreich hättest du haben können.. einer der bedeutendsten Männer in Ceres.. und hier in Japan sein können.. und das gibst du auf.. wofür? Bleibt dir überhaupt irgendwas übrig?“, fragte er Fye. „Dein neues Spielzeug wird sich schon bald von dir verabschieden, diese Seuche zerfrisst seinen Körper und du kannst dabei nur zusehen..allein das wäre schon ein Grund, dich leben zu lassen.. und diese Kinder.. meinst du, sie interessieren sich auch nur noch einen Deut für dich?“, sprach er weiter. Zumal er dieses Mädchen eh freiwillig nicht mehr rausgeben würde.. er würde ihre Magie ausschöpfen und alles was Fye blieb, wäre ihre leere Hülle.. „Ist es das wirklich wert, all das aufzugeben?.. nun, es wäre sowieso längst zu spät für dich.. sieh dir an, was du mir angetan hast..“, kurz warf er einen Blick auf seinen Arm, dem das Blut runterrann. „Selbst, wenn du mich jetzt besiegst.. du hast längst alles verloren..“
 

Fyes rasselnde Atem ließ ihn nicht sofort antworten, doch er war dankbar um die Verschnaufpause. Dennoch konnte er nicht umher, dass sein Herz einen ziemlich schmerzhaften Sprung machte, als er die Worte vernahm. Aber eigentlich hätte er sich bedanken müssen, dachte er zynisch, wenn er bis jetzt noch einen leisesten Zweifel gehabt hatte, dass die Vergangenheit keine Lüge gewesen war, dann waren diese Zweifel jetzt endgültig zerschlagen. Bitter spuckte er ebenfalls etwas Blut aus und sah zu Ashura. „Selbst wenn ich alles verliere, habe ich dann wenigstens meinen Frieden vor DIR“, er legte so viel Hass wie möglich in diese Worte und eigentlich wollte er Ashura mit dem nächsten Schlag endlich niederstrecken, oder vielleicht einfach nur die Klinge an den Hals halten und ihn zwingen die Worte zurückzunehmen.... doch Ashura würde nie das tun, was Fye von ihm verlangte, er war gegen diesen Mann.. einfach nur hilflos. Mit einem Sprung war er bei Ashura und zog den Dolch hervor, den er im Laufe des Kampfes fast zufällig wieder vom Schlachtfeld eingesammelt hatte - und diesmal zögerte er nicht Ashura die Klinge von Hinten in den Nacken zu rammen. Die Knochen knackten und ein Schutzzauber schleuderten ihn ein weiteres mal fort, pressten die Luft aus seinen Lungen, doch der Schlag saß.
 

Der König, der sich gegen Fyes Angriff kaum wehren konnte, vernahm gerade noch die Worte des Blonden, bevor er ihn aus den Augen verlor und als er sich umdrehte, spürte er schon den stechenden Schmerz in seinem Hals. Augenblicklich war ihm die Luft zum Atmen abgeschnitten und er merkte, wie ihm das Blut in die Lungen lief und am Hals und den Nacken hinunter rann. Schockiert hatte der König ungeahnt die Augen aufgerissen und rang nach Luft, ging längst in die Knie und röchelte.. dass seine Schutzmagie dafür gesorgt hatte, den Magier von sich zu schleudern hatte er kaum bemerkt, alles, worauf er sich konzentrieren konnte war es Luft zu bekommen, doch diese blieb vollkommen aus. Seine Lungen füllten sich allmählich immer mehr mit Blut..

Die Welt um Ashura wurde schwarz und drehte sich immer mehr, egal was er tat, es füllte keine Luft mehr seine Lungen sondern nur Blut.. schockiert schaffte er einen Blick in die Richtung des Magiers, bevor er weiter in sich zusammenbrach und auch das Röcheln langsam weniger wurde, bis er ganz verstummte.
 

Nur still und leblos blieb der Körper des Königs im Schnee liegen, der sich mittlerweile rot gefärbt hatte und starr und leer blickten die goldenen Augen ins Nirgendwo.

So schnell wie möglich rappelte sich der ehemalige Hofmagier auf, fand auf dem rutschigen Schneepunkt gerade noch festen Stand und kämpfte gegen den Schwindel an – als er bemerkte, dass kein neuer Angriff kam. Es war vollkommen still auf dem Schlachtfeld. Der König war in wenigen Metern Entfernung zusammengebrochen und rührte sich nicht mehr. Unsicher kam Fye näher, betrachtete fast überrascht der Körper, um dem sich der Schnee tiefrot getüncht hatte, ein Fleck der sich rasch ausbreitete und bis hin zu seinen Stiefel sickerte, um sie herum. War es echt so einfach gewesen? War es das wirklich gewesen? Hätte es nicht bis in alle Unendlichkeit weitergehen müssen?
 

Es stellte sich keine Erleichterung ein, nur Übelkeit, Schwindel, weil Fye gerade gar nichts begriff. Er stand nur vor dem toten König, die Hand immer noch krampfhaft um den Dolch geschlossen. Keine Trauer. Keine Erleichterung. Keine Angst und kein Adrenalin mehr. Selbst sein Puls war nach unten gesunken, als wollte er ihm gleich abhanden kommen. Er fühlte sich auf einmal unglaublich müde. Im Schnee liegen und ewig schlafen..., das klang gerade all zu verlockend. Doch die Realität war, dass er wohl gerade aus einem Alptraum aufgewacht war, oder? Die Welt machte keinen Sinn mehr. Es war auch nicht alles egal. Es war einfach nur... Langsam ging er in die Knie und streckte die Hand nach dem blassen Gesicht aus, traute sich jedoch nicht die Haut zu berühren, die Fingerspitzen schwebten nur über die vertrauten Gesichtszüge, die nun ohne all die Wut und Lügen und Drohungen wieder jung und vertraut aussahen.

Als wäre alles ein Tram gewesen, eine Maskerade, ein Irrtum. Die Sekunden tickten dahin, doch die Zeit entschloss sich nicht weiterzugehen. Oh bei den Göttern, er wünschte es wäre ein Irrtum, doch gleichzeitig wurde sein Kopf klarer.

Wenn er diesen Kampf wirklich gewonnen hatte, Ashura wirklich tot war – obwohl es zu einfach war, viel zu einfach und gleichzeitig schienen ihm all die vielen Jahre viel zu schwer und anstrengend gewesen zu sein, als dass es jetzt so zu Ende ging – dann war Japan gerettet, kehrte in Ceres wieder Frieden ein, wurde ihm nicht alles genommen, wofür er kämpfte.

So einfach. Es war zu einfach. Es musste bis in die Unendlichkeit weitergehen. Es hatte bis in die Unendlichkeit weiter zu gehen. Ashura konnte nicht einfach weg sein. Er war ein Teil von ihm, solange Fye selbst lebte, konnte Ashura nicht sterben, konnte Ashua nicht aufhören ihm weh zu tun. Erst als er einen zittrigen Atemzug mag, bemerkte er die schleimigen Tränen in seinen Rachen, auf seinen erhitzten Gesicht. Es. Konnte. Nicht...
 

Seine Hand sank in den Schnee, ein seltsames Gemisch aus kalter Flüssigkeit und klebriger, roter Wärme. Ashuras Haare lagen wirr und feucht zwischen ihnen und auf eine seltsame leere Art bedauernd fischte er ein paar der schwarzen Strähnen heraus, entwirrte sie, irgendwie, führte sie zu seinen Lippen. Käme die Erleichterung nicht so diebisch und heuchlerisch schüchtern zwischen seinen Rippen gekrochen, hätte für eine Sekunde mit dem Gedanken gespielt Heilmagie anzuwenden, das Spiel weiterzuspielen, weiter und weiter und weiter und weiter. Die Magie summte schon über seinen verwundeten Rücken, doch der Entschluss war nicht stark genug, um sich durchzusetzen. Was immer da war, ob Erleichterung oder Reue, die Stille um ihn herum und die hilflose Ungläubigkeit ließen ihn gar nichts tun, außer hier zu sitzen, egal wie unvorsichtig das war.
 

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Verzweifelt war sie neben den Krieger in den Schnee gesunken. Sie wollte sich nur ein wenig ausruhen und dann weitergehen, doch gerade versagte ihr Körper seinen Dienst. Es musste doch irgendwie gehen! Die Geister hatten ihr die Richtung gezeigt und Sakura vertraute diesen Stimmen, sie hatten sie noch nie betrogen. Doch gerade war alles still und Sakura fühlte sich ziemlich schwach, einsam und kalt in dieser endlosen Eiswüste....

Es brachte nichts! Sie musste stark sein! Und wenn sie zu lange hier rumsaß ohne sich zu bewegen, würde es ihr wie in der Wüste bei Nacht ergehen. Irgendwann wäre sie zu müde zum weiterlaufen, ihr Körper zu kalt... sie packte abermals den Arm des Kriegers und zog ihn weiter durch den Schnee. Sie wusste, dass der andere Mann verletzt war und hoffte ihm so keine weiteren Verletzungen zuzufügen, er war einfach zu schwer, um ihn zu tragen... selbst wenn sie selbst vollkommen fit wäre.

Durch den halbgeschmolzenen Schnee kam sie auch 'ganz gut' vorwärts, doch es schien und schien kein Ende zu nehmen. Bei einer weiteren Rast tastete sie nach den Puls des Kriegers und bemerkte, dass er trotz der unnatürlichen Blässe auf Kuroganes Gesicht recht stetig ging. Das erleichterte sie, ein wenig.. doch die Haut war ganz kalt und sie hatte wirklich Angst um ihren Freund... Der Krieger war stark... aber nicht unzerstörbar... und gerade hatte sie wirklich, wirklich große Angst, dass er einfach aufhörte zu atmen.. Auch im Schnee war überall Blut.... „Kurogane..“, sprach sie ihn sanft an und rieb ein wenig sein Gesicht und seine Arme, um ein bisschen Wärme in den anderen Körper zu bringen. Doch ihre Hände waren selber kalt wie Eis, sie schaffte es kaum zuzupacken. Und das obwohl sie schon die schweren Metallschutzschienen abgemacht hatte... Doch sie konnte doch nicht einfach hier hocken und nichts tun... doch sie wusste auch, sie würde es eh nur noch wenige Meter schaffen und gerade war es am wichtigsten ein wenig Wärme in den Bewusstlosen zu bekommen. Sakura war froh, dass er da war... alleine hier in dieser Eiswüste hätte sie sich zu Tode gefürchtet, doch nun hatte sie einen Grund durchzuhalten... auch Shaolan, ihre Kinder, Fye und Moko konnte sie nicht einfach so hängen lassen... Sie zog den Mann ein wenig an sich heran, wickelte den schwarzen Mantel fester um ihn und versuchte ein wenig Körperwärme auszutauschen. Nur bis sie weiterkonnte...
 

Plötzlich liefen der jungen Frau Tränen über die Wangen - sie waren ganz heiß und brannten auf ihrer ausgekühlten Haut - und sie verbarg das Gesicht in dem schwarzen Haar. „Kurogane... du musst durchhalten... wir brauchen dich.... du.. du darfst nicht sterben... hörst du...? Es gibt noch so viel, was du sehen musst... Toya und Yuui... und Frieden in Japan … und Fye und Shaolan und Moko-chan warten auch auf dich... Bitte.... bitte lass dir das nicht entgehen...“

Nachdem einige Sekunden vergingen waren und sie nur dem flachen Atem des Kriegers gelauscht hatte, kam sie wieder zittrig auf die Beine. Der Himmel hatte sich überhaupt nicht verändert und sie konnte auch keine Geister mehr sehen, die ihr den Weg wiesen. Doch sie hatte die grobe Richtung noch im Kopf, was immer dort war.
 

________ Ende Kapitel 110______
 

Anmerkung 1 – Sakura war in der 'Märchenwelt' Peter Pan
 

Disclaimer: TRC gehört nicht uns, wir verdienen kein Geld damit. Auch die Lyrics gehören uns nicht und dieses ganze Werk ist vollkommen profitfrei. Thx.
 

Allerdinsg über Kommentare würden wir uns sehr freuen.



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