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Ein schmaler Grad...

- Zwischen Liebe und Hass steht nur ein Wort -
von

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Antworten

Kapitel 8: Antworten
 

Nachdem Kabuto nicht mehr in Sicht war, drehte sich Sasuke seinem Bruder zu. Unsicher erwiderte er den gewohnt kühlen Blick, der ihn empfing.

„Ich…“, fing er an, bis ihm klar wurde, dass er tatsächlich keine Ahnung hatte, was er sagen sollte. Warum sollte er sich überhaupt rechtfertigen?! Itachi sollte klar sein, dass er kein Interesse daran hatte, bei ihm zu bleiben. War es nicht er gewesen, der ihn sogar angewiesen hatte, das zu tun?! Zumindest hatte er nicht verhindert, dass Sasuke floh.

Mit einem Mal wurden seine Gedankengänge unterbrochen, als Itachi plötzlich vor ihm stand. Sasuke hatte nicht einmal gemerkt, wie er sich genähert hatte.

Er musste in Zukunft wirklich besser aufpassen.

Plötzlich jedoch wurde er gepackt und gegen einen Baum hinter ihm gedrückt. Sasuke keuchte erschrocken auf und suchte verwirrt Itachis Blick. So überrascht hatte ihn diese plötzliche Attacke, dass er nicht einmal daran dachte, sich zu wehren. Itachi schaute ihn mit einem irgendwie seltsamen Ausdruck in den Augen an, den Sasuke noch nie an ihm beobachtet hatte. Was war es?!

„Itachi…“, begann er noch, bevor ihm das Wort abrupt abgeschnitten wurde, als Itachi ihn küsste. Einen Moment war sein Verstand wie leergefegt. Dann erst nahm er wahr, dass Itachis Hände an seine Seiten gewandert waren. Unnachgiebige Lippen drückten sich auf die seinen und endlich kam Sasuke wieder zu Verstand. Mit einem Ruck hob er die Hände und stieß Itachi von sich weg, um ihn auf Abstand zu haben.

Sein Bruder starrte ihn an und mit einem Mal weiteten sich seine Augen minimal, fast so, als hätte er selbst erst begriffen, was er da gerade getan hatte. Aber das änderte es jetzt auch nicht mehr.

Der junge Uchiha hob ungläubig eine Hand zu seinen Lippen und musterte seinen Bruder fassungslos. Das bisschen Vertrauen, dass im Verlauf der letzten Tage zu seinem Bruder gewachsen war, zersprang in tausend Stücke und Sasuke merkte, dass er unwillkürlich angefangen hatte, zu zittern.

„Soll das etwa deine Antwort sein?!“, fragte der Junge - und nun war er nur ein Junge, unsicher und mit der Situation absolut überfordert, stockend. Itachi schüttelte, augenscheinlich mehr zu sich selbst, als zu jemand anderem, den Kopf. Er schien von seinem eigenen Handeln überrascht, beinahe geschockt.

Sasuke hätte beinahe gelacht.

Da ihn nun nichts mehr hielt, wich Sasuke ein paar Schritte zur Seite und brachte so etwas mehr Abstand zwischen sich und den anderen. Er hätte doch mit Kabuto mitgehen sollen, schoss es ihm durch den Kopf und er wünschte sich von ganzem Herzen noch einmal fünf Minuten in die Vergangenheit, wo er noch die Wahl gehabt hatte. Er hätte doch fliehen sollen, als er die Gelegenheit gehabt hatte. Es spielte keine Rolle, dass Itachi ihn vermutlich eingeholt hätte, es war egal, ob Orochimaru seinen Körper wollte, Sasuke wünschte sich schlicht, dass das er jetzt überall, nur nicht hier wäre und Itachis geschocktes Gesicht mit ansehen müsste.

Doch wie schon so oft in seinem Leben, erfüllte sich auch diesmal sein Wunsch nicht. Itachi verschwand nicht und auch das seltsame Gefühl in Sasuke blieb.
 

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Itachi sich wieder regte, doch es konnten nicht mehr als ein paar Sekunden vergangen sein. Mit einem seltsam müden Ausdruck sah Itachi ihn an und streckte ihm eine Hand entgegen. „Lass-“, er räusperte sich und begann noch mal. „Lass uns zurückgehen, Sasuke.“

Dieser schlug die angebotene Hand jedoch aus. Mit weit aufgerissenen Augen sah er Itachi an und fragte sich, ob es irgendeinen Sinn machte, jetzt zu fliehen. Alles in ihm sträubte sich dagegen, jetzt mit Itachi in die einsame Hütte zurückzukehren, besonders nach dem eben geschehenen, aber schließlich sah er ein, dass er kaum eine Wahl hatte. Und ob er hier alleine mit Itachi war, oder in der Hütte, war letztlich auch egal.

Dennoch sorgte Sasuke für größtmöglichen Abstand, als sie zurückkehrten. Natürlich, es war ‚nur‘ ein Kuss gewesen, aber er kam immerhin von seinem Bruder! Von dem Bruder, der seine Familie ausgelöscht hatte, den er geschworen hatte, zu hassen und mit aller Macht, die ihm zur Verfügung stand, zu vernichten. Sasuke musste sich selbst eingestehen, dass er dieses Ziel in den letzten Tagen mehr als nur vernachlässigt hatte, aber das würde sich jetzt ändern!

Der alte Hass war wieder da!
 

Schließlich erreichten sie die Hütte und betraten sie schweigend. Sasuke betrat das leere Zimmer, das er schon am ersten Tag entdeckt hatte. Er wusste nicht, ob er noch immer unbedingt die Antworten auf seine Fragen haben wollte, nicht nach dem eben. Aber noch viel weniger wollte er es in Itachis Zimmer hören. Er brauchte einen neutralen Ort, an dem er sich wenigstens etwas sammeln konnte.

„Es tut mir Leid, Sasuke.“, sagte Itachi schließlich in das Schweigen hinein. Sasuke machte sich nicht die Mühe, ihn anzusehen. Er wusste nicht, ob das der Wahrheit entsprach, aber selbst wenn, was glaubte sein Bruder, damit wieder gut zu machen?! Erneut hatte er sein Vertrauen enttäuscht und ihn hintergangen, obwohl sich Sasuke doch damals geschworen hatte, es nie wieder so weit kommen zu lassen. So war es doch schon immer gewesen. Itachi sorgte dafür, dass Sasuke ihm vertraute und sobald er dass erreicht hatte, riss er alle seine Hoffnungen nieder wie ein altes Haus, dass nicht weiter gebraucht wurde.

Es ging gar nicht um den Kuss. Aber Sasuke fühlte sich enttäuscht und irgendwie betrogen. So sehr er sich auch bemühte, dieses Gefühl abzuschütteln, es gelang ihm nicht. Also kaschierte er es mit Wut.

„Tatsächlich?!“, schnappte er. „Es ist ein bisschen spät dafür würde ich sagen. Was zur Hölle hast du dir dabei gedacht?! Ich bin dein Feind, verdammt noch mal. Ach ja, und dein Bruder zufällig auch noch, so sehr ich hasse, es zugeben zu müssen.“ Gegen seinen Willen war er schon wieder laut geworden.

Und Itachi sah ihn bloß an und wartete, bis er fertig war. Was auch recht bald geschah, denn Sasuke verstummte nur wenig später. Nicht, weil er nichts mehr zu sagen hatte und erst recht nicht, weil er sich bereits abgeregt hatte, sondern schlichtweg, weil er erkannte, dass er jetzt nichts mit seinen Worten ausrichtete. Sie erreichten Itachi einfach nicht, genauso wenig wie seine verzweifelten Fragen damals, weshalb er ihre Eltern umgebracht hatte.
 

Wirst du es denn niemals müde werden, mich zu quälen, Bruder?!
 

Nachdem Sasuke schwieg, richtete sich Itachi auf. „Es tut mir Leid“, wiederholte er tonlos und Sasuke musste schweigend erkennen, dass seine Worte tatsächlich nicht bei Itachi angekommen waren.

Kurze Zeit verging. Sasuke setzte sich auf den Stuhl, nur um gleich darauf wieder aufzustehen. Er war jetzt einfach zu aufgewühlt, um zu sitzen. Um sich selbst abzulenken, ließ er seinen Blick durch das Zimmer wandern, doch wie er schon zu einem früheren Zeitpunkt festgestellt hatte, gab es hier nichts, an dem man hängen bleiben konnte.

„Nein.“

Abrupt blieb Sasuke stehen, als die Stimme seines Bruders das Schweigen im Zimmer durchbrach. Verständnislos sah er ihn an, allerdings auch mit einer gehörigen Portion Misstrauen.

„Das war nicht meine Antwort“, führte Itachi aus, als er sah, dass Sasuke ihm nicht folgen konnte.

„Ach wirklich? Und was-?“

„Du hattest Fragen, nicht wahr?!“ Schon wieder hatte Itachi ihm das Wort abgeschnitten. Demonstrativ stellte er sich nun in den Raum und verschränkte in einer absolut untypischen Geste die Hände vor der Brust. „Nun, ich bin zurück.“
 

Sasuke fühlte sich absolut sprachlos. Nun endlich, wo er die Gelegenheit hatte, Fragen zu stellen, fiel ihm keine einzige Frage ein, die er gerne beantwortet hätte. Vielleicht war es, weil ein Teil von ihm sich vor den möglichen Antworten fürchtete?

Er wusste es nicht.

Schließlich sprach er das Erste aus, was ihm in den Sinn kam. „Was sollte das eben?“ In seiner Stimme war eine Art verzweifelter Unterton, gegen den Sasuke aber nichts machen konnte, also ignorierte er ihn einfach. Itachi wollte gerade zu einer Antwort anheben, als Sasuke auch schon weiter sprach: „Ach, vergiss es, du wirst es mir sowieso nicht sagen, nicht wahr?!“

Die ausdruckslose Miene von Itachi bestätigte ihn in seiner Annahme.

Sasuke atmete tief durch. „Also… was du mir gesagt hast… warum willst du, dass ich dich stoppe?!“

„Weil es jemand tun muss. Ich wollte, dass du derjenige bist.“

Die Erwiderung kam so prompt, dass Sasuke überrascht blinzelte. Für einen Moment verlor er den Faden. „Warum ich?!“, fuhr er endlich fort.

„Das habe ich dir bereits gesagt. Du hast das Potential dafür.“

Das wusste Sasuke bereits, aber er fühlte sich nicht zufrieden mit der Antwort. Itachi gab ebenso kurze wie uninformative Antworten. „Warum musst du aufgehalten werden?“

„…“

Abwartend blieb Sasuke stehen und fixierte seinen Blick auf sein Gegenüber.

Sein Bruder löste seine verschränkten Hände und ließ sie herabhängen. „Wenn du es bis jetzt nicht verstanden hast, kann ich es dir wohl kaum begreiflich machen.“

Mit einem Ruck drehte sich Sasuke weg, um Itachi nicht mehr ansehen zu müssen. Er gab ein verächtliches Schnauben von sich. Natürlich, es war seine Schuld, dass er nicht verstand. Was auch sonst?!

Itachi hatte gelogen, als er ihm Antworten versprochen hatte. Aber weshalb hatte er überhaupt etwas anderes erwartet?! Er hätte es wissen müssen. Wann hatte ihm Itachi jemals die Wahrheit gesagt? Er hatte gelogen, als es um das Training mit ihm ging, als er noch klein war und er log über seine Antworten. Für Itachi war eben alles nur Mittel zum Zweck, Worte hatten keinerlei Bedeutung für ihn.
 

„Gibt es eigentlich irgendetwas, was für dich von Bedeutung ist?!“ Die Frage war Sasuke entschlüpft, bevor er sich selbst daran hindern konnte.

Itachi schwieg.

„Du bist von Bedeutung.“, sagte er schließlich nachdenklich. Sasuke biss sich auf die Lippen. Er wusste, diese Worte waren nicht so gemeint, wie sie klangen und er hatte nicht vor, seinen Schutz erneut aufzugeben.

„Weil ich dich stoppen soll.“

„... Richtig.“

„Und das ist alles?! Ich bedeute dir nicht mehr, nichts sonst ist wichtig?“, hakte Sasuke nach. Er hasste es, seine eigene Stimme so hoffnungsvoll klingend zu hören. Itachi würde ihm nur noch einen Dolch ins Herz rammen, ihn noch mehr enttäuschen. Aber überraschenderweise erwiderte Itachi nichts.

Nach einer halben Ewigkeit, wie es Sasuke schien, nickte er schließlich. „Das ist alles.“

„Ich glaube dir nicht.“ Im gleichen Moment glaubte Sasuke es doch. Und zum ersten Mal bedauerte er Itachi vielleicht ein kleines bisschen. Zum ersten Mal, vielleicht in seinem ganzen Leben, glaubte er, Itachi ein wenig verstehen zu können. Er selbst hatte sein Leben nahezu aufgegeben, um Itachi hinterher jagen zu können, aber es schien fast so, als besäße Itachi überhaupt keines.

Automatisch fuhr Sasuke mit einer Hand wieder zu seinen Lippen. Auch jetzt noch spürte er, wie ein feiner Nachhall, ein leichtes Prickeln, wo Itachis Lippen ihn berührt hatten. Konnte das etwas damit zu tun haben?!

Vielleicht war Itachi ja manchmal genauso einsam wie er...

Aber, dachte Sasuke entschlossen, diese Gedanken zu verdrängen, Itachi hat sich sein Schicksal ausgesucht.

Ihm hingegen war keine Wahl geblieben. Weil Itachi ihm keine gelassen hatte.
 

Sasuke war nicht mehr nach Fragen stellen zumute. Dennoch, eine wollte er noch beantwortet haben. Sasuke erinnerte sich an die Worte von Kabuto. „Was ist zwischen dir und Orochimaru geschehen? Oder ist das wieder eine Frage, welche du nicht beantworten wirst?!“

„Es gibt nicht viel zu beantworten. Orochimaru und ich sind Rivalen, das ergibt sich von selbst, wenn man zwar viel Macht besitzt, aber nicht auf derselben Seite steht. Es ist für uns beide unmöglich, nebeneinander zu leben.“, stellte Itachi fest.

Kurz und präzise.

Und kein bisschen informativ.

Sasuke war nicht in der Laune, weitere Fragen zu stellen. Er verspürte den unbestimmten Wunsch, sich frustriert auf ein Bett zu werfen oder wahlweise auf irgendetwas einzuschlagen, um sich abzureagieren, aber gleichzeitig wollte er sich auch einfach nur von der ganzen Welt verstecken.

Sasuke warf einen Blick zu seinem Bruder, der unbewegt dastand, das Gesicht noch immer das Pokerface, dass es schon immer war. Sasuke erinnerte sich an den geschockten Ausdruck in Itachis Augen. Es musste eines der wenigen Male gewesen sein, an denen Itachi eine echte Gefühlsregung zeigte. Und warum?

Weil er ihn geküsst hatte.

Weil er kurz davor gewesen war, zu Orochimaru zu gehen.

Sasuke begriff, dass Itachi vielleicht nicht völlig gelogen hatte. Vielleicht bedeutete er ihm tatsächlich etwas – auf eine seltsame, verdrehte Art und Weise. Das gefiel Sasuke irgendwo. Noch immer war da dieses dumpfe Grollen in ihm, dass alles an Itachi verachtete, aber da gab es auch noch diese andere Seite, die kindliche, die nie aufgehört hatte, an Itachi zu glauben und in den letzten Tagen stärker hervorgetreten war als in all den Jahren zuvor.

Sasuke stellte fest, dass es ihm nicht mehr um das Töten ging.

Rache war bedeutungslos geworden für ihn. Itachi wollte sterben, das hatte er mehr oder weniger gesagt. Warum sollte Sasuke ihn also noch töten wollen? Er bezweifelte, dass dies wirklich die richtige Art war, seine Familie zu rächen. Mit hängenden Schultern wandte er sich zum Gehen. Itachi sah ihn aufmerksam an.

„Ich gehe trainieren.“, beantwortete Sasuke die unausgesprochene Frage. Ein bitteres Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus, genauso wie die Leere, die er so sehr fürchtete. „Willst du nicht mitkommen?!“

Es war so sinnlos. Sein ganzes Leben lang hatte Sasuke nur für ein Ziel gelebt, welches sich nun als nichtig herausstellte.
 

Itachi antwortete nicht. Er schien über etwas nachzudenken. Mit einem resignierten Seufzen wandte Sasuke sich ab und wollte gerade das Zimmer verlassen, als er seinen Bruder noch einmal sprechen hörte. „Warte.“

Fragend drehte Sasuke sich um – und erstarrte. In Itachis Gesicht hatte sich etwas verändert, er sah mit einem Mal irgendwie entschlossen aus, so als wäre ihm etwas klar geworden, was ihm lange verschlossen geblieben war. Mit wenigen Schritten war der ältere Uchiha bei ihm.

„Du wolltest doch reden, Sasuke.“

„Du beantwortest ja schließlich keine meiner Fragen“, konterte Sasuke trocken. Er unterdrückte die niederschmetternden Gefühle, die ihn ergriffen hatten. Sich nur nichts anmerken lassen…

„Es gibt Dinge, die du noch nicht verstehen würdest…“, meinte Itachi mit einem abwesenden Blick. Noch bevor Sasuke etwas erwiderte, sprach er weiter. „… Und es gibt Dinge, über die ich mir selbst erst klar werden musste.“

Er musterte Sasuke mit einem unergründlichen Blick. „Du hasst mich nicht länger, Sasuke. Ich weiß, dass du enttäuscht bist.“

„Das ist doch völliger Unsinn.“, behauptete Sasuke, wich allerdings dem Blick seines Bruders aus. Er war nicht enttäuscht. Er war nur… wütend. Warum sollte er auch enttäuscht sein?!

„Leugnen ist sinnlos, Sasuke. Du bist so leicht zu durchschauen.“

„Zumindest für dich.“, beendete Sasuke das Unausgesprochene an Itachis Satz.

Sein Bruder schwieg.
 

„… Ich habe gelogen.“, sagte Itachi nach einer kleinen Pause in einem nachdenklichen Ton.

Verblüfft sah Sasuke zu dem älteren Uchiha auf. Es war an sich keine große Überraschung, denn das Itachi ihm nicht die Wahrheit sagte, war nichts Neues, aber noch nie hatte er es zugegeben. „Inwiefern?!“

„Es tut mir nicht leid.“

Der Kuss.

„Mir ist einiges klargeworden dadurch.“

„Und…“ Sasuke räusperte sich. Seine Stimme klang eigenartig krächzend und sein Mund war wie ausgetrocknet. „Was ist dir klargeworden?!“

„Ich habe es dir gesagt. Weißt du, Sasuke, ich habe nicht immer gelogen. Du bist der Einzige, der mir etwas bedeutet.“ Itachi beugte sich zu ihm und strich langsam mit seinen Fingern über Sasukes Wange. Sasuke wollte auffahren, aber die Finger legten sich auf seine Lippen und stoppten so den aufkommenden Redefluss. „Warum, spielt keine Rolle… Mein Blick lag immer nur auf dir.“

Er verstummte für einen Moment. „Ich wusste schon damals, dass ich dich zu demjenigen erkoren hatte, der mich stoppen würde. Lange, bevor sich die Gelegenheit ergab, meine Kräfte auszutesten. Wenn es nicht die Familie gewesen wäre, ich hätte einen anderen Weg gefunden, mich selbst zu beweisen.“

Sasuke fühlte sich unfähig, etwas zu erwidern. Er wusste, dies war vielleicht das einzige Mal, dass Itachi ihm wirklich und ehrlich sagen würde, was er fühlte. Es war vielleicht seine einzige Chance auf die Wahrheit, doch selbst wenn er unterbrechen hätte wollen, Sasuke traute seiner eigenen Stimme nicht mehr. Also sah er Itachi nur fasziniert an.

Itachi fuhr weiter fort. Er sah Sasuke dabei nicht an, sondern blickte gedankenverloren an die Wand. Es war fast, als würde er mit sich selbst reden. „Ich wollte, dass deine Aufmerksamkeit genauso auf mir lag, wie die meine auf dir. Du solltest niemand haben, der dir wichtiger war als ich. Nur mich sehen, alles für mich aufgeben.“

Nun hielt er es doch nicht länger aus, zu schweigen. „Ich habe dich geliebt.“, flüsterte Sasuke tonlos. Er spürte, wie seine Augen brannten. Wenn dies hier nicht bald ein Ende fand, dann würde er Tränen nicht mehr zurückhalten können. „Ich habe dich verehrt, Itachi. Immer nur zu dir aufgesehen. Andauernd habe ich mich mit dir verglichen, ich wollte genauso werden wie du. Es war egal, dass mich alle dafür bewundert hatten, dass ich der Jahrgangsbeste war. Ich habe immer nur dich gesehen. Was wolltest du denn noch von mir?! Was hätte ich dir denn noch geben können?!“

Hätte er überhaupt etwas tun können?! Was immer er zu tun schien, es war wohl niemals genug in Itachis Augen. Er hatte ihn nicht genug geliebt, er hatte ihn nicht genug gehasst. Wieder einmal fühlte sich Sasuke als Versager. Es war etwas, was ihn seit seinem Eintrittsjahr in die Akademie begleitete und er hasste es. Seine Augen brannten stärker und am liebsten hätte er den Kopf gesenkt, aber Itachis Hand, welche noch immer an seinem Kinn lag, verhinderte dies.

Der ältere Uchiha hatte offenbar seine eigene Gedankenwelt wieder verlassen, denn er sah Sasuke mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an.

„Du hast mich geliebt.“, wiederholte er ruhig. „Aber Liebe währt nicht ewig. Sie ist eine flüchtige Sache und wenn sie einmal verschwindet, dann ist sie auf immer verloren. Du wärest älter geworden, hättest dich irgendwann von mir abgewandt, um dein eigenes Leben zu leben. Ich wollte deine Aufmerksamkeit für immer.“

„Was erzählst du da? Ist das… deine Vorstellung von Liebe?!“, wollte Sasuke wissen. Seine Stimme klang erstickt und war kaum hörbar.

„Vielleicht.“ Ein seltenes Lächeln erschien auf Itachis Gesicht und obwohl es sein Gesicht erhellte, war es gleichermaßen ein wenig… traurig. „Liebe. Hass. Sie haben nur einen wahren Unterschied – ihre Dauer. Es gibt nur wenige Dinge, die sich auf immer in das Gedächtnis graben. Trauer, Leid, Hass. An sie erinnern wir uns. Hass… währt auf immer.“

Er ließ Sasuke los und seine Augen bekamen etwas seltsam unbestimmtes, als würde er sich an etwas erinnern. Unweigerlich fragte sich Sasuke, ob es Itachi wohl genauso ergangen war. Aber er stellte die Frage nicht.
 

Sasuke sah sich in dem Zimmer um. Er fragte sich, wie es jetzt weiter gehen sollte. Er und Itachi waren an einem Ende angelangt.

Er wusste, er würde Itachi nie mehr so betrachten, wie bisher. Er wollte ihn hassen, mit jeder Faser seines Herzens und doch wollte er es nicht. Aber er eines wusste er mit Sicherheit: Er konnte es nicht mehr. Nicht mehr so, wie bisher. So sehr er auch versucht hatte, es sich einzureden, es war ihm nicht mehr möglich.

Nun blieb nur noch wenig zu klären.
 

„Was ist mit Shisui?“, fragte Sasuke leise. „Er hat dir etwas bedeutet, nicht wahr?!“

Itachi schlug die Augen nieder. „Er war ein Freund, aber er war naiv. Er hätte wissen müssen, dass ich ihn verraten würde. Ich musste meine Aufmerksamkeit völlig auf dich konzentrieren, ich konnte keine Ablenkungen gebrauchen. Ich hatte dich gewählt. Zudem brauchte ich die Macht der Mangekyou Sharingan.“

Ungläubig lauschte Sasuke Itachis Ausführungen. Das erinnerte ihn so sehr… war es mit ihm und Naruto nicht genauso gewesen? Er war Itachis Weg gefolgt, ohne es zu wissen. Ob das Absicht gewesen war? Er schnaubte verächtlich. Natürlich war es Absicht gewesen. Itachi hatte nichts dem Zufall überlassen. Sasuke war sein ganzes Leben lang von ihm gelenkt worden, ohne es geahnt zu haben. Wollte Itachi am Ende, dass er wie er wurde? Oder war er das schon längst?

Als hätte er seine Gedanken gelesen, antwortete Itachi: „Du bist nicht wie ich, Sasuke. Du hast ihn nicht getötet.“
 

„Ich bin auch nicht deine Marionette, Itachi.“

„Ich weiß.“

Sasuke schwieg für eine Sekunde. Eine Sache drängte sich nach dem Vorfall mit Kabuto geradezu auf. Er zögerte, die entscheidende Frage zu stellen, besonders, weil er nicht wusste, wie die Antwort ausfallen würde. „Wenn ich beschließe, nun zu Orochimaru zu gehen, wirst du mich aufhalten?“

Zu seiner Überraschung antwortete Itachi sofort. „Nein.“

„Warum nicht?“

„Du wirst es nicht länger zulassen, dass er deinen Körper übernimmt.“, sagte er bestimmt. Sasuke wusste, dass Itachi Recht hatte. Vielleicht würde er die angebotene Macht annehmen, aber er würde verhindern, dass sein Leben so einfach ausgelöscht wurde. Er lächelte bitter. „Du hast das geplant?“

Sasuke kannte die Antwort. Er hatte sein ganzes Leben bestimmt, wie sollte es auch sonst sein? Aber wieder überraschte ihn sein Bruder bei seiner Erwiderung. „… Nein.“

„Warum sonst hättest du mich hergeholt?! Du manipulierst mich doch schon mein ganzes Leben lang. Ich habe immer getan, was du wolltest.“

„Es war nicht geplant.“

Sasuke glaubte Itachi nicht, aber es war wohl offensichtlich, dass sein Bruder nicht bereit war, noch irgendwelche Fragen zu beantworten. Es fühlte sich so an, als wären sie an einer Stelle angelangt, an denen alles gesagt worden war, was es zu sagen gab.
 

Itachi schien es ebenso zu gehen, denn er verließ mit einem Mal das Zimmer und betrat den Flur, wo er ein paar versteckte Waffen hervorsuchte. Sasuke konnte einen guten Blick auf das Versteck werfen. Er erkannte, dass Itachi nicht alle Waffen herausnahm und es verwunderte ihn. Itachi merkte doch, dass er zusah.

„Du bist jetzt einige Tage hier…“, stellte sein Bruder fest. Sasuke nickte nur. Er wusste nicht, worauf sein Bruder hinauswollte und noch immer fühlte er sich niedergeschlagen von der Aussprache kurz zuvor.

„Dein Chakra wird bald zurückkehren.“

Sasuke erinnerte sich gut daran, dass Itachi dass Juuin versiegelt hatte. Worauf wollte sein Bruder eigentlich hinaus?! Es war, wie wenn er ihm etwas mitteilen wollte. Endlich erhob sich Itachi wieder vom Boden, nachdem er das Versteck wieder verschlossen an. Er warf Sasuke einen ernsten Blick zu. „Ich habe noch eine Mission.“

Es war nur dieser eine Satz.

Aber er reichte, um Sasuke alles begreiflich zu machen. Er hatte keine Ahnung, ob Itachi die Wahrheit sprach, aber er wusste, was dies bedeutete. Itachi hatte eine Entscheidung getroffen. Das Brennen in seinen Augenwinkeln wurde stärker. Durch das Küchenfenster, welches vom Flur aus einsehbar war, erkannte Sasuke, im Schatten verborgen, Kabuto. Der Handlanger Orochimarus hatte wohl immer noch nicht aufgegeben und Itachi musste das wissen.

Sasuke schob den Gedanken beiseite und ging noch einen Schritt auf seinen älteren Bruder zu. Sein Blick war auf ihn fokussiert und Itachi erwiderte ihn.
 

„Ich hasse dich.“

Eine einzelne Träne lief über Sasukes Wange. Dies hier war ein Abschied, und er wusste es. Genauso, wie es Itachi wusste.

„Nein.“, widersprach Itachi leise und strich die Träne weg, bevor er langsam Sasukes Lippen mit den seinen verschloss. „Nein, das tust du nicht.“

Sasuke wehrte sich nicht, sondern schloss vielmehr die Augen. Er konnte nicht anders als diesen Kuss zuzulassen. Er ahnte, dass Kabuto die Szene beobachtete, doch es kümmerte ihn nicht. Er wollte nur diesen Moment der Realität entfliehen und diese Botschaft von Itachi bei sich behalten. Es gab ihm eine Ahnung davon, was hätte sein können. Wenn alles anders gekommen wäre. Und es glich einem Versprechen. Was noch kommen würde.

Als Sasuke merkte, wie Itachis sich von ihm löste, öffnete er sie wieder. Noch immer hatte er das Gefühl, Itachis Lippen lägen auf den seinen. Eine seltsame Taubheit hatte ihn erfasst.

„Ich werde dich töten.“

Ohne Überraschung entgegnete Itachi: „Das war alles, was ich jemals wollte.“
 

Tja, hier ist das neue Kapitel.^^

Ich muss mich entschuldigen, weil es so lange gedauert hat, aber ich habe mich an diesem Kapitel wirklich schwer getan. So richtig zufrieden bin ich noch immer nicht, aber die Geschichte ist mir irgendwie mittendrin etwas entglitten und hat sich dadurch rapide verkürzt. Feedback ist wie immer erwünscht.

Seranita



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-06-29T00:09:21+00:00 29.06.2007 02:09
sooo ein trauriges ende...
aba irgendwie find ich es auch bessa so...
nur das mit dem kunai versteh ich nicht ganz ó.ò
Von:  Milkie
2006-09-23T15:20:55+00:00 23.09.2006 17:20
q_q du bist so ein Genie! Aww es ist so geil die sachen von dir zu lesen! >_< ;_____; <3 du schreibst mit so viel Hingabe!! go on! I love u!
Von: abgemeldet
2006-09-20T18:46:47+00:00 20.09.2006 20:46
das kapitel war spizen massig.
Ich finde den letzen satz cool *-*
ich konnte mri das echt vorstellen

MAch weiter so.^^
Von:  -Couli
2006-09-20T18:25:09+00:00 20.09.2006 20:25
diese chaps werden echt immer besser. was für formulierungen dir manchmal einfallen <.< verdammt cool *.*

die geschichte ist einfach nur rührend dramatisch. also, nur mal so ne bescheidenne frage: was hast du eigentlich für ein ende im sinn? man bekommt das gefühl, dass zum schuss auch noch was schlimmes apssieren wird ;_;


deine ff ist enfach nur fantastisch ;_;. schreib schnell weiter, ja?
Von:  AkainoKori
2006-09-20T07:52:05+00:00 20.09.2006 09:52
„Liebe. Hass. Sie haben nur einen wahren Unterschied – ihre Dauer. Es gibt nur wenige Dinge, die sich auf immer in das Gedächtnis graben. Trauer, Leid, Hass. An sie erinnern wir uns. Hass… währt auf immer.“

diesen satz liebe ich. ich weiss nicht warum aber du hast ihn wahnsinnig gut hinbekommen. es lässt einen irgendwie ahnen was in itachi vorgeht, anderer seits lässt es einen wieder im dunkeln.
so schlimm wie du find ich dein chapter gar nicht. Vllt ein bisschen kurz, aber das macht der inhalt doch locker wieder wett :>
fragt sich natürlich nur, wie geht es weiter?
ich bleib gespannt.

grüße Akai no Kori
PS: danke für die ens ;D
Von: abgemeldet
2006-09-19T17:20:16+00:00 19.09.2006 19:20
schnief*taschentuch nehm* , nein nur ein Scherz ich fande mal wieder ein gelungenes Kapi ^^*knuddel*
oh bin schon gespannt wie es weiter geht! Schade eigendlich das Sasuke jetzt weg geht .......
na ja ich werde mich gedulden
gruß setz-chan
Von: abgemeldet
2006-09-19T15:42:03+00:00 19.09.2006 17:42
geiles kap~!!

..soooo schön
*---*
und traurig >_<''
;__;
Ach wenn die abschließende Szene mit dem Abschiedskuss wirklich süß war *nod*
War auch überrascht wie Itachi sich geöffnet hat, aba du hast das wirklich gut wiedergegeben, man konnt richtig mitfühlen.

Da dieses Kap so geil und schön lang war, will ich dia auch ma die lange Zeit, die du mich warten lassen hast x_x', verzeihen ^_~

Bis zum nächsten
*knuff*
LG Vocal~~
Von:  mangacrack
2006-09-19T13:05:10+00:00 19.09.2006 15:05
Ein schönes Kapitel. Es ist auch endlich zu einer Annährerung zwischen Itachi und Sasuke gekommen, doch doch irgendwie hast du es geschafft, dass die beiden ihre verquerte Art von Hassliebe behalten. Fragt sich nur, wie es jetzt weiter geht. Und wie es enden wird ^^

mangacrack


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