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April, April

Wieso es jetzt so heißt? Zahlen bis 12 müssen ausgeschrieben sein also geht 1. April nicht v.v
von

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Wenn alles so einfach wär'...

Er wusste nicht wie lange sie beide hier schon standen, so dicht aneinander gedrängt, dass man nur zu genau den Atem des anderen spüren konnte. Den des Kleineren konnte er an seinem Hals fühlen und dieser wahrscheinlich seinen an der Stirn. Der Schweiß rann ihm dabei nur so die Schläfe hinab und er fragte sich immer wieder, wie es Ende März nur schon so warm sein konnte. Könnte der Sommer das überhaupt noch topen? Dazu standen sie auch noch in dieser engen Kammer, wo es nur ein kleines, vergittertes Fenster an der Wand gab, welches noch weniger frische Luft als Licht hineinließ und man wirklich auf den Gedanken kam, hier eine Sauna zu eröffnen. Wieso viel Geld ausgeben, wenn es auch so einfach ging?

Das Regal hinter ihm stach ihm immer häufiger unangenehm in den Rücken, schien ihn immer wieder daran erinnern zu wollen warum er hier war und, dass er hier auch noch fehl am Platz war.

„Du, Jan, ich will ja nichts sagen aber der Schrubber im Nacken wird langsam unangenehm...“

Der Blonde nickte darauf nur geistesabwesend, da er nur zu gut verstehen konnte, wie sich der Schwarzhaarige hier drinnen fühlte, es war einfach viel zu eng, zu heiß und ein faulender, nasser Schrubber war bestimmt nicht sehr anregend oder trug dazu bei irgendetwas besser zu machen.

„Können wir das nicht wo anders klären?“ Wieder meldete sich der andere zu Wort und wischte sich dabei ein paar der verschwitzen Strähnen seines Ponys aus dem Gesicht, stieß dabei eher aus Versehen gegen die Brust des Größeren mit seinem Ellenbogen.

Das dies schon genügte um Farin zum stolpern zu bringen, hätte der Kleinere ja nicht ahnen können und dass dieser dadurch einen Handbesen in den Rücken bekam erst recht nicht. Schmerzhaft stöhnte der Geschädigte also auf, schob sich weg von dem Regal und so nur dichter an den Schwarzhaarigen, womit er nur zu deutlich, dessen hektischen Herzschlag wahrnahm. Genau das, setzte aber für den Älteren genau das i-Tüpfelchen auf die ganze Sache. Das ließ er doch nicht länger mit sich machen!

„Okay, mir langt dit jetzt! Du schweigst mich seid fast einer halben Stunde an, ich hab keinen Bock mehr.“

„Dirk, warte! Ich muss dir noch was sagen.“

„Das willst du schon seid einer halben Stunde und schaust nur verpennt durch die Gegend und sagst nichts.“

„Es ist aber wichtig.“

„Wieso sagst du mir dit nicht wo anders?!“

„Weil...es hier...halt so passt.“

„In einer vergammelten Besenkammer? Jap, jetzt wo du dit sagst, wirklich sehr romantisches Flair.“ Seine Stimme triefte nur so vor Hohn und Spott.

Tief atmete er der Blonde durch, mittlerweile kannte er den Älteren gut genug um zu wissen, dass wenn er nicht innerhalb von einer halben Minute zu Potte kam, dieser sich sofort umdrehen und gehen würde. Aber es war nun mal einfach nicht so einfach, diese Worte brachte er nicht so einfach über die Lippen. So lange hatte er sich das ganze zu Recht gelegt, wieder umgeworfen und anders geplant und um am Ende doch wieder zu keinem Schluss zu kommen. Sollte das jetzt vorbei sein?

„Ich geh jetzt!“ Störrisch wie ein kleines Kind drehte sich Bela um, nachdem er wieder einfach nur angeschwiegen wurde und versuchte sich irgendwie umzudrehen zur Tür, was ihm allerdings bei weitem nicht so gelingen wollte.

„Was machst du da?“, fragte Farin verwirrt, als sich Bela dicht mit dem Rücken an seinen Oberkörper presste und an der Tür rüttelte.

„Nach was sieht es denn aus? Ich versuche, das Geheimnis der Tür zu lüften.“

„Ich muss dir aber noch etwas sagen.“

„Jan, ich schwör dir, wenn du das noch einmal sagst, hau ich dir eins in die Fresse! Ich zähl bis drei und wenn du mir bis dahin nicht mindestens Gestanden hast, dass du sterben wirst in zwei Tagen, dann bete schon mal zu Gott!“

Tief atmete der Blonde durch, wie sollte er sich denn noch konzentrieren, wenn der Kleinere auch noch so dicht bei ihm war und er den schmäleren Körper so eng an seinen gepresst spürte?

„Drei...“

Die Stimme klang unerbittlich und Farin schien in diesem Moment einfach gar kein Wort mehr herausbringen zu können. Er hasste einfach unter Zeitdruck zu stehen und brachte dort einfach nichts mehr zu Stande. Aber er hatte es doch so lange geplant, das durfte nicht umsonst sein, niemals! Er durfte doch nicht einfach, nichts mehr sagen und dann vielleicht wieder ein Jahr warten, bis er sich wieder dazu durchringen konnte.

„Zwei...“

Es wurde immer enger und die Hitze schien in diesem Raum nur zuzunehmen. Er wurde nervös und er hatte einen Klos im Hals. Was war denn bitte an diesen Worten so kompliziert? Es war doch so simpel und er hatte sich doch schon so oft über Leute lustig gemacht, die so etwas einfaches nicht raus bekamen. Aber genau jetzt, verstand er all diese Hauptdarsteller in den schlechten Filmen, die er sich nur widerwillig mit irgendwelchen Ex-Freundinnen angetan hatte.

„Eins...“

Jetzt oder nie. Noch einmal atmete er tief durch und bevor Bela null sagen konnte platzte es so simpel und einfach aus ihm heraus, wie er es nie geahnt hätte.

„Ich liebe dich!“

So lange hatte er sich über diese drei Worte Gedanken gemacht, so lange und jetzt war es vorbei und sein Hirn schien wie ausgeblasen.

„Was?“, kam es nach einiger Zeit ungläubig von dem Schwarzhaarigen und er sah über die Schulter zu Farin nach hinten.

Aber nun brachte er erst recht kein Wort mehr heraus und schien wie versteinert.

Dann passierte aber etwas, was der Blonde nicht mal in seinen tiefsten Alpträumen geahnt hätte. Bela fing an zu Lachen, er brach einfach so von einer Minute auf die andere in schallendes Gelächter aus, das sich tief in Farins Seele bohrte. Dieses Lachen schien so unbeschwert und auch spöttisch. Was daran bitte so lustig war, konnte er sich einfach nicht erklären. Waren seine Gefühle denn so wenig wert?

„Geil, Jan...einfach nur geil. So einen scheiß hast du mir echt noch nie auf den Rücken gebunden. Man, man, man...das ist wohl der älteste und schlechteste Witz der mir je am 1. April gemacht wurde. Die Scheiße muss ich Rod erzählen und danach kommst du deftig eins auf die Fresse, dass ich wegen dem Müll hier drinnen verrotten konnte!“

Dann wurde auch schon die Tür geöffnet und Bela stolperte aus der Besenkammer und war verschwunden.

Allein blieb ein sichtlich verwirrter Blondschopf zurück, der jetzt erst auf seine Armbanduhr schaute und die ihm eindeutig den 1.April anzeigte.

„April, April...“, kam ihm dabei nur leise über die Lippen und er war wirklich kurz davor zu heulen, weil er so ein kleines dummes Makel nicht bedacht hatte und, dass seine wahren Gefühle einfach so verhöhnt wurden.

Kurze Zeit kam ihm dann aber auch der Gedanke, dass es so besser war, dass er sich dadurch viele Unannehmlichkeiten erspart hatte und, dass er es wenigstens versucht hatte. Vielleicht bekam er so wieder etwas Frieden, einfach der Gedanke, dass er es endlich gesagt hatte.

Aber genauso schnell, wie dieser Gedanke aufgetaucht war, machte er einem anderen viel Deprimierendären Platz. Ein ‚Ich liebe dich nicht. Tut mir leid, Jan’ hätte doch auch schon gelangt, dann wäre alles vorbei gewesen aber so hatte es erst wieder von vorne angefangen...

Als er dann aber auch schon Rods Lachen aus dem Nebenzimmer hörte, konnte Farin auch nur noch Grinsen, strich sich durch die Haare und ging dann aus der Besenkammer. Worüber er grinste, wusste er selbst nicht so genau, ob es nun die Tatsache war, dass er sich lächerlich gemacht hatte oder, dass er jetzt wieder irgendwas anderes auf die Beine stellen musste damit Bela ihm glauben würde. Was auch immer, die Sonne schien noch immer grell und wenn er sich jetzt deprimiert in die Ecke sitzen würde, könnte es auch nicht besser werden.

Das Goldene Dreieck

Nach diesem Vorfall war einfach so ein Jahr vergangen, in dem nichts wirklich Spektakuläres oder groß Erwähnenswertes passiert war. Nachdem sie einige Zeit lang an neuen Liedern gefeilt hatten waren sie dann auch schon wieder auseinander gegangen.

Jan, wie hätte es auch anders sein sollen, hatte erstmal wieder Urlaub gemacht. Diesmal hatte es ihn in ein ganz neues Land in Asien getrieben. In vier Monaten erkundete er das Goldene Dreieck im Süd-Osten, welches aus Burma, Laos und Thailand besteht. Dort war es genau im feuchten Herbst und kaltem Winter warm, so dass es einfach der perfekte Ort war um vor diesem scheußlichen Wetter zu fliehen. Auf Wiedersehen Schnee und Regen, sei gegrüßt herrliche Tropenhitze!

Natürlich vergaß er dabei nicht seine Freunde und hatte extra eine Karte für Bela geschrieben, drei Wochen vor dessen Geburtstag damit sie ungefähr zum richtigen Zeitpunkt eintreffen müsste. Der Vorfall vom 1.April war schon fast vergessen und Farin konnte sich endlich den Kopf etwas frei machen, was sich als sehr einfach herausstellte, wenn man nicht täglich der Person gegenüber saß nach der man sich verzehrte.

Den Versuch von ‚damals’, nicht passend es so zu bezeichnen, da es ja erst zwei Monate her war aber so klang es gut, hatte er schon bald als ziemlich dumm abgestempelt, denn sein Freund hatte ihm doch immer wieder bewiesen, dass er rein gar keine Interesse am eigenen Geschlecht hegte, da konnte er noch so viele fadenscheinigen Andeutungen auf der Bühne machen oder privat, nur um Rod zu reizen. Liebe machte eben blind, so dumm wie dieses Sprichwort klang, so wahr war es doch wieder. Teilweise hatte er sich selber verblendet und einreden wollen, dass Dirk ihm doch irgendwelche Gefühle entgegenbrachte, die nicht in eine Freundschaft gehörten.

Und als er an einem trüben Montag in Deutschland den Flieger verließ, war sich der Blondschopf ziemlich sicher, dass er über seine Gefühle hinweg gekommen war. Er kam sogar auf den Gedanken, dass er sich diese Liebe eigentlich nur aufgezwungen hatte. Sie hatten so lange aneinander geklebt, dass es beinahe nicht mehr normal gewesen war, zudem hatte er lang keine Freundin mehr gehabt und dem entsprechend nur Vorlieb nehmen können mit seiner Hand. Vielleicht war da Bela einfach am nächsten, nachdem er sich hundertmal gefragt hatte, warum er kein Glück bei Frauen hatte. Wie auch immer, im Nachhinein konnte er es selbst nicht mehr so genau sagen und wenn schon, irgendwie musste es ja weitergehen. Und zudem, wollte man sich ja ganz gerne nach dem Ganzen immer eine Erklärung suchen oder einfach versuchen, sich aus der Geschichte rauszureden.

Aber er zweifelte schon wieder daran, als er mit seinem Gepäck den Flughafen verließ und plötzlich jemand mit einem zerzausten schwarzen Haarschopf und einem frechen Grinsen vor ihm stand.

„Felse?“, fragte der Größere verwundert. Mit ihm hatte er nun nicht gerechnet.

„Ick dacht, ick hol dir ab.“, meinte dieser nur gleichgültig aber immer noch mit diesem Grinsen auf den Lippen.

„Ick hab doch jarnichts jesacht, dit du mir abholen sollst.“

„Ick dachte dit macht man so unter Freunden.“

Farin zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen, denn er wollte nicht so recht glauben, dass es mit so einer einfachen Sache getan war. Denn es war so gar nicht Dirks Art ihn einfach so abzuholen, das hatte er höchstens drei Mal in seinem Leben gemacht und das war nach Urlauben gewesen, die wirklich sehr lange gedauert hatten.

Geschlagen seufzte der Schlagzeuger und fuhr sich durch die schwarze Mähne. „Gut…du hast jewonnen. Rod hat mich hierher gejagt, damit du nicht irjendso nen Bus nehmen musst. Zudem hab ich dir vermisst und…“ Er warf einen sehnsüchtigen Blick zu Jans Koffer.

„…außerdem willste wissen, wat ick dir mitjebracht hab, wa?“, vollendete der Blondschopf den Satz. Er kannte den Kleinen einfach schon zu lange um alle Macken zu kennen.

„Wie groß stehen die Chancen, dit da drin ne süße Thai-Maus auf mich wartet?“

„Ick glaub, die wäre dann schon tief gefroren.“

„Haste dann ne Gebrauchsanweisung? So in etwa 20 Minuten mit Heißluftbackofen auf 190° aufbacken?“

„Klar doch. Und ick hab da auch noch süß-saure Soße zum dippen dabei.“

„Och nee, wer will denn schon süß-sauer? Scharf! Wer will denn schon ein süßes Mädel, dit leicht säuerlich werden kann?“

„Ick dacht, dit könnt ne kleene Erinnerung an deine Ex sein.“

„Och…dit war jetzte aber fies! Dit Mädchen hab ick echt jeliebt! Die war süß!“

„Und deswegen hast du se auch abjeschoben nach zwei Wochen, wa?“

Wieder dieses sinnlose Geplänkel, wie jedes Mal wenn sie zusammen waren und auch wie jedes Mal war es doch einfach schön, den anderen wieder bei sich zu haben nach so langer Trennung. Da hatte man sich gleich wieder mehr zu erzählen.

Dann fiel Jan aber etwas sehr wichtiges ein, mit einem entschuldigenden Lächeln zog er den Kleineren in eine freundschaftliche Umarmung und flüsterte ihn ein leises „Alles Gute zum Geburtstag, du alter Sack...“ ins Ohr, was Bela auch nur mit einem Grinsen quittierte.

Natürlich wollte der Schlagzeuger dann alles wissen über den Urlaub, jedes kleinste Detail und was er alles erlebt hatte, wobei er natürlich große Interesse an Thailand zeigte, wo man die schönen Frauen, die es dort ja angeblich wie Sand am Meer geben sollte, leicht kriegen konnte und diese sich sogar auf so „alte Säcke“ einließen, wie der Schwarzhaarige sich gerne selbst betitelte.

Bis sie bei Jans Wohnung angekommen waren stand der Mund des Blonden nicht einmal still und der andere kommentierte nur knapp ein paar Aussagen, bevor wieder ein Redefluss auf ihn nieder rieselte.

Jan durfte dann gerade mal seine Sachen ablegen, bevor er auch schon gedrängt wurde zu zeigen, was er mitgebracht hatte.

„Jetzt gedulde dich doch mal!“, meinte der Größere nur kopfschüttelnd und drückte dabei Bela von seinem Koffer weg, den dieser schon versuchte aufzumachen.

„Zeig schon!“

„Wenn du so weitermachst zeig ich dir gar nichts mehr!“

„Ich hatte Geburtstag!“

„Und ich glaube grade immer mehr, dass du da erst 6 Jahre alt geworden bist!“

„Schön wär’s!“

„Felse, ick sach’s dir nur noch ein einziges Mal, jeh vom Koffer weg!“

Da hatte der Schlagzeuger aber auch schon rein gegriffen mit einer Hand, mit der anderen versuchte er Farin so gut es ging abzuhalten ihn aufzuhalten, und als er etwas großes, Glattes, es fühlte sich fast an wie eine Flasche , zu fassen bekam, zog er es triumphierend aus dem Koffer heraus.

Es war sogar wirklich eine Flasche aber was ihm aus dieser Flasche entgegenblickte ließ ihn erstickt aufschreien und den Gegenstand fallen lassen. Hätte vor dem Bett kein weicher Teppich gelegen, wäre diese auch sicherlich in tausend Stücke zerschellt.

„Wat is dit?!“

„Ick sachte doch, lass dit!“

„Wat is dit?!“, fragte nun Bela schon beinahe panisch und sah auf die Flasche am Boden.

In dieser befand sich hauptsächlich eine klare, leicht bräunliche Flüssigkeit aber da war noch etwas anderes: Etwas längliches, etwas, dass ihn mit gelben Augen gefährlich ansah und ihm seine spitzen, hochgiftigen Zähne zeigte, kurz eine graue Schlange.

„Dit, ist eine Flasche mit Schnaps namens Mekong und in diesem Schnaps ist eine Schlange eingelegt. Kriegst du in Laos wie Sand am Meer, wird dort überall verkauft. Hätte es dir auch mit einem Skorpion oder mit einer Spinne mitbringen können, aber ick dacht dit jefällt dir wohl am besten.“

Der erste Schrecken war damit erst einmal überwunden, denn wer erwartete schon als Geschenk einen Schnaps mit Schlange zu bekommen?

„Ist die tot?“ Argwöhnisch betrachtete Dirk das Tier im Alkohol, dass so aussah als wollte es ihn jeden Moment anhüpfen und die Zähne im weit aufgerissenen Maul machten auch nicht grade den freundlichsten Eindruck, aber er hatte ja schon immer irgendwie einen Faible für so etwas gehabt, weswegen er nun auch fasziniert über das Glas strich. Der Schock war jetzt vergessen.

„Natürlich ist die tot, was soll den die dumme Frage?“

„Ist dit nicht illegal?“

„Hm…glaub schon aber seid wann stört dich dit denn?“

Zustimmend nickte der Schwarzhaarige. „Kann man dit trinken?“

„Klar aber ich würde es nicht leer trinken, dann geht die Schlange kaputt oder du musst es wieder mit Spiritus auffüllen.“

„Kann ick mal probieren?“

Bevor aber Jan auch nur zustimmen konnte, hatte er die Flasche auch schon aufgedreht und sich einen guten Schluck erlaubt. Langsam verzog er sein Gesicht, fing an zu husten und klopfte sich auf die Brust. Das brachte ja Tote zum Leben! Dieser Schnaps rann einem die Kehle runter wie Feuer und schien dabei alles wegzuätzen was ihm in die quere kam. Bela war ja ein ziemlich hart gesottener Trinker aber das haute ja den größten Säufer um!

„Allet ok?!“, fragte Farin leicht besorgt und legte dem Kleineren eine Hand auf die Schulter.

Dieser brachte nur eine leise gekrächztes ‚Ja’ heraus, während er die Flasche wieder zuschraubte und erneut husten musste. Er hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen, als wäre er schon stock zu. Noch ein schöner Effekt war, dass das Zeug einem jetzt schon zu Kopf stieg. Tief atmete Dirk immer wieder ein und aus bevor er sich dann in die Küche begab um erst einmal ein Glas Wasser dem Mekong hinterher zu kippen.

„Dit Zeug ist grausam!“

„Ick wollt dir ja warnen!“

„Hmmm…“ Nachdenklich legte der Schwarzhaarige den Kopf schief, leckte sich noch mal über die Lippen, ehe er sich an den Kopf fasste. „Das haut rein…irgendwie geil!“ Schon wollte Bela wieder nach der Flasche greifen, als Farin ihm diese einfach aus den Fingern nahm.

„Du säufst dich hier nicht zu! Erst erstickst du halb an dem Zeug und jetzt willst du mehr! Nein!“

„Du klingst wie meine Mutti, hör auf! Gib mir!“ Schmollend streckte sich Bela nach dem Schnaps aus, aber was konnte er schon groß ausrichten, wenn ein 1.90m Mann diesen in die Höhe hielt?

Schon ging das Gerangel zwischen den beiden los, was allerdings unterbrochen wurde durch das Klingeln der Haustür.

„Gib mir diese Flasche!“, schnaubte der Schlagzeuger allerdings nur ungerührt von der Störung, wurde aber einfach ignoriert von Farin, der lieber zur Tür ging um diese zu öffnen.

„Hallo, Rod!“ Heute schien ja wirklich jeder an ihn zu denken.

„Seid wann bist du denn zu den Alkoholikern gewechselt?“, meinte der Bassist nur schmunzelnd und warf einen Blick zu der Schnapsflasche, blieb dabei total ungerührt von der Schlange.

„Ich versteck die nur von dem Säufer da hinten.“ Mit einem Kopfnicken deutete der Blondschopf hinter sich, wo Bela wütend im Flur aufgetaucht war.

„Rod! Nimm ihm die Flasche ab!“

Der angesprochene zog nur eine Augenbraue fragend in die Höhe. „Darf ich mal gucken?“, fragte er dann an Farin gewandt und nahm den Mekong entgegen. „Hat die auch einen Namen?“ Damit klopfte er gegen das Glas um auf die Schlange hinzuweisen.

„Isolde!“

„Mechthilde!“

„Magdalena!“

„Kunigunde!“

„Heinz-Dieter!“

„Klaus!“

„Loretta!!“

„Loretta? Klingt wie ein Porno-Star…“

„Ist es auch!“

Kam es abwechselnd von Farin und Bela im Duell, das der Zweitgenannte mit dem Namen ‚Loretta’ beendete.

„Muss man mit Loretta Gassi gehen?“, fragte der Chilene weiter nach und klopfte wieder gegen das Glas.

„Tja…gute Frage.“, meinte Farin Schulter zuckend.

„Jap, das ist eine laonesiche Hausschlange mit der man mindestens zweimal Gassi gehen muss. Diese Schlangen sind auch sehr sensibel und liebesbedürftig…was brauch ich eine Frau, wenn ich Loretta habe?“ Und schon hatte sich Bela wieder seine Flasche gekrallt und drückte diese an sich.

„Mal davon abgesehen, dass es laotisch heißt…ist es trotzdem totaler Schwachsinn oder stehst du auf lange Schwänze?“

„Nö und das musst du ja auch wissen, immerhin steh ich ja auf deinen und der ist nicht lang.“ Der Ton klang ziemlich anzüglich und Farin wusste genau was als nächstes kommen würde, denn der Schlagzeuger legte ihm eine Hand in den Nacken, stellte sich auf die Zehnspitzen und gab ihm einen leichten Kuss auf die Lippen. Immer wieder diese Spielchen, immer wieder ließ er sich darauf ein, nur um für kurze Zeit dem anderen etwas näher zu sein.

Farin konnte sehen wie Rod die Augen verdrehte und sich an ihnen vorbeidrängte in das Schlafzimmer. Wenig später hörte man den Chilenen schon aus diesem rufen: „Nicht schlecht…ist das für mich?“

„Könnt ihr denn alle nicht mal die Finger von meinem Koffer lassen?!“, fragte der Blondschopf leicht genervt und ging auch wieder zurück in das Schlafzimmer, dicht gefolgt von Bela.

Da wurde auch schon vor ihren Nasen ein großer dunkelroter Fächer aufgeschlagen, mindestes mit einer Spannweite von einem Meter fünfzig, auf dem eine hübsche, zierliche Dame, splitternackt, mit langem schwarzen Haar, einer Haut wie Schnee und blutroten Lippen abgebildet war, die sich auf einem Berg von Kissen herumrekelte, aus einem verzierten Fenster im Hintergrund fiel das Mondlicht hinein.

„Wie geil!“ Begeistert kam Bela zu dem Fächer. „Hast du noch so einen?“

Bestätigend nickte Rod ohne Farin auch nur eine Chance zu lassen zu antworten und hielt ihm einen anderen Fächer hin, dieser war allerdings dunkelblau und zeigte ein ähnliches Motiv. Die gleiche Schönheit wie auf dem anderen Fächer, diesmal stand sie aber bis zu den Knien im klaren Wasser, im Hintergrund stand der Mond hoch am Himmel und es plätscherte ein Wasserfall hinab, umgeben von allerlei tropischen Pflanzen. Bei beiden Bildern hatte sie die eine Hand in ihr schwarzes Haar vergraben und die andere strich bei dem einen lasziv ihren Oberschenkel entlang, bei dem anderen den Bauch und in tiefere Regionen.

„Wie nennen wir die?“, wollte Rod grinsend wissen und Bela grinste genauso dreckig zurück.

„Die nenn ich Wichsvorlage…“

„Na na, nicht so vulgär.“, tadelte Farin, freute sich aber trotzdem, dass es seinen Freunden zu gefallen schien.

„Mai-Lin…wäre doch mal was.“, warf Rod wieder ein und Bela nickte leicht,

„Schön, dass euch Mai-Lin gefällt aber wollt ihr vielleicht etwas trinken?“

Seine beiden Bandkollegen stimmten zu und sie gingen zusammen in die Küche um sich dort zusammen an den Tisch zu setzen und sich noch ein wenig die Erzählungen von dem Urlaub anzuhören.

Loretta und Mai-Lin blieben einsam und allein im Schlafzimmer zurück.

Geisha

Rod hatte sich am Abend ziemlich schnell von ihnen verabschiedet, er war nur gekommen um sich das Wichtigste anzuhören, sein Geschenk abzustauben und dann wieder zu gehen. Zwar sollte sich Farin Gedanken machen, was er denn da für habgierige Freunde hatte aber er war es nicht anders gewohnt. Sie sahen ihn lange nicht und dann kam er auch noch aus so fremden und weit entfernten Ländern zurück, die sie wohl nicht so schnell erreichten würden, weil sie keine Zeit oder einfach keinen Anreiz hatten das durchzuziehen. Die exotischen Geschenke waren immer wieder interessant und mittlerweile hatten sie einige davon.

Bela blieb noch ein wenig bei ihm, sie redeten über alles mögliche, so dass sie gar nicht merkten wie die Zeit verging und es immer später wurde. Als sie es merkten, standen bereits vier leere Bierflaschen auf dem Tisch und Farin hatte eine Kanne Tee weggekippt.

„Ich hab dir noch etwas zu geben.“ Damit stand der Blonde auf und ging ins Schlafzimmer. Er war sich unsicher ob er Bela wirklich dieses Geschenk überreichen sollte, denn immerhin war es doch sehr...anders. Was er sich dabei gedacht hatte wusste er nicht so recht, aber als er an dem kleinen Stand gestanden hatte, da war es so über ihn gekommen, dass er den anderen so gerne einmal darin sehen würde, nur ein einziges Mal. „Wenn du es nicht willst, nehme ich es!“, warf er dann noch lachend ein und klappte seinen Koffer auf.

Der Schwarzhaarige war ihm gefolgt und hatte skeptisch die Stirn gerunzelt. Noch etwas? Er war doch wunschlos glücklich mit dem Fächer und mit dem Schnaps, da brauchte er doch nicht mehr. Es war ihm eigentlich egal was Farin ihm schenkte, bei diesem Freund, kam es ihm einfach nur auf die Geste an, auf nicht mehr und nicht weniger.

„Das ist doch nicht nötig, dass...“ Aber da stockte ihm schon der Atem als ihm das teure Stück entgegen gehalten wurde.

Sofort war er irgendwie verzaubert, aus einem für ihn unerklärlichen Grund. Da Farin nur ein dämmriges Licht angemacht hatte, schimmerte der schwarze Satinstoff in einem merkwürdigen rot und die hellroten Blütenstickerein und eingenähten typisch asiatischen Verschnörkelungen glitzerten förmlich. Es war ein Herrensommerkimono, aus leichtem Satin und einfach an der Hüfte zu binden, dass es schon beinahe einem Bademantel glich aber diese Bezeichnung bei weitem nicht für dieses hübsche Stück reichte.

Wenn man sich den Kimono so recht betrachtete war es doch ein eher kitschiges Teil und sehr wahrscheinlich hatte es noch nicht einmal viel gekostet, obwohl eine arme Frau sich davon vielleicht das Essen für drei Tage sichern konnte aber es war etwas besonderes.

„Gefällt er dir?“, fragte Jan etwas unsicher nach, da er nicht wusste, wie er dieses Schweigen zu deuten hatte und auch nicht den Blick oder die Geste mit dem der Schlagzeuger nun über den zarten Stoff strich.

„Der ist echt...wow...“, meinte Bela nur total verwundert, fasste sich dann aber wieder und grinste den Größeren auf seine typische kecke Art an. „Gibt es da auch noch ein Mädchen für rein?“

„Dirk...der ist viel zu groß und...wenn er dir nicht gefällt behallte ich ihn!“

Hastig schüttelte der Kleinere seinen Kopf und nahm das Kleidungsstück entgegen. „Der ist klasse, ich will ihn behalten...“

Es trat eine merkwürdige Stille zwischen sie, in der keiner wagte auch nur ein Wort zu sprechen, irgendwie war es gerade einfach anders als sonst, als wäre dieser Kimono das fehlende Bindeglied. Diese Stille war keineswegs drückend oder unangenehm, einfach angemessen in diesem Augenblick.

Bis Bela sie wieder durchbrach indem er auflachte. „Ich hab eine klasse Idee, warte hier! Kann etwas dauern aber warte!“

Er klemmte sich den Kimono unter den Arm und rannte damit erst einmal aus dem Schlafzimmer. Zurück blieb ein reichlich verdutzter Jan.
 

Es verging beinahe eine geschlagene halbe Stunde bis wieder etwas geschah und der Gitarrist war ziemlich ungeduldig und nicht willens noch länger zu warten.

„Dirk! Man! Ick hab nich’n janzen Tach Zeit!“

Da meldete sich eine nervige, elektronische Uhr zu Wort, die mit 12 Piepsern verkündete, dass es Mitternacht war. Ein warmer Schauer lief ihm über den Rücken und unbewusst öffnete er die obersten zwei Knöpfe seines Hemdes. Die Stimmung war noch merkwürdiger als vorher, als ihm ein Duft in die Nase stieg. Er wusste nicht was es war, er konnte es nicht genau identifizieren aber es hatte was von Blüten an sich, es roch nach einem lauen Sommerabend und er brauchte nicht lange um es als Räucherstäbchen, die er sich aus Japan mitgebracht hatte zu identifizieren.

Argwöhnisch runzelte er die Stirn, als auch noch das Licht weiter gedämmt wurde, so dass es wirklich nur noch schummrig war und jegliche Umrisse nur vermuten ließ.

Nun blickte er erst wieder zur Tür und was er da erkennen konnte, ließ ihm den Atem stocken, es war die Silhouette einer Frau, so war es zumindest auf den ersten Blick, als die Person dann aber näher kam, war Farin nur noch mehr geschockt und auf eine gewisse Art und Weise auch gebannt.

Bela hatte den Komino angezogen und wie der Gitarrist schon geahnt hatte, stand er diesem perfekt und hob etwas diese, nicht unbedingt leugbare, leicht feminine Seite an ihm hervor, die man früher deutlicher gesehen hatte, als er noch zierlicher war und längere Haare hatte. Die besagten schwarzen Haare waren zurückgebunden und zwei Essstäbchen waren hineingesteckt, die sich kreuzten. Das meiste glitt aber aus diesem Zopf raus und hing Bela in das nun so blass wirkende Gesicht, auf dem ein beinahe verführerisches Lächeln lag. In der Hand hielt er eine Bechertasse, auch ein Mitbringsel aus Asien, damit beim Teetrinken dieses gewisse Flair rüberkam. Aus der Tasse strömte auch ein angenehmer Duft von irgendeiner Teemischung, von denen er zu viele in der Küche aufbewahrte.

Wenn es perfekte Augenblicke gibt, dann gehörte dieser eindeutig dazu...Bela genau so zu sehen, wie er es sich damals an diesem Abend, an dem kleinen Stand vorgestellt hatte, als er der Frau ein paar Baht gegeben hatte für dieses, seiner Meinung nach, wahre Schmuckstück.

„Und?“ Dieses verführerische Lächeln, wisch einen provozierendem Grinsen, während der Schwarzhaarige leicht mit den Hüften wackelte. „Komme ich an Mai-Lin ran?“

„Du übertrumpfst sie tausendmal...“, hauchte Farin leise, immer noch von diesem Anblick total gefangen. Es schien gerade nur zu unwirklich. Die Räucherstäbchen benebelten ihm leicht die Sinne.

So bemerkte er auch nur am Rande, wie der Schlagzeuger ihn kurze Zeit verwirrt ansah aber dann leicht den Kopf schüttelte und sich vor Farin hinkniete.

„Kann ich dann deine persönliche, einzigartige Geisha sein?“, fragte der Kleinere lachend nach und zwinkerte zu dem anderen hinauf.

Das riss den Angesprochenen auch schon wieder aus der Trance. Nun fing auch er an zu lachen. „Teekochen kannst du ja schon mal, Weib.“, erwiderte er herrisch und spielte damit das Spiel mit.

Bela sah ihn leicht säuerlich an, grinste aber dann zuckersüß ehe er ihm die Tasse hinhielt, welche auch gleich entgegengenommen wurde. Farin nahm einen knappen Schluck daraus, fing dann an zu husten und klopfte sich auf die Brust. Da war viel zu viel Teemischung drinnen, dass sogar noch kleine Teebröckchen im Wasser schwammen.

„Ick nehm es zurück, du kannst rein jarnicht Tee kochen!“

„Dafür kann ich andere Sachen...“ Wieder dieses laszive Grinsen, während er dem Blonden einfach die Tasse aus der Hand nahm und diese zur Seite stellte. Sachte legte er seine Hände auf die Oberschenkel des anderen, rückte etwas vor, so dass er seinen Kopf an die Innenseite von Farins Schenkeln lehnen konnte.

Dieser war grade total überfordert, da er nicht so recht deuten konnte, was Bela von ihm wollte oder doch...er wusste es zu gut, so dass es ihn verwirrte. War es etwa wieder Einbildung? Wollte der Kleinere grade auf das heraus?

„Geishas waren keine Huren...sie waren Gastgeberinnen und Begleitungen, die Ehefrauen der Nacht...aber keine Huren! Dirk!“, berichtigte der Gitarrist in unsicherem Ton.

„Aber sie waren auch oft Huren, Prostituierte, Kurtisanen, Nutten....nenn sie wie du willst....nenn mich heute Nacht wie du willst.“, wisperte er leise und öffnete dann einfach Farins Gürtel, dann den Knopf und schließlich zog er langsam den Reisverschluss hinab, alles in einem langsamen, gemächlichen Tempo.

Natürlich wehrte sich Farin nicht, wie konnte er denn noch? Die vergrabenen Gefühle flammten wieder auf und die Finger des anderen waren so heiß auf seiner Haut, lösten solch ein verlangendes Prickeln aus, dass er sich kaum noch halten konnte. Als Bela sich langsam wieder stellte um Farin das Hemd auszuziehen, sich dabei aus seinen Schoß zu setzte und ihm der Atem des Kleineren entgegenzog, rümpfte der Blonde leicht die Nase.

„Du hast Mekong getrunken! Wie viel?“

„Nich’ sehr viel...“, murmelte Bela und zuckte mit den Schultern, wodurch ihn der weiche Satin von der rechten Schulter glitt.

„Dirk...“

„Ich wollte wissen ob die Schlange echt ist und hab halt einen großen Schluck genommen...“, wieder waren die Worte nur leise genuschelt.

„Du bist sturzbesoffen!“

„Nee...der Alkohol ist irgendwie...komisch...mir ist so heiß...“ Damit drückte er einfach seine Lippen auf die des Größeren, der zuerst total überrumpelt war, sich versuchte zu währen aber sich dann diesem anderen Gefühl nachgab, dass sein logisches Denken völlig lahm legte.
 

Mit sanften Streicheleinheiten, glitten die kühlen Finger von Bela über seinen nun freigelegten Oberkörper, während der Kuss immer intensiver wurde und sich bald schon ihre Zungen in einem Kampf verloren. Jeder wollte nur mehr von den Lippen des anderen, immer mehr und ihn ganz gewinnen.

Alles war er sich so schön zurechtgelegt hatte im Urlaub, war zu Nichte gemacht worden mit einem einfachen Schlag. Liebe machte nicht nur blind, sondern auch dumm und hilflos gegenüber der Person, die man begehrte.

Tatenlos wollte er nun auch nicht zusehen, weswegen er das Band um Belas Hüften aufwickelte und ihm so ganz einfach den Kimono von den Schultern streichen konnte. Verblüfft stellte er dabei fest, dass der andere gar nichts mehr darunter trug aber das war in diesem Moment so reichlich egal, wie noch nie etwas anderes zuvor. Eher praktisch.

Als sie aber beide keine Luft mehr in diesem Kuss bekamen lösten sie ihre Lippen voneinander. Liebvoll strich Farin dem Kleinere etwas Speichel aus dem Mundwinkeln und musste unwillkürlich Lächeln als er dessen leicht gerötete Wangen erkannte und dieser Blick der nur ein Wort sagte: ‚Mehr!’

Als würde er die Tatoos heute zum erstenmal sehen, strich er die Konturen einiger nach, was mit einem wohligen Seufzen des Schwarzhaarigen quittiert wurde. Alles was er sich gewünscht und ersehnt hatte sollte jetzt in Erfüllung gehen...kaum vorstellbar.

Ihm entkam zwar noch ein leises ‚Stopp’, als Bela in seine Hose griff aber das wurde dann auch schon erstickt mit einem weiteren Kuss, während der Kleinere ihn auf den Rücken drückte...

Flickenteppich

Am Morgen war er wirklich erstaunt, wie lange er geschlafen hatte, da es ja nun wirklich nicht seine Art war, gehörte er doch viel mehr zu den Frühaufstehern. Ein kurzer Blick hatte ihm verraten, dass es bereits 11 Uhr war, der 1.April. Beinahe hätte er über dieses Datum gelacht, wäre er nicht viel zu müde gewesen um sich überhaupt zu einem Laut hinreißen zu lassen. Mit einem leisen Grummeln zog er dann aber doch die Decke hoch, als ihm eine kalte Briese, von dem gekippten Fenster, über den Rücken wehte und ihn erzittern ließ. Gestern noch war es so heiß gewesen…kaum zu glauben.

Dann vergrub er allerdings schon das Gesicht in dem Kissen, atmete tief den Geruch von einem lauen Sommerabend und dem eines herben Männerdeodorants ein, unverwechselbar von einer ganz bestimmten Person. Als die Gedanken des Blonden zu diesem wanderten, war er sofort hell wach und konnte keine Ruhe mehr finden.

Er fing an zu zittern, nicht wegen der Kälte. Seine Hände krallten sich in das weiße Bettlacken und er schnappte schwer nach Luft, fühlte sich wie ein Ertrinkender ohne Ausweg in Sicht.

Er traute sich nicht zur Seite zu sehen auf die andere Hälfte seines Bettes, zu groß würde die Enttäuschung sein, wenn dort keiner liegen würde, zu groß die Wut auf sich selbst.

Was war da gestern passiert? Er wusste es nicht!

Wie abstrakt und unrealistisch war das Geschehene am Tag davor gewesen? Das konnte nicht wirklich passiert sein!

Er war vom Urlaub nach Hause gekommen, Bela hatte ihn abgeholt, er hatte dem Geburtstagskind sein erstes Geschenk gegeben, Loretta, Rod war gekommen, Mai-Lin…der Kimono…die Geisha…, der Sex, der 1. April. Alles einzelne Fetzen, die durch sein Gehirn schwebten und nicht zusammenpassen wollte, so sehr er auch daran puzzelte.

Das konnte nur ein skurriler Traum sein, der nur so vor Zusammenhanglosigkeit strotzte. Was war das letzte Jahr seines Lebens nur abgegangen?

Langsam setzte er sich auf, mit dem Rücken zu der anderen Seite seines Bettes, mit pingeliger Angst dort bloß nicht hinzuschauen. Aus dem Grund, weil er nicht wollte, dass sich die Flicken doch noch zusammensetzten zu einer Struktur oder einfach, weil dort kein kleiner Schlagzeuger liegen wurde, verpennt mit zerzausten Haar, vielleicht zusammengerollt wie eine Katze. Selbst als er aufstand, sich die dünne Decke um die Hüften wickelte und aus dem Schlafzimmer zur Küche ging, lief er seitlich, mit dem Rücken zum Bett um auch ja nichts aus seinen Augenwinkeln erspähen zu können. Er wollte es sich einfach nur ersparen, durfte man das nicht auch mal? Einfach wegschauen, weil man Angst hatte, dass etwas wahr war obwohl man genau wusste, dass es so war und dann doch etwas zurückblieb. Ein kleiner, hinterhältiger Funken Hoffnung, der einem mit schriller Stimme sagte: ‚Schau hin! Schau schon hin! Vielleicht ist er da noch! Vielleicht ist er geblieben!’

Aber diesen überhörte er einfach, machte sich lieber eine Tasse Kaffee mit Milch, an Tee wollte er jetzt nun wirklich nicht denken. Kurz wanderte sein Blick über den Tisch, der in der Mitte der Küche stand und als ihm dort eine Loretta entgegenblickte, deren Kopf ganz leicht aus dem Mekong schimmerte, blickte er auch dort wieder weg. Überall holten ihn Erinnerungen ein, egal wo er hinschaute, eigentlich war seine ganze Wohnung nur voll davon. Mit einem leisen Seufzen stellte er seine Kaffeetasse wieder zur Seite und ging zurück in das Schlafzimmer, wieder mit dem Rücken zum Bett. Den Blick mit Absicht zu Boden gerichtet um ja nicht durch den Spiegel das Bett zu sehen, so zog er sich an um zum Bäcker zu gehen.
 

Die Straßen waren schon ziemlich voll mit Leben, da es ja schon fast Mittag war und die Schlange beim Bäcker würde auch ewig lang sein, da es ja mehr Langschläfer gab als so Frühaufsteher, wie er einer war. Weit sollte er allerdings nicht kommen, als das Handy in seiner Jacke klingelte.

Skeptisch ging Farin dran.

„Hey, Jan.“

„Guten Morgen, Rod…“

Ein Lachen war zu hören. „Oh Man! Bist du es nicht der, der immer meint, dass diese Uhrzeit schon lang kein Morgen mehr ist?“

Als nur ein Schweigen als Antwort kam, sprach der Chilene weiter. „Ich wollte dich nur fragen, ob du weißt wo Dirk ist. Ich habe ihn nämlich auf dem Handy und auf dem Telefon angerufen, er scheint nicht zu Hause zu sein. Ich habe aus Versehen, seine Mai-Lin mitgenommen.“

„Nein…ich weiß nicht wo er ist.“

„Oh…hm…sag mal…alles in Ordnung?“

„Jap, klar doch…alles bestens!“ Der Blonde versuchte sich zu einem fröhlichen Ton durchzuringen.

„Du weißt wenn was ist, kannst du mir das sagen.“ Aus dem Hintergrund, erklang ein genervtes ‚Rod!’, eindeutig von der momentanen Freundin des Bassisten.

„Ich sagte doch, es ist alles okay. Geh lieber zu deinem Mädchen.“

„Dann…bis demnächst.“

Schon war das monotone Tuten am anderen Ende der Leitung zu hören und er steckte sein Handy weg.

Farin setzte gerade mal zwei Schritte weiter, als er stehen blieb und es sich noch mal durch den Kopf gehen ließ. Bela war nicht ans Telefon, noch an sein Handy gegangen?

Verwundert sah er hinauf zu der hell strahlenden Sonne, die ihn förmlich anzugrinsen schien und spürte den kleinen Funken, der nun einer Stichflamme grenzte.

Mit einem Grinsen wuschelte er sich plötzlich durch das Blonde Haar, murmelte nur ein leises: „Ach scheiß drauf!“ Da drehte er sich auch schon um und sprintete förmlich zurück zu seiner Wohnung, wobei ihm nicht gerade wenige Leute verwundert nachsahen.
 

Wenig später stand er schwer atmend in der Tür seinen Schlafzimmers und starrte umso eindringlicher nun auf sein Bett, von wo aus ihm grüne Augen entgegenblickten, die einen merkwürdigen Schimmer hatten, irgendwie wässrig wirkten, als ob gleich Tränen aus ihnen kullern würden. Die wohl nicht damit gerechnet hatten, noch einmal den Gitarristen zu sehen.

„Ich will keine Geisha mehr sein…ich will nicht für die Nacht sein und…mein Arsch tut weh!“

Farin musste unwillkürlich anfangen zu lachen, nicht unbedingt wegen den Worten des anderen, eher weil es immer verquerer wurde und er über sich selbst lachte.

„Ist in Ordnung.“, erwiderte er dann und sah den Schwarzhaarigen an, als würde er ihn zum ersten Mal sehen und dabei das Schönste, was es gab erblickte. Gab es einen perfekteren Augenblick? Nein!

„Sagst du jetzt wieder ‚April, April’?“

Die Frage traf ihn irgendwie unvorbereitet und wie der Schlagzeuger ihn so ernst ansah machte es auch nicht besser.

„Wieso?“

„Hast du letztes Jahr auch gemacht…“

„Da hast du das gesagt!“

„Aber du hast es nicht berichtigt!“, gab der Schwarzhaarige nun trotzig zurück und ballte die Hände zu Fäusten. „Wir sollten das grade vergessen, ja…“, schwer schluckte Bela, „…sehr schön Jan, war dieses Mal auch wieder sehr lustig! Was kommt das nächste Mal? Heiratest du mich dann und sagst danach ‚April, April’?“

Wieder konnte sich Farin kein Lachen verkneifen, seid wann war er denn so gut drauf? Dann kam er aber lieber auf Bela zu und setzte sich zu diesem auf die Bettkante. „Darf ich dir etwas sagen?“

„Hm?“

„April, April…Ich liebe dich.“

„Hä? Was soll der Müll?“

„Aprilscherze sind auch oft als Überraschungen gedacht und nicht als Scherze.“

„Ist das eine Überraschung?“

„Ich denke schon.“

„Dann ist es eine sehr schöne.“ Nun lächelte auch der Kleineren und gab Farin einen langen Kuss, den dieser nur zu gerne erwiderte.
 

Manchmal fügten sich auch Fetzen zusammen, von denen man kaum glaubte, dass sie sich jemals zusammenfügen konnten. Wer denkt auch schon das grüne Streifen mit pink-lila Karos zusammenpassten oder eine Geisha und ein schlechter Aprilscherz? Niemand! Aber waren Flickenteppiche, wo genau diese Sachen nebeneinander harmonieren konnten, nicht auch sehr schön anzusehen und gaben diese nicht auch ein Ganzes? In seinen abstrakten, ungleichen Einzelteilen, die manchmal zusammenpassten oder einfach zusammen gezwungen wurden… spiegelte da nicht so ein Teppich das wahre Leben wieder und leider auch die Realität? Vielleicht grässlich aber doch irgendwie schön.
 

„Dirk?“

„Hm?“

„Was hältst du von einem Flickenteppich?“

„Grottenhässlich die Teile…welcher grausame Mensch macht denn bitte grüne Streifen neben pink-lila Karos?“

„Wer hat schon eine Geisha am 1. April?“

„Muss ich das verstehen?“

„Hm…nein, denke nicht.“

„Du bist echt ein Stimmungstöter!“

„Ja und ich bin so nett und nehme nicht einmal Geld dafür.“
 

„Jan?“

„Hm?“

„April, April…ich hasse dich…“

„Ich deute das mal als Scherz.“

„Jan?“

„Jetzt wirst du grade zum Stimmungstöter!“

„Ich mag doch Flickenteppiche…“
 

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Ich glaube, ich kann mit recht sagen, dass das eine der zusammenhanglosesten FFs war, die ich je geschrieben habe XD Ohne Höhepunkt oder sonst irgendwas, ist diese Geschichte einfach nur so vor sich hingedümpelt, weder spannend, noch aufregend oder sonst was. O.o; Trotzdem danke ich allen, die das hier gelesen haben und hoffe, dass es für den WB ganz gut ist XD

Warum da kein Adult-Kapitel kam? Na ja, ich dachte, dass es die Handlung kaputt macht, aber wenn ihr wollt, kann ich noch eins nach reichen, nicht dass ihr denkt, ich kann so was nicht schreiben xD
 

Pöse



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Kommentare zu dieser Fanfic (17)
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Von:  Jimmey
2008-02-29T11:08:14+00:00 29.02.2008 12:08
soll ich dir mal eines sagen?
Das ist so was von geil!
das glaubst du gar nich
bei den letzten absätzen hab ich mich vor lachen echt beömmelt^^
ich mag flickenteppiche ochXD
aaaaber... das mit der nacht hätt ich schon gerne mehr beschrieben gehabt X))))
haaach, ich kleines perverses kind
oooooooo
ich stell mir bela sooo süß und geil vor und..
*gibtzudasssiebelaliebt*
lg
Talea
Von:  -bee-
2006-06-28T15:42:23+00:00 28.06.2006 17:42
sehr sehr schön!
P.S.: du wolltest gern auf aufforderung eine adult schreiben? *zwinker*^^
aber ist auch so...! ach, sagte ich ja bereits X)
LG da sweet
Von:  Alex_Fischer
2006-06-26T12:12:57+00:00 26.06.2006 14:12
Wat? schon Fertig????? O_o
ik dachte da kommt noch wat ..... schade *schluchz*
auf jedenfall supi geschrieben ^^
Von:  Alex_Fischer
2006-06-26T12:03:01+00:00 26.06.2006 14:03
waiiiiiii is dat geil ^^
stell mir sie Szene richtig geil vor *grinsl*
Von: abgemeldet
2006-06-16T15:11:24+00:00 16.06.2006 17:11
oh...zuende???
ich fand sie aber sehr schön, wirklich...hast recht, zwischendurch wars n bisschen zusammenhangslos, aber das überseiht man denke ich gernde bei deinem äußerst tollen schreibstil ^^
also...ähm, vielleicht solltest du den status der FF noch auf abgeschlossen setzen...^^
glg, alex
MEHR!! XD
Von: abgemeldet
2006-06-16T14:07:52+00:00 16.06.2006 16:07
waaaaaaaaaaaaaaaaaaah!!!!!!!
Es ist sooo toll...
hast du sehr schön aufgebaut, is alles total klasse, du schreibst echt schön...
*sabber*
*tropf*
*wegwisch*
einfahc nur toll...Bela im Kimono *träum*
also ähm *hust*
nächstes Kapitel...! ^^
glg, alex
Von: abgemeldet
2006-06-16T13:49:33+00:00 16.06.2006 15:49
super...^^
tjoa...kann miku eigentlich nur zustimmen, haste toll gemacht, hast meinen äußerst langweiligen Nachmittag gerettet...
also klasse, ich les dann direkt mal weiter ^^
glg, alex
Von:  Schneeblume
2006-06-13T16:49:11+00:00 13.06.2006 18:49
Oh, schon zuende? *verwundert guck*
aber schick! ^^ ich fand sie cool. *jezznichsagdassichgernnelemongelesenhätte* *hust*
XD
Bye Franzi^^
Von:  MSK
2006-06-13T07:37:34+00:00 13.06.2006 09:37
Wow...
Echt ein tolles Szenario!!!
Absolut genial, auch vom Aufbau her gefällt mir das alles total gut. ^^
Von:  MSK
2006-06-13T07:08:07+00:00 13.06.2006 09:08
*lol*
Oh mann...
ein sehr erheiterndes Kapitel.
Musst wissen, ich sitze hier mit Fieber und MagenDarmGrippe zu Hause rum, darf nichts essen und kann aber nich mehr rumliegen, weil ich schon rückenschmerzen hab...
bin ich also auf mexx... was solls!
Ich find deinen Stil ziemlich genial *lacht* die Situationen sind immer noch nur allzu gut vorstellbar... und die Dialoge... ^^
weiterso!

*zum nächsten kappi schleich*


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