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X-Men Evolutions

-Ein neues Jahr-
von

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Heimkehr

Spätsommer.

Im strahlenden Licht der wärmenden Sonne entfalteten die bunt gefärbten Blätter ihre ganze Pracht und bildeten ein schillerndes Dach über den Köpfen der Menschen. Auch auf dem großen Anwesen an der Grenze zu Kanada gelegen hatte der Spätsommer sein buntes Kleid ausgebreitet. Roter Wein rankte sich um ein kleines goldenes Schild, das den Namen des Anwesens verriet.

<< Xavier Institut für begabte Schüler >> stand dort und wiesen das große Gebäude mit seiner weitläufigen Anlage als Spezialschule aus.

Es war in der Tat eine Schule für ganz besondere Menschen, die sich von den herkömmlichen stark unterschieden und wegen dieser Unterschiede gehasst und gefürchtet wurden. Hier aber fanden sie einen sicheren Hort, an dem sie mit ihren unterschiedlichen Gaben freundlich aufgenommen wurden.

Charles Francis Xavier war der Begründer und Leiter dieses Institutes und ebenso ein Mutant wie seine Schüler. Mutanten nannte man jene Menschen, deren Gene durch unbekannte Einflüsse sich so speziell verändert hatten, dass sich darauf eine völlig neue Fähigkeit entwickelt hatte, die nur diesem einen Menschen zur Verfügung stand. Es kam zwar mal vor, dass einige Fähigkeiten häufiger auftraten als andere, aber an für sich waren sie alle unterschiedlich.

Noch war es friedlich in dem großen, umgebauten und erweiterten Herrenhaus, da die Sommerferien noch nicht ganz vorüber waren. Trotz alledem würden am heutigen Nachmittag schon einige der wenigen Schüler aus ihrem Urlaub zurückkehren, sodass der Schulleiter samt seinem kleinen Lehrerkollegium einen turbulenten Nachmittag erwartete.

Wie zuvor schon telefonisch angekündigt erschien der erste Schüler wie aus dem Nichts mit einem kleinen "Puff" im Haupteingang und wurde von Professor Xavier persönlich begrüßt.

"Schön dich wieder zu sehen, Kurt. Ich hoffe der Urlaub war schön."

"Ja, danke, Professor. Allerdings war mir die Sonne Spaniens ein wenig zu heiß", gestand der angesprochenen Junge von knapp 18 Jahren und tippte gegen seine Armbanduhr. Kurz darauf zeigte sich die wahre Gestalt des Schülers, da es sich bei dem kleinen Accessoire um einen holographischen Projektor handelte, der es ihm erlaubte sich in einer schein-menschlichen Gestalt unter das Volk zu mischen. Seine reale Gestalt hätte eine Panik auslösen können, besonders bei der momentanen angespannten Situation. Kurts Haut war vornehmlich blau und nur dort violett verfärbt, wo er sich einen Sonnenbrand zugezogen hatte. Die Augen wiesen ein strahlendes Gelb auf, während sein Haar rabenschwarz bis zu seinen Ohren herabhing. Was jedoch für normale Menschen abstoßen wirken würde, wären seine Füße, die man mit kräftigen Läufen von Großkatzen vergleichen konnte, wobei diese nur zwei Zehen besaßen. Auch seine Hände wiesen weniger Finger auf, statt fünf waren es bei ihm nur drei. Sein einzigartigstes Merkmal hingegen war sein elastischer, peitschenähnlicher Schwanz, der sich als Verlängerung des Steißbeins ausgebildet hatte.

Kurt selbst hatte sich mit den Jahren an sein Erscheinungsbild gewöhnt und so auch seine Freunde, doch Uneingeweihte würden ihn beschimpfen und bespucken, würde er ihnen seine wahre Gestalt enthüllen.

Mit einem weiteren "Puff" hatte sich der blaue Junge wieder aufgelöst bzw. sich in sein Zimmer teleportiert, dies war seine besondere Gabe. Er konnte über eine weite, begrenzte Strecke fast ohne Zeitverlust den Ort wechseln, dazu musste er nur an diesen Ort fest genug denken, was früher, als er seine Gabe noch nicht richtig beherrschen konnte, zu einigen Problemen geführt hatte, da er unwillkürlich seinen Standort gewechselt hatte. Mittlerweile beherrschte er die Teleportation ohne Probleme und arbeitete nun daran, die Grenzen zu erweitern.

Draußen fuhr nun ein roter Sportwagen die Einfahrt hoch und hielt auf dem Parkplatz des Institutes. Kurz darauf betraten zwei lächelnde Turteltauben die Eingangshalle und begrüßten Xavier, sowie die anwesenden Lehrer.

Bei den beiden Schülern handelte es sich zum einen um Jean Grey, einen telekinetisch und telepathisch begabten Rotschopf, sowie um Scott Summers, der sich durch seine gefährlichen Augen auszeichnete, mit denen er optische Strahlen verschießen konnte, weswegen er auch immer eine getönte Spezial-Sonnebrille trug, sodass er nicht versehentlich von seiner Kraft Gebrauch machte.

"Wie war Italien?" fragte Storm, deren eigentlicher Name Ororo Monroe war. Sie gehörte dem Lehrerkollegium an und stammte aus Afrika, wobei sie jedoch die meiste Zeit ihres Lebens in Amerika verbracht hatte. Ihr waren die Naturgewalten untertan, so konnte sie Hurrikane, Blizzards oder Gewitterstürme jeder Art beschwören.

"Wunderschön, eigentlich wären wir noch länger geblieben, aber Scott wollte unbedingt rechtzeitig zum Indian Summer zurück sein", erklärte Jean und knuffte den Schuldigen leicht in die Seite, woraufhin dieser schuldbewusst lächelte.

"Willkommen zurück, am besten ihr bezieht eure Zimmer", sagte Xavier und bald darauf kam auch schon die nächste Urlauberin Heim. Wie ein Geist kam sie durch die Tür, wobei ihre Gestalt nicht transparent wurde. Das für ihr Alter etwas kleinwüchsige 18 jährige Mädchen wurde meist Shadowcat genannt, doch ihr bürgerlicher Name war schlichtweg Kitty Pride. Auch sie begrüßte freundlich die Anwesenden und stürmte kurz darauf zu ihrem Zimmer.

"Es ist doch immer das gleiche...", murmelte Beast, der Lehrer für Mathematik und Chemie, wobei er Kitty kopfschüttelnd hinterher sah. Henry McCoy trug zu Recht seinen Namen, denn seine Genmutation hatte seine äußere Gestalt dem eines blauhaarigen Gorillas mit menschlichen Zügen angeglichen und dabei mit übermäßiger Stärke und Intelligenz gesegnet. Allerdings verhinderte sein Äußeres, dass er sich in der Öffentlichkeit zeigen konnte. Professor Xavier hatte ihm zwar auch einen holographischen Projektor angeboten, doch Beast hatte dankend abgelehnt und zog die Abgeschiedenheit im kleinen Kreis seiner Freunde vor.

"Dann war es das für heute", meinte der schwarzhaarige Lehrer neben Storm, der einem Türsteher alle Ehre gemacht hätte. Auf den ersten Blick machte er einen mürrischen ungehobelten Eindruck, doch unter der harten Schale verbarg sich ein weicher Kern. Logan kümmerte sich hauptsächlich um das Überlebens- und Spezialtraining der Schüler, wo er ihre unterschiedlichen Fähigkeiten forderte und förderte.

"Nicht ganz", korrigierte ihn Xavier und nickte zur Tür hin, die erneut aufging und den Blick auf ein verschüchtertes 17 jähriges Mädchen mit schulterlangem dunkelblondem Haar freigab. Ihre katzengleichen Augen bewiesen, dass sie eine Mutantin war, doch es war keine Schülerindes Institutes. Neugierig hob Logan eine Augenbraue und musterte die Neue, die tief einatmete und zielsicher auf den Schulleiter zuhielt.

"Ah, du musst Alexis Drake sein, richtig?" dämmerte es diesem und er erinnerte sich an das nervenaufreibende Telefonat, das er vor zwei Tagen geführt hatte.

Sie nickte bestätigend.

"Unsere Neue?" hakte der mürrische Lehrer nach und musterte das schmächtige Mädchen kurz bevor er innerlich seufzte, da er sich mit einer Menge Arbeit konfrontiert sah, die nun umein weiteres Stück angewachsen war. Das Nicken Xaviers war Antwort genug.

"Storm wird dir dein Zimmer und das Institut zeigen, sollten noch Fragen sein, stehen wir die jeder Zeit zur Verfügung. Was die Hausordnung angeht, solltest du auf dem neusten Stand sein", sagte Xavier und überließ Alexis Storms Obhut, während er selber sich wieder in sein Büro begab, um noch die endgültigen Stundenpläne zu überarbeiten. Obwohl er wegen eines tragischen Autounfalls an den Rollstuhl gefesselt war, fühlte sich Charles Xavier dadurch keineswegs eingeschränkt, da er mit Hilfe seiner telekinetischen Kräfte die meisten Hindernisse "umfliegen" konnte. Der Computer summte leise vor sich hin und wartete betriebsbereit darauf, dass die restliche Arbeit erledigt wurde.

Einmal quer durchs Institut

Nachdem sie von Storm in den groben Aufbau des Institutes samt Wohnflügel eingeführt worden war, fand sie sich in ihrem neuen Zimmer wieder, das sie mit zwei weiteren Mädchen teilen würde. Auf der linken Seite des großen Raumes standen zwei Betten, wovon das erste Kitty Pride gehörte, welche gerade hektisch ihren Kleiderschrank nach einem schicken Outfit absuchte, da sie sich noch später am Abend mit einem Jungen treffen wollte. Das zweite Bett wurde von der fast immer düster dreinblickenden Rouge besetzt, die auch jetzt mit Kopfhörern laut Musik hörte und dabei auf ihrem Bett auf und abwanderte.

So blieb Alexis nichts anderes übrig, als das Bett auf der rechten Seite des Zimmers in Beschlag zu nehmen und verhielt sich möglichst leise, sodass sie keinen der beiden anderen störte, denn Ärger konnte sie am wenigsten gebrauchen schon gar nicht mit ihren Zimmergenossinnen.

Als Kitty sich umdrehte um ihre Wahl Rouge zu präsentieren, hielt sie inne und bemerkte überrascht ihre neue Zimmergenossin, die gerade ans Fenster getreten war.

"Na du bist ja vielleicht eine. Kommst hier rein und sagst nicht mal Hallo", meinte sie tadelnd und machte auch Rouge auf ihren neuen Gast aufmerksam.

"Oh, ich wollte nicht stören", kam es leise vom Fenster zurück und Rouge verdrehte die Augen.

"Na toll, noch so eine Schüchternheitskönigin", seufzte sie mürrisch dreinblickend und stellte die Musik aus. Jetzt da Alexis die volle Aufmerksamkeit ihre Bettnachbarinnen hatte, wurde sie zunehmend nervöser und bekam schließlich kein Wort mehr heraus. Zu allem Überfluss erschien auch noch Kurt mit einem leisen "Puff" in ihrem Zimmer.

"Halli hallo, sind die Damen schon eingezogen?" fragte er unschuldig grinsend nach und wuschelte der verdutzten Alexis durch ihr Haar.

"Die beiden sind gar nicht mal so übel, wenn man sie erstmal kennen gelernt hat. Ich heiße übrigens Kurt", sagte dieser zu dem schwarzhaarigen Mädchen und deutete eine kleine Verbeugung an.

"Raus hier!" erklang es von den beiden anderen Mädchen, doch bevor sie ihre Kissen ergreifen und nach ihm werfen konnten, war er auch schon wieder verschwunden.

"Irgendwann dreh ich ihm noch mal seine blaue Gurgel um", grummelte das Mädchen mit den weißen Haarsträhnen und griff wieder zu ihren Kopfhörer, überlegte es sich aber im letzen Moment nochmals anders und trat stattdessen auf den kleinen Balkon hinaus, um die warme Sonne zu genießen, sodass Kitty mit Alexis allein war.

"Kurt hat schon Recht, weißt du. Wir sind wirklich nicht so schlimm, wie wir auf den ersten Blick erscheinen. Wir können viel Spass zusammen haben, wenn du willst. Ich heiße übrigens Kitty", sprudelte es aus ihr heraus und sie ergriff die Hand ihres Gegenübers um sie zu schütteln. Nun war Alexis vollkommen perplex. Gerade eben war ihr ihre Zimmergenossin noch abweisend erschienen und nun war sie nett und freundlich zu ihr.

//Das ist ganz schön schräg hier...hoffentlich geht das gut//, schoss es Alexis durch den Kopf und fragte dann nach dem anderen Mädchen.

"Oh, das ist Rouge. Sie ist war ein wenig mürrisch und eigen, aber das gibt sich mit der Zeit. Soll ich dir das Institut zeigen, du hast bestimmt noch nicht alles gesehen", meinte Kitty und ließ ihre neue Freundin gar nicht erst zu Wort kommen, sondern schleifte sie auch schon hinter sich her, wobei sie Rouge noch zurief, dass sie Alexis herumführen würde.

In der großen Bibliothek trafen sie Beast an, der sich von einem Regal zum nächsten hangelte und ein paar Bücher ein- oder aussortierte.

"Last euch von mir nicht stören", rief er von oben herab und schwang sich bereits zum nächsten Regal weiter. Während Alexis immer noch von Kitty geführt ihre katzenartigen Augen durch die verschiedenen Räume schweifen ließ, erklärte ihre Führerin ihr die unterschiedlichsten Dinge zu den jeweiligen Räumen, wobei sie fast immer eine witzige Begebenheit dazu kannte und sie zum Besten gab. Schließlich hielten sie in der großen Küche, wo zumeist die Lehrer, aber auch ab und zu ein paar Schüler aßen und trafen auf Jean und Scott, die gerade sehr mit sich selbst beschäftig waren.

Kichernd zog Kitty die hochrot angelaufene Alexis wieder hinter sich her, bis sie schließlich in der Garage ankamen. Das Klappern eines Kreuzschlüssels und ein vehementes Fluchen lenkten ihre Aufmerksamkeit zu den Motorrädern des Institutes, an denen gerade Logan arbeitete. Mit einem Ölverschmierten Gesicht sah er von seiner dunkelblauen 125ger auf und blickte grimmig drein, als er die beiden potenziellen Störenfriede erblickte.

"Können wir vielleicht helfen?" fragte Alexis an und versuchte sich an einem etwas selbstsicheren Lächeln.

"Kennst du dich denn überhaupt mit so was aus?" fragte der Überlebenstraining-Lehrer und musterte sie kritisch. Als Antwort erhielt er ein zögerndes Nicken und entschied sich die neue Schülerin gleich auf die Probe zustellen.

"Gut, dann versuch dein Glück und klemm das Ventil ab." Wie verlangt, kümmerte sie sich darum und bewies erstaunliches, handwerkliches Geschick dabei, woraufhin Kitty begeistert jubelte und Logan eine lange Nase machte, weil eine Schülerin etwas besser konnte als er.

"Du solltest vorsichtiger sein, Madam, sonst zieh ich dir deine Hammelbeine lang", knurrte der Gehänselte genervt und klopfte Alexis lobend auf die Schulter, wobei er ihr anbot ihm häufiger bei der Reparatur behilflich zu sein.

Diese zog das Angebot in Betracht, da es sie nicht nur mit dem Lehrer vertrauter machen würde, sondern ihr auch die Möglichkeit bot ihr Wissen zu erweitern.

"Was macht ihr eigentlich in der Freizeit", fragte Alexis schließlich nach, nachdem sie die Garage wieder verlassen hatten, allerdings bereute sie ihre Frage sofort wieder, da Kitty zu einem wahren Erzählstrom ansetzte, den man nicht mehr unterbrechen konnte, so war die neue Schülerin dazu verdammt sich ohne Unterbrechung die vielen Möglichkeiten anzuhören, die den Besuchern des Institutes offen standen.

Zum einen gab es einen ausgedehnten Sportplatz samt Aschenbahn, Sprunggrube und Weitwurfareal, auch die verschiedensten Ballsportarten wie Fußball oder Basketball konnten ohne Probleme gespielt werden.

"Wenn die Sirene ertönt, musst du unverzüglich vom Fußballfeld verschwinden, da sich darunter der Hangar befindet. Erklingt die Sirene, bedeutet dies, dass ein Flugzeug starten will und dafür klappt das Fußballfeld weg", ermahnte sie Alexis und führte sie wieder zurück zu ihrem Zimmer. Rouge war nicht mehr da, vermutlich suchte sie sich gerade in der Küche einen kleinen Snack zusammen, sodass Kitty und Alexis auf den Balkon gingen und die bunte, abgeschiedene Landschaft genossen. Den Blick in die Ferne gerichtet, träumten beide vor sich hin und erwarteten den Ende des Tages.

Schulbeginn

Der nächste Tag begann anstatt üblicherweise mit einem Wecker, dieses Mal mit einer gewaltigen Erschütterung, die das Institut in seinen mächtigen Grundfesten erbeben ließ. Erschrocken und verstört flogen die noch schläfrigen Studenten aus ihren Betten, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Manch einer ahnte schon was bzw. wer da frühmorgendlich so einen Aufstand fabrizierte. Es war kein geringerer als Lance, der wegen seiner Fähigkeit Erdbeben auszulösen auch Avalance genannt wurde, wobei sich alle einig waren Earthquake hätte ihm vom Namen her besser gestanden.

Zu diesem äußerlich reifen Jungen, der sich gerne vor dem weiblichen Geschlecht als Aufreißer und Macho gab, sollte man wissen, dass er zu jener Gruppierung von Mutanten zählte, der Bruderschaft, die Menschen verachteten und ihre Kräfte bedenkenlos gegen sie einsetzten. Der Grund warum er gerade das Xavier Institut aufsuchte, war recht subtil. Einige wenige wussten davon, manche spekulierten darüber, andere wiederum hatte keine Ahnung davon, dass Kitty und Lance eine Quasi-Beziehung führten. Beide hätten diese Behauptung abgewiesen, wenn man sie gefragt hätte, aber es war Fakt und der Grund warum der ungehobelte und selten beherrschte Junge die Schüler und Lehrer aus den Betten gerissen hatte.

"Ich will dem Institut beitreten", bluffte Lance gerade Logan ins Gesicht, der wenig begeistert auf den Jungen herabsah, zumal er sich an das letzte Mal erinnerte, als der schwierige, schwarzhaarige Junge versucht hatte sich der Schülerschaft anzuschließen und auf Grund seiner mangelnden Disziplin und Selbstbeherrschung sowie wegen seines unkontrollierten und gewissenlosen Umgang mit seinen Kräften schließlich von der Schule geflogen war.

Auch der sonst aufgeschlossenen und tolerante Schulleiter Professor Charles Xavier verdeutlichte seinen Standpunkt mit einem energischen Kopfschütteln.

"Du hast in der Vergangenheit mehrmals bewiesen, dass du den einfachen Anforderungen der Schule nicht gerecht werden kannst, deshalb rate ich dir, wieder zurück zur Bruderschaft zu gehen."

Diese strikte Zurückweisung führte zu seinem erneuten, heftigen Beben, das den Boden erzittern ließ.

"Ihr werdet mich schon noch aufnehmen, denn ihr braucht mich", prophezeite Lance und sprang dann wütend auf sein Motorrad, dessen Motor er kurz aufheulen ließ und dann die Auffahrt hinabrasend aus dem Blickfeld verschwand. Kitty hatte die ganze Angelegenheit mitbekommen. Einerseits tat es ihr Leid um Lance, dass er sich die Mühe gemacht hatte trotz allen Widrigkeiten hierher zu finden und dann abgelehnt zu werden, andererseits war sie auch froh darum, da es doch nur Probleme gegeben hätte.

Schließlich gaben die Lehrer Entwarnung und die allgemeine Atmosphäre entspannte sich wieder.

"Jetzt da ihr schon mal wach seid, können wir gleich mit ein wenig Frühsport beginnen. Ich will euch gleich noch vor dem Frühstück auf dem Sportplatz sehen und wehe es wird wieder rumgetrödelt. Wer meint einen auf faul machen zu müssen, erhält von mir persönlich ein paar Extrarunden auf dem Aschenplatz, also hopp hopp", rief Logan grimmig vergnügt seinen Schützlingen zu, bereit die verweichlichte Brut, so wie er sie an schlechten Tagen nannte, zu konditionierten Sportlern zu machen, die auch bei härtesten Bedingungen gut abschnitten.

Er selbst sagte stets, dass das Leben kein Kinderspielplatz sei und gnadenlos den Menschen zu seinem versklavten Spielball mache, sofern dieser sich nicht dagegen wehren könne. Trotz der Härte seiner Methoden wurde er anerkannt und geachtet, schließlich bereitete er sie darauf vor in einer meist feindlich eingestellten Gesellschaft zu überleben. Es war also kein Sadismus, der ihn dazu antrieb, sondern schlichtweg Sorge und Voraussicht.

Pünktlich traten die wenigen Schüler, momentan waren es nicht mehr als neun, am Sportplatz an.

"Gibt es ein bestimmtes Programm, das er immer abklappert?" fragte Alexis leise ihre Nachbarin.

"Morgens wärmen wir uns mit zwei Runden auf dem Aschenplatz ein, Springen dann eine Weile oder Werfen je nachdem, abschließend spielen wir dann noch eine Runde Basketball", erklärte Kitty und wurde von ihrem immer noch mürrisch dreinblickenden Lehrer dazu eingeteilt mit Alexis und Rouge die Rundenanzahl zu laufen.

"Was ist eigentlich deine besondere Fähigkeit?" Es war das erste Mal, dass Rouge das Mädchen von sich aus ansprach. Alexis zuckte die Schultern.

"Das habe ich bisher noch nicht herausgefunden. Als meine Eltern meine Katzenaugen bemerkten, wollten sie mich vor die Tür setzen. Allein meine Mutter hatte noch ein wenig Mitleid mit mir und telefonierte schließlich mit Professor Xavier, dass ich hier aufgenommen werde. Anscheinend hat es da anfänglich einige Furore darum gegeben, allerdings weiß ich nicht warum. Ich hatte versucht das Telefonat zu belauschen, wurde aber leider von meinem griesgrämigen Vater erwischt und in den Keller eingesperrt", erklärte sie und ihre gelben Augen schimmerten leicht, als sie sich daran zurückerinnerte.

Kitty wechselte schnell das Thema, da sie ihre neue Freundin nicht traurig machen wollte.

"Hast du Lust heute mit an den See zu fahren? Wir wollten da ein kleines Picknick machen und schwimmen gehen." Begeistert nickte Alexis und vergaß im Vorausblick auf die Entspannung am Nachmittag die trüben Gedanken und die Anstrengungen des Sporttrainings.

Bald ertönte der schrille Pfiff von Logans Pfeife, die das Ende ihrer Sporteinheit verkündete. Völlig ausgepowert, aber zufrieden quälten sich die Schüler nun angeführt von einem zufriedenen Logan zu dem kleinen Essenssaal, der neben der Küche noch als Essraum zur Verfügung stand. Storm hatte sich um ein ausgewogenes und leichtes Frühstück gekümmert, das aus Vollkorntoasts, Eiern und Obstsalat bestand.

"Nicht schon wieder Obst", klagte Kurts Stimme zu den Mädchen herüber, als er gerade von der Anrichte kam, wo er sich sein Essen abgeholt hatte.

"Ohne Vitamine wirst du nie groß und stark", belehrte ihn Beast gutmütig, der gerade durch die Reihen der Schüler zu Storm ging, um ihr etwas leise mitzuteilen, wobei sein Blick kurzzeitig auf Alexis ruhte.

Diese hatte das sonderbare Gefühl, dass die beiden Lehrer gerade über sie redeten und nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, war es nichts Gutes. Während der ganzen Frühstückszeit überlegte sie, was dies bedeuten mochte, doch ihr viel nichts ein, was zu einer Beschwerde gegen sie hätte führen können, schließlich hatte sie sich nichts zu Schulden kommen lassen.

Als sie es nicht mehr aushielt, berichtete sie Rouge und Kitty davon, doch beide waren sich einig, dass das nichts zu bedeuten habe und sie sich deswegen keine Sorgen zu machen brauche, doch Alexis ließ dies keine Ruhe mehr, sodass sie in der anschließenden ersten Unterrichtsstunde beinahe die falschen Chemikalien mit einander gemischt hätte, was zu einer gefährlichen Explosion geführt hätte, doch ihre beiden Zimmergenossinnen erwiesen sich als wahre Schutzengel. So erstaunlich es auch war, die drei hatten in kurzer Zeit eine feste Freundschaft untereinander aufgebaut, von der jeder von ihnen profitierte. Jeder half dem anderen aus und war bereit Probleme und Fragen auszudiskutieren und zu lösen.

Nach der Doppelstunde Chemie folgte nun eine Einzelstunde Biologe bei Professor Xavier über das Sezieren von Fröschen. Zu dritt arbeiteten sie abwechselnd an einem toten Tier und legten nach und nach die verschiedensten Organe frei, um sie zu skizzieren und Informationen über diese tabellarisch festzuhalten. Am Ende der Stunde sichtete der Schulleiter die Tabellen und war sichtlich zufrieden mit den Ergebnissen.

"Alexis, bitte bleib noch. Ich möchte mit dir noch über etwas wichtiges Reden", bat er und die angesprochene Schülerin spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten.

//Jetzt ist es also soweit...// dachte sie bei sich und ein leichter Knoten im Hals erschwerte ihr das Atmen.

"Setz sich bitte", forderte Xavier sie auf und kam ohne Umschweife zum Punkt des Gesprächs.

"Es ist meine traurige Pflicht dir mitzuteilen, dass deine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind", setzte er an und musterte das bleiche Mädchen vor sich. Alexis hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit so etwas, allerdings musste sie sich eingestehen, dass es sie nicht so schwer traf, wie sie erwartet hatte. Die Tatsache, dass ihre Eltern nichts mehr von ihr hatten wissen wollen, als sich zum ersten Mal gezeigt hatte, dass sie eine Mutantin war, hatte zu einem unwiderruflichen Bruch im Familiengefühl geführt, sodass ihr dieser Umstand nur sehr unreal vorkam.

"Allerdings ist das nicht das einzige, was ich dir zu sagen habe. Bei dem Telefonat, das ich kürzlich noch mit deinen Eltern geführt habe, habe ich erfahren, dass du adoptiert wurdest, deine leiblichen Eltern also noch leben", erklärte er möglichst behutsam. Alexis sah ihn an als hätte sie einen Geist gesehen. Wenn sie geglaubt hatte, dass der Tod ihre bisherigen Eltern schlimm zu verkraften sei, so war dies doch die abschließende Krönung. Mitfühlend strich er mit seinen rauen Fingern über ihren Handrücken, um so symbolisch ein wenig Trost zu spenden.

"Ist sonst noch etwas", fragte das geschockte Mädchen nach, doch es gab nichts mehr, was er ihr zu sagen hatte, sodass sie nickend aufstand und das Klassenzimmer aufgelöst verließ.

Picknick

Xaviers Worte hatten ihre bekannte Welt in ihren als stabil erachteten Grundfesten erschüttert und zum Einsturz gebracht. Das was sie Jahre lang geglaubt hatte im Bezug auf ihre Familie erschien nun in einem völlig anderen Blickwinkel, der zusehends düsterer aber auch fragwürdiger erschien. So sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, achtete sie nicht auf den Weg, den ihre Füße wie von selbst einschlugen. Erst das klappern einiger, metallener Gegenstände und das kurze Aufheulen eines Motorrades enthüllt ihr ihren momentanen Aufenthaltsort.

Mit zufriedenem Blick auf sein blaues Motorrad, das er fertig repariert hatte, sah Logan auf, während er sich die schmutzigen Hände an einem Lappen abwischte.

Er winkte Alexis zu sich und bemerkte kurz darauf wie blass, das junge Mädchen war.

"Alles in Ordnung ? Siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen...", meinte Logan und musterte sie prüfend. Als Antwort erhielt er nur ein Seufzen bevor sie stockend erzählte, was sie von Xavier erfahren hatte.

"Das tut mir Leid für dich...", sagte der schwarzhaarige Lehrer und legte ihr mitfühlend eine große Hand auf die schmale Schulter.

"Es ist ein schlimmes Gefühl, wenn man nicht weiß, woher man kommt, wer seine Eltern sind oder wie sein wahrer Name lautet. Ich kann das verstehen, da ich selbst solch eine Erfahrung machen musste. Ich konnte mich an nicht mehr erinnern, mit der Zeit habe ich ein wenig über meine Vergangenheit herausfinden, genug um damit zufrieden zu sein. Ich ließ die Vergangenheit hinter mir und richtete mein Leben auf die Gegenwart und die Zukunft aus", erzählte er und blickte zu Alexis hinab, die auf einem kleinen Rollbrett Platz genommen hatte.

"Ich weiß gar nichts über meine Vergangenheit und meine Adoptiveltern kann ich nun auch nicht mehr fragen...", seufzte sie leise und wehmütig, da sie keinen anderen Weg sah, wie sie dieses Geheimnis entschlüsseln konnte. Logan überlegte eine Weile, dann nickte er in Gedanken zu seiner in ihm gereiften Idee.

"Vielleicht könntest du Professor Xavier fragen, ob er ein paar Recherchen mit Cerebro betreibt. Er ist darin sehr begabt und könnte vielleicht etwas zu Tage fördern...", schlug er vor und sofort leuchteten die ermatteten Augen des Mädchen wieder auf. Mit einer dankenden Umarmung, die den sonst mürrischen Lehrer erstaunte und lächeln ließ, verabschiedete sie sich, um sich mit Rouge, Kitty und den anderen zum Picknick zu treffen.

Am Eingang wurde sie gleich von den erst genannten abgefangen, die schon mit einem kleinen Korb und einer Decke bewaffnet waren.

"Ich hoffe du hast was zum Baden mitgenommen, Kitty", scholl es von der Treppe herab, die Kurt gerade in seiner blauen Gestalt heruntersprintete, da er wohl Jean ähnliches gefragt hatte und dafür nun mit fliegenden Gegenständen beworfen wurde, die Jean mit ihren telekinetischen Kräften lenkte. Mit einem leisen "Puff" hatte sich der Unglückliche für unbestimmte Zeit aus der Gefahrenzone gebracht.

"Typisch Kurt", war alles was Kitty dazu noch zu sagen hatte, während sie den Kopf schüttelte und ihre beiden Zimmergenossinnen dann hinaus ins Freie führte.

"Wo ist der See überhaupt?" wollte Alexis wissen, die auf ihrer Fahrt zum Institut nichts Vergleichbares entdeckt hatte. Statt darauf zu antworten, zog Kitty sie einfach weiter, durch den an das Anwesen angrenzenden Wald und einen kleinen Trampelpfad entlang, bis schließlich die Bäume von ihnen wichen und den Blick auf einen idyllischen, von der Außenwelt abgeschotteten See samt Wasserfall darboten. Der Anblick war für jeden, der dieses Naturwunder zum ersten Mal bestaunte, so sagenhaft, dass es ihnen die Sprache verschlug, so auch bei Alexis, die sich wie in eine andere Welt versetzt fühlte.

Zum erstaunen aller jubelte Kitty auf, phaste sich durch ihre alltägliche Kleidung, bis sie nur noch ihren gelben Bikini trug uns sprang mit einem Satz ins lockende Blau des Sees. Überrascht sah Alexis hinter ihrer Freundin her, während Rouge sich nach einem schönen, leicht schattigen Platz umsah, um die Decke und das Picknick auszubreiten, bei dem Alexis ihr nach kurzem Zögern half. Als sie nun auch Jean und Scott im See schwimmend entdeckte, die als Pärchen fast nur noch zusammen anzutreffen waren, bedauerte sie, dass sie keine Badekleidung unter ihre Kleidung gezogen hatte, doch um das nachzuholen, fehlte ihr die Zeit und auch bald die Lust, da es sich auch so an Land gut aushalten ließ.

Sie genoss die Zeit, die sie mit Rouge, Kurt und Kitty verbrachte, wobei sie weniger Kontakt mit dem Pärchen hatte, kein Wunder, wenn sie immer aneinanderklebten wie die Kletten.

"Scott kann nie die Unterrichtsstunden des Überlebenstrainings abwarten, wenn es um die Mund-zu-Mund-Beatmung geht", meinte Kurt breit grinsend und stupste Alexis leicht an, die sich an den Vorfall in der Küche erinnerte, wo Kitty und sie die beiden Küssenden überrascht hatten, sodass sie wieder hochrot anlief, was Kurt sehr amüsierte.

"Und wie steht es mit dir? Auch schon mal geküsst, oder bisher nur vor dem Spiegel geübt?" fragte sie ihren Gegenüber neckisch, der erst beleidigt reagierte, sie dann blitzartig zu sich zog und sie überraschend küsste. Alexis war so geschockt, dass sie kaum mitbekam, wie er sanft seine Zunge in ihren Mund schob und ihre Zunge leicht anstupste, bevor sie ihn dann gewaltsam von sich stieß.

"Spinnst du?" war alles was sie keuchend hervorbrachte, doch der blaue Schüler war mit einem breiten Grinsen schon verschwunden. Rouge und Kitty kicherten daraufhin nur leicht und meinten sie hätte eine wichtige Lektion gelernt, da sie niemals auf die Idee kommen sollte Kurt auf solch eine Weise herauszufordern.

"Er konnte sich bei dem verführerischen Angebot sicherlich nicht beherrschen, aber wie ist das auch verwunderlich, da er bisher fast nichts anderes als Ablehnung erfahren hat, nicht nur was das Thema Liebe betrifft. Als Mutant hat man es eben nicht leicht, manche können ihre Fähigkeiten verbergen, andere so wie Kurt zum Beispiel ist solch ein Glück verwehrt. Selbst sein holographischer Projektor kann ihm da nicht weiterhelfen, er projiziert ja nur ein Scheinbild von ihm, darunter verbirgt sich ja immer noch die wahre Gestalt", meinte Rouge leicht nachdenklich, wobei sie auch über ihre eigene Fähigkeit sprach, die ihr den näheren Kontakt zu anderen Menschen fast gänzlich versagte, da sie ihnen bei Berührung Lebensenergie, Erinnerungen und falls vorhanden Mutantenfähigkeiten entzog und für einige Zeit beibehielt.

"Das ist trotzdem noch kein Recht mich so zu überfallen", beschwerte sich Alexis schmollend, wobei sie gedanklich zugeben musste, dass er gut geküsst hatte, auch wenn sie dies niemandem sagte, schon gar nicht Kurt, der sich dann bloß zu einem weiteren Kuss verleitet sehen würde.

Auch der Nachmittag ging bald in den Abend über und sie Sonne wanderte langsam tiefer um das Land mit ihrem rötlichen Schimmer einzufärben und nochmals in seiner letzten Pracht erstrahlen zu lassen bis der nächste Tag anbrechen würde. Gesättigt, ausgeruht und ausgelassen wanderte sie kleine Gruppe zurück zum Institut, das völlig abgeschottet und abgeriegelt vor ihnen lag. Die Fenster waren von metallenen, harten Platten abgedeckt und auch der Eingang war nicht mehr hinter seiner Schutzwand zu erkennen.

"Was ist denn hier los?" hauchte Alexis, die dieser Anblick völlig fremd war.

"Shit, das ist Devcon4, das Sicherheitssystem der Schule. Es aktiviert sich nur, wenn die Schule angegriffen wird, aber dies muss eine momentane Fehlfunktion sein. Wir sollten uns solange von der Schule fernhalten bis die Lehrer das Problem beseitig haben", erklärte Scott, der schon zwei Mal eine solche Situation erlebt hatte.

Ausnahmezustand

"Sollten wir nicht trotzdem versuchen in das Gebäude zu kommen, vielleicht brauchen sie unsere Hilfe", meinte Bobby, der coole Heißsporn der Schülerschaft und fror einige Kameras mit seinen Eiskräften ein, sodass diese sie nicht mehr erfassen und das Verteidigungssystem auf sie aufmerksam machen konnte.

"Nein, das ist zu riskant", entschied Scott und unterstrich seine Entscheidung mit einer entschiedenen Handbewegung. Als aus dem Gebäude allerdings kleinere Explosionen und Kampfgeräusche erklangen, wurde seine standfeste Meinung erschüttert, bis er schließlich nachgab und als der mit der meisten Erfahrung aus der Gruppe den anderen erklärte, wie sie am besten in das Anwesen gelangen konnten.

"Es kommt hierbei besonders auf Schnelligkeit an. Weicht den Laserkanonen und Betäubungsstrahlern aus. Bobby, Jean und ich werden euch Feuerschutz geben. Haltet nur an, wenn ihr absolut sicher seid, dass ihr euch nicht gerade im Visier einer Strahlenkanone befindet", erklärte er eindringlich und gab das Zeichen, dass sie loslegen würden. Zusammen mit Bobby übernahm er das Ausschalten der Waffen auf dem äußeren Gelände, wobei sie sich stets in sicherer Entfernung oder im toten Winkel hielten.

Sobald sie diese Hindernisse überwunden hatten, schweißte Scott ein Loch in die dicke Metallverhüllung des Eingangs, sodass sie das heftig umkämpfte Institut betreten konnten. Der Anblick, der sich ihnen bot, überraschte sie sehr.

Die Treppe zum ersten Stock schwelte leicht und zeugte noch von ihrem flammenden Todeskampf, der von der Sprinkleranlage beendet worden war.

"Kurt, sieh nach wie es im rechten Gang ausschaut. Kitty, du kümmerst dich um den linken Gang und passt auf das Verteidigungssystem auf", wies Scott die beiden Mitschüler an und lauschte mit den anderen angespannt den Kampfgeräuschen.

"Sieht ganz so aus, als hätte uns die Bruderschaft einen Besuch abgestattet", meinte Rouge, als sie Mystiques hässliche Stimme hörte.

"Wer ist denn das?" fragte Alexis nach, die als Neuzugang noch keine Ahnung von die Fehde zwischen Bruderschaft und Xavier Institut hatte, sodass Bobby es ihr kurz und prägnant erklärte.

"Eric Lehnsfeld, auch bekannt als Magneto hat die Bruderschaft mit Mystique aufgebaut, sozusagen ein Gegenpart zu Xaviers Institut. Früher sind sich die beiden man kräftig ins Gehege gekommen, wegen irgendeiner Sache, die Mutanten betraf und von da an sind sie Feinde, wobei Professor Xavier immer noch versucht Magneto durch ein Gespräch von seinen falschen Gedanken abzubringen, ohne Erfolg wie man sehen kann."

Als Kurt und Kitty zurückkamen und ihre Beobachtungen mitteilten, rückte die Gruppe weiter vor, darauf bedacht noch niemanden entdeckt zu werden, allerdings hatten sie die Rechnung ohne Mystique gemacht, die sich kurzzeitig aus dem Kampfgetümmel zurückgezogen hatte und sich nun den mutigen Schülern entgegenstellte.

"Wohin des Weges?" fragte sie süffisant grinsend und nutze ihre gute Kondition und Beweglichkeit, um die jungen und zumeist Kampfunerfahrenen Schüler ins Schwitzen zu bringen. Glücklicherweise erhielten die Studenten bald Unterstützung durch ihren Sport- und Überlebenstrainer, der sich wie ein Berserker ins Kampfgetümmel mischte und den ungebetenen Gast schließlich zum Rückzug zwang.

"Wie sieht es aus?" erkundigte sich Jean und schien sichtlich besorgt, als sie die vielen Schnittwunden an Logans Körper entdeckte, die jedoch auf Grund seiner Fähigkeiten bereits zu heilen begannen.

"Charles vermag Magneto bis jetzt noch in Schach zu halten, aber das wird nicht mehr lange andauern, also folgt mir, aber passt auf es könnte gefährlich werden.

Jean, Scott ihr beide übernehmt die Koordination der anderen", sagte er grimmig und gestikulierte mit einer Hand hinter sich, von wo vermehrt Kampfgeräusche erklangen. Alexis bemerkte nun bei genauerem Hinsehen, dass Logan metallene Krallen aus dem Handrücken wuchsen, die er wie eine Großkatze einzusetzen verstand.

Blitze zuckten nun durch die am anderen Ende liegende Halle und bewiesen, dass Storm gerade ihre geballten Naturkräfte entfesselte, um den Eindringlingen zu Leibe zu rücken. Unterstützt wurde sie dabei vom Schulleiter, der per Telekinese Gegenstände durch die Gegend fliegen ließ, sodass sich der haarige und bissige Sabertooth nun von einem Silberbesteck an die Wand genagelt sah. Wütend versuchte er sich loszureißen und zerriss dabei einen Teil seiner Kleidung um freizukommen. Mit markerschütterndem Gebrüll warf er sich auf die beschäftigte Storm und riss sie zu Boden, wobei sich seine mächtigen Hände um ihren Hals schlossen und gnadenlos zu drückten.

In dem Moment war auch schon Cyclobs zur Stelle und ließ seine gefährlichen Augen aufblitzen, deren Laserstrahlen das haarige Ungetüm zurücktrieben.

"Sie es endlich ein Magneto, du hast keine Chance gegen uns. Geh jetzt, so lange noch keiner ernsthaft zu Schaden gekommen ist", versuchte Charles Xavier seinen Gegenspieler zu überzeugen, der sich angesichts der Übermacht seiner Kontrahenten geschlagen geben musste.

"Wir sehen uns wieder, Charles, und dann werden du und deine verdammten Schüler weniger Glück haben." Mit diesen Worten stürmte er aus dem Gebäude und seine Gefolgsleute rannten ihm wie geschlagene Hunde nach.

"Hank, kümmere dich bitte darum, dass Devcon4 abgeschaltet wird", bat er den Chemie- und Mathelehrer, während er sich dann seinen Schülern zuwandte.

"Ihr könnt stolz auf euch sein, dass ihr solch eine Gefahrensituation gemeistert habt, obwohl das Gefahrenpotential enorm war. Jetzt habt ihr euch zwar eine Pause verdient, allerdings würde ich euch bitten bei den Reparaturen behilflich zu sein, zumal doch beträchtliche Schäden an der Einrichtung entstanden sind", sagte Xavier und richtete per Telekinese wieder ein Bild, das über der Treppe der Halle hing.

Die Schüler ließen sich nicht lange bitten und bewaffneten sich mit Kehrblech und Besen um gesplitterte Holzteile, Glasscherben und ähnliches aufzusammeln und zu entsorgen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Nachdem die Verheerung durch die Bruderschaft beseitigt worden war, kehrte wieder der normale Alltag ein, sodass sich die kleine Schülerschaft zum Biologieunterricht im Gemüsegarten einfand, wo sie mit Professor Xavier die Mendelsche Vererbungslehre an einfachen Pflanzen wie z.B. Bohnen besprachen.

"Betrachtet man nun zwei blühende Pflanzen, die sich nur in einem Merkmal z.B. der Farbe unterscheiden und kreuzt diese, so erhält man in der Folgegeneration das Merkmalverhältnis 3:1. Das bedeutet z.B. bei dieser weißen und dieser roten Blüte, dass von den neu entstandenen Sorten drei weiße Blüten haben und eine rote Blüten. Dies lässt sich nur verstehen, wenn man annimmt, dass das Merkmal für die rote Blütenfarbe rezessiv und das Merkmal für die weiße Blütenfarbe dominant ist. Die Kreuzungstabelle auf Seite 23 veranschaulicht das ganze noch einmal. Dort könnt ihr sehen, dass die Folgegeneration zweimal sowohl weiße als auch rote Anlagen für die Blütenfarbe enthalten, wobei weiß dominant ist und die endgültige Farbe bestimmt. Dann gibt es eine Pflanze die besitzt zweimal die weiße Anlage und ist eindeutig weiß, jedoch gibt es ebenso noch eine Variante, die zwei rote Anlagen besitzt. Da dort keine dominante weiße Anlage vorkommt, die die rote überdecken könnte, zeigt sich das rezessive, rote Merkmal", erklärte der Schulleiter, während seine Schüler seinen Erklärungen auf der angegebenen Seite verfolgten.

"Sind Mutantenmerkmale in dem Fall dominanter als menschliche?" fragte Bobby nach, den das Thema sehr interessierte.

"Das ist eine gute Frage, Bobby. Bisher nimmt man zumindest an, dass sie dominant sind und man weiß sogar, dass die mutierten Gene vom Vater aus übertragen werden, allerdings müssen sie nicht zwangsläufig aktiv werden", erklärte der Professor nachdenklich und verwies darauf, dass sie die menschliche Vererbung in späteren Unterrichtseinheiten besprechen würden.

Das Leuten der Schuluhr beendete den fesselnden Biologieunterricht und so machten sich Schüler samt Schulleiter auf den Weg zum Abendessen, wobei fröhliche Stimmung herrschte und Witze die warme Abendluft mit Lachen erfüllte.

Alexis ging neben Rouge und Kitty über den breiten Kieselweg, der unter ihren Schuhen knirschte zurück ins Institut, wobei sie in Gedanken die Worte des Professors nochmals nachvollzog. Demnach hätte sie ihre Kräfte ihrem Vater zu verdanken, sofern die Theorie stimmte. Langsam reifte in ihr eine Idee, wie sie ihre Eltern, zumindest ihren Vater würde ausfindig machen können. Nach dem reichlichen Abendessen im kleinen Esssaal, suchte sie den Schulleiter in seinem Büro auf, das sie mit klopfendem Herzen betrat.

"Hallo, Alexis. Komm tritt ein und setzt dich. Wobei kann ich dir helfen?" sagte er mit einem wohlwollenden Lächeln, was eine entspannende Wirkung auf seine Gesprächspartnerin hatte. Wohl überlegt formulierte sie ihre Bitte, die vermutlich ihrem Leben wieder eine Portion Freude bringen könnte.

"Du möchtest also, dass ich mit Hilfe von Cerebro versuche Mutanten aufzuspüren, die in etwa deine Fähigkeiten haben, um so deine vermeintlichen Eltern herauszufinden?" wiederholte er ihre Bitte, um sicher zu gehen, dass er sie richtig verstanden hatte. Nickend bestätigte Alexis diese Worte und wartete nun bangend auf die Antwort, wobei sie sich auf ein Nein vorzubereiten versuchte. Ein kurzes Schweigen herrschte zwischen den beiden, als Xavier dieses Unterfangen durchdachte. Von seiner Seite aus, stellte es kein Problem dar, zumal er schon jahrelange Erfahrung mit Cerebro und dem Aufspüren von Mutanten hatte, jedoch machte er sich auch Sorgen, ob Alexis einen Fehlschlag der Aktion verkraften könnte und sprach dieses auch an.

Das Mädchen mit den Katzenaugen hatte solch eine Frage schon erwartet, doch sie gab ruhig zu verstehen, dass sie keinen unbedingten Erfolg erwarte, sich jedoch freuen würde, wenn er sich darum bemühen würde. Nickend gab Xavier sein Einverständnis dazu, zumal er seinem neuen Schützling helfen wollte. Was er aber damit heraufbeschwören würde, war ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.

Alexis fühlte sich erleichtert und zum ersten Mal richtig fröhlich, da die winzige Hoffnung bestand, dass sie ihre wahren Eltern würde finden können. Mit einem kleinen Jauchzer schwang sie sich die Treppe hinab, lief durch die Gänge und verpasste Kurt im Vorbeilaufen einen kleinen Kuss auf die Wange, sodass dieser stehen blieb und ihr verdutzt nachschaute, während er sich wunderte, was er verpasst haben mochte. Mit Schwung riss sie die Tür zu ihrem Zimmer auf und sprang gut gelaunt auf ihr Bett ihre beiden Freundinnen, die sich bereits für die Nacht umgezogen hatten, breit angrinsend.

"Was ist denn mit dir los?" fragte Rouge Stirnrunzelnd, da sie ihre Freundin noch nie so erlebt hatte, doch noch wollte Alexis ihre Freundinnen noch nicht einweihen, zumal sie ja nicht wusste, ob der Versuch erfolgreich verlaufen würde.

"Erzähl ich euch, wenn es soweit ist", meinte sie bloß und zog sich ebenfalls um. Zumindest wollte sie das, denn gerade in dem Moment teleportierte sich Kurt in ihr Zimmer, der sogleich von fliegenden Kissen begrüßt wurde.

"Hey, aufhören. Ich wollt nur eben was fragen", prustete der blaue Junge zwischen den Kissenfedern hervor.

"Hat das keine Zeit bis Morgen?" schimpfte Rouge und ließ einen ihrer Pantoffeln ihrem Kissen folgen, was Kurt schließlich zum Rückzug zwang.

"Was wollte der denn schon wieder hier?" grummelte Rouge, die ihren verlorenen gegangenen Pantoffel wieder einsammelte.

"Das hab ich wohl zu verantworten", meinte Alexis schuldbewusst grinsend und erzählte nun doch von ihrem Besuch bei Professor Xavier.

"Das ist ja großartig!" rief Kitty und umarmte ihre ein Jahr jüngere Freundin.

"Das feiern wir. Ich habe noch etwas Orangensaft und ein paar Kekse über...", meinte Rouge, sodass sie kurz darauf gut gelaunt auf Alexis Bett hockten und es sich gut gehen ließen. Durch das Fenster schimmerte bereits das fahle Vollmondlicht und brachte eine angenehme Kühle in das von der Sonne aufgewärmte Zimmer. Erst als Mitternacht bevorstand, huschte jeder von ihnen unter seine eigene, dünne Bettdecke und mach wünschte sich noch eine gute Nacht, bevor man ins Land der Träume entschwand.

Das Tier in dir

Nächtliche Stille hatte sich über das Xavier Institut gesenkt und nur das leise Wispern des Windes in den Baumkronen war in dieser Stille zu vernehmen, die nicht keiner drückenden sondern einer entspannenden Atmosphäre entsprang.

Einzig und allein Alexis war es unmöglich einen friedlichen Schlaf zu finden. Unruhig drehte sich das Mädchen von der einen Seite auf die andere, doch der Schlaf verweigerte sich ihr. Nach einiger Zeit setzte sie sich möglichst leise auf und trat auf den Balkon hinaus in die stille Nacht, in der Hoffnung, dass der Schlaf sie doch noch überkommen würde.

Ihre Katzengleichen Augen schweiften über die dunklen Umrisse der Umgebung, die sie dank der hervorragenden Nachtsicht gestochen scharf erkennen konnte. Doch anstatt dass sich ihre Unruhe und Schlaflosigkeit legte, verschlimmerten sie sich, sodass sie unruhig auf dem kleinen Balkon im ersten Stock hin- und herwanderte. Sie konnte sich das nicht erklären, aber sie hatte das unbestimmbare Gefühl, dass etwas geschehen würde und das tat es auch.

Erst war es nur ein leichtes Ziehen und Stechen, dass sich von ihrem Rücken aus ausbreitete und das sie vorerst ignorierte, allerdings schwoll es zu einem kaskadenartigen Schmerz an, der sich durch ihren ganzen Körper zu ziehen begann.

Heiße Wellen des Schmerzes lösten eine wahre Flut an Nervenimpulsen aus, die ihr Gehirn mit Schmerzmeldungen bombardierten, sodass sie sich zusammengekrümmt auf dem Balkonboden wand, ohne dass sie um Hilfe rufen konnte, da der Schmerz ihr ganzes Bewusstsein ausfüllte. Fast kam es ihr vor, als würden ihre Knochen zu glühendheißen Speeren werden, die sich unaufhörlich in ihrem Körper bewegten und Alexis grausame Pein bereiteten. Irgendwann war ein so hohes Schmerzniveau erreicht, dass der Körper als Schutzreaktion mit Bewusstlosigkeit darauf reagierte.

Heftiges und beharrliches Rütteln weckte sie aus ihrem Schlaf, in den sie nach einiger Zeit hinüber geglitten war. Vorsichtig öffnete Alexis ihre Augen, die sie auf Grund der starken Sonneneinstrahlung des Morgens sogleich wieder verschloss.

"Alexis, kannst du mich hören", klang eine vertraute, tiefe Männerstimme an ihr Ohr, das darauf seltsamerweise sehr empfindlich reagierte.

"Ja, aber kein Wunder wenn du mir so ins Ohr schreist", beklagte sich die Angesprochene und wollte sich aufsetzen, jedoch schien sich die Welt nun vor ihren sensiblen Augen zu drehen, als ein heftiges Schwindelgefühl einsetzte.

"Vorsichtig, du solltest besser noch ein wenig liegen bleiben", riet ihr Logan, der sich nun mit einem Stirnrunzeln über sie beugte. An seiner Schulter vorbeilinsend erkannte sie Rouge und Kitty, die sie besorgt musterten, wobei noch etwas anderes, undefinierbares in ihren Blicken lag.

Alexis schüttelte daraufhin nur leicht den Kopf und atmete ein paar Mal tief durch, woraufhin sich der Schwindel weitgehend legte.

"Was ist passiert?" wandte sie sich fragend an den Sportlehrer, der ihr beim Aufstehen half, wobei sie das Gefühl hatte über Nacht um einige Zentimeter gewachsen zu sein.

"Das ist eine Frage, auf die ich ebenso gerne wie du eine Antwort haben möchte", meinte er bloß und führte sie zurück in ihr Zimmer vor den Spiegel, der in der rechten Zimmerhälfte stand. Das, was sie dort im Spiegel erblickte, hätte fast für eine zweite Ohnmacht ausgereicht, allerdings nur fast. Die Augen, die ihr entgegensahen, waren die, die sie kannte, allerdings war ihr der restliche Anblick völlig fremd und sie kniff mehrmals aus Unglaube die Augen zusammen, nur um sie wieder zu öffnen und das selbe Ergebnis zu sehen.

Kurzes, braunes Fell bedeckte ihren gesamten Körper, der über Nacht raubtierartige Züge angenommen hatte.

"Was in aller Welt...?", war alles was die völlig überrumpelte Alexis über ihre zitternden Lippen bringen konnte, da der Schock noch tief in ihren Knochen saß.

"Am besten wir gehen erst Mal zu Psylocke. Sie wird uns sicherlich einiges erklären können", schlug Logan vor und führte seinen Schützling aus dem Zimmer, durch die Flure bis zur internen Krankenstation, wo die schwarzhaarige Asiatin Psylocke im Ärztekittel gerade ein paar Akten sichtete.

Um die Aufmerksamkeit der beschäftigten Ärztin zu erregen, räusperte sich Logan vernehmlich und deutete nickend auf Alexis.

"Wir haben ein kleines Problem", erklärte er, wurde aber sogleich von Psylocke unterbrochen.

"Das sehe ich auch. Geh und warte draußen, während ich mich darum kümmere", wies sie den einen Kopf größeren Sportlehrer an, während sie das Katzenmädchen bat auf der Liege Platz zu nehmen.

"Ich werde dir jetzt einige Fragen stellen, die du bitte so genau wie möglichst beantwortest, verstanden?" sagte die Asiatin, die Kindermedizin und allgemeine Medizin studiert hatte, mit einem sanften Lächeln, woraufhin ihre Patientin nickte.

"Hast du momentan irgendwelche Schmerzen, oder ein unangenehmes Ziehen?"

"Nur ein leichtes Ziehen in den Oberschenkeln, so als hätte ich dort Muskelkater, oder etwas ähnliches", erklärte das Katzenmädchen und beobachtete wie die Ärztin vorsichtig ihre Oberschenkel abtastete.

"Das liegt vermutlich daran, dass der Mutationsvorgang noch nicht völlig abgeschlossen ist und sich die Sehnen und Bänder noch auf die richtige Länge erweitern müssen".

"Werde ich immer diese Gestalt behalten?" erkundigte sich Alexis bangend, da sie ihre neue Gestalt als absonderlich und beängstigend empfand.

"Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht sagen, deswegen werde ich nachher ein paar Tests machen. Hast du sonst irgendwelche anderen Beschwerden?"

"Hm, nur das meine Augen und Ohren sehr sensibel sind, was sicherlich auch an der Mutation liegen wird, wenn man bedenkt, dass ich aussehe wie eine riesige Katze auf zwei Beinen", gab sie zu und betrachtete ihre Hände, deren innen Flächen kleine, samtweiche Polster aufwiesen. Mit einem Mal durchstachen metallene Krallen ihren Handrücken, als sie ihre Finger leicht bewegte und sie damit der Ärztin fast die Augen ausgestochen hätte.

"Von einer Katze hätte ich knöcherne Krallen an den Fingernägeln erwartet, aber nicht so was", war der überraschte Kommentar der Asiatin, die sich nun die Hände samt ihren seltsamen Krallen genauer ansah.

"Auf den ersten Blick sehen sie fast genauso aus, wie die von Logan, allerdings sind im seine eingesetzt worden und deine durch Mutation entstanden, wobei ich mich frage, wie das Metall an diese Stelle gelangt ist", murmelte Psylocke vor sich her und bat Alexis ihre Arme vor den Röntgenapparat zu legen, nachdem sie sich eine Bleiweste zum Schutz umgelegt hatte.

Das, was die Röntgenbilder enthüllten, barg eine weitere Sensation. Das Metall der Krallen reichte bis zu den Handknochen am Gelenkansatz und war mit eigenen Sehnen bestückt, die die metallenen Krallen einzogen oder ausfuhren.

Die daran anschließenden Tests förderten die erstaunlichen Erkenntnisse zu Tage, dass Alexis über ei leistungsstarkes Herz und eine ausgeprägte Lunge verfügte, optimale Voraussetzungen für ein Raubtier, wobei auch der Körperbau samt Muskel- und Sehnenverband entsprechend ausgelegt war.

Damit war Alexis nun mehr Tier als Mensch und das sollte auch seine Konsequenzen haben.

Bittere Wahrheit 1

Als die Tests abgeschlossen waren, fühlte sich Alexis ziemlich mitgenommen und suchte ihren abgeschiedenen Lieblingsplatz auf, eine einsame Bank auf dem Anwesen nahe dem Wald. Die bunt gefärbten Blätter der Linden, deren Stämme sich hinter der Bank erhoben, lagen zum Teil schon auf oder neben der grünen Bank und dekorierten sie mit einem fröhlichen, rot-orangenen Farbton.

Das Gesicht der warm strahlenden Sonne zugewandt, verharrte sie einige Momente so regungslos auf der Bank, dann wandte sie ihren Blick hinab zu ihren Händen, die ihr genauso fremd wie ihr neuer Körper erschienen. So fasziniert wie sie von ihm auch war, so fürchtete sie auch, dass sie Beasts Schicksal teilen und nie mehr ihre menschliche Gestalt zurückerlangen würde.

Mit geschlossenen Augen schickte sie ein stilles Gebet zu Gott, dass er sie von diesem Schicksal bewahren möge und vertraute ihm ihre Ängste an, so wie sie es oft als kleines Kind getan hatte.

Das schon fast vertraute Geräusch der Teleportation kündigte Kurts Anwesenheit an, der unmittelbar darauf neben ihr auf der Bank sitzend erschien.

"Ich dachte mir schon, dass du hier bist. Ich hab von Kitty erfahren, was passiert ist. Wie fühlst du dich?" sagte er in einem mitfühlenden Ton und legte ihr eine seiner dreifingrigen Hände auf die schmale, rechte Schulter.

Alexis zuckte nur die Schulter, da sie nicht in der Lage war zu beschreiben, wie sie sich nun genau fühlte. Zu viele verschiedene Gefühle wühlten sie auf und ihre Gedanken hatten sich zu einem einzigen Wirrwarr verknotet.

"Es ist seltsam, wenn man am vergangenen Tag noch ganz normal ist und sich über Nacht dann sein ganzes Leben schlagartig verändert. Sieh mich an, Kurt, so kann ich mich nicht unter die Leute wagen, zumindest nicht wenn ich vorhabe weiterzuleben. Wenn ich Glück habe, kehrt meine menschliche Gestalt zurück, wenn nicht bin ich zu einem Leben in gesellschaftlicher Isolation verdammt und das ist das letzte, was ich will, verstehst du?" erklärte sie und sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen. Kurt nahm sie tröstend in die Arme und wiegte sie sanft hin und her.

"Ich weiß sehr gut, wie du dich fühlst, Alexis. Ich weiß es sehr gut, denn auch ich musste so etwas erfahren und damit fertig werden. Es ist nicht einfach, aber es geht, zumal da ich wirklich gute Freunde hier auf dem Institut habe und mit dem holographischen Projektor kann ich mich auch unter Menschen bewegen. Sollte es dir wirklich verwehrt sein, deine menschliche Gestalt zurückzuerlangen, dann werde ich dir einen Projektor besorgen, einverstanden?" sagte Kurt aufmunternd und streichelte ihr sanft über den Rücken, um ihre Ängste, Sorgen und Befürchtungen zu zerstreuen.

"Danke...ich werde darauf zurückkommen", versprach das Katzenmädchen und seufzte leicht.

"Ich denke, wir sollten jetzt zum Unterricht gehen, zwar dürfte uns Logan wegen Verspätung ein paar Extrarunden rennen lassen, aber das lenkt uns wenigstens ein wenig ab...", meinte Kurt und sein Blick schweifte zu der fernen Aschenbahn, wo sich die anderen Schüler bereits unter Logans Aufsicht abquälten. Nickend stand Alexis auf und folgte Kurt zum Aschenplatz, wobei sie noch einmal zur Blätterbedeckten Bank zurücksah und leicht lächelte.

So wie Kurt bereits angekündigt hatte, erhielten die beiden zu spät Gekommenen ein paar Extrarunden, die sie in der heißer werdenden Frühmittagsluft absolvieren mussten. Hechelnd und keuchend quälten sich die beiden unter den Argusaugen ihres Sportlehrers über den staubigen Platz. Sie kannten die disziplinarischen Aktionen, die Logan bei Verspätung auferlegte und sie nahmen es ihm auch nicht übel, doch hofften sie, dass er bei den heißer werdenden Temperaturen Nachsicht wallten lassen würde. Diese Hoffnung war jedoch umsonst, denn besonders in Sachen Disziplin konnte er als Lehrer keine Ausnahmen machen, sonst wäre die Disziplin seiner Schützlinge gänzlich gefährdet.

Keuchend und völlig verschwitzt erreichten die beiden knapp 10 Minuten später die Ziellinie der letzten Runde, wo sie sich auf die Knie ins frisch gestutzte Gras neben der Aschenbahn warfen.

"Ich werde nie...wieder zu spät...kommen...", keuchte Kurt und blickte auf, als er einen dunklen Schatten gewahrte. Gegen das strahlende Licht der Sonne hatte sich Logans unheilvolle Gestalt aufgebaut und sah nun ernst auf die beiden Strafgänger herab.

"Ich hoffe das war euch jetzt eine Lehre und nun ab mit euch unter die Dusche bevor ihr euch einen Hitzschlag holt", sagte er eindringlich und wandte sich selbst Richtung Essenssaal, da er heute mitverantwortlich für die Essenszubereitung war. Grimmig sah er sich wieder mit Gemüse schneiden und ähnlichem konfrontiert. Er war kein Koch aus Leidenschaft, sondern Mechaniker und wenn man die allein in eine Küche ließ, konnte das nicht gut ausgehen. So kam es auch, dass er in der geräumigen Küche noch Psylocke und Scott Summers antraf. Letzterer schien ebenso glücklich über seinen Küchendienst, wie der große Sportlehrer, der sich nun wortlos eine Schürze umband und der Asiatin bei der Zubereitung einer scharfen Bihumsuppe half.

Die Asiatin blickte zu Logan, so als wolle sie ihn auf etwas ansprechen, entschied sich dann aber dagegen und wies ihre beiden Lehrlinge an, wie sie mit den Zutaten zu verfahren hatten. Das Resultat gefiel den drei kritischen Köchen und so wurde das scharfe Mittagessen zum Abfüllen bereitgestellt.

"Logan, kann ich mit dir nach dem Essen unter vier Augen sprechen? Es ist sehr wichtig", fragte sie ihren Kollegen, der sich nickend wunderte und nachfragte, was es denn sei, doch die Ärztin schüttelte nur den Kopf und meinte, dass das bis nach dem Essen waren müsse. Inzwischen strömte die Schülerschar durch die Tür in den Esssaal, der schon bald mit Schülern und beträchtlichem Geräuschpegel angefüllt war.

Kitty, Rouge und Alexis hatten sich ihren Stammplatz ausgesucht und losten gerade aus, wer heute das Mittagessen für die anderen mitnehmen sollte. Leider war heute Alexis Pechtag, sodass sie diejenige war, die losgehen musste, um das Essen zu holen. Nicht dass es ihr sonderlich etwas ausmachte, aber es war bequemer am Tisch zu sitzen und zu warten, anstatt in der Schlange zu stehen. Besonders wenn um eine größere Portion gehandelt wurde. Als Alexis an die Reihe kam und Psylocke ihr die Teller füllte, trafen sich ihre Blicke und unwillkürlich sträubten sich ihre Nackenhaare und die Pupillen ihrer Katzenaugen verengten sich zu Schlitzen. Sie hatte eine seltsame ungemütliche Vorahnung tief in ihrem Unterbewusstsein, doch noch wusste sie nicht, was es damit auf sich hatte, doch sie sollte es schneller erfahren, als es ihr lieb war. Erst das leichte Anstubsen von Beast holte sie wieder zurück in die Gegenwart, sodass sie sich eilig zurück an ihren Platz begab und die gefüllten Suppenteller an ihre Freundinnen verteilte. Mit einem letzten Blick zurück an die Essensausgabe sah sie nur Logan, der gerade missmutig seiner Aufgabe nachging, von der Asiatin war nichts zu sehen. Es schauderte sie innerlich, denn sie glaubte für einen Augenblick etwas in den Augen der Asiatin gesehen zu haben und das war Angst und zwar eine sehr tiefe Angst.

Was hatte das zu bedeuten?

Bittere Wahrheit 2

Die Mahlzeit verlief erstaunlich ruhig, was aber daran lag, dass die Schüler zumeist zu hungrig waren, um nebenbei noch zu reden. Nur die Geräusche von Geschirr und Besteck erfüllte den Speisesaal, indem die relativ kleine Schülerzahl samt Lehrern aß.

Logan saß an seinem üblichen Platz am Lehrertisch den breiten Rücken der Schülerschaft zugewandt, sodass er sich schon des Öfteren den Spruch

>>Ein schöner Rücken kann auch entzücken<< anhören musste, doch das störte ihn nicht, sollten die Schüler doch ihn damit aufziehen, irgendwann würden sie genug haben, wenn er keine Reaktion darauf zeigte und so war es auch geschehen.

Alexis hatte ihr Essen regelrecht herunter geschlungen und merkte noch immer den scharfen Nachgeschmack der Suppe, der ihre Geschmacksnerven für den Rest dieses und des nächsten Tages wegbrennen würde. Angespannt wartete sie darauf, dass der Sportlehrer aufaß, um sich dann mit der Asiatin zu treffen und jenen Umstand zu besprechen, von dem Alexis sicher war, dass sie irgendetwas damit zu tun hatte. Eigentlich hatte sie geglaubt eine sehr geduldige Person zu sein, aber diese quälenden Minuten stellen ihre angespannten Nerven auf eine harte Zerreißprobe.

Als es dann endlich soweit war, versuchte sie möglichst beiläufig aufzustehen und den Saal zu verlassen. Niemand würde das verdächtig finden und sich irgendetwas dabei denken. Kaum dass sie die schwere Holztüre und den dahinter befindlichen Saal hinter sich gelassen hatte, verhielt sie sich so leise sie konnte und folgte der Duftspur Logans, die sie dank ihres neuen, animalischen Geruchsinnes ohne Probleme erkennen konnte. Dem Geruch folgend gelangte sie schon bald in die Nähe der Krankenstation, dem Lebens- und Arbeitsraum der jungen Asiatin, die sich auch zu diesem Zeitpunkt dort aufhielt und auf ihren Lehrerkollegen wartete.

Die Tür zur steril eingerichteten Krankenstation war geschlossen, doch als Alexis ihre feinen Katzenohren an die undurchsichtige Tür hielt, konnte sie die leicht gedämpften Stimmen der beiden Erwachsenen klar und deutlich vernehmen.

„Was gibt es denn so Aufsehen erregendes, dass du unbedingt mit mir darüber sprechen wolltest?“ wollte Logan gerade wissen und sein Tonfall ließ neben Neugierde auch eine Spur Besorgnis erkennen, die aber von einer Prise Verärgerung gut überdeckt wurde.

„Es geht um Alexis McGuinness. Ich habe etwas über sie herausgefunden, dass du unbedingt wissen solltest, Logan“, sagte Psylocke und machte eine kurze Pause, in der sie sich zu ihrem Computer umwandte und eine Graphik aufrief, die Logans DNS-Code mit all seinen Besonderheiten aufzeigte.

„Ich kann nichts ungewöhnliches entdecken“, brummte der breitschultrige Lehrer und war sichtlich ungeduldig und verwirrt. Ungeduldig, da Psylocke endlich mit dem herausrücken sollte, was sie ihm zu sagen hatte. Er mochte es nicht, wenn jemand lange um den heißen Brei herumredete.

Zum anderen war er verwirrt, da er der Graphik nichts besonders abringen konnte, was eine Erklärung für die Aufregung der Ärztin gewesen wäre.

„Dann sieh dir dies hier an“, war alles was seine Kollegin daraufhin sagte und tippte kurz auf der Tastatur herum, um noch eine zweite Graphik von einem DNS-Code neben die andere auf den Bildschirm zu rufen.

Das darauf folgende Schweigen war das von Erstaunen und Ungläubigkeit. Alexis, die nicht wirklich sehen konnte, was dort vor sich ging, wartete begierig darauf, dass die beiden ihre Entdeckung irgendwie kommentierten.

Alexis Herz pochte schwer in ihrer Brust und sie merkte fast nicht, wie sie vor Aufregung den Atem anhielt, damit sie auf kleinen Fall die nächsten Worte verpassen würde.

„Wie kann das sein? Ich meine sie ähneln sich, wie ich das sehe, fast in allen wesentlichen Merkmalen“, hörte sie das heisere und erstaunte Flüstern des Sportlehrers, dessen Augen zwischen den Graphiken hin- und hersprangen.

„Es gibt nur eine Erklärung für solch eine Konstellation. Sie ist eine sehr enge Verwandte von dir. Um es kurz zu machen, sie ist deine Tochter. Alexis ist deine Tochter, Logan.“

Stille. Die Stille, die auf diese Worte folgte, war alles durchdringend.

Alexis war nicht weniger geschockt über diese Erkenntnis als Logan, dessen Gehirn sich immer noch gegen diese Tatsache sträubten aus vielerlei Gründen, zumal er immer davon ausgegangen war, dass er keine Familie mehr hatte geschweige denn in seinem früheren Leben Nachwuchs gezeugt hatte.

Die wildesten Gedanken kreisten durch seinen Kopf und verwandelten seine Gedanken zu einem chaotischen Scherbenhaufen.

„Weiß sie es schon?“ fragte er heiser und räusperte sich, doch die Ärztin verneinte, da sie ja nichts von ihrem heimlichen Zuhörer ahnen konnte.

Alexis wurde ganz seltsam zumute, was an dem Schock lag, den sie ähnlich wie Logan erlitten hatte. Mal wurde ihr unendlich warm und dann kroch wieder eine Kälteschauer über ihren Rücken gefolgt von einer Gänsehaut, bei der sich jedes ihrer feinen Fellhaare aufstellte.

//Logan ist mein leiblicher Vater!?// war alles was sie denken konnte. Völlig aufgelöst und verwirrt rannte sie fort, so als würde sie vor einem Alptraum oder einer Gefahr fliehen. An für sich hätte sie in Jubel und Freude ausbrechen müssen, jetzt da sie ihren Vater, ihren leiblichen Vater, gefunden hatte, doch auf Grund des Schocks konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Sie wusste nicht einmal wohin sie lief, bis sie fast außer Atem vor der grünen Bank unter den buntblättrigen Linden stehen blieb.

Kraftlos ließ sie sich auf die Bank fallen und starrte hinauf in den klaren, blauen Himmel. Ihr war als würde erneut ihre kleine, bekannte Welt auf dem Kopf stehen und vor ihren Augen auseinander brechen. Wie ein Spielball wurde sie von schicksalhaften Ereignissen durchgeschüttelt und umher gestoßen, dass sie keinen festen Halt mehr finden konnte. Ihr schien es fast unmöglich sich anzupassen und wenn es ihr doch einmal gelang, so veränderte sich ihre Welt wieder und sie war so schlau wie zuvor.

Schwer seufzend zog sie ihre Beine an und stützte ihren Kopf darauf, während sie mit geschlossenen Augen nochmals das Gehörte Revue passieren ließ.

Je öfter sie darüber nachdachte, desto mehr gewöhnte sie sich an die Vorstellung, dass der meist grimmig dreinschauende Lehrer ihr Vater sei.

Sie fragte sich, wie er wohl darüber dachte und ob er sich freute, oder es eher gleichgültig hinnahm.

Alexis mochte den schweigsameren Sportlehrer und hoffte, dass sich ihr Verhältnis zueinander nicht durch diese familiäre Bindung beeinträchtigt wurde.

Das war eine brüchige Hoffnung, denn sie hatte keine Ahnung, wie er die Situation einschätzte.

Würden er oder Psylocke das vermeintlich unwissende Mädchen über den Familienstand aufklären, oder lieber im Dunkeln lassen?

Das Geständnis

Eine strahlende, rotgoldene Sonne erhob sich über den Horizont und vertrieb die frühmorgendlichen, herbstlich anmutenden Nebelschwaden, die über den feuchten Boden wabberten. Wie ein kleines Meer aus funkelnden Juwelen, glitzerten die feuchten Grashalme im morgendlichen Sonnenlicht. Ein paar weiche Wattewolken zogen träge über den heller werdenden Himmel und deuteten auf einen schönen Tag hin.

Es war ein malerischer Anblick, den kein noch so begabter Künstler hätte einfangen können, ohne ihn seiner magischen Ausstrahlung zu berauben. Nichtsdestotrotz blieb dieser schöne Morgen den meisten Schlafmützen verborgen, die zu den Langschläfern gehörten.

Nur eine kleine Gruppe von begeisterten Frühaufstehern hatte sich auf dem Balkon ihres Zimmers versammelt und beobachteten das farbenprächtige Spektakel. Alexis, Kitty und selbst die mürrische Rouge harrten in ihren Nachthemden auf dem Balkon aus und hießen die ersten Sonnenstrahlen willkommen.

„Wirklich wunderschön. Der Indian Summer ist immer wieder sehenswert“, schwärmte Kitty, der die beiden anderen Mädchen schweigend zustimmten.

Bis dass die Morgenglocke erklang und damit das frühstück ankündigte, hatten die drei auf dem Balkon ausgeharrt und den wunderschönen Sonnenaufgang bestaunt.

Nun aber wanderten sie gut gelaunt und gespannt auf den neuen Tag Richtung Esssaal. Wie eine Schar Schafe wanderte die gesamte beschauliche Schülerschar schnatternd und lärmend die Flure entlang dem unwiderstehlichen Geruch nach frischen Brötchen und Toast folgend. Es war einer jener Tage, die viel versprechend begannen und eh man sich versah schon wieder zu Ende waren.

Kitty ging während des Frühstücks nochmals ihren kleinen Terminplaner durch, den sie seit einem knappen Monat besaß und sah nach, welche Unterrichtsfächer heute auf dem Plan standen. Rot markiert prangte ein Kästchen weiter unten auf dem heutigen Unterrichtsblatt und signalisierte mit seiner warnenden Farbe, dass dies etwas sehr wichtiges oder aber weniger angenehmes sei.

Als Rouge sich neugierig vorbeugte um die zierliche Schrift in dem Kästchen zu entziffern, neckte sie ihre Freundin damit, ob sie wieder ein Date mit Lance Alvars, besser bekannt als Avalance, hätte. Zur Rouges sichtlicher Enttäuschung handelte es sich bei der markierten Stelle nicht um einen wichtigen Hinweis auf ein Date, sondern um eine simple Erinnerung an den heutigen Survival-Kurs im Gefahrenraum.

Dieser Kurs, bei dem die besonderen Fähigkeiten der jungen Mutanten geschult wurden, wurde von niemand anderem denn ihrem murrenden Sportlehrer Logan unterrichtet.

„Warst du schon einmal im Gefahrenraum?“ fragte Rouge das Katzenmädchen, das bisher stillschweigend neben ihr gesessen hatte. Diese erwachte aus ihren tagträumerischen Gedanken, die sich wie zu oft in der letzten Zeit um ihre Eltern gedreht hatten.

„Nein, ich habe nur gehört, dass es ihn gibt und dass er für wichtiges Training gebraucht würde…“, gestand Alexis und manschte ein wenig lustlos in ihren von der Milch aufgeweichten Cornflakes herum.

„Du brauchst dir jedenfalls keine Sorgen um deine Sicherheit zu machen. Zum einen passt ja Logan auf und zum anderen gibt es noch ein Sicherheitsprotokoll, das dazu da ist gefährliche Situationen zu kompensieren“, erklärte Kitty zuversichtlich.

„Allerdings ist das so eine Sache für sich mit diesem Sicherheitsprotokoll. In letzter Zeit ist es ziemlich oft ausgefallen, obwohl Beast sich darum bemüht hat es zu reparieren. Ist ein wenig eigenwillig dieses Programm, aber wie Kitty schon sagte, wir passen auf“, sagte Kurt gelassen und mit einem zwinkernden Auge. Der Teleporter-Mutant hatte wieder seinen Hologrammprojektor eingeschaltet, sodass er wie ein gewöhnlicher Schuljunge den drei Mädchen gegenüber an dem langen Tisch saß und genüsslich seine aufgeweichten Cornflakes schlürfte.

„Irgendwie hat das nicht sonderlich zu meiner Beruhigung beigetragen, Kurt“, murrte Alexis wenig erfreut.

„Ach komm schon, das darfst du nicht so eng sehen, außerdem wüsste ich nicht, wovor du Angst haben müsstest, immerhin hast du jetzt schärfere Sinne und ein blitzschnelles Reaktionsvermögen.“ Noch während Kurt sprach verdüsterte sich der Blick der Katzen-Mutantin, bis sie schließlich abrupt aufstand und den Esssaal verließ ihre verdutzten Freunde zurücklassend.

„Das war mehr als unpassend, Kurt“, rügte Kitty den perplexen Jungen, der dann aufstand und mit raschem Schritt dem Mädchen nacheilte, um sich für seine unbedachten Worte zu entschuldigen. Alexis reagierte immer noch sehr unberechenbar und zumeist gereizt, wenn man auf ihr neues Äußeres und ihre Mutantenkräfte zu sprechen kam, da sie sich noch nicht sonderlich an diese gewöhnt hatte. Aber noch eine andere Sache machte ihr zu schaffen.

Logan hatte sie bisher in keinerlei Weise angesprochen, oder die Wahrheit über ihre Verwandtschaftsbeziehung zueinander anderweitig ausgesprochen. Der Gedanke, dass der große, mürrische Lehrer diese erstaunliche Erkenntnis erst selbst einmal verarbeiten musste, kam ihr nicht.

Dass er vielleicht ebenso wie sie noch die Wahrheit dieser Erkenntnis anzweifelte, vermochte sie nicht zu begreifen, denn sie wünschte sich, seit ihre Zieheltern gestorben waren, nichts sehnlicher denn ihre wahren Eltern zu finden. Familiäre Bindungen hatten für sie immer schon einen hohen Stellenwert gehabt und daran hatte sich nichts geändert.

Schnellen Schrittes wanderte sie durch die endlosen fast gänzlich gleich aussehenden Flure, sodass ihre langen schwarzen Haare nur so hinter ihr her flatterten. Erst als sie fast in Kurt, der sich vor sie teleportiert hatte, hineinrannte, kam sie sie zu einem abrupten Halt.

„Was willst du?“, fauchte sie ihn sogleich ungehalten an. Inzwischen lagen ihre Nerven fast blank und es wäre kein Wunder, würde sie gleich ihre Beherrschung verlieren und das konnte in ihrem momentanen Zustand sehr unangenehm für den blauen Jungen werden, der sie vorsichtig zu beschwichtigen versuchte und sich für seine unangebrachte Wortwahl entschuldigte.

„Du bist seit einiger Zeit so angespannt, wenn dich etwas bedrückt, dann kannst du uns das sagen, mir oder Kitty und Rouge, oder auch einem Lehrer“, bot er versöhnlich an und legte eine Hand auf ihre Schulter. Anstelle diese abzuschlagen, beruhigte sich Alexis allmählich. Kurt hatte voll ins Schwarze getroffen. Sie hatte wirklich Kummer, aber mit wem sollte sie darüber sprechen, am besten wäre ja Logan, aber dazu besaß sie nicht den Mut.

Sie verspürte einen sanften Druck, als Kurt sie freundschaftlich umarmte und sie ließ es willig geschehen, war es doch gerade das, was sie brauchte, Geborgenheit und Sicherheit, wo ihre bekannte Welt doch unter ihren Füßen weg gebrochen war.

Das Geräusch schwerer Schritte und ein deutlich vernehmbares Räuspern zeigten den beiden, dass sie nicht mehr allein waren. Fast wäre Alexis das Herz in die Hose gerutscht, als sie erkannte, wer sich ihnen dort näherte.

Schwarzes, kurzes Haar, stechende braune Augen, ein paar unbändige Strähnen und ein paar Bartstoppel in einem markanten, scharf geschnittenen Gesicht ließen nur einen Schluss zu, Logan.

Mit sichtlicher Verlegenheit löste sich Kurt wieder von Alexis und verabschiedete sich schnell von ihr mit der Bemerkung, dass seine Cornflakes vor dem totalen Durchweichen gerettet werden müssten und schon war er mit einer kleinen Schwefelwolke, die er bei jeder Teleportation hinterließ, wieder verschwunden.

„Gab es irgendwelche Probleme?“ fragte nun Logan um Sachlichkeit bemüht und musterte seine Tochter eingehend. In ihrer menschlichen Gestalt hätte man durchaus sagen können, dass die beiden verwandt seinen, denn das schwarze Haar hatte den selben Schimmer und die selbe Dicke, auch der geschwungene Knick in der Nase war den beiden gemein sowie die kräftigere Statur.

„Nein, oder vielleicht doch…“, bekannte die Gefragte zögerlich, wobei sie noch immer Augenkontakt vermied. Sie konnte ihm einfach nicht in die Augen sahen, zuviel Angst hatte sie darin Abneigung zu sehen.

Logan atmete hörbar ein und schritt dann auf sie zu, wobei er fast ähnlich wie Kurt zuvor eine Hand auf ihre schmale Schulter legte.

„Alexis, ich muss mit dir reden. Es ist wichtig, bitte hör mir genau zu“, begann Logan mit behutsamer Stimme, jedes Wort wohl abwägend. Die Worte, die er sich während der vergangenen schlaflosen Nacht und am Frühstückstisch überlegt hatte, waren nun verschwunden, gerade jetzt wo er sie so dringend brauchte. Lange Reden zu schwingen war noch nie seine Stärke gewesen, sodass er einfach zum Punkt kam.

„Alexis, ich bin dein Vater.“ Erleichterung durchflutete den Sportlehrer, da er nun endlich ausgesprochen hatte, was ihn so lange beschäftigt hatte und nun wartete er ihre Reaktion ab, doch es folgte erstmal ein Augenblick der Stille, bis Alexis den Kopf hob.

„Ich weiß“, war alles was sie über die ausdruckslosen Lippen brachte, kein Erstaunen und auch keine Freunde klangen in dieser simplen Aussage mit, denn noch war die bange Frage, die sie sich stellte noch nicht beantwortet. Was hielt er davon? Würde er sie als Tochter akzeptieren?

Nun war Logan platt vor Erstaunen, aber auch aus Verwirrung. Woher wusste sie davon? Hatte Psylocke etwa schon mit ihr geredet gehabt? Freute sie sich denn nicht darüber, dass sie nun wenigstens wieder einen Vater hatte?

Diese und ähnliche Gedanken beschäftigten Logan, der seine Tochter immer noch aufmerksam musterte, aus jeder ihrer Bewegungen oder Gesten eine Antwort auf seine Fragen zu erschließen versuchte.

„Und, was hältst du davon?“

Da, die entscheidende Frage war endlich gestellt, hatte sich endlich aus ihren Gedanken einen Weg ins Frei gebahnt und erfüllte den Raum, durchdrang Mark und Bein und vibrierte durch die Luft.

Stille.



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Kommentare zu dieser Fanfic (42)
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Von:  Somi
2009-02-18T22:46:49+00:00 18.02.2009 23:46
ein mega klesse ff
ich bin schon gespannt wie es weiter gehen wird
und wie alle reagieren werden, vor allem alexis und logan
schreib bitte schnell weiter
ich bin echt MEGA gespannt darauf wie es weiter geht
freu mich schon tierisch darauf weiter zu lesen *mega mega freu*
mach weiter so *anfeuer*
bye *knuddel*

Somi
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:27:52+00:00 04.11.2008 12:27
Was hat es mit diesem Lance auf sich? Er wurde zwar kurz erwähnt, aber...
Ich hatte schon Angst, Logan würde es ihr gar nicht gestehen.
Wie kannst du an dieser Stelle einfach aufhören zu schreiben? Das ist wirklich gemein von dir!
Du musst da weiter machen, bitte...

LG
Die Trollfrau
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:26:50+00:00 04.11.2008 12:26
Logan ist also ihr Vater... Eine Tatsache, mit der ich jetzt jedoch überhaupt nicht gerechnet hätte. Finde ich aber gut. Ein Zeichen dafür, dass er wohl doch ein Leben vor seiner Vergessenheit hatte. Ich bin überrascht und neugierig, was sich jetzt wohl weiter entwickelt. Wie immer sind deine Worte sehr spannend geschrieben
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:26:29+00:00 04.11.2008 12:26
Kurt ist wirklich ein lieber und Logan? Ich finde, er übertreibt mal wieder Maßlos. Vielleicht sollte ihn auch mal jemand gehörig rannehmen! *grins*
Und Psylocke? Ich frage mich, was sie hat...
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:26:03+00:00 04.11.2008 12:26
Oh je, die Arme. Aber irgendwie hatte ich das erwartet. Als sie auf dem Balkon bei Vollmondschein zusammenbrach...
Aber Krallen aus Metall? Das ist sehr ungewöhnlich.
Irgendwie habe ich Angst um die Kleine...
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:25:38+00:00 04.11.2008 12:25
Gab Storm nicht eigentlich den Biologieunterricht? (nur so ein Gedanke)
Heraufbeschwören? Was stimmt bloß mit der neuen nicht... Das ist wieder sehr spannend!
Miss diesen Küsschen macht sie Kurt doch sicherlich jetzt erst recht Hoffnung... :-)
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:25:13+00:00 04.11.2008 12:25
Das ist aber wirklich ein sehr riskantes Vorhaben, was sich die jungen Leute hier zutrauen.
Sabertooth mit Silberbesteck an die Wand genagelt... *weglach* Wie gerne würde ich davon ein Bild sehen...
Hast du den Kerl zufällig mal ohne Maske gesehen? Das ist echt ein Häppchen...
Was wollte Magneto nur... Wieder sehr spannend geschrieben.
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:24:51+00:00 04.11.2008 12:24
Warum hat Rouge denn keine Badeklamotten mitgenommen? Das war wirklich sehr dumm von ihr :-)
Ich wusste gar nicht, dass Kurt so ein Weiber-Held ist *grins* Finde ich gut
Devcon4? Jetzt wird’s richtig spannend. Dein Schreibstil gefällt mir unheimlich gut.
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:24:30+00:00 04.11.2008 12:24
von Lance gibt’s wohl auch kein Bild?
verweichlichte Brut *gg* ich mag diesen Logan :-) *schwärm*
Alexis hat diese Katzenaugen nicht von Geburt an?
Adoptiert also? Da bin ich aber mal gespannt, ob sie ihre Leiblichen Eltern vielleicht sogar finden kann.
Von:  Trollfrau
2008-11-04T11:24:08+00:00 04.11.2008 12:24
Irgendwie mag ich die Neue :-)
Schade dass du von Alexis kein Bild drin hast. Wäre für mich interessant.


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