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Don't forget to catch me...

Forbidden love
von

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Never judge a book by its cover...

Am nächsten Morgen weckte Madison die Sonne. Er blinzelte und brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Glücklicherweise hatte er keinen Kater, war die Sauferei schon gewöhnt. Er war in der Bude von diesem neuen Lehrer... Referendar... was auch immer. Er schwang die Beine aus dem Bett und stand auf, um sich zu strecken. Im Bad lief die Dusche. Bevor er hinüber ging, testete er, ob die Zimmertür abgeschlossen war. Dann zog er sich einfach aus, ging ins Badezimmer und betrat die beschlagene Duschkabine.
 

Gierig reckte Tom seinen Kopf dem Wasserstrahl entgegen, öffnete den Mund und schluckte in großen Zügen. Mit den Fingern fuhr er sich durch das kastanienbraune Haar, ließ seine Schultern kreisen, um die leichte Verspannung zu lösen. Langsam rutschte sein Kopf auf seine Brust. Der harte Wasserstrahl tat seinem Nacken gut. Noch einen Moment blieb er entspannt stehen, dann vernahm er plötzlich ein Geräusch im Bad. Nichts rührte sich.

<<Einbildung...>>, dachte er sich Schulter zuckend und wusch sich zu Ende.

Dann öffnete sich mit einem Mal die Tür der Kabine.

Entsetzt riss Tom den Kopf herum, versuchte seine allzu schlechten Sehnerven und dem Dunstschleier etwas erkennen zu können.

"...Madison?!...Was machst du hier drin?! Ich bin ja gleich fertig!...Könntest du nicht wenigstens warten bis ich fertig bin?!", seine Stimme verlor er nun zum ersten Mal. Er wandte den Blick von Madison ab und versuchte sich zu beruhigen.

"W-würdest du bitte wieder gehen?"
 

Madison realisierte erst jetzt, dass er ihn wohl kaum sehen konnte. Aber wirklich kein übler Anblick der Mann, konnte den Sportlehrer nicht leugnen.

"Soll ich Sie waschen?"

Er ließ seine Hände über die muskulöse Brust des Referendars gleiten.
 

Tom quiekte regelrecht auf und drängte sich an die Wand um möglichst viel Abstand zwischen sie zu bringen.

"Madison...spinnst du jetzt völlig?!...Lass das sein...!!", er griff nach den Händen des Jungen und starrte ihn schnaufend an, "Das was du da gerade machst, ist sexuelle Belästigung. Ich bin nicht scharf darauf von dir gewaschen zu werden!...Vielleicht sehe ich ja nicht so aus, aber ich bin durchaus in der Lage es selbst zu machen...Äh...!!", er schüttelte fest den Kopf, "Mich zu waschen, verdammt noch mal!!"
 

"Sie werden ja rot." Zum ersten Mal seit sie sich kannten lachte Madison, wenn auch etwas spöttisch. "Kommen Sie, sexuelle Belästigung ist das nicht. Höchstens Unzucht mit Abhängigen und wer sollte das schon mitkriegen?"
 

Tom funkelte ihn misstrauisch an. "Mein Gewissen! Und jetzt raus hier! Muss ich dir erst Strafarbeit oder Nachsitzen aufbrummen, damit du brav bist?!"

War er wirklich rot geworden?
 

"Sie sind ja langweilig. Gehen Sie doch raus, ich bin jetzt eh nass, dann kann ich auch duschen, bei meinem Alten wird ständig das Wasser abgestellt und die Duschen in den Sportumkleiden sind eklig!"

Er nahm sich einfach Duschgel und fing an, sich damit einzureiben.
 

"Du verdammte, kleine Mistfliege!", zischte Tom und versuchte sich an Madisons nackten, feuchten Körper vorbei zu schummeln, ohne ihn groß berühren zu müssen.

Er schlug die Kabinentür zu, und grabschte schnaubend nach seinem Handtuch, band es sich um die Hüfte und verließ in Windeseile das Bad.
 

Ein paar Minuten später kam der Junge mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Badezimmer um seine Klamotten zu suchen.

"Sie waren ja schnell weg. Sie sind wohl kein Homo, was?"

Er warf das Handtuch beiseite und fing seelenruhig an, sich anzuziehen.
 

Tom lächelte süffisant. Scheinbar hatte er seine alte Fassung zurück erobert. Nun saß er fertig angezogen auf dem Bett und zog sich ein paar Lederboots an. Sein Haar hing ihm in feuchten Strähnen im Gesicht, während er sich zu seinen Füßen bückte.

"Mein Sexualleben geht dich überhaupt nichts an.", sagte er völlig ruhig.
 

"Dann sind Sie vielleicht doch einer." Madison sagte das wieder in seinem etwas unterkühlten Ton. "Hören Sie, Sie haben da letzte Nacht was von Frühstück gesagt, aber Sie müssen nicht nett zu mir sein, nur weil Sie mich für ein armes Opfer halten. Ich habe in der Stadt einen sauschlechten Ruf, um es milde auszudrücken, und ich weiß nicht, ob Sie mit mir dort beim Frühstücken gesehen werden wollen."
 

Tom erhob sich als er fertig war und ging an Madison vorbei ins Bad, wo er aus einer Schublade einen Fön herauskramte und den Stecker in die Dose steckte.

"Und mich kennt man hier eh noch nicht. Ich habe dir gesagt, dass ich mit dir Frühstücken werde, da ziehe ich meine Einladung doch nicht zurück. Außerdem könntest du mir gleich das Dorf zeigen. Was interessieren mich die Meinungen der anderen? Wenn es hart auf hart kommt, sage ich einfach, dass ich Pfleger aus einer Strafanstalt bin. Dann können diese Leute gleich beruhigt sein und lassen uns in Ruhe!", er lachte kurz auf, "Das war nur'n Witz." Er lächelte ihn friedlich an und begann dann unter lautem Getöse sein Haar zu fönen.
 

Madison setzte sich aufs Bett und schaute ihm zu. Komischer Kauz. Aber der erste, der nicht sofort abweisend auf ihn reagierte. Mal abwarten, wie er so war.
 

Als das ungleiche Paar das Anwesen des Internates verließ und auf die Hauptstraße abbog, die zum Dorf hinunter führte, betrachtete Tom den Jungen eine Weile von der Seite.

"Was erzählt man sich denn so im Dorf über dich?...Nur damit ich nicht gleich vom Hocker falle, wenn sie mir deine Verbrechen unter die Nase reiben..."
 

"Im Dorf bin ich der missratene Sohn eines Säufers und im Internat bin ich eine Nutte, suchen Sie sich das aus, was Ihnen besser gefällt."

Er kramte in seiner Tasche und zog aus einer Schachtel eine Zigarette hervor, die er sich anzündete.
 

"Bekomm ich auch eine?", fragte der Student.
 

Madison schaute ihn überrascht an, ließ den Mann dann aber eine Kippe aus der Schachtel ziehen und gab ihm Feuer.

"Sie rauchen? Als angehender Sportlehrer?"
 

"Wenn mir mal danach ist. Ich bin aber sehr geizig, deshalb kaufe ich mir keine Schachteln.", er nahm einen Zug und blies den Qualm durch die Nasenlöcher aus, "Manchmal muss man auch mal sündigen dürfen. Als Laster würde ich es aber nicht bezeichnen. Früher habe ich geraucht, um meine Eltern zu ärgern.", er grinste bei den Gedanken, "Da war ich elf Jahre alt...Mein Vater hat mich dafür über's Knie gelegt."
 

Madison schnaubte, aber es klang amüsiert.

"Hören Sie." Er blies Rauch aus. "Sie müssen das wirklich nicht. Sie sind ein netter Kerl und sollten sich nicht mit einem wie mir abgeben."
 

"Warum nicht?", stellte Tom lächelnd die Gegenfrage, "Ich finde, du bist ein interessanter Bursche und solange ich noch Student bin, möchte ich die Schüler näher kennen lernen...und nun bin ich ganz heiß drauf dich näher kennen zulernen. Gib auf, du bist schon längst in meinem Netz und dienst mir ab jetzt als Versuchskaninchen."
 

"Sie ekeln sich nicht vor mir?", fragte Madison mit ein wenig Überraschung in der Stimme. "Hier redet sonst niemand mit mir, außer er will, dass ich ihm einen blase oder meinen Arsch hinhalte."
 

"Ja, das kann ich mir gut vorstellen, so wie du dich gegenüber anderen benimmst. Aber ich bin nun mal in erster Linie Pädagoge. Ich weiß, dass dein Verhalten nicht von ungefähr kommt. Wer weiß...vielleicht finden wir zu einer solch engen Freundschaft, dass du dich mir offenbaren kannst...nicht dem Lehrer, sondern dem Mann, der dich in seinem Bett hat schlafen lassen, obwohl er dich kaum kennt oder der dich zum Frühstück einlädt...", und blickte den Weg entlang.
 

"Oder Sie türmen, wenn Sie sehen, wie widerlich ich wirklich bin.", lachte Madison, aber es klang nicht ganz echt.

Sie kehrten in einem ruhigen Café ein und Tom bestellte für sie ein ausgiebiges Frühstück mit allem was dazu gehörte. Speck, Rührei, Brot, Orangensaft und vielem mehr. Dazu eine Kanne Kaffee.

Die Kellnerin, eine ältere Dame, schaute den blonden Jungen immer wieder misstrauisch an.

"Sehen Sie? Man kennt mich.", murmelte Madison, als sie weg war.
 

Tom verdrehte die Augen.

"Was sie wohl machen würde, wenn ich dich jetzt spontan küssen würde... Solche Leute sind fürchterlich! Vor denen ekele ich mich.", meinte er nur leise und faltete seine Hände um sein Kinn darauf abzustützen.
 

"Tun Sie es, wenn Sie wollen!" Madison musste tatsächlich lachen. Das hatte er nicht erwartet. Er beruhigte sich aber schnell, als wolle er nicht, dass man ihn zu lange fröhlich sah.

"Das Essen sieht toll aus... ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal soviel auf einem Tisch gesehen habe..."
 

"Dann hau mal ordentlich rein.", grinste Tom und goss sich eine Tasse Kaffee ein, "Das Essen ist nicht billig, also sieh bloß zu, dass du alles wegfutterst. Dir könnten sowieso ein paar zusätzliche Kilo ganz gut tun. Sport treibst du nicht, oder?" Er nahm einen Schluck Kaffe und seufzte zufrieden.
 

"Zählen Sie horizontale Betätigung?", fragte Madison mit vollem Mund, während er sich gleichzeitig Rührei und Speck reinstopfte.
 

Tom beobachtete Madison lächelnd. Der Anblick war pures Gold wert. Der Junge wirkte plötzlich so lebhaft, gar nicht so kalt wie noch im Unterricht oder kurz nach seiner Ankunft. Wortwörtlich fraß er ihm aus der Hand.

"War ja klar, dass du so antwortest...na, wenn du zumindest hin und wieder den aktiven Part übernimmst, gewöhnen sich deine Muskeln vielleicht an Bewegungen. Normalerweise gehe ich frühmorgens schwimmen oder joggen. Möchtest du mich vielleicht mal begleiten?"
 

Madison lachte spöttisch auf. "Glauben Sie, einer von diesen Kerlen hat den Mumm, sich in den Arsch bumsen zu lassen? Nein, das ist mein Job! Schließlich bin ich die Schwuchtel, nicht die anderen... zumindest behaupten sie das."

Er nahm einen großen Schluck Kaffee.

"Sie sind wirklich hartnäckig, aber Schwimmen mag ich... vielleicht komme ich wirklich mal mit. Allein schon um Sie in der Badehose zu sehen!", fügte er grinsend und fast nicht hörbar hinzu.
 

"Schön. Ich würde mich drüber freuen."

Nun begann auch Tom zu essen , bevor alles gänzlich kalt werden würde oder Madison unerwarteter Weise doch alles aufessen konnte.

"Aber...würdest du mir eins versprechen...?", er senkte die Stimme, sodass es keine Nebenzuhörer geben konnte.
 

Der Junge beugte sich vor und hob fragend eine Augenbraue.
 

Tom zögerte einen Moment. Er war sich nicht sicher, ob das was er Madison so dringend sagen wollte, nicht vielleicht falsch aufgefasst werden konnte.

"Wenn...wenn du jemals Probleme mit diesen Jungs haben solltest...zögere bitte nicht es mir zu sagen...ich...ich kann dir nicht verbieten damit weiter zu machen, aber ich will dir zumindest anbieten, dass du das nicht allein verarbeiten musst...bitte versteh mich nicht falsch..."

Unsicher kratzte wer sich den Kopf.
 

Einen Augenblick wirkte es wirklich, als würde Madison dankbar lächeln, aber dann kehrte seine betont kühle Miene zurück.

"Vielen Dank, aber das ist schon okay... ich meine, ich bin eine Schwuchtel, also komme ich damit schon klar... und so lassen mich die Typen wenigstens in Ruhe..."

Er schaute an Tom vorbei, irgendwie schämte er sich nun doch vor ihm, obwohl er selbst nicht wusste warum.

"Jetzt finden Sie mich doch widerlich, oder?"
 

"Nein.", murmelte Tom und lächelte schief. Er nahm seine Brille ab, um sie zu putzen, "Ich mach mir Sorgen um dich. Du entziehst dich der Welt, weil du glaubst wertlos zu sein. Dabei bist du wirklich mit Sicherheit nicht so kalt wie du dich nach außen hin gibst...", er setzte die Brille wieder auf und hob dann abwehrend die Hände, "Ich will dich nicht analysieren. Lass uns einfach einen schönen Tag verbringen, okay? Gibt es irgendwas, was du sonst gerne machst, wo ich mich mit einklinken könnte?"

Sein Lächeln war in sein Gesicht zurück gekehrt.
 

Madison schaute ihn perplex an.

"Sie wollen... mit mir? Ich..."

Er schien vollkommen den Faden zu verlieren.

"Sonst hat noch nie jemand... ich weiß nicht..." Er stotterte tatsächlich plötzlich. "Normalerweise sitze ich irgendwo rum... und lese nur... oder zeichne... aber ich habe noch nie mit jemandem..."

Er trank hastig einen Schluck Orangensaft.

"Sie haben doch sicher was besseres zu tun!"
 

Tom konnte sich ein lautes Lachen einfach nicht verkneifen. Dieser plötzliche Emotionsschub, der aus Madison heraus brach, warf ihm komplett aus der Bahn.

"Genau aus dem Grund mag ich dich!", er beruhigte sich nach und nach wieder und schmunzelte den Jungen munter an, "Nein, mich interessiert wirklich was ein Junge wie du in seiner Freizeit macht. Ich möchte wissen was du liest und zeichnest und vor allem warum. Würdest du mir deine Werke mal zeigen?"
 

"Sie wollen...?"

Er trank noch einen Schluck. "Ich habe meine Zeichenmappe daheim... im Moment ist mein Alter nicht da, er arbeitet auf dem Bau. Wenn Sie wollen, könnten wir..."

Er schien wirklich total neben der Spur. "Aber wir müssen weg sein, bevor er kommt... Sie haben ihn doch nicht angerufen, weil ich besoffen war, oder?"

Madison klang richtig panisch, als ihm dieser Gedanke kam.
 

"Nein, habe ich nicht. Obwohl ich zugeben muss, dass ich kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt habe. Tja...wenn du satt bist, kann ich zahlen.", er nahm seinen Kaffee und trank ihn aus.
 

"Danke... danke, dass Sie es nicht getan haben...", flüsterte Madison.
 

Der Junge führte den Braunhaarigen zu einem heruntergekommenen Haus am Stadtrand, das sicher mal sehr schön gewesen sein musste... vor vielen, vielen Jahren. Jetzt bröckelte die Fassade, ein Fensterladen hing schief im Scharnier, an der Haustür sprang der Lack und der Garten war ein unübersichtliches Meer aus Unkraut.

Madison schloss die Tür auf und musste sich dagegen stemmen, damit sich das völlig verzogene Holz öffnete. Drinnen sah es nicht besser aus und roch auch nicht anders. Überall lag schmutzige Wäsche herum, in der Küche stapelte sich das Geschirr.

"Trautes Heim...", sagte Madison betont cool, aber offensichtlich schämte er sich.
 

"Meine Studentenbude in York sah nicht anders aus. So ist das nun mal, wenn der Haushalt nur von Männern geführt wird.", schmunzelte Tom aufmunternd.
 

"Sie sind auch nie um eine Antwort verlegen, oder?"

Madison führte ihn in den oberen Teil des Hauses, in sein Zimmer. Der Raum war recht klein und ebenso unordentlich wie der Rest der Wohnung. Der größte Teil der Einrichtung war schwarz, teilweise deutlich sichtbar mehr schlecht als recht in der Farbe gestrichen.

Madison ging zu seinem Schreibtisch und zog eine Schublade auf, um einen Block hervorzuholen.

"Ich hab keine tollen Stifte, ich muss mit dem arbeiten, was ich so kriege."

Er gab Tom den Block, damit er blättern konnte. Es gab Aktzeichnungen von Männern, ebenso welche die sich küssten, alles in schwarzweiß, aber von der Komposition und der Art wie Madison den Körperbau skizzierte ziemlich gut gelungen. Es waren auch Bilder darunter, die Jungen beim Selbstmord zeigten, so wie das, das Madison im Unterricht gezeichnet hatte. Einer schoss sich in den Kopf, einer schnitt sich die Pulsadern auf oder stand auf einem Brückengeländer.
 

Eine Weile ließ sich Tom von den Bildern ablenken. Auch wenn die Thematik mancher Bilder auf deutliche psychische Störungen hinwies, war Madisons Stil klar und geradlinig. Gerade bei den Aktbildern zeigte er ein starkes Feingefühl für das menschliche Körperformat.

"Standen die Männer und Jungen für dich Modell?", fragte Tom nach einer ganzen Weile.
 

"Wie kommen Sie darauf? Nein... ich hab ein bisschen in den Umkleidekabinen gespannt, aber sonst. In der Bibliothek des Internats gibt es einen Internetzugang und ich habe mich auf ein paar Gay-Sites herum getrieben, mir da Körperproportionen abgeguckt."

Er zog an seinen sowieso schon langen Ärmeln, wohl ein wenig verschämt, was bei ihm geradezu grotesk wirkte.
 

"Was willst du mal werden? Würdest du gerne studieren?" Tom setzte sich ungefragt auf das unordentliche Bett des Jungen und musste immer wieder einen Blick in den Block werfen.
 

Madison sah aus dem Fenster.

"Wenn ich mit der Schule fertig bin, will ich hier abhauen... vielleicht nach London. Da brauchen die sicher immer Bordsteinschwalben... und mit etwas Glück killt mich irgendwann ein Freier, dann habe ich es hinter mir..."

Er war plötzlich wie ausgewechselt.
 

Tom legte den Block neben sich auf das Bett und betrachtete Madisons Rückansicht, während er aus dem Fenster sah.

"Um Bordsteinschwalbe zu werden, musst du die Schule nicht beenden. Wenn du sowieso mit dem Leben abschließen willst, warum nicht schon viel eher?" Tom grinste, "Wenn du wirklich ans Sterben denkst, zögerst du es aber ganz schön hinaus."

Er stand auf und ging an ihn heran, "Denkst du nicht, das es einen Teil in dir gibt, der leben möchte? Einen Teil, der einen guten Abschluss möchte und sich reinkniet um der Welt zu beweisen, dass in ihm kein Versager steckt?" Er sprach dieser Worte sehr leise aus.
 

Der blonde Junge schnaubte und zog die Ärmel hoch. Trotzig hielt er seinem Referendar die vernarbten Handgelenke hin.

"Glauben Sie mir, es laufen Wetten auf der Schule, wann ich es das nächste Mal versuche."
 

"Herrje! Und von solchen Leuten lässt du dich auch noch bestärken? Glaub mal ja nicht, dass ich dir so was durchgehen lasse, wenn du einfach flüchtest!", Tom ließ sich ein bisschen fallen in seinem Vortrag und hob die Stimme an, "Wenn du allen gegenüber so trotzig bist und eigentlich sowieso nur Arschlöcher durch die Welt laufen, machst du ihnen nur eine Freude, wenn du den Schwanz einklemmst und davon rennst. Spuck ihnen ins Gesicht!", er tippte Madison hart gegen die Brust und kam seinem Gesicht sehr nahe, "Wenn ich dich jemals dabei erwischen sollte, wie du einen neuen Versuch startest, versohl ich dir deinen kleinen süßen Hintern."
 

"Sie finden meinen Hintern süß?", fragte Madison, ohne im Geringsten auf den Vortrag einzugehen. Aber dennoch schien er ihn aufgenommen zu haben, denn gerade das Ignorieren verriet, dass die Worte angekommen waren.
 

"Klar hast du einen süßen Hintern bei deiner femininen Ausstrahlung. Und wenn du lachst, hast du wunderschöne große Kulleraugen.", sagte Tom ohne einen Funken Ironie in der Stimme. Doch nun spürte er, dass er für heute genug auf den Jungen eingeredet hat. Er drehte sich um und ging zum Bett zurück um den Block wieder aufzulesen. Eine Weile starrte er darauf.

"Würdest du mich mal zeichnen?", fragte er plötzlich.
 

"Sie?" Madison zuckte mit den Schultern. "Wenn ich Sie eh an der Backe kleben habe, kann ich das auch tun." Er verzog den Mund, aber diesmal entgleiste das zu einem Lächeln. "Aber nicht hier. Vielleicht darf ich Ihnen was zeigen?"
 

"Was zeigen?", fragte Tom neugierig und blinzelte Madison wartend an.
 

"Sie stehen doch so auf Bewegung, wir müssen dazu ein Stück aus dem Dort raus laufen. Also kommen Sie mit?"

Er klemmte sich seinen Zeichenblock unter den Arm und steckte einen Stift und einen Anspitzer ein.
 

Ein Schmunzeln schob sich auf seine Lippen.

"Ja, gerne."

Dann folgte er Madison aus dem Zimmer und sie verließen das Haus.
 

Madison führte ihn aus dem Ort hinaus und sie gingen eine ganze Weile über Feldwege.

Willows Hollow lag sehr abgelegen und wunderschön, mitten in unberührter Natur. Der Wind fegte durch die Bäume und die vielen Sommerblumen auf den Wiesen, auf den Feldern wuchs das Getreide, bereit im Herbst geerntet zu werden. Über eine halbe Stunde wanderten die Beiden, bis sie endlich an einem kleinen Wäldchen ankamen, von hier aus konnte man die ganze Talsenke überblicken, in der das verschlafene Nest lag, und sogar bis zum Internat auf der anderen Seite von Willows Hollow.

Hier wich Madison plötzlich vom Weg ab und führte den Referendar mitten in das Wäldchen hinein, bis sie auf eine geräumige Lichtung kamen. Hier lagen ein paar gigantische, wohl noch urzeitliche, Monolithen, direkt neben einem kleinen See, der von einem Wildbach gespeist wurde. Auf der Wiese um die großen Steine wuchsen Hunderte von Wildblumen, deren Duft schwer und berauschend in der Luft hing.

"Es ist kitschig, ich weiß... aber ich bin gern hier.", erklärte Madison.
 

"Ich wusste nicht, dass du eine so romantische Ader hast...", murmelte Tom und strich sich die langen Ponysträhnen aus dem Gesicht, die vom Wind erfasst wurden, "Es fehlen nur noch ein paar Rehkitze, die munter herumtollen." Er lachte fröhlich auf.
 

"Ich liege manchmal stundenlang hier im Gras und schaue in den Himmel." Die hoch stehende Sonne reflektierte im Wasser und zeichnete Reflexe auf sein Gesicht. Er ging zu einem der Monolithen und fasste in eine Ritze im Stein, um etwas heraus zu ziehen. Eine Rasierklinge.

"Sie glauben nicht, wie oft ich dieses Ding in der Hand halte. Hier würde mich nie jemand finden. Ich könnte für immer hier bleiben." Er stand nun mit dem Rücken zum Wasser und sein Gesicht war dunkel unter den strähnigen Haaren.
 

Plötzlich streckten sich zwei kräftige Arme von hinten um seinen Körper und legten sich um seine Brust. Tom drängte sich dicht an ihn und grub sein Gesicht in das blonde Haar des Jungen.

"Aber jetzt hast du jemandem deinen geheimen Ort gezeigt, sodass er dich finden und dir helfen kann...", brummte er leise.
 

"Darum habe ich Sie nicht hierher gebracht...", sagte Madison ebenso leise, machte aber keine Anstalten, sich aus der Umarmung zu befreien.
 

"Nicht?...Warum dann?"

Sanft strichen seine Finger über das Shirt des Jungen, ohne Druck, es war mehr ein beruhigendes Kraulen. Tatsächlich hatte er das Gefühl ein Kätzchen in den Armen zu halten. Ein kratzbürstiges Biest, das sich eigentlich nur nach Wärme sehnte.
 

"Ich weiß es nicht... wirklich nicht..."

Madison sank immer weiter in die Umarmung, presste sich regelrecht an den anderen Mann.
 

Langsam drehte Tom den Jungen herum und zog ihn wieder an sich heran, schlang seine Arme um ihn und rieb seinen Kopf an den von Madison.

"Du bist nicht allein...du musst dich vor mir nicht verstellen und den Coolen spielen...", seine Hand fuhr zärtlich über Madisons Haarschopf, "...lass es raus..."
 

Die Rasierklinge fiel auf die Wiese und Madison sackte endgültig in die Umarmung. Er klammerte sich an Tom, aber trotzdem sagte er zunächst nicht.

"Was soll ich raus lassen...?", flüsterte er. "Warum denken Sie, dass ich Probleme habe... vielleicht bin ich einfach nur nicht ganz dicht..."
 

"Ich bin nicht blind.", entgegnete Tom leise, "Ich habe noch vor einem halben Jahr in einer Jugendstrafanstalt gearbeitet. Die Jungs dort haben vereinzelt die selben Probleme wie du, jeder von ihnen ist mir ans Herz gewachsen...aber du...du bist was ganz anderes...Wenn ich dich ansehe oder wenn du den Mund nur aufmachst, habe ich das Gefühl in einem offenen Buch zu lesen. Und das könnte jeder, wenn er sich nur eine Weile mit dir beschäftigt... Erzähl mir bitte warum es dazu kam...warum dürfen die Jungs im Internat so mit dir umspringen?"
 

"Weil ich zu nichts anderem gut bin, Sie Schlauberger!", brüllte Madison ihn urplötzlich an und in seinen graublauen Augen funkelte ungerichteter Zorn. "Ich bin für nichts anderes gut! Deswegen dürfen sie das!"

Er zitterte. "Ich bin für nichts anderes gut...", fügte er noch einmal hinzu, schon viel leiser.
 

Tom zog den Jungen nur noch fester an sich heran.

"Ich weiß, dass waren Professorensprüche, aber es stimmt. Warum gehst du nicht auf eine Kunsthochschule mit deinem Talent? Wenn dich das Zeichnen so sehr befreit, dann nimm es als Ventil. ...oder mich..."
 

"Sie..." Madison machte einen verächtlichen Laut. "Sie sind Referendar, in ein paar Monaten sind Sie wieder weg und dann haben Sie mich schneller vergessen als Sie denken..."

Plötzlich drückte er seine Hände gegen die Brust des Mannes.

"Lassen Sie mich los, ich brauche niemanden, der sich um mich kümmert! Das hat nie jemand getan seit meine Mutter..."

Er brach ab, offensichtlich erschrocken über sich selbst.
 

Tom sah ihn wehmütig an.

Auch das war ein Indiz für die Probleme des Jungen.

"Ist schon gut...tut mir leid, ich wollte dich nicht bedrängen....es stimmt...ich werde nur ein Jahr hier sein, das heißt aber nicht, dass ich dich deswegen vergesse...", Tom brach sich selbst ab und er lächelte schief, "Sinnlos dir das zu sagen...du glaubst mir sowieso nicht... Pass auf... denk in Ruhe darüber nach, ob du dich mir anvertrauen möchtest oder nicht...", er bückte sich und hob die Rasierklinge aus dem Gras auf, "Die werde ich konfiszieren, bis ich mir sicher sein kann, dass du damit nichts anstellst... der Gedanke dich irgendwann hier zu finden mit... das würde ich nicht ertragen... na ja... ich geh dann besser... denk an den Test, den wir Montag in Philosophie schreiben..."

Damit drehte sich um und trat langsam den Heimweg an.
 

Er war noch nicht weit gekommen, als Madison hinter ihm her gerannt kam.

"Tom... Mr. Summers...", verbesserte er sich. "Ich wollte Sie doch zeichnen..."

Er schien wieder wie ausgewechselt, sein Ausbruch war vollkommen vergessen.

"Ich hatte mich darauf gefreut...", gab er zu.
 

Tom zeigte Erstaunen. "Du...wolltest mich hier zeichnen?", er lächelte sanft, "Ist das dein Ernst?"
 

"Ja... ich dachte, hier wäre es schön... das Licht ist hier gut."

Er sah zu Boden.

"Aber wenn Sie nicht mehr wollen, ist es okay."
 

Tom strubbelte ihm durch die Haare. "Ich wollte mich dir nicht aufdrängen...deshalb wollte ich gehen, aber wenn du mich jetzt wirklich zeichnen möchtest, würde ich mich darüber freuen. Ich habe mir den ganzen Tag für dich frei genommen.", wieder brannte sich sein herrliches Lächeln ins Gesicht, während er Madison fast väterlich liebevoll ansah.
 

Und Madisons Mund zierte plötzlich ein Grinsen.

"Ziehen Sie Ihr Shirt für mich aus? Sie sind ein besseres Anschauungsobjekt als eine Gay-Site!"
 

Tom hob amüsiert eine Augenbraue.

"Aber nur das Shirt!", lachte er munter, griff nach dem unteren Rand und zog es sich über den Kopf. "Soll ich die Brille abnehmen?"
 

"Nein... sie steht Ihnen..."

Madison musste sich Mühe geben, den Blick vom Oberkörper des Referendars zu nehmen, so anziehend fand er den Anblick. Die Beiden kehrten auf die Lichtung zurück und blieben dort fast den ganzen Tag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
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Von:  Zuckerfee
2006-03-20T08:16:15+00:00 20.03.2006 09:16
*ausstreck*....nur drei seiten *giggle* das schockiert mich aber jetzt....normalerweise machst du doch solche Monster-Kapitel *g* aber wahrscheinlich wollt ihr nich so viel gleich am Anfang verraten ne ^_~

Ich finde die Geschichte nach wie vor nett, die Rechtschreibgeschichte kennsu ja *deut*
Find ich übrigens schön, dass tom sich mit madison so viel mühe gibt...ich hoffe, er kann ihm helfen, sein kaputtes Selbstbewusstsein neu aufzubauen!

Also, ich bin gespannt auf das nächste Kappi!

Liebe Grüße, fee ^^/
Von: abgemeldet
2006-03-12T13:52:15+00:00 12.03.2006 14:52
Jetzt bin ich aber beleidigt!*dich ganz empört anschaut* Du hast mir ja gar nicht geschrieben, dass du eine neue Geschichte on hast! Na ja, ich bin wahrscheinlich auch selber schuld, hab in letzter Zeit nur noch selten Kommmentare geschrieben... aber es war irgendwie immer sehr viel los, und dann hab ichs auf später verschoben und vergessen.
Die neue Geschichte gefällt mir gut. Madison scheint es wirklich sehr schlecht zu gehen. Ich bin sehr gespannt, wie sich sein Charakter im Laufe der fic entwickelt. Ist ja klar, dass das meiste nur eine Maske ist. Sehr würde mich seine Vergangeheit intressieren, wies überhaupt so weit hatte kommen können. Ich hoffe, dass da noch mehr kommt. Auch über Tom würde ich gerne mehr erfahren.
ich hoffe mal auf ein Happy End. Aber irgendwie ist die ganze Situation ja ziemlich scheisse. Madisons Psyche ist durch die ganze Sache eh sehr verkorkst, die Situation im Internat, im Dorf und in der Familie scheint auch aussichtlis schlecht zu sein und irgendwie kann ja auch die Freudnschaft mit Tom nicht gut gehen, mit Madisons Ruf werden die Leute bestimmt bal anfangen zu klatschen und so viel ich weiss, darf ja ein Lehrer gar nicht so eine spezielle Beziehung (also nicht nur keine Liebesbeziehung sondern auch keine Freunschaft) zu einem Schüler haben, weil er ja alle gleich behandeln soll. Beim Lehrer übernachten, mit ihm Sport machen, ihm ohne Shirt Modell stehen... ich kann mir nicht richtig vorstellen, dass das erlaubt ist.
Von: abgemeldet
2006-03-11T23:52:08+00:00 12.03.2006 00:52
Deine FF ist soooo genial!!
Der Schreibstil, die Charaktere...
Alles so... so perfekt!
^___________^
Ich bin richtig gefesselt von deiner Story!
Hoffentlich geht es bald weiter!
Schickst du mir dann bitte ne ENS?

bye
Von: abgemeldet
2006-03-10T18:10:56+00:00 10.03.2006 19:10
ohhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh,

eins kann ich mit 100% Sicherheit sagen und zwar das ich diese ff vergöttere. Wie schafft man es im ersten Kapitel schon soviel von den jeweiligen Charakterzügen miteinzubringen und gleichzeitig den Handlungsstrang nicht aus den Augen zu verlieren?

Ich weiss es ehrlich gesagt nicht, aber du hast es eindeutig geschafft. Und wie genial. Ich mein Madison, so kühl und hart er vorne rum auch tut, vermute ich dass das alles nur Fake und eine aufgesetzte Maske ist (zumindest zum Teil).

Und der Refrendar... *seufz*. Die zwei wären ein soooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo süßes Paar. Also *räusper* ich mag.... die Story (die Idee mit dem Jungeninternat ist mal richtig gut umgesetzt), ich liebe die beiden Hauptcharaktere (wie kann man sich nur so geniale und so realistische Menschen ausdenken, wow) und ich vergöttere geradezu deinen Schreibstil.

Ich hoffe du schreibst ganz schnell weiter, sonst würde bekomme ich ehrlich gesagt noch EntzugsErscheinungen.

Ganz liebe Grüße und vielen Dank für deine zwei Ens. Ich hab mich echt voll gefreut.
Von:  Kuroi-chan
2006-03-10T17:55:35+00:00 10.03.2006 18:55
Danke das du mir bescheid gesagt hast!Würdest du das bei den nächsten auch machen???
Das es so schnell weitergeht ist toll!^^ Ich mag die Story total gerne...wie du das alles beschreibst und so!
Ich bin schon irre auf das 3. Kapi gespannt...*schon Vorfreude hat*


Bye Kuroi


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