Zum Inhalt der Seite

Spherium

Kaiba/Yuugi
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 15

Kaiba stand vor dem Besprechungsraum, die Arme verschränkt und der Blick gen Boden gerichtet. Noch nie hatte er sich so gehen lassen. Wieso war er auf eine solch kindische Provokation auch noch eingegangen? Dass dies nicht unbedingt ein gutes Licht auf ihn und seine Führungskompetenzen warf, konnte er nicht bestreiten. Sinn und Zweck des Seminars war es, Yuugi zu helfen, echte Führungsqualitäten aufzubauen und ein stärkeres Selbstbewusstsein zu erlangen, doch jetzt, wo er wie ein ungezogener Schüler aus dem Raum verwiesen wurde, fragte er sich, ob nicht er selbst dieses Seminar brauchte. Was war nur in ihn gefahren? Vermutlich lag es daran, dass der Coach so viel Müll geredet hatte. Von wegen, wie wichtig es wäre, die Gefühle seines Gegenübers in Betracht zu ziehen und Einfühlungsvermögen zu zeigen, damit man langfristig gemeinsam arbeiten konnte.
 

Er schnalzte mit der Zunge. Verdammt.
 

„Seto, ich will mich nicht in deine Arbeit einmischen, aber deine Angestellten haben echt Schiss vor dir!“, kam es vom Mokuba beim Abendessen. Kaiba legte seinen Löffel zur Seite und sah seinen jüngeren Bruder entgeistert an, ehe er laut seufzte und ihm Kontra gab.
 

„Wenn du dich nicht einmischen willst, dann lass es auch, Mokuba. Ich bin ein erwachsener Mann und weiß, was ich tue. Ich brauche niemanden, der mir ins Geschäft redet.“
 

Es kam selten vor, dass die beiden Brüder gemeinsam zu Abend aßen. Kaiba war enttäuscht, dass Mokuba dieses Thema ansprach. Sie hatten bereits in der Vergangenheit mehrmals darüber gesprochen und obwohl Kaiba sehr deutlich zeigte, dass er keinen Grund sah, seine Arbeit und seine Weise zu überdenken, sprach Mokuba immer wieder davon, wie wichtig und erfrischend Teamwork sei. Kaiba brauchte keinen Ratschlag von einem Kind, das keine Ahnung von der Welt hatte und nicht wusste, was es bedeutete, eine Firma dieser Größe anzuleiten. Er konnte sich keine Sentimentalität leisten, geschweige denn Rücksicht auf seine Mitarbeiter.
 

„Seto! Wieso musst du immer abblocken?!“, entgegnete der Jüngere, der nun ebenfalls seinen Löffel in seinen Teller zurückfallen ließ, sodass das Metall klirrte als es auf das Porzellan traf.
 

„Merkst du überhaupt, wie deine Angestellten von dir reden? Eiskönig nennen sie dich! Keiner arbeitet gerne mit dir zusammen und sie verstecken sich, wenn sie dich im Gang sehen. Sollte dir das nicht zu denken geben?“
 

„Warum? Ich bin nun mal jemand, vor dem man Respekt haben sollte. Umso besser wenn man mir aus dem Weg geht, im Gegensatz zu dir habe ich keine Zeit um über triviale Dinge wie das Wetter oder Freizeitaktivitäten zu plaudern.“
 

Mokubas Stuhl quietsche so laut, als er sich vom Tisch wegschob, dass selbst Seto kurz zusammenzuckte. Fragend sah er seinen jüngeren Bruder an, der mit den Zähnen knirschte und mit einer Hand eine Faust bildete. Seine Fingerknöchel wurden bereits weiß und es war ihm deutlich anzusehen, dass er mit sich selbst kämpfte, um bloß nicht überzureagieren und einen Fehler zu begehen, den er nicht mehr gutmachen konnte.
 

„Denkst du das wirklich? Dann macht es dir ja auch nichts aus, wenn ich dir aus dem Weg gehe. Für triviale Dinge hast du ja keine Zeit.“, wiederholte er und vermied es seinen Bruder anzusehen. Die Wut, die in ihm kochte, war wie ein wildes Inferno, das von nett gemeinten Worten nicht gelöscht werden konnte.
 

„Du weißt, dass ich das so nicht gemeint habe. Wieso verdrehst du mir meine Worte im Mund?“
 

Mokuba wollte über das Wetter reden. Darüber, wie herrlich und warm die Sonne im Frühling war. Wie schön die Kirschblüten im März! Wie erholsam ein Spaziergang im Inokashira Park oder wie lecker die mit Erbeeren gefüllten Daifuku vom Stand! Doch Kaiba kannte nur Arbeit. Zahlen. Daten. Auswertungen. Projekte. Kaiba fragte nie danach, was Mokuba vor hatte. Wie seine Schulnoten waren oder ob er Freunde in seiner Klasse gefunden hatte. Das alles interessierte ihn nicht. Alles nahm er nur hin.
 

Mokuba war nun 16 Jahre alt und hatte einige Klassen übersprungen, so dass er in nur wenigen Wochen seinen Schulabschluss erhalten würde. Bereits jetzt plante er, ein eigenes Spiel zu entwickeln. So wie Kaiba Duel Monsters liebte, so hatte auch Capsule Monsters einen besonderen Platz in seinem Herzen und so lag es nahe, dass er dieses Spiel wieder unter die Menschen bringen wollte. Ein ödes Brettspiel interessierte die Jugend von heute nicht. Die Digitalisierung schritt immer weiter voran. Nicht nur Domino sondern ganz Japan profitierte von der Technik, so waren selbst die einfachsten Verkaufsautomaten nicht mehr mit normalen Tasten ausgestattet, sondern mit höchst sensiblen Touchscreens.
 

Der Schwarzhaarige wusste, dass Capsule Monsters Potential hatte und dass sein Lieblingsspiel an neuer Beliebtheit gewinnen würde, wenn es ein digitales Pendant gab. Er hatte hunderte von Ideen und bereits jetzt einen groben Plan erarbeitet, der bereits erahnen ließ, wie unglaublich wichtig ihm das war. Doch Kaiba interessierte sich nicht dafür. Mokuba fühlte sich nicht gewürdigt. Ignoriert von dem Mann, der wie ein Vater für ihn war und doch sein leiblicher Bruder. Dass ausgerechnet die einzige Bezugsperson, die er hatte, ihn mit so viel Desinteresse strafte, schmerzte unheimlich.
 

Mokuba hatte deshalb viel öfter Kontakt mit Yuugi und dessen Freunden. Diese hörten ihm zu. Insbesondere Yuugi zeigte sehr viel Interesse an seinen Ideen und sie hatten sehr viel gemeinsam. Außerdem konnte er nach Herzenslust über seinen tollen Bruder lästern und seinen Frust auslassen, was Mokuba dabei half, wieder runterzukommen und sich zu beruhigen. Hätte er nicht mit Yuugi sprechen können, hätte er diese Villa vermutlich schon längst verlassen und seinem Bruder den Rücken gekehrt.
 

„Und wieso kannst du nicht einmal richtig zuhören? Ich will dir nur helfen, Nii-sama! Denkst du wirklich, dass ich dir schaden will? Du schließt mich aus. Nicht nur aus deiner Arbeit und der Firma, sondern auch aus deinem Leben. Ich habe genug! Wenn du mir nicht zuhören willst, mache ich eben meine eigene Abteilung und ich werde dir schon noch beweisen, was echtes Teamwork bedeutet!“
 

Kaiba stand nun auch auf. Ihm lagen hunderte Worte auf der Zunge und es gab unendlich vieles, was er ihm hätte sagen wollen und müssen, doch nichts davon kam über seine Lippen, stattdessen antwortete er ihm, so wie er es immer tat und genau so, wie Mokuba es erwartet hatte, mit einem monotonem 'Tu das', was Mokuba so sehr verärgerte, dass er den Raum verließ und sich zurückzog.
 

Tage vergingen in denen die beiden Brüder nicht miteinander sprachen. Kaiba stempelte dies als pubertäre Phase ab. Immerhin war Mokuba nun 16 Jahre alt und es war nur natürlich für Jugendliche ihre Grenzen zu testen. Sollte er seine Idee doch in die Tat umsetzen. Kaiba war sich sicher, dass Mokuba mit seinem Vorhaben scheitern würde und dann hilfesuchend bei ihm ankam. Letztendlich mangelte es ihm an Erfahrung und Führungskompetenzen. Mokuba hatte immer im Schatten seines Bruders gestanden und wirklich jede Entscheidung dessen unterstützt. Selbst seinen krankhaften Wahn das Millenniumspuzzle aus den Ruinen einer ägyptischen Tempelanlage zu bergen hatte er zugestimmt. Dass sie die Stadt Kul Elna und den unterirdischen Schrein der Unterwelt einmal mehr entweihten und den Verstorbenen keine Ruhe gönnten, hatte er akzeptiert.
 

Dass das alles andere als moralisch in Ordnung war, war Mokuba klar, aber er liebte seinen Bruder und hatte keine einzige seiner Entscheidungen kritisiert. Immerhin war Kaiba perfekt und genau das, was Mokuba auch mal sein wollte. Selbst seine Reise durch die Dimensionen, nur um Atem noch einmal herauszufordern, hatte er nie hinterfragt.
 

Egal, was Kaiba tat, er erhielt stets Zuspruch und Anerkennung von seinem Bruder. Nachdem Kaiba aus der Vergangenheit zurückgekehrt war, war dieser etwas freundlicher geworden. Er verhöhnte Yuugi nicht mehr und hatte ihn als seinen neuen Rivalen akzeptiert. Trotzdem hatte seine Einstellung sich nicht geändert und er hatte nie ein Wort darüber verloren, wie sein Duell gegen Atem ausging. Ob sie sich überhaupt duelliert hatten. Und Mokuba fragte auch nicht danach. Obwohl er es gerne gewusst hätte. Nicht nur er. Sondern auch Yuugi.
 

Nach seiner Rückkehr war Kaiba um so mehr erpicht darauf, seine Projekte zu beenden und er verfiel einem wahren Arbeitswahn. Diese Entwicklung war alles andere als gesund. Aber Mokuba hatte es hingenommen.
 

Doch er wurde älter, traf andere Menschen, die so viel liebenswerter und fürsorglicher waren als sein Bruder. Menschen, die nach seinem Wohlergehen fragten. Dinge, die Kaiba nicht tat. Allerhöchstens schenkte er Mokuba ein Lächeln – von dem er nicht mal sagen konnte, ob es echt oder nur gespielt war.
 

Mokuba hatte seine Pläne in die Tat umgesetzt und managte erfolgreich nicht nur seine eigene Abteilung, sondern auch andere. Die Angestellten, die unter Mokuba arbeiteten, liebten ihren Chef und kamen gern zur Arbeit.
 

Kaiba seufzte. Erschrocken riss er die Augen auf und wunderte sich, wie ein solches Geräusch über seine Lippen kommen konnte. Dieser Streit mit Mokuba hatte selbst bei ihm gewisse Spuren hinterlassen. Viel öfter als gewöhnlich dachte er über seine Vergangenheit nach und suchte nach dem Grund für Mokubas plötzliche Veränderung und diese harsche Abweisung. Eigentlich wusste Kaiba, dass er selbst der Auslöser war. Dass es seine eigene Schuld war. Der Gedanke, dies alles selbst verschuldet zu haben, machte ihn unsicher. Unsicherheit konnte er sich nicht leisten. Negative Gefühle wie diese zeichneten einen schwachen Menschen aus und er war alles andere als schwach. Kaiba Seto war stark und ein ernstzunehmender Gegner. Niemand, den man leichtfertig herausfordern sollte. Jemand, zu dem man aufsah und den man respektierte. Jemand, der tun und lassen konnte, was er wollte, ohne dass irgendjemand ihn zurechtwies.
 

Und trotzdem hatte er Angst. Während seiner Ausbildung zum Firmenchef unter Gozaburou hatte er gelernt, Gefühle unter Schluss zu halten. Gefühle bedeuteten Schwäche. Wer Gefühle zeigte, wurde von der Gesellschaft verschlungen. In der harten Welt war kein Platz für Brüderlichkeit, Freundschaft oder gar Gefühle.
 

Wer sich ausnutzen ließ, hatte selbst Schuld. Und weil er dies erkannt hatte, hatte er den Mut gehabt, seinen Retter in den Tod zu treiben. Er hatte rebelliert und seinen Willen durchgesetzt. Denn Kaiba wollte kein Opfer sein oder sich mit dieser Rolle zufriedengeben, nein, für ihn stand fest, dass er sich nicht länger mehr ausnutzen lassen würde. Kaiba hatte es genossen, als sich Gozaburou in den Tod stürzte und es berührte ihn nicht, dass der Mann, der ihn und seinen Bruder aus dem Waisenhaus geholt hatte, tot war und niemals wieder seinen Mund öffnen würde. Nein, sein Tod war seine wahre Rettung. Endlich war er frei und dennoch... fühlte er sich alles andere als frei.
 

Noch immer spürte er die eiskalten Hände des Mannes, den er über alles hasste auf seinen Schultern, die ihn runter drückten und versuchten, ihn in den Wahnsinn zu treiben. Worte, die ihn schlecht zuredeten und alles in Frage stellten, was er in seinem Leben erreicht hatte. Jedes Mal, wenn seine Alpträume ihn aus dem Schlaf rissen, setzte er sich neue Ziele und arbeitete noch härter, um nicht nur sich selbst, sondern auch der Welt zu beweisen, dass Kaiba Seto ein Name war, der niemals wieder vergessen werden würde und dass man sich nicht ungeschoren mit ihm anlegen konnte.
 

Und jetzt stand er hier. Er fühlte sich wie ein dummer Junge, der einen Streich gespielt hatte und deshalb vor die Tür gesetzt wurde. Dieser verdammte Coach! Der würde seine gerechte Strafe schon noch erhalten. Kaiba würde alles in die Wege leiten, um diesen Kerl zu feuern. Dass die Tür hinter ihm geöffnet wurde und die Teilnehmer aus dem Raum strömten, lenkte ihn von seinen Gedanken ab und er ermahnte sich selbst dazu, seine Fassung zu bewahren. Als Yuugi ihm entgegen kam, bemerkte Kaiba, dass dieser den Blick auf den Boden gerichtet hatte und niedergeschlagen wirkte.
 

»Irgendetwas beschäftigt ihn... aber das ist nicht mein Problem.«
 

Schweigend begaben sie sich auf den Rückweg. Yuugi frustrierte es, dass Kaiba kein einziges Wort verlor und so tat, als wäre nichts geschehen. Yuugi war enttäuscht. Nicht, weil Kaiba ihn nicht nach seinem Befinden fragte, sondern weil er das Ganze totschwieg und seinen eigenen Fehler unter den Teppich kehrte. Im Nachhinein fragte sich der angehende Spieleentwickler, warum er Kaiba verteidigt hatte, da der Coach ihn lediglich auf etwas hinwies, womit er Recht hatte. Kaiba schüchterte die anderen Teilnehmer ein.
 

All jene, die dieses Seminar besuchten, waren auf einem Weg, wo sie anderen Menschen Anweisungen geben und noch lernen mussten, wie man sich durchsetzte und worauf sie zu achten hatten. Kaiba war ein Firmenleiter und kein unbeschriebenes Blatt. Seine Erfolge waren weltweit bekannt und da war es nur natürlich, dass andere Menschen, die nicht so viel erreicht hatten, sich minderwertig neben diesem Mann fühlten. Doch Kaiba zeigte keine Anteilnahme. Nein, viel mehr zeigte er pure Ignoranz und hielt es nicht mal für nötig, dem Coach zuzuhören. Natürlich stellte man sich die Frage, warum er gekommen war.
 

Auch als sie in die Limousine stiegen, blieb es ruhig zwischen ihnen. Yuugi wollte reden. Er wollte Kaiba erzählen, was er über das Seminar dachte und was für Erfahrungen er daraus gewonnen hatte. Doch sein Gegenüber blockte ab. Gedankenversunken starrte Kaiba aus der Fensterscheibe. Er bewegte sich nicht einen einzigen Millimeter und für einen Moment glaubte Yuugi, dass Kaiba eine Statue sein musste. Yuugi tat es ihm gleich, sah aus dem Fenster, nicht weil er die Stadt sehen wollte, sondern um sich abzulenken. Seine Aufmerksamkeit wurde hin und wieder von einem Schild geweckt und er konzentrierte sich auf dieses, erwischte sich selbst dabei, wie er mit dem Blick hinterherging und seinen Kopf bewegte. Kaiba zeigte diese Art der Reaktion nicht.
 

Vielleicht hatte Kaiba doch Recht mit dem, was er gesagt hatte. Du weißt, dass ich schrecklich bin, hatte er ihm ins Gesicht gesagt ohne dabei eine Miene zu verziehen. Yuugi schüttelte den Gedanken ab. Nein, so wollte er nicht denken.
 

„Kaiba-kun.“, begann er mit fester Stimme und hoffte, dass dieser endlich reagierte.
 

„Was möchtest du?“, kam es eher mürrisch und nicht gerade offenherzig von dem Brünetten.
 

Yuugi konnte bereits jetzt sehen, dass dieser genervt war und keine Lust hatte, mit ihm zu reden. Vor allem nicht über das, was geschehen war.
 

„Der Coach gab uns eine Hausaufgabe.“, erklärte er dann, hoffend, dass Kaiba mehr Interesse zeigte.
 

„Schön für dich. Dann solltest du sie auch erledigen.“
 

„Ich schaffe das nicht allein. Ich brauche deine Hilfe.“
 

Kaiba stieß seinen Atem scharf aus, so dass Yuugi zusammenzuckte. Von einer Sekunde zur nächsten war die Atmosphäre so sehr angespannt, dass Yuugi es zutiefst bereute, überhaupt etwas gesagt zu haben. Doch er wollte nicht mehr zurückrudern, sondern dieses Gespräch weiterführen. Auch auf die Gefahr hin, hinterher noch niedergeschlagener zu sein. Selbst dann, wenn Kaiba ihn mit seinem fiesen Sarkasmus strafte und sich über ihn lustig machte.
 

„Yuugi, du musst lernen auf eigenen Füßen zu stehen. Versuch wenigstens diese Aufgabe selbst zu lösen, bevor du mich um Hilfe bittest.“
 

„Es handelt sich bei dieser Aufgabe um etwas, das ich allein unmöglich schaffen kann. Es würde mir wirklich helfen, wenn du mir deine Meinung dazu sagst.“
 

Kaiba hob eine Augenbraue, legte seinen Kopf schief und stimmte widerwillig ein.
 

„Ich soll meine positiven und negativen Eigenschaften auflisten und Dinge, die ich an mir mag beziehungsweise nicht mag. Doch mir fallen nur negative Dinge ein. Ich bin echt erbärmlich...“
 

Yuugi kratzte sich verlegen an der Wange und zwang sich zu einem breiten Grinsen.
 

„Yuugi, ich bin der falsche Ansprechpartner für so was. Frage doch deinen idiotischen Freund oder deine Familie. Die können dir sicher besser helfen als ich.“
 

„Daran habe ich auch gedacht... aber sie würden letztendlich doch nur Rücksicht auf mich nehmen. Und das hilft mir nicht weiter. Doch du kannst mich objektiv beurteilen, weil du mich nicht so gut kennst.“
 

„Yuugi.“ Kaibas Stimme war warnend.
 

„Wenn ich anfange dich zu kritisieren, sitzen wir bis nächste Woche hier und das wird dir auch nicht helfen.“
 

„Findest du denn, dass ich so schlimm bin?“
 

„Findest du nicht, dass ich der falsche Ansprechpartner bin? Wenn du über deine Gefühle reden musst, solltest du jemanden fragen, den du besser kennst und der Interesse an dieser Art von Konversation hat. Mit deiner Gefühlsduselei kommst du bei mir nicht weit.“
 

„Und genau deshalb bist du der Richtige. Du nimmst kein Blatt vorm Mund und bist schonungslos, selbst den Menschen gegenüber, die dich lieben.“
 

Kaiba sagte zwar nichts, Yuugi wusste instinktiv, dass er seinen wunden Punkt getroffen hatte.
 

„Mokuba sagte zu mir, dass du etwas zu ehrlich bist, wenn es darum geht, andere zu kritisieren.“
 

„Yuugi, hier geht es aber nicht um Mokuba. Sondern um dich und ich kann dir nicht helfen.“
 

„Warum denn nicht?!“ Yuugi wurde auf einmal laut, da er mit der Entwicklung des Gespräches unzufrieden war und es ihn außerordentlich störte, dass er bei Kaiba mal wieder auf taube Ohren stieß.
 

„Musst du immer alles hinterfragen? Kannst du nicht einmal akzeptieren, dass ich keinen Grund habe, dein Freund zu werden? Ich werde mich außerhalb der Arbeit weder mit dir als Person noch mit deinen Problemen auseinandersetzen. Ich habe ja wohl Besseres zu tun, als mich über deine inneren Konflikte und Komplexe zu kümmern. Wenn du einen Psychiater brauchst, bist du bei mir an der falschen Adresse, Yuugi.“
 

Yuugi starrte Kaiba an und ihm fiel wortwörtlich die Kinnlade in den Keller.
 

„Isono-san.“, sagte er dann. Dieser warf einen Blick in den Frontspiegel, um seinen Fahrgast genau sehen zu können. Seine schwarze Sonnenbrille glänzte auf. Isono versuchte krampfhaft, sich nicht in dieses Gespräch einzumischen, da er wusste, dass er nur ein Chauffeur war und keinerlei Recht hatte, sich in das Privatleben seines Chefs einzumischen. Er wollte nicht riskieren gefeuert zu werden.
 

„Halten Sie bitte den Wagen an. Ich laufe den Rest der Strecke zu Fuß.“
 

„Yuugi, komm schon. Das ist kindisch.“, äußerte sich Kaiba gewohnt spöttisch. Er rümpfte die Nase und er fühlte sich im Recht.
 

„Kaiba-kun. Auch wenn du mich nicht als Freund ansehen möchtest... Ich denke, dass du ein guter und wunderbarer Mensch bist, der seine Gefühle nicht zeigen kann. Mokuba und ich sind die einzigen, die noch hinter dir stehen. Vielleicht sollte nicht ich diese Liste erstellen, sondern du eine Liste über dich selbst. Vielleicht wird dir dann das Ausmaß deiner Fehler endlich mal bewusst. Du bist nicht Mister Perfect – auch wenn du es so gerne wärst.“
 

Isono hielt den Wagen endlich an. Der brummende Motor war das einzige Geräusch, das die plötzliche Stille unterbrach. Kaiba war angespannt und er fand, dass Yuugi sich kindisch verhielt. Dieser öffnete nur den Anschnallgurt und erhob sich langsam, legte seine Hand auf den Türgriff und warf noch einen letzten Blick über seine Schulter, ehe er erneut ansetzte.
 

„Du läufst vor deinen Problemen weg und denkst, dass du dieses Schauspiel aufrecht erhalten kannst, wenn du jeden von dir stößt. Mich täuscht du nicht. Und auch Mokuba nicht. Du brauchst dich nicht wundern, wenn du demnächst allein in deiner großen Luxusvilla bist. Irgendwann wirst du merken, dass ein seelenloser Titel kein wahres Glück bedeutet. Freundschaften und Familie kann man nicht kaufen.“
 

„Yuugi...!“ Kaiba wollte etwas sagen, aber er fand die richtigen Worte nicht. Yuugis Kritik traf ihn tiefer als er angenommen hatte.
 

„Warte einen Moment. Bis nach Domino sind es noch fast zehn Kilometer. Steig wieder ein.“, versuchte er Yuugi zum Bleiben zu bewegen.
 

Yuugi zeigte aber Rückgrat und öffnete die Tür der Limousine und stieg aus. Von diesem Entschluss konnte Kaiba ihn nicht mehr abbringen. Außerdem brauchte er jetzt dringend frische Luft und Abstand zu Kaiba, damit er sich nicht noch weiter in seine Wut auf diesen hineinsteigerte.
 

„Wir sehen uns demnächst. Überanstrenge dich nicht, Kaiba-kun.“
 

Yuugi setzte das liebenswerteste und schönste Lächeln auf, zu dem er fähig war. Diese Geste versetzte Kaiba einen Stich in der Brust. Obwohl Kaiba ihn heute mehr als einmal runter gemacht hatte und auf seinen Komplexen herumgeritten war und ihm fiese Vorwürfe an den Kopf warf, hatte Yuugi immer noch ein Lächeln für ihn übrig. Das Schließen der Tür hallte noch lange in seinen Ohren nach.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Jitsch
2018-08-04T20:53:44+00:00 04.08.2018 22:53
Wow, jetzt hat er es ihm aber gegeben. Da bin ich mal gespannt ob Kaiba es wirklich mal in Betracht ziehen wird, an sich zu arbeiten.
Von:  Glamorous91
2018-03-11T18:18:37+00:00 11.03.2018 19:18
Puh also wenn Kaiba so weiter macht, dann ist er Yuugi auch noch los.

Und das Mokuba abgehauen ist verstehe ich dank dem Kapitel viel besser. Immer was er für seinen Bruder und seinen teilweisen Kranken ideen da, und selber wurde er von diesem nur in den arsch getreten.


Zurück