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Mr. Svensson

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen liebe/r Leser/in :)
Ich hoffe ihr habt Spaß an dieser FF, die mir sehr am Herzen liegt. Ihr lest, so fern nicht anders angegeben, aus Arnors Perspektive ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen ihr Lieben :)
Schon 10 Favos <3 Ihr seid die Besten! Hoffe euch gefällt die FF bisher. Hier erwartet euch das "erste Zwischenspiel", das ein wenig Licht in die Vergangenheit bringen soll. Es wird mehrere dieser Zwischenspiele geben, sie werden nicht chronologisch aufgebaut sein, sondern immer mal wieder Einblick in das geben, was VOR dem Verfahren so alles passiert ist ;)
Danke an Amiliamilli und ReinaDoreen für die lieben Kommis :)
Dann also jetzt: Viel Spaß beim Lesen!
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Vorwort zu diesem Kapitel:
Heya ihr Lieben :)
Jetzt hatte ich ja versprochen, dass das nächste Kapi ganz schnell kommt und es hat doch etwas länger gedauert. Das liegt aber auch an der Länge, ich hoffe ihr verzeiht. Da ich ewig lange Kapis nicht mag, dieses Zwischenspiel aber in einem Rutsch abgehandelt werden muss, habe ich es in 4 Teile unterteilt. Viel Spaß beim Lesen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen in 2019 liebe Leser :)
Nach dem Stress des Jahreswechsels, Abschlusses usw usw habe ich jetzt wieder Zeit, mich Arn & Co zu widmen. Allerdings hier mit einem ernsteren Kapitel - All die Geschehenisse gehen nicht ohne Spuren an meinen Protagonisten vorbei. Euch alle einen guten (verspäteten) Start ins Neue Jahr!
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Vorwort zu diesem Kapitel:
Gerade geht es Schlag auf Schlag - die Geschichte neigt sich allerdings auch immer zügiger ihrem vorläufigen Ende.
Ich freue mich über die vielen neuen Abos und hoffe, ihr habt alle Spaß beim Lesen :) Danke an die lieben Schreifalter für die Aufnahme in die Empfehlungsliste, danke an abgemeldet für jeden einzelnen Kommentar <3.
Ich kann euch (und mir selbst) den Herzschmerz leider nicht ersparen, denn er ist wichtig für den Fortgang der Geschichte.
Für alle anderen Leser, die seit Kapitel 1 dabei sind: Ich habe die Geschichte, vor allem die Anfangskapitel, ein Stück weit überarbeitet. Noch mal reinschauen lohnt sich vielleicht für den ein oder anderen :)
Damit verabschiede ich mich vorerst bis zum nächsten Kapi ;)
Alles Liebe, eure Covy
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Erster Teil

[RIGHT]Kann ich doch lächeln, und im Lächeln morden?[/RIGHT][RIGHT]Und rufen: schön! zu dem, was tief mich kränkt.[/RIGHT][RIGHT]Die Wangen netzen mit erzwungnen Tränen[/RIGHT][RIGHT]Und mein Gesicht zu jedem Anlass passen.[/RIGHT]

[RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

 

„Meine Damen und Herren, hiermit erkläre ich den fünften Verhandlungstag in der Sache Mr. Arnor Svensson und Mr. Alexander Dreyfuß gegen den Staat Kanada wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge für eröffnet.“
 

Der fünfte verdammte Tag.
 

„Die Anklage ruft erneut Mr. Arnor Svensson in den Zeugenstand. Es sind noch einige Fragen offen geblieben.“
 

Natürlich. Wie die letzten drei Verhandlungstage auch.
 

Ich erhebe mich mechanisch von dem bequemen Stuhl, auf dem ich bis eben noch gesessen habe. Mit stoisch ruhiger Miene setze ich mich auf den mir zugedachten Platz neben dem Richter und falte die Hände in meinem Schoß. Vor mir taucht kurze Zeit später der Staatsanwalt auf, der schon die letzten Tage versucht hat, neue Informationen aus mir heraus zu quetschen. „Nun Mr. Svensson. Mir ist noch immer nicht ganz klar, wie ihre Spuren auf das Boot gekommen sind, von dem Mr. Rawlinson, gefangen in seinem verknoteten Anzug, in den Lake Ontario gestoßen wurde.“
 

Ganz einfach: Weil ich da war. Weil ich diesem besoffenen Idioten die Ärmel hinter dem Rücken verknotet habe, während Alexander ihn festgehalten hat. Dann habe ich ihn festgehalten und Alexander hat die Sache mit den Schnürsenkeln erledigt. Danach ist er versunken wie ein Stein und als er 10 Minuten später wieder nach oben trieb, war er tot.

„Herr Staatsanwalt, ich habe es ihnen doch bereits erklärt. Wir waren in einem gehobenen Club in der Innenstadt - bis zur Sperrstunde. Ein Kollege wusste von einer Strandparty und wir fuhren hin, mit einem Taxi. Alle zusammen, wie unser lieber Taxifahrer ebenfalls schon mehrfach zu Protokoll gegeben hat. Am Strand sind wir alle gemeinsam auf der Party eingefallen, die noch in vollem Gange war und wir alle hatten die hervorragende Idee, mit unseren Anzügen ins Wasser zu springen. Es gab viele der kleinen Motorboote, die im seichten Wasser vor Anker lagen und wir alle sind auf mindestens drei Booten gewesen. Ich war dort, ich war auf dem Boot - aber ich habe Rawlinson nicht angerührt. Ich habe mich bis zur Besinnungslosigkeit besoffen, mich in den Sand gelegt und bin eingeschlafen. Mehr weiß ich nicht mehr."
 

„Sie wählen die gleichen Worte, wie schon bei ihrer letzten Aussage Mr. Svensson. Können sie ihre Lügen bereits auswendig?“ Ja du Bastard.

„Sie waren also auf dieser Party und sind mit ihrem teuren Designeranzug im Wasser herumgeschwommen?“
 

„Ja, genau das sagte ich.“
 

„Wie viel hat der Anzug sie gekostet?“
 

„Ich habe keine Ahnung, die Quittung habe ich nicht mehr. Den Anzug auch nicht, der war nach dem unfreiwilligen Bad vollkommen ruiniert. Aber ich wüsste nicht, was er zur Sache beitragen sollte.“
 

„Deswegen haben sie ihn also entsorgt?“
 

„Ich habe den Anzug entsorgt, weil er nass und“, ich halte kurz inne, sammle mich und verziehe etwas das Gesicht „… mit Erbrochenem gesprenkelt war. In meinem Zustand wollte ich nur raus aus diesem Ding und habe ihn im nächsten Mülleimer entsorgt. Hätte ich ihn noch mal mit nach Hause nehmen und waschen sollen?“
 

Ich hätte ihn zumindest in meinem Kamin verbrennen können, dann hätte ich dieses verdammte Problem jetzt nicht.
 

„Eine Reinigung hätte diesen Anzug sicher wieder herstellen können.“
 

„Das kann sein, aber ich war verkatert, mir war übel und ich habe es so entschieden. Ich habe mehr Anzüge im Schrank hängen als Sie zählen können, wieso also den einen behalten wenn er ohnehin erst wieder hätte aufgearbeitet werden müssen? Ich wiederhole es gerne noch einmal: er war voller Sand und ich habe ihn vollgekotzt. Der Mülleimer war quasi ein Wink des Schicksals.“
 

Mir gefällt nicht, wie er grinst. Ich habe ihn gerade beleidigt. Nicht das erste Mal in diesem Prozess. Heute scheint ihn das ganz und gar nicht mehr zu ärgern. Zu schade..„Ein Wink des Schicksals sagen sie, pure Absicht und die Hoffnung Beweismittel zu vernichten sage ich.“
 

„Hören Sie Herr Staatsanwalt ...“ Ich mahne mich zur Ruhe und versuche die gleichgültige Miene beizubehalten, obwohl ich dem eingebildeten Paragraphenreiter in diesem Moment gern meine Faust ins Gesicht gezimmert hätte. „Wenn ich hätte verheimlichen wollen, dass ich diesen Anzug getragen habe, dann hätte ich Ihnen ein Lügenmärchen nach dem anderen erzählt. Aber als man mich verhört hat und mich fragte, ob ich wirklich in Shorts und Unterhemd bei einem Geschäftsessen gewesen sei, da habe ich Ihnen postwendend und ohne jeden Druck gesagt, wo sich meine Kleidung befindet.“
 

Weil ich wusste, dass sie früher oder später auf den Container am Strand kommen. Nicht meine glorreichste Idee. Außerdem hat es mir mein Anwalt geraten.
 

„Welchen Sinn würde es bitte machen, wenn ich Spuren verwischen will? Also noch mal für sie zum Mitschreiben:

Ich war mit Rawlinson zuerst Essen, dann im Club, dann am Strand. Wir haben alle gebechert ohne Ende. Zum Strand sind Rawlinson, Mr. Dreyfuß hier, ich und ein mir bis zu diesem Abend unbekannter Kollege Rawlinsons im gleichen Taxi gefahren. Am Strand haben wir die hirnrissige Idee gehabt, mit unseren teuren Anzügen ins Wasser zu springen. Nach dem wir aus dem Wasser wieder draußen waren und etwas getrunken hatten - da war Rawlinson noch mit an der Bar – haben wir uns in den Sand gelegt. Dort bin ich eingeschlafen und dort bin ich aufgewacht. Mehr ist nicht passiert.“
 

Ich bleibe tatsächlich ruhig, auch wenn meine Worte an Schärfe dazu gewonnen haben. Angst, irgendwie von dieser Aussage abzuweichen, habe ich keine. In unzähligen Vorgesprächen und den letzten drei Verhandlungstagen habe ich sie so oft wiederholen müssen, dass sie sich wie ein Mantra in mein Hirn gebrannt hat. Das scheint inzwischen auch der Staatsanwalt zu begreifen, doch er weigert sich aufzugeben. Eigentlich eine Eigenschaft, die ich an Männern wirklich schätze.
 

Er könnte mir sogar gefallen. Er ist wohl knapp über 30, hat ein attraktives Gesicht und unnatürlich blaue Augen, trotz seiner schwarzen Haare. Aber er ist leider auch der Feind und außerdem, wie der Ring an seinem schlanken Finger zeigt, verheiratet.

Auch wenn sein inzwischen vierter Versuch, mich im Zeugenstand auflaufen zu lassen, von Risikobereitschaft zeugt: Dafür, mit einem potentiellen Mörder in die Kiste zu springen, fehlt ihm der Schneid.

Ganz sicher ist er auch nicht schwul. Für einige Augenblicke starrt er mich direkt und durchdringend an, als wolle er die Wahrheit aus meinem Hirn saugen. Ich erwidere seinen Blick so unbeteiligt, wie es in der Situation möglich ist, zucke nicht einmal zusammen, als der Mann die Faust vor mir auf den Tisch donnert. „Ich weiß, dass sie ihn getötet haben Svensson, ich weiß es und ich werde-“
 

„Einspruch euer Ehren! Wir haben in den letzten vier Tagen für dieses Wissen nicht einen einzigen Beweis gesehen, außerdem bedroht er meinen Mandanten“, höre ich bereits die Stimme meines Anwalts von der Seite und kurz darauf die Stimme des Richters, der seinen „Bluthund“ wieder zurückpfeift. Ich sehe ihm reglos nach, als er sich umdreht, um zu seinem Tisch zurück zu kehren, auch wenn ich Mühe habe, das dünne Lächeln zu unterdrücken.
 

Nun Herr Staatsanwalt. Mit diesem Wissen sind wir schon zu dritt.

Zweiter Teil

[RIGHT]Ich will mehr Schiffer als die Nix' ersäufen,[/RIGHT][RIGHT]Mehr Gaffer töten als der Basilisk;[/RIGHT][RIGHT]Ich will den Redner gut wie Nestor spielen,[/RIGHT][RIGHT]Verschmitzter täuschen, als Ulyß gekonnt,[/RIGHT][RIGHT]Und, Sinon gleich, ein zweites Troja nehmen[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

Der kleine Ausbruch meines lieben Herrn Staatsanwalts hat kurz für Unruhe im Saal gesorgt, doch die legt sich recht zügig wieder. Nathan Starrick, der Bastard im anthrazitfarbenen Anzug, greift nach einem dünnen Ordner, den er ganz oben auf seinen Akten platziert hat. Ich kann aus dem Augenwinkel bereits sehen, wie sich Owen Mellard, unser Anwalt, bereit macht einzugreifen. Was auch immer Starrick in den Händen hält, es ist Beweismaterial, das bisher noch nicht in den Prozess eingebracht wurde.
 

Der Drang, einen Blick zu Owen und Alexander zu werfen, die Starrick ebenfalls beobachten, ist beinahe übermächtig. Doch neben mir sind die Augen der Jury genauso auf mich gerichtet und ich werde den Teufel tun, ihnen eine Regung zu präsentieren, die einem Schuldeingeständnis gleich kommt. Noch immer grinst Starrick breit und glücklich, als würde man ihm genau hier, inmitten des Gerichtssaales einen Blowjob verpassen. Wie er wohl klingt wenn er stöhnt? Allerdings bezweifle ich, dass dieser narzisstische, cholerische und sicher überaus verklemmte Idiot überhaupt zu irgendeiner Gefühlsregung in der Lage ist – von diesem triumphalen Grinsen einmal abgesehen.
 

Ich erwidere sein Grinsen mit einem schmalen Lächeln. Nicht weil ich so freundlich bin, sondern weil Starrick vor meinem geistigen Auge gerade breitbeinig auf seinem Tisch lehnt und ich ihm ordentlich – „..gewesen, ist das korrekt?“
 

Ich blinzle. Der Tagtraum verschwindet, stattdessen starren mich eisblaue Augen nieder und halten mir meinen Entlassungsbescheid vor die Nase. Kein neues Beweismittel. Meine militärische Laufbahn ist dem Gericht bekannt. Ich räuspere mich, vor allem um kurz in meinem Gedächtnis zu kramen, was genau mich Mr. Staatsanwalt gefragt hat. Schlussendlich muss ich mir die Mühe gar nicht machen, er antwortet bereits für mich.
 

„Fünf Jahre lang haben Sie unserem Land als Soldat gedient.“ Ich nicke zur Bestätigung. Wieso wartet er jetzt damit auf? Starrick dreht sich wieder zur Jury, die meine kurze Entgleisung offenbar auch bemerkt hat. Gar nicht gut.

„Sie waren Pilot der Royal Canadian Air Force, ist das korrekt?“
 

Die Antwort kostet mich länger, als sie sollte. Starricks Seitenblick ist deutlich. Er weiß, dass ich kein Pilot bei der RCAF gewesen bin, aber er weiß genau wieso er das Wort „Pilot“ ins Spiel gebracht hat. Ich schüttele den Kopf, räuspere mich erneut leise. „Nein, ich bin kein Pilot gewesen. Ich habe beim Militär studiert, Antriebs- und Raketentechnik.“ Starrick schafft es beinahe, seine Betroffenheit ob dieses Fehlers glaubhaft rüber zu bringen. „Mein Fehler Mr. Svensson, natürlich. Aber sie waren doch bei der RCAF, richtig? Weil sie sich während ihres Studiums auf Flugzeuge spezialisiert haben?“
 

„Ja, das ist korrekt.“

Worauf willst du hinaus? Soll ich dir eine Rakete bauen und dich zum Mond schießen? Gern!
 

„Aber als sie nach der Grundausbildung einer Einheit zugewiesen wurden, da waren sie nicht bei der RCAF, korrekt? Nach ihrer Grundausbildung wurden sie einer anderen Einheit zugewiesen.“ Er tippt auf die Stelle in dem Dokument, das an meinen Entlassungsbescheid geheftet ist. Eine Auflistung aller Kasernen und Einrichtungen, in denen ich während meiner militärischen Laufbahn Dienst geleistet habe.
 

Oh shit.
 

Owen steht auf, doch seine Worte versinken im Rauschen, das plötzlich durch meine Ohren dröhnt. Daran habe ich nicht mehr gedacht. Ich habe es auch vollkommen verdrängt, weil es in meiner militärischen Karriere überhaupt keine Rolle gespielt hat. Ich habe es nie erwähnt. Es steht natürlich in den Akten, doch wir, Owen und ich, haben darüber nie gesprochen. Der Richter lehnt den Einspruch ab, wäre ja auch zu schön gewesen.
 

„Antworten sie auf die Frage Mr. Svensson.“
 

„Ja, das ist korrekt.“
 

„Dann sagen sie doch dem Gericht und der Jury, bei welcher Einheit sie zuerst gedient haben.“ Owen macht schon wieder Anstalten einzuschreiten, doch das wird mir nicht helfen. Die Jury versteht seinen Einspruch am Ende nur falsch und das können weder Alexander noch ich gebrauchen, also raus damit.
 

„Bei der Navy.“
 

Gott mit meinem Schwanz zwischen deinen Lippen würdest du nicht so dreckig grinsen!
 

Aber leider hilft der Gedanke nicht weiter. Starrick nickt langsam und verzieht das Gesicht zu einem beinahe unschuldig neugierigen Ausdruck.
 

„Bei der Navy also. Dann dürfen wir annehmen, dass sie nach …“ er sucht die entsprechende Stelle auf dem Papier in seiner Hand, „… nach einem halben Jahr auf See mit Booten recht gut vertraut sind, ja? Und mit der Zeit, die ein Mensch im Wasser überleben kann vermutlich auch?“ Owen hat sich schon halb aufgerichtet, um seinen Einspruch vorzubringen, als Starrick bereits abwinkt und zu seinem Tisch zurückkehrt. „Das nehme ich zurück. Keine weiteren Fragen euer Ehren.“
 

Mir brennt eine gepfefferte Antwort auf den Lippen, doch ich bleibe stumm. Owen hat mir eingebläut, dem Gericht keine Informationen zu geben, nach denen der Staatsanwalt nicht explizit gefragt hat. Es ist auch besser, mich an dieser Stelle nicht weiter zu rechtfertigen, sondern den Mund zu halten, denn Rechtfertigungen machen die Sache meistens schlimmer. Trotzdem bin ich wütend, weil ich an dieses Detail nicht gedacht habe.
 

Zu Orientierungszwecken konnten wir nach dem ersten Semester unterschiedliche Einheiten besuchen. Da ich den Stützpunkt Borden bereits kannte und mit Flugzeugen und deren Technik vertraut war, habe ich mich für die Navy entschieden. Neben Flugzeugen interessiere ich mich für Boote, habe in Schweden einen Bootsführerschein gemacht und während meiner Ferien oft genug bei Hochseefangflotten ausgeholfen. Aus diesem Grund und nur aus diesem Grund habe ich mich ein halbes Jahr einem Navystützpunkt zuweisen lassen.
 

Am Ende hatte die Fliegerstaffel in Borden aber die… sagen wir: überzeugenderen Argumente.
 

So oder so: Ich war bei der Navy. Ich habe mehrere Einsätze an Bord eines Schiffes begleitet. Ich habe den Bootsführerschein und natürlich habe ich auch einen Lehrgang zum Thema Seenotrettung absolviert. Aber das zu erklären, ohne mich tiefer in die Scheiße zu reiten, erscheint mir gerade unmöglich und ich bin davon überzeugt, dass Nathan Starrick nur darauf wartet, mir jedes Wort im Mund umzudrehen.
 

„Haben sie noch Fragen an ihren Mandanten?“ Der Richter wendet sich an Owen und endlich rutscht mein Blick wieder zu unserem Verteidiger und Alexander, der neben ihm sitzt. Der Deutsche sieht wirklich nicht gut aus. Ich will mir nicht ausmalen, welche Erinnerungen die Worte des Staatsanwalts eben bei ihm ausgelöst haben.
 

Das scheint auch Owen bemerkt zu haben, denn er verneint die Frage, erhebt sich aber trotzdem.

„Die Verteidigung bittet um eine Unterbrechung von zwei Tagen.“ Starrick kann sein Auflachen nicht unterdrücken. „Die helfen Ihnen auch nicht weiter..“ ätzt er in Richtung seines Kollegen. Der Richter sieht auch wenig begeistert aus, doch Owen ist zu professionell, als dass er sich davon hätte einschüchtern lassen. „Die Staatsanwaltschaft hat entschieden, meinem Mandanten seinen militärischen Werdegang zur Last zu legen. Es ist unser gutes Recht, auf diese Anschuldigungen angemessen zu reagieren, doch um Mr. Svenssons ehemalige Vorgesetzte zu laden, braucht es mehr als eine Unterbrechung von 5 Minuten.“

Starrick verdreht die Augen. „Und was sollen uns die Vorgesetzten von Mr. Svennsson ihrer Meinung nach sagen?“ Owen zuckt nicht mit der Wimper. Er hat keine Ahnung, was ich sechs Monate lang bei der Navy gemacht habe, doch anscheinend ist ihm das vorerst auch egal. Er will Zeit schinden, das wissen hier alle. Aber es ist eben auch sein gutes Recht genau das zu tun. „Das ist nicht an Ihnen zu entscheiden, sondern am Vorsitzenden und der Jury.“

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Dritter Teil

[RIGHT]Ich leihe Farben dem Chamäleon,[/RIGHT][RIGHT]Verwandle mehr als Proteus mich und nehme,[/RIGHT][RIGHT]Den mörd'rischen Machiavell in Lehr'.[/RIGHT][RIGHT]Und kann ich das, und keine Kron' erschwingen?[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY] [/JUSTIFY]

Kaum dass sich die Türe hinter uns schließt, stoße ich die Luft in einem lauten Seufzen aus meinen Lungen. Der Richter hat Owens Antrag stattgegeben, die Verhandlung wurde für zwei Tage - genauer gesagt: 48 Stunden - unterbrochen. Für mich und Alexander bedeutet das zunächst: zurück ins Gefängnis. Wir sitzen nicht zusammen ein, das hat die Justiz gleich verhindert. Wir sollen keine Möglichkeit haben, uns ohne Überwachung untereinander abzusprechen; sehen uns also nur dann, wenn wir vor Gericht stehen. Lediglich durch Owen haben wir Kontakt und weil wir  hier gerade gemeinsam an einem Ort sind, will Owen die Chance nutzen, das weitere Vorgehen mit uns zu besprechen. Wir bekommen eine halbe Stunde in einem kleinen Besprechungsraum. Die beiden Polizisten, die dafür verantwortlich sind, Alexander und mich zurück in die jeweilige Vollzugsanstalt zu bringen, warten vor der Tür. Um das einengende Gefühl in meiner Brust zu lösen, lockere ich meine Krawatte und öffne die obersten Knöpfe meines Hemdes, auch wenn das nicht viel hilft. Alexander sinkt auf einen der Stühle, streicht sich abwesend durchs Haar. Verdammt sieht er schlecht aus…
 

„Das mit der Navy ist scheiße..“ brummt Owen, während er nachdenklich auf dem Handy herum tippt.
 

„Ich war nicht mal ein ganzes halbes Jahr da. Kein Kriegs- oder Hilfseinsatz, nur Übungen. Den Bootsführerschein hab ich in Schweden gemacht, da war ich 16. Wenn dieses blauäugige Arschloch mir da einen Strick draus drehen will, dann..“ „Er hat es der Jury zumindest passabel verkauft. Wird ein Stück Arbeit, das wieder gerade zu biegen. Aber was sollte dieser Piloten-Mist? Er weiß doch ganz genau, dass du nie geflogen bist.“
 

Ich komme nicht dazu, auf Owens Frage zu antworten, denn am Tisch verkrampft sich Alexander und wird wieder kreidebleich. Zum Glück hat er so eben nicht im Saal ausgesehen. Vorsichtig lege ich ihm eine Hand auf die Schulter und er zuckt zusammen.
 

„Scheiße Arn, ich kann das nicht.“ Seine Augen sehen mich so verzweifelt an, dass es mir auch den Magen umdreht. Owen steckt das Handy weg und mustert den Deutschen, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist. „Wenn der mich auch noch mal befragen will… scheiße, ich… Ich hab eben schon kaum noch Luft gekriegt.“ Kaum zu glauben, wenn man ihn sich so ansieht. Alexander ist beinahe noch ein Stück größer als ich, knackt sicher die 1.90m und ist, oder eher war vor diesem Gefängnisintermezzo ziemlich gut in Form. Kein Kerl, den man leicht in die Knie zwingt, doch in den letzten Monaten ist definitiv zu viel passiert. „Manchmal denke ich, dass es die gerechte Strafe ist, Arn. So ist es doch. Das ist die Strafe dafür, dass wir sie…“ meine Hand gräbt sich fester in Alexanders Schulter und er verstummt. Hier ist definitiv nicht der richtige Ort für dieses Gespräch.
 

„Dicks Angebot steht noch“, reißt uns Owen aus unserem kurzen, stummen Zwiegespräch. Ich spüre unter meinen Fingern, wie Alexanders Schultern beben und fahre mir durchs Haar. Ich muss es dringend wieder schneiden lassen, aber ich bin mir nicht so sicher, ob ich das im Knast machen will. Andererseits sieht es so aus, als würde die Freiheit noch eine Weile auf sich warten lassen. „Ich weiß, ihr habt eure Gründe es nicht hören zu wollen, aber in Anbetracht der Verhandlung heute solltet ihr vielleicht wirklich noch einmal darüber nachdenken.“ Mühsam schüttele ich den Kopf, während Alexander das Gesicht in den Händen vergräbt.
 

Dick, besser gesagt Richard Kovacs, ist unser Boss. Seit wir die Armee verlassen haben, arbeiten wir für ihn. Für ihn und sein florierendes Rüstungsunternehmen. Es war ein naheliegender Schritt. Richard unterhält gute Kontakte zur Armee und für Alexander und mich war es einfach ein richtig gutes Angebot. Bereits unsere ersten Entwürfe haben sich für Dick ausgezahlt. Für ihn waren wir ein Glücksfall, denn es ist nicht gerade einfach, Ingenieure zu bekommen, die bei der Armee studiert haben und damit auch praktisches Wissen an Maschinen und Waffen mitbringen. Die meisten behält das Militär nämlich selbst und lässt sie ungern gehen. Zugegebenermaßen sind weder Alexander noch ich ganz freiwillig aus dem Militärdienst ausgeschieden. Meine Gedanken schweifen schon wieder ab, ich sollte mich wirklich zusammen reißen.
 

Owen lässt meinen stummen Wiederspruch nicht zu. „Ich glaube, es wird mal Zeit euch klar zu machen, was da auf euch zurauscht. Starrick hat ziemlich viel zu verlieren, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Er will euch um jeden Preis verurteilt sehen, weil er sich langsam einen Namen machen muss. Der Junge arbeitet schon eine Weile für die Staatsanwaltschaft, aber er hat sich noch nie wirklich gut positionieren und profilieren können. Die letzten Fälle hat er alle verloren, das hier darf ihm einfach nicht durch die Finger rutschen. Er ist versessen darauf, euch nicht wegen unterlassener Hilfeleistung oder Totschlags, sondern wegen Mordes dran zu kriegen, daran hat er seit dem ersten Verhandlungstag keinen Zweifel gelassen. Wenn er auch nur den kleinsten Hinweis in Händen hält, der eure Schuld beweist, dann seid ihr weg vom Fenster. Und damit meine ich GANZ weg vom Fenster. Ihr sitzt eure Strafe ab und werdet abgeschoben.“ Unter meinen Fingern lässt Alexander jetzt Schultern und Kopf ganz hängen. Ich habe das Gefühl, dass ihm jedes weitere Wort unseres Anwalts noch mehr Kraft raubt. „Aber Owen, Dicks Angebot ändert doch daran nichts. Wenn wir es annehmen und Starrick dann noch irgendetwas findet, das uns mit Rawlinsons tragischem Dahinscheiden verbindet, klopft er wieder an unsere Tür.“
 

„Vielleicht sollten wir es doch in Betracht ziehen.“ Alexanders Stimme klingt schrecklich dünn. Allein der Gedanke daran wieder in dem Büro zu arbeiten, in dem wir an diesem beschissenen verkaterten Morgen die „Strafe“ für unsere nächtliche Strandparty präsentiert bekommen haben, dreht sich mir den Magen um. Für Alexander muss das alles noch viel schlimmer sein und trotzdem sagt er jetzt fast „ja“ zu diesem Angebot? Er schaut zu mir auf und ich weiß, was mir dieser Blick sagen will. Lieber hier bleiben und sich Dicks Willen ergeben, als einzusitzen und dann in ein Land verbannt zu werden, mit dem man nichts mehr verbindet.
 

Hier in Kanada, in Toronto, ist unser zu Hause. Der Gedanke nach Schweden zurück zu müssen ist befremdlich, auch wenn meine Eltern dorthin zurückgekehrt sind und ich inzwischen allein in meinem Elternhaus lebe. Nein, der Gedanke abgeschoben zu werden behagt mir auch nicht. Da sind noch zu viele Dinge, die einer Klärung bedürfen, zu viel, das ich verarbeiten muss. Ich bin hier noch nicht fertig und Alexander genauso wenig. Aber dafür die eigene Seele verkaufen?
 

Du nimmst, was du kriegen kannst. Und manchmal muss das einfach reichen.
 

Danke Logan. Nicht jetzt.
 

Ich verbanne die Stimme in meinem Kopf und mustere Alexander erneut, der da sitzt und mich anschaut wie ein geprügelter Hund. Den Schmerz den er empfindet wird Dicks Angebot ihm nicht nehmen können. Wenn es denn wirklich noch steht. Ich straffe mich, schlucke meinerseits die schmerzhaften Erinnerungen hinunter und fange Owens Blick wieder auf. „Dann rede mit ihm. Er soll sagen, was er will. Aber nur unter einer Bedingung: Ich will schriftlich, dass ich nach Vertragsende einfach gehen kann. Zu wem und wohin ich will. Keine Hintertüren, keine versteckten Klauseln – und erst recht kein Starrick, der nur darauf wartet uns wieder vor Gericht zu zerren.“
 

Alexander scheint noch etwas hinzuzufügen wollen, doch er bringt die Worte nicht hinaus, weil es jetzt wieder an der Tür klopft. Das Zeichen, dass wir zum Ende kommen sollen. Owen brummt etwas, nickt dann aber und greift jetzt Alexanders Hand, die der Deutsche auf den Tisch gelegt hat. „Jungs, ich würde euch nicht dazu zwingen. Wir kennen uns jetzt schon eine Weile und ich sage euch: Dieser Deal ist eure beste Chance. Die Sache ist zu groß und zu verstrickt, um den Kopf heil aus der Schlinge zu ziehen. Ich spreche mit Dick und ihr beiden haltet die nächsten zwei Tage die Ohren steif.“
 

Owens Blick hängt vor allem an Alexander. Ich glaube er denkt wirklich, dass Alexanders Zustand allein an den Mordvorwürfen und dem Aufenthalt im Knast liegt, doch dem ist nicht so. In der Nacht, in der Rawlinson auf tragische Weise im Lake Ontario ertrunken ist, starben Logan und Calvin Cartwright auf einem Auslandseinsatz der RCAF durch Luft-Boden Raketen, die unsere Firma entworfen, produziert und verkauft hat.
 

Logan, mit dem ich während meiner Zeit bei der Armee eine Art On/Off-Beziehung unterhalten habe, die für ihn wohl nie mehr als eine Affaire gewesen ist und Calvin, Alexanders Partner.
 

Wieder durchbohrt mich Alexanders Blick, ein stummer Schrei nach Hilfe. Ich habe keine Ahnung, wieso er den Deal wirklich machen will. Wenn wir dem zustimmen, werden wir die nächsten 10 Jahre damit verbringen, wieder Waffen und Flugzeuge zu entwickeln. Aber dann sind wir wenigstens „draußen“ und ich glaube das Eingesperrtsein ist es, was Alexander so fertig macht. Zu viel Zeit sich den Kopf über seinen Anteil an Calvins Tod zu zerbrechen.
 

Du nimmst, was du kriegen kannst. Und manchmal muss das einfach reichen.
 

Nicht jetzt Logan.

Vierter Teil

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Fünfter Teil

[RIGHT]Fünf gegen zwanzig! Große Übermacht;[/RIGHT][RIGHT]Doch zweifl' ich, Oheim, nicht an unserm Sieg.[/RIGHT][RIGHT]Ich hab' in Frankreich manche Schlacht gewonnen,[/RIGHT][RIGHT]Wo zehn die Feinde waren gegen eins:[/RIGHT][RIGHT]Weswegen sollt' es minder jetzt gelingen?[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

 

 

Ich habe kurz Zeit, mich zu sammeln. Ich stehe mit auf dem Rücken gefesselten Händen neben der Zellentür, während der Wachmann fahrig die Tür wieder schließt. Starrick hat sich noch immer nicht wieder unter Kontrolle und überhaupt scheint diese Situation die beiden Männer gerade etwas zu überfordern. Alexejs Lachen, das noch immer von drinnen zu uns heraus dröhnt, scheint da auch nicht besonders zu helfen. Ich bemerke den Blick, den der Wachmann Starrick jetzt zuwirft, ehe er mich an der Schulter packt und vorwärts schubst.Mein Overall ist noch immer ziemlich weit geöffnet und die leichte „neue“ Beule in meiner Shorts gut zu sehen. Ist schwer bei dem Russen kalt zu bleiben, auch wenn ich schon Druck ablassen konnte. Starricks Blick ist kurz daran hängen geblieben, als wir uns in Bewegung gesetzt haben. Wenn möglich ist er dabei noch röter angelaufen, als das ohnehin schon der Fall ist. Ich habe das Gefühl, dass da irgendetwas in der Luft ist, auch wenn ich es noch nicht richtig fassen kann. Die Atmosphäre ist so... angespannt. Langsam stelle ich mir ohnehin die Frage, was der Staatsanwalt schon wieder hier will. Ohne Owen plaudere ich nicht mit ihm, zumindest nicht über den Fall. Er hat das schon mal versucht und ist kläglich gescheitert, wieso also jetzt? Und wieso um diese unchristliche Uhrzeit?
 

Wir passieren eine weitere Gittertür, die den Zellentrakt von den Besprechungsräumen trennt. Normalerweise steht hier ein Wachmann, doch die Tür ist zwar verschlossen, aber unbewacht. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, werfe einen Blick auf den Vollzugsbeamten. Der öffnet jetzt die Tür. Zittern seine Finger? In meiner Magengrube ballt sich ein ungutes Gefühl zusammen. Was soll denn das jetzt bitte werden?
 

Ich halte vorsorglich den Mund, doch die nonverbale Kommunikation zwischen Starrick und dem Wachmann ist mehr als deutlich. Wieso wundert es mich nicht, dass wir ein leeres Besprechungszimmer betreten? Der Wachmann führt mich zu dem Stuhl, auf den ich mich langsam sinken lasse, die Hände nach wie vor auf dem Rücken gefesselt, so dass ich sie gezwungenermaßen hinter der Lehne halten muss. Kurz scheint der Wachmann zu überlegen, ob er mir die Handschellen abnehmen soll, entscheidet sich aber dagegen. Nach einem letzten stummen Blickwechsel mit Starrick verschwindet er eiligst aus der Tür und schließt sie sorgsam hinter sich.
 

Da wären wir also. Ich und Mr. Staatsanwalt himself.
 

„Ich hab ja nicht gedacht, dass sie so große Sehnsucht nach mir haben Starrick..“ breche ich die Stille, die sich über den Raum gesenkt hat. Starrick hat dem Wachmann nachgesehen, eine Hand um die Dokumente verkrampft, die er noch in den Fingern hält und die andere Hand an der Stirn, die er leicht mit den Fingerspitzen massiert. Offenbar lief dieses Treffen nicht ganz nach Plan. Die Dokumente knallen auf den Tisch vor mir, als Starrick sich endlich in Bewegung gesetzt hat und sich neben mir aufbaut. Er holt Luft, hebt die Stimme – und kriegt nicht mehr als ein ersticktes Gurgeln heraus, als er mir ins Gesicht blickt und ich so langsam und deutlich wie es nur irgend geht Alexejs Spermaspuren von meinen Lippen und meiner Wange lecke. Zumindest da, wo ich mit der Zunge noch hinkomme. Der Rest bleibt wo er ist, immerhin sind meine Hände gerade anderweitig fixiert.
 

Starricks Blick fixiert meine Zunge, ehe er zurückzuckt und hustet. Ich kann nicht anders, ich muss lachen. Es ist doch immer wieder herrlich, wie leicht man Männer wie Starrick in die Knie zwingen kann. Er räuspert sich und scheint sich dieses Mal schneller wieder im Griff zu haben. „Mr. Svensson, glauben sie mir, es gibt viele Orte an denen ich gerade wesentlich lieber wäre als hier.“ Seine Stimme klingt ziemlich gepresst.
 

Na ich bin mir da ja nicht so sicher. Dein Blick ist ganz schön eindeutig Nathan.
 

„Achja? Und ich dachte schon, sie wollen auch mal. Wieso sollten sie sonst nach Sperrstunde hier aufkreuzen?“ Ich lege meinen süffisantesten Blick auf, mustere die Gestalt im Anzug so offensichtlich, dass Starricks Gesicht erneut rot anläuft. Weil mein Blick absichtlich auf Gürtelhöhe verweilt, sieht Starrick sich zum Handeln gezwungen. Er umrundet den Tisch und setzt sich mir gegenüber, so dass ich vorerst nicht mehr auf den Reißverschluss seiner Hose starren kann. Bin mir nicht sicher, ob sich da was abgezeichnet hat, könnte auch am Anzug liegen. „Sparen sie sich ihre bissigen Kommentare Svensson. Es ist niemand hier, der sich darum schert.“ Wieder zuckt mein Mundwinkel hinauf.
 

Ach nein? Wieso hast du dich dann hingesetzt, Nathan?
 

Trotzdem seufze ich nur theatralisch und rücke auf dem Stuhl zurecht, was gar nicht so einfach ist. Könnte eine unbequeme Nacht werden, je nachdem wie lange Starrick vorhat, mich hier sitzen zu lassen. Es wird Zeit, das herauszufinden. „Dann sagen sie mir, was sie wollen Starrick. Ich werde den Fall mit ihnen ohne Anwesenheit meines Anwaltes nicht besprechen. Allein ihre Anwesenheit und der Versuch, ohne meinen juristischen Beistand mit mir zu sprechen, ist strafbar.“ Der scharfe Ton, den ich jetzt anschlage, ist wohl eher nach seinem Geschmack. Etwas, auf das er besser reagieren kann. Mir gegenüber schürzt Starrick die Lippen und zieht seine Dokumente heran. Er klappt die Mappe auf und scheint ein Schreiben zu überfliegen, ehe er den Kopf hebt und mich ansieht ohne meinem Blick gleich wieder auszuweichen.
 

Was ich sehe, überrascht mich jetzt doch. Starrick sieht müde und abgekämpft aus. Trotzdem lodert in seinem Blick unverhohlene Wut. „Sie widern mich an Svensson und damit meine ich nicht, dass sie dem Russen die Eier schaukeln. Sie widern mich an, mit ihrem Gehabe und ihrer Arroganz. Während all dieser Verhandlungstage habe ich sie nicht einmal betroffen erlebt. Da ist ein Mensch gestorben Svensson, ertrunken in ihrem Beisein. Ob nun durch ihre aktive Mithilfe, wie ich glaube, oder nur während sie am gleichen Ort waren, wie sie behaupten: Rawlinson ist tot.“ Er lehnt sich auf dem Stuhl zurück, verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich abfällig.
 

Autsch. Meine Zunge befeuchtet meine Lippen, dieses Mal nicht, um ihn zu reizen. Ich habe mir schon andere Sachen von ihm anhören müssen, doch dieses Mal ist es anders. Dieses Mal sitze ich ihm allein gegenüber und irgendwie war diese verbale Anklage gerade sehr viel emotionaler und direkter als sonst.
 

So gut es eben noch getan hat, ihn aufzuziehen, so schäbig komme ich mir jetzt damit vor. Im Angesicht von Rawlinsons Tod ist es das auch. Gleichermaßen ist es wohl ein Kompliment an meine schauspielerischen Fähigkeiten. Im Gerichtssaal spiele ich eine Rolle, eine, die Owen mit mir gemeinsam für meine Verteidigung erdacht hat. Wenn sie auch Starrick überzeugt, dann muss ich sie wirklich ganz hervorragend spielen. In mir sieht es ganz anders aus und der Gedanke daran, dass Rawlinson eine Familie hinterlässt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher.
 

Noch immer sagt Starrick kein Wort, studiert stattdessen aufmerksam mein Gesicht, das sich wieder mehr verschlossen hat. Seinen Blick weiterhin zu erwidern fällt schwer, aber ich habe keine andere Wahl. Oder eher: Ich habe schon eine andere Wahl: Eine lange Haftstrafe und Abschiebung. Es geht hier um mein Leben und noch so viel mehr. Mein Brustkorb hebt und senkt sich mit einem tiefen Atemzug, der mich zur Ruhe bringen soll. „Was wollen sie Mr. Starrick?“ Ich habe zu unserem Konversationston zurück gefunden. Gefasst, kühl und sachlich. Er bemerkt die Veränderung, die mit mir vorgegangen ist und schnaubt leise. „Was ich von ihnen will? Das wissen sie genau. Ein Geständnis. Ich will die Wahrheit über das wissen, was am Strand passiert ist. Die Wahrheit über Rawlinsons Tod.“ Er hat sich wieder nach vorn gelehnt und starrt mich mit diesen so eindringlichen blauen Augen nieder. „Aber wir beide wissen, dass das nicht passieren wird. Schon gar nicht ohne Mr. Mellard.“
 

Mein Nicken bestätigt ihm diese Worte und sorgt dafür, dass er das Schreiben aus seinem Ordner zieht, das er eben noch einmal durchgelesen hat. Er schiebt es mir hin, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Der Widerwillen in seinem Blick ist deutlich. Langsam richte ich mich auf dem Stuhl mehr auf, was wegen der Handfesseln gar nicht so einfach ist. Ich sitze trotzdem nah genug an der Tischplatte, um den Text ohne Probleme lesen zu können. Mein Blick huscht über die ersten Zeilen, ehe mir bewusst wird, was da vor mir auf dem Tisch liegt. „Sie bieten mir einen Deal an?“
 

Du musst wirklich verzweifelt sein..
 

An seiner Schläfe zuckt ein Muskel, doch er hat sein Gesicht ziemlich gut im Griff. Seine Hände hat er wieder vor der Brust verschränkt, doch ich kann sehen, wie sich seine Muskeln unter dem Jackett spannen. Er ist nur einen Hauch davon entfernt zu explodieren und zwar nicht, weil ich ihn beleidigt habe. Langsam rutsche ich zurück in den Stuhl, lehne mich wieder nach hinten und versuche, die unbeteiligte Miene beizubehalten. Leicht ist es nicht, denn in meinem Kopf verselbstständigen sich die Gedanken und plötzlich wird mir klar, wieso Starrick hier mit mir in diesem Zimmer sitzt. Wir sind hier nicht allein, weil er Informationen aus mir herauspressen will, sondern weil er hofft, sich auf diese Weise etwas anderes zu ersparen: Seine Niederlage!
 

Aber wieso gerade heute? Wieso gerade jetzt? Hat er herausbekommen, dass Owen mit Dick wegen eines Angebots sprechen wollte? Vermutlich. Oder er hat am Ende wirklich einsehen müssen, dass er einfach nicht genügend Beweise zusammenkratzen kann, um mich und Alexander einzusperren. Ich verwerfe den Gedanken wieder, denn selbst unausgesprochen klingt es bereits falsch. Nein, nicht Starrick bietet mir hier einen Deal an.
 

Ich muss ihn nur ansehen um zu wissen, dass er sich eigentlich lieber die Hand abhacken würde, als mir dieses Dokument vorzulegen. Warum tut er es also doch? Die einzige Antwort ist jene, die mir eben schon durch den Kopf geschossen ist. Er weiß, dass er nicht gewinnen kann – oder nicht gewinnen darf. Weil es tatsächlich Männer gibt, die mehr Einfluss haben, als Nathan Starrick.
 

Auch wenn mich das eigentlich beruhigen soll und meine Eingeweide aufgehört haben, sich zusammen zu krampfen, kann ich nicht umhin mich zu fragen, was das für mich und Alexander zu bedeuten hat.
 

Ich bin mir sicher, dass meinem Gegenüber klar ist, dass ich ihn durchschaue. Er macht es mir nicht besonders schwer, so angespannt wie er da auf dem Stuhl sitzt. Müde und abgekämpft, aber wütend genug um sich beim kleinsten Fehlverhalten meinerseits auf mich zu stürzen. Normalerweise würde die prickelnde Erotik einer solchen Situation ihre Wirkung nicht verfehlen, doch gerade dringt der Reiz nicht zu mir durch.
 

Wenn Starrick nur Stunden nach unserem Gerichtstermin am Morgen jetzt mit einer „Du kommst aus dem Gefängnis frei“ – Karte vor mir sitzt - Naja, mehr oder weniger. Einsitzen würden wir wohl für ein paar Jahre, wenn wir dieses ‚Angebot‘ annehmen ... – dann muss ein ziemlich hohes Tier ein Machtwort gesprochen haben. Als ich vorhin diesen Raum mit gemischten Gefühlen betreten habe, dachte ich noch, es ginge um meine und Alexanders Zukunft. Jetzt stelle ich fest: Es geht auch um Starricks Zukunft und die hängt hier gerade am seidenen Faden. Wenn ich diesem Schreiben nicht zustimme, dann sehen wir uns vor Gericht wieder und allem Anschein nach wird Owen dort etwas aus dem Ärmel zaubern, das die sichere Niederlage für diesen blauäugigen Staatsanwalt bedeutet.
 

Hervorragend. Ich schüttele nur schwach den Kopf. Starrick hat bisher nichts von sich gegeben. Allem Anschein nach hadert er damit, mir den Vorschlag einerseits schmackhaft zu machen und ihn andererseits zu kleinen Papierschnipseln zu zerpflücken. Mein Kopfschütteln wird deutlicher und nimmt ihm damit die Entscheidung hab. „Wir kommen so nicht zusammen Mr. Starrick. Schon gar nicht ohne Mr. Mellard. Aber wenn ich den Zeitpunkt ihres Auftauchens hier richtig deute, dann muss ich mir das Dokument ohnehin nicht durchlesen. Es ist nicht mehr als ihr kläglicher Versuch, das Ruder zu ihren Gunsten herum zu reißen. Oder zumindest: Nicht ganz allein mit diesem Kahn unterzugehen.“ Erstaunlich, wie gut ich meine Stimme im Griff habe. Ich fühle mich bei weitem nicht so sicher, wie meine Worte das vermuten lassen. Vielleicht interpretiere ich auch viel zu viel hinein und dieses Angebot ist von Owen abgesegnet.
 

Auch eine Möglichkeit, die mir so gar nicht gefällt und die ich daher schnell verdränge. Es ist dennoch denkbar, dass Owen diesen Deal abgesegnet hat, und aus welchen Gründen auch immer nicht hier auftauchen kann. In diesem Fall wäre es fatal das Angebot auszuschlagen, denn dann sind am Ende wir die Verurteilten. Doch irgendwie kann ich mir das einfach nicht vorstellen. Owen hätte niemals zugestimmt, dass uns dieses Schreiben in seiner Abwesenheit vorgelegt wird. Er hätte uns informiert, daran besteht kein Zweifel. Es muss also wirklich an Starrick und der Staatsanwaltschaft liegen, daran halte ich fest.
 

Der Reaktion meines Gegenübers nach zu urteilen liege ich damit auch genau richtig. Starricks Maske bemühter Zurückhaltung fällt in sich zusammen und ich kann den Zorn erneut in seinen Augen auflodern sehen. „Es geht hier nicht um mich, Svensson“, spuckt er mir über den Tisch entgegen, erntet dafür aber nur ein höhnisches Lachen. „Natürlich nicht..“ Ich konnte es mir einfach nicht verkneifen.
 

„Nein, es geht um Rawlinson“, greift er den Faden wieder auf. „Es geht darum, dass in ihrem Beisein ein Mensch zu Tode gekommen ist, und es sie offensichtlich einen Scheiß interessiert. Ich gebe ihnen hier eine Chance, ein wenig Menschlichkeit zu zeigen, denn wir beide wissen, dass sie nicht am Strand geschlafen haben.“
 

Meine Kiefer mahlen aufeinander. Ich frage mich wirklich, wieso er auf der Karriereleiter noch nicht weiter nach oben geklettert ist. An seinem Instinkt kann es nicht liegen, denn der trügt ihn hier in diesem Fall nicht. Ich kann spüren und sehen, dass er sich seiner Sache absolut sicher ist. Er weiß, dass Alexander und ich vor Gericht lügen, aber er kann es nicht beweisen. Also taktischer Rückzug? Sieht ihm nicht ähnlich, aber wer weiß, wie seine Lebensumstände außerhalb des Jobs aussehen? Ich presse die Lippen zusammen und sage nichts. Muss mich sogar dazu zwingen den Mund zu halten, denn ich möchte nichts Falsches sagen. Andererseits kann man in einer Situation wie dieser wohl kaum die richtigen Worte finden.
 

Starrick sieht das und klappt den Ordner noch einmal auf, zieht etwas heraus, das ich nicht genau erkennen kann. Mit einer lässigen Bewegung schnippt er das Papier über den Tisch. „Sie denken, sie kennen mich, aber da irren sie sich. Ich hänge lieber den Job an den Nagel, als dass ich jemanden wie Sie als freien Mann aus dem Gerichtsaal gehen sehe. Wenn sie auch nur einen Funken Anstand im Leib haben, dann denken sie über dieses Angebot nach. Wenn schon nicht für Rawlinsons Hinterbliebene, dann vielleicht ja für..“
 

Der Rest seines Satzes geht zum zweiten Mal an diesem Tag in fernem Rauschen unter. Das dünne Papier ist vor mir zum Liegen gekommen. Automatisch ziehen sich meine Eingeweide wieder zusammen und ich kann nicht verhindern, dass mir mein Gesicht vollkommen entgleist. Fassungslos starre ich auf das Foto, das mich und Alexander im Anzug vor zwei modifizierten CF-18 Fliegern zeigt. Neben uns stehen zwei breit grinsende Piloten, deren Ähnlichkeit trotz der Helme ins Auge sticht.
 

Ich glaube, ich habe vergessen zu atmen, während ich auf dieses Foto starre. Meine Kehle und mein Brustkorb brennen mit jeder Sekunde mehr und mein Blick verschwimmt, doch ich schaffe es nicht zu blinzeln. Starricks Worte pulsieren durch meinen Schädel. Ein Funken Anstand.. wenn nicht für Rawlinson, dann vielleicht ja für…  die Gebrüder Cartwright.
 

Das war ein Wahnsinns Ritt über den Wolken Arn. Zieh nicht so ein Gesicht. Ich verspreche dir, heute Nacht bring ich dich auch da hin.
 

Oh bitte Logan… nicht jetzt!

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Zwischenspiel I

[RIGHT]Doch ihr, befleckt von euren eignen Lüsten,[/RIGHT][RIGHT]Besudelt mit der Unschuld reinem Blut,[/RIGHT][RIGHT]Verderbt und angesteckt von tausend Lastern:[/RIGHT][RIGHT]Weil euch die Gnade fehlt, die andre haben,[/RIGHT][RIGHT]So achtet ihr's für ein unmöglich Ding,[/RIGHT][RIGHT]Ein Wunder wirken, ohne Macht der Teufel.[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. – I. Teil[/RIGHT]

 

 

 

Selbst hier im Tower ist der Lärm der startenden Maschine deutlich zu hören. Das Aufjaulen der Triebwerke, das Donnern des Fahrwerks auf der Startbahn, gepaart mit dem leisen Murmeln der Lotsen. Im frühen Licht des Morgens zieht feuchte Luft über die Flügel der CF-18, auch als Hornet bezeichnet, als sie durchstartet und sich in den bleichen Himmel erhebt. Die Sonne wird sich in einigen Minuten mühsam über den Horizont kämpfen und dann hoffentlich die perfekten Voraussetzungen für die Testreihe des heutigen Tages geben.
 

Auf dem Rollfeld geht eine zweite Maschine in Position und erwartet die Startfreigabe. Ich lehne mich ein wenig weiter vor, um aus den riesigen Fenstern einen Blick in das Cockpit zu erhaschen. Ich erkenne nicht viel, doch das Wissen, dass er da unten in der Maschine sitzt, reicht vollkommen.
 

Ich komme nicht umhin zu grinsen. Über Funk gibt die Flugsicherheit dem Piloten zu verstehen, dass er noch eine Minute warten muss. Das Flugzeug, das bereits in der Luft ist, bekommt noch einmal genaue Instruktionen vom Fliegerleitoffizier. Er wird sich, sobald sie in der Luft sind, um beide Piloten kümmern, doch nach dem Start der ersten Maschine arbeitet er kurz einige Routinefragen mit dem bereits gestarteten Piloten ab. Erst wenn der Offizier dieses Gespräch beendet hat, darf die zweite Maschine abheben.
 

«Hey, Tower!» Die Stimme des zweiten Piloten dringt aufdringlich aus dem Kopfhörer, der um meinen Nacken baumelt. Ich greife hinunter und ziehe eine der Ohrmuscheln hinauf, um ihn besser zu hören. «Hat das Blondchen nichts zu tun? Wenn mir der Flieger gleich unterm Arsch explodiert, weil seine Berechnungen falsch sind, hätt ichs gern vorher gewusst.»
 

Dir explodiert später was ganz anderes unterm Arsch mein Lieber.
 

Die junge Fluglotsin, die nach wie vor auf die Startfreigabe wartet, sieht entschuldigend zu mir hinüber. Ich löse meinen Blick von der Scheibe, vergewissere mich kurz, dass der Leitoffizier noch mit der ersten Maschine zu Gange ist und beuge mich dann über ihre Schulter. Auf mein Zeichen hin öffnet sie den Funkkanal. „Machen sie sich keine Sorgen um ihren Hintern Pilot. Sorgen sie sich lieber um ihre Eier, denn die wird ihnen ihr Vorgesetzter abschneiden, wenn sie die Maschine nicht heil rauf und wieder runter bringen.“ Es knackt in der Leitung, dann setzt der Pilot zu einer Antwort an, bricht jedoch jäh ab, als die Fluglotsin auf einen Wink des Leitoffiziers die Startfreigabe erteilt. Mein Grinsen wird noch eine Spur breiter. Dass ich in dieser Sache das letzte Wort hatte, wird ihm gar nicht gefallen. Die Triebwerke der zweiten Hornet jaulen auf, dann schießt auch diese Maschine die Rollbahn entlang und hebt ab. Gerade als sie an Höhe gewinnt, rauscht die erste Maschine über uns heran und dreht dann in einem weiten Bogen ab. Die Druckwelle des Flugzeuges sorgt bei der startenden Maschine für einige Turbulenzen. Flüche und Verwünschungen dröhnen aus dem Kopfhörer, gepaart mit einem hellen und frechen Lachen. Neben mir verschränkt Alexander die Arme vor der Brust und schüttelt den Kopf. „Wieso genau haben wir zugestimmt, diese beiden fliegen zu lassen?“, raunt er mir fragend zu und ich kann nicht mehr, als die Schultern zu zucken.
 

Der Deutsche sieht angespannt aus. Ich habe nicht genau mitbekommen, was eben mit der ersten Maschine nach dem Start los war und spüre das schlechte Gewissen in mir aufsteigen. Es ist mein verdammter Job, hier aufmerksam zu sein, also sortiere ich meine Gedanken und ziehe die Ohrmuscheln des Kopfhörers wieder nach oben. Noch immer dringen Verwünschungen über Funk an mein Ohr. «Wenn ich wieder unten ankomme, ich schwöre dir Cal, ich schwöre dir, wenn ich dich in die Finger kriege dann…. WAS SOLL DAS?!» Wieder überholt die erste Maschine in mörderischem Tempo und sorgt bei an Höhe gewinnenden Hornet für Luftlöcher. Calvin versucht nicht einmal, sein Gelächter irgendwie einzudämmen. Der Leitoffizier wirft uns beiden einen kurzen Blick zu, dann entscheidet er sich dazu durchzugreifen. „Reißen sie sich zusammen Captain Cartwright. Und sie auch Lieutenant.“ Falls sich jemals jemand wundern sollte, wieso beim Einsatz immer das Fahrzeug, Flugzeug oder die Einheit angesprochen wird, statt einer Person: Das hier ist der Grund dafür. Beide Männer heißen Cartwright, beide sind Piloten. Logan, der ältere, bereits im Rang eines Captains, da er schon wesentlich länger Einsätze fliegt, als sein fünf Jahre jüngerer Bruder. Lieutenant Calvin Cartwright hat allerdings das bessere Händchen, wenn es um die Maschinen geht. Er ist ein Naturtalent in der Luft, das bereits im ersten Jahr seiner Ausbildung den eigenen Bruder im Simulator alt aussehen ließ.
 

Sowohl das Lachen als auch das Gezeter über Funk verstummt und der Flugleitoffizier räuspert sich ein letztes Mal deutlich. „Hornet Two, drehen sie bei, Formation bilden.“ Die aufgehende Sonne blitzt auf den Tragflächen der Maschine auf, als Logan das umgerüstete Kampfflugzeug elegant in einem schönen Schwung auf Kurs bringt. Es hat etwas Erhabenes dabei zuzusehen, wie er zu Calvin aufschließt, der gerade die Warteschleife wieder beendet, auf der er zurzeit über dem Militärgelände fliegt. Die Formation ist relativ eng, vor allem wenn man die Geschwindigkeit bedenkt, mit der die beiden Jets durch die Luft jagen, doch aus Erfahrung heraus weiß ich: Es geht noch wesentlich schneller. Der Leitoffizier geht nun auch mit Logan einige Standartfragen durch und ich bemühe mich, dieses Mal aufmerksamer zuzuhören. Die Maschine reagiert normal, alle Parameter liegen im Normbereich. Sanft schwenken beide Maschinen erneut in die Schleife, während die Sonnenscheibe sich endgültig über den Horizont schiebt.
 

«Woha!“ Der überraschte Ausruf kommt von beiden Piloten zugleich. Ich muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass Alexanders Mundwinkel nach oben zuckt.
 

Tja Jungs, euch will ich noch einmal lachen hören..
 

«FAC* hier Hornet One. Wir fliegen jetzt mit direktem Gegenlicht, der Filter ist der Wahnsinn.» In Cals Stimme hört man die Begeisterung heraus. Auf dem Monitor neben mir sehe ich, dass die zweite Maschine an Höhe verliert. Logan testet augenscheinlich, wie sich der Filter je nach Lichteinstrahlungswinkel verändert. Der Leitoffizier vermerkt etwas in seinem Protokoll. „Hornet Two, hier FAC. Wie sieht es bei Ihnen aus?“
 

«FAC, hier Hornet Two. Der Filter funktioniert wie vorgesehen. Der Kontrast ist wirklich beeindruckend.» Logan klingt weit weniger aus dem Häuschen als Cal, aber das wundert mich nicht. Der ältere der beiden Brüder hat bereits mehrere Testflüge mit modifizierten Maschinen absolviert und er weiß, dass Neuerungen auf Herz und Nieren geprüft werden müssen. Die Gegenlichtproblematik liegt heute außerdem nicht im Fokus. Sicher, wir haben den Testflug extra in die frühen Morgenstunden gelegt, um einen ersten Eindruck von dem neuen Glas zu bekommen, aber eigentlich geht es heute um Anflug und Ausweichmanöver. Die beiden Maschinen, die gerade in der Luft sind, sind extra für solche Testflüge umgerüstet worden. Sie sind nicht mit scharfer Munition ausgerüstet, verfügen sonst aber über die gleichen Flugeigenschaften wie die anderen CF-18 Flugzeuge. An beiden Maschinen wurden kleinere Veränderungen am Triebwerk vorgenommen, außerdem haben wir die Steuerflächen modifiziert, was die Wendigkeit der Maschine weiter beeinflussen soll.
 

„Hornet Two, sie starten. Kurs und Ziel wie vorgegeben, Tower erteilt Freigabe, zielen und feuern nach eigenem Ermessen.“
 

Natürlich wird bei diesem Testlauf nicht wirklich geschossen. Dennoch verfügt die Maschine über eine Zielerfassung und die Elektronik, die dazu da ist eine AAM** oder eine ASM** zu starten. Wenn der Pilot den Abzug betätigt, registriert das Simulationsprogramm im Tower diesen Abschuss und berechnet anhand der aktuellen Flug- und Zieldaten die Treffergenauigkeit, Flugbahn und den angerichteten Schaden. Auch da erwarten uns heute sicher keine großen Überraschungen. Der Anflug, das Zielen und „abfeuern“ der Munition sollte genauso funktionieren wie bisher. Das Abdrehen und Ausweichen danach ist es, was für mich und Alexander heute eine besondere Rolle spielt. Logan ist also als erster dran. Er hat den Befehl des Towers bestätigt und löst sich jetzt aus der Schleifenformation, die Calvin weiterhin brav fliegt. Die Triebwerke der Maschine werden lauter, als sie über der Startbahn einschert. Das Ziel liegt irgendwo an deren Ende, so dass wir einen guten Blick auf die Flugbahn haben. Kameras entlang der Strecke und am Ziel bieten weitere Bildeinstellungen, die wir auf einer großen Anzahl von Monitoren einsehen können.
 

Die CF-18 nähert sich dem Ziel, über Funk kommt kurze Zeit später die Bestätigung, dass Logan das Ziel erfasst hat. Sekunden später startet die Simulation der ASM, dann kippt die Maschine zur Seite und dreht ab. Oder eher: Logan versucht es. Er hatte schon während der Warteschleife die Gelegenheit, sich mit der wesentlich empfindlicheren Steuerung vertraut zu machen, doch offenbar war diese Eingewöhnungsphase zu kurz. Er kippt die Maschine zu weit, beinahe um 90°. An und für sich ist das bei den Maschinen kein Problem, doch sie brauchen dafür auch die entsprechende Geschwindigkeit. «SCHEISSE!», kommt es erschrocken aus meinen Kopfhörern und mir rutscht für ein paar Sekunden das Herz in die Hose. Die Maschine bockt, als Logan durchstartet und sie wieder in die Waagrechte bringt. «FAC hier Hornet Two. Erbitte neue Anflugfreigabe.» Logans Stimme klingt gepresst über Funk. Aus dem Knacken des Funkverkehrs glaube ich Cals leises Lachen heraus zu hören. Selbst der Leitoffizier kann sich ein Schmunzeln nicht ganz verkneifen. Trotzdem pumpt mein Herz schmerzhaft schnell in meiner Brust. Das hätte auch schief gehen können.
 

„Hornet Two, hier FAC. Reihen sie sich wieder in die Warteschleife ein. Sie bekommen eine zweite Freigabe, aber zunächst: Hornet One, sie sind dran. Tower erteilt Freigabe für Anflug, Feuern und Zielen nach eigenem Ermessen.“
 

Kurz glaube ich zu hören, dass Logan zu einer Antwort ansetzt, doch die Leitung bleibt still. Die Maschine kehrt zurück in die Warteschleife, während jetzt Calvin an der Reihe ist. Dessen Maschine legt deutlich an Tempo zu. Da kann es wohl einer gar nicht erwarten. Typisch. Vor allem hat Cal jetzt schon gesehen, welchen Fehler er besser nicht machen sollte und er hat ein wenig Vorsprung, weil er länger in der Warteschleife kreisen konnte, als sein älterer Bruder. Die Maschine rauscht über den Tower, nähert sich dem Ziel. Calvin löst die Startsequenz der ASM aus, startet durch und jagt die Maschine in eine mörderisch enge Kurve. Neben mir stöhnt Alexander genervt auf. Aus dem Kopfhörer dringt ein wahnsinniges Gackern abgehackt zu uns herüber. Die G-Kräfte müssen bei diesem Stunt ziemlich unangenehm gewesen sein, doch die Zahlen sprechen für sich. Der Radius, den die Maschine für die Wendung braucht, ist mit diesen Steuerflächen signifikant kleiner, die Reaktionsgeschwindigkeit der Steuerung erhöht. Calvin lenkt die Maschine zurück in den Schleifenkurs, wackelt mit den Flügeln und startet dann noch einmal durch, um auf der langen Geraden eine 360° Drehung zu fliegen.
 

„Er muss es auch jedes Mal übertreiben..“, murmelt der Deutsche neben mir resignierend und doch mit einem gewissen Hauch Stolz in der Stimme. Ich kann es ihm nicht verübeln. Calvin ist ein überragender Pilot, der sich unheimlich schnell auf die neue Steuerung der Maschine einstellen kann. Allerdings ist auch Logan beim zweiten Anlauf vorbereitet und lenkt die Maschine ebenso elegant aus der Gefahrenzone. Ich wende meinen Blick von den Kamerabildern ab und konzentriere mich stattdessen auf mein Tablet, auf dem ich die Messergebnisse präsentiert bekomme. Bisher sieht das alles wirklich vielversprechend aus, auch wenn hier und da sicher noch leichte Anpassungen notwendig sein werden. Nach zehn Wiederholungen beordert der Leitoffizier die beiden Flieger zurück auf den Boden. Die Erhebung sollte für einen vorläufigen Bericht reichen und allem Anschein nach haben wir genügend Daten gesammelt. Interessant wird jetzt noch, wie viel mehr oder weniger die Maschine an Treibstoff verbraucht hat und wie das Material nach dem Flugeinsatz aussieht. Haben sich die beweglicheren und leicht anders gewinkelten Steuerflächen zum Beispiel eher gelockert? Nehmen die Tragflächen durch die stärkere Kräfteeinwirkung eher Schaden? Das sind Fragen, auf die uns die Flugzeugmechaniker Antworten geben werden, sobald die Maschinen wieder am Boden sind. Dennoch sieht das alles sehr gut aus und ich sehe dem Leitoffizier an, dass er sehr zufrieden ist. Ich ziehe das Headset vom Kopf, wende mich von der Szenerie im Tower ab und steuere auf den Ausgang zu. Hier werden weder Alexander noch ich gebraucht und ich hätte gern aus erster Hand gewusst, wie sich die Maschine während des Fluges angefühlt hat. Außerdem habe ich da noch ein Hühnchen mit meinem Piloten zu rupfen.
 

„Gute Arbeit Leute und bis zum nächsten Mal“, hallt mein Ruf durch die Runde und der Leitoffizier hebt die Hand zum Abschied. Bis die Maschinen auf dem Boden sind, kann er sich noch nicht entspannen. Alexander schiebt auf dem Weg nach draußen sein Tablet in die Tasche und hängt sie sich locker über die Schulter. „Das sah wirklich gar nicht so schlecht aus. Allerdings sollten wir beim Radius aufpassen.“ Wir treten ins Freie, wo bereits ein Wagen auf uns wartet. Es ist einer dieser offenen Geländewagen, die man beim Militär gern benutzt. So früh am Morgen ist es allerdings noch ziemlich frisch und ich brumme etwas missmutig, als ich mich neben Alexander auf die Rückbank fallen lasse. Laufen ist allerdings bei den Distanzen auf dem Testgelände auch keine Option. Also zurück zum Thema.
 

„Ja, der Radiu-“, beginne ich, komme aber nicht weiter, da über uns kreischend eine der beiden Maschinen zur Landung ansetzt. Ich halte mir die Ohren zu und ziehe den Kopf ein, um nicht direkt von der Druckwelle getroffen zu werden, die kurze Zeit später über das Auto rauscht. Genervt streiche ich mir kurze Zeit später wieder das Haar nach hinten. „Ja, der Radius“, beginne ich erneut. „Der Radius darf nicht zu eng werden. Ist schön wenn die Maschine das kann, aber der Pilot muss es ja auch aushalten“, spreche ich aus, was Alexander sicher gedacht hat. Schön ist es immer, wenn die Maschine enge Wendungen fliegen kann. Das Problem sind die G-Kräfte, die dabei auf die Maschine wirken. Sind sie zu groß, drücken sie dem Piloten das Blut aus dem Kopf und er wird ohnmächtig. Nichts, was man in einem Kampfeinsatz haben möchte. Schon jetzt sind gewagte Manöver eine körperliche Belastung für die Piloten, wir müssen es ja nicht auf die Spitze treiben. Der Hangar kommt vor uns in Sicht, während die Sonne immer höher steigt. Wenigstens wärmt sie bereits ordentlich, so dass ich im Fahrtwind nicht ganz so sehr friere, wie noch auf der Herfahrt. Zu dumm, dass ich meine Jacke im Büro habe liegen lassen.
 

Als wir den Hangar mit dem Auto erreichen, sind beide Maschinen bereits angekommen. Sie stehen unweit voneinander entfernt, die Spitzen leicht gegeneinander gerichtet. Calvin ist schon ausgestiegen, Logan ist gerade noch dabei, als unser Wagen vor den Maschinen hält. Die Luft über den Triebwerken flirrt noch leicht und der Geruch von Kerosin und verbranntem Gummi liegt in der Luft. Es weckt Erinnerungen an die letzten Monate und Jahre. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Geruch mal vermissen würde. Neben mir steigt auch Alexander aus dem Wagen und verabschiedet unseren Fahrer. Ich klopfe Cal auf die Schulter, der noch immer ganz euphorisch und voller Adrenalin zu sein scheint. Logan ist etwas entspannter, als er zu uns herüber kommt. „Ihr habt die Teile ganz schön scharf gemacht. Hat mich wirklich überrascht, wie fein sie auf einmal reagiert, die Gute.“
 

„Ja, beinahe abgekackt wärst du, ich habs genau gesehen“, zieht Calvin seinen älteren Bruder auf und kassiert dafür einen sicher schmerzhaften Knuff in die Seite. „Nimm den Mund nicht zu voll Lieutenant. Du hättest da oben auch um ein Haar ein Unglück fabriziert.“
 

Cal verzieht kurz den Mund, zuckt dann die Schultern und grinst wieder. Unverbesserlich – alle beide. Der eine sieht zu schwarz, der andere sieht überhaupt kein Risiko. „Hey, schaut mal hier rüber!“ Einer der Flugzeugmechaniker hat sein Handy gezückt und winkt. Wir drehen uns zu ihm, alle vier. Ich und Alexander, daneben Logan und Calvin und die beiden Maschinen im Hintergrund. Der Mechaniker drückt den Auslöser und grinst. „Muss doch festgehalten werden, der glorreiche Moment“, erklärt er dann und winkt die kleinen Tieflader näher, die die Maschinen jetzt in den Hangar schleppen.
 

Eine halbe Stunde später stehe ich nachdenklich in der Mannschaftsdusche der Firma. Dick hat alles gern an einem Fleck, daher befindet sich Alexanders und mein Büro auf einer Empore über der Fertigungshalle. Unten bei den Umkleiden der Schlosser und Mechaniker gibt es auch Duschen und Logan hatte das dringende Bedürfnis sich zu waschen. Bei ihm gehört es zum Ritual. Sobald er aus der Uniform steigt, braucht er seine Dusche, vorher kann man mit ihm quasi nichts anfangen. Calvin will sich oben in unserem Büro umziehen, dort hat er seine Klamotten gebunkert. Logan hat wohlweißlich Wechselkleidung mitgenommen und steht jetzt unter dem dampfenden Wasserstrahl. Ich selbst schlendere in der Umkleidekabine umher und warte darauf, dass Logan endlich mit seiner Dusche fertig ist. Als das Wasser ausgeht und er kurze Zeit später mit einem Handtuch um die Hüfte aus dem Duschraum kommt, bleibe ich vor dem mannshohen Spiegel stehen und mustere ihn in der Reflektion. Wieso muss dieser Kerl nur so gut aussehen? Das kurze dunkle Haar steht leicht verstrubbelt von seinem Kopf ab, seine grünen Augen funkeln mich frech im Spiegel an. Wassertropfen perlen über seine nackte muskulöse Brust und auch an seinen Beinen rinnt Wasser hinab, sammelt sich in einer Pfütze zu seinen Füßen. „Und, hast du die Daten schon angesehen?“ fragt er seinerseits, den Blick auf mein Gesicht im Spiegel gerichtet. Ich könnte mich umdrehen, um ihn direkt anzusehen, tue es aber nicht. Ich will den Blick nicht wirklich von ihm abwenden, denn gerade sieht er einfach zu verführerisch aus. „Ich hab mal drüber geschaut, ja. Sieht ganz gut aus soweit. Allerdings sind die Daten nur eine Seite der Medaille. Das Fluggefühl sollte ja auch stimmen, nur kann ich das leider nicht beurteilen.“ Ich kann nicht verhindern, dass meine Stimme bei diesen Worten etwas zynischer wird. Logan schnaubt leise und kommt näher heran, so nah, dass er den Kopf auf meiner Schulter ablegen und mich direkt im Spiegelbild ansehen kann. Seine nassen Arme legen sich sanft um meine Taille.
 

„Das war ein Wahnsinns Ritt über den Wolken Arn. Zieh nicht so ein Gesicht. Ich verspreche dir, heute Nacht bring ich dich auch da hin.“

Sechster Teil

[RIGHT]Es ist unmöglich, dass ich sterben sollte[/RIGHT][RIGHT]Durch solchen niedern Unterthan als du.[/RIGHT][RIGHT]Dein Reden weckt nur Wut, nicht Reu in mir.[/RIGHT][RIGHT]Shakespeare, König Heinrich VI – II. Teil[/RIGHT]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

Mit einem Mal ist alles wieder da, als wäre es nie weg gewesen. Der Geruch von Duschgel und Shampoo auf seiner Haut und in seinen Haaren, das Gefühl von Feuchtigkeit, die langsam durch meinen Anzug zieht, weil seine Unterarme noch nass sind. Das Gewicht seines Kinns auf meiner Schulter, der Lufthauch an meiner Wange, als er spricht. Die prickelnde Erregung, als seine Lippen nach meinem Ohrläppchen haschen und er mich beißt.
 

Als wäre es gestern gewesen.
 

Als würde ich noch immer vor diesem Spiegel stehen und ihn ansehen, ihn dabei beobachten, wie seine Hände die Hose meines Anzugs öffnen und hinein gleiten. Das Gefühl seiner warmen Finger auf meiner Erektion, sein heißer Atem an meinem Ohr.
 

Ich verspreche dir, heute Nacht bring ich dich auch da hin.
 

Du Bastard!
 

„Wie können sie es wagen..“
 

Ich gebe mir nicht einmal Mühe, meine Wut und meine Trauer zu verschleiern, als ich den Blick endlich von dem Foto und den Erinnerungen losreißen kann, die damit verbunden sind. „Sieh mal einer an. Der eiskalte Schwede kann ja doch Emotionen zeigen.“ Starricks Stimme trieft vor Zynismus. An dieser Stelle muss ich dem Justizbeamten ein Lob aussprechen: Seine Weitsicht, mich hier gefesselt zurück zu lassen, rettet Starrick gerade das hübsche Gesicht. Ich schnelle zwar im ersten Moment vor, bleibe aber an der Rückenlehne des Stuhls hängen, dessen Rahmen sich schmerzhaft in meine Arme gräbt. Mein Kiefer zittert, so fest beiße ich die Zähne zusammen, um nicht zuzulassen, dass die Emotionen einfach aus mir heraus brechen.
 

Wenn wir uns jemals in einer dunklen Gasse begegnen du widerliches Arschloch, dann wisch ich dir dein selbstgefälliges Million-Dollar-Lächeln mit der Faust aus dem Gesicht.
 

Es ihm wenigstens in Gedanken entgegen zu schreien, hilft. In meiner Brust schlägt mein Herz so heftig, dass ich das Gefühl habe, man kann es durch den dünnen Stoff des Shirts sehen, das ich trage. Gleichzeitig bekomme ich noch immer unheimlich schlecht Luft, weil mir die Wut und die Trauer gleichermaßen die Kehle zuschnüren. Starricks blaue Augen mustern mich mit einer so perfiden Befriedigung, dass mir dabei zusätzlich schlecht wird. Ich habe meine Stimme nach meinem ersten Ausruf noch nicht wieder gefunden, doch ich kann zumindest eines tun: Ich spucke auf das Blatt Papier, das noch immer neben dem Foto liegt. Einen weiteren Blick auf das Bild vermeide ich, doch ich treffe wenigstens den Deal, den Starrick mir „angeboten“ hat. „Ficken Sie sich ins Knie Starrick“, fauche ich ihm über den Tisch entgegen, nach wie vor unbeherrscht. Nur langsam sinke ich auf den Stuhl zurück und versuche, meinen jagenden Puls zur Ruhe zu zwingen. Starrick erlaubt sich ein leises Lachen. „Wenn ich gewusst hätte, wie sie auf ein Foto ihrer Piloten reagieren, hätte ich diesen Trumpf schon früher ausgespielt.“
 

Moment Mal.. meiner Piloten?
 

Starrick hat das Bild wieder zu sich gezogen und ich habe den Blick davon abgewandt, will es mir nicht noch einmal unvorbereitet ansehen. Doch diese Aussage verwundert mich.
 

Logan und Calvin waren nicht „meine“ Piloten. Es waren Kameraden und mehr als das, doch anscheinend weiß Starrick das nicht. Ich muss mich dazu zwingen den Blick wieder zu heben und als ich ihn ansehe weiß ich, dass seine Gedanken zumindest in die richtige Richtung gehen. So oder so: Meine Reaktion war eindeutig und heftig genug. Und wenn Alexander erst ... Mir weicht alle Farbe aus dem Gesicht. Oh nein, bitte nicht …
 

Alexander darf dieses Bild unter keinen Umständen sehen. Wenn Starrick dem Deutschen dieses Foto vor die Nase knallt, dann wird Alexander zusammenbrechen. Was Logan und ich hatten, war kaum mehr als eine Affaire. Nicht weil ich mir nicht mehr gewünscht hätte, sondern weil Logan mir nicht mehr hatte geben wollen. Weil er nicht der „Typ“ für monogame Beziehungen war, wie er selbst immer sagte. Wenn er hier war, dann hatten wir zwar ein recht exklusives Bettverhältnis, aber nichts desto trotz: Ich wusste, dass er mir nicht auf Dauer treu sein würde. Anfangs hatte das wehgetan, aber ich war auch verdammt jung und naiv gewesen. Mit den Jahren hatte sich eine gewisse Normalität eingeschlichen und ich war ganz sicher kein Kind von Traurigkeit. Das soll seinen Verlust auf keinen Fall schmälern, doch es bedeutet einfach etwas anderes als Cals Tod für Alexander bedeutet.
 

Man muss dazu wissen: Der Deutsche ist nicht geoutet. Zumindest hat er nie diese „Hört alle her, ich bin schwul“- Rede gehalten. Trotzdem wusste in unserer Einheit jeder, dass ihn und Cal mehr als Freundschaft oder Kameradschaft verbindet. Die beiden haben sogar zusammen gewohnt. Nicht in der Kaserne sondern außerhalb, als Heimschläfer. Ich weiß, dass Alexander Calvin über alles geliebt hat, auch wenn die beiden Männer sehr seltsame Arten hatten, das zu zeigen. Als wir an diesem Morgen den Anruf bekamen, habe ich ihn das erste Mal vollkommen hilflos gesehen. Für ihn ist eine Welt zusammen gebrochen und er konnte sich nicht einmal verabschieden, wir konnten uns nicht einmal verabschieden. Wir konnten nicht trauern. Nicht hier im Knast.
 

Wenn Starrick Alexander dieses Foto zeigt, dann will ich mir die Folgen nicht ausmalen. Oder vielleicht – daran will ich gar nicht denken: Er hat es bereits getan. In den kalten, arroganten blauen Augen kann ich dafür aber keinen Hinweis finden. Wenn Alexander den Deal angenommen hätte, dann wäre es das erste gewesen, was Starrick mir unter die Nase reibt.
 

Doch entweder hat er sich einfach nur bemerkenswert gut unter Kontrolle, oder er hat Alexander schlicht und ergreifend noch nicht besucht. Ich hoffe auf letzteres und versuche, meine Fassung wieder zu erlangen und den Schweißausbruch eben mit meiner Wut zu erklären. „Sie wollen mir allen Ernstes etwas von Menschlichkeit erzählen Starrick?“ Ich kann nicht verhindern, dass ich ihm die Worte förmlich entgegen Spucke. „Logan und Calvin Cartwright sind gestorben, weil sie diesem Land gedient haben und damit auch ihnen. Sie beschweren sich darüber, dass ich kein Bedauern über Rawlinsons Tod an den Tag lege, aber sie haben die Nerven, zwei im Dienst gefallene Soldaten für ihre perfiden Zwecke einzuspannen? Lassen sie sich eines gesagt sein: Wenn es die beiden wieder lebendig machen würde, dann würde ich Männer wie Rawlinson mit Freude im Lake Ontario ertränken!“
 

Starricks Augen verengen sich und er beugt sich nach vorn. Seine Nasenflügel beben. Er weiß nicht genau, was er mit dieser Aussage anfangen soll – und kann. Hier wird nichts aufgezeichnet und außer uns beiden ist niemand hier. Selbst wenn ich ihm jetzt laut und deutlich sagen würde, dass ich Rawlinsons Tod zu verantworten habe: Er könnte es mir nicht nachweisen. „Und wie würden sie das anstellen Svensson? Würden sie ihnen auch ..“
 

„Ach kommen sie Starrick, so plump sind nicht Mal sie“, würge ich seine Ausführungen ab. „Ersparen sie uns die Peinlichkeiten. Ich unterschreibe ihr beschissenes Angebot nicht, nicht für Rawlinson, nicht für seine Familie, nicht für Calvin und Logan – und auch nicht um ihren gottverdammten Arsch zu retten. Entweder das Gericht erkennt, dass Mr. Dreyfuß und ich mit dieser Sache nichts zu tun haben, oder wir werden verurteilt. Eines ist aber sicher: Von ihrer Gnade wird sich keiner von uns beiden abhängig machen.“

Ich habe mein Gesicht endlich wieder unter Kontrolle und auch meine Stimme gehorcht mir wieder. Die Lehne des Stuhls ist unbequem, dennoch lehne ich mich nach hinten, um mehr Abstand zwischen mich und Starrick zu bringen. Er begreift, dass er hier zu nichts mehr kommt, ich sehe es in seinen Augen und seiner Haltung. Seine Schultern sind ein wenig tiefer gesunken. Hat er wirklich gehofft, mich soweit provozieren zu können, dass ich etwas Unbedachtes sage?
 

Du glaubst doch nicht wirklich, dass du mich so rumgekriegt hättest? Da hättest du mehr Erfolg gehabt, wenn du die Hosen runtergelassen hättest, lieber Nathan.
 

Er nickt abwesend, packt seine Dokumente wieder ein und erhebt sich schließlich, geht zur Tür hinüber und klopft dagegen. Es dauert eine Weile, bis der Beamte kommt, um sie zu öffnen, doch wir haben uns nichts mehr zu sagen.
 

Zumindest dachte ich das.
 

Als der Beamte die Tür schließlich aufzieht, schaut Starrick noch einmal zurück. „Sie haben wirklich kein Gewissen Svensson. Fünf Jahre Knast mit Aussicht auf vorzeitige Entlassung erscheinen wie ein Klacks gegen einen 7 Jahresvertrag mit General Dynamics. 7 Jahre Waffenentwicklung. Ich bin sicher, sie schaffen noch ein paar Cartwrights.“ Damit ist er hinaus und lässt mich mit dem dringenden Wunsch zurück, nicht Rawlinson, sondern ihm beim Schwimmen „geholfen“ zu haben.

Siebter Teil

[RIGHT]Hier auf den Knie'n schwör' ich zu Gott im Himmel:[/RIGHT][RIGHT]Nie will ich wieder ruhn, nie stille stehn,[/RIGHT][RIGHT]Bis Tod die Augen mir geschlossen, oder[/RIGHT][RIGHT]Das Glück mein Maß von Rache mir geschafft.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI. – III. Teil[/RIGHT]

 

„Los aufstehen Svensson!“
 

Die Stimme kommt von weit, weit weg. Ich drehe den Kopf und sehe den Vollzugsbeamten neben mir stehen, sehe, wie seine Hand nach meinem Oberarm greift und mich vom Stuhl nach oben zieht. Ich stehe vollkommen neben mir. Meine Beine sind taub, knicken bei den ersten Schritten beinahe unter mir weg. „Hey!“ Der Wachmann rüttelt mich. Ich schüttele den Kopf und versuche endlich wieder klarer zu werden, doch Starricks letzte Worte hallen so laut in meinem Schädel, dass ich kaum zu einem anderen Gedanken fähig bin. Wobei, eine Sache ist da doch:
 

„Alles dreht sich..“, murmele ich, während ich versuche meine steifen Beine wieder unter Kontrolle zu kriegen. Ich spüre wie der Kerl mich von der Seite mustert, dann aber einen Schritt schneller geht.
 

Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie lang ich allein in dem Verhörzimmer gesessen habe. Gefühlt ist eine Ewigkeit vergangen, doch das Zeitempfinden kann sich dahingehend täuschen. Als wir jedoch den Gang zu den Zellen hinunterlaufen, ist es draußen bereits tiefste Nacht. Wieder passieren wir die Trenntür und ich lehne schwer dagegen. Meine Beine sind immer noch weich wie Pudding. Die Tür quietscht als sie endlich aufschwenkt und ich taumele durch zur nächsten Wand, gegen die ich mich lehnen kann, während der Beamte die Tür wieder verschließt.
 

Ich muss ein miserables Bild abgeben, denn ihm bricht bei meinem Anblick langsam der Schweiß aus. Als ich selbst in seinem festen Griff vor meiner Zellentür wieder über die eigenen Füße stolpere, drückt er mich mit stützend gegen die Wand und mustert mich genauer. Er hat Schwierigkeiten mich aufrecht zu halten, denn ich bin weder klein noch besonders leicht, habe aber gerade eher die Stabilität eines übergroßen Sacks Reis.
 

„Scheiße..“ Seine Stimme klingt gepresst und gehetzt. Er wirft einen Blick in die Zelle, in der es inzwischen dunkel ist. Das Licht und der Strom in den Zellen gehen zu einer bestimmten Uhrzeit aus – die Insassen haben darauf keinen Einfluss.
 

Sein Blick fliegt wieder zu meinem Gesicht zurück, doch ich kann den Ausdruck darauf nicht deuten. Immer wieder verschwimmt alles vor mir und die Welt dreht sich stärker. Er ringt mit sich. Die richtige Vorgehensweise wäre wohl, Hilfe zu holen. Warum er das vermeiden will, ist klar: Starricks Besuch hier war unangekündigt und damit eigentlich unzulässig. Was auch immer er dem Wachmann gegeben hat, der Kerl will keine weiteren Probleme mit mir und diesem Vorfall haben. Dass ich jetzt so aussehe, als würde ich in den nächsten fünf Minuten das Zeitliche segnen, ist für ihn ein riesiges Problem. Er schiebt mich weiter, auf die Seite der Tür, zu der sie sich öffnet. Er muss mich mehr tragen als stützen und als er mich mit dem Gesicht gegen die Wand dreht, schiebt er sein Knie zwischen meine Oberschenkel, weil ich schon wieder nach unten sacke.
 

Dann geht – zumindest in meiner Wahrnehmung – alles ganz schnell. Mit einer Hand öffnet er die Tür, löst dann meine Handfesseln, zieht die Tür mit einem Ruck auf und stößt mich hindurch.Der Positionswechsel kommt viel zu schnell. Ich falle mehr durch die Tür, als dass ich gehe, stolpere noch zwei Schritte und falle dann der Länge nach auf den harten Zellenboden. Um nicht auf dem Gesicht zu landen, gelingt es mir irgendwie, mich im Fallen halb zur Seite zu drehen. Der Aufprall treibt mir die verbliebene Luft aus den Lungen und jagt einen stechenden Schmerz durch meine Schulter und meine Hüfte. Mehr als ein heiseres Stöhnen gebe ich trotzdem nicht von mir, denn ich habe selbst dafür kaum noch genügend Luft in der Lunge. „Arnor?“Ich blinzele angestrengt gegen den Nebel und den Schwindel an, doch in der Zelle ist es zu dunkel und vor meinen Augen tanzen schwarze Punkte. Etwas landet neben mir auf dem Boden, dann spüre ich, wie warme Hände nach mir fassen und mich auf den Rücken drehen. „Scheiße, Arnor!“
 

Systematisch tasten mich forsche Hände ab, streichen über meine Brust, drücken seitlich gegen meinen Hals und sind schließlich für einen Moment ganz verschwunden. Ich schließe die Augen, weil ich das Flimmern nicht mehr aushalte und das Schwindelgefühl einfach nicht nachlassen will. Wie eine Spirale, die mich immer weiter nach unten zieht. Das Abendessen will sich mit aller Gewalt einen Weg hinaus bahnen und es braucht mehr als nur Willensanstrengung, es daran zu hindern.
 

Am Rande nehme ich wahr, dass jemand – es kann nur Alexej sein – meine Hüfte greift und mich dreht, so dass er meine Füße auf dem Bett ablegen kann, um meinen Kreislauf zu stabilisieren. Vorsichtig hebt er danach meinen Kopf an und bettet ihn auf etwas Weiches. Vielleicht sein Kissen? Es riecht nach ihm.
 

„Hey.. schau mich an“, fordert er mich auf, seine Stimme noch immer besorgt. Meine Lider öffnen sich flackernd, doch dieses Mal nehme ich wirklich etwas wahr. Alexejs Gesicht schwebt unweit über meinem. Er sieht müde aus, sein Blick ist aber wachsam. Dann flackert plötzlich ein grelles Licht über mir auf und ich versuche mich aus dem Griff zu winden, der sich jetzt unbarmherzig um mein Kinn geschlossen hat. „Halt still, Gott verdammt..“ brummt er angestrengt, blendet meine ohnehin überreizten Augen. „Gut..“ murmelt er schließlich zufrieden mehr zu sich selbst und das Licht verschwindet wieder, lässt mich erneut in schwankender Dunkelheit zurück.
 

„Haben die dir was gegeben?“ Seine Stimme klingt etwas weiter entfernt, offenbar hat er sich aufgesetzt oder ist zu seinem Bett zurückgegangen. Ich schaffe es nicht wirklich etwas zu antworten, weil sich meine Zunge bleischwer anfühlt und sich der Schwindel und der Nebel nur sehr langsam zurückziehen.
 

„Hey, wachbleiben Prinzessin..“ seine Hand tätschelt meine Wange nicht gerade liebevoll, doch immerhin bringt er mich so dazu, die Augen wieder zu öffnen. „Was ist da draußen passiert?“ spezifiziert er seine Frage und öffnet die Wasserflasche, die er vom Bett geholt hat. „Du warst Stunden weg. Habe gar nicht mehr damit gerechnet, dass du zurückkommst. Ich dachte nach der Aktion holt die Wache deine Sachen. Einzelhaft oder zumindest eine andere Zelle.“ Wie immer sehr knapp mit Worten und Erklärungen. Ich mühe mich mit einem Räuspern ab, mein Mund fühlt sich trocken an. „Starrick..“ krächze ich nur und muss dann husten. Alexej beugt sich nach unten, zieht mich am Nacken vorsichtig etwas nach oben, ohne die Schulter dabei zu sehr zu belasten und flößt mir etwas Wasser ein. Es hilft und ich merke erst bei den ersten Schlucken, wie schrecklich durstig ich bin. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, was ich zuletzt geschluckt habe.
 

Haha. Immer noch zum Scherzen aufgelegt. Wirklich Arn? Aber hey, von ganz unten gesehen…
 

Aus dem Nichts schleicht sich ein böses Grinsen auf mein Gesicht, als ich den Blowjob zurückdenke und an Starricks geschocktes Gesicht. „Er war ganz schön angepisst von der Situation, die er vorgefunden hat“, flüstere ich leise, weil ich das Gefühl habe, dass meine Stimme noch nicht mehr hergibt. Alexej gibt ein leises Geräusch von sich, das ich als Lachen identifizieren kann und legt mich vorsichtig wieder auf dem Boden ab, ehe er die Flasche verschließt. „Hat er etwas dazu gesagt? Oder hats ihm derart die Sprache verschlagen?“Ich schüttelte nur schwach den Kopf. „Er hat es nicht kommentiert, aber sein Blick war eindeutig. Keine Ahnung, vielleicht hat er sowas schon ne Weile nicht mehr gehabt oder gesehen. Er kam zumindest danach ziemlich schnell zum Punkt.“
 

Alexej hockt neben mir auf dem Boden, ein Bein angezogen, das andere angewinkelt. Er sagt nichts, nickt nur. Er weiß genau, dass ich von selbst anfange zu erzählen oder eben nicht.„Er hat mir einen Deal angeboten“, flüstere ich nach einer Weile in die Stille, die sich um uns herum ausgebreitet hat. „Ein paar Jahre Haft, wenn ich zugebe, dass ich zumindest mitbekommen habe, wie Rawlinson ertrunken ist, ohne zu helfen oder so in der Art. Hat versucht seinen Arsch zu retten, aber ich habe nicht alle Details gelesen...“ Im Nachhinein war das vielleicht eine schlechte Idee, aber verdammt! Wie könnte ich mich dem geschlagen geben? Lieber verrotte ich hier, als Starrick diesen Triumph zuzugestehen.
 

Wieder Stille. Alexej beobachtet mich sehr aufmerksam, ich spüre es. Langsam drehe ich den Kopf etwas weiter zu ihm, um ihn besser ansehen zu können. Meine Augen haben sich langsam an die Dunkelheit gewöhnt und sorgen dafür, dass ich den Russen im diffusen Licht der Hofbeleuchtung, die von draußen durch das Fenster herein scheint, besser erkennen kann. Er muss nichts sagen, ich weiß was er wissen will und die Frage ist naheliegend. Immerhin liege ich hier auf dem Boden und mache sicher noch immer dem weißen Kopfkissen Konkurrenz. „Er wusste…“ fange ich an, doch ich breche wieder ab. Bei dem Gedanken an das Foto und die Erinnerungen, die es heraufbeschworen hat, meldet sich mein Abendessen erneut. Dazu die letzten Worte:
 

Ich bin sicher, sie schaffen noch ein paar Cartwrights ...
 

Mein ganzer Körper spannt sich an, als erneut Zorn, ohnmächtige Wut und Übelkeit in mir aufwallen. Der Schrei hallt so laut durch die Zelle, dass ihn der Wachmann vorn in seinem bequemen Büro sicher auch noch hören kann. Ich fahre nach oben, ziehe in der gleichen Bewegung die Beine vom Bett. Ich kriege keine Luft, spüre, wie die Woge der Emotionen über mir zusammenbricht.
 

Dass ich meine Wut nicht an der Zelle oder den wenigen Dingen, die hier drinnen zerstörbar sind, auslasse, liegt an Alexej. Der Russe hat die Arme um meinen Oberkörper geschlungen und presst mich an sich, so fest, dass ich mich nicht entwinden kann, auch wenn ich es versuche. Meine Fäuste schlagen auf Alexejs Seite und seinen Oberschenkel ein und ich bin ziemlich sicher, dass es WEH tut, doch er lässt nicht los. Lässt mich wüten, bis meine Stimme bricht und mein Körper in seinem festen Griff ruhiger wird.
 

Sein warmer Atem streicht an meinem Ohr entlang und meinen Nacken hinunter. Der Overall ist mir bis in die Armbeugen hinunter gerutscht, doch das spielt keine Rolle. An meiner Wange, die an seinem Hals zum Liegen gekommen ist, spüre ich seinen kräftigen Puls. Er hört und fühlt sich anders an als Logans. Logan.. Der Knoten in meiner Brust, der sich gerade ein wenig beruhigt hatte, schwillt wieder an. Ich spüre, wie meine Augen feucht werden, wie sich mein Körper erneut verkrampft. Ich will um mich schlagen und treten, doch der feste Griff lässt es nicht zu. Meine Finger kratzen über Alexejs Seiten, vergraben sich in dem Overall den er trägt.
 

„Lass ihn nicht in deinen Kopf.“
 

Alexejs Stimme klingt beruhigend in meinem Nacken. Seine Finger kraulen sachte über meine Wirbelsäule, was wirklich hilft. „Er will gewinnen und wenn ihm das nicht gelingt, dann will er dich wenigstens brechen. Gib ihm diese Macht nicht.“
 

Zu spät Alexej.. diese Schlacht hat er gewonnen.

Aber nicht diesen Krieg.

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Achter Teil

[RIGHT]Auf jeden Fall seid nicht zu rau in Worten.[/RIGHT][RIGHT]Denn er ist stolz, ihn reizen harte Reden.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI. – II. Teil[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der nächste Tag kommt viel zu früh. Ich habe keine Ahnung, wie lange Alexej und ich auf dem Boden zugebracht haben. Der Russe hatte mich nach einer Weile wieder losgelassen und meinen Kopf zurück auf das Kissen gebettet. Erst als meine Gesichtsfarbe seiner Meinung nach wieder einen „normalen“ Zustand erreicht hatte, durfte ich mich wieder aufrappeln. Er half mir, in unserer kleinen Waschnische sicher zu stehen und mir – endlich – das Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen. Mit einer Flasche Wasser bugsierte er mich schließlich in sein Bett. Unter anderen Umständen hätte ich mich vermutlich gewehrt, doch zu diesem Zeitpunkt war ich froh, dass da jemand war, der sich um mich gekümmert hat. Ich hoffte nur inständig, dass Alexej nicht am Ende der sein würde, der mir den Dolch in den Rücken rammt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Die Sonne scheint bereits in die Zelle, als ich am nächsten Morgen die Augen öffne. Was mich geweckt hat sind Stimmen von der Tür. Alexej steht vor der Durchreiche und nimmt gerade unser Frühstück entgegen. Offenbar ist mir das erste Weck-Kommando entgangen. Seltsam, dass der Wachmann sich nicht darüber beschwert, dass ich offenbar noch schlafend im Bett liege.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kämpfe mich in eine sitzende Position hoch, streiche mein verstrubbeltes Haar nach hinten und fahre mir mehrfach mit der Hand durchs Gesicht. Ich fühle mich gerädert und bei dem Gedanken an die letzte Nacht spüre ich erneut ein unangenehmes Ziehen im Brustkorb. Ohne darüber nachzudenken, massiere ich die Stelle leicht. Alexej bemerkt es, als er das Tablett auf dem kleinen Tisch abstellt. „Richte den Blick nach vorn, nicht zurück.“ Seine Stimme kratzt. Ohne Kaffee am Morgen ist sein Dialekt noch schlimmer, was mir aller Widrigkeiten zum Trotz ein Schmunzeln aufs Gesicht zeichnet. Ich kämpfe mich mühsam auf die Füße. Nach meinem verkrampften Panikanfall von gestern fühlen sich meinen Muskeln schrecklich an. „Ich habe das dumpfe Gefühl, dass der Sport heute wirklich Mord sein wird…“ erkläre ich mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht und lasse mich auf den Hocker fallen, um mich dem recht kargen Frühstück zu widmen. Sterneküche gibt es hier nicht, aber man verhungert auch nicht. Hat man einen guten Draht zu den Häftlingen, die in der Küche arbeiten, gibt es auch ab und an Extras.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexejs Tablett ist dafür ein ganz hervorragendes Beispiel. Die doppelte Portion Müsli, Marmelade und Aufschnitt, dazu ein weiteres Brötchen und Joghurt. Letzteren isst er nicht, also mehr für mich. Überhaupt teilt der Russe gern, was er hat, zumindest wenn er einen leiden kann. Obwohl er nicht viel länger einsitzt als ich, hat er hier einen gewissen Ruf. Liegt vielleicht einfach daran, dass er besser vernetzt ist und schon wesentlich öfter im Knast gesessen hat als ich. Er weiß, wie Gefängnisse funktionieren, was er sich erlauben kann und was nicht und zu wem er gehen muss, um zu bekommen, was er braucht. Wen er zurechtstutzen muss, damit er den Respekt der Gruppe hat. Es ist beeindruckend ihm dabei zuzusehen, wie er seine Mithäftlinge und das Personal analysiert und ihr Verhalten und ihre Beziehungen zu seinem Vorteil ausnutzt. Ich habe nie einen Agenten oder Mitarbeiter des Geheimdienstes so „persönlich“ kennen gelernt wie ihn, doch er macht Bond alle Ehre. Anpassungsfähig wie ein Chamäleon und unglaublich intelligent, auch wenn man das auf den ersten Blick gar nicht von ihm erwartet. Irgendwie fällt es mir auch schwer, ihn mir in einem Anzug vorzustellen, aber das mag daran liegen, dass ich ihn nur in diesem orangenen Overall kenne – oder nackt. Vielleicht ist es besser, dass er in meiner Gegenwart keinen Anzug trägt, denn vermutlich würde ich dann alles daran setzen, ihn schnellstmöglich aus demselben zu zerren.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich beobachte ihn dabei, wie er sich Marmelade von der Oberlippe leckt. Er bemerkt es nicht mal wirklich, so beiläufig ist die Bewegung. Der Löffel in meiner Hand hat auf halbem Weg vom Becher zu meinem Mund inne gehalten. Was zur Hölle tue ich hier?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Komm schon Arn.. musst du dich das wirklich fragen? Die Frage, die viel wichtiger ist: Wird es helfen, die nächsten 48 Stunden zu überstehen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Demonstrativ schiebe ich mir den Löffel voll Joghurt in den Mund. „Hast du noch Wäsche? Zusammen kriegen wir vielleicht eine Maschine voll.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gewaschen werden unsere Klamotten in der Wäscherei. Auch dort kann man als Häftling arbeiten. Mir ist schon aufgefallen, dass Alexej seine Klamotten immer ziemlich schnell zurückbekommt, während ich schon verdammt lange warten musste. Seit dem sehe ich zu, dass wir beide nur einen Wäschesack gemeinsam abgeben und da wir heute ohnehin ein paar Stunden auf dem Sportplatz haben, ist es eine gute Chance.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er nickt abwesend und kaut zufrieden auf seinem Brötchen herum. „Wir geben ihn nach dem Duschen ab“, stimmt er dem Vorschlag zu und schickt meine Gedanken damit wieder auf Wanderschaft.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Draußen hört man ja allerlei über Duschen um Gefängnis. Vor allem als schwuler Mann in einem Männerknast „sollte man ja ganz vorsichtig sein“. Wieso genau hat sich mir nie erschlossen. Ja, sicher, es sind Gemeinschaftsduschen. Privatsphäre gibt’s nicht, auch wenn du dir den Sack rasieren willst. Dazu gibt’s Einwegrasierer und einen Beamten, der dafür sorgt, dass du mit dem Ding keinen Unfug anstellst. Ja, geduscht wird nackt und ja, da rennen schon einige leckere Kerle rum. Kerle mit mächtig Dreck am Stecken. Natürlich nur im Übertragenen Sinne […] Aber die Anspannung und die Scham verhindert in der Regel jede Erektion. Außerdem ist die Zeit in der Dusche streng getaktet. Stundenlanges stehen im lauwarmen Wasserstrahl gibt es nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Man gewöhnt sich dran und man schaut nicht nach rechts oder links. Auch nicht dann, wenn die Seife nach unten fällt. Jeder ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass es irgendjemanden interessieren würde… es sei denn, man steht mit Alexej unter der Dusche.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Es ist eine Sache, sich einfach nur schnell zu waschen. Eine andere ist es dabei zuzusehen, wie sich der Kerl neben dir wäscht, der dir nur Stunden zuvor herrlichst den Schwanz geblasen hat und der jede freie Minute im Knast damit verbringt, sich und seinen Körper fit zu halten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber auch dann, wenn man plötzlich mit einer nicht zu verachtenden Latte in der Gemeinschaftsdusche steht, bedeutet das nicht sofort, dass sich alle anderen Mithäftlinge auf einen stürzen. Es gibt den ein oder anderen dummen Kommentar, doch je weniger Angriffsfläche man bietet, desto weniger passiert. Ich meine, mal ehrlich: Wie machen es die ganzen verklemmten und panischen Kerle im Schwimmbad?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]So oder so: Die Aussicht darauf, später mit Alexej zusammen in der Dusche zu stehen und meine Gedanken beim Anblick seines nackten Körpers ein wenig schweifen zu lassen, hat etwas für sich. Sex – oder in diesem Fall: Der Gedanke an all das, was ich mit ihm unter der Dusche anstellen würde, wenn wir a) allein und b) unbewacht wären – lenkt mich hervorragend von den Geschehnissen des letzten Tages ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein aufmerksamer Russe bemerkt meinen leicht verträumten Gesichtsausdruck und kickt mir unter dem Tisch unsanft gegen das Schienbein. „Hey, lange genug geschlafen Златовласка*.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich hasse es, wenn er mir russische Spitznamen gibt. Bei Gelegenheit werde ich ihm schwedische verpassen. Aber nicht jetzt, das wäre viel zu platt. Irgendwann, wenn er nicht damit rechnet und am besten vor Publikum. Vermutlich kann ich mich dann auch von meinem geraden Nasenrücken und ein paar Rippen verabschieden, aber das wird es dann auf jeden Fall Wert gewesen sein![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lacht leise, vermutlich weil ich aussehe, als hätte ich gerade in eine Zitrone gebissen. Grunzend versenke ich den Löffel wieder im Joghurt und esse schweigend weiter. Wo war ich gerade unterbrochen worden?  Achja: Nackter Alexej unter der Dusche. Sehr gut, weiter im Text.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Man sollte nicht meinen, dass ich es dermaßen nötig habe. Als Alexander und ich in zwei separaten Streifenwagen vom Firmengelände kutschiert wurden, hatte ich noch nicht gewusst, was auf uns zukam. Mit einem hämmernden Schädel und verzerrten Erinnerungen an die vergangene Nacht hatte ich nicht einmal eine Ahnung, was man mir und meinem Kollegen überhaupt vorwarf. Als die Erinnerung dann Stück für Stück gemeinsam mit der Ernüchterung in meinen Verstand sickerte, war ich mir absolut sicher gewesen, in einem schlechten Film gefangen zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie die Firmenpolitik es verlangte, hatten Alexander und ich jede Aussage ohne anwesenden Anwalt verweigert. Wir hatten Owen kontaktiert und danach war der Prozess ins Rollen gekommen. Noch am gleichen Abend fand ich mich in der Zelle wieder, in der ich jetzt noch immer sitze. Keine Kaution – keine Freiheit unter Auflagen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ganz ehrlich, wie soll man in so einer Situation noch ans Vögeln denken? Richtig: Gar nicht.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Falsch gedacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings musste mir „Gott“ oder in diesem Fall eher der Teufel persönlich eine wandelnde Versuchung auf zwei Beinen in die Zelle setzen. Verdammter Russe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotz des Schocks plötzlich hier gelandet zu sein, trotz der unsicheren Situation in den ersten Tagen und dem fraglichen Ausgang meines eigenen Falls, hatte meine Libido keine zwei Wochen Ruhe gegeben. Es war allerdings auch SEHR schwer an sich zu halten, wenn der „Mitbewohner“ oben rum gern Adamskostüm trägt und sich nachts tiefenentspannt selbst befriedigt. Ich kann mich noch sehr gut an das erste Mal erinnern, an dem ich es bewusst mitbekommen habe. Ich hatte einfach nicht schlafen können, hatte die Decke angestarrt und mich selbst bedauert, als mir die seltsamen schleifenden Geräusche von unten plötzlich seltsam vorgekommen waren. Dazu das leise, zufriedene Keuchen. Ich hatte ein paar Minuten zugehört, mich dann langsam aufgesetzt und im schwachen Licht einen Blick über die Bettkante nach unten geworfen. Der Anblick war nicht wirklich überraschend gewesen. Alexej hatte auf dem Rücken gelegen, die Shorts nach unten gezogen, oben ohne und natürlich mit weit geöffneten Augen. Sein Mund hatte sich zu einem breiten Grinsen verzogen und er hatte seine Stimme nicht weiter gedämpft, nach dem ich ja ohnehin wach war. Ich kann mich an das Glänzen in seinen Augen erinnern, die fordernden Bewegungen seiner Finger, mit denen er sich über die eigene Erektion strich. Sein Stöhnen, als er sich endlich Erlösung verschafft hatte, ließ ein eisiges Kribbeln über meine Wirbelsäule nach unten rauschen. Sein Brustkorb hatte sich hektisch gehoben und gesenkt, das wenige Licht hatte flackernde Schatten darauf geworfen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das nächste Mal weck mich vorher, dann habe ich wenigstens was davon.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ungläubig hatte er die Augen aufgerissen, dann angefangen dröhnend zu lachen – und beim nächsten Mal hatte er meiner ‚Bitte‘ Folge geleistet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich war also definitiv ausgelastet, auch wenn wir nie miteinander geschlafen hatten. Weder er noch ich hatten je einen Versuch in diese Richtung unternommen. Vielleicht aus unterschiedlichen Gründen, aber das spielte keine Rolle. Was ich in Gedanken mit ihm anstelle, muss ich ja nicht verraten. So oder so: Heute würde ich definitiv Gelegenheit haben mein Kopfkino wieder mit neuem Stoff zu versorgen und wenn ich Alexej darüber hinaus noch ein wenig provozieren kann, komme ich sicher auf meine Kosten und kann Starrick und dessen Ansage einmal mehr verdrängen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Joghurtbecher ist leer, wie ich etwas abwesend feststelle, als ich mir zum zweiten Mal den leeren Löffel in den Mund stecke. Alexej beobachtet mich, teils besorgt, teils amüsiert. Ich bemerke seinen Blick, als ich mich wieder auf das hier und jetzt fokussiere und lasse es mir nicht nehmen, letzte Spuren des Joghurts vom Plastiklöffel zu lecken. Seine rechte Augenbraue wandert langsam in die Höhe, während seine Augen der Bewegung meiner Zunge folgen. Ich spüre, wie sich die Luft zwischen uns auflädt. Alexej fängt langsam an zu grinsen. „Scheint guter Joghurt zu sein“, bemerkt er glatt. Ich stecke den Löffel zurück in den leeren Becher und lege ihn auf das Tablett.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist guter Joghurt. Könnte aber salziger sein.“ Jetzt lacht er wirklich. Etwas, das er nicht oft tut. Nicht gut für sein Image hier drinnen, aber ein wirklich angenehmer Anblick. Weniger so, als wolle er einem gleich den Schädel einschlagen, auch wenn sein Todesblick im richtigen Moment mehr als anregend ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er mustert mich erneut, jetzt nicht mehr besorgt sondern nur noch amüsiert. Am Glänzen in seinen Augen erkenne ich, dass die Zungenakrobatik ihre Wirkung nicht verfehlt hat. Also vorerst genug mit weiteren Andeutungen, wir wollen uns ja nicht den Spaß verderben.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Nach dem Frühstück packen wir unsere Dreckwäsche in einen der dafür vorgesehenen Beutel, ehe wir beide Sportklamotten anziehen. Für den einfachen Hofgang trägt man die Overalls, doch zum Sport darf es – zu meiner Freude – ein Trainingsanzug sein. So bequem der Overall auch ist, für Sport finde ich ihn gänzlich ungeeignet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Besonders lange müssen wir nicht darauf warten, abgeholt zu werden. Der durchgeplante Tag funktioniert hier einwandfrei. Auf dem Gang laufen bereits andere Häftlinge nach draußen, um frische Luft zu schnappen und sich endlich die Beine zu vertreten. Sport gibt es in Gruppen, die meistens willkürlich zusammengewürfelt werden. Nie mehr als 10 Mann, so dass es für das Wachpersonal händelbar bleibt. Draußen haben wir 3 Stunden Zeit uns die Beine zu vertreten. Neben einem Spielfeld für diverse Mannschaftsspiele gibt es eine Laufbahn, die selbiges umrundet und einige Geräte, die zum Training mit Eigengewicht gedacht sind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich verliere keine Zeit. Normalerweise gehe ich jeden Tag joggen, manchmal sogar zwei Mal am Tag. Hier drin eingesperrt sein verbietet mir das und die Zelle bietet nicht genügend Raum für anständigen Ausdauersport. Kaum draußen auf dem Hof reihe ich mich bei den anderen ein, die hier bereits ihre Runden drehen. Die Luft ist kalt, der Himmel bewölkt. Sieht nach Regen aus, doch das ist mir vollkommen gleich. Adrenalin pumpt durch meine Adern, als mein Kreislauf langsam immer mehr in Schwung kommt. Laufen ist wie eine Sucht. Der Rausch, den die Anstrengung mit sich bringt, ist mit nichts anderem zu vergleichen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Für eine gefühlte Ewigkeit bin ich in meiner ganz eigenen Welt, in der es nichts anderes zählt als meine Füße, die in beständigem Rhythmus auf die Bahn treffen. Immer schneller, als ginge es um mein Leben. Letztlich tut es das auch. Das Laufen gibt mir Kontrolle zurück, Kontrolle über meinen Verstand und meinen Körper. Über die Situation, in der ich mich befinde. Kontrolle ist wichtig, vor allem in den nächsten Stunden. Ich kann mir nicht erlauben sie noch einmal so zu verlieren, wie letzte Nacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Drastische Situationen erfordern drastische Maßnahmen. Ich lege noch einen Zahn zu.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„HEY!“ Chey..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas trifft mich hart an der Schulter und reißt mich aus meiner Konzentration. Etwas unelegant weiche ich dem Basketball aus, der vor mir auf die Bahn prallt und fange ihn auf, während ich versuche nicht zu stolpern, sondern auszulaufen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Genug im Kreis gerannt, Златовласка. Nutz deine Größe mal für was Sinnvolles.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich kann nicht anders als die Augen zu verdrehen. Es ist nicht so, dass ich Mannschaftssport nicht schätze, aber eigentlich möchte ich die drei Stunden hier draußen nach meinen Vorstellungen nutzen. Ich schaffe es endlich meinen Lauf abzubremsen und  drehe mich zu der Stimme um, die von unweit hinter mir ertönte, nur um fast den Ball fallen zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Na sieh mal einer an..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej steht vielleicht 10 Meter von mir entfernt – mal wieder oberkörperfrei. Sein Shirt liegt wohl auf dem Haufen anderer Klamotten auf einer Bank neben dem Spielfeld. Die Hose sitzt verboten tief auf seiner Hüfte, bringt seine Bauchmuskeln nur noch mehr zur Geltung. Er setzt sich ganz bewusst in Szene und genießt meinen Blick, der in ungeniert mustert. „Die anderen brauchen Hilfe und ich ernstzunehmende Konkurrenz. Also?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Mundwinkel zuckt. Konkurrenz also? Das kann er haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Locker lasse ich den Ball aus der Hand auf den Boden fallen, schlage ihn locker ein paar Mal auf und fange ihn dann wieder mit einer Hand. Mein Blick gleitet kurz über die anderen Mitspieler. Außer dem Russen stehen noch 4 andere Männer auf dem Feld, die erwartungsvoll zu uns hinüber sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Na dann – Lass die Spiele beginnen[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich hole leicht aus und lasse den Ball in Richtung Alexej springen, während ich nach hinten greife und mein Shirt in einer lässigen Bewegung über meinen Kopf ziehe. Eigentlich ist es vollkommener Unsinn sich hier draußen auszuziehen, zumal die Temperaturen nicht so hoch sind, doch es gehört irgendwie dazu. Hier geht es nicht darum, das T-Shirt vor Schweiß zu bewahren und alle Kerle, die hier oben ohne ihre Muskeln zeigen, wissen das auch. Ich höre den Russen lachen, als ich auf das Spielfeld komme. Seine Augen zeigen wieder dieses ganz bestimmte Funkeln, als er sich zu seinem Team stellt und das Spiel kurze Zeit später von vorn beginnt.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Zwei Stunden später fließt mir der Schweiß in Strömen über Brust und Rücken. Mein Körper ist nicht begeistert, nach der unruhigen, heftigen Nacht zu derartigen Höchstleistungen gezwungen zu werden, doch darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Der Russe ist ein verdammt harter Gegner und meine Größe allein verschafft mir keinerlei Vorteil. Die anderen vier Mitspieler haben sich irgendwann an die Seitenlinie verzogen. Dort stehen auch die restlichen Häftlinge, die mit uns Hofgang haben – und die komplette Wachmannschaft, die sich offenbar köstlich darüber amüsiert, wie der Russe und ich uns gegenseitig beharken.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Seine Wurftechnik ist nicht so fokussiert wie meine.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wer hätte es gedacht?! – Granatenzielwerfen bei der Armee ist also DOCH zu etwas gut![/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Dafür kann er höher springen als ich das je bei einem Menschen gesehen habe. Mit etwas Anlauf schafft er es mit Leichtigkeit über mich hinweg zu segeln. Wenn ich aufrecht stehe**.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich habe das Spiel anfangs nicht besonders ernst genommen, doch Alexejs Art, jeden Korb mit einer Arroganz und Selbstverständlichkeit als gegeben hinzunehmen, hat meinen Kampfgeist geweckt. Ich habe die letzten Wochen und Monate hier drin vielleicht nicht so viel trainiert wie dieser sibirische Kampfkoloss, aber ich war verdammt noch mal bei der Armee und weiß, zu welchen Leistungen ich meinen Körper zwingen kann, wenn es notwendig ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gerade hat Alexej den Ball und lässt ihn locker aus dem Handgelenk auf den Boden prallen. Der letzte Korb gab Punkte für mich, er überlegt sich also gerade eine neue Taktik. Ich gehe locker in die Knie, auch wenn meine Oberschenkel schon protestieren. Die schnellen Richtungswechsel und die ständige Lauerhaltung beanspruchen andere Muskelgruppen als der Dauerlauf, den meine Beine sonst gewohnt sind. Wir taxieren uns für einige Sekunden, während der Ball unaufhörlich auf den Boden schlägt. Beiläufig wischt sich Alexej Schweiß aus dem Gesicht und streicht sich mit dem Daumen über die Lippe. Seine Zungenspitze blitzt für den Bruchteil einer Sekunde auf und leckt über seinen Daumen. DAS ist definitiv kein Zufall. Er zwinkert mir zu, den Mund jetzt zu einem frechen Grinsen verzogen, als er merkt, dass ich ein wenig aus dem Konzept geraten bin. Dann springt er vorwärts, lässt den Ball aufprallen und sprintet auf mich und den Korb in meinem Rücken zu. Er täuscht seinen Lauf nach rechts an, doch dieses Mal bin ich gewarnt. Ich sehe, wie sein Körper sich anspannt, um im letzten Moment nach links zu schnellen und komme ihm zuvor. Er macht seinen Ausfallschritt, springt nach oben und will den Ball im Korb versenken, trifft aber nur meine Hand, die ihm den Ball abnimmt. Unsere Körper prallen aneinander, nackte Haut auf nackter Haut, ein Gefühl, dass wie ein elektrischer Schlag in meine Eingeweide fährt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich habe nur keine Zeit es zu genießen, immerhin will der eroberte Ball ja auch verteidigt werden. Ich lande knapp vor Alexej und schaffe es, mich im Landen halb um die eigene Achse zu drehen. Johlen von der Außenlinie zeigt an, dass mit diesem Ballwechsel keiner gerechnet hat. Ich dribbele den Ball, gehe weiter in die Hocke, als Alexejs Körper auch schon warm und schwitzend in meinem Rücken auftaucht. „Du hast ja richtig Feuer heute, Златовласка.“ Seine Hand schlägt mir flach auf meine angespannten Oberschenkel, so weit oben, dass er gut und gerne auch meinen Hintern hätte treffen können. Ich weiche ihm seitlich aus und bewege mich schnell wieder auf den zweiten Korb zu, Alexej weiterhin im Rücken, der inzwischen so nah an meinen Rücken herangerückt ist, dass wir uns beide kaum sinnvoll bewegen können. Pfiffe von der Seitenlinie und erneutes Johlen. Fehlt nur noch, dass er mir den Schweiß vom Nacken leckt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„… ihn fertig Alexej!“, schallt ein Ruf vom Rand zu uns herüber. Ich wage einen kurzen Blick zu der Gruppe, die meinen Gegner anfeuert. „Nach seinem Date mit dem blauäugigen Stecher letzte Nacht ist der doch keine Konkurrenz für dich!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Ball entgleitet meinen Fingern und ich bin einen Hauch zu langsam. Alexej entwendet ihn mir locker und dreht postwendend auf dem Absatz um, um zurück zu meinem Korb zu hechten. Für einen Herzschlag haben die gebrüllten Worte jenen „blauäugigen Stecher“ vor mir lebendig werden lassen, zusammen mit dem Gefühl keine Luft zu bekommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fick dich!“, keife ich zurück und wetze hinter Alexej her, der wohl dachte, jetzt ein Schaulaufen veranstalten zu können. Als er meine Schuhe knapp hinter sich hört und einen Blick über die Schulter wirft, setzt er hastig zum Sprung an. Soweit lasse ich es aber nicht kommen. Mit vollem Körpereinsatz, dieses Mal von meiner Seite, renne ich ihn einfach über den Haufen und nehme ihm den Ball ab als er zur Seite wegtaumelt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Oh oh.. wer wird denn da gleich wütend werden? Hat was von einem Kampfstier, nur ohne Hörner. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder eher: Nur mit einem Horn. In der Hose.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich bin schon wieder auf den Weg zu meinem Korb, als er mir erneut den Weg versperrt und ich seinen breiten Brustkorb im Rücken spüre. Um den Affen an der Seitenlinie Zucker zu geben, presst er jetzt sogar seine Hüfte gegen meinen Arsch. Vielleicht in der Hoffnung mich aus dem Konzept zu bringen, so wie die Worte vom Rand das eben schon einmal bewerkstelligt haben. Zu dumm, dass mich nicht stört, was Alexej den anderen Kerlen an der Seitenlinie damit verdeutlichen will. Zeit, dem Kerl Paroli zu bieten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich drängele Alexej seitlich noch ein wenig weiter, bis ich die Drei-Punkte-Linie erreicht habe. Dann hole ich etwas Schwung, beuge mich vor, presse dem Russen absichtlich die Hüfte noch fester in den Schoß, spüre wie er sich versteift, mache einen Ausfallschritt und springe ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej folgt mir viel zu spät nach oben, der Ball segelt über seinen Kopf hinweg und landet donnernd im Korb.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Gesicht zeigt eine Mischung aus Überraschung und Anerkennung, während eine schrille Trillerpfeife uns darauf aufmerksam macht, dass unsere Zeit hier draußen beendet ist. „Gut gespielt“, brummt er anerkennend und wendet sich ab, um den Ball zu holen. Ich kann einfach nicht wieder stehen. Mit einem deutlichen Klatschen landet meine Hand auf seinem Arsch. „Du auch Snygging***“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Offenen Mundes dreht er sich zu mir um. Ich zwinkere ihm zu und gehe dann einfach weiter auf die Bank zu, auf der mein Shirt liegt. Die Gespräche sind etwas leiser geworden und ich spüre die Blicke, die auf mir liegen. Gut möglich, dass ich gleich mit dem Gesicht voran auf dem Platz liege – aber das war es wert.[/JUSTIFY]

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Neunter Teil

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zwischenspiel II

[RIGHT]Groß ist der Ruf von diesem furchtbar'n Ritter[/RIGHT][RIGHT]Und seine Taten von nicht minderm Wert.[/RIGHT][RIGHT]Gern wär' mein Auge Zeuge mit dem Ohr,[/RIGHT][RIGHT]Zum Ausspruch über diese Wunderdinge.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Hier stehe ich also mit meinen 19 Jahren und meinem Abschluss  in der Tasche. Hier, das ist die CFB Borden, unter anderem Stützpunkt des 16. Wing der Royal Canadian Airforce, Trainingscenter für Piloten, Ausbildungszentrum der Militärpolizei und Standort der Canadian Forces School of Aerospace Technology and Engineering, kurz CFSATE.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zur Armee zu gehen war schon mit 14 mein Traum. Allerdings hatte ich damals noch vorgehabt, zum schwedischen Arméns Jägarbataljon zu gehen. Leichte Infanterie und Gebirgsjäger, trainiert zum Einsatz hinter feindlichen Linien und im Gebirge. Da Schnee, Eis und raue Landschaften mein Herz schon immer haben höher schlagen lassen, schien das der richtige Weg zu sein.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Meine Eltern hatten vor, ihre Wahlheimat Kanada zu verlassen und nach Schweden zurück zu kehren um dort ihren Ruhestand zu verbringen, also war der Gedanke naheliegend, in Schweden zum Militär zu gehen, um für sie Sorgen zu können, wenn sie älter wurden. Dann kam die Pubertät und mein Entschluss geriet ins Wanken. Ich bin hier in Kanada zur Welt gekommen, bin daher auch kanadischer Staatsbürger. Meine Kindheit und einen Teil meiner Jugend habe ich allerdings in Schweden verbracht und fühle mich diesem Land schon seit meiner Geburt tief verbunden. Durch meine schwedische Familie hätte es auch keinerlei Problem dargestellt, an einen schwedischen Pass zu kommen, aber irgendwann war ich eben doch ‚richtig‘ hier angekommen und fühlte mich mehr als Kanadier, denn als Schwede – sehr zum Leidwesen meiner Mutter.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Zu Hause sprachen wir mehrheitlich schwedisch, auch wenn meine Eltern und meine ältere Schwester hervorragend englisch und im Fall meiner Schwester sogar französisch sprachen. Für meine Mutter war es dennoch wichtig, „unsere“ Landessprache in unseren Köpfen zu verfestigen und es war nicht das schlechteste, zweisprachig aufzuwachsen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dennoch war all die Erinnerung an die Heimat, in der ich im Grunde nie wirklich gelebt habe, nicht genug, um mir den Blick auf andere Perspektiven zu verbauen. Schließlich hatte auch Kanada eine Armee und unser Sportlehrer war begeisterter Verfechter der Royal Canadian Airforce und nebenbei auch der erste Schwarm meines übersprudelnden homosexuellen Verstandes.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Bei ihm war Sport mehr militärischer Drill als entspannter Unterricht, doch für mich war das genau das Richtige. Er empfahl mir (und allen anderen, die es hören wollten) letztlich auch, mich zumindest bei der Armee für ein Studium zu bewerben, wenn es denn einen Bildungsweg gab, der mich ansprach.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Tja, genau das hatte ich getan und hier war ich nun. Angehender Student der Antriebs- und Raketentechnik an der CFSATE und außerdem: Rekrut der Royal Canadian Airforce.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Bevor das Studium beginnt, werde ich wie alle Rekruten eine Grundausbildung durchlaufen*. Weil ich in Borden studieren werde, hat man mich direkt diesem Stützpunkt zugewiesen, was mir nicht unrecht ist, da er nicht besonders weit von Toronto entfernt liegt.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Bei meiner Ankunft hier habe ich meine Papiere abgegeben, wurde in ein Wartezimmer geschickt und harre seit dem der Dinge, die da kommen. Mit der Zeit trudeln weitere neue Rekruten hier ein, allesamt in meinem Alter. Mir gegenüber hat sich vor einigen Minuten ein braunhaariger Kerl auf die Bank fallen lassen. Er trägt abgewetzte Jeans und hohe Stiefel, ein weiteres kariertes Hemd über einem enger anliegenden Shirt, hat schokobraunes Haar, das ihm in Stufen bis auf die Schultern fällt und einen sauber gestutzten Bart. Trotzdem sieht sein feines Gesicht keinen Tag älter als 17 aus, was vielleicht auch mit seiner Körpergröße von vielleicht 1.70m zusammenhängt. Ich sehe nur kurz von der Zeitschrift auf, in die ich mich vertieft habe und nicke ihm zu. Er schenkt mir ein blütenweißes Grinsen und zieht dann seinerseits ein Buch aus seinem Seesack: „South“, geschrieben von Sir Ernest Shackleton.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Unwillkürlich muss ich Schmunzeln. Ein solches Buch hätte ich bei seinem Aussehen und seinem lässigen Auftritt nicht erwartet, aber man kann den Leuten ja bekanntlich immer nur vor den Kopf schauen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor ich irgendwie nachfragen kann, wie er dazu kommt den Reisebericht eines Polarforschers und Abenteurers zu lesen, betritt eine Gruppe von mehrere jungen Männern den Warteraum. Die kenne ich ausnahmsweise sogar, sie sind auf die gleiche Schule gegangen wie ich. Nicht, dass wir besonders viel Kontakt gehabt hätten, aber man kennt sich eben vom Sehen. „Na ihr Pussies? Schon bereit, ordentlich den Arsch aufgerissen zu bekommen?“[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Und da wäre dann auch der Grund, WARUM ich mit solchen Leuten nichts zu tun hatte. Danke für die Erinnerung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Wortführer der halbstarken Bande ist noch nicht lange aus der Pubertät heraus. Aknenarben in seinem Gesicht und eine noch immer kippende Stimme können seinem Ego dennoch nichts anhaben. Da fühlt sich jemand wie der Überflieger schlechthin und offenbar blasen ihm seine anhänglichen Kumpane dafür noch Zucker in den Arsch. Gott, solche Würstchen habe ich schon immer verabscheut. Dem würde seine große Klappe hier sicher schon noch vergehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich wusste, dass die nächsten Wochen und Monate verdammt hart sein würden. Hart, ungerecht und stumpfsinnig, denn das bedeutete Grundausbildung. Der Dreh und Angelpunkt in dieser Zeit war Gehorsam und Respekt zu erlernen. Körperliche Fitness und der Umgang mit militärischem Gerät spielte da nur eine untergeordnete Rolle. Die Armee funktionierte nur dann, wenn jeder die ihm zugedachte Rolle übernahm und Befehle nicht in Frage stellte. Das bedeutete auch, seinen Spint oder seine Stube ein fünftes Mal zu putzen, einfach weil der ranghöhere Soldat es verlangte. Ganz gleich ob man Lust darauf hatte oder nicht. In einem Guide zur Grundausbildung, durch den ich mich mehr oder minder interessiert geklickt hatte, war genau darauf hingewiesen worden: Einfach machen, nicht hinterfragen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Eigentlich spiegelte dieses Verhalten so gar nicht meine eigene Mentalität wieder, aber letztlich war klar, dass unsere Ausbilder am längeren Hebel saßen. Bis zu einem gewissen Punkt machte es also keinen wirklichen Sinn, Wiederworte zu geben. Ich hatte irgendwie im Urin, dass das ‚Steve‘, wie ihn seine Kumpels gerade nannten, nicht ganz so bewusst war. Vielleicht nahm er die ganze Sache auch einfach nur nicht ernst genug, das konnte natürlich auch sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich wende mich wieder meinem Gegenüber zu, der die Neuankömmlinge ebenfalls gemustert hat und sich jetzt mit einem leichten Schmunzeln wieder seinem Buch zuwendet. Er scheint das Gleiche zu denken wie ich und wirft mir über den Rand der Seite einen Blick zu, als er sieht, dass ich mich wieder zu ihm drehe. „Shackleton, hmn?“, frage ich, was ich vorhin schon wissen wollte. Sein Gesicht zeigt Überraschung als ihm klar wird, dass ich weiß wer das ist. „Ja.. Shackleton. Ein Mann, von dem sich einige noch eine Scheibe abschneiden können.“ Er grinst schief und nickt halbherzig zu der laut diskutierenden Gruppe hinüber. Gerade geht es anscheinend darum, wie man die Mädels am besten mit Uniformen beeindrucken kann. Ich erwidere das Grinsen und verziehe kurz das Gesicht, als ich mich an den genauen Wortlaut eines Zitates zu erinnern versuche.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„For scientific leadership give me Scott; for swift and efficient travel Amundsen“ Mein Gegenüber grinst breiter und unterbricht mich, bringt das Zitat zu Ende: „…but when you are in a hopeless situation, when there seems to be no way out, get on your knees and pray for Shackleton.”[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Genau das meine ich. Scott ist auf dem Weg zum Ziel gestorben, genauso wie viele der Männer, die ihn begleitet haben. Er“ er wackelt mit dem Buch „hat sein Leben riskiert, um das Leben seiner Männer zur retten. Darin zeigt sich wahre Größe und ein guter Führungsstil. Ich bin übrigens Calvin.“ Er streckt mir die Hand entgegen. Ich ergreife sie und erwidere den festen Händedruck. „Arnor“, stelle ich mich vor und ernte erneut einen neugierigen Blick. „Kein kanadischer Name“, stellt er treffend fest und lässt meine Hand wieder los. „Lass mich raten, irgendwas Nordeuropäisches?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ist doch offensichtlich, oder? Unser Hulk hier kommt direkt aus den schwedischen Bergen.“ Steve lässt sich lässig neben mir auf die Bank fallen, während seine Kumpels sich ebenfalls nähern. Ich hatte sie so ausgeblendet, dass mir gar nicht aufgefallen ist, wie sie näher gekommen sind. Ob Hulk für mich die richtige Beschreibung ist, wage ich zwar zu bezweifeln, doch gegen die Halbstarken hier bin ich tatsächlich ein Schrank. Zwar könnte ich sicher noch an Muskelmasse zulegen, aber allein meine Größe von 1.90 m und mein breites Kreuz lassen die anderen klein aussehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Calvin nickt nur freundlich, als Steve meine Schulter knetet. Ich schürze die Lippen und sage nichts. Jedes Wort aus meinem Mund hätte wohl irgendetwas mit „Lauch“ zu tun gehabt und ich will mir ja nicht direkt am ersten Tag Feinde machen. Dass Steve mit meiner körperlichen Fitness nicht mithalten kann, sieht ein Blinder und sicher auch er selbst. „Wenn du mal in ner Uniform steckst, fliegen dir die Weiberherzen sicher nur so zu“, verkündet er mir. Ich zucke nur die Schultern, was er zum Anlass nimmt, mich kritischer in Augenschein zu nehmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oder hast du ne Freundin Svensson?“ Wow, er erinnert sich sogar an meinen Nachnamen. Hat wohl doch ein paar graue Zellen mehr, als ich angenommen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, hab ich nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder klatscht Steves Hand väterlich meine Schulter. „Na das wird sich sicher ganz schnell ändern. Und du?“ Er dreht sich zu Cal, der die Nase bei dieser Unterhaltung wieder in sein Buch gesteckt hat. „Bist du überhaupt schon 18?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich verdrehe die Augen und nehme alles über graue Zellen zurück. Wie kann man nur so dämlich sein?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„19“, gibt Cal mit einer Engelsgeduld zurück. „Sonst hätten sie mich wohl nicht genommen, oder?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Das leuchtet sogar Steve ein. „Und hast du ne süße zu Hause sitzen, die auf dich wartet?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Cal klappt das Buch zu und richtet sich ein wenig mehr auf der Bank auf. „Nö, hab ich nicht.“ Steve grinst erneut gönnerhaft. „Na, Onkel Steve macht euch was Heißes klar. Die Mädels stehen auf Uniform.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Junge, du widerholst dich..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Vielleicht gibt’s hier ja auch ein paar Mädels in Uniform, das wär‘s doch, hmn?“ Seine Augen kriegen ein seltsames, gruseliges Leuchten. Meine Vermutung, dass er noch nicht ganz aus der Pubertät draußen ist, liegt wohl gar nicht so falsch. Ihm scheint das Blut allein bei dem Gedanken an ‚Mädels in Uniform‘ gen Süden zu schießen. Cals schenkt ihm ein schmales Lächeln. „Kann sein. Ich steh da nicht so drauf.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Steve verzieht den Mund leicht und ich kann kaum glauben, dass er auf diese Steilvorlage von Calvin eingeht. Dessen recht abweisende Worte schreien doch nur nach einer Gegenfrage, die der liebe Steve natürlich auch pflichtschuldig stellt. „Achja? Auf was stehstn dann so?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cals Grinsen wird breiter. „Mehr so auf Schwänze. Die dürfen auch gern in Uniformen stecken.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Steve entgleisen die Gesichtszüge. Cal schiebt sicherheitshalber noch ein „Ich bin schwul“ hinterher, nur für den Fall, dass Steve die Sache mit dem Schwanz nicht verstanden hat.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Es ist plötzlich sehr still und dem Plappermaul neben mir hat es offensichtlich die Sprache verschlagen. Auch seine Kumpels sehen betreten von einem zum andern, scheinen ohne ihren Rädelsführer nicht genau zu wissen, wie sie dem begegnen sollen. Ich hingegen bin einfach nur überrascht. Mein Blick begegnet Calvins, der einfach nur amüsiert grinst und dann sein Buch wieder aufschlägt. Er zwinkert mir zu und ich schlucke nervös.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, man sieht mir meine Homosexualität an der Nasenspitze an, aber das ist natürlich quatsch. Calvin habe ich es schließlich auch nicht angesehen und im Grunde spielt es ja auch keine Rolle. Dennoch ist es beeindruckend, wie er damit umgeht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich habe mich und meine Neigungen nie verheimlicht, meine Eltern wissen Bescheid. In der Schule habe ich es allerdings nie thematisiert. Vielleicht weil ich mich doch schäme, auch wenn ich mir einrede, dass ich es nicht tue. Durch meine Größe und mein Erscheinungsbild war ich sowieso schon anders als meine Klassenkameraden, ich wollte mich nicht noch durch meine Sexualität abgrenzen. Eigentlich ein dummer Gedanke, das weiß ich selbst. Cals Offenheit führt mir das einmal mehr vor Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Steve hat sich noch nicht von seinem Schock erholt und starrt weiter irritiert von Cal zu mir und seinen Kumpels. Cal hat Eier, das muss man ihm lassen. Bevor Steve allerdings irgendwie auf dieses Thema reagieren kann, betreten drei Offiziere, gefolgt von einer Gruppe weiterer Rekruten, den Raum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Guten Morgen die Herrschaften. Da wir jetzt vollzählig sind, beginnt hiermit ihre Grundausbildung auf der CFB Borden. Mein Name ist Lieutenant Parker und ich bin für ihre Fitness und Feldausbildung zuständig. Das hier“, er deutet nach rechts „ist Captain Pollock, er wird ihre Waffenausbildung begleiten und Captain Bouchard wird sich um ihre schriftliche Ausbildung kümmern. Wir teilen sie jetzt paarweise ihren Stuben zu. Sobald sie ihr Gepäck in ihre Quartiere gebracht haben, lassen sie sich ihre Uniformen ausgeben und legen Sportkleidung an. In einer Stunde beginnt ein Rundgang mit sportlichen Einheiten, danach erhalten sie eine Einführung in unserem Hörsaal.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Parker zieht das Klemmbrett nach oben, auf dem offensichtlich unsere Namen stehen.  Neben mir beugt sich Steve zu einem seiner Kumpels. Es soll wohl den Anschein machen, als würde er ihm etwas zuflüstern, doch er redet so laut, dass ihn jeder in der Nähe verstehen kann. „Hoffentlich landet keiner von uns bei dem Hinterlader..“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ah. Da ist sie also, die verspätete Reaktion auf Calvins deutliche Worte. Der zuckt nicht mit der Wimper, der Offizier dafür umso mehr. Er umrundet die Bank und kommt zu uns herüber, was Steve dazu veranlasst sich etwas gerader hinzusetzen. „Und sie sind?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Die Stimme des Mannes ist deutlich schärfer geworden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Steve Kinney“ antwortet der Angesprochene jetzt zackig, was wesentlich besser geklungen hätte, wenn seine Stimme beim Nachnamen nicht zu einem heiseren Krächzen gekippt wäre. Parker wirft einen Blick auf seine Liste, dann wieder auf Steve, dann lässt er das Klemmbrett sinken, verschränkt die Hände auf dem Rücken. „Erstens, Kinney, stehen sie auf wenn ich sie anspreche.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Etwas umständlich erhebt sich Steve von der Bank und nimmt so etwas wie Haltung an. Hatte offenbar nie Sport bei meinem Sportlehre, das Kerlchen. „Zweitens sprechen sie mich gefälligst mit Sir an, verstanden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Sir, Jawohl, Sir.“ Ohne dass Parker ihn aufgefordert hätte, brüllt Steve die Worte in bester Full Metal Jacket Manier. Hinter dem Lieutenant verkneift sich Calvin das Lachen. „Ich bin nicht taub Kinney!“ Feuert Parker jetzt in gleicher Lautstärke zurück. Langsam läuft der liebe Steve rot an. Das nächste „Sir, Jawohl, Sir“ ist leiser und beinahe etwas piepsig.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gut. Drittens: Um es mit ihren Worten zu sagen: Ob Cartwright lieber Schwänze oder Pussys lutscht ist nicht ihr Problem, verstanden? Ihr Problem ist es, morgen früh auf ihren Nippeln aus dem Bett zu kriechen, wenn ich heute mit ihnen fertig bin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sir, Jawohl, Sir.“ Noch piepsiger als davor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Parker hebt das Klemmbrett wieder vor die Nase. „Svensson?“ Sein Blick gleitet suchend durch den Raum.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Sehen hier noch mehr so aus, als könnten sie Svensson heißen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich erhebe mich vor Parker und überrage den Lieutenant somit um beinahe einen Kopf. Er blinzelt kurz, sonst erlaubt sich sein Gesicht aber keine Reaktion. „Sir, das bin ich, Sir.“ Meine Stimme ist ruhig, weder hektisch noch aufgeregt, noch ZU dienstbeflissen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Haben sie ein Problem mit ‚Hinterladern‘, um die Worte ihres Kameraden zu benutzen?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Sir, nein, Sir.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er nickt zufrieden. „Cartwright, das ist ihr Zimmergenosse. Sie können abtreten.“ Das nächste ‚Sir, Jawohl, Sir‘ kommt gleichzeitig aus meinem und Calvins Mund. Parker drückt mir einen dicken Umschlag in die Hand, dann kehrt er zu den anderen beiden Offizieren zurück und fängt an, die anderen der Reihe nach aufzurufen. Calvin greift seinen Seesack, ich meine Tasche. Zielstrebig verlässt er den Aufenthaltsraum und ich pilgere ihm etwas verwirrt hinterher. Draußen wartet er auf mich und streckt die Hand nach dem Umschlag aus. Ich gebe den Packen an ihn weiter und folge ihm, als er einfach weiterläuft. „Woher kennt der denn deinen Namen?“ stelle ich die offensichtliche Frage.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cal hat derweil den Umschlag geöffnet, in dem sich unser Stubenbuch und weitere Informationen zu den Barracken befinden. „Ich bin ihm schon mal begegnet“, erwidert Cal glatt und lotst mich zielsicher zu den Wohnbarracken, die jetzt unser neues zu Hause sein werden. „Und du kennst dich offensichtlich hier aus“, merke ich treffend an. Cal grinst und stößt kurze Zeit später die Tür zu unserem kleinen Reich auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, ich war vor zwei Monaten schon mal für einen Simulations- und Fitnesstest hier. Ich bin Pilotenanwärter.“[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]------------------------------------------------ 3 Wochen später ---------------------------------------------------[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Es ist das erste verdammte Wochenende, an dem ich AUSSCHLAFEN kann. Ich bin wirklich nicht der Mensch, der bis zur Mittagszeit in der Koje liegen muss, aber nach den ersten drei Wochen hier verstehe ich langsam, wieso Calvin mir erzählt, dass man am ersten freien Wochenende beinahe 24 Stunden durchschläft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war ja schon mehr oder weniger auf das vorbereitet, was da auf mich zukommen würde. Habe mich informiert, im Internet und im Rekrutierungsbüro. Ich wusste, dass es hart werden würde, obwohl ich in der körperlichen Verfassung bin, das auch wirklich auszuhalten. Nichts desto trotz haben unsere Ausbilder auch mich an meine körperlichen Grenzen gebracht und das einzige, das mich über Wasser gehalten hat, war die Tatsache, dass Steve zeitweise kaum noch geradeaus gehen konnte. Nach der ersten Woche war seine große Klappe dahin, erst recht als Calvin ihn in so ziemlich jeder Schießübung hat schlecht aussehen lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Überhaupt ist mein Stubenmitbewohner ein regelrechter Überflieger, was technisches Gerät angeht. Körperliche Fitness fehlt ihm etwas, doch er hat Biss und kämpft sich durch. Wir bilden ein gutes Team, auch bei Feldeinsätzen. Cal hat wie ich recht viel Ahnung vom Überleben in der „Wildnis“. Er hat mir schon häufiger davon erzählt, wie er mit seinem Bruder draußen campiert hat. Sein Bruder Logan ist auch bei der Armee, das hat er mir erzählt. Mehr weiß ich allerdings nicht, denn sonst redet er nicht besonders viel über ihn. Er sagt, er will nicht an dessen Maßstäben gemessen werden und daher nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden. Das verstehe ich natürlich und habe daher auch nicht mehr nachgefragt.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Nächste Woche steht uns erneut ein langer Marsch mit zwei Tagen draußen schlafen bevor, doch wenigstens ist das Wetter nach einigen Regentagen besser geworden und ich habe dieses Wochenende frei. Steve und seine Kumpels sind natürlich postwendend nach Hause gefahren, um sich von Mama den Arsch pudern zu lassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gebe ehrlich zu, dass ich es mir auch überlegt habe, doch Cal hat mich überredet zu bleiben. Wenn wir am Montag in aller Frühe zu unserer Übung aufbrechen müssen, ist es vielleicht wirklich besser, nicht erst sonntags spät abends hier einzutreffen. Wir wissen dieses Mal auch nicht, wohin wir gebracht werden. Daher wollen Cal und ich die beiden freien Tage nutzen, um uns so gut wie möglich auf verschiedene Situationen vorzubereiten. Trotzdem kann das warten, bis ich ausgeschlafen habe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es tat so verdammt gut, bei den ersten Sonnenstrahlen einfach die Augen wieder zuzumachen und sich noch einmal umzudrehen. Ich habe mir einfach die Decke über den Kopf gezogen und die Welt da draußen für ein paar weitere Stunden ausgesperrt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Plötzlich und unverhofft endet meine zweite Reise ins Traumland, als sich etwas schweres auf mich stürzt und mir ein Kissen an die Stelle drückt, an der sich mein Kopf unter der Decke befindet. Ich brauche ein paar Herzschläge, bis ich wirklich wach bin und die Panik mich packt. Knie drücken sich unsanft in meinen Brustkorb. „Hab ich dich...“ zischt eine Stimme irgendwo jenseits der Decke und des Kissens und boxt mir an die Stelle, an der sie meine Leber vermutet. Dummerweise ein ganzes Stück zu hoch, so dass ich nur einen schmerzhaften Schlag gegen die Rippen bekomme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Was zur Hölle?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich beginne zu zappeln und versuche einen Arm zu befreien, was in dem Deckengewirr nicht ganz einfach ist. Die Stimme über mir fängt an zu lachen. „Ach komm schon Kleiner, das hat schon früher nie funktio-woah!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein dumpfer Schlag verkündet, dass der Angreifer unsanft rückwärts vom Bett gefallen ist. Da ich es nicht geschafft habe, meinen Arm aus der Decke zu winden, habe ich meine Last einfach mit roher Körperkraft von mir herunterbugsiert. Damit hat er offenbar nicht gerechnet. Noch weniger damit, dass ich mit einem Satz vom Bett springe und mich auf den am Boden liegenden Soldaten stürze, der in einem schicken Fliegeroverall steckt. „Wow, du hast ja wirklich zugel…“ wieder bricht sein Satz in der Mitte ab, als ich ihn unsanft auf die Füße reiße und hart gegen die Wand der Stube stoße, um ihn schließlich dort festzupinnen. Meine freie Hand packt den Vorhang, der die Sonne zum großen Teil aussperrt und reißt ihn zur Seite, was zur Folge hat, dass der unwillkommene Gast im ersten Moment so geblendet ist wie ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich presse kurz die Augen zusammen und lehne mich mit vollem Gewicht gegen den Kerl, der ein seltsames Keuchen von sich gibt. Als sich meine Augen endlich an die Helligkeit gewöhnt haben, mustere ich ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ist ein Stück kleiner als ich, vielleicht irgendwas um die 1.80, 1.85 m. Sein Alter schätze ich auf Mitte oder Ende 20, durch den Bart ist es etwas schwer zu sagen. Irgendwie kommt er mir bekannt vor, aber ich kann den Finger nicht darauf legen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich orientiere mich eher an dem Rangabzeichen auf seiner Schulter und sehe, dass ich hier gerade einen Second Lieutenant an die Wand pinne. Noch immer schwer atmend lasse ich ihn los. Mein Kreislauf ist noch nicht ganz auf der Höhe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gerade als ich mich allerdings für diesen Angriff entschuldigen will, rutscht mein Blick auf den aufgenähten Nahmen an der linken Brust: L. Cartwright. Mein Blick zuckt zurück in das Gesicht, das ich eben einer flüchtigen Musterung unterzogen habe. Kein Zweifel: Der Kerl ist Calvins Bruder. Die Ähnlichkeit ist so frappierend, dass ich mich wirklich frage, wieso es mir nicht gleich aufgefallen ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Er steht noch immer an die Wand gelehnt da, hat abwehrend die Hände gehoben. „Shit, sorry, ganz ruhig. Ich dachte du wärest mein Bruder“, erklärt er jetzt, wo er seine Stimme wieder gefunden hat. Ich fahre mir mit leicht zittrigen Fingern durchs Gesicht und werfe einen Blick auf das zweite leere Bett. „Bin ich nicht“, fasse ich das Offensichtliche in Worte und greife nach der Wasserflasche auf meinem Nachttisch. Auf den Schock am Morgen brauche ich erstmal einen ordentlichen Schluck.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schläfst du immer nackt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich setze die Wasserflasche ab und drehe den Kopf wieder zu Calvins Bruder, der mich ungeniert mustert. Ich weiß nicht woher die Eingebung kommt, aber irgendwie muss ich kontern. „Ja. Dein Bruder steht drauf.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Logans Gesicht verdüstert sich von einer Sekunde auf die nächste, doch er kommt nicht dazu etwas zu sagen, denn die Tür geht auf und Calvin stolpert herein. „Ich steh auf was…?“, fragt er noch etwas außer Atem. Offenbar war er gerade Joggen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hey Logan“, begrüßt er seinen Bruder, während er sich das verschwitzte Shirt über den Kopf zieht. „Was machst du denn hier?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dich wecken. Zumindest wollte ich das. Wieso bist du denn schon wach? Schläfst doch sonst immer bis Nachmittags.“ Er verschränkt die Arme vor der Brust. Sieht ja nicht besonders herzlich aus, diese Beziehung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wecken nennst du das?“ Zeit, mich wieder einzuschalten. „Umbringen wollte der dich, das sage ich dir. Springt wie ein Irrer auf mein Bett und drückt mir das Kissen auf den Kopf.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Vorsicht Soldat..“ zischt Logan zu mir herüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Achwas, hab ich mit meinem Kommentar einen Nerv getroffen? Der große Bruder ist wohl eher eine große Glucke, die den Gedanken nicht erträgt, dass der kleine Bruder den Zimmergenossen fickt?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich schenke ihm nur ein müdes Lächeln. Heute bin ich nicht im Dienst und er hat keinerlei Berechtigung hier aufzutauchen und mich derart zu überfallen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cal sieht das wohl ähnlich, denn er lacht leise. „Hast dir an Arn die Zähne ausgebissen, hmn? Tja, der steckt sogar dich in die Tasche.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Naja, SO weit würde ich jetzt nicht gehen. Ich hatte definitiv das Überraschungsmoment auf meiner Seite, denn Logan ist körperlich mindestens so fit wie ich, das sehe ich, selbst in dem unförmigen Overall den er trägt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und was steckt der sonst noch so?“ Da hab ich wohl wirklich was angestoßen. Logan kann das Thema nicht einfach fallen lassen. Calvin verdreht nur genervt die Augen. „Spars dir Logan. Arn ist mein Mitbewohner, sonst nichts. Hör auf hier den großen Bruder raushängen zu lassen, ist ja peinlich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan zieht eine Flunsch. In seinem Gesicht sieht das irgendwie niedlich aus. „Ist ja gut..“ brummt er nur. Dann gibt er sich einen Ruck und räuspert sich. „Sorry. Arnor, richtig?“ Ich[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]nicke nur knapp, er hält mir die Hand hin. Nach einem letzten Zögern ergreife ich sie. „Logan. Calvins Bruder. Ich wollte dich wirklich nicht erschrecken.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Schon okay..“ gebe ich zurück und schiebe mich dann an ihm vorbei in das angrenzende Bad. Diesen Luxus haben wir immerhin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Als ich wieder ins Zimmer komme, ist Logan gerade dabei sich zu verabschieden. Er wirft mir einen letzten entschuldigenden Blick zu, dann zieht er die Tür hinter sich zu. Cal schüttelt noch immer etwas ungläubig den Kopf. „Idiot. Sorry, dass du seinen „Scherz“ abbekommen hast. Andererseits geschieht es ihm ganz recht. Hat er wenigstens auch mal sein Fett weg bekommen.“ Calvin schlendert zu seinem Bett und lässt sich darauf plumpsen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stehe noch unschlüssig in der Tür zum Bad. „Ich dachte echt für einen Moment, ich sei im falschen Film. Mein Kommentar hat ihn wohl ein bisschen aus dem Konzept gebracht.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Cal sieht neugierig von seinen Laufschuhen auf, die er gerade von den Füßen schält. „Welcher Kommentar?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ach.. ich habe nur gemeint, dass ich nackt schlafe, weil du drauf stehst.“ Ich stoße mich – noch immer nackt – vom Türrahmen ab und hebe meine Bettdecke vom Boden auf, um sie anständig auf das Bett zu legen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Naja, du schläfst vielleicht nicht nackt, WEIL es mir gefällt, aber DASS es mir gefällt muss ich ja nicht verheimlichen, oder?“ Er streckt mir frech die Zunge raus und läuft Barfuß ins Bad, um zu duschen. Ich stattdessen lasse mich einfach wieder aufs Bett fallen und verdaue den Schock, in dem ich noch etwas vor mich hindöse.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Geweckt werde ich das nächste Mal etwas sanfter, wenn auch nicht weniger unangenehm. Wassertropfen rieseln auf mein Gesicht und meine Brust nieder und als ich zischend die Augen öffne, steht Cal neben mir, die Hände in die Hüften gestemmt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Lang genug gepennt jetzt. Los, zieh dir was an Arn. Wir haben viel zu besprechen und bei dem Anblick kann ich mich nicht konzentrieren.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]-------------------------------------------------------------[/JUSTIFY][JUSTIFY]*Diese Grundausbildung findet für alle Rekruten eigentlich in der Canadian Forces Leadership and Recruit School in Saint-Jean-sur-Richelieu statt. Auch das Studium, das Arn anstrebt und Cals Pilotenausbildung sind an anderen Standorten angelegt. Für die Story und die Nähe zu Toronto habe ich trotzdem die CFB Borden als Schauplatz gewählt. Ich hoffe, ihr verzeiht ;)[/JUSTIFY]

Zehnter Teil

[RIGHT]Sagt mir, worin verging ich mich am meisten?[/RIGHT][RIGHT]Begehrt' ich Reichtum oder Ehre? Sprecht![/RIGHT][RIGHT]Sind meine Kisten voll erpreßten Goldes?[/RIGHT][RIGHT]Und ist mein Aufzug kostbar anzuschaun?[/RIGHT][RIGHT]Wen kränkt' ich, daß ihr meinen Tod so sucht?[/RIGHT][RIGHT]Kein schuldlos Blut vergossen diese Hände.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexejs Blick verfolgt mich, bis ich die Nische verlassen habe. Sein Starren sorgt für prickelnde Schauder, die mein Kreuz hinabrauschen und sich unter meinem Steiß bündeln. Die Wache tauscht einen beinahe entschuldigenden Blick mit Alexej, was ich noch aus dem Augenwinkel wahrnehme. In diesem Moment bin ich mir gar nicht sicher ob ich wissen will, wieso Alexej sich einen Gefallen von der Wache einfordern kann, vor allem einen Gefallen dieser Größenordnung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Während ich, dicht gefolgt von Owen, den Gang vor den Duschen zurück zu der Umkleide gehe, in der ich meine frische Kleidung und meinen Overall deponiert habe, gelingt es mir, meinen Körper wieder etwas mehr unter Kontrolle zu bringen. Ich muss verdammt verzweifelt sein, das ist mir klar. Ich war kurz davor, alle Vorsicht über Bord zu werfen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]‚Bis ich mit dir fertig bin‘, waren seine Worte und mir wird plötzlich erschreckend klar, dass ich keine Ahnung habe, WIE das am Ende für mich ausgegangen wäre. Wie weit wäre Alexej gegangen? Hätte er sich damit zufrieden gegeben, mich so lange zu quälen, bis ich um Erlösung gebettelt hätte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Nicht, dass das passiert wäre.. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Oder hätte er mich überwältigt?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Okay, seien wir ehrlich: Viel hat nicht gefehlt und du hättest ihn angefleht dich endlich zu ficken.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich schlucke und atme tief durch. Owen ist schon vorgegangen und wartet draußen auf mich, sodass ich zumindest kurz Zeit habe, mich mit mir selbst auseinander zu setzen. Als ich das Handtuch von meiner Hüfte löse, ist meine Erektion deutlich zusammengeschrumpft. Zügig trockne ich den Rest meines Körpers ab und rubbele mir ebenfalls die Haare halbwegs trocken, ehe ich in frische Kleidung steige.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Scheiße.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich weiß, dass ich es getan hätte, da in der Dusche. Im verzweifelten Versuch, die Gedanken an Starrick, Logan und Calvin aus meinem Gedächtnis zu radieren, hätte ich Alexej seinen Willen gelassen. Ich hätte mich nicht gewehrt, wenn er mich hätte haben wollen. Er hätte mich dafür nicht einmal überwältigen müssen, denn eben, als er mich noch mit seinen Fingern um den Verstand gebracht hat, habe ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass er ganz sicher kein Gummi mitgebracht hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ihm einen Blowjob zu geben oder einen zu bekommen, das ist eine Sache und im Grunde ist es schlimm genug, dass ich das ohne Schutz gemacht habe. Sex ist eine andere und ich verfluche mich für den schwachen Moment, in dem ich beinahe meine Gesundheit aufs Spiel gesetzt hätte. Ich kenne Alexej nicht gut genug, um zu wissen ob er irgendwelche Krankheiten mit sich herumschleppt und ich hänge sehr an meiner Gesundheit. Aber gerade eben war es mir egal und es ist erschreckend, wie leicht sich mein klares Denken verabschiedet hat, wie groß die körperliche Anziehungskraft des Russen ist und wie sehr ich mich danach gesehnt habe, mich einfach fallen zu lassen und an nichts weiter zu denken. Dieser Ort verändert mich mit jedem Tag mehr. Ich muss hier raus.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Entschieden ziehe ich den Reißverschluss des Overalls bis zum Hals zu und verlasse die Kabine, nach dem ich meine Haare halbwegs in Form gebracht habe. Unser Wäschesack ist verschwunden und ich nehme an, dass Alexej sich darum kümmern wird, also trete ich hinaus und werde direkt von Owen und einem wartenden Wachmann in Empfang genommen. Sehr zu meiner Zufriedenheit landen wir heute in einem anderen Besprechungszimmer. Selbst hier ist das beklemmende Gefühl der letzten Nacht sofort wieder da, doch wenigstens ist es nicht derselbe Raum und ich bin auch nicht gefesselt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wir werden allein gelassen und Owen zieht einige Dokumente aus seiner Aktentasche, die er auf den Tisch gelegt hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Willst du dich nicht setzen?“ Er wirft mir einen Blick über die Schulter zu, der ich immer noch nahe des Einganges stehe und mich nicht wirklich rühre. Ich bemerke meine Starre und räuspere mich, gehe langsam zu dem Stuhl hinüber und lasse mich drauf gleiten. Ein seltsames Gefühl, mich auf meinen Hintern zu setzen. Beinahe so, als würde ich Alexejs Finger immer noch spüren. Owen beobachtet mich und legt den Kopf leicht zur Seite. „Arnor… was läuft da mit dem Russen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ertappt sehe ich etwas zu schnell auf und kann nicht verhindern, dass mir Röte in die Wangen steigt. Owen lässt sich auf den zweiten Stuhl fallen und verschränkt die Arme in Erwartung einer Erklärung vor der Brust. „Also?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich schließe kurz resignierend die Augen und zucke die Schultern. „Nichts Besonderes“, gebe ich ausweichend zur Antwort, doch Owen lässt das nicht gelten. „Du kannst mir nicht erzählen, dass du dir neben ihm in der Dusche einen runterholst, wenn du sonst genug Gelegenheit dazu hast, das in der relativen Abgeschiedenheit deines Bettes zu machen. Außerdem bin ich nicht taub. Da lief doch eben was. Zwingt er dich zu irgendetwas?“ Seine Sorge klingt echt, was mich zu einem deutlichen Kopfschütteln bringt. „Nein.. um Gottes Willen, nein. Wir .. ähm.. helfen uns gegenseitig aus, wenn es mal.. ähm.. nötig ist.“ Ich verziehe ob dieser weit gefassten Erklärung selbst das Gesicht und ein Blick in Owens Augen zeigt, dass der der mich amüsiert und gleichzeitig etwas ungläubig mustert. „Du meinst du stellst deine Hände und Körperöff-“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Herrgott ja, ab und an blase ich ihm einen und er mir. Meine Güte, was ist schon dabei?!“ Muss er da jetzt so einen Aufstand drum betreiben? Ich grunze leise und ernte darauf ein belustigtes Glucksen von meinem Anwalt. „Das klingt schon mehr nach dir als aushelfen. Trotzdem: Der Kerl ist nicht ohne Arn. Ich hab mich mal ein wenig schlau gemacht und das, was man ihm vorwirft ist wirklich nicht ohne. Ich sage deshalb vorwirft, weil man ihm, abgesehen von ein paar kleineren Delikten, nichts nachweisen kann. Der Kerl ist schlimmer als Teflon, an ihm bleibt nichts haften – aber das heißt nicht, dass an den Vorwürfen nichts dran ist. Er verdient sein Geld damit, Menschen gegeneinander auszuspielen und was wir nicht gebrauchen können, ist ein Mithäftling im Zeugenstand, der Interna ausplaudert, die du ihm in trauter Zweisamkeit ins Ohr gestöhnt hast.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Glaub mir, DARÜBER spreche ich nicht mit ihm, wenn er gerade den Mund voll hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Aber du hast leider Recht: Ich vertraue Alexej.. vielleicht zu sehr.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Owens Mundwinkel zuckt erneut. „Dann solltest du den Mund heute vielleicht auch noch mal.. ‚voll nehmen‘, auf dass er auch weiterhin auf deiner Seite bleibt.“ Er greift nach den Dokumenten auf dem Tisch und schiebt sie jetzt zu mir hinüber. Erneut fühle ich mich schmerzhaft an die letzte Nacht erinnert und mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich nach unten sehe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Da ist allerdings kein Bild von Calvin und Logan, sondern nur das schmucklose Deckblatt eines Arbeitsvertrages. Owen bemerkt mein kurzes Zögern und fasst es wohl falsch auf. „Komm schon, sieh ihn dir wenigstens an.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich strecke die Hand aus und hebe das Deckblatt an, ehe ich den Blick wieder hebe und Owen ansehe. „Was ist mit Alexander? Warst du schon bei ihm?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwas an meiner Stimme muss ihn endgültig davon überzeugt haben, dass etwas nicht stimmt. Er lehnt sich nach vorne und mustert mich eindringlicher. „Ja. Gleich heute Morgen. Er hat bereits unterschrieben, aber ich werde die Verträge erst dann zu Dick bringen, wenn du auch unterschrieben hast. Wir waren uns doch einig, Arn. Was ist denn los?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich habe den Unterkiefer vorgeschoben und nage an meiner Unterlippe. Owen ist mein Anwalt, natürlich kann ich offen mit ihm sprechen. Allerdings ist Owen auch ein guter Freund und er wird durch die Decke gehen, wenn ich ihm jetzt verrate, dass Starrick letzte Nacht bei mir gewesen ist, um mir einen Deal anzubieten. Immerhin: Offenbar war er nicht bei Alexander, oder aber er war dort, aber Alexander hat sich ebenso erfolgreich gewehrt wie ich. „Arnor!“ Owens Ton wird schneidend. Ich reiße mich zusammen und erwidere seinen Blick.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Starrick war hier, gestern Abend. Er hat mir einen Deal angeboten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er hat WAS?!“ Owens Stimme überschlägt sich beinahe. „Du hast doch wohl nicht –..“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„NEIN! Nein, natürlich nicht.“ Ich hebe sogar abwehrend die Hände, um meine Worte zu verdeutlichen. Owen ist aufgesprungen und tigert jetzt neben dem Tisch auf und ab. „Wieso sagst du das erst jetzt? Wieso hast du mich nicht sofort angerufen? Mann Arn, das ist WICHTIG! Was hat er dir angeboten?!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erneut ist es an mir, betreten zur Seite zu sehen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich den Fall ohne dich nicht bespreche. Ich habe auch nichts zu dem Fall gesagt und wir waren allein, kein Band, kein Wachmann, niemand. Ich glaube er wusste, dass du mit Dick zu einer Einigung gekommen bist, anders macht es keinen Sinn. Das war nicht mehr als der klägliche Versuch der Staatsanwaltschaft, das Ruder noch herum zu reißen. Oder sein kläglicher Versuch, den eigenen Hals zu retten. Ich weiß es nicht, irgendwie so wird es gewesen sein.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Meine Worte können Owen nicht wirklich besänftigen. „Was hat er dir angeboten?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich seufze leise und schüttele dann den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich habe das Dokument nicht zu Ende gelesen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Entrüstet schlägt sich Owen vor mir auf die Stirn und seufzt theatralisch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ja, danke Owen. Ich weiß, das war dumm. Aber ich KONNTE nicht anders, dieser Bastard hat alles daran gesetzt, mich aus der Fassung zu bringen..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Fünf Jahre Haft, ein Schuldeingeständnis zur unterlassenen Hilfeleistung mit Todesfolge, so etwas in der Art. Ich habe nicht weiter gelesen, weil ich nichts davon eingestehen werde! Schon gar nicht für Starrick.“ Ich kann nicht verhindern, dass ich trotzig klinge wie ein kleines Kind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und was war noch?“ Owen lässt nicht locker, doch mir ist anzusehen, dass da noch mehr dahinter steckt. Also gut..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Er hat Alexander und zwei andere Kameraden von uns mit hinein gezogen, die im Auslandseinsatz gefallen sind. Er sagte, dieser Deal wäre eine Chance für mich, etwas Menschlichkeit zu zeigen. Wenn schon nicht für Rawlinson, dann wenigstens für meine Kameraden, die schließlich auch durch von uns designte Waffen gestorben sind. Er meinte, fünf Jahre Haft seien die bessere Wahl als ein Knebelvertrag, der mich sieben Jahre zu genau dieser Arbeit verdammt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen schüttelt angewidert den Kopf. „Dieser Kerl kennt wirklich keine Grenze.“ Er lässt sich wieder mir gegenüber auf den Stuhl fallen. „Andererseits ist es wirklich seine aller letzte Chance. Vielleicht würde ich dann auch versuchen, mich an jeden Strohhalm zu klammern. Zumindest weiß ich jetzt, wieso du dich so seltsam verhältst. Er ist wirklich gut informiert, was mir ein wenig Sorgen macht. Ich habe das alles erst gestern mit Dick besprochen, eigentlich kann er das bis zum Abend nicht herausgefunden haben, es sei denn, jemand bei Dick hat geplaudert. Eine undichte Stelle können wir nun auch nicht gebrauchen, aber letztlich spielt es keine Rolle. Wenn du diesen Vertrag heute unterschreibst, verlässt du den Gerichtssaal morgen als freier Mann.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wie bitte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich muss die Frage nicht aussprechen, Owen sieht mir die Verwirrung an. Er räuspert sich und beugt sich wieder über den Tisch, auch wenn wir hier allein sind und das Gespräch nicht aufgezeichnet wird. „Ich kann dir nichts Genaueres sagen, Arn. Du musst mir in diesem Fall einfach vertrauen. Ich habe das alles mit Dick abgesprochen und wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass er euch rausholen  kann“, er wedelt mit der Hand und verbessert sich gleich im nächsten Atemzug, „unschuldig rausholen kann, dann hätte ich nicht zugestimmt. Also bitte lies den verdammten Vertrag durch und überlege dir schnell, ob du dich damit abfinden kannst. Wir haben nicht mehr viel Zeit und ich bin mir nicht sicher, ob ich nachverhandeln kann.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gebe zu, es gefällt mir nicht. In meinem Kopf schrillen Alarmsirenen. Trotzdem blättere ich weiter durch den Vertrag, überfliege Standartfloskeln, um zu den Bedingungen zu kommen, die an dieses Abkommen geknüpft sind. So habe ich auch kurz Zeit, mich zu sammeln. Wie will Dick es anstellen, uns unschuldig da raus zu boxen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen ‚legalen‘ Weg gibt. Einen, der mich und Alexander wirklich von jedem Vorwurf frei spricht. Ansonsten hätte Owen ihn doch längst gefunden, oder nicht? Wenn Dicks Hilfe an diese Verträge geknüpft ist, dann ist das, was morgen im Gericht passieren soll, sicher ganz und gar nicht ‚legal‘. Dick will sicher gehen, dass er für seine Hilfe angemessen entlohnt wird, also wird er offenbar selbst ein Risiko eingehen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Dass er gewillt ist, das für uns zu tun, ist kein Wunder. Wir sind beide unglaublich gut in dem was wir tun, obwohl wir vergleichsweise jung und neu in dem Job außerhalb des Militärs sind. An uns kann er verdienen, auch wenn unsere Namen noch nicht weltweit bekannt sind – das haben wir schließlich schon unter Beweis gestellt. Allerdings macht er das natürlich nicht ohne Gegenleistung und diese Gegenleistung ist meine Unterschrift. 7 Jahre hatte mir Starrick gestern auf den Kopf zugesagt. Es sind tatsächlich ‚nur‘ 5, doch der Vertrag regelt bereits eine optionale Weiterbeschäftigung, zu der allerdings beide Parteien zustimmen müssen. Klug eingefädelt. In fünf Jahren kann viel passieren und ob wir dann noch daran denken, was uns vor Monaten passiert ist? Oder sehen wir dann das schnelle Geld, das der Job verspricht? Werden wir uns in fünf Jahren so vehement gegen Dick auflehnen, wie zumindest ich heute dazu bereit bin?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Andererseits sind die fünf Jahre wirklich ein sehr gutes Angebot für ein Leben in Freiheit. Starricks Deal umfasste fünf Jahre Knast. Es wird sich zwar nicht anders anfühlen, aber draußen habe ich wenigstens Alkohol, um meinen Frust und meine Trauer zu betäuben. Noch einmal mustere ich aufmerksam Owens Gesicht, versuche aus seinen Augen abzulesen, was Dick in der Hand hat, doch sein Gesicht verrät mir nicht mehr als vor wenigen Minuten.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Also gut..“ seufze ich geschlagen. „Für Alexander, weil er wirklich hier raus muss.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Grinsend schiebt mir Owen einen Stift zu. „Ach, du nicht? Willst lieber noch eine Weile mit deinem Russen duschen, hm?“ Ich verziehe das Gesicht und unterschreibe etwas heftiger als beabsichtigt die notwendigen Dokumente.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gibt tatsächlich Schlimmeres als Alexejs Gesellschaft, das gebe ich gerne zu. Aber selbst mein halbnackter Russe ist kein Grund, hier bleiben zu wollen. Was mir Bauchschmerzen bereitet, ist dieser Vertrag, den ich jetzt unterschrieben habe. Auch wenn ich ‚frei‘ bin, so habe ich doch meine Seele dafür verkauft und ich habe Angst, dass diese Arbeit mich in fünf Jahren schneller brechen kann, als fünf Jahre Gefängnis.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich sehe dabei zu, wie Owen den Vertrag wieder in einer Mappe verstaut und sich erhebt. „Du wirst morgen früh wieder nach dem Frühstück abgeholt. Sieh zu, dass du deine Sachen zusammenpackst. Wenn alles so läuft, wie Dick und ich das geplant haben, dann kommst du nur noch einmal hier her, um deine Sachen abzuholen. Genieß die letzte Nacht mit deinem hübschen Zellennachbar…“ feixt er frech und klopft dann an die Tür, zum Zeichen, das wir hier fertig sind. Ich brumme nur etwas Unverständliches und verabschiede mich mit einem letzten „Bis morgen dann Owen“, bei ihm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach dem Owen hinaus ist, dauert es dieses Mal keine Minute, bis auch ich abgeholt und zu meiner Zelle zurückgebracht werde. Alexej ist nicht da, was mich zwar wundert, aber auch nicht so ungewöhnlich ist. Vielleicht hat er ein Treffen mit seinem Anwalt oder ist sonst irgendwo im Gefängnis unterwegs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich wasche meine Haare in unserer Waschnische und prüfe dann meine wenigen Besitztümer, die ich hierher mitgebracht habe. Wirklich ‚packen‘ muss ich nichts. Lediglich eine Box aus Pappe enthält einige wenige persönliche Gegenstände, die Owen mir mitgebracht hat. Ich verstaue meine Gerichtsdokumente darin, dann lasse ich sie wieder im Schrank verschwinden und klettere auf mein Bett. Ein halb angefangenes Buch liegt auf einer kleinen Ablage am Kopfende: „South“ von Shackleton. Ich schlage es an der Stelle auf, an der ein vergilbtes Post-It schon seit Jahren eine Stelle markiert. Eigentlich muss ich nicht lesen, ich kenne die Stelle auswendig. Dennoch beruhigt es mich, die Zeilen erneut zu überfliegen. Cals Stimme schallt durch meinen Kopf, als ich mich daran erinnere, wie er sie mir das erste Mal vorgelesen hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]We had pierced the veneer of outside things. We had "suffered, starved and triumphed, grovelled down yet grasped at glory, grown bigger in the bigness of the whole." We had seen God in His splendours, heard the text that Nature renders. We had reached the naked soul of man.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

Zwischenspiel III.1

[RIGHT]Nenn' Heiligkeit nicht, denn du liebst das Fleisch[/RIGHT][RIGHT]Und gehst zur Kirche nie im ganzen Jahr,[/RIGHT][RIGHT]Als wider deine Feinde nur zu beten.[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„We had pierced the veneer of outside things. We had "suffered, starved and triumphed, grovelled down yet grasped at glory, grown bigger in the bigness of the whole." We had seen God in His splendours, heard the text that Nature renders. We had reached the naked soul of man.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Cals Stimme klingt nah an meinem Ohr in der Dunkelheit. Dunkel ist es, weil ich die Augen geschlossen halte, während Cal mit einer kleinen Lampe genügend Licht macht, um im Schlafsack lesen zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Also was die nackte Seele angeht, bin ich mir ja nicht so sicher. Aber nackte Körper trifft es ziemlich genau“, brumme ich leise. Cal lacht leise und ein Klick deutet an, dass er die Taschenlampe ausgeschaltet hat. Es raschelt leise, als er Buch und Lampe aus unserem Lager und zurück in seinen Feldrucksack schiebt. Ich habe wirklich keine Ahnung, wieso er das verdammte Buch überhaupt mitgeschleppt hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gebe zu, ich kannte Shackletons Geschichte aus der Schule, doch wirklich beschäftigt habe ich mich nicht mit ihm. Er ist in einer Reihe mit den bekannten Polarforschern Scott und Amundsen zu nennen, doch im Gegensatz zu den beiden hat er den Pol und sein eigentliches Ziel, nämlich die Durchquerung der Antarktis, nie erreicht. Cal hat mir die Expedition, wegen der er so „berühmt“ wurde, zusammengefasst:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Shackletons Plan war es ursprünglich gewesen, die Antarktis zu Fuß und mit Schlitten zu durchqueren und dabei den Pol zu passieren. Von Südgeorgien aus startete Shackleton mit seiner Crew gen Süden. Das Schiff, die Endurance, wurde dabei – wie vorgesehen – im Packeis eingeschlossen. Die Bauweise des Schiffes sorgte dafür, dass es nach oben aus dem Eis gedrückt wurde, so dass der Drift im Packeis eigentlich kein Problem hätte darstellen sollen. Shackleton hatte auf bessere Bedingungen gehofft, doch das Eis erwies sich als unbarmherziger Gegner. Der Drift brachte das Schiff erneut ein ganzes Stück nach Norden, ehe es schließlich zwischen den Eisschollen langsam aber sicher zermalmt wurde und Shackleton gezwungen war, das Schiff aufzugeben. Da das Holz des Schiffes zwar barst, das Schiff im Eis aber nicht sofort versank, hatte die Mannschaft genügend Zeit, alles Brauchbare in den folgenden Tagen vom Schiff zu retten. Auf dem Eis drifteten sie samt dem sinkenden Schiff immer weiter nach Norden, bis sich die Eisdecke schließlich öffnete und die Mannschaft gezwungen war, die Reise in den ebenfalls gesicherten Rettungsbooten fortzusetzen. Relative Sicherheit fanden die Männer zunächst auf einer Insel namens Elephant Island. Die Insel war nicht bewohnt, doch die Männer hatten genug Material dabei, um ein vorläufiges Lager zu errichten. Shackleton war klar, dass sie dort niemals gefunden werden würden und seine einzige Chance die Männer zur retten darin bestand, mit einem der drei Beiboote 1500km über den Ozean zurück nach Südgeorgien zu fahren.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Die James Cird, ein knapp 7m langes Rettungsboot, brach Ende April von Elephant Island auf. An Bord befanden sich neben Shackleton selbst noch fünf weitere Männer, während er die 22 anderen Mitglieder seiner Crew auf Elephant Island zurück ließ.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach zwei Wochen auf dem Ozean, bei dem die James Cird einem heftigen Sturm getrotzt hatte, gelang es den Männern tatsächlich, Südgeorgien zu erreichen. Sie landeten in der südlichen King Haakon Bay und mussten die Insel durchqueren, um die nördlichen bewohnten Walfangstationen zu erreichen. 36 Stunden marschierten die Männer ohne Rast durch eisiges, unwirtliches Land, ehe sie Stromness erreichten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit seinem Mut und seiner Hingabe rettete Shackleton letztlich allen Männern seiner Crew das Leben und stellte das Ziel seiner Mission nicht über das Leben der Männer, die ihm zu eben diesem Ziel verhalfen. Er, so Calvin, ist der Inbegriff eines Anführers und nach dem auch ich einige seiner Aufzeichnungen gelesen habe, kann ich ihm da nur beipflichten. Eines von Shackletons Zitaten ist daher auch zu unserem Motto geworden:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Difficulties are just things to overcome, after all.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Im Schlafsack rutscht Cal näher an mich heran und schiebt damit die Kolben unserer Gewehre näher an meine nackten Oberschenkel. Ich spüre die Wärme seiner nackten Haut auf der anderen Seite der Waffe. Sein Rücken und meine Brust werden nur durch die beiden Läufe getrennt und mein Arm ruht auf Calvins nacktem Bauch, um sowohl ihn als auch die Waffen in Position zu halten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch wenn es so klingen mag, wir sind hier nicht auf einer Übung, sondern zu unserem Vergnügen hier, auch wenn Vergnügen vielleicht das falsche Wort dafür ist. Es ist mein erster „richtiger“ Urlaub während meiner Zeit bei der Armee. Calvin und ich haben gerade die Grundausbildung beendet und Cal hat mich überzeugt, die freien Tage gemeinsam mit ihm, seinem Bruder und einigen weiteren Freunden der beiden zu verbringen. Die Entscheidung fiel mir leicht, da meine Eltern zurzeit in Schweden sind und ich andernfalls nur allein in dem Haus nahe Toronto gesessen hätte. Das hätte mir zwar Zeit gegeben, mich ein wenig zu erholen und mich auf das kommende Semester vorzubereiten, doch die Aussicht auf ein paar Tage in Schnee, Eis und Kälte fernab der Zivilisation war reizvoller.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Anscheinend fahren Logan und seine Kameraden schon seit Jahren in den Strathcona Provincial Park. Der liegt am westlichen Ende Kanadas und ist von Vancouver aus gut zu erreichen. Cal war auch schon einmal dabei und hat mir vorgeschwärmt, wie herrlich der Park ist. In jedem Fall bietet er eine ganze Reihe unterschiedlicher Aktivitäten und gerade ist Nebensaison, so dass wir auf diesem Campingplatz tatsächlich die einzigen Gäste sind. Wir übernachten in kleinen Hütten, die nur Platz für zwei schmale Betten bieten. Calvin und ich haben uns nur kurz angesehen und die Betten dann zusammen geschoben. Seit der ersten Nacht schlafen wir nur mit Shorts in unseren Schlafsäcken, die wir zu einem großen Schlafsack zusammengefügt haben. Der Wärmeaustausch zwischen Körpern funktioniert am besten möglichst nackt, das haben wir bereits in der Grundausbildung mehrfach feststellen dürfen. Da wir morgen früh jagen gehen wollen, liegen zwischen uns die beiden Karabiner und zwei Patronentaschen, die wir aus unserem Gepäck genommen haben. Für die relativ alten Waffen ist die eisige Kälte da draußen durchaus ein Problem. Es ist nicht das schlechteste, sie warm zu halten, gleiches gilt für die Patronen. Kaltes Schießpulver verbrennt langsamer und sorgt dafür, dass die Waffe ihr Potential nicht ausschöpfen kann. Bei einer Jagd kann das entscheidend sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Von draußen dringen Geräusche zu uns herein. Gemurmel, ein dumpfer Schlag und dann leises Kichern. Cal hebt den Kopf unter der Decke hervor und kneift die Augen zusammen. „Das war Logan..“ murmelt er leise und weckt mich mit der Bewegung aus meinem Dämmerzustand. Außerdem kommt ein Schwall unangenehm kalter Luft an meine gerade so angenehm gewärmte Haut. „Müssen sicher pinkeln..“ brumme ich abwesend und ziehe die Decke wieder höher, kann aber nicht umhin festzustellen, dass sich die Schritte tatsächlich unserer Hütte nähern. „Hörst du das..?“ Calvin flüstert nur noch. Die Geräusche draußen verstummen, dann ertönt wieder ein leises Kichern und ein deutliches „Shhht!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Adrenalin kriecht meine Wirbelsäule hinauf. Vorsichtig löse ich die Hand von Cals Bauch und greife nach einer der Waffen, die zwischen uns liegen. Wieder das Geräusch von Schritten draußen, das Knirschen von Schnee unmittelbar vor der Tür. Wenn das wieder einer von Logans dummen Scherzen sein soll, lernt er mich dieses Mal kennen. Logan hat einen seltsamen Sinn für Humor und ich bin ihm schon ein paar Mal auf den Leim gegangen. Erst ein, zwei Mal, als er eigentlich Cal einen Streich spielen wollte, dann hatte er die Aktionen wirklich auf mich gemünzt und ich glaube, dass ihm eine kleine Abreibung – hier, weit entfernt von jeglicher militärischer Rangordnung – ganz gut tun würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Cal hat sich inzwischen vorsichtig auf einen Arm hochgestemmt und schiebt sich Katzengleich aus dem Schlafsack. Er bewegt sich mit einer Grazie, die gar nicht zu der derben Uniform passt, in der er sonst steckt. Ich habe ihn schon ein paar Mal beobachtet und er hat eine Eleganz und Beweglichkeit, die wirklich beneidenswert ist. Nicht das erste Mal denke ich daran, dass er im Bett sicher eine Granate sein muss, so biegsam wie er ist… nicht, dass ich da Erfahrungen vorweisen könnte. Auch wenn wir uns schon bei mehr als einer Gelegenheit ein Bett oder einen Schlafsack geteilt haben, hatten nie etwas miteinander. Wir sind richtig gute Freunde geworden, mehr als Kameraden. Die Grundausbildung hat uns zusammengeschweißt, ich hab Cal unter der Anstrengung zusammenbrechen sehen und war für ihn da, während er mir geholfen hat, mit meiner Höhenangst zurecht zu kommen. Vielleicht würde der Sex das Tüpfelchen auf dem i sein, vielleicht auch nicht. Sowohl ihm als auch mir ist das Risiko zu groß und ich glaube, dass wir beide außerdem auch sehr unterschiedliche Vorstellungen von einem Traumpartner haben, wenngleich wir den gleichen "Typ" ansprechend finden. Wir haben nie wirklich darüber gesprochen, auch wenn es eigentlich naheliegend ist, denn natürlich hat Cal gerochen, dass ich die gleichen sexuellen Interessen habe wie er. Wie gesagt: Ich habe nie einen Grund gesehen, das zu verheimlichen, ich habe es nur nicht so herausgebrüllt wie er und habe es nach wie vor nicht so wie er thematisiert. Auch Steve und seine Kumpels glauben noch immer, dass ich hetero bin.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wenn ich ihn jetzt lautlos durch den Raum gleiten sehe, frage ich mich allerdings schon, ob eine Nacht wirklich unser Vertrauensverhältnis zerstören würde. An seinem Körper ist kein Gramm Fett zu viel und jetzt wo er aufgestanden ist, fehlt mir sein warmer Rücken und sein Hintern, der sich – von den Waffen einmal abgesehen – so perfekt an mich geschmiegt hat. Geräusche an der Tür lassen meine Gedanken zum Wesentlichen zurückkehren. Ich greife den Lauf der Waffe fester und schäle mich etwas umständlich aus dem Schlafsack. Immerhin gelingt es mir, dabei keinen Lärm zu machen. Cal hat kurz an der Tür gelauscht, dann steigt er auf einen kleinen Hocker in einer Nische hinter der Tür und greift nach einem der quer verlaufenden Holzbalken. Probeweise zieht er sich daran nach oben und nickt zufrieden. Ich kann in der Dunkelheit des Zimmers nur seinen Umriss erkennen. Es gibt zwar ein Fenster, doch da haben wir den Vorhang vorgezogen, denn der Schnee reflektiert das Mondlicht und macht es extrem hell draußen, selbst nachts. Der fahle Schimmer, der am Vorhang vorbei auf den Boden fällt, reicht immerhin, um zu erkennen, wo Cal sich positioniert hat. Ich schiebe mich langsam vorwärts und positioniere mich auf der anderen Seite der Tür, die Waffe wie einen Schlagstock in der Hand. Sie ist nicht geladen und ich würde niemals auf einen unserer Freunde schießen, doch der schwere hölzerne Kolben lässt sich auch hervorragend als stumpfe Waffe benutzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hörst du was..?“ Das leise Flüstern ertönt unmittelbar auf der anderen Seite der hölzernen Wand. „Nein. Die schlafen sicher schon wie die Babys.“ Jemand gluckst leise. Cal bedeutet mir mit den Fingern die Zahl „2“. Ich nicke. Vermutlich sind sie wirklich „nur“ zu zweit. Logan ist einer von ihnen, den anderen kann ich an der leisen Stimme nicht erkennen.  Cal gestikuliert wieder zu mir hinüber, verdeutlicht mir, dass ich mich um den Ersten kümmern soll, der hier durch die Tür kommt. Ich nicke erneut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hoffentlich sind sie wirklich nur zu zweit. Andererseits wird die Hütte nicht viel mehr Platz bieten.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Okay, bereit?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Leises, unterdrücktes Lachen. Dann ein „Ja, los.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Warts nur ab…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Die Tür öffnet sich erstaunlich leise. Anscheinend wollen sich Logan und sein Begleiter nicht durch Geräusche der Tür verraten. Die Tür schwingt auf. Ich habe mich mit dem Rücken an die Wand gepresst und sehe zur Seite. Der reflektierende Schnee von draußen wirft genug Licht durch die geöffnete Tür, dass ich Logan erkenne. Er hat die Augen zusammen gekniffen, um in der Dunkelheit etwas zu sehen. In der einen Hand hält er eine Taschenlampe, in der anderen einen verdammten Eimer Schnee![/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Du mieses Arschloch..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Kolben schnellt vor. Logan kommt von draußen, seine Sicht ist durch den Schnee getrübt. Zwar nimmt er die vorschnellende Bewegung aus dem Augenwinkel wahr, doch er ist viel zu langsam, um auszuweichen. Der Eimer knallt auf den Boden, als der schwere Kolben Logans Unterarm trifft und der Schmerz ihn zwingt, den Eimer fallen zu lassen. Ich schwinge die Waffe schon herum, Logan ist viel zu perplex. Er hat sich mir zugewandt, bekommt jetzt jedoch nur einen heftigen Schlag gegen den Brustkorb, der ihn zurücktaumeln lässt. Er kommt zwei Schritte weit, dann bremst das Bett seinen Lauf. Er versucht noch sich abzufangen, hat aber zu viel Schwung und landet rücklinks auf dem aufgeklappten Schlafsack.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während unseres kleinen Disputs drängt auch der zweite Kerl herein, auf den sich Cal sofort stürzt. Ein dumpfes Keuchen deutet an, dass Cals Angriff gesessen hat, also stürze ich mich auf Logan, um ihm keine Chance zu geben, sich wieder aufzurappeln. Noch immer nur mit Shorts bekleidet, werfe ich mich einfach auf ihn und treibe ihm damit die Luft aus den Lungen. Er versucht mich abzuwerfen, doch ich bin schneller und sehe wesentlich besser als er. Ich packe das Handgelenk des Armes, der eben den Eimer getragen hat und platziere mein Knie auf dem sicher noch immer schmerzenden Unterarm. Logan versucht mich mit der anderen Hand zu fassen zu kriegen, was schwer ist, wenn man bedenkt, dass an mir keine Kleidung ist, die er packen kann. Ich setze mich rittlings über seinen Brustkorb und fixiere so auch seinen anderen Arm. Dann beuge ich mich weit genug vor, um zu verhindern, dass er mich mit den Beinen erreichen kann und presse Logan ein Kissen in Reichweite aufs Gesicht, ehe ich mich zu Cal umdrehe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der kämpft gerade Davids Kampf gegen Goliath. Logans nächtliche Begleitung ist ein hochgewachsener Mann, der den Türrahmen fast vollständig ausfüllt. Ob es nun an seiner Jacke liegt oder ob er darunter auch so ein Schrank ist, kann ich bei den schwachen Lichtverhältnissen gerade nicht erkennen. Cal hat ihm die Füße vor die Brust gezimmert und ihn damit aus dem Gleichgewicht gebracht, doch der Kerl hat sich schneller wieder gefangen als Logan und hat den Eimer bereits freiwillig fallen lassen, um beide Hände zur Verteidigung frei zu haben. Bei seinem Ausweichmanöver hat er sich um die eigene Achse gedreht und Cal hat den Schwung der Bewegung genutzt und sich einfach von hinten an den Kerl geklammert. Es sieht ein wenig amüsant aus, weil der halb nackte Cal wie ein Klammeraffe an dem viel größeren Mann hängt, doch Cal kann wenig ausrichten. Er wird abgeschüttelt und landet in dem Chaos von Eimern, Klamotten und halb geschmolzenem Schnee, den die beiden Kerle mit ihren Schuhen hereingetragen haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Dunkelhaarige wirbelt herum und bekommt Cal jetzt zu packen, stößt ihn vorwärts gegen die Wand. Einen Arm quer über Cals Brust gelegt, verhindert er mit seiner Größe und seinem Gewicht, dass Cal seine Arme zum Einsatz bringen kann. Kurz rangeln sie keuchend, dann verschafft sich Cal irgendwie genügend Luft und tut etwas sehr seltsames: Er springt dem Mann quasi in die Arme und schließt die Beine um seine Hüfte. Kurz scheint diese Aktion auch seinen Angreifer zu irritieren, dann fängt er auf einmal an zu Grunzen. Er packt Cal an den Armen und versucht ihn zurück zu stoßen, doch irgendwie…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Das Grunzen wird zu einem Gurgeln, dann zu einem schmerzverzerrten Wimmern. Samt seiner Last taumelt Logans Begleiter rückwärts, ebenfalls auf das Bett zu. Im fahlen Licht sehe ich, wie Cals Körper vor Anspannung bebt, dann bemerkte ich seine angespannten Schenkel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er drückt zu! Hinter dem breiten Rücken haben sich seine Füße ineinander verhakt und er presst die Schenkel unter dem Rippenbogen des großen Mannes unbarmherzig weiter zusammen. Dessen Bemühungen Calvin abzuschütteln werden immer heftiger. Man sieht ihm an, dass er Cal eigentlich nicht weh tun will, doch der kleinere Soldat hat ihn so fest im Griff, dass ihm bald keine andere Möglichkeit bleibt, als wirklich Gewalt anzuwenden. Unter mir bockt Logan heftiger. Anscheinend bekommt er keine Luft oder hört anhand der Geräusche, dass auch sein Kumpel den Kampf verliert. „Wir geben auf!“, brüllt es schließlich halbwegs verständlich unter dem Kissen hervor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„FUCK! AH!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Cal und sein Opfer haben das Bett erreicht und landen neben mir und Logan. Cal wird irgendwo unter dem Kerl begraben, an den er sich noch immer unbarmherzig klammert. Ich angele nach der Campinglampe neben dem Bett und schalte sie ein, so dass der Raum endlich durch kaltes weißes Licht erhellt wird. Logan strampelt noch immer und schafft es jetzt endlich, einen Arm unter meinem Bein heraus zu winden, und sich das Kissen vom Gesicht zu reißen. Gurgelnd schnappt er nach Luft, während sein Kumpel neben uns nach wie vor verzweifelt versucht, sich von Cal zu befreien. Der erkennt seinen Sparringspartner jetzt endlich und lässt mit einem verblüfften „Alex?“ locker.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Geräusch, mit dem Alex Gegenwehr in sich zusammenfällt, erinnert vage an eine quiekende Maus. Er sackt einfach über Cal zusammen und stößt wimmernd Luft aus, während er anscheinend versucht gegen die Schmerzen, die mit der plötzlichen Freiheit seiner Körpermitte einhergehen, anzuatmen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander also.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ihm bin ich bei unserer Abreise nach Vancouver das erste Mal bewusst begegnet. Er muss so alt sein wie Logan, also vier oder fünf Jahre älter als ich. Er hat meine Größe und Statur und ein Gesicht, das irgendwie „typisch Offizier“ ist. Ich weiß nicht was es ist, aber er strahlt etwas aus, das Respekt einflößt. Seine tiefe Stimme tut ihr Übriges, um einen automatisch Haltung annehmen zu lassen. Ihn jetzt gerade winselnd über Cal knien zu sehen, ist daher ein amüsantes Bild.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du hast gesagt… die schlafen sicher!“, beschwert sich der noch immer nach Luft ringende Alexander bei Logan, der selbst noch immer nach Atem ringt und sich sonst nicht weiter bewegt. Er kann auch nicht wirklich weg, immerhin sitze ich noch auf seiner Brust.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Hättet ihr euch nicht ‚angeschlichen‘ wie eine Herde Elefanten, dann hätten wir euch auch sicher nicht bemerkt. Wir waren nämlich beschäftigt.“ Cals sarkastischer Tonfall entlockt Logan ein beleidigtes Grunzen, dann kneift er die Augen zusammen. Offensichtlich bemerkt er erst jetzt, wie knapp bekleidet ich auf seiner Brust hocke. Sein Blick fliegt zur Seite und er packt Alex am Arm, der sich gerade mühsam nach oben drückt und auf einen ebenso unbekleideten Calvin hinab starrt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im fahlen Licht der Campinglampe kann ich sehen, wie ihm langsam die Röte ins Gesicht steigt. Gut, mir würde es da nicht anders gehen. Cal liegt auf dem Rücken, das lange Haar zerzaust, die Beine noch immer gespreizt und leicht aufgestellt, weil er sie nur von Alexanders Seiten hat rutschen lassen, die Arme locker an den Seiten. „Oh.. das..“ stammelt er verlegen und richtete sich weiter auf, um Cal mehr Freiraum zu geben.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Beschäftigt?“[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ah, da ist er ja wieder, der überfürsorgliche Bruder… Zeit diese Diskussion im Keim zu ersticken.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ja. Beschäftigt damit, uns auf die Jagd morgen früh vorzubereiten.“ Ich gebe Logans zweiten Arm frei und rutsche ein Stück tiefer, um genügend Platz zum Aufstehen zu bekommen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Nackt?“ Logans argwöhnischer Tonfall kommt mir schrecklich bekannt vor.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieso fühlt sich das an wie ein Déjà-vu?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ja. Dein Bruder steht drauf.“ Alexanders Aufkeuchen, Cals Lachen und Logans Fluchen vermischen sich zu einer seltsamen Kakophonie.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich stemme mich vom Bett nach oben, packe die beiden mit Schnee befüllten Eimer und schmeiße sie aus der Hütte. „Und jetzt raus hier. Ich würde gerne schlafen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan und Alexander erheben sich etwas schwerfällig von dem Bett, das jetzt ziemlich zerwühlt aussieht. „Tja, das ging wohl nach hinten los..“ brummt letzterer etwas abwesend und versucht sich dann an einem schiefen Grinsen. „Naja, es gibt immer ein nächstes Mal“, erklärt er zuversichtlich und verlässt die Hütte dann. Logan folgt ihm etwas langsamer. Während Cal bereits das Chaos im Bett etwas zu richten versucht, bleibt sein Bruder vor mir stehen. Sein Blick zeigt ein gefährliches Funkeln. „Ich schwöre dir Svensson, wenn du meinem Bruder wehtust, dann…“ Er hat die Hand gehoben und deutet mit dem Finger auf mich.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich kann nicht anders. Ich beuge mich vor und grinse breit. „Dann kommst du zu mir und versohlst mir den Arsch? Ist das ein Versprechen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logans Mund klappt auf. Heraus kommt nichts, nicht einmal kondensierte Atemluft. Ich zucke die Schultern. „Dachte ich mir.“ Damit gebe ich ihm einen Schubs nach draußen und schlage die Tür hinter ihm zu, drehe den Schlüssel um und sperre sie damit aus.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Cal kniet auf dem Bett, ein Kissen und die zweite Waffe in der Hand und grinst mich breit an. „Da hast du was angefangen Arn… ich hoffe du verträgst das Echo.“[/JUSTIFY]

Zwischenspiel III.2

[JUSTIFY]Das Echo lässt tatsächlich nicht lange auf sich warten. Cal und ich sind nach dem nächtlichen Überfall wieder in den Schlafsack gekrabbelt und haben versucht, noch ein wenig Schlaf zu finden, bevor uns unsere Wecker wieder aus dem Traumland reißen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es klappt leidlich und Cal und ich fühlen uns beide ziemlich gerädert, als wir uns noch vor Sonnenaufgang aus dem Schlafsack schälen. Wir könnten uns ja einfach um die Jagd drücken, doch abgemacht ist abgemacht und eigentlich jage ich gern. Es hat nichts mit einer Vorliebe für Waffen oder wildem Herumgeballer zu tun, ich mag vielmehr das Ansitzen, das Spurenlesen und das Warten. Ich mag das Kräftemessen der Natur und das Gefühl, selbst für meine Nahrung arbeiten zu müssen. Mehr als nur in den Supermarkt zu gehen, und sie zu kaufen. Ich würde niemals gefährdete Tierarten jagen, nur um eine Trophäe zu ergattern. Wenn ich ein Tier schieße, dann verwerte ich es auch und es ist fraglich, ob es heute überhaupt dazu kommen wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Als wir dick eingepackt und bewaffnet unsere Hütte verlassen, hat sich draußen schon ein Grüppchen versammelt. Logan und Alexander sind auch schon da und Calvins Bruder ist gerade dabei, die Gruppen mit einer Karte einzuteilen. Wir haben am Parkeingang ein Jagdgebiet zugesprochen bekommen, in dem es mehrere Hochsitze und Stationen gibt. Wir versuchen möglichst viele davon zu bemannen, um die größtmögliche Chance auf Erfolg zu haben. Es wundert mich kein bisschen, dass Logans Plan vorsieht, Calvin und mich zu trennen. Während Cal die Backen aufplustert, schenke ich Logan nur ein sehr breites und vielsagendes Grinsen. „Lass nur Cal. Er kann es nach letzter Nacht einfach nicht abwarten, mit mir allein zu sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Logan wirft mir über die Karte hinweg einen beinahe ertappten Blick zu, wie ich amüsiert feststellen muss. Cal zischt nur leise, fügt sich dann aber und tritt zu Alexander, seinem Teamkollegen in Logans Plan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach dem jedes Team eine Karte mit Markierung bekommen hat, machen wir uns gemeinsam auf den Weg in den Wald. Insgesamt sind wir zu 8. Neben Logan, Calvin, Alexander und mir sind noch vier andere Männer aus Logans Einheit dabei. Zwei von ihnen sind Piloten wie Logan und Alexander, zwei sind Mechaniker der jeweiligen Maschine. Sie sind alle sehr nett und sie haben mich und Calvin ohne Umschweife in ihrer Mitte willkommen geheißen. Gut, Calvin ist ja nicht das erste Mal dabei, aber auch mir sind alle direkt offen und freundlich gegenüber getreten. Logans Vorbehalte scheinen nicht für den Rest zu gelten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Nach und nach trennen sich die einzelnen Teams voneinander und steuern ihre Standpunkte an. Cal und Alexander verlassen uns als Vorletzte und Cal wirft seinem Bruder im Weglaufen einen frechen Blick über die Schulter zu. „Nimm ihn nicht zu hart ran Arn, sonst hab ich nichts mehr von dir…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logans wütendes Knurren geht ihm Gelächter der anderen unter. Ich schenke Logan einen prüfenden Seitenblick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Du kannst es wohl wirklich nicht erwarten, mit mir allein zu sein…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich liege mit meiner Einschätzung falsch. Als sich auch das letzte Team von uns verabschiedet, stapft Logan einfach schweigend weiter durch den Schnee, die Karte in der Hand und sich offenbar genau des Weges bewusst, den wir einschlagen müssen. Ich habe keinen Blick auf die Karte geworfen, doch da er diesen ganzen Trip geplant hat, nehme ich an, er weiß was er tut. In jedem Fall finde ich mich nicht direkt am nächsten Baum wieder und werde von Logan zurechtgewiesen, meine gierigen Finger gefälligst von seinem kleinen Bruder zu lassen. Nach seinen Worten vergangene Nacht glaube ich auch nicht, dass es der Gedanke daran ist, dass Calvin und ich miteinander schlafen, der ihn so überfürsorglich macht. Ich glaube es ist eher die Tatsache, dass Calvin und ich uns nahestehen und Logan sich Sorgen macht, dass Calvin Gefühle für mich entwickelt, die ich nicht erwidere. Doch solange Logan nicht den Mund aufmacht sehe ich mich nicht in der Position, mich irgendwie erklären zu müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Da ich Logan die Führung überlasse, habe ich Gelegenheit, die wunderschöne Landschaft um mich herum genauer in Augenschein zu nehmen. Der Schnee knirscht unter meinen hohen Stiefeln und der Pfad dem wir folgen ist kaum zu erkennen. Neuschnee hat vergangene Fußabdrücke überdeckt und eine beinahe jungfräuliche Schönheit hinterlassen. Spuren von Rotwild sind deutlich im Schnee zu erkennen und je heller es wird, desto verträumter wirkt der Wald auf mich. Es erinnert mich an Schweden im Winter und für einen Moment gebe ich mich dem Gefühl von Heimweh hin, das mich nicht allzu häufig erfasst. Irgendwann kehre ich dorthin zurück, das weiß ich. Bis dahin ist Kanadas Landschaft ein würdiger Ersatz.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Vor mir ist Logan stehen geblieben. Der Pfad ist auf den letzten Metern etwas angestiegen und hat uns aus der Senke geführt, die wir eben am Rand durchquert haben. Ich reiße den Blick von der Betrachtung des Waldes und der Senke los und sehe nach vorn. Vor uns ist eine behelfsmäßige Treppe in einen Abhang gezimmert worden, die zu einem kleinen, erhöhten Plateau führt. Auf dem Plateau steht eine richtige kleine Hütte, kein Hochsitz. Die Treppe führt zu einer zugeschneiten kleinen Plattform, von der aus eine Tür in die Hütte führt. Zur Senke hin öffnet sich ein Fenster und darunter kann ich Schießscharten erkennen, die sich bei Bedarf öffnen lassen. Komfortabel, daran gibt es keinen Zweifel. Allerdings ist die Senke auch nicht unbedingt ein Platz, an dem viel Wildwechsel stattfindet, also wird man hier vielleicht länger warten müssen. Die Aussicht darauf, mit Logan stundenlang ins Nichts zu starren, ist nicht unbedingt erhebend, doch ich habe keine andere Wahl. Er hat die Karte zusammen gefaltet und ist gerade dabei, sie in seiner Jacke zu verstauen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Nach dir“, murmelt er leise in die Stille der Schneelandschaft und deutet die Stufen hinauf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ein Liebesnest, hm?“ Ich kann mir den Kommentar nicht verkneifen, als ich an ihm vorbeigehe, um die Stufen zu erklimmen. Logan sieht auf und kneift die Augen zusammen, doch in seinem Blick liegt nichts Angewidertes oder Ablehnendes. Zumindest erkenne ich nichts dergleichen. Stattdessen zuckt sein Mundwinkel beinahe belustigt. Naja, das könnte immerhin ein Anfang sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich überwinde die Stufen und öffne den Riegel an der Tür, ziehe sie auf und trete ins Innere, nach dem ich den gröbsten Schnee von meinen Schuhen geklopft habe. Tatsächlich ist diese Hütte erstaunlich komfortabel im Vergleich zu einem Hochsitz, der gerade mal eine nackte Holzbank bietet. Vor dem Fenster und den dazugehörigen Schießscharten steht eine Bank, auf der ein paar Kissen liegen und an der rückwärtigen Wand gibt es ein Feldbett, auf dem einige dickere Matten wie eine Matratze liegen. Ich lasse die Waffe von meiner Schulter gleiten und lehne sie gegen die Bank, stelle meinen Rucksack darauf ab und schäle mich aus der Jacke, während Logan hinter mir in die Hütte kommt. Während er ebenfalls sein Gepäck ablegt, lasse ich den Blick durch das große Fenster schweifen. Ein idyllischer Platz, der einen wirklich guten Blick über die Senke bietet, auch wenn die Gesellschaft sicher angenehmer sein könnte..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gerade als ich mich zu Logan umdrehen will, höre ich ein metallisches Schleifen und Klicken. Der Türriegel…? Ich habe mich schon halb gedreht, als Logans Körper mit Schwung gegen mich prallt und mich frontal an die gegenüberliegende Wand pinnt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gelingt mir gerade noch so, den Kopf zurück zu biegen, um nicht mit dem Gesicht gegen das grob bearbeitete Holz zu knallen. Der Geruch von Lasur steigt mir in die Nase, während der Aufprall mir zunächst die Luft raubt. Im ersten Affekt versuche ich, Logan abzuschütteln, doch der ist dieses Mal definitiv im Vorteil, packt meinen rechten Arm und verdreht ihn auf meinem Rücken. Gepaart mit seinem Körpergewicht zwingt er mich so zum Stillhalten, doch ich habe ohnehin den Versuch aufgegeben, ihn abschütteln zu wollen, denn der Zug in meiner Schulter ist wirklich schmerzhaft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem gezielten Tritt zwingt er jetzt meine Beine ein Stück weiter auseinander und fängt meine freie Hand noch ein, so dass er mich vollends im Griff hat. „Jetzt pass mal auf Freundchen..“ sein Kinn drückt unangenehm in meine ohnehin schon angespannte Schulter. Trotzdem kann ich den Mund nicht halten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was, kommt jetzt die ‚großer Bruder‘ Rede?“ Meine Stimme klingt etwas gepresst, doch sie verfehlt ihre Wirkung nicht. Ich kaschiere das schmerzhafte Keuchen in einem heiseren Auflachen, als Logan an meinem Arm ruckt. „Du kannst es wirklich nicht erwarten, den Arsch versohlt zu bekommen, oder?“ Seine Stimme klingt tatsächlich amüsiert, was mich jetzt irgendwie wundert. „Ganz wie du willst..“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er verdreht meinen zweiten Arm und umfasst meine Handgelenke mit einer Hand. Um zu verhindern, dass ich mich befreie, lehnt er seinen Oberkörper zusätzlich schwer gegen seinen Griff und fixiert mich damit. Da er sich sonst leicht zur Seite gedreht hat, erwarte ich einen Schlag in die Nierengegend und spanne bereits reflexartig die Muskeln an. Einen hat er nach meinen bissigen Kommentaren vielleicht frei, danach werde ich dem definitiv ein Ende bereiten.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Schlag, den ich erwartet habe, kommt nicht. Stattdessen höre ich erneut ein metallisches Klicken und sehe aus dem Augenwinkel, dass Logan ein kleines Klappmesser hat aufschnappen lassen. „HEY!“ protestiere ich jetzt ernsthafter und will mich von der Wand abstoßen, doch Logan gibt mir eine Kopfnuss von hinten und lässt mich Sterne sehen. Zeit genug für ihn, das Messer unter dem Stoffgürtel einzuhaken, der meine Hose an Ort und Stelle hält. Ich spüre wie er nachgibt und die Hose mit den vollgepackten Taschen augenblicklich tiefer rutscht. Das Messer landet klappernd auf dem Boden, Logan hat es achtlos fallen lassen. Stattdessen zerrt er nicht gerade sanft meine Hose samt Shorts nach unten.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Das ist doch wohl ein schlechter Scherz! Das wird der doch nicht ernsthaft..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]KLATSCH![/JUSTIFY][JUSTIFY]Logans flache Hand landet mit einem unnatürlich lauten Geräusch auf meiner nackten Arschbacke. Ich kann den Aufschrei nur mit Mühe unterdrücken, bringe stattdessen ein überrascht-wütendes Knurren zu Stande und versuche meinen Stand so zu festigen, dass ich Logan mit einem entschiedenen Stoß nach hinten befördern kann.[/JUSTIFY][JUSTIFY]KLATSCH![/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]SCHEISSE DAS BRENNT![/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Und nicht nur das. Während ich im ersten Moment die Kälte überdeutlich auf meiner nackten Haut gespürt habe, ist da jetzt nur noch Hitze. Sie breitet sich über meine Wirbelsäule nach oben aus und sendet heiße Impulse zurück in meinen Schoß. Einige Herzschläge lang ist es so, als würde ich diese seltsame Situation von außen betrachten: Logan, der hinter mir steht, mir die Arme auf dem Rücken verdreht und mir ganz wortwörtlich den Hintern versohlt. Ich höre seinen keuchenden Atem, als seine flache Hand ein drittes Mal schmerzhaft auf meine sicher schon rot glühende Haut klatscht. Mich in Position zu halten ist anstrengend, denn mein ganzer Körper ist angespannt wie eine Bogensehne. Dennoch schaffe ich es nicht, mich abzudrücken. Ich bin viel zu überfordert von den Gefühlen, die gerade in meinem Körper toben. Erstaunlicherweise empfinde ich keinerlei Erniedrigung, obwohl Logan zum einen der ältere, ranghöhere Soldat ist und er mich zum anderen gerade so bloßstellt, dass es die einzig logische Reaktion wäre – doch da ist nichts. Stattdessen spüre ich, wie sich langsam aber sicher Druck in meinem Unterleib aufbaut. Als er das vierte Mal zuschlägt, klingt mein eigentlich schmerzverzerrtes Knurren selbst in meinen Ohren ein Stück zu genüsslich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Logan holt abermals aus, doch er schlägt nicht zu. Ich habe bereits die Luft in Erwartung der neuen Reizwelle angehalten, doch er bremst den Schlag ab, berührt die gerötete Haut stattdessen nur hauchzart mit den Fingerspitzen und streicht darüber.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Oh Gott im Himmel… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich muss die Zähne zusammen pressen, um nicht zu stöhnen. So etwas habe ich noch nie in meinem Leben gefühlt. Ich bin so gar nicht der Typ für Spanking oder jede andere Form von BDSM angehauchten Praktiken. Auch mit BDSM selbst kann ich nichts anfangen. Der Gedanke einen anderen Menschen zu kontrollieren und zu dominieren oder gar in einem gewissen Rahmen zu zwingen – in sexueller Hinsicht – behagt mir nicht. Genauso will ich mich nicht unterwerfen. Ich möchte ausgeglichene Verhältnisse, auch wenn ich rein gar nichts gegen ein paar Machtkämpfe um die Oberhand habe. Bisher hatte ich das allerdings noch nie, was vermutlich mit meiner Größe und meinem Äußeren zusammenhängt. An mir hat sich schlicht noch nie ein anderer Kerl versucht, daher habe ich auch keinerlei Erfahrung, was das angeht. Logan ist der erste, der sich mir auf diese Weise annähert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und ich will verdammt sein, aber es macht mich heiß![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Na, hast du schon genug..?“ Seine Stimme erklingt rau und ganz nah an meinem Ohr, während die Finger seiner Hand Kreise auf meine brennende Haut malen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich muss mich bemühen, sehr kontrolliert ein und aus zu atmen, um die Lust wieder nieder zu kämpfen, die sich in meinen Lenden gesammelt hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan lacht leise, ein Geräusch, das ein seltsames Kribbeln in meinen Eingeweiden hervorruft. „Du kannst ja richtig handzahm sein, wenn man dich einfach nur richtig anpackt“, stellt er amüsiert fest und provoziert damit meine viel zu überfällige Reaktion. Mit Schwung stoße ich mich endlich mit einer fließenden Bewegung von der Wand vor mir ab und lasse mich nach hinten fallen. Logan stolpert rückwärts und lässt mich los, so dass ich endlich wieder Herr über meine Arme bin. Augenblicklich wirbele ich herum, was mit halb herunter gezogener Hose gar nicht so leicht ist. Ich habe die Beine noch immer auseinander gestellt, so dass sie nicht weiter nach unten rutscht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wenigstens meine enge Shorts sitzt vorne noch an Ort und Stelle, auch wenn der Grund dafür nicht der Gummibund sondern meine halbharte Erektion ist, die sie am tiefer rutschen hindert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan hat sich schnell wieder gefangen, macht jedoch keinen Versuch mehr, mich wieder unter Kontrolle zu bringen. Stattdessen mustert er mich von Kopf bis Fuß und ich will gar nicht wissen, was für einen Anblick ich abgebe. Ich spüre wie die Röte in meine Wangen steigt und mein Arsch glüht gefühlt wie ein Hochofen. Logans Blick verweilt verdächtig lange zwischen meinen Beinen, so habe ich Zeit genug, die Situation und mich selbst wieder unter Kontrolle zu bringen. Entschieden ziehe ich die Shorts über meine glühende Haut nach oben und greife nach der Hose, um sie ebenfalls wieder hoch zu ziehen. Wegen des Gürtels muss ich mir etwas überlegen. Ich habe sicher noch einen, aber eben nicht hier. Nun, es wird auch so gehen. Mein bestes Stück protestiert etwas beleidigt, als ich ihm keine Aufmerksamkeit widme und es stattdessen wieder in die Hose verbanne, ehe ich zu Logan aufsehe und überrascht feststellen muss, dass der auf einmal gar nicht mehr so selbstsicher aussieht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Achwas? Erst große Töne spucken, aber jetzt nicht mit den Konsequenzen leben können? Du bist mir einer…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was? Von hinten noch die große Klappe haben, aber jetzt nicht mit der Vorderseite leben können?“ Meine Stimme klingt noch immer etwas zittrig, aber sie findet zu ihrer gewohnten Sicherheit zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan leckt sich mit der Zunge über die Unterlippe und erwidert dann wieder meinen Blick, beinahe entschuldigend. „Ich.. Sorry.. ich wusste nicht.. ähm.. ich dachte…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]So stammelnd ist er ja beinahe süß. Unglaublich, dass das der gleiche Kerl ist, der eben noch.. Pfui! Nicht mehr dran denken![/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Was auch immer er als Reaktion auf seine „Bestrafung“ erwartet hat, hatte offenbar nichts damit zu tun, dass sein Opfer mit gut gefüllter Hose vor ihm steht und sich nicht postwendend auf ihn stürzt, um die Demütigung wett zu machen. Es dauert etwas, doch schließlich hat Logan seine Stimme wieder gefunden, nach dem er sich einmal geräuspert hat. „Arnor, hör zu, wirklich, tut mir leid. Ich dachte irgendwie… Naja, Cal verrennt sich so oft in die Idee, dass er irgendwelche Typen umdrehen kann und ich wollte nur… Ich dachte, wenn…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Umdrehen..? Oh. Ah. Daher weht der Wind. Tja, Überraschung Logan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„An mir ist nichts mehr umzudrehen.“ Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe, wie Logans Adamsapfel auf und ab hüpft, als er schluckt. Zeit, hier ein paar Takte klarzustellen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„An mir ist nichts umzudrehen, weil ich schon schwul bin. Ich habe das nur nicht so herausgebrüllt, wie dein Bruder das getan hat, aber ich habe es auch nie verleugnet, wenn die Frage aufkam. Ich habe keine Ahnung was du von mir denkst, du kennst mich ja kaum und ich nehme an, dass deine Sorge vor allem Cal gilt. Lass mich daher eines klar stellen: Ich stehe nicht auf Männer wie ihn.“ Logan zieht die Augenbrauen irritiert zusammen, lässt mich aber ausreden. „Auf Männer mit seiner Statur und seiner Art. Natürlich sieht er gut aus, aber er ist für mich auch mehr wie der Bruder, den ich nie hatte. Ich glaube eher, dass er und ich den gleichen Männergeschmack haben. In jedem Fall habe ich nicht mit ihm geschlafen und habe es auch nicht vor.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Außer letzte Nacht, da habe ich wirklich kurzzeitig gedacht… - Reiß dich zusammen Arn![/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mir ist die Kameradschaft und Freundschaft wichtiger und ihm auch.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Meine Worte haben den notwendigen Ernst und machen für Logan einiges klarer. Allerdings ist ihm die ganze Situation jetzt erst recht peinlich. „Ich dachte du sagst das mit dem Arsch versohlen nur, weil du davon ausgegangen bist, dass ich sowieso keine Hand an dich legen würde, zumindest nicht so.“ Er zuckt die Schultern und hat dabei wieder diesen seltsam niedlich-zerknirschten Gesichtsausdruck. Bei Cal sieht das immer nur aus wie ein angeschossenes Reh, bei Logan, der sechs Jahre älter ist als sein Bruder, ist es einfach nur scharf.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gott verdammt was denke ich da?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Tja, so kann man sich täuschen. Ich hoffe, die Sache ist damit geklärt. Abgesehen davon, dass du dir den Falschen vorgeknöpft hast, ist Cal alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Ein wachsames Auge ist ja ganz okay, aber wenn du jeden Kerl spankst, der Cal auch nur von der Seite anschaut, wird er dir sehr bald den Hals umdrehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan nickt langsam und bückt sich, um sein Messer wieder aufzuheben. „Du hast ja Recht. Aber er ist eben einfach mein kleiner Bruder und er hat es in der Schule schon nie leicht gehabt. Sämtliche Kerle, die mal ‚was versuchen‘ wollten, haben ihn wie Freiwild angesehen und er war einfach zu gutgläubig und hat sich zu oft auf die falschen eingelassen“, stellt er ein letztes Mal klar und beäugt dann meinen zerschnittenen Gürtel, der seitlich an meiner Hose baumelt. „Gib mir den, ich repariere ihn. Ich habe Nähzeug im Rucksack.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ach.. du kannst ja richtig handzahm sein..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Unweigerlich muss ich grinsen, händige ihm aber den Gürtel aus und trete dann endlich ans Fenster. Draußen ist es inzwischen sehr viel heller geworden, doch von Wild ist noch keine Spur zu sehen. „Dann überlass es doch einfach mir, ihm ab und an den Kopf zu waschen. Ich will nämlich auch nicht, dass er an den Falschen gerät. Er hat sein Glück wirklich verdient.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Während Logan kurze Zeit später meinen Gürtel notdürftig flickt, sitze ich (endlich, es hat echt eine Weile gedauert, bis es nicht mehr gebrannt hat!) vor dem großen Fenster und starre hinaus in der Hoffnung, ein wildes Tier zu erspähen. Wir reden nicht mehr, doch das Schweigen ist im Gegensatz zu vorher nicht mehr unangenehm.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ab und an erwische ich mich dabei, wie ich zu Logan hinüber sehe, der konzentriert mit Nadel und Faden arbeitet. Ich komme nicht umhin daran zu denken, wie er sich in meinem Rücken angefühlt hat. Seine Kraft, mit der er mich gegen die Wand gedrückt hat, der feste Griff und die festen aber irgendwie auch anregenden Schläge, die raue Stimme an meinem Ohr. Er ist so anders als Cal, bestimmend und fordernd.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Shit.. er gefällt mir.[/JUSTIFY]

Zwischenspiel III.3

Wir sind nicht erfolgreich. Zwar sehen wir Rotwild, doch die Schusslinie ist schlecht und die Tiere kommen nicht nah genug heran, um einen Abschuss zu garantieren. Nach einigen Stunden des Schweigens entspinnt sich zwischen Logan und mir tatsächlich ein erstes, ruhiges und vollkommen normales Gespräch. Wir reden über den Park, und darüber, dass er ja nun schon einige Male hier gewesen ist. Er erzählt mir ein wenig von sich und Calvin, von seiner Entscheidung zur Armee zu gehen und der Ausbildung zum Piloten.

Wir kommen auf die technischen Eigenschaften der Flieger zu sprechen und bald ist die Senke und das Wild draußen vergessen, weil wir so in unsere Unterhaltung vertieft sind. Als Logans Handywecker auf einmal piept, sind wir beide überrascht, wie viel Zeit schon vergangen ist.
 

Logan gibt mir den reparierten Gürtel zurück und sieht dabei zu, wie ich ihn wieder in meine Hose fummele. Er scheint etwas sagen zu wollen, verkneift es sich dann aber und schultert stattdessen sein Gepäck. „Ich hoffe, die anderen waren erfolgreicher als wir“, merkt er an und entriegelt die Tür. „Sonst gibt’s heute Abend nur Dosenfutter.“

Ich schwinge den Rucksack über meine Schulter und grinse nur. „Ich hab bei der Armee schon schlechter gegessen. Eine Schande, wirklich. Sie bringen euch nicht mal Eisfischen bei für solche Fälle.“

Logan kräuselt die Lippen. „Na dann weiß ich ja, wer uns heute Abend mit Essen versorgt, wenn die anderen auch nichts gefangen haben.“
 

Zumindest heute bleibt mir das Eisfischen erspart. Als wir zurück zu den Hütten kommen, sehe ich schon von weitem die leuchtend roten Blutspuren nahe dem Haupthaus. Jede dieser Hüttensiedlungen ist gleich aufgebaut: Sie bestehen aus mehreren kleinen zwei oder vier Personen Hütten, die nur zum Schlafen da sind und einer Haupthütte, die die Toiletten, Duschen, eine Küche und einen Gemeinschaftsraum beherbergt. Sie wird mit einem Holzkamin beheizt und hat eine Solaranlage für Strom und Warmwasser auf dem Dach. Außerdem gibt es einen Generator, falls die Anlage ausfällt.

Logan und ich sind das letzte Team, das von ihrem Posten zurückkommt. Cal bemerkt uns, winkt und reißt dann triumphierend die Faust in die Luft, als er realisiert, dass wir auch nichts geschossen haben. Beinahe verpasst er dabei Alexander, der hinter ihm steht, einen ordentlichen Kinnhaken. „WOHO! Gewonnen“, gröhlt er fröhlich und schon ein wenig lallend. Da feiert wohl jemand bereits seinen Sieg, doch es sei ihnen gegönnt.
 

Ich mache einen Umweg über unsere Hütte und lege meinen Rucksack und meine Waffe ab, ehe ich zu den anderen stoße und Logan mir direkt ein Glas Schnaps in die Hand drückt. Irgendein selbst gebrannter, scharfer Schnaps, von dem Daniel, einer der beiden anderen Piloten, einige Flaschen mitgebracht hat. Ich glaube er hat schlicht keine Klamotten mitgenommen, denn der Vorrat an diesem Zeug scheint unerschöpflich zu sein.

Ich stürze das Glas hinunter, nach dem ich mit Logan angestoßen habe, und lasse mich dann von Calvin zu seiner Beute zerren. Er und Alexander sind tatsächlich die Einzigen, die ein Tier erlegt haben. Alexander wird von Cal genötigt, die Story noch einmal zu erzählen, doch der große schwarzhaarige Mann scheint nichts dagegen zu haben. Immer wieder wird seine Berichterstattung von Cal unterbrochen, der noch immer auf seinem Erfolgshoch dahin schwebt, doch auch das stört ihn nicht. Von Logan habe ich erfahren, dass Alexander Jude ist und deutsche Vorfahren hat, allerdings nimmt er die Sache mit der Religion nicht besonders ernst und ist früh von zu Hause ausgezogen. Trotzdem spricht er fließend Deutsch, was auch seinen seltsamen Dialekt erklärt, der aber irgendwie etwas für sich hat. Calvin hängt an seinen Lippen, wenn er nicht gerade selbst ausführlich schildert, wie er mit Alexander im Hochstuhl gesessen und den jungen Eber erlegt hat und wie sie ihn anschließend gemeinsam zurück hier her geschleppt haben.

Jetzt heißt es auf einen der Parkranger warten. Von der Hütte aus haben Cal und Alexander das „Hauptquartier“ des Parks über die erfolgreiche Jagd informiert. Zwar könnten wir den Eber jetzt auch selbst zerlegen, doch wir sind zu wenige, um das Tier wirklich ganz zu verwerten. Der Ranger zerlegt das Tier vor Ort und lässt uns einen Teil des Fleisches da, der Rest wird dann andernorts verarbeitet.
 

Drei Stunden später bin ich nicht nur richtig satt sondern auch angetrunken. Immer wieder hat Daniel die Gläser aufgefüllt und zu dem wirklich hervorragenden Eintopf, den die Jungs über einem offenen Feuer draußen gekocht haben, passt das scharfe Zeug ganz gut. Außerdem wärmt es von Innen und mit der schwindenden Sonne wird es zunehmend kalt. Trotzdem sitzen wir draußen auf Holzbänken um unser Lagerfeuer herum, weil es irgendwie schöner ist als drinnen. Cal und Alexander teilen sich eine Bank, auf die sie mehrere Kissen gelegt haben. Cals Gesicht glüht im Widerschein des Feuers und er lallt nicht das erste Mal beim Erzählen. Die Gespräche sind locker, handeln vom Militär, von vergangenen und zukünftigen Einsätzen und allen möglichen anderen Dingen. Nick, einer der Mechaniker, hat gerade erzählt, wie er seinen Piloten, Daniel, regelmäßig mit kleineren Scherzen in den Wahnsinn treibt und Daniel lässt sich jetzt darüber aus, wie er sich dafür rächt. Es entspinnt sich ein amüsantes Streitgespräch, bei dem wir anderen aus dem Lachen kaum noch herauskommen. Der kleine Zwist endet in einer massiven Schneeballschlacht ums Lagerfeuer, die sicher ziemlich amüsant zu beobachten ist, da wir alle nicht mehr wirklich nüchtern sind und unsere Zielgenauigkeit mit steigendem Alkoholpegel rapide abgenommen hat. Cal wird zum „Opfer“ der meisten Angriffe, da er sich vor Lachen und Schwanken kaum noch auf den Beinen halten kann und ich bekomme nicht weniger ab, weil ich versuche ihm zu helfen. Als die Schlacht endet und Daniel loszieht, um eine neue Flasche Schnaps zu holen, schnappt sich Alexander kurzerhand den schwankenden, nassen und lallenden Calvin und verabschiedet sich. Logan und ich wollen ihm schon hinterher laufen, als er nur abwinkt. „Bleibt sitzen, ich mach das schon. Bin sowieso müde, ich kümmere mich um ihn und packe ihn in Logans Bett. Dann weckst du ihn später nicht“, erklärt er an mich gewandt. „Und du musst dir keine Gedanken machen, dass ich wieder zu laut schnarche“, fügt er an Logan gewandt hinzu.
 

Wir übrigen rutschen etwas näher am Feuer zusammen und lassen Daniels neue Flasche weiter kreisen. Ich sollte nicht zu viel trinken, denn ich werde ziemlich redselig dabei. Leider wird auch meine Aussprache schlechter, denn betrunken falle ich gern ins schwedische zurück, doch das scheint hier keinen zu stören. Ich fühle mich wirklich wohl bei den Jungs, die mich dazu verpflichten, morgen mit ihnen Eisfischen zu gehen.
 

Haha. Genau. Wenn ich jemals wieder aus dem Bett komme.
 

Nach und nach verabschieden sich die anderen und schließlich löschen Nick, Daniel, Logan und ich das Feuer mit umliegendem Schnee. Die beiden verabschieden sich in Richtung ihrer Hütte, während ich etwas strecke und die Decken aufsammele, um sie zurück in die Haupthütte zu bringen. Logan folgt mir mit den übrigen Kissen, dann machen auch wir uns auf den Weg zu unserem Schlafplatz.
 

„Also habe ich heute das Vergnügen, mit dem anderen Cartwright im Bett zu liegen, hm? Bin sicher du bist nicht annähernd so gut wie dein Bruder“, ziehe ich ihn auf. Logans Augenbraue zuckt nach oben und er setzt die Schnapsflasche ab, aus der er eben noch einmal einen kräftigen Schluck genommen hat. „Du hast wirklich noch nicht genug, oder? Dir hat schon lange keiner mehr eine richtige Abreibung verpasst..“ grunzt er amüsiert und schließt die Flasche ordentlich. Ich mustere ihn mit schief gelegtem Kopf. Er lässt die Flasche fallen und erwidert kurz meinen Blick, dann stürzt er sich auf mich und wir landen im Schnee. Im Fallen drehe ich mich halb herum und lande dieses Mal oben, schaufele Logan sofort Schnee ins Gesicht und versuche mich auf ihm zu halten, was nicht besonders lange funktioniert.

Teilweise lachend, teilweise wüste Verwünschungen ausstoßend rollen und robben wir durch den Schnee auf die Hütte zu. „Denk nicht mal dran, dass du im Bett schläfst! Der Boden ist für einen Rekruten gerade gut genug!“ giftet Logans Stimme an meinem Ohr, als er mich gerade wieder eingeholt hat. Ich habe die Tür erreicht und schiebe sie auf, stolpere hinein und lege mich tatsächlich erst mal lang, weil meine schneeverklebten Schuhe auf dem glatten Holzboden rutschen. Logan, der sich an mir abgestützt hat, kippt vornüber hinterher und landet halb auf mir. Immerhin schafft er es noch, sich mit den Händen abzufangen. Ich versuche mich wieder aufzurichten, doch Logan hält mich am Boden fest, schubst mich ganz auf den Bauch und gibt ein zufriedenes Brummen von sich. „Genau da gehörst du hin.“
 

„Auf den Boden? Das kannst du vergessen!“ Ich stemme mich auf die Arme hoch und ziehe die Knie an, um mich auf alle Viere zu erheben. Logan drücke ich dabei nach oben und unweigerlich drückt mein Gesäß auf diese Weise gegen seine Hüfte. Als mein alkoholisierter Geist das realisiert, erstarre ich augenblicklich. Eine Hand legt sich zwischen meine Schulterblätter und drückt meinen Oberkörper wieder nach unten, während sich Logan über mich beugt und seine Hüfte noch fester gegen meinen Hintern drängt. „Nein.. unter mich“, raunt seine heisere Stimme jetzt direkt hinter meinem Ohr, dann spüre ich seine Lippen und seine Zähne, als er mir in die freigelegte Haut im Nacken beißt.

Blitze jagen durch meine Adern, bündeln sich in meiner Brust und in meinem Schoß und entladen sich schließlich in einem nur leidlich unterdrückten Stöhnen. Logans freier Arm umfasst mich und packt mir zielsicher zwischen die Beine, wo sich mein Blut nach und nach sammelt.
 

Fuck! Komm schon Arn, reiß dich zusammen… Steh auf!
 

Die Hand wühlt sich durch meine Schichten von Kleidung. Ich muss reagieren. „Logan…! Fuck Logan, die Tür!“

Es ist definitiv nicht der klügste Einfall, doch er leuchtet ein. Logan grunzt unwillig, und richtet sich etwas auf, meine Chance mich aufzurappeln und vorwärts von ihm weg zu robben, ehe ich aufstehe. Als ich mich umdrehe, hat er sich wirklich erhoben und schließt die Tür, durch die wir beide mehr gefallen denn gegangen sind. Es wird deutlich dunkler, durch das Fenster fällt nur wenig Licht, auch wenn der Vorhang offen ist.

Ich beobachte ihn, und spüre meinerseits seinen Blick auf mir ruhen.
 

„Zieh dich aus.“

Seine Stimme klingt seltsam gepresst, so als müsse er sie mühsam unter Kontrolle halten. Ehe ich mir darüber bewusst werde, habe ich bereits meine Jacke abgestreift und meine Schuhe von meinen Füßen getreten.
 

Scheiße, was tu ich hier? So kann ich doch nicht..
 

Logan hat die Schuhe an der Tür ausgezogen, seine Jacke und Mütze achtlos darauf fallen lassen. Jetzt schiebt er sich die Hose von den Hüften und schält sich aus seinem Pulli und dem Funktionsshirt, das er darunter trägt. Hervor kommt ein durchtrainierter Oberkörper mit breiten Schultern und nicht zu verachtendem Sixpack. Kein Wunder, dass er mich so vergleichsweise „leicht“ unter Kontrolle gebracht hat heute Morgen. Er steht mir in puncto Kraft wirklich um nichts nach.

Nur noch mit Shorts auf der Hüfte überwindet er die Distanz zu mir und zerrt ungeduldig an meinen Klamotten. Als sich mein Mund protestierend öffnet, zögert er nicht lange und schiebt seine Zunge zwischen meine Lippen. Meine Knie werden weich und ich schwanke leicht, was Logan zum Anlass nimmt, mich auf das „Doppelbett“ zu schubsen und mir im gleichen Atemzug endlich Pulli und Shirt abzustreifen. Mit nacktem Oberkörper lande ich auf dem Bett und brauche eine Minute, um meinen Kopf wieder klar zu bekommen. Dank dem Schnaps dreht sich die Welt nämlich kurz und heftig.
 

Zeit genug für Logan, mir die Hose samt Shorts von den Hüften zu zerren. Ehe ich auch nur einen Piep von mir geben kann, bin ich nackt und liege wie auf dem Präsentierteller vor Cals Bruder. Der leckt sich bei meinem Anblick über die Lippen, seine Augen funkeln gierig. „Das wollte ich schon machen, als du das erste Mal nackt vor mir aus dem Bett gesprungen bist…“, erklärt er glatt und stürzt sich auf mich. Ich bin viel zu verdattert um mich zu wehren. Seine gierigen Lippen verschließen meinen Mund wieder und nackte Haut berührt nackte Haut. Mit Schrecken realisiere ich, dass er sich zwischen meine Beine drängt und seinen noch immer eingepackten Schwanz an meiner nackten Hüfte reibt. Ich stöhne auf und versuche gleichzeitig, mich mit ihm zur Seite zu rollen. Er stemmt sich fester auf mich und versucht, mich unter Kontrolle zu halten, doch dieses Mal gelingt es ihm nicht so einfach. Wir rangeln durch das Bett, verbeißen uns beinahe ineinander. Eigentlich will ich ihn ja von mir unten haben, zumindest rede ich mir das ein. Doch von dem Moment an, in dem ich seine Lippen das erste Mal auf meinen gespürt habe, kann ich nicht aufhören ihn zu küssen.
 

Es ist ein grobes hin und her und endet mehrfach beinahe damit, dass wir seitlich wieder vom Bett abstürzen. Logan genießt es anscheinend mindestens genau so sehr wie ich, auch wenn in meinem Kopf noch immer die Alarmsirenen schrillen.
 

Fuck! Ich muss…
 

Logans Lippen lösen sich von meinen und in der nächsten Sekunde hat er sich auch meinem Klammergriff entwunden. Stattdessen ist er nach unten abgetaucht, wo meine Erektion hart und willig von meinem Körper absteht. Ohne lange zu fackeln legt Logan die Lippen darum und fängt hingebungsvoll an mich zu verwöhnen. Mein Stöhnen ist sicher noch drei Hütten weiter zu hören, doch ich bin zu betrunken und zu benebelt um es zurück zu halten. Scheiße ist das gut! Logans Zunge ertastet gierig die Adern auf der empfindlichen Haut und umkreist die Eichel neckend, während eine warme Hand meinen Schaft pumpt.

Ich bin in der Hölle. Eindeutig. Und sie tarnt sich als Himmel, um mich in Sicherheit zu wiegen. Der Druck in meinem Unterleib wird größer. Wäre ich nüchtern hätte ich mit Sicherheit keine zwei Minuten durchgehalten, doch der Alkohol verlängert dieses Vergnügen. Logan über mir scheint zufrieden zu sein, dass ich endlich still halte und er so an sein Ziel kommt. Nach dem er mich eine Weile mit Lippen und Zunge in den Wahnsinn getrieben hat, schiebt er die Zweite Hand tiefer und streicht über meine Hoden, dann über den Damm und weiter nach hinten.
 

Zeit das Hirn wieder einzuschalten.
 

Im ersten Reflex klappe ich einfach die Beine zu und klemme so Logans Kopf dazwischen ein, dann ziehe ich ein Bein an, treffe seine Schulter und kann ihn so rücklings von mir wegtreten, während ich mich gleichermaßen aufsetze und nach hinten rutsche. Logan braucht einen Moment um sich wieder abzufangen und sieht verwirrt zu mir auf. „Was ist denn los?“ erkundigt er sich jetzt endlich nach meinem Befinden und verschränkt die Arme vor der Brust. „Stellst du dich immer so an? Muss ich dir erst noch Mal den Arsch versohlen, bevor du vögeln willst?“
 

„Denkst du immer du kannst dir nehmen was dir passt?“ Meine Stimme klingt giftiger als beabsichtigt, doch sie verfehlt ihre Wirkung nicht. Logan klappt den Mund wieder zu und blinzelt. „Ich dachte.. du hast doch gesagt…“ Unwillkürlich muss ich schmunzeln. Er ist ziemlich leicht aus der Fassung zu bringen. „Man, den ganzen Tag stichelst du mit Kommentaren und heute Morgen in der Hütte da… das hat dir doch gefallen! Ich dachte halt..“ Er gestikuliert.

„Es hat mir gefallen. Du gefällst mir… auch wenn ich dir am liebsten den Kopf abreißen würde“, antworte ich leise. Logan grunzt erneut. „Was ist dann dein Problem?“

Ich sehe zu ihm und blinzele. „Kannst du dir das nicht denken?“ Es wundert mich wirklich, dass er keinerlei Gedanken daran verschwendet hat.

Man kann förmlich sehen, dass es in Logans Kopf anfängt zu rattern, doch ich habe keine Lust zu warten, bis die Erkenntnis einschlägt.

„Ich hab noch nie.. also schon, aber noch nie passiv.“

Logan blinzelt, dann kann ich sogar im schwachen Licht sehen, wie sein Gesicht etwas blasser, dann immer röter wird. „Oh…“ gibt er nur leise als Kommentar zurück und sieht jetzt wirklich betreten aus. Bevor er allerdings wieder zu einem ‚Entschuldigungs‘-Marathon ansetzt, rutsche ich wieder näher an ihn heran.
 

Also gut.. einen Versuch ist es wert.
 

„Zeigst du es mir?“

Zwischenspiel III.4

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Elfter Teil

[RIGHT]Der Tag bricht an, und es entflieht die Nacht,[/RIGHT][RIGHT]Die um die Erde warf den Rabenmantel.[/RIGHT][RIGHT]Blast nun zum Rückzug, hemmt die heiße Jagd![/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI.[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Meine Finger gleiten zärtlich über den Buchrücken, während meine Gedanken an jenem Campingtrip hängen. Der nächste Tag begann, wie man sich sicher denken kann, alles andere als angenehm. Logan hatte sich alle Mühe gegeben, mich noch einmal so wach zu bekommen, dass er mir eine Flasche Wasser einflößen konnte. Ich habe ihn dafür gehasst, zweimal in der gleichen Nacht nach draußen zu müssen, um Wasser zu lassen. Nackt wohlgemerkt, bei Temperaturen weit unter Null. Den Weg zu den Toiletten habe ich mir natürlich erspart und stattdessen immer neben die Hütte gepinkelt, was selbstredend verboten ist, doch ich war außer Stande so weit zu laufen. Dazu der Brand, der dazu führte, dass ich noch mehr Wasser im Verlauf der Nacht in mich hinein kippte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Tatsächlich bin ich so dem schlimmsten Kater entgangen und die Tabletten aus Calvins Rucksack, die mir Logan am nächsten Morgen aufgezwungen hat, haben ihr übriges getan. Vielleicht war es auch der schweißtreibende ‚Frühsport‘, der geholfen hat. Ich hatte erst die Befürchtung gehabt, dass die letzte Nacht ein einmaliger Ausrutscher gewesen war, doch Logan und ich konnten die Finger nicht wirklich voneinander lassen. Da weder er noch ich wollten, dass Cal direkt davon erfuhr, fanden wir die erstaunlichsten Ausreden, um gemeinsam irgendwo ungestört zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schmunzele abwesend beim Gedanken an Cals Gesichtsausdruck, der mich mehr als einmal so angesehen hat, als sei ich vollkommen bescheuert. Und ich erinnere mich sehr gut an seinen kleinen aber feinen Wutausbruch, als er mich und Logan in flagranti erwischt hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieder reißt mich das Geräusch des Essenswagens aus meinen Gedanken und einigermaßen überrascht stelle ich fest, dass es draußen wirklich schon dämmert. Von Alexej ist noch immer nichts zu sehen und langsam macht sich Sorge in mir breit. Ich bekomme nur ein Tablett, was die Sorge nicht gerade mäßigt. Wenn die Wache wüsste, dass Alexej in Kürze hier auftaucht, dann hätte man mir sein Tablett auch gegeben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allein zu essen ist seltsam, vor allem nach dem Alexej und ich vorhin so auseinander gegangen sind. ‚Bis ich mit dir fertig bin..‘ Ich schließe die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bin noch nicht fertig mit dir![/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vor meinem inneren Auge sehe ich Logans wütendes Gesicht vor mir. Es mag ungefähr ein Jahr her sein. Es war unser letztes Gespräch vor jenem Einsatz, aus dem Logan und Calvin nie wieder zurückgekommen sind. Oder eher: Unser letzter Streit. Es war mal wieder einer dieser Tage, an denen ich die Schnauze so gestrichen voll hatte von Logans Ausflüchten und seiner Blindheit für meine Bedürfnisse. Ich war und bin bei Gott ein geduldiger Mensch, doch Logan hat es mehr als einmal geschafft, mich hochgehen zu lassen. Damals war ich davon überzeugt: Dieses Mal ist das letzte Mal. Mir bleibt der Bissen im Hals stecken als ich daran denke, wie ich ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen habe mit den Worten ‚Aber ich bin fertig mit dir Logan!‘.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Natürlich war ich nicht fertig mit ihm. Ich bin es noch immer nicht. Ich trinke einen Schluck und versuche, das grässliche kalte Gefühl in meiner Magengrube damit zu vertreiben, doch es klappt nicht. Stattdessen treiben meine Gedanken zu unserem letzten Abschied tags darauf. Ich war noch immer schrecklich wütend, auch darauf, die letzte Nacht ohne ihn verbracht zu haben, obwohl ich genau wusste, dass er für ziemlich lange Zeit nicht da sein würde. Dennoch schien es etwas gebracht zu haben, denn als ich in den Warteraum* kam, in dem die Einheit auf ihren Befehl zum Ausrücken wartete, ruckte sein Kopf sofort hoch und ich konnte in seinem Blick sehen, wie erleichtert er darüber war, dass ich doch noch aufgetaucht war. Cal und Alexander machten mir Platz und ließen mich damit „relativ“ mit Logan allein. Wir sprachen kein Wort mehr miteinander, weil wir beide wussten, dass jedes weitere Wort nur zu einem erneuten Streit geführt hätte, doch ich spüre heute noch Logans Hand, die meine so fest gegriffen hatte, als würde er sie nie wieder loslassen wollen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ein Offizier zwei Stunden später den Befehl gab, blieben uns nur wenige Minuten für eine letzte Verabschiedung. Er drückte mich an sich, so fest dass es beinahe schmerzte und küsste mich ein letztes Mal. Unsere Lippen versiegelten sich für ein letztes Versprechen, doch noch einmal über alles zu reden, wenn der Einsatz vorbei sein würde. Ich erinnere mich daran, wie Cal mich noch einmal umarmte und irgendetwas murmelte von wegen ‚Ich verstehe dich besser als du glaubst. Zu bekommen was man will ist nicht immer so leicht wie es sein sollte‘. Ich weiß bis heute nicht was er mir damit sagen wollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Es ist so schrecklich unwirklich und hier drin habe ich jegliches Zeitgefühl verloren. Irgendetwas in mir hofft noch immer, dass ich beide Männer wieder sehe, wenn ich das Gefängnis verlasse. Weder Alexander noch ich konnten oder durften trauern. Wir waren nicht bei ihrer Beerdigung dabei, wir haben nicht Abschied nehmen können. Wer kann es uns da verdenken, dass wir noch immer nicht fassen können, was uns entrissen wurde?[/JUSTIFY][JUSTIFY]Tränen tropfen von meinem Kinn auf das Tablett. Hunger verspüre ich keinen mehr, nur Leere und einen Schmerz, den ich mit Worten nicht beschreiben kann. Mechanisch erhebe ich mich, stelle das Tablett auf die Durchreiche und stemme mich mühsam zurück in mein Bett. Das Buch wandert zurück in meine Hände und ich umfasse es beinahe krampfhaft, inhaliere tief den Geruch der Seiten und lasse mich davon wegtragen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Während ich mein Gesicht in das Kissen presse um mein Schluchzen zu dämpfen, das meinen Körper wieder und wieder durchschüttelt, begreife ich die Tragweite von Starricks Worten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich gebe ihnen hier eine Chance, ein wenig Menschlichkeit zu zeigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Menschlichkeit[/JUSTIFY][JUSTIFY]Diese eine Sache, die wir alle Ausklammern bei dem, was wir getan haben und noch immer tun. Calvin und Logan, die bereit waren Leben zu nehmen, wenn es ihnen im Auftrag ihres Landes befohlen wurde und Alexander und ich, die ihnen die Waffen dafür in die Hand gaben.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass Calvin und Logan noch leben würden, wenn Alexander und ich keine Waffen entwerfen und bauen würden. Es gibt schließlich genügend andere, die es tun und die für Geld nur zu gern ihre Seele verkaufen. Trotzdem ist dieses kleine Detail das Tüpfelchen auf dem i. Es war eine von „unseren“ Raketen, eine deren Antrieb Alexander und ich verbessert haben, um ihre Reichweiter und Zielgenauigkeit zu erhöhen. Es war unser Perfektionismus der dafür sorgte, dass die Waffe ihren Dienst wie vorgehen verrichtete – es war unsere Schuld.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber das ist der Job. Wäre ich bei der Armee geblieben, würde ich in deren Programm nichts anderes tun, als ich es jetzt bei Dick tue. Der einzige Unterschied ist, dass Dick an denjenigen verkauft, der das meiste Geld bezahlt, während das Militär für sich selbst arbeitet. Dieser Unterschied mag zwar groß erscheinen, doch letztlich spielt er nur eine untergeordnete Rolle, denn Starrick hatte Recht:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich bin sicher, sie schaffen noch ein paar Cartwrights.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich hasse ihn für diese Worte, doch er hätte nicht besser ins Schwarze treffen können. Calvin und Logan waren nur zwei Gesichter, die ich eben kannte. Zwei, deren Schicksal mir ganz besonders nahe geht. Mit dem Vertrag den ich unterschrieben habe, habe ich aber auch gleichzeitig das Todesurteil für viele andere Männer und Frauen unterzeichnet. Ihr Tod ist für die nächsten Jahre mein Geschäft. Je effizienter, desto besser.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mir war klar, worauf ich mich einlasse, als ich zugestimmt habe, Owen diesen Vertrag aushandeln zu lassen, doch als ich diese Gewissheit jetzt in meinen Kopf lasse, wird mir schlecht. Ein Geständnis, Schuld an Rawlinsons Tod gewesen zu sein, hätte es verhindert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Doch es hätte Calvin und mich nicht wieder lebendig gemacht. Hör auf in Selbstmitleid zu versinken Arn. Wir sind Soldaten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Logan ich kann nicht…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hey, Arn. Muss ich dich wirklich daran erinnern? ‚Difficulties are just things to overcome, after all.’ Hast du denn wirklich schon genug?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Plötzlich kriege ich wieder Luft. Das klamme Gefühl um meinen Brustkorb verschwindet mit jedem weiteren tiefen Atemzug. Die Trauer ist noch da, doch Logans Worte in meinem Kopf haben etwas in mir berührt, das mir Zuversicht zurückgibt. Er hat recht: Wir sind Soldaten. Ja, mein Leben wird die nächsten fünf Jahre davon bestimmt sein, Waffen zu konstruieren, die Menschenleben kosten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war nie Pazifist. Ich glaube zwar auch nicht daran, dass Krieg die einzige Lösung ist, aber ich bin bereit ihn zu führen, wenn es darum geht, das was mir lieb und teuer ist zu verteidigen. Calvin und Logan haben es getan und dabei ihr Leben gelassen. Wenn ich jetzt den Schwanz einziehe, fühle ich mich, als würde ich ihr Andenken verraten.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Difficulties are just things to overcome, after all.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bin nicht allein. Ich werde meinen Weg finden. Was ich in jener Nacht auf dem Boot getan habe, würde ich wieder tun und meine Angst und Trauer ändern nichts daran.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Vor mir sehe ich Starricks tiefblaue Augen und seinen drängenden Blick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gebe ihnen hier eine Chance, ein wenig Menschlichkeit zu zeigen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nein.[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Svensson!“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich fahre hoch, als mich jemand so plötzlich und harsch anfährt. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich eingeschlafen bin. Draußen ist es bereits tiefste Nacht und in der Zelle ist es dunkel bis auf das Licht, das vom Gang herein fällt. Ich höre einen dumpfen Schlag, ein unterdrücktes Keuchen, dann wüste russische Flüche.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Behände springe ich vom Bett und sehe, dass die Zellentür bereits weit offen steht. Draußen kämpfen zwei Wachmänner gegen einen tobenden Alexej, der sich gegen die beiden Männer verdächtig gut behaupten kann. Gerade hat er dem einen die Füße weggetreten und dafür gesorgt, dass der junge und etwas unerfahrene Beamte der Länge nach auf den Boden schlägt. Sein Kollege sieht sich etwas auf verlorenem Posten und hat mich wohl deswegen gerufen. Ich weiß nicht so genau was er sich davon verspricht, immerhin könnte ich jetzt auch einfach durch die Tür spazieren und ihn k.o. schlagen. Ich würde zwar nicht weit kommen, aber ich gebe zu, dass das in meiner aktuellen Stimmung sehr befriedigend wäre.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während der eine Beamte auf dem Boden für den Moment ausgeknockt ist, hat sich der andere jetzt mit einem Schlagstock bewaffnet, als Alexej sich zu ihm umdreht. Jetzt sehe ich auch zum ersten Mal sein Gesicht und reiße erschrocken die Augen auf. Alexejs Auge färbt sich blau und ist etwas geschwollen, an seinen Lippen und seiner Nase klebt getrocknetes Blut. Das stammt definitiv nicht von dieser Auseinandersetzung. Entschieden schreite ich ein, trete aus der Zelle und ignoriere den wütenden Beamten, der mich anschreit wieder nach drinnen zu gehen. Ich stelle mich zwischen Alexej und die Wache, versuche den Russen zu beruhigen. Er kommt auf mich zu, Schultern und Arme angespannt, weil er nach wie vor versucht die Handschellen mit roher Gewalt zu sprengen. So wie die Adern an seinem Hals hervortreten, geben die Dinger entweder bald nach, oder ihn trifft mitten im Gang der Schlag.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Zunächst trifft es erstmal mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In gewisser Weise bin ich selbst schuld, immerhin habe ich mich zwischen den russischen Bär und seine Beute gestellt. Alexej verpasst mir eine heftige Kopfnuss, mit der ich wirklich nicht gerechnet habe. Mein Nasenbein protestiert, fühlt sich aber nicht so an, als sei es gebrochen. Trotzdem taumele ich nach hinten gegen den Beamten, der immer noch hinter mir steht. Dank ihm falle ich nicht rückwärts um, sondern schaffe es das Gleichgewicht wieder zu finden. Alexejs Wut richtet sich jetzt offenbar auch auf mich und unter anderen Umständen hätte ich versucht, dem aus dem Weg zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nicht heute. Nicht jetzt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als der Russe erneut ansetzt mich fluchend vor sich her zu treiben, hole ich aus und verpasse ihm einen gezielten rechten Haken. Alexejs Kopf ruckt herum, seine Lippe platzt unter meinem Handrücken erneut auf. Dann trifft ihn der Schlagstock des jungen Wachmanns im Nacken und er klappt endlich wie ein Kartenhaus zusammen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fliegt zu dem Kerl, der mir jetzt, da Alexej zwischen uns am Boden liegt, gegenüber steht. Er hat den Schlagstock erneut drohend erhoben und scheint drauf und dran, sich auf mich zu stürzen, doch ich hebe bereits abwehrend die Hände. So sehr ich mich auch prügeln will, und so reizvoll es auch sein mag, meine Nahkampffähigkeiten an den beiden bewaffneten Kerlen zu prüfen, so ungern will ich mich den Konsequenzen aussetzen. Ich will mich zu Alexej hinunter beugen, der nach wie vor bewusstlos ist, doch der Wachmann hinter mir stößt mich zur Seite. „Zurück in die Zelle Svensson. Sehen sie zu, dass das Bett frei ist.“ Perplex starre ich ihn an. „Sie können ihn doch nicht einfach wieder in die Zelle stecken, der muss zu einem Arzt!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Mein Einwand wird ignoriert, stattdessen zerren die beiden Männer Alexej unsanft nach oben, der wie ein nasser Sack zwischen ihnen hängt. Ich gehe vor und werfe ein paar Sachen achtlos von Alexejs Bett auf den Boden, so dass sie ihn darauf ablegen können.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Dann verlassen die beiden Männer die Zelle und schließen ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hey!“ Ich hämmere von Innen gegen die Tür. „Und die Handfesseln?!“ Alexej trägt sie noch immer, liegt auf der Seite, die Hände hinter dem Rücken fixiert. Der Beamte zuckt nur nachlässig mit den Schultern. „Ich bin sicher, sie halten ihm gern den Schwanz zum pissen.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Schade, dass das Glas des Fensters bruchsicher ist. Trotzdem schlage ich zu, einfach aus Wut und Ohnmacht heraus. Der Wachmann springt zurück, als das Glas im Rahmen zumindest ordentlich knackt. „Wichser!“ fauche ich dagegen, kann aber nicht verhindern, dass sie einfach gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf dem Bett stöhnt Alexej, der langsam wieder zu sich kommt. Ich drehe mich um und lasse ihn vorerst einfach liegen, gehe stattdessen zu der Waschnische und greife mir zwei Handtücher, mache sie nass und komme damit zu Alexej zurück. Der ist noch nicht wieder richtig bei sich, doch so habe ich immerhin die Möglichkeit, mich um seine Wunden zu kümmern. Sein Gesicht verzerrt sich reflexartig vor Schmerz und er versucht mich wegzustoßen, was mit seinen gefesselten Händen nicht geht. „Jetzt halt verdammt noch mal still du Idiot“, knurre ich ihn ungehalten an und ernte dafür weitere russische Flüche, die ich nicht verstehe. Ist vermutlich auch besser so.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gelingt mir, Alexejs Gesicht von getrocknetem und frischem Blut zu reinigen und vorsichtig zu prüfen, ob etwas gebrochen ist. Bei der Nase bin ich mir nicht sicher, der Rest fühlt sich unversehrt, wenn auch geschwollen an. Ich stehe wieder auf um die Tücher auszuwaschen, dann gehe ich zum Schrank hinüber. Meine Gerichtsunterlagen sind mit einer Büroklammer zusammengesteckt, die man mir nicht abgenommen hat. Ich ziehe sie ab und biege sie auseinander, während ich zum Bett zurückgehe. Alexej knurrt als ich mich nähere. „Deinetwegen konnte ich dem Arschloch nicht die Abreibung verpassen, die er verdient hat“, beschwert er sich. Ungerührt zerre ich ihn an der Schulter herum auf den Bauch und bringe ihn damit zu einem erneuten wütenden Aufschrei, weil er jetzt sein Gesicht vor der eigenen Matratze in Sicherheit bringen muss. Um zu verhindern, dass er sich direkt auf mich stürzt, stemme ich ein Knie in seine Seite. Er stöhnt leise. „Also doch ein echter Soldat“, stellt er resignierend fest.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe nie etwas anderes behauptet“, gebe ich zurück und mache mich an den Handschellen zu schaffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Im Dunkeln brauche ich etwas, um sie zu knacken, doch schließlich gibt der Mechanismus nach. Wäre doch gelacht, wenn ich das nicht hinbekommen würde. Als sie aufspringen zischt Alexej und ich sehe die Blutergüsse an seinen Handgelenken, die von seinen Befreiungsversuchen herrühren. Er entreißt mir die zweite Hand, auch wenn die Kette noch immer daran baumelt und stößt mich mit der jetzt freien Hand vom Bett. Ich gebe ihn frei, die Büroklammer noch immer in der Hand. Einem Reflex folgend, stecke ich den Draht in den Mund, während Alexej sich mühsam aufrichtet und seine Handgelenke massiert, die Handschelle noch immer an seinem Arm baumelnd.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich bin mir nicht sicher, mit welcher Reaktion ich zu rechnen habe, beobachte ihn deswegen sehr genau. Alexej setzt sich auf den Rand des Bettes, betastet dann vorsichtig selbst sein Gesicht. Er zischt leise, doch er scheint zum gleichen Ergebnis zu kommen wie ich. Schließlich sieht er auf, verengt die Augen, während er mich mustert. „Gib mir den Draht.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Meine Zunge schiebt die Büroklammer in die Wange und ich verschränke die Arme vor der Brust.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Behände kommt Alexej auf die Füße und steht nur einen Herzschlag später vor mir, so nah, dass sich unsere Körper berühren. Ich weiche nicht zurück, nicht nur weil ich die Wand im Rücken habe, sondern auch, weil ich keine Angst vor ihm habe. Er mag andere mit derlei Verhalten einschüchtern können – mich nicht. Das ich etwas größer bin, hilft dabei ungemein. Sein Griff um meinen Kiefer ist unangenehm fest, doch er führt zu keinem Ergebnis. Unverrichteter Dinge lässt er mich wieder los und atmet langsam ein und aus. Ich spüre, wie die Spannung etwas aus seinem Körper weicht. „Was ist passiert? Wo bist du gewesen?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej schnaubt leise und leckt sich über die aufgeplatzte Lippe. „Dein Staatsanwalt ist passiert.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich starre ihn an, ungläubig und perplex. Alexej nutzt die Chance und hebt die Hand wieder, drückt seine Finger so unbarmherzig auf meinen Kiefermuskel, dass ich keine andere Chance habe als den Mund zu öffnen. Er angelt die Büroklammer aus meiner Wange und muss damit leben, dass ich ihm schmerzhaft in den Finger beiße, als er meinen Kiefer früher loslässt als er seine Hand zurückziehen kann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Au!“ muckiert er sich leise und wedelt mit der Hand auf und ab, ehe er sich abwendet, um mehr Licht von der Zellentür zu bekommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was soll das heißen, mein Staatsanwalt? Starrick hat dich so zugerichtet?“ Ich löse mich von der Wand und packe die Handschelle an der Seite, an der sie bereits geöffnet ist. Alexej will den Arm zurückziehen, doch nach kurzem Gerangel gibt er nach und händigt mir den Draht wieder aus. „Nein.. nicht Starrick. Das waren meine Leute.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich muss ziemlich verwirrt aussehen, denn Alexej fühlt sich gezwungen, sich zu erklären. „Ich bin direkt nach dem Duschen abgeholt worden und in einem dieser Verhörzimmer gelandet. Ich dachte, ich bekomme Besuch von meinem Anwalt, der mir sagt, wann ich hier endlich verschwinden kann. Ich war recht überrascht, deinen blauäugigen Staatsanwalt da zu sehen. Er hat sich nicht lang mit Formalitäten aufgehalten. Wenn ich morgen gegen dich aussage, bin ich raus hier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Handfessel löst sich und Alexej zieht die Hand zurück. Ich bin seltsam ruhig, als ich aufsehe und Alexejs Gesicht mustere. „Und, wirst du aussagen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej leckt sich erneut über die Lippe. „Das kommt darauf an.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Worauf?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej antwortet nicht, zieht stattdessen den Overall ganz auf und hakt den Daumen in den Bund seiner Shorts. Eine eindeutige Geste. Obwohl ich beinahe damit gerechnet habe, wird mir anders. Sein Blick liegt prüfend auf mir und unwillkürlich kommen mir Owens Worte in den Sinn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Kerl ist nicht ohne Arn. – Ja Owen. Danke für den Hinweis.[/JUSTIFY]

Zwölfter Teil

[RIGHT]Was sagt ihr, Landsgenossen? Gebt ihr nach[/RIGHT][RIGHT]Und weicht der Gnade, weil man sie euch bietet?[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI. [/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Er hat bemerkenswerte Augen. Sie passen so gar nicht zu dem Bild, das er vermitteln will. Beinahe so wie seine Haare, die er immer wieder rasiert, um zu verschleiern, wie sanft und spitzbübisch er wirkt, wenn sie einmal länger wachsen. Wenn er lächelt, hat er diese süßen Grübchen auf den Wangen und auch seine Augen strahlen dann. Jetzt ist davon nichts zu sehen, sein Blick ist kalt und berechnend.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weiß, dass man Menschen immer nur vor den Kopf schauen kann und ich weiß auch, dass wir uns hier in einem verdammten Gefängnis befinden und Alexej von Anfang an nie behauptet hat, er sei unschuldig hier drin gelandet. Trotzdem ist hart, diese Wandlung in seiner Persönlichkeit so vor mir zu sehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie meinte Owen doch gleich? Ich solle den Mund heute auch noch mal voll nehmen? Vermutlich ist das die einfachste Lösung. Zumindest dann, wenn sich Alexej damit zufrieden gibt. Es ist naheliegend, ihm nachzugeben. Ich meine, habe ich eine andere Wahl?[/JUSTIFY][JUSTIFY]Einfach mitspielen, was ist schon dabei? Selbst in meinem Kopf klingen meine Gedanken zynisch. [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Fuck it.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein.“ [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY] [/JUSTIFY][JUSTIFY]Am nächsten Tag... [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]"Meine Damen und Herren, hiermit erkläre ich den sechsten Verhandlungstag in der Sache Mr. Arnor Svensson und Mr. Alexander Dreyfuß gegen dem Staat Kanada wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge für eröffnet.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Und täglich grüßt… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Wie ich sehe, waren Sie in den letzten 48 Stunden ziemlich fleißig.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Täusche ich mich, oder klingt der Richter genervt? Andererseits: Ja, ich hätte auch gut und gerne auf die anderen zähen Verhandlungstage verzichten können, von den Monaten der Untersuchungshaft einmal abgesehen. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Bevor Owen etwas auf die Worte des Richters erwidern kann, erhebt sich Starrick bereits. Er sieht irgendwie ziemlich selbstzufrieden aus. Der Anzug, den er trägt, ist ein anderer als beim letzten Mal, auch wenn er sich bei der Farbwahl treu geblieben ist. Anthrazit steht ihm dummerweise hervorragend, es unterstreicht seine blauen Augen und sein seriöses Auftreten. Wer ihn hier stehen sieht, würde niemals glauben, zu was dieser Mann fähig ist. Mit der Jury spricht er charmant und respektvoll, gibt sich wortgewandt und lässt keinen Zweifel daran, dass es ihm ein persönliches Anliegen ist, für Gerechtigkeit zu sorgen. Genau die Art von (Staats-)Anwalt, die man sich zur Verteidigung der eigenen Sache wünscht und damit genau das, was weder Alexander noch ich gebrauchen können. Selbst nach den letzten Stunden, die für ihn mindestens so nervenaufreibend gewesen sein müssen wie für uns, sieht er ausgeschlafen, frisch und voller Tatendrang aus. Er lächelt, als er hinter dem Tisch hervortritt. „In der Tat euer Ehren. Ich bin der Verteidigung dankbar, dass sie für diese Unterbrechung gesorgt hat, denn so ist es uns gelungen, einen weiteren Zeugen ausfindig zu machen.“ Er greift das Blatt Papier von seinem Tisch und reicht es dem Gerichtsdiener, der es dem Richter weitergibt. Owen neben mir verdreht schon wieder die Augen, doch er erhebt dieses Mal keinen Einspruch. Stattdessen schenkt er mir einen vernichtenden Blick, als der Richter den Zeugen zulässt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Als ich vor einer Stunde am Gericht angekommen bin, habe ich ihm sofort gesagt, was uns heute erwartet. Begeistert war er nicht, doch das berühmte Kind war bereits in den Brunnen gefallen. Zu spät, noch die Notbremse zu ziehen. Obwohl Owen genau so klar war, dass keine sexuelle Gefälligkeit Alexejs Aussage verhindert hätte, konnte er sich ein „Da zierst du dich dieses eine verdammte Mal zur falschen Zeit Arn!“ nicht verkneifen. Ich weiß, dass er Recht hat. Ich hätte es einfach tun sollen und das Beste hoffen. Vielleicht hätte ich den Sex sogar zu meinem Vorteil nutzen können... behaupten, dass Alexej sich mir aufgezwungen hat, oder etwas ähnliches. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Aber verdammt nochmal! Nach all dem, was wir miteinander geteilt haben in dieser Zelle? Nach dem er sich um mich gekümmert hat, nach dem ich für IHN dagewesen bin? Er hatte hunderte Male die Möglichkeit mit mir zu ficken und hat es nie gemacht. Erpressen lasse ich mich nicht. Nicht von Starrick, nicht von Alexej. Ich habe viel getan, worauf ich nicht stolz bin, Rawlinson ist eines dieser Dinge. Aber DAS? Ich hätte mich selbst nicht mehr im Spiegel ansehen können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Mellard, haben sie Einwände dagegen, diesen Zeugen zuerst zu hören? Möchten sie zunächst Ihren Zeugen befragen? Immerhin haben sie den Antrag früher eingereicht als Mr. Starrick.“ [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Du kleines Arschloch.. Gott Owen ich hoffe so sehr, dass du Recht hast und Dick wirklich hält, was er verspricht. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Owen gibt sich gönnerhaft und winkt ab. „Keineswegs euer Ehren. Die Verteidigung ist davon überzeugt, dass Mr. Marosov nichts zum Fall beitragen kann, das hier nicht schon gesagt worden ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starricks Kopf ruckt herum und er kneift die Augen zusammen. Auch der Richter scheint angemessen überrascht. Ich bin gelinde gesagt nur verwirrt. Starrick hat doch wohl nicht wirklich geglaubt, dass Alexej mir nichts… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Oh.. OH! [/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]In der Nacht zuvor… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej kneift die Augen etwas zusammen und legt den Kopf leicht schief. „Nein?“ Seine Stimme klingt jetzt etwas schärfer, forscher. Ich nicke langsam, meine Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Schmunzeln, während ich die Handschellen in meine Tasche gleiten lasse. Wer weiß, zu was sie mir noch nützlich sind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Willst du so dringend hier drin bleiben?“ fragt Alexej jetzt und seine Stimme klingt amüsiert, doch ich sehe in seinem Blick, dass das nicht mehr als eine Farce ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass ich mich vor dir bücke, damit Starrick nicht bekommt was er will.“ Ich bin froh, dass die Wut auf die allgemeine Situation noch immer in mir kocht, denn sie gibt meiner Stimme die notwendige Schärfe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej verzieht leicht spöttisch den Mund. „Nein. Ich glaube du bückst dich, um zu bekommen, was DU willst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein trockenes Auflachen klingt in der Zelle unnatürlich laut. „Was, kriegen deine russischen Kollegen dich hier nicht schnell genug raus? Hat Starrick ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht? Oder finden sie es einfach lustig, dir das hier als letzte Aufgabe im Knast zu geben, um sich deiner Loyalität zu versichern? Seien wir ehrlich Alexej, wenn die Aussage morgen dich hier rausbringt, dann gibt es nichts, was ich dagegen tun könnte. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dich mit Sex vom Gegenteil überzeugen zu können, wieso sollte ich mich dazu herablassen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej schiebt den Unterkiefer vor, was sein Gesicht noch kantiger wirken lässt, als es ohnehin schon ist. Plötzlich lässt er abrupt von mir ab und dreht sich zur Seite, dann sehe auch ich den Schatten, der an unserem Fenster vorbei geht.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Die Wache draußen sieht nicht hinein. Vermutlich hat sie von ihren Kollegen erfahren, dass hier ein noch immer gefesselter Gefangener liegen sollte und sie verfahren jetzt nach dem „Hört nichts/Sieht nichts“-Prinzip.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Trotzdem habe ich so ein wenig Zeit, mich wieder zu sammeln. Alexej vor mir reibt sich die Handgelenke und betastet erneut sein Gesicht. Die Art, mit der er den linken Arm bewegt sagt mir, dass er unter dem Shirt vermutlich weitere Blessuren verbirgt. Ich komme nicht umhin mich zu fragen, wie er in diesem Zustand überhaupt Sex hätte haben wollen. Er hat Schmerzen, das sieht man seiner angespannten Haltung deutlich an. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wann ist das überhaupt passiert? [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich lehne mich wieder gegen die Wand, vor der ich noch immer stehe und verschränke die Hände erneut vor der Brust, drehe die aufgebogene Büroklammer nachdenklich in der Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej war verdammt lange weg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Blut auf seinem Gesicht war bereits getrocknet, die Schwellung ist ziemlich groß und bereits verfärbt. Der Stratege in mir sagt deutlich, dass die Reihenfolge der Ereignisse eine wichtige Rolle spielt. Alexej hat eben gesagt, dass er direkt nach dem Duschen abgeholt worden und in ein Verhörzimmer gebracht worden sei. Dort sei er angeblich auf Starrick getroffen. Eigentlich ist es naheliegend, denn Starrick wusste sehr wahrscheinlich, dass ich zu diesem Zeitpunkt ein Treffen mit Owen haben würde und dass weder Owen noch ich von der Begegnung der beiden Männer Wind bekommen hätten. Starrick musste nur dafür sorgen, dass Alexej erst dann wieder zu mir in die Zelle kommt, wenn Owen das Gefängnis bereits verlassen hat und ich weiß inzwischen, wie gut Starricks Beziehungen zu den hiesigen Wachen sind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gut. Alexej hat Starrick also zur gleichen Zeit getroffen, zu der ich meinen Anwalt getroffen habe. Davon ausgehend war Alexej noch unverletzt, als er sich mit Starrick unterhalten hat.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Vor meinen Augen ergibt sich langsam ein Bild, doch wirklich gefallen will es mir nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick hat Alexej dieses „Angebot“ unterbreitet und dann – durch Zufall, oder ebenfalls einen Fingerzeig meines liebsten Staatsanwaltes – hatte mein Lieblingsrusse Besuch von seinem eigenen Anwalt oder zumindest seinen ‚Leuten‘.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieso haben sie Alexej derart zugerichtet? Weil er mit Starrick gesprochen hat? Darauf hatte er ja eigentlich keinen Einfluss. Nein, da muss mehr dahinter stecken. Nathan Starrick hat etwas ausgegraben, mit dem er glaubt, Alexej bedrohen zu können. Oder eher: Bedrohen kann, wenn ich mir ansehe, wie vorsichtig sich der Russe bewegt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was weiß er?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej ist inzwischen zum Waschbecken hinüber gegangen und begutachtet sein Gesicht im schwachen Licht, entfernt letzte Reste von Blut. Er hält kurz inne, als er meine Frage hört, dann zuckt er mit den Schultern. „Nicht mehr als vorher. Ich serviere ihm seinen Sieg nicht auf dem Silbertablett, bevor mein Anwalt nicht meinen Entlassungsbescheid in den Händen hält.“ [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ist das wirklich der gleiche Mann, den ich heute Mittag noch so dringend spüren wollte? [/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich beobachte Alexej dabei, wie er vorsichtig eine Wundsalbe auf die Platzwunde an seiner Stirn tupft. Er verzieht das Gesicht, doch es erscheint mir nicht wegen der Schmerzen zu sein. Ich bewege mich auf dünnem Eis, aber das ist mir gleich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das meine ich nicht. Was weiß er über dich?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexejs Schulter versteift sich. Die Regung ist so minimal, dass sie unter anderen Umständen nicht aufgefallen wäre, doch ich sehe es deutlich. Vielleicht, weil ich gelernt habe, bei Logan auf diese kleinen Gefühlsregungen zu achten und gerade hat Alexej viel mit ihm gemein.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich stoße mich von der Wand ab und gehe zu ihm hinüber, trete langsam hinter ihn und schaue über seine Schulter in den Spiegel, in dem sich unsere Blicke begegnen. Was ich sehe überrascht mich widererwarten nicht. Ich kenne diesen Blick, und ich weiß was er zu bedeuten hat. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Oh Nathan, du hast ja keine Ahnung, welche Geister du heraufbeschworen hast… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Zurück im Gerichtssaal... [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Dann ist das beschlossen. Wir fahren fort mit Mr. Alexej Marosov, dem Zellengenossen von Mr. Svensson.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Worte des Richters reißen mich wieder ins Hier und Jetzt. Hinter uns öffnet sich die Tür und Alexej wird von einem Beamten herein begleitet. Er trägt seine Häftlingskleidung und Handfesseln. Bei seinem Anblick geht ein leises Raunen durch die Jury.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich ihn heute Morgen bei Tageslicht gesehen habe, war ich ähnlich schockiert. Über Nacht hat Alexejs Gesicht erstaunlich viel Farbe bekommen. Die aufgeplatzte Lippe ist inzwischen verkrustet und an diesen Stellen beinahe schwarz, Alexejs Auge ist blaugrün verfärbt und geschwollen, die geplatzten Adern leuchten rot. Mein rechter Haken hat seinen Kiefer ordentlich erwischt, ein blassgrauer Schatten deutet die Verletzung unter der Haut an und Alexejs Nase ziert ein stabilisierender Verband. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Beinahe sofort richten sich alle Blicke auf mich. Ich kann nicht verhindern, dass mein Mundwinkel nach oben zuckt. Natürlich.. es ist naheliegend, dass ich Alexej so zugerichtet habe. Ich bin dagegen wirklich glimpflich weggekommen. Von Alexejs Kopfnuss zeugt heute nur noch ein dunkler Schatten unter meinen Augen, auch wenn es deutlich mehr schmerzt als es den Anschein hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen stößt mich von der Seite an und ich hebe den Kopf, versuche das Grinsen aus meinem Gesicht zu wischen und merke jetzt, dass nicht nur die Jury und der Richter mich anstarren, sondern auch Starrick. Der verliert jetzt erst Recht keine Zeit mehr und tritt vor. „Mr. Marosov ich hoffe ihre Verletzungen haben nichts mit der Entscheidung heute hier auszusagen zu tun?“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej schenkt ihm ein Lächeln. „Sie meinen ob Mr. Svensson etwas mit diesen Verletzungen zu tun hat?“ Starrick räuspert sich. So hatte er es zwar gemeint, aber wollte es ganz offensichtlich nicht so deutlich ausdrücken. Ich beiße mir auf die Lippe, um ein neuerliches Grinsen zu unterdrücken. „Nein. Er hat nichts damit zu tun. Sie hingegen..“ Alexej zuckt die Schultern in einer vielsagenden Geste und lehnt sich dann zurück. „Wie kann ich ihnen behilflich sein?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Mir behilf-..“ Starrick runzelt die Stirn und räuspert sich erneut. Ich bemerke Owens fragenden Seitenblick und muss mir noch mehr Mühe geben, keine Miene zu verziehen. Starrick braucht einen Moment, dann hat er sich wieder im Griff. „Nun, Mr. Marosov, als Mithäftling von Mr. Svensson, mit dem sie sich eine Zelle teilen, können sie sicher etwas zu diesem Fall beitragen.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick wendet sich der Jury zu, ist offensichtlich wieder in seinem Element. „Mr. Svensson teilt sich seit dem Beginn seiner Untersuchungshaft die Zelle mit Ihnen, ist das korrekt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej nickt bestätigend. „Ja, das ist korrekt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hat Mr. Svensson jemals mit ihnen über seinen Fall gesprochen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erneut nickt der Russe. „Ja, das hat er. Man hat schließlich viel Zeit…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick lächelt zufrieden. „Was hat er ihnen erzählt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Oh, einiges. Dass er sich vorstellt, wie Sie ihm einen blasen zum Beispiel.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Oh.Mein.Gott.[/JUSTIFY]

Dreizehnter Teil

[RIGHT]So glaubt ihr dieses Tagelöhners Worten,[/RIGHT][RIGHT]Der spricht, er weiß nicht was?[/RIGHT][RIGHT]-     Shakespeare, König Heinrich VI.[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Für einen Herzschlag ist es vollkommen still im Saal und ich fühle mich, als sei die Zeit stehen geblieben. Alexej lehnt entspannt in dem hohen Stuhl, den Mund zu jenem spitzbübischen Grinsen verzogen, das ich inzwischen so gut kenne.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick steht unweit von ihm entfernt, starrt ihn jetzt ungläubig an. Selbst von meinem Platz aus sehe ich, wie ihm langsam die Röte ins Gesicht kriecht. Er mag mit vielem gerechnet haben, damit jedoch nicht. Ich sehe, wie sein Adamsapfel hüpft, als er krampfhaft schluckt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es ist Alexander, der die Stille bricht. Neben mir höre ich, wie der Deutsche versucht, sein Auflachen in einem Hüsteln zu kaschieren. Es gelingt ihm nur mäßig und hat zur Folge, dass Starrick wütend zu uns herum fährt. Sein Blick huscht zu Alexander, der gerade ein Taschentuch aus seiner Hose gefummelt hat und jetzt hinein schnäuzt, dann zu mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Ich begegne seinem Blick so ruhig ich kann. Alles in mir schreit danach, mir mit der Zunge über die Lippen zu lecken, doch diese Provokation – so gern ich sie auch hätte – darf ich mir nicht erlauben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Anblick scheint ohnehin auszureichen, denn Starrick schüttelt nur den Kopf und dreht sich zurück zu Alexej, der das mit der Provokation weit weniger genau nimmt als ich und jetzt erst recht aufreizend die Zunge in die Wange stößt. Eine sehr eindeutige Geste. „Wissen Sie noch, ihr abendlicher Besuch bei uns? Als Sie da auf einmal vor der Tür standen, hat ihm das einen echten Kick gegeben. So gut hat ers mir vorher noch nie…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Marosov das reicht jetzt!“, fährt der Richter energisch dazwischen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej hebt abwehrend die Hände und nickt pflichtschuldig, hält auch brav den Mund. Doch der Schaden ist bereits angerichtet. Ich sehe es an den Blicken der Jury und an der Ader, die an Starricks Stirn pocht. Er strafft sich mühsam wieder und fährt nach einem kurzen Blickwechsel mit dem Richter mit seiner Befragung fort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Also Mr. Marosov, ich weiß nicht ob mir wirklich schmeicheln soll, dass ich in Mr. Svenssons Gedanken derart präsent bin, dass er mit Ihnen über mich reden muss, aber das interessiert hier sicher niemanden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Och.. also mich würde ja schon interessieren, was du dazu sagst, Nathan.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was das Gericht interessiert, sind die Todesumstände von Mr. Rawlinson. Hat Mr. Svensson Ihnen gegenüber erwähnt, in welchem Verhältnis er und Mr. Rawlinson standen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej rückt etwas auf seinem Stuhl zurecht. „Ja, das hat er.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick scheint darauf zu warten, dass Alexej dieses Verhältnis weiter ausführt, doch der Russe schweigt. Auch auf Starricks entsprechende Handbewegung hin schenkt Alexej ihm nur einen irritierten Blick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und welches Verhältnis wäre das, Mr. Marosov?“ An Starricks Stimme ist zu hören, dass es ihm ganz und gar nicht gefällt, Alexej alles aus der Nase ziehen zu müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sie arbeiteten in der gleichen Branche, allerdings für unterschiedliche Firmen.“ Wieder extrem knapp und sachlich. Alexej verrät keinen Piep zu viel, jetzt wo es um den eigentlichen Fall geht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starrick nickt trotzdem zufrieden. „Richtig, sie arbeiteten für unterschiedliche Firmen. Hat Mr. Svensson Ihnen auch erzählt, wo er Mr. Rawlinson kennen gelernt hat?“ Er hat eine Hand in die Hosentasche seines Anzugs geschoben und dreht sich wieder halb zur Jury.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, das hat er auch erzählt.“ Alexej macht eine Kunstpause, gerade so lange, dass sowohl Starrick als auch der Richter schon Luft holen, um ihn wegen seines Verhaltens zurecht zu weisen, dann kommt er ihnen zuvor. „Mr. Svensson erzählte mir, dass er Mr. Rawlinson beim ersten Pitch für ein Projekt der Armee kennengelernt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Genau“, echot Starrick. „Mr. Rawlinson und Mr. Svensson begegneten sich das erste Mal, bei einer Projektvorstellung der Armee. Sie waren, wie sie zuvor schon sagten, beinahe so etwas wie Kollegen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Naja. Soweit würde ich jetzt nicht gehen. Rawlinson und ich waren sicher alles andere als Kollegen...[/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was hat er Ihnen über die Ereignisse danach erzählt? Und dieses Mal bitte an einem Stück Mr. Marosov. Ich kann mir zwar denken, dass sie die Freiheit und Aufmerksamkeit hier im Saal genießen, aber wir wollen hier keine Ewigkeit zubringen.“ Starrick lehnt sich an die Brüstung, die die Stuhlreihen der Jury abgrenzt. Offenbar ist er unzufrieden mit Alexejs Aussage, verständlicherweise. Ich bin ehrlich gesagt überrascht über das Verhalten des Russen. Wenn er so weiter macht, wird Starrick ihn sicher nicht so leicht davonkommen lassen. Oder war Mr. Staatsanwalt wirklich so blauäugig und verzweifelt, Alexejs Entlassungsbescheid bereits vor dessen Aussage zu unterschreiben? Es ist schwer, das aus seinem Gesicht heraus zu lesen, doch er ist wütend, keine Frage.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexej strafft sich etwas und lächelt nachsichtig. „Ich würde das hier nicht unbedingt als Freiheit bezeichnen Mr. Starrick“, beginnt er, zuckt dann aber mit den Schultern. „Aber natürlich liegt mir nichts ferner, als ihre kostbare Zeit hier zu vergeuden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben mir zieht Owen die Augenbraue nach oben. Etwas an Alexejs Stimme hat sich verändert. Es sind nur Nuancen, doch irgendwie bemerkt man es trotzdem.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Rawlinson kontaktierte Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß nach dieser ersten Projektvorstellung. Die Männer trafen sich einige Male, um sich fachlich auszutauschen. Offensichtlich hatte es zunächst den Anschein, als könne Mr. Rawlinson ein wenig Hilfestellung bei diesem ersten Projekt der beiden Angeklagten geben. Schlussendlich erwies sich das als falsch. Mr. Rawlinson verkaufte die Idee der beiden als seine eigene und bekam den Zuschlag.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Nasenflügel beben und ich kann das wütende Schnauben kaum unterdrücken, wenn ich daran zurückdenke. Wir standen wie Idioten da... noch heute wundere ich mich darüber, dass weder Alexander noch ich Rawlinson vor versammelter Mannschaft die Faust ins Gesicht gezimmert haben. Ich glaube, wir waren damals beide zu betäubt gewesen, um überhaupt irgendwie zu reagieren. Noch heute macht mich diese Ohnmacht wütend und ich sehe aus dem Augenwinkel, dass es Alexander nicht viel anders geht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Starricks Miene hingegen hellt sich deutlich auf. Das war ganz offensichtlich das, was er hören wollte. Rawlinsons Industriespionage ist für Starrick das perfekte Motiv. In seinen Augen haben Alexander und ich uns schlicht und ergreifend dafür gerächt, dass er uns dieses Projekt vor der Nase weggeschnappt hat. In Anbetracht der Gewinnsummen, die Ingenieure und Firmen bei solchen Aufträgen einheimsen, ist man sogar geneigt, ihm zu glauben. Wäre da nur nicht dieses kleine Detail…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine weiteren Fragen“, beendet er Alexejs Befragung und setzt sich wieder auf seinen Stuhl. Die Jury tuschelt, während der Richter nun zu Owen hinüber sieht. „Haben sie noch Fragen an den Zeugen, Mr. Mellard?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Zu meiner Überraschung erhebt sich Owen tatsächlich. Im Vorbeigehen klopft er mir leicht auf die Schulter und ich bin mir nicht ganz sicher, was das nun zu bedeuten hat. Die Geste hat etwas vertrauliches, beinahe entschuldigendes an sich. Etwas in mir verkrampft sich in böser Vorahnung. Auch Starrick scheint überrascht davon zu sein, dass Owen sich tatsächlich mit Alexej unterhalten will, doch letztlich ist ja schon alles gesagt und mehr als das, was Alexej bereits preisgegeben hat, weiß er nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Russe lächelt, als Owen vor ihn und die Jury tritt und Owen erwidert dieses Lächeln auf eine Art und Weise, die mich nicht unbedingt beruhigt. „Ich hätte da tatsächlich noch ein paar Fragen Mr. Marosov. Zunächst einmal: Wie lange teilen sie und Mr. Svensson sich schon eine Zelle?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie der Staatsanwalt bereits ausgeführt hat: Seit Mr. Svensson in Untersuchungshaft sitzt. Also etwas mehr als ein halbes Jahr.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]6 Monate und 27 Tage um genau zu sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Owen nickt bedächtig und schiebt die Hände in die Hosentaschen. „Und wie oft hatten sie in dieser Zeit Sex mit Mr. Svensson?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieder breitet sich erschrockene, überraschte Stille aus, dann werden gleich mehrere Geräusche im Saal laut. Einige Leute in der Jury lachen verhalten auf oder keuchen entrüstet, Alexander hat sich mit einem mehr gefauchten als geflüsterten „Was?!“ zu mir umgedreht und Starrick schlägt im Aufstehen mit der flachen Hand auf den Tisch. „Einspruch! Was soll das bitte zur Sache beitragen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen macht sich gar nicht die Mühe, Starrick anzusehen. Stattdessen schaut er von Alexej zum vorsitzenden Richter, der den Einspruch zähneknirschend abweist und Nathan damit wieder auf seinen Stuhl verbannt. Ich bin inzwischen sicher feuerrot angelaufen und starre stur geradeaus. Weder gebe ich Alexander zu meiner Linken ein Zeichen, noch wage ich es, einen Blick nach rechts zu Starrick zu werfen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dem Russen macht die Frage natürlich gar nichts aus. Er lacht nur leise und nagt an seiner Unterlippe. „Das kommt wohl darauf an, wie sie Sex definieren Herr Anwalt“, gibt er gelassen zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn er denkt, dass er Owen damit in Verlegenheit bringt, irrt er. Der lässt sich kein bisschen von ihm aus der Fassung bringen. „Ich meine Oralverkehr, Analverkehr oder auch nur das ‚Aushelfen per Hand‘, wie mir das zuletzt umständlich beschrieben wurde. Wie oft hatten sie auf diese Weise sexuellen Kontakt mit Mr. Svensson?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexejs Blick wandert von Owen zu mir. Ich sehe so etwas wie Anerkennung in seinem Blick, aber das kann täuschen. Ich bin ohnehin viel zu sehr damit beschäftigt, möglichst gelassen auf meinen vier Buchstaben sitzen zu bleiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was den Oralsex angeht, habe ich aufgehört zu zählen“, erklärt Alexej schließlich und provoziert damit erneut Tuscheln in der Jury, während Starrick eine Art gequältes Stöhnen von sich gibt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Na, Nathan? Bilder im Kopf..?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Zu allem anderen ist es nie gekommen, nicht zuletzt weil sie uns das letzte Mal so unsanft unterbrochen haben und-“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Marosov das reicht, worauf zur Hölle wollen sie hinaus Mr. Mellard?“ Der Richter hat offenbar genug gehört. Schade eigentlich..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Entschuldigen Sie, euer Ehren. Ich komme zum Punkt.“ Owen hebt entschuldigend eine Hand und der Richter lässt sich wieder in seinen Stuhl zurücksinken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist es richtig, dass sie Mr. Svensson gestern Abend angeboten haben, heute nicht auszusagen, wenn er im Gegenzug mit ihnen schläft?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder trifft mich Alexejs Blick, ehe er nickt. „Ja, das ist korrekt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und hat er mit ihnen geschlafen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, hat er nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Waren sie enttäuscht darüber und hat diese Enttäuschung sie dazu bewogen, Details zu verschweigen, die meinen Mandanten entlasten würden?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej schiebt den Unterkiefer vor und legt den Kopf leicht schief. Eine gefährliche Geste, die ich auf dem Hof des Gefängnisses schon einige Male beobachten konnte. Allerdings wird er es hier schwer haben, die Fäuste sprechen zu lassen, oder Owen anderweitig anzugehen. Das ist ihm natürlich auch klar, doch man sieht ihm deutlich an, dass er sich nur schwer zurückhalten kann. „Meinen sie das ernst?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt ist es an Owen breit zu Grinsen und ich schlucke verkrampft, weil mir die Situation mehr und mehr entgleitet. Wohin soll das alles führen?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist mein Ernst, Mr. Marosov. Denn wenn es nicht so ist, wenn sie nicht enttäuscht darüber waren, dass mein Mandant ihnen sexuelle Gefälligkeiten verweigert hat, dann muss ich davon ausgehen, dass Mr. Starrick sie für diese Aussage bezahlt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Um Starrick an der Unterbrechung zu hindern, hebt Owen bereits die Hand in dessen Richtung. „Und ich kann mir doch beim besten Willen nicht vorstellen, dass Mr. Starrick sie für diese Aussage entlohnt hat, über das obligatorische Maß hinaus meine ich. Oder täusche ich mich da?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Jetzt drehe ich doch den Kopf. Die Ader auf Starricks Stirn pulsiert schon wieder, doch neben der Zornesröte auf den Wangen ist sein Gesicht auffallend bleich geworden. Sehe ich da Schweißtropfen auf seiner Stirn?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieso?[/JUSTIFY][JUSTIFY]Es ist doch jedem im Saal klar, dass Alexej diese Aussage nicht aus reiner Nächstenliebe zu Starrick macht. Natürlich hat man ihm im Gegenzug etwas angeboten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieder einmal wird deutlich, wie anpassungsfähig Alexej ist. Eben hat es noch den Eindruck gemacht, als würde er Owen am liebsten an die Gurgel gehen, jetzt wirkt er wieder wie die Ruhe in Person und lächelt dieses entspannte und entwaffnende Lächeln. „Natürlich hat man mir etwas für diese Aussage angeboten. Aber das macht das, was ich gesagt habe, nicht weniger wahr.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen nickt bedächtig. „Da gebe ich Ihnen sogar Recht, Mr. Marosov. Was sie über das Verhältnis zwischen meinen Mandanten und dem Opfer ausgesagt haben, entspricht der Wahrheit und wir haben nie etwas anderes zu Protokoll gegeben. Ich bin mir nur sehr sicher, dass mein Mandant Ihnen noch mehr erzählt hat. Zum Beispiel über das, was geschehen ist, nachdem Mr. Rawlinson den Zuschlag des Militärs erhalten hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Jetzt endlich erwacht Starrick aus seiner Starre. „Einspruch! Relevanz? Der Zeuge hat zu Protokoll gegeben, dass Rawlinson Industriespionage begangen und damit Mr. Svenssons und Mr. Dreyfuß‘ Karriere massiv geschadet hat. Das belegen die Fakten, die dem Gericht vorliegen. Alles andere können die beiden Angeklagten nicht beweisen. Mr. Marosovs Wissen stammt nur aus seinen Unterhaltungen mit Mr. Svensson, ich sehe keinen Grund, ihn diese Äußerungen wiederholen zu lassen, die wir bereits vom Angeklagten gehört haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sehe, dass der Richter geneigt ist, dem stattzugeben, doch Owen ist schneller.[/JUSTIFY][JUSTIFY]„Relevanz? Wirklich Mr. Starrick? Woher wollen sie so genau wissen, was mein Mandant mit Mr. Marosov über die Zeit nach diesem Ideendiebstahl erzählt hat?“ Er dreht sich zurück zu dem Richter und zieht eine Hand aus der Hosentasche, um auf Alexej zu zeigen. „Ich erkläre dem Gericht gern, wieso Mr. Marosovs vollständige Aussage so relevant ist. Ich weiß, was die Staatsanwaltschaft ihm im Austausch für seine Aussage in Aussicht gestellt hat: Seine Entlassung.“ Durch die Jury geht abermals ein Raunen. „Ich bin nicht gänzlich vertraut mit ihrer Akte,  Mr. Marosov, doch ich bin mir ziemlich sicher, mehrfach von Betrug, Urkundenfälschung, Körperverletzung und in einem Fall sogar Totschlag gelesen zu haben.“ Er wendet sich wieder der Jury zu und hebt die Arme in einer den Saal einschließenden Geste. „Uns allen hier sollte bewusst sein, dass Mr. Marosov dieses Land verlassen wird, sobald sich ihm die Gelegenheit dazu bietet, habe ich nicht recht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej hebt in einer entwaffnenden Geste die Hände. „В гостях хорошо, а дома лучше.“*[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist dem Gericht hoffentlich Antwort genug“, fährt Owen fort, nach dem Alexej keine Anstalten macht, seine Worte zu übersetzen. „Und dem Gericht ist hoffentlich jetzt auch klar, wieso ich nicht zulassen kann, dass die Anklage sich auf die unvollständige Aussage eines Mannes stützt, der sich mit Hilfe der Staatsanwaltschaft unserer Justiz entziehen wird.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Dem kann auch der Richter nichts entgegen setzen. So langsam scheint seine Sympathie für Starrick ohnehin zu schwinden. Der Staatsanwalt hat ganz offensichtlich einen Fehler zu viel gemacht. „Fahren sie fort, Mr. Mellard.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Owen wendet sich wieder Alexej zu, der ihn nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hat. „Also, Mr. Marosov. Was hat mein Mandant ihnen darüber berichtet, was nach dem Ideendiebstahl passiert ist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexej verschränkt die Hände im Schoß, erzählt aber bereitwillig. Beinahe so, als habe er nur darauf gewartet, dass jemand diese Frage stellt. „Mr. Rawlinson musste erkennen, dass er zwar den Zuschlag für seine Idee bekommen hat, er aber nicht in der Lage war, diese Idee auch umzusetzen. Kurzum: Er brauchte Hilfe. Er hatte keine andere Wahl, als sich wieder an Mr. Dreyfuß und Mr. Svensson zu wenden. Natürlich haben die beiden diese Hilfe zunächst verweigert, doch es gab schließlich eine Einigung.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Einspruch!“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Schon wieder Starrick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Diese Einigung, von der uns Mr. Dreyfuß und Mr. Svensson schon die ganze Zeit erzählen, ist von keinem anderen Zeugen bestätigt worden. Mr. Marosov kann dazu überhaupt keine Aussage machen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es stimmt, dass Mr. Marosov darüber keine Aussage treffen kann, aber unser nächster Zeuge kann es“, fährt Owen dazwischen. Wieder wird Starricks Einspruch abgewiesen und Alexej fährt fort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es gab eine Einigung, so sagt es zumindest mein lieber Zellengenosse. Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß arbeiteten mit Mr. Rawlinson gemeinsam an dem Projekt, beziehungsweise halfen immer wieder aus. Sie wurden gut dafür bezahlt und hätten bei Abschluss noch einen dicken Bonus bekommen. Ohne Rawlinson, der das Projekt geleitet hat, werden sie den wohl nicht bekommen. Immerhin war diese Einigung alles andere als offiziell.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen nickt zufrieden und wendet sich ab. „Danke, Mr. Marosov. Keine weiteren Fragen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Richter entlässt Alexej aus dem Zeugenstand und ein Beamter eskortiert den Russen wieder nach draußen. Als er an mir vorbei geht, zwinkert er mir zu. „Bis später, Златовласка.“ Ich kann nicht verhindern, dass das Grinsen an meinen Mundwinkeln zupft. Irgendwie lief das alles doch etwas anders als geplant.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Der Richter ruft den nächsten Zeugen auf: Richard Kovacs, CEO von General Dynamics Canada**.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Wie immer umweht den alten Haudegen der Geruch von zu viel Aftershave. Dick ist einer dieser Männer, denen man schon an der Nasenspitze ansieht, wie profitgeil sie sind. Er versucht es nicht einmal zu verbergen. Sein teurer Designeranzug sitzt wie angegossen, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er körperlich alles andere als in Form ist. Sein ausschweifender Lebensstil hat Spuren hinterlassen: Tiefe Falten im Gesicht, ein mehr-als-wohlfühl Bauch. Trotzdem ist sein Gang so selbstsicher und sein Auftreten so einnehmend, dass man sich dem nur schwer entziehen kann. Seine Stimme klingt fest, als er sich vereidigen lässt und schließlich im Zeugenstand Platz nimmt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Wieder ist Owen an der Reihe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Guten Morgen, Mr. Kovacs. Ich möchte mich noch Mal bei Ihnen bedanken, dass sie es so kurzfristig einrichten konnten, hier auszusagen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dick winkt ab. „Nicht der Rede wert. Ich hätte schon viel früher ausgesagt, wenn ich gewusst hätte, dass ich tatsächlich etwas zu dem Fall beitragen kann. Immerhin sind Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß Teil unserer Firmenfamilie und wir vermissen sie schmerzlich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gott ich möchte kotzen. Du vermisst nur das Geld, das wir dir bringen. Die Kunden drängeln wohl, hm?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Nun, dann lassen sie uns keine Zeit mehr verschwenden. Sie sind mit den Vorwürfen vertraut, mit denen sich ihre beiden Ingenieure konfrontiert sehen, ist das richtig?“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Dick nickt deutlich. „Natürlich bin ich mit dem Fall vertraut. Die Industriespionage durch Mr. Rawlinson hat General Dynamics hart getroffen. Als wir die Nachricht von seinem Tod bekamen, war mir sofort klar, dass man unsere Firma damit in Verbindung bringen würde. Als die Polizei mir mitteilte, dass er zuletzt mit unseren beiden Chefdesignern gesehen wurde, war mir klar, dass man sie für seinen Tod verantwortlich machen würde. Ich gebe zu, ich habe selbst für einen Moment daran geglaubt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Natürlich hast du daran geglaubt. Du hast uns ja schon beinahe ermutigt, ihn verschwinden zu lassen...[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Was hat ihre Meinung dann geändert?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dick gibt ein schnaubendes Lachen von sich. „Sie meinen neben der Tatsache, dass die beiden keinen Vorteil daraus gewonnen hätten? Sie müssen wissen, Rawlinson hat zwar die Idee und die Pläne gestohlen, doch er hatte keine Ahnung, was er damit anfangen soll. Er brauchte Hilfe, und bei wem hat er die gesucht? Richtig, bei den Männern, die er bestohlen hat. Natürlich haben wir ihm zunächst die Hilfe verweigert, doch bei eingehender Betrachtung war Rawlinsons Angebot besser als nichts. Wir hatten das Projekt so oder so verloren, also haben wir versucht, noch einen Nutzen daraus zu ziehen, indem wir es steuern. Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß haben zugestimmt, Mr. Rawlinson zu helfen. Im Gegenzug sollte unsere Firma am Ende einen Teil der Fertigungsaufträge bekommen und die beiden natürlich eine entsprechende Provision.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie sehen also, ohne Mr. Rawlinson ist all das nicht eingetreten. Weder die Firma, noch die beiden Angeklagten hatten einen Nutzen vom Tod des Mannes.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber da ist noch etwas anderes.“ Er greift in seine Anzugtasche und zückt einen USB Stick, reicht ihn dem Gerichtsdiener. „Auf diesem Stick befinden sich Überwachungsaufnahmen einiger unserer Kameras. Wir hatten der Polizei nach der Festnahme von Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß ja sofort deren Kartendaten zur Verfügung gestellt, die angezeigt haben, dass sie ihre Büroräume um 4 Uhr morgens betreten haben. Dazu passen auch die Bilder aus dem Aufzug, der die beiden Männer kurz zuvor auf dem Weg zu den Büros zeigt. Letzte Woche wurden wir allerdings auf diese Aufnahmen aufmerksam.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Letzte Woche? Seit wann bewahren wir Überwachungsmaterial so lange auf?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Die Verteidigung beantragt, dass die Aufnahmen in Augenschein genommen werden“, wendet sich Owen an den Richter, der bereits den Gerichtsdiener losgeschickt hat. Da die Überwachungsaufnahmen Teil des Beweismaterials sind, steht ein Bildschirm bereit, auf dem die Aufnahmen angesehen werden können. Der Gerichtsdiener steckt den USB Stick in den Fernsehr und wählt die Datei aus, die kurz darauf abgespielt wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Was wir zu sehen bekommen, überrascht nicht nur Starrick und die Jury. Alexander und ich starren mindestens genauso fassungslos auf das Video, das auch wir zum ersten Mal sehen. Es zeigt die Aufnahmen einer Drohne, die das militärische Übungsgelände nahe der Fertigungshallen abfliegt. Das erklärt auch gerade Dick, während die Drohne mit der Nachtsichtkamera gemächlich über die menschenleere Startbahn gleitet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Die Drohne startet von ihrer Ladestation auf einem automatisierten Kurs über das Gelände. Für einen Rundflug braucht sie circa 20 Minuten, länger halten die Akkus auch nicht. Sie arbeitet mit einer Art Gesichtserkennungssoftware, die mit unserer Mitarbeiterdatenbank verknüpft ist. Erkennt die Drohne einen Eindringling auf dem Gelände, der nicht zu unseren Mitarbeitern gehört, löst sie einen Alarm aus und übermittelt die Koordinaten an unser hauseigenes Sicherheitspersonal. Sobald der Speicher voll ist, überprüfen wir die Aufnahmen ein letztes Mal, dann werden sie gelöscht. Bei dieser Durchsicht sind wir auf diese Aufnahmen gestoßen. Da Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß unsere Mitarbeiter sind, hat die Drohne natürlich keinen Alarm ausgelöst.“ Dicks Stimme klingt entschuldigend, doch ich glaube ihm kein verdammtes Wort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf dem Bildschirm schwenkt das Blickfeld der Drohne gerade über das Ende der Landebahn. Warnleuchten auf dem Interface blinken auf, als sie zwei Personen erfasst, in Schlangenlinien über die Landebahn schwanken und sich offensichtlich unterhalten. Das Bild verharrt kurz, dann wird die Anzeige grün und die Drohne setzt ihren Weg unbeirrt fort. Als die Drohne über uns hinweg gleitet, kann ich sogar in dem schlechten Bild erkennen, dass unsere verbliebene Kleidung nass an unseren Körper klebt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fragen sie mich bitte nicht, wie die beiden es angestellt haben, in ihrem Zustand in das Areal einzudringen. Es ist eine peinliche Sicherheitslücke, dass zwei betrunkene Männer so einfach in die Anlage eindringen konnten. Leider gibt es davon keine Videoaufzeichnungen.“[/JUSTIFY][JUSTIFY]Da stimme ich Dick sogar zu, denn ich kann nicht glauben, was ich sehe. Wie zur Hölle sind wir da hinein gekommen? Ich kann mich an nichts davon erinnern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Ich frage Sie tatsächlich nicht, wie die beiden Angeklagten, das angestellt haben. Ich frage Sie, was uns dieses Video sagen soll.“ Starrick hat offensichtlich genug gesehen.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Owen lächelt den Staatsanwalt gütig an, der offensichtlich das wichtigste Detail der Drohnenaufnahme bisher noch nicht bemerkt hat: Den Zeitstempel. Mir wird plötzlich heiß und kalt, als mir klar wird, was ich da sehe. Meine Hand greift nach links und bekommt die schweißnassen Finger von Alexander zu fassen, während Owen auf die Stelle am Bildschirm tippt. „Dieses Video, Mr. Starrick, zeigt uns, dass Mr. Dreyfuß und Mr. Svensson den Strand über eine Stunde vor Mr. Rawlinsons Todeszeitpunkt verlassen haben. Es gibt noch drei weitere Aufnahmen der Drohne, die die beiden Männer auf dem Weg zu den Fertigungshallen zeigen. Will heißen: Meine Mandanten waren nicht mehr am Strand, als Mr. Rawlinson auf tragische Weise ertrunken ist.“[/JUSTIFY]

 

Vierzehnter Teil

[RIGHT]Schafft den Verräter weg aus unsern Augen,[/RIGHT][RIGHT]Denn seine Schuld beweiset uns sein Tod,[/RIGHT][RIGHT]Und offenbart hat der gerechte Gott[/RIGHT][RIGHT]Die Treu' und Unschuld dieses armen Menschen[/RIGHT][RIGHT]- Shakespeare, König Heinrich VI[/RIGHT]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Das kann doch wohl nicht ihr ernst sein!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es steht ihm gar nicht, so aus der Rolle zu fallen. Starrick ist außer sich. Alexanders Hand verkrampft sich um meine Finger.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach dem der Richter nicht eingreift, legt Starrick nach. „Sie wollen uns allen Ernstes sagen, dass diese Aufnahmen JETZT aufgetaucht sind? Wie praktisch! Jetzt, wo die beiden Ihnen nützlich sind! Es ist doch richtig, dass sie gedenken, beide Männer langjährig unter Vertrag zu nehmen, oder nicht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt mischt sich der Richter doch ein. „Mr. Starrick, sie sind nicht dran. Sie können anschließend ihre Fragen stellen.“ Starrick verdreht die Augen und schüttelt den Kopf, doch Dick lässt sich von dem Ausbruch rein gar nicht aus der Ruhe bringen. Er lächelt jenes väterlich-gutmütige Lächeln, das Starrick indirekt einen Idioten schimpft und schaut kurz zum Richter hinauf. „Wenn sie erlauben, euer Ehren…“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach dem der Richter nickt, fährt Dick fort. „Ich gebe ihnen Recht Herr Staatsanwalt. Die Videos hätten bereits viel früher in den Prozess eingebracht werden müssen, doch leider sind sie uns wirklich erst jetzt aufgefallen. Mir ist auch klar, dass diese Bildbeweise allein sehr stark in Zweifel gezogen werden können. Immerhin wurden sie auf dem Gelände gemacht, auf dem die beiden Angeklagten zum Zeitpunkt ihrer Festnahme arbeiteten und ja, sie haben recht: Die beiden Männer sind für mein Unternehmen von großem Wert. Ich möchte Ihnen auch insoweit vorgreifen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit eine Überprüfung dieser Beweismittel fordern werden: Wir haben das bereits selbst mehrfach getan und auch von außenstehenden Gutachtern prüfen lassen. Nichts wäre mir peinlicher, als mit gefälschten Aufnahmen vor Ihnen zu stehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Und trotzdem sitzt du hier Dick. Spar es dir, uns das noch unter die Nase zu reiben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Starrick schnaubt nur und in diesem Moment bin ich mir absolut sicher, dass wir das Gleiche dachten. Der Gedanke fühlt sich seltsam an und ich kann nicht umhin, ihn genauer zu mustern. Er kocht vor Wut, daran gibt es keinen Zweifel.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Daher haben wir selbst angefangen, Nachforschungen anzustellen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auf ein Zeichen hin wechselt Owen zu einer anderen Datei auf dem Stick, die einen Plan des Firmen und Testgeländes zeigt. Ein roter Kreis und mehrere Pfeile markieren den Abschnitt des Areals, in dem Alexander und ich – vermutlich – auf das Gelände gekommen sind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Hier in diesem Bereich befindet sich eine direkte Zufahrt von außen. Natürlich ist die Zufahrt geschlossen und bewacht, doch wir fanden im Verlauf des Zaunes einige Stellen, an denen er durch Tiere untergraben wurde. Das hohe Gras verdeckt die Löcher um diese Jahreszeit und sie werden oft erst beim Mähen entdeckt und dann natürlich wieder verschlossen. Wir nehmen an, dass sie dort auf das Gelände gekommen sind, oder besser: Wir sind sicher, dass es dort gewesen sein muss. Wie die Staatsanwaltschaft gingen auch wir davon aus, dass Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß ein Taxi oder eine Mitfahrgelegenheit zum Firmengelände genutzt haben, auch wenn wir nie einen Fahrer ausfindig machen konnten. Nach dem wir jetzt zu wissen glaubten, wo sie das Gelände betreten haben, haben wir verschiedene Wege rekonstruiert, auf denen sie zu dieser Stelle hätten gelangen können. Dabei bemerkten wir zwei Tankstellen und einen Truckstop, an denen sie möglicherweise vorbeigekommen sein konnten. Tatsächlich hatten wir Glück.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Owen ruft die nächste Videodatei auf. Sie zeigt eine leere Tankstelle, die offensichtlich bereits geschlossen ist. Trotzdem sind die Zapfsäulen soweit beleuchtet, dass die Kamera genug Licht einfangen kann. Zunächst passiert nichts, dann sieht man am oberen Bildrand, wie ein Wagen neben der Tankstelle zum Halten kommt. Die hintere Tür öffnet sich, doch es dauert noch eine ganze Weile, bis eine Person aussteigt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erinnerungen blitzen in meinem Verstand auf, Erinnerungen an einen Streit mit dem Fahrer, der uns nicht weiter mitnehmen wollte, weil auf dieser Straße nichts mehr kam als militärisches Areal und er uns, die wir in kaum mehr als Unterwäsche auf der Rückbank saßen, nicht geglaubt hat, dass wir dort arbeiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich muss mich offensichtlich an der Wagentür festhalten. Alexander legt sich beim Aussteigen aus dem Wagen erstmal auf der Grünanlage lang. Kaum sind die Türen geschlossen, verschwindet der Wagen in die Nacht. Zurück bleiben Alexander und ich, die wir – verständlicherweise – erstmal die Tankstelle inspizieren. Während ich einerseits vor Scham im Boden versinken möchte, kann ich andererseits nicht umhin, auch bei diesem Video den Zeitstempel anzustarren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Das darf doch nicht wahr sein..“ flüstert Starrick kaum hörbar irgendwo rechts von mir und mein Blick wandert von dem Bildschirm zu Owen, dessen triumphierendes Grinsen ich sogar irgendwie nachvollziehen kann. Dabei muss er doch wissen…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber nein, vermutlich weiß er es nicht. Vermutlich WILL er es gar nicht wissen. Im Austausch gegen unser beider Unterschrift hat Dick ein Wunder versprochen und er hat geliefert. Wie auch immer er es angestellt hat, wen auch immer er bezahlt und bestochen hat – er hat geliefert.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Und in Anbetracht der Videos, die unsere Schuld an Rawlinsons Tod tatsächlich massiv in Zweifel ziehen, verstehe ich, wieso Dick erst die unterschriebenen Verträge haben wollte. Sollte jemals herauskommen, dass diese Beweise gefälscht sind – und das müssen sie einfach sein – werden nicht nur Alexander und ich lebenslänglich hinter Gitter wandern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Allerdings ist Starrick der einzige, der die Echtheit des Materials anzweifelt. Dabei muss doch auch dem Gericht und der Jury all das, was Dick hier präsentiert, spanisch vorkommen. Mir zumindest ist vollkommen klar, dass die Zeitstempel beider Videos nicht richtig sein können. Ich habe zwar massive Erinnerungslücken, was diese Nacht betrifft, doch ich bin mir ziemlich sicher, was die grobe Zeiteinteilung angeht. Das einzig Richtige wäre wohl, den Mund aufzumachen und Dicks Scharade zu entlarven, doch das käme einem Schuldeingeständnis gleich. Ich habe meine Seele an den Teufel verkauft. Ich wusste es schon, als ich gestern diese unsägliche Unterschrift unter den Vertrag gesetzt habe, doch jetzt habe ich Gewissheit: Ich bekomme meine Freiheit zurück – aber frei werden weder Alexander noch ich jemals wieder sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Sie können es nun glauben oder auch nicht Mr. Starrick: Dieses Material beweist eindeutig, dass meine Mandanten zum Zeitpunkt des Todes von Mr. Rawlinson nicht mehr am Strand gewesen sind. Wir erwarten daher, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen meine Mandanten einstellt und stattdessen endlich anerkennt, dass Mr. Rawlinsons Tod nichts weiter, als ein tragischer Unfall war.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Irgendwo hinter mir kann Ms. Rawlinson ihre Tränen nicht zurückhalten und schluchzt auf. Ein Laut, der mir bis ins Mark fährt und meine Eingeweide einmal mehr dazu bringt, sich zu verkrampfen. Sie tut mir so schrecklich leid. Rawlinson war ein Arschloch, aber er hatte Familie.[/JUSTIFY][JUSTIFY]Als ich ihn besoffen und schwankend über die Reling des Bootes gestoßen habe, war mir das vollkommen egal. Ich habe nicht an das gedacht, was ich seiner Familie damit antue, sondern nur an das, was er mir und Alexander angetan hat. Den Terror, den wir über Wochen und Monate ertragen haben, bis es schließlich einfach genug gewesen ist. Bis ich nicht mehr konnte. Ich habe mich oft gefragt, ob ich bereue, was ich getan habe – doch da ist nichts. Ich spüre kein Bedauern, Reue, nicht für diesen Mann. Was das über meinen Geisteszustand sagt, will ich gar nicht so genau wissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Man sieht Starrick bereits an, dass er nicht vorhat, Owens Forderung einfach so Folge zu leisten. Um einen offenen Streit im Gerichtssaal zu verhindern, unterbricht der Richter kurzer Hand die Verhandlung und zitiert beide Anwälte in einen angrenzenden Raum, um dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Sechs-Augen-Gespräch zu führen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im Raum erhebt sich leises Murmeln, als sich die Tür hinter den Männern schließt. Alexander ruckt auf seinem Stuhl herum, unsere Blicke begegnen sich, als ich mich leicht zu ihm drehe. Trotzdem sagt keiner von uns ein Wort, obwohl es so unendlich viele Dinge zu sagen gäbe. In meinem Kopf rasen die Gedanken und das Gefühl, hier zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein, wird irgendwie immer stärker. Aber ich habe diese Lawine selbst ins Rollen gebracht und jetzt wird sie mich einfach mitreißen. Ich kann nichts dagegen tun, ohne unser beider Schicksal zu besiegeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die drei Männer wieder in den Saal kommen. Schon an Owens breitem Grinsen kann ich das Ergebnis erkennen. Starricks Gesicht hat sich verschlossen. Es ist erstaunlich, wie gut er darin ist, seine Gefühle für den Moment zu verbergen. Als der Richter die Verhandlung fortsetzt und Starrick sich nach einem Augenblick des Durchatmens tatsächlich erhebt, glaube ich dennoch einen Blick hinter die Maske werfen zu können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Im Licht der neuen Beweisstücke beantragt die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens gegen Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß. Die von Mr. Kovacs heute vorgelegten Videos lassen erhebliche Zweifel am Tathergang aufkommen. Die Anklagepunkte gegen die beiden Beschuldigten sind daher nicht mehr haltbar. Die Staatsanwaltschaft wird prüfen müssen, ob und wie das Verfahren im Licht dieser neuen Beweise fortgesetzt werden kann.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Eine Einstellung des Verfahrens also... Das ist nicht unbedingt der Freispruch, den du uns versprochen hast Owen..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]„Dem Antrag der Staatsanwaltschaft wird stattgegeben. Mr. Dreyfuß und Mr. Svensson werden mit sofortiger Wirkung aus der Untersuchungshaft entlassen. Den Damen und Herren der Jury vielen Dank für ihr Erscheinen. Die Verhandlung ist hiermit beendet, einen guten Tag.“ Sprachs und erhob sich. Hat es offenbar eilig in seine Mittagspause zu kommen – oder einfach nur Starrick aus dem Weg zu gehen, der seine sieben Sachen gerade ziemlich zügig zusammenpackt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sitze noch immer wie betäubt auf meinem Stuhl und kann nicht fassen, was da gerade passiert ist. Noch immer halte ich Alexanders Hand fest und auch er macht keine Anstalten, meine Hand loszulassen. Owen klopft mir auf die Schulter und weckt mich so aus der Trance, in der ich mich befunden habe. „Hey, ein bisschen mehr Euphorie wäre angebracht, meint ihr nicht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben mir stößt Alexander pfeifend Luft aus. „Ist es wirklich vorbei?“ Seine Stimme klingt brüchig. Auch ihn treibt wohl die Tatsache um, dass es sich hier um eine Einstellung des Verfahrens gehandelt hat, nicht um einen Freispruch. Die Beweise sprechen zwar für uns, aber wir wissen beide, dass diese Beweise ganz schnell verschwinden werden, wenn wir nicht mehr nach Dicks Pfeife tanzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, es ist wirklich vorbei.“ Owen klingt beinahe beleidigt darüber, dass wir die überschwängliche Freude vermissen lassen, die er wohl von uns erwartet hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Gerade als ich mich erheben will, tritt Starrick von der Seite an unseren Tisch. „Herzlichen Glückwunsch, Mr. Svensson, Mr. Dreyfuß. Aber gewöhnen sie sich nicht an die frische Luft da draußen. Das hier ist noch nicht vorbei. Ich hoffe, sie können sich nach dieser schauspielerischen Glanzleistung noch im Spiegel ansehen. Ich bin gespannt, ob sie es über sich bringen, sich Rawlinsons Familie zu stellen. Sie werden einander sicher oft begegnen. Der Friedhof ist nicht so groß. Richten sie Logan und Calvin meine besten Grüße aus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY][/JUSTIFY][JUSTIFY]Alexanders Hand verkrampft sich, dann zieht er sie zurück. Ich muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass er wie ein Häufchen Elend zusammen sinkt. Mit einem Mal sind alle Selbstzweifel wie weggewischt und der Hass auf dieses selbstgefällige und leider so attraktive Arschloch beherrscht mein ganzes Denken. Auf meine Lippen schleicht sich ein dünnes Lächeln, während ich mich erhebe, um Starrick auf Augenhöhe begegnen zu können. Sein Blick sprüht vor Verachtung und Wut und ein Teil von mir kann ihn wirklich verstehen. „Danke Mr. Starrick, das werde ich. Und ich bin sicher, dass das noch nicht so schnell vorbei ist. Aber lassen sie es ihre Frau nicht allzu sehr spüren, ja? Wir wollen doch, dass das unser kleines Geheimnis bleibt.“[/JUSTIFY]

Fünfzehnter Teil

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zwischenspiel IV

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Sechzehnter Teil

[RIGHT]Das ist's, was Leidenschaft mich zügeln lehrt[/RIGHT][RIGHT]Und milde tragen meines Unglücks Kreuz;[/RIGHT][RIGHT]Ja, darum zieh' ich manche Träne ein[/RIGHT][RIGHT]Und hemme Seufzer, die das Blut wegsaugen.[/RIGHT][RIGHT]-          Shakespeare, König Heinrich VI[/RIGHT]
 

[JUSTIFY]Ich kann mich noch an den Tag erinnern, an dem ich das erste Mal durch diese Tür gegangen bin. Das laute Surren des Sicherheitsschlosses und das kalte, viel zu helle Neonlicht haben sich durch meinen pochenden Schädel in meine Eingeweide gefressen. Wenigstens passten der körperliche Schmerz und mein miserabler Zustand zu meiner Gefühlswelt. Ich war viel zu betäubt von der Nachricht über Logans und Calvins Tod, als dass ich zu irgendeiner Gefühlsregung im Stande gewesen wäre. Das alles ist wie in einem weit entfernten Traum an mir vorbei gezogen und gleichzeitig doch schmerzhaft real.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Weg nach draußen fühlt sich ähnlich an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich habe mir ausgemalt, wie befreiend es sein würde, aber das ist es nicht. Ich bin erschöpft und müde, spüre trocknende Spermaflecken in meiner Shorts und ein erdrückendes Gewicht auf meinem Brustkorb, als die Tür nach einem letzten Warnton aufgeht und mich in die ‚Freiheit‘ entlässt - betäubt von der Erinnerung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Draußen ist es inzwischen wärmer geworden, tiefhängende Wolken malen Schatten auf den Parkplatz. Regen liegt in der Luft, aber der Asphalt ist noch trocken. Ich habe meine Tasche über die Schulter gehängt, meine Entlassungspapiere noch in der Hand und laufe etwas desorientiert in Richtung Straße.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In einem seltsamen Affekt, den ich mir selbst nicht ganz erklären kann, gleitet meine Hand in meine Hosentasche und will nach dem Handy greifen, das natürlich nicht dort ist. Wie so viele andere Dinge wurde es nach meiner Verhaftung konfisziert und ausgewertet. Natürlich hat es niemand für nötig gehalten, das Gerät zu laden und so liegt es samt dem zugehörigen Ladegerät in meiner Tasche.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Svensson?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwa zehn Meter links von mir streckt ein Fahrer den Kopf aus einer schwarzen Limousine. Auf der Fahrertür prangt unverkennbar das Logo von General Dynamics. Ich gebe mir einen Ruck und laufe zu dem Wagen hinüber, aus dem der Fahrer inzwischen ausgestiegen ist. Ich übergebe ihm mein Gepäck und lasse mich auf die geräumige Rückbank des Wagens fallen. Der Fahrer verzieht keine Miene, während er meine Tasche im Kofferraum verstaut und sich dann wieder auf den Fahrersitz gleiten lässt. Eine Ausgeburt an Professionalität. Falls er eine Meinung dazu hat, dass er gerade einen Mann aus dem Gefängnis abholt, zeigt sein Gesicht nichts davon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sir, soll ich sie ohne Umwege nach Hause fahren, oder haben sie noch ein anderes Ziel?“ Ich hebe den Kopf und begegne seinem Blick im Rückspiegel. „Nur nach Hause, danke“, erwidere ich leise und seltsam erschöpft. Er nickt, startet den Wagen und lenkt ihn vom Parkplatz der JVA. Nach Hause. In die ‚Freiheit‘.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Etwa eine halbe Stunde später stehe ich vor der Haustür. Der Fahrer hat vorn an der Einfahrt gehalten, mein Gepäck aus dem Kofferraum geholt und sich dann höflich verabschiedet. Den Schlüssel habe ich auch schon in der Hand, doch weiter bin ich nicht gekommen. Irgendwie fühlt es sich schrecklich unwirklich an, hier zu stehen. Dass ich eine Weile nicht hier gewesen bin, sieht man kaum. Der Garten wird immer noch von einem alten Bekannten meiner Eltern gepflegt, die Hecken, die die Einfahrt säumen, sind sauber gestutzt und die Rosenbüsche meiner Mutter neben dem Hauseingang blühen. Der Briefkasten, an dem ich vorbei gekommen bin, war bis auf einige Werbeprospekte leer. Es ist beinahe wie das nach Hause kommen nach Feierabend, nur weiß ich genau, dass es nicht so ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich atme noch einmal tief durch, wappne mich für das, was drinnen auf mich wartet und schiebe den Schlüssel ins Schloss. Die Tür öffnet sich anstandslos und wirft mich mitten hinein in die Erinnerung.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Kaum habe ich den großen, offenen Raum betreten, in dem sich Küche, Wohnzimmer und Eingangsbereich befinden, schlägt die emotionale Keule zu. Ich lasse die Tasche fallen und lehne mich von innen gegen die Haustür, während ich versuche, der Gefühle Herr zu werden, die mich zu übermannen drohen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schaffe es nicht. Stattdessen sinke ich langsam aber sicher an der Tür hinab auf die Knie, während sich mein Blick immer weiter verschleiert.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Logan und Cal sind überall.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Auf den Bildern, die sich auf dem Sideboard aneinander reihen; im abgestandenen Geruch des Hauses, in den wir nach einem Auslandsaufenthalt zurückgekommen sind; im Licht der großen Fensterfront zum Garten hin, vor der Logan sein morgendliches Workout gemacht hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In mir öffnen sich sämtliche Schleusen und ich weine. Weine endlich, laut und verzweifelt, all die Tränen, die ich im Gefängnis nicht weinen konnte. Ich hocke auf dem Boden vor der Haustür, unfähig noch einen Schritt weiter zu gehen. All die Zuversicht, die mir Alexej eben in der Zelle noch gegeben hat, ist weg. Zurück bleibt nur eine Verzweiflung, die sich so tief in mein Herz und meinen Verstand frisst, dass ich glaube, daran zu Grunde zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wie sehr emotionaler Schmerz auch körperlich wehtun kann, weiß ich eigentlich. Ich gehörte bisher jedoch zu den Glücklichen, die dergleichen nie erleben mussten – bis jetzt. Es fühlt sich an, als würde mir jemand das Herz bei lebendigem Leibe herausreißen und alle Vorbereitung auf diesen Moment ist mit einem Mal zu Nichte gemacht. Meine Finger zerren an der Krawatte, während ich gleichzeitig versuche, mich aus dem Jackett zu schälen. Alles ist gerade zu eng, ich habe das Gefühl zu ersticken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach einer gefühlten Ewigkeit gibt der Knoten der Krawatte nach und ich schnappe nach Luft, werfe das Jackett von mir und ruiniere das Hemd, weil ich es mit zu viel Gewalt von meinen Armen reiße, ohne alle Knöpfe zu öffnen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schwer atmend, mit noch immer verschleiertem Blick, hocke ich da und starre ins Leere. Der erste verzweifelte Weinkrampf ist vorbei, Erschöpfung macht sich breit. Irgendwie war und ist alles zu viel, um mich vernünftig damit auseinander zu setzen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mühsam kämpfe ich mich auf die Füße, hebe Hemd, Krawatte und Jackett auf und schlurfe beinahe apathisch nach rechts den Gang hinunter ins Bad. Der Anzug landet in einem Wäschesack, der für die Reinigung bestimmt ist. Alles andere landet in einer größeren Wäschetonne und harrt der Dinge, die da kommen. Mein Körper funktioniert, immerhin etwas. Während meine Gedanken sich irgendwo zwischen der plötzlich wiedererlangten Freiheit, deren Folgen, den heftigen Erinnerungen und dem Gefühl des Verlustes verlieren, dusche ich und wasche mir endlich die Reste meiner Verabschiedung von Alexej vom Körper.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich hatte mir ausgemalt, wie sehr ich diese erste Dusche zu Hause genießen würde, wie ich hier unter der Wasserfalldusche stehen und mich einfach nur stundenlang von heißem Wasser berieseln lassen würde. Im Hier und Jetzt ist das Wasser maximal lauwarm und ich ertrage es nicht, länger als notwendig in der Kabine zu stehen. Sie kommt mir zu groß vor für mich allein und das Gefühl, Logan im Rücken zu haben, der seine Zähne gierig in meinem Nacken vergräbt, treibt mich schneller wieder hinaus, als mir lieb ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit nassen Haaren, das Handtuch um die Hüfte geschlungen, wandere ich den Gang entlang weiter ins Schlafzimmer. Der Raum ist abgedunkelt, jemand hat die Jalousien herunter gelassen. Der Rest ist so, wie ich es am Vorabend von Rawlinsons Tod zurückgelassen habe. Meine Laufkleidung liegt noch immer achtlos hingeworfen auf dem Bett, die Schuhe stehen davor. Zwei Hemden, die ich probeweise unter dem Anzug anprobiert hatte, liegen ebenfalls auf der Tagesdecke. Davon, dass die Polizei sicher auch hier gewütet hat, ist nichts zu sehen. Mein Blick gleitet über das Bett zu dem Bild, das beinahe die ganze Breite des Bettes einnimmt. Wieder schnürt sich meine Kehle zu. Die schwarz-weiß Fotografie zeigt einen Mann mit ausgebreiteten Armen von hinten. Wasser perlt von seiner so perfekt definierten Rückenmuskulatur. Er dreht den Kopf zur Seite, doch unter dem Schirm der Offiziersmütze kann man nicht mehr als sein markantes Kinn erkennen. Ich muss sein Gesicht nicht sehen, um zu wissen, dass es Logan ist. Das Bild ist bei einem unserer Campingtrips entstanden und nach dem Logan mich mehrfach dabei erwischt hatte, wie ich es heimlich auf meinem Handy angestarrt habe, hat er es mir auf eine Leinwand drucken lassen. Wie narzisstisch dieses Geschenk gewesen ist, habe ich erst mit der Zeit begriffen. Ich habe dieses Bild sicher hunderte Male ab- und wieder aufgehängt – abhängig davon, wie meine Beziehung zu Logan gerade aussah. An jenem schicksalhaften Tag, an dem ich ihn hinausgeworfen habe, hatte ich es abgehängt und in meiner ohnmächtigen Wut beinahe zerstört. Tags darauf, nach unserem emotionalen Abschied, hatte ich es wieder aufgehängt. Jetzt starrt es mir höhnisch entgegen und zerrt die Verzweiflung wieder an die Oberfläche.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich reagiere mit etwas, das mir in Zukunft noch ernsthafte Probleme bereiten wird: Ich laufe davon. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich zerre mir das Handtuch von der Hüfte, schnappe meine Laufshorts, streife das Hemd über und schlüpfe in die bereitstehenden Schuhe. Ich habe das Haus schneller verlassen, als ich es betreten habe und verschwende keine Sekunde damit, mich aufzuwärmen, sondern renne, als ginge es um mein Leben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und das tut es auch.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die Mischung aus emotionalem Schmerz und stressbedingtem Adrenalinschub lässt meinen Körper mehr Reserven mobilisieren, als er eigentlich hat. Für jemanden, der normalerweise jeden Tag mindestens eine Stunde joggen geht, waren die Zwangspausen im Gefängnis nicht gerade angenehm. Obwohl ich jede sich bietende Gelegenheit auf dem Hof zum Laufen genutzt habe, ist meine Kondition und Kraft nicht mehr die gleiche wie vor meinem Gefängnisaufenthalt. Trotzdem treiben mich die Gedanken an Calvin und Logan immer weiter und weiter, Runde um Runde durch den Alamosa Park, der sich hinter den Häusern erstreckt. Ich ignoriere das Stechen in meiner Seite und meiner Lunge, das Zittern in meinen Oberschenkeln, das bei jedem Schritt schlimmer wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Regen, der sich in den tiefhängenden Wolken bereits angekündigt hat, fällt inzwischen in dicken, schweren Tropfen vom Himmel, durchweicht meine Laufkleidung und meine Schuhe, rinnt mir samt dem Schweiß durch die Haare in die Augen. Wenigstens verschleiert er auf diese Weise meine Tränen, auch wenn ich hier draußen niemandem begegne.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weiß nicht genau, wie lange es am Ende gedauert hat, bis mein Körper meinem irrsinnigen Treiben Einhalt gebietet. Als ich von dem befestigten Weg auf einen Trampelpfad abbiege, über den ich sicher schon drei oder viermal gerannt bin, hat der Regen den Untergrund soweit aufgeweicht, dass die Sohlen meiner glatten Laufschuhe keinen Halt mehr finden. Ich rutsche, gerate ins Stolpern und kann einen Sturz gerade so noch verhindern. Prompt krampft meine überbeanspruchte rechte Wade bei der zusätzlichen Belastung und ich stoße einen nicht gerade leisen Schrei aus, als der Schmerz mein Hirn erreicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Geräusch verhallt ungehört im prasselnden Regen. Außer mir scheint niemand bei diesem Mistwetter freiwillig einen Fuß in den Park zu setzen, und ich sollte dankbar sein. Durchnässt wie ich bin, lasse ich mich seitlich auf das Gras fallen und versuche, dem Krampf entgegen zu dehnen. Meine Seite und meine Lunge stechen noch immer und der aufkommende Wind ist eiskalt, doch in Anbetracht meiner Probleme sind das gerade Kleinigkeiten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Trotzdem muss ich einsehen, dass mein ‚Lauftraining‘ hier beendet ist. Mühsam rappele ich mich auf die Füße, humple den Pfad zurück und schließlich durch den Park hinauf auf die Straße, zurück nach Hause.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich in die Einfahrt einbiege, sehe ich jemanden vor meiner Haustüre sitzen. Misstrauisch verlangsamt sich mein Schritt und ich wische mir Wasser aus dem Gesicht. Als ich die Person erreiche, die zusammengesunken, eine Alkoholflasche umklammernd auf meiner Fußmatte kauert, erkenne ich mit Schrecken Alexander.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Er sieht aus rot geränderten Augen zu mir auf, als ich in sein Blickfeld trete und versucht sich aufzurappeln. Ihn umgibt eine Duftmischung aus Alkohol und Marihuana und ich kann ihn gerade noch auffangen, bevor er über die niedrige Eingangsstufe stolpert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mechanisch greife ich an ihm vorbei und schließe die Türe auf, schiebe mich und ihn hindurch und manövriere ihn zur Couch. Während er mit einer Hand weiter die halbvolle Flasche Whisky umklammert, gräbt sich die andere jetzt in meinen Oberarm. „Arn..“ seine Zunge ist schwer. „Ich… konnte nicht zu Hause..“ der Rest des Satzes geht in einem tiefen Schluchzen unter, mit dem Alexander auf die Couch sinkt. Ich reiße mich von ihm los, um wenigstens die Tür zu schließen und meine durchnässten Laufschuhe auszuziehen, dann komme ich zu ihm auf die Couch. Seinen Kopf an meine Brust gepresst sehe ich zu, wie das Schluchzen seinen Körper immer wieder schüttelt. Wie sollen wir das nur überstehen?[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Süße, schöne Freiheit…[/JUSTIFY]

Siebzehnter Teil

[RIGHT]Meinst du, ich werde je die Welt anschaun[/RIGHT][RIGHT]Und glücklich achten, wem die Sonne scheint?[/RIGHT][RIGHT]Nein, Dunkel sei mein Licht, und Nacht mein Tag,[/RIGHT][RIGHT]Und Denken meines Pomps sei meine Hölle.[/RIGHT][RIGHT]-          Shakespeare, König Heinrich VI. II. Teil[/RIGHT]
 

[JUSTIFY]„Wir könnten einen Prototyp CRV-7 PG nehmen. Die würde vollkommen reichen und die letzten Testergebnisse der Zielerfassung und Steuerung waren wirklich vielversprechend.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander liegt ausgestreckt neben mir im Bett und starrt an die Zimmerdecke. Draußen ist es mittlerweile Nacht geworden und der Regen prasselt laut auf die hölzerne Veranda. Selbst der Boden vor der Terrassentür ist voller Wasserspritzer, doch ich bringe es gerade nicht über mich, die Türe zu schließen. Stattdessen schaue ich fasziniert dabei zu, wie der blaue Dunst des Joints in meiner Hand durch den hereindringenden Wind in der Luft verwirbelt wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Auf die kurze Distanz brauchst du keine Lenkrakete. Aber unabhängig davon würde auch dieser Sprengkopf den ganzen Komplex in Stücke reißen.“ Meine Stimme klingt dumpf und unbeteiligt, weil sich mein Fokus noch immer nicht von dem süßlich riechenden Qualm gelöst hat. Eine Hand wandert in mein Blickfeld und Alexander nimmt mir den glimmenden Stummel aus der Hand. Seine Finger zittern immer noch, was seine eigentlich so ruhige Stimme Lügen straft. Seit ungefähr einer halben Stunde beschäftigen wir uns damit, wie wir Dicks Büro zu Kleinholz verarbeiten können. Besser als das Thema zuvor, denn da ging es Alexander noch darum, seine Wohnung in Einzelteile zu sprengen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann kann ich wenigstens sicher sein, dass diese fette Kakerlake nicht wieder irgendwo aus den Trümmern krabbelt“, gibt Alexander zurück und inhaliert tief einen weiteren Zug. Ich drehe mühsam den Kopf und sehe ihn an.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Immerhin: Er ist mittlerweile gefasster als vorhin. Ich weiß nicht mehr genau, wie es mir gelungen ist, ihn von der Couch ins Bad und schließlich in mein Bett zu manövrieren. Er hatte noch immer den Anzug vom Morgen getragen, jetzt trägt er eine meiner Jogginghosen und ein einfaches Shirt. Ich selbst habe meine nassen Laufklamotten nach einer weiteren heißen Dusche ebenfalls gegen bequemere Sachen eingetauscht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es wäre allerdings wirklich Schade um seine Whisky-Sammlung“, sinniert der Deutsche jetzt neben mir und schielt auf sein leeres Glas, das er noch immer in der freien Hand hat. Die Flasche, die Alexander bei seiner Ankunft mitgebracht hatte, ist schon seit geraumer Zeit leer.  Aber so wie es keiner von uns beiden bisher geschafft hat, die Tür zur Veranda zu schließen, haben wir es auch noch nicht geschafft, Nachschub zu holen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hab Hunger…“ vermelde ich kurze Zeit später zum sicher sechsten Mal, nach dem mein Magen erneut vernehmlich knurrt. In Anbetracht der Tatsache, dass meine letzte Mahlzeit das Frühstück im Gefängnis gewesen ist, ist das kein Wunder. Alexander hält mir den Joint wieder hin und greift nach seinem Handy, das auf seinem Bauch liegt. Noch bevor er den Bildschirm entsperren kann, ziehe ich ihm in einem jähen Reflex das Telefon aus der Hand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meinem benebelten Hirn ist nämlich dieses Mal gerade rechtzeitig eingefallen, wieso unsere Bestellung beim Lieferservice immer noch nicht rausgegangen ist: Alexanders Sperrbildschirm ist ein Bild von Calvin, in zugegeben sehr expliziter Pose. Jedes Mal wenn Alexander drauf und dran war, den Lieferdienst zu kontaktieren, scheiterte er am Entsperren seines Bildschirms. Dieses Mal bin ich ihm zuvor gekommen und erledige diese gerade so unmöglich erscheinende Aufgabe für ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gott schau uns an… Erbärmlich…“ murmelt Alexander leise vor sich hin, während ich die Nummer des Lieferdienstes heraussuche. Kurz durchzuckt mich die Sorge, ob es den Laden überhaupt noch gibt, dann verpasse ich mir so gut es geht eine mentale Ohrfeige. Wieso sollte es ihn nicht mehr geben? Nur weil mein Leben vor beinahe 7 Monaten zu einem Scherbenhaufen geschrumpft ist, muss das ja nicht für den Rest der Welt gelten.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Es klingelt zwei Mal, dann meldet sich eine fröhliche Stimme, um meine Bestellung aufzunehmen. Überwältigt von der Tatsache, dass ich Recht behalten habe, und es den Laden wirklich noch gibt – Ja Arn, wer hätte es gedacht… vergesse ich, dass ich vielleicht etwas sagen sollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hallo..? Ist da jemand? Möchten Sie etwas zu Essen bestellen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Verlegen räuspere ich mich. „Ähm.. Hi, ja.. ja, ich würde gerne etwas bestellen und zwar.. ähm..“ Ich kratze meinen wachen Verstand in den Ecken meines Rausches zusammen und räuspere mich noch einmal. „Sorry. Also ja, ich würde gerne etwas bestellen. Zweimal Poutine, einen Caesars Salad“ – Alexanders Hand schießt nach oben – „nein, zwei Caesars Salad. Und ähm… eine Fingerfoodplatte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Für eine Person?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erneut hebt Alexander neben mir die Hand und zeigt eine vier. „Vier?“ Ich runzele verwirrt die Stirn. „Okay, also zweimal Poutine, zwei Caesars Salad und eine Fingerfoodplatte für vier. Welche Dips?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ähm also—“ „2 Mal Sour-Cream, Sweet-Chilli und Mango.” Alexander rattert die Bestellung so laut herunter, dass die Dame am anderen Ende der Leitung offenbar jedes Wort versteht. „Okay, wie lautet ihre Adresse?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Svensson, Bayview Village, Hi..“ „Ah, habe ich doch richtig gehört! Mr. Svensson, wir dachten schon, sie seien uns untreu geworden. Wir haben sie noch in unserer Kartei, möchten sie die Bestellung über ihre Kreditkarte abrechnen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben mir bekommt Alexander aus unerfindlichen Gründen einen Lachanfall. Oder eher: der Grund ist offensichtlich, ist ihm gerade aus der Hand gefallen und droht ein Loch in meine Bettwäsche zu brennen. Ich angle den noch glimmenden Joint von der Matratze, verpasse Alexander eine Kopfnuss und unterdrücke einen ungalanten Fluch. „Ja, das ist… genau, über die Kreditkarte.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Alles klar, dann sollte Ihr Essen in etwa 20 Minuten bei Ihnen sein Mr. Svensson. Danke für ihre Bestellung und bis zum nächsten Mal!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit ist die Leitung tot und ich nehme das Handy noch etwas paralysiert vom Ohr. Alexander neben mir hat sich inzwischen wieder mehr oder weniger unter Kontrolle und gluckst nur noch. Für einen kurzen Moment habe ich den bösen Gedanken, ihm seinen Sperrbildschirm unter die Nase zu halten, um seinen Lachanfall im Keim zu ersticken, doch natürlich tue ich das nicht.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Wie war er eigentlich?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hm? Wer?“ Ich habe gerade den Jointstummel zielsicher in der Pfütze nahe der Terrassentür versenkt, als Alexander mir diese vollkommen aus dem Kontext gerissene Frage stellt. Ich reiße den Blick von den Stummeln los, die sich bereits in der Pfütze gesammelt haben und überlege kurz, wie sehr ich mich morgen dafür hassen werde, hier drin geraucht zu haben, doch der Gedanke verfliegt schneller als Alexander seine Frage spezifizieren kann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Na der Russe. Wie war sein Name? Матрёшка?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Alexej Марозов.. Матрёшка sind diese Holzpuppen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das tiefe Lachen, das kurz darauf das Bett leicht vibrieren lässt, zeigt mir, dass Alexander das sehr genau wusste. Wieder ditsche ich die Hand in seine Richtung und verpasse ihm damit einen leichten Schlag auf die Seite, doch er lässt sich nicht von dem Thema abbringen. Ich wische mir fahrig mit der Hand durchs Gesicht und zucke die Schultern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Er war…“, ich suche nach einem passenden Wort, aber in meinem Zustand will mir nicht wirklich etwas Passendes einfallen. „Er war irgendwie eine willkommene Abwechslung.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Abwechslung“, echot er jetzt und gestikuliert ziemlich eindeutig neben mir.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hey… es hat sich so ergeben. Ich habe sicher nicht darum gebettelt, aber du hast ihn selbst gesehen. Hässlich war er nicht gerade.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander wiegt den Kopf hin und her und nickt schließlich. „Stimmt. Irgendwo unter dem geschwollenen blauen Auge, der aufgeplatzten Lippe und den Hämatomen steckt sicher ein bildhübscher und herzensguter Kerl. Hast du ihn so zugerichtet?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich kann mein Auflachen nicht verhindern. „Das glaubst du doch nicht wirklich. Hast du ihn dir mal angeschaut? Der Kerl besteht nur aus Muskeln. Als er gestern zurück in die Zelle kam, sah er schon so aus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]‚Gestern‘. Es mich sagen zu hören, klingt so unendlich falsch. Aber es stimmt: Vor nicht einmal 24 Stunden stand ich Alexej in der Zelle gegenüber und habe dabei zugesehen, wie die Schwellung über seinem Auge immer deutlicher wurde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und trotzdem wollte er ficken? Die Russen sind ziemlich hart im Nehmen, hm?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Unweigerlich blitzen Erinnerungen in meinem Kopf auf. Alexejs gieriger Blick, der feste Griff. Das Gefühl in die Ecke gedrängt zu werden, die fordernden Gesten, seine Worte… die Szene in der Dusche, seine Finger, die mich wortwörtlich um den Verstand bringen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein er… ich glaube nicht, dass er wirklich auf Sex aus war“, antworte ich schleppend. „Gott ich habe keine Ahnung, was er eigentlich von mir wollte. Er war gestern definitiv nicht in der Lage mich zu überwältigen und ich bezweifle, dass er wirklich Sex gewollt hätte. Den hätte er all die Wochen davor haben können und er hat es nie darauf angelegt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander hat mir jetzt den Kopf zugewendet und sieht mich durchdringend an. „Es war wirklich vorbei, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich schließe die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seit sieben Monaten drücke ich mich vor der Antwort auf diese Frage. Und im Grunde muss ich sie jetzt nicht Mal mehr geben, denn es spielt keine Rolle mehr. Aber wenn ich hier mit Alexander im Bett liege, spielt es eben doch eine Rolle. Und ich weiß, dass ich mich damit auseinander setzen muss, aber ich weiß nicht, ob ich schon bereit dafür bin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das dort drinnen war eine andere Welt Alexander. Ich habe nie mit ihm geschlafen, obwohl es Momente gab, in denen ich es verdammt noch Mal gewollt hätte. Er hat mir geholfen, all das hier..“, ich schließe den Raum in einer weitläufigen Bewegung mit ein „zu vergessen. Ich bin ihm dankbar dafür. Aber das ändert nichts an der Situation hier draußen oder daran, wie sehr ich mir wünsche…“ ich atme tief durch und spüre, wie Alexanders Hand meine Hand umfasst und sich unsere Finger ineinander verflechten. Die Geste bedeutet mir, dass ich nicht weitersprechen muss, doch die Worte laut aus meinem eigenen Mund zu hören, ist mir ein Bedürfnis. „Wie sehr ich mir Wünsche, dieses eine Gespräch doch noch mit ihm führen zu können.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexanders griff wird fester und ich ziehe ihn an der Hand näher zu mir und wieder in meine Arme. Der Körperkontakt tut gut, ihm und mir.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Ich schäme mich“, murmelt der Deutsche nach einer Weile in die Dunkelheit und Stille, die sich wieder zwischen uns ausgebreitet hat. „Ich schäme mich dafür, ihn zu hassen, weil er nicht zu mir zurückgekommen ist. Arn, ich habe so viel falsch gemacht. Wie soll ich mir jemals wieder selbst nüchtern in die Augen sehen?“ Alexander sieht furchtbar alt aus, als er jetzt zu mir aufsieht. Seine Wangen sind eingefallen, sein Blick glasig von Drogen und Alkohol. Doch beides kann den Schmerz nicht verschleiern, der dumpf hinter dem Schleier tobt, der sich über seinen Verstand gelegt hat. Mir kommen Calvins Worte bei unserer Verabschiedung in den Sinn:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich verstehe dich besser als du glaubst. Zu bekommen was man will ist nicht immer so leicht wie es sein sollte‘[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war so sehr mit meinen eigenen Gefühlen und Problemen rund um Logan beschäftigt, dass mir offenbar entgangen ist, dass zwischen Alexander und Calvin anscheinend auch nicht alles eitel Sonnenschein gewesen ist.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe keine Ahnung“, gebe ich ehrlich zu. „Ich habe keine Ahnung wie ich ihm jemals gegenübertreten soll, ohne mir nicht das Herz herauszureißen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Weißt du, was ich mich in den letzten Monaten oft gefragt habe?“ Alexander hat sich halb aufgerichtet und sein Gesicht gegen meine Schulter gelehnt. „Ich habe mich gefragt, wie es sein kann, dass die Welt sich einfach weiter dreht. Wir haben so viele schreckliche und grausame Dinge gesehen, wir alle. Trotzdem habe ich geglaubt, dass es anders ist, wenn einer der Kameraden fällt, die einem besonders nahe stehen. Ich war der festen Überzeugung, dass dann irgendetwas passieren muss, dass… keine Ahnung.“ Er bricht ab und schüttelt schwach den Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weiß was er meint, auch ohne, dass er es in Worte fasst. Wir erwarten, dass die Welt aufhört sich zu drehen. Wir erwarten, dass alles den Atem anhält, dass die Vögel aufhören zu zwitschern, dass jedes Geräusch von dem großen Nichts geschluckt wird, das wir in diesem Moment empfinden. Doch so ist es eben nicht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als Alexanders Firmenhandy an diesem Morgen geklingelt hatte, und widererwarten nicht Calvin, sondern Daniel am anderen Ende gewesen war, hatten sich schon böse Vorahnung breit gemacht. Durch die schlechte Verbindung und die vielen Emotionen in seiner Stimme, war Daniel kaum zu verstehen gewesen. Irgendwann hatte ihm Nick das Handy aus der Hand genommen und uns gesagt, was Daniel bis zu diesem Moment nur unzusammenhängend vor sich hingestammelt hatte: Calvin und Logan waren im Einsatz ums Leben gekommen – und unter uns in der Fertigungshalle hatte das Herz der Maschinerie, der sie beide zum Opfer gefallen waren, unbeirrt weitergeschlagen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Ich habe Angst davor, hinzufahren“, fährt er schließlich fort. „Angst davor, dass der Anblick es real werden lässt, realer als es jetzt schon ist. Aber gleichzeitig brauche ich die Gewissheit. Ich bin mir nur ziemlich sicher, dass ich es nicht alleine schaffe.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe dir schon gesagt, dass ich dich ganz sicher nicht alleine gehen lassen werde. Owen wollte doch auch mitkommen.. in ein, zwei Tagen“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, morgen.“ Seine Stimme klingt drängend, auch wenn sie wieder diesen bebenden Unterton angenommen hat, der mir sagt, dass er mühsam die Tränen zurück hält.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Morgen? Sieh uns doch an Alexander, ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir morgen noch gerade stehen können..[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Andererseits: Morgen ist so beschissen, wie jeder andere Tag auch.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„In Ordnung. Morgen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In meinen Armen entspannt sich Alexander wieder etwas mehr und wir verharren eine Weile so, bis uns das laute Klingeln der Tür schließlich die Stille zerreißt. Ich löse mich von Alexander und wandere im dunklen Haus zur Tür, vor der eine junge Frau mir übereifrig eine Papiertüte mit einem Teil meiner Bestellung übergibt. „Erwarten sie noch Besuch?“, fragt sie fröhlich, während sie das warme Essen aus einer Styroporbox zu ihren Füßen holt. Ich runzele die Stirn und drücke Alexander die Tüte in die Hand, der in diesem Moment an mir vorbei in Richtung Küche schlurft. „Eigentlich nicht, wieso?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Achso, ich dachte nur, wegen dem Wagen vorn an der Einfahrt.“ Sie schließt ihre Box wieder und klemmt sie sich unter den Arm. „Guten Appetit und bis nächstes Mal!“, flötet sie eine Spur zu euphorisch und geht beschwingten Schrittes zu ihrem Wagen zurück. Ich sehe ihr nach und strecke den Kopf etwas weiter vor, um meine Einfahrt überblicken zu können. Tatsächlich, dort steht ein dunkelgrauer Wagen, den ich hier vorher noch nicht gesehen habe. Allerdings ist mein „vorher“ inzwischen sieben Monate her und es ist nicht auszuschließen, dass einer meiner Nachbarn sich ein neues Auto zugelegt hat. Ich kneife die Augen zusammen, um zu erkennen, ob jemand im Wagen sitzt. Ich habe mir zumindest gerade eingebildet, dass da etwas das Licht der Straßenlaterne reflektiert hat. Wirklich Zeit es herauszufinden nehme ich mir nicht. Mir steigt der Duft der Fingerfoodplatte in die Nase und mein hungriger Magen sorgt dafür, dass der mysteriöse Wagen ganz schnell in Vergessenheit gerät.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Als ich mich umdrehe, zurück ins Haus trete und die Türe hinter mir schließe, schiebt sich Alexander bereits eine volle Gabel Salat in den Mund. Zum ersten Mal seit er hier angekommen ist, sehe ich etwas anderes als Traurigkeit und Schmerz in seinem Blick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gott verdammt, das ist der beste Salat, den ich in meinem ganzen Leben gegessen habe“, grunzt er glücklich und spült den Happen mit einem kräftigen Schluck aus einer Weißweinflasche nach unten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich komme zu ihm herüber, der er sich bereits auf dem Sofa breit gemacht hat, und stelle die Boxen mit Poutine und dem Fingerfood auf dem Couchtisch ab. Alexander hält mir die Flasche entgegen, die er offenbar gerade aus der Küche geholt hat. Ein leises Stimmchen in mir sagt, dass ich aufpassen sollte, was ich heute noch alles in mich hinein schütte. Aber dann ist da der Gedanke an Morgen und ich nehme Alexander die Flasche ab, um meinerseits einen großen Schluck zu nehmen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Tut mir leid Logan, aber ich befürchte, nüchtern ertrage ich das nicht.[/JUSTIFY]

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Achtzehnter Teil

[RIGHT]Wie geht's dir, Spiegel aller wackern Krieger?[/RIGHT][RIGHT]Ein Aug' und halb die Wange weggeschmettert![/RIGHT][RIGHT]Verfluchter Turm! Verfluchte Unglücks-Hand,[/RIGHT][RIGHT]Die dieses leid'ge Trauerspiel vollführt![/RIGHT][RIGHT]-  Shakespeare, König Heinrich VI. – I. Teil[/RIGHT]
 

[JUSTIFY]Die Reihen weißer Grabsteine ziehen sich schier endlos über die sanften grünen Hügel. Die vielen Bäume und halbhohen Büsche, die zwischen den einzelnen Abschnitten des Friedhofes stehen, können nicht über die schiere Menge an gefallenen Soldaten hinwegtäuschen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Beechwood Cemetery in Ottawa ist der nationale Militärfriedhof Kanadas. Wer im Dienst der kanadischen Streitkräfte fällt, wird hier beerdigt. Während unserer Ausbildung, während meinem Studium und während meiner aktiven Zeit bei der RCAF war ich mindestens einmal im Jahr hier, anlässlich des Remembrance Day am 11. November. Für mich hatte es immer etwas unglaublich erhabenes und berührendes, all die Veteranen aus vergangenen Kriegen und die aktiven Einheiten der Armed Forces zu sehen, die den gefallenen Kameraden Jahr um Jahr die Ehre erweisen. Die Paradeuniform zu tragen hat mich stets mit Stolz erfüllt.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich wusste, dass der Tag kommen würde, an dem ich hier einen Kameraden verabschieden muss. Oft genug habe ich andere Soldaten dabei beobachtet, wie sie weinend vor den Gräbern ihrer Waffenbrüder auf die Knie gegangen sind. Ich habe mit den Veteranen gefühlt, denen jedes Mal wieder Tränen in den Augen standen, als sie an die Gräuel der Kriege dachten, in denen sie ihre Freunde verloren hatten. Jahr um Jahr saßen dort oben auf der Ehrentribüne weniger Männer, jedes Mal ein bisschen tiefer gebeugt und vom Alter gezeichnet. Ich habe sie aus der Distanz beobachtet, sie und diejenigen, die liebgewonnene Menschen im Krieg verloren hatten, und darüber nachgedacht, wie es sein würde, wenn ich einmal derjenige bin, der einen Kameraden hier besucht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hätte nie geglaubt, dass es Calvin und Logan sein würden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hätte nie geglaubt, dass ich gleichzeitig um meinen besten Freund und meine Liebe würde trauern müssen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander strauchelt in meinem Griff und ich fasse seine Taille fester. „Arn..“ flüstert er leise und kaum verständlich, dann geben seine Beine nach und ich kann ihn nicht mehr aufrecht halten. Gemeinsam sinken wir auf das satte grüne Gras vor zwei schlichten weißen Steinen. Sie bilden das Ende einer langen Reihe, liegen direkt am Fuß einer leichten Kuppe, die von einem riesigen und vermutlich auch sehr alten Ahorn dominiert wird.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die beiden Grabsteine unterscheiden sich kaum von den anderen, die hier stumme Zeugen der vielen verlorenen Leben sind. Sie sind noch etwas weißer als die anderen, die Schrift noch nicht von saurem Regen und Moos angegriffen. Umso deutlicher leuchten uns die beiden Namen entgegen: Cpt. Logan Cartwright & Cpt. Calvin Cartwright.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Moment Mal.. Captain? Wann ist Calvin befördert worden?[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Andererseits: Spielt es überhaupt eine Rolle? Er ist tot. Sie beide sind tot. Die Gewissheit sickert zäh in meinen Verstand und spüre kaum noch, wie sich Alexanders Finger in meine Seite graben, als ich ihn in meine Arme ziehe und ihn fest an mich drücke.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Dass wir es an diesem Tag überhaupt auf den Friedhof schaffen würden, habe ich wirklich bezweifelt. Zu verdanken haben wir das sicher nicht unserer Disziplin, sondern unserem Anwalt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owen war derjenige, der uns um etwa 8 Uhr mehr oder weniger sanft geweckt hat. Nach mehreren erfolglosen Anrufen auf Alexanders und mein Handy, hatte er es wohl als seine Pflicht gesehen, persönlich vorbei zu kommen. Nach dem er in Alexanders Wohnung nur dessen Tasche angetroffen hatte, war er postwendend zu meiner Adresse gefahren. Mit dem Zweitschlüssel, den er seit meinem Einzug in den Knast in seiner Kanzlei verwahrt, hatte er sich Zugang verschafft und Alexander und mich auf der ausgezogenen Couch inmitten von Essensresten und leeren Weinflaschen vorgefunden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Aufwachen war schrecklich. Nicht nur wegen der Gewissheit, dass Calvins und Logans Tod auch hier draußen in der ‚Freiheit‘ kein schlechter Traum ist, sondern wegen des Katers. Seit beinahe sieben Monaten hatte ich keinen Alkohol mehr getrunken, geschweige denn einen Joint auch nur passiv mitgeraucht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich bin kein Freund von Drogen. Eigentlich verabscheue ich alles, das mein Urteilsvermögen und mein Körpergefühl einschränkt. Natürlich habe ich mich als Teenager ausprobiert, Zigaretten geraucht und mich an Marihuana versucht. Letztlich war der Reiz des Verbotenen wesentlich größer als der ‚Kick‘.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Seid ihr von allen guten Geistern verlassen?“ Owens Tasche landet schmerzhaft auf meinem Gesicht, als er an der Couch vorbei geht und die Flügeltür zum Garten aufreißt. Frischluft vertreibt den schweren süßlichen Duft, der wie eine Dunstwolke im Zimmer hängt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Irgendwo neben mir richtet sich Alexander stöhnend in eine sitzende Position auf und wirft dabei eine Glasflasche auf den Boden. Dem Geräusch zu Folge landet sie weich auf dem Teppich – ich hoffe nur, sie war leer oder zumindest geschlossen. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Wahrnehmung braucht länger, nagender Kopfschmerz, der höllische Brand und gleichzeitig noch das Gefühl, vollkommen breit zu sein, lähmen mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Da lässt man euch mal fünf Minuten allein… Wenn Starrick davon Wind bekommt, landet ihr schneller wieder hinter Gittern, als ihr Marihuana buchstabieren könnt ihr dämlichen Vollidioten! Der wartet doch nur auf einen Grund!“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er ist wirklich sauer. Wer kann es ihm verdenken? Trotzdem:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Owen verdammt, geht das nicht etwas leiser?“ Mein gepeinigter Schädel will zurück in die selige Schwärze, in der ich mich nicht derart zerschlagen gefühlt habe. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Anwalt schnaubt nur und eine kalte Flasche Wasser landet auf meiner Brust. Mühsam blinzele ich gegen die Helligkeit im Zimmer an und richte mich weiter auf, um einen Schluck trinken zu können. Das Ausmaß der ‚Verwüstung‘ in meinem Wohnzimmer ist wirklich bemerkenswert. Ich habe keinen blassen Dunst, wie Alexander und ich gestern hier eingeschlafen sind, aber eines ist sicher: Aufgeräumt haben wir vorher nicht und dem Dip nach zu urteilen, der sich über Alexanders Brust verteilt hat, ist der Deutsche während des Essens einfach weggedämmert. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Fuck...“ brummt er leise, als er sich nach und nach seines Zustands gewahr wird. Langsam kämpft sich Alexander in eine sitzende Position. „Wie spät ist es…?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es ist acht Uhr morgens. Ich wollte eigentlich nur hören, wie es euch geht, bevor ich in die Kanzlei fahre, aber ich habe niemanden erreicht. Da dachte ich, ich schaue besser selbst nach. Gott Jungs, so funktioniert das nicht.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Reg dich ab Owen, du weißt doch, dass Alexander das Zeug verschrieben bekommt“, versuche ich unseren Anwalt etwas zu beruhigen. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Tatsächlich hat Alexander das Gras nicht bei einem Dealer auf der Straße gekauft, sondern es hochoffiziell in einer Apotheke bekommen. Seit einem schweren Unfall im Einsatz, bei dem sich der Deutsche zwei Wirbel im Lendenbereich gebrochen hatte, ist er berechtigt, das Zeug gegen die Schmerzen zu nehmen. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Unfall beendete damals seine Karriere als Pilot und zwang ihn, sich neu zu orientieren. Da alle Piloten der RCAF während, beziehungsweise vor ihrer Ausbildung ein Studium der Ingenieurstechnik absolvieren, schickte ihn das Militär zurück an die Universität. Aus diesem Grund waren wir im gleichen Abschlussjahrgang – auch wenn er vier Jahre älter ist als ich. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich weiß noch, wie schwer es ihm damals gefallen war, dieses Schicksal zu akzeptieren. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dass er es verschrieben bekommt heißt aber nicht, dass DU es rauchen sollst“, gibt Owen zurück.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Damit hat er natürlich Recht und ich bin außer Stande, jetzt mit ihm darüber zu diskutieren. „Owen, wir müssen zum Friedhof.“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexanders Stimme klingt dünn und kratzig, aber irgendwie auch erstaunlich entschlossen. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Heute?“ Nicht zum ersten Mal an diesem Morgen scheint Owen an Alexanders Verstand zu zweifeln. „Meint ihr nicht, dass ihr euch lieber noch ein paar Tage..“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nein, heute. Bitte.“ Alexanders Stimme ist jetzt kräftiger geworden, klingt beinahe gehetzt. Den Tatendrang, den er offenbar verspürt, spüre ich nicht. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Alexander, das sind fünf Stunden Fahrt pro Strecke und das auch nur, wenn alles gut geht. Wäret ihr nicht so dermaßen verstrahlt, könnten wir darüber reden, aber kommt schon, das ist doch eine hirnrissige Idee! Ihr werdet jetzt erstmal ausnüchtern und vorher setzt sich keiner von euch ans Steuer irgendeines Wagens, damit das klar ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich räuspere mich, um deutlich zu machen, dass ich dazu auch etwas zu sagen habe. „Wer spricht denn davon, dass wir fahren wollen?“ [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owens Blick wandert von Alexander zu mir und er runzelt die Stirn. Mein Blick klärt sich zusehends und weitere Schlucke Wasser bringen langsam auch mein Hirn wieder in Gang. „Irgendeinen Vorteil muss es ja haben, wieder bei GD unter Vertrag zu stehen. Die Firma unterhält eine ganze Flotte von Privatjets, die ihren Ingenieuren und Managern zur Verfügung stehen. Wir könnten in zwei Stunden dort sein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owens Lachen kurz darauf klingt nicht belustigt sondern eher verzweifelt. „In eurem Aufzug? So benebelt wie ihr seid? Meint ihr nicht es wäre besser, diesen Weg ein wenig nüchterner zu gehen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es ist ein schwacher versuch, Alexander von seinem Vorhaben abzubringen. Das sieht auch Owen, als Alexander sich kurzentschlossen das vollgesaute Shirt vom Oberkörper zerrt. „Wir gehen, ob mit dir oder ohne dich“, erklärt er mit Nachdruck und erhebt sich, um mit erstaunlich festen Schritten in Richtung Bad zu gehen. Ich sehe ihm nach und bin mir ganz und gar nicht sicher, ob ich den Weg aufrecht bestreiten kann. Vielleicht wäre es besser, direkt auf allen Vieren ins Bad zu kriechen… [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ihr kostet mich meinen letzten Nerv, wirklich.“ Owen fummelt sein Handy aus der Tasche und beginnt, darauf herum zu tippen. Als ich mich noch immer nicht bewege, sieht er auffordernd zu mir hinüber. „Na los, worauf wartest du noch? Schwing deinen Arsch ins Bad und sieh zu, dass du halbwegs in eine Verfassung kommst, in der sie dir das Boarding nicht verweigern.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich seufze, aber ich füge mich. Für Alexander, dem ich es versprochen habe und für Logan und Calvin, denen ich es schuldig bin. Ich stemme mich hoch und schwanke Alexander hinterher, der bereits unter der Dusche steht. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vielleicht macht sich hier doch die militärische Disziplin und die Erfahrung aus dem Gefängnis bezahlt: Keine halbe Stunde später sitzen wir frisch geduscht und angezogen auf der Rückbank von Owens Wagen. Abermals habe ich Alexander mit Klamotten aus meinem Schrank ausgestattet, lediglich der schwarze lange Trenchcoat gehört ihm. Owen hat bereits angedeutet, dass wir zumindest Klamotten aus seiner Wohnung holen, wenn wir aus Ottawa zurückkommen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Flughafen wartet ein Jet von GD auf dem Rollfeld, Owen hat – mal wieder – ganze Arbeit geleistet. Nur wenig später sind wir in der Luft und ich stürze den zweiten Espresso hinunter, in der Hoffnung, dass das Koffein den Kater vertreibt. Während wattige Wolken unter uns vorbeihuschen, versuche ich mich auf das vorzubereiten, was mich in Ottawa erwartet. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es wird mir nicht gelingen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die Gewissheit ist schmerzhaft. Die schwarz eingelegte Schrift auf dem weißen Marmor strahlt etwas so endgültiges aus, dass ich den Drang verspüre davon zu laufen. Doch im Gegensatz zu dem Prozess, dem wir durch eine gehörige Portion Glück entkommen sind, ist das hier eine Wahrheit, vor der wir beide nicht davonlaufen können.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Meine Kehle ist zugeschnürt und ich habe Mühe zu Atmen. Ineinander verschlungen kauern Alexander und ich vor den beiden Gräbern, an denen – bereits etwas zerfleddert – Ehrenschleifen in der sanften Brise wehen. Ich erkenne zwar die Farben, brauche aber einen Moment, bis ich den Zusammenhang herstellen kann: Die Schleifen gehören zu Tapferkeitsmedaillen, den sogenannten Medals of Bravery, verliehen für besondere Tapferkeit im Angesicht des Feindes. Irgendwo in meinem Hinterkopf formuliert sich die Frage nach dem ‚Wie?‘ erneut, doch ich bin definitiv noch nicht bereit, sie zu stellen. Stattdessen starre ich auf die Schleife und mir kommt ein Zitat in den Sinn, dass ich hier schon öfter gehört habe:[/JUSTIFY]
 

Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.
 

[JUSTIFY]Das Zitat wurde in der Vergangenheit Platon zugeschrieben, obwohl der die Worte nie so und auch nicht so ähnlich benutzt hat. Gleich wer sie wählte: Er oder Sie hatte recht. Über den endlosen Reihen weißer Grabsteine liegt ein tiefer Frieden. Unsere Verzweiflung und Trauer kann der Endgültigkeit des Todes nicht beikommen. Mit der Zeit wird das schmerzhafte Gefühl verblassen, genauso wie die Erinnerung an die beiden Verstorbenen, ganz gleich wie sehr wir uns bemühen werden, sie lebendig zu halten. Irgendwann werden auch wir nicht mehr da sein. Wir werden diese Welt verlassen, gebeugt und gealtert, und mit uns die letzten Erinnerungen an zwei lebenslustige, wundervolle Männer.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Owens Hand streicht beruhigend über Alexanders Schulter. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir hier schon zusammengekauert sitzen, doch es muss inzwischen eine ganze Weile sein. Die Berührung weckt den Deutschen etwas aus seiner Starre und er räuspert sich leise. Sein Klammergriff um meine Finger löst sich und er richtet sich aus eigener Kraft etwas mehr auf. Seine Finger klauben ein paar herabgefallene Ahornblätter aus dem Gras vor Calvins Grabstein, ehe er den Marmor vorsichtig berührt. Es wirkt für einen Moment, als habe er Angst den schweren Stein mit einer unbedachten Bewegung umzustoßen, doch dann sehe ich, dass seine Fingerkuppen beinahe zärtlich Calvins Namen nachfahren. Der Klos in meinem Hals wird dicker und ich wende den Blick ab, erhebe mich und trete einen Schritt zurück. Die Szene ist so intim, dass ich mir schlicht fehl am Platz vorkomme.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mein Blick fällt auf Logans Grabstein und obwohl sich kein Stein wirklich von dem anderen unterscheidet, hat der Anblick mit einem Mal etwas Beruhigendes an sich. Beinahe so wie dieser Blick, der so typisch für Logan war. Der Blick, der mir immer Zuversicht gegeben hat. Der Blick, der mir immer sagte, dass alles gut werden würde. Dass alles seine Richtigkeit hat und dass wir beide uns immer würden aufeinander verlassen können. Ganz gleich, was zwischen uns vorgefallen war, ganz gleich in welcher Situation wir uns befanden: Ich wusste, dass ich mich immer auf ihn verlassen konnte, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge ging.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich trete einen Schritt zur Seite, so dass ich direkt vor Logans Grabstein stehe, blende Alexander und Owen aus und nehme mir den Raum, ein letztes Zwiegespräch mit Cpt. Cartwright zu führen. Meine Hände falten sich ganz automatisch vor meinem Körper und ich nehme unbewusst Haltung an.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Es tut mir leid.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es tut mir leid Logan, dass ich nicht der Mann gewesen bin, den du immer in mir hast sehen wollen. Dass ich nicht der Mann sein konnte, den du vielleicht gebraucht hättest. Dass ich so oft egoistisch und selbstsüchtig gewesen bin, und dich dazu gedrängt habe, jemand zu werden, der du nicht sein wolltest. [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich glaube fest daran, dass unsere gemeinsame Zeit dir so viel bedeutet hat, wie mir. Und ich werde dich und das, was du mich gelehrt hast, nie vergessen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Difficulties are just things to overcome, after all.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es tut mir leid, dass ich es dir nie habe sagen können. Dass ich nie den Mut hatte, vor dir zu stehen und dir ins Gesicht zu sagen, wie viel du mir bedeutest, und wie froh ich bin, dich in meinem Leben zu haben. Denn das bin ich Arn, das bin ich wirklich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Schau nicht zurück, versprich es mir. Zumindest nicht häufiger, als es dir gut tut.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]We had our moments of laughter — rare, it is true, but hearty enough.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Als ich die Augen wieder öffne, hat sich der Knoten in meinem Hals etwas gelöst. Wie immer, wenn ich Logan so nah bei mir fühle, wenn auch nur in meinem Kopf, gelingt es mir, irgendwie wieder Zuversicht zu gewinnen. Das war und ist sein Geschenk an mich und ich werde es in Ehren halten, so wie die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Neben mir hilft Owen Alexander wieder auf die Beine. Der Deutsche sieht mitgenommen aus, doch auch ihm scheint der Besuch hier geholfen zu haben. Ich trete wieder zu ihm, streiche ihm sachte über den Rücken und nicke dann, als Owen leise vorschlägt, langsam den Heimweg anzutreten. Alexander wirft einen letzten Blick auf die beiden Gräber, dann wendet er sich ab. Auch ich lasse meinen Blick ein letztes Mal über die Reihe der Gräber schweifen. Präge mir den Ort ganz genau ein, so dass ich ihn beim nächsten Mal finde, ohne lange suchen zu müssen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Dann sehe ich ihn.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Keine 100 Meter von uns entfernt, im Schatten einer Baumgruppe, lehnt Nathan Starrick lässig an der Rückenlehne einer Bank und beobachtet uns über den Rand seiner schwarzen Sonnenbrille hinweg. Selbst auf diese Entfernung kann ich sein überhebliches Grinsen sehen.[/JUSTIFY]

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Neunzehnter Teil

[RIGHT]Unheil und Kummer folg' Euch auf dem Fuß![/RIGHT][RIGHT]Und Herzeleid und bitterste Bedrängnis[/RIGHT][RIGHT]Sei'n die Gespielen, die sich Euch gesellen![/RIGHT][RIGHT]Sind Euer zwei, der Teufel sei der dritte![/RIGHT][RIGHT]Dreifache Rache laur' auf Eure Wege![/RIGHT][RIGHT]-          Shakespeare, König Heinrich VI., II. Teil[/RIGHT]

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[JUSTIFY]„Nicht hier Arn.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Owens Hand legt sich warnend auf meinen Unterarm. Er muss bemerkt haben, dass ich stehen geblieben bin und hat Starrick jetzt wohl auch an der Bank entdeckt. „Komm“, raunt er mir eindringlich gegen die Schulter, „lass dich nicht provozieren, lass uns gehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich atme aus und habe das Gefühl, dass es klingt wie das wütende Schnauben eines Stiers. Starrick hat sich an der Bank weiter aufgerichtet. Er scheint zu erwarten, dass er sich gleich einer körperlichen Auseinandersetzung zu stellen hat und irgendwie glaube ich, dass uns beiden das verdammt gut tun würde. Mir, weil ich ihm endlich das Grinsen aus dem Gesicht wischen will und ihm, weil er sicher seine ganz eigenen Gründe hat, mich zu hassen. Trotzdem hat Owen recht: Das hier ist nicht der Ort und nicht die Zeit.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ruckartig wende ich mich ab und folge Alexander, der bereits den Hauptweg erreicht hat. Er scheint vollkommen in Gedanken versunken und sagt nichts, als wir zu ihm aufschließen. An seiner Schweigsamkeit ändert sich auch nichts, als wir schließlich wieder im Flieger sitzen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Es ist früher Nachmittag, als die Maschine zum zweiten Mal an diesem Tag in den Himmel steigt, um uns zurück nach Toronto zu bringen. Owen hat sich in den hinteren Teil der kleinen Maschine verzogen, um ungestört telefonieren zu können, während ich einfach nur aus dem kleinen Fenster starre. Bedingt durch den Kater und die Medikamente, die ich dagegen eingeworfen habe, macht sich langsam aber sicher Erschöpfung in mir breit. Immer häufiger fallen mir die Augen zu. Schließlich greife ich mir eines der weichen Kissen, klemme es zwischen meinem Kopf und der Wand ein und lasse mich von Owens leise herüberdringendem Gemurmel und dem brummen der Triebwerke einlullen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Hey, ihr Schlafmützen! Ihr verpasst ja das Beste!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Kissen, das mir unsanft ins Gesicht geworfen wird, weckt mich. Eine warme Hand verschwindet unter meinem Pullover und greift nach dem Kissen, das auf meine Brust gerutscht ist. Ein Ruck geht durch den Körper, der bis eben noch halb auf mir gelegen hat, als das Kissen zurück zum Absender fliegt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Au! Verdammt!“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Logans tiefes amüsiertes Brummen lässt seinen Brustkorb an meinem Oberarm vibrieren. Ich zwinge mich, die Augen zu öffnen und schließe sie dann gleich wieder, weil gleißende Helligkeit durch das kleine Flugzeugfenster fällt. In der Sitzreihe vor mir klebt Calvin jetzt mit der Nase an dem doppelten Glas. Ich gähne herzhaft und versuche mich dann etwas weiter aufzurichten, ohne Logan zu sehr zu stören. Wenigstens haben wir Platz in diesem Flieger. Der Flug von Toronto nach Stockholm mit Zwischenstopp war wirklich eine Qual, obwohl wir Businessclass geflogen sind. Normale Flugzeuge sind für Männer wie Alexander und mich wohl einfach nicht gemacht.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die Propellermaschine, die uns jetzt von Stockholm nach Gällivare bringt, hat zwar schon einige Jahre auf dem Buckel, aber auch wesentlich mehr Platz im Passagierraum. Der ist nicht wirklich groß, denn die kleine Maschine ist so umgebaut, dass sie zusätzliche Fracht transportieren kann. Am Steuer sitzt einer meiner Cousins aus Schweden, mit dem ich über die Jahre Kontakt gehalten habe. Seine Familie – die Schwester meiner Mutter, deren Mann und ihre Kinder – leben im Norden Schwedens, in unmittelbarer Nähe des Sarek Nationalparks. Ich erinnere mich an unzählige Sommer und Winter in den Blockhütten am Fluss, schöne und idyllische Kindheitserinnerungen. Vielleicht bin ich deswegen so nervös, meine Freunde mit hier her zu bringen. Logan mit hier her zu bringen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Der hat sich inzwischen auch weiter aufgerichtet und linst an mir vorbei aus dem Fenster der Maschine. Beim Anblick der schneebedeckten Berge und Täler unter uns, fangen seine Augen an zu glänzen. „Du hast wirklich nicht zu viel versprochen“, vermeldet Cal von vorn und ich räuspere mich, um meiner verschlafenen Stimme mehr Kraft zu geben. „Warte ab, bis du dich eine Woche nur von Rentier ernährt hast. Dann wirst du mich verfluchen.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Calvins Gesicht taucht über der Lehne des Sitzes auf und er grinst frech. „Ich hab da auch was von Lachs gehört. Du wolltest uns doch Eisfischen beibringen, hast du das schon vergessen?“ Er hat wieder das Kissen in der Hand, das er vorhin schon in meine Richtung gefeuert hat und wirft es jetzt wieder auf Logan. Der fängt es mit einem katzengleichen Reflex auf und feuert es erneut zurück. „Du liebes Brüderchen würgest doch schon, wenn du ein rohes Fischfilet anfassen musst. Wenns noch zappelt nimmst du doch Reißaus.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Cal zieht einen Schmollmund, kommt aber nicht mehr zu einer Antwort, weil Tjalves Stimme über den Bordfunk darauf hinweist, dass wir uns dem Flughafen nähern. Calvin dreht sich wieder um und Logan löst sich langsam von mir, aber nicht ohne mir vorher einen langen und für Logan untypisch sinnlichen Kuss auf die Lippen zu drücken. Als wir uns voneinander lösen, beiße ich mir leicht auf die Unterlippe. Logan grinst nur und streicht mir mit dem Daumen über die Wange, ehe er sich aufrichtet und anschnallt. Mein Blick bleibt noch für einen Moment an ihm haften. Fünf Jahre kennen wir uns nun schon. Ich bin 24, Logan ist gerade 28 geworden. Fünf Jahre und noch immer kann ich ihn nicht wirklich einschätzen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„… sicher nicht so bequem wie in Stockholm, aber ich bringe uns sicher heil nach unten. Das heißt, wenn euer Kumpel hier wirklich ein so guter Pilot ist, wie er behauptet. Also – Rückenlehne in eine aufrechte Position, anschnallen…“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„… anschnallen und Tische zurückklappen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Stimme aus dem Lautsprecher über meinem Kopf bringt mich blinzelnd zurück in die Realität. Mir gegenüber richtet sich Alexander weiter im Sitz auf und schließt den Sicherheitsgurt. Ich seufze leise und sehe mich nach Owen um, der just in diesem Moment neben mir in den Sitz fällt. Ohne darauf zu achten, dass ich gerade erst aufgewacht bin, legt er direkt los. Ich bin ihm dankbar dafür, dass seine Worte mich von der Erinnerung ablenken, die mich im Traum eingeholt hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe nicht wirklich viel herausfinden können, aber offenbar hat er einen Privatermittler auf euch angesetzt. Mein Kontakt war allerdings nicht besonders gesprächig.“ Owen schürzt die Lippen und schiebt das Handy in seine Hosentasche.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dafür hat er mir etwas anderes erzählt, was wir ja im Grunde schon wussten: Starricks Kopf wird in den nächsten Wochen rollen. Er hat sich für diesen Fall zu weit aus dem Fenster gelehnt und seine Befugnisse definitiv über den Rand des Möglichen gedehnt. Das war solange kein Problem, wie der Fall noch vor Gericht verhandelt wurde. Nach dem die Staatsanwaltschaft angesichts der neuen Beweise keine andere Wahl hatte, als das Verfahren einzustellen, kommen all diese Verfehlungen auf Starrick zurück.“ Owen schließt seinen Sicherheitsgurt und ich lehne den Kopf nach hinten. Meine Erinnerung schweift zurück zu jenem Abend im Gefängnis, in dem Starrick mir diesen unwillkommenen Besuch abgestattet hat. Ja.. er hatte seine Befugnisse wirklich sehr weit ausgelegt.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Der Fall muss ihn ja ziemlich interessiert haben, so wie er sich eingesetzt hat“, gebe ich leise zurück, doch Owen schnaubt nur. „Ich glaube nicht, dass ihm Rawlinsons Tod wirklich so nahe geht – oder das Schicksal von dessen Familie. Natürlich ist es leichter die Anklage zu führen, wenn man sich mit dem Opfer solidarisieren kann, aber er hätte sich auf jede Beute gestürzt, die man ihm hingeworfen hätte. Die Chance sich zu profilieren hätte er sich nicht entgehen lassen und der Fall war wirklich eine sehr lohnenswerte Sache. Für Starrick saßt da nie ihr beide auf der Anklagebank, sondern ein wesentlich größerer Fisch: General Dynamics. Diesen Riesen in die Knie zu zwingen hätte ihm den Rückenwind gegeben, es ganz nach oben zu schaffen. Tja. Jetzt allerdings…“ Owen macht eine Kunstpause und verzieht das Gesicht, „jetzt ist es etwas Persönliches.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Beruhigend. Dann begegnen wir uns jetzt wenigstens auf Augenhöhe, denn auch bei mir ist das etwas ganz persönliches Owen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Ich kann definitiv besser damit umgehen, wenn er ohne Hilfe der Staatsanwaltschaft ‚spielen‘ will. Jetzt ist mir allerdings auch klar, wem der Wagen gehörte, der gestern so ‚unauffällig‘ in meiner Einfahrt stand.“ Durch die Maschine geht ein sanfter Ruck, als der Pilot das Fahrwerk ausfährt. Schon eine ganze Weile über haben wir beträchtlich an Höhe verloren und unter uns sind bereits die Ausläufer Torontos zu erkennen. Nachdenklich schiebe ich den Unterkiefer von einer Seite zur anderen. Ich spüre, wie kaltes Kalkül mein Denken übernimmt und sich mein Gesichtsausdruck verhärtet. „Wann waren die das letzte Mal in meiner Wohnung?“ Als ich den Kopf zu Owen drehe mustert er mich durchdringend, dann breitet sich ein amüsiertes Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Sieh‘ mal einer an... Willkommen zurück Mr. Svensson.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ein Aufräumkommando zu bekommen ist in unserer Branche ziemlich leicht. Schon allein wegen potentieller Industriespionage haben Mitarbeiter wie Alexander und ich ein Recht darauf, das eigene Haus und die zu Hause genutzte Technik auf Firmenkosten absichern zu lassen. Im Grunde ärgert es mich jetzt, nicht schon früher daran gedacht zu haben, doch als ich gestern nach Hause kam, habe ich an vieles gedacht aber nicht an Wanzen und versteckte Kameras. Dabei ist es naheliegend, denn die Staatsanwaltschaft hat Alexanders Wohnung und mein Haus – das weiß ich von Owen – mehrere Tage lang nach Hinweisen auf Rawlinson und ein potentielles Motiv untersucht. Nach dem Starrick in den letzten Wochen und Tagen die Felle davongeschwommen sind, ist es durchaus möglich, dass er uns nicht nur beschatten, sondern tatsächlich überwachen lässt.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Wenn dem so ist, und je mehr ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dann war es pures Glück, dass Alexander und ich gestern nicht über Rawlinson oder den Fall gesprochen haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während wir kurze Zeit später den Flughafen in Richtung Stadt verlassen, hängt Owen bereits wieder am Telefon. Wie bereits erwähnt: Ein Aufräumkommando zu bekommen ist leicht. Es schnell zu bekommen erfordert allerdings einen triftigen Grund und die finanzielle Rückendeckung. Beides ist in unserem Fall gegeben und wir bekommen eine Zusage für den nächsten Tag. Da ich nicht vorhabe heute noch an meinem Rechner zu arbeiten, ist es mir recht. Sollte tatsächlich auch eine Kamera installiert worden sein, gibt es ebenfalls sicher nichts spannendes zu sehen, denn nach der letzten Nacht und dem anstrengenden Tag, habe ich nur das dringende Bedürfnis ins Bett zu fallen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Den Zwischenstopp bei Alexanders Wohnung verwerfen wir zugunsten eines kurzen Halts bei einem asiatischen Imbiss. Owen hatte bereits vorgeschlagen, sich um die Wohnung zu kümmern, doch der Besuch beim Friedhof scheint Alexander tatsächlich geholfen zu haben. „Wenn die Techniker kommen, um die Wohnung zu filzen, dann… könnten wir hinfahren und ein paar Sachen einpacken. Vielleicht könnten wir sie erstmal in deine Garage bringen?“ Alexanders Stimme klingt jetzt deutlich fester. Während des Fluges und der Diskussion um Starrick und die Techniker, scheint er sich einen eigenen Plan zurechtgelegt zu haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Klar, kein Problem. Genug Platz ist ja da.“ Und ich kann Alexander wirklich verstehen. Es ist schlimm genug, die Bilder von Logan und Cal in meinem Haus zu sehen, aber Logan hat nicht so bei mir gewohnt, wie Cal bei Alexander. Die Wohnung atmet ihn förmlich aus jeder Pore und ich kann verstehen, dass der Deutsche erstmal Abstand braucht, um dann mit System an die Sache heran zu gehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Auch ich werde mir Gedanken über die wenigen Dinge machen müssen, die ich von Logan noch bei mir habe. Aber nicht jetzt, nicht heute.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Owen bringt uns nach Hause und nach einem gemeinsamen Abendessen, das dieses Mal nicht in einem Alkoholexzess endet, verabschiedet sich unser Anwalt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Thema ‚Überwachung‘ schwebt zwischen Alexander und mir unausgesprochen im Raum. Als wir zurückkamen stand der silberne Wagen nicht mehr in der Straße und ich widerstehe auch jetzt dem Drang, nach draußen zu schauen. Sich nichts anmerken zu lassen ist schwerer, als ich das zunächst angenommen habe. Da wir beide einfach nicht wissen, ob uns jemand zuhört oder sogar zusieht, einigen wir uns schließlich nonverbal darauf, zügig im Bett zu verschwinden. Schlaf haben wir beide bitter nötig und ich bin froh, als ich endlich in die Matratze sinke.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Während der Tag noch einmal vor meinem inneren Auge vorbeizieht, schiebt sich Alexander neben mir auf die Matratze. Das Doppelbett ist definitiv groß genug für uns beide und bequemer als die Couch, auf der wir die letzte Nacht zugebracht haben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Danke Arn…“ flüstert er schließlich in die Dunkelheit und Stille meines Schlafzimmers. „Danke für Alles. Ich hätte es nicht ohne dich geschafft.“ Seine Stimme kippt wieder und ich hebe den Arm in einer einladenden Geste. Alexander räuspert sich leise, rutscht dann näher und bettet den Kopf auf meine Schulter. Ich kraule sanft durch sein schwarzes Haar und schließe die Augen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Danke Arn. Ohne dich…[/JUSTIFY]

Zwischenspiel V

[RIGHT]Wer dir auch hilft, du, du mußt mir nun helfen.[/RIGHT][RIGHT]Ich brenne vor Verlangen ungestüm,[/RIGHT][RIGHT]Du hast mir Herz und Hand zugleich besiegt.[/RIGHT][RIGHT]-          Shakespeare, König Heinrich VI. I. Teil[/RIGHT]
 

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[JUSTIFY]„Ich bleibe dabei, das ist besser als Rentier.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Cal leckt sich genüsslich die Finger ab, mit denen er sich eben die letzten Reste des Flammlachses in den Mund geschoben hat. Ich bin ehrlich überrascht, dass er nach beinahe zwei Wochen immer noch so sehr auf diese lappländische Delikatesse abfährt. Den anderen geht es allerdings genauso, wie es scheint. Rund um das Feuer sehe ich nur zufriedene und satte Gesichter.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Vielleicht ist auch schlicht und ergreifend der Muskelkater Schuld, der uns alle plagt. Die letzten zwei Wochen haben wir mehrere Touren in den Sarek Nationalpark unternommen, die letzte ging über vier Tage. Der Park selbst ist eines der unzugänglichsten Naturschutzgebiete der Welt. Es gibt kaum befestigte Wanderwege und im Winter sind die ohnehin nicht zu gebrauchen. Wir waren mit Tourenski und Schlitten unterwegs, so wie Scott, Amundsen und Shackleton ihrer Zeit. Allerdings ohne Ponys oder Schlittenhunde – unser Gepäck haben wir auf Lastschlitten selbst gezogen, was die ganze Sache noch ein gutes Stück anstrengender gemacht hat.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Trotzdem waren die letzten Tage auf ihre Weise wunderschön und erholsam. Die Natur hier im Sarekpark ist wild, rau und unberührt. Die einzigen Lebewesen, denen man tief im Park begegnet, sind Rentiere und kleinere Jäger. Wir hatten uns eine Route am Fluss entlang ausgesucht, die es uns ermöglichte, uns weitestgehend von Fisch zu ernähren. Ich hatte eigentlich erwartet, dass die anderen schon nach zwei Tagen Lachs anfangen zu murren, doch offenbar macht der Anblick der Natur die Auswahl an Nahrung zur Nebensache.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der letzte Tag hatte es dann aber wirklich nicht gut mit uns gemeint. Während das Wetter am Morgen noch wirklich gut gewesen war, hatte es zum Mittag hin begonnen heftig zu schneien. Nach einer Woche anstrengender Tagestouren und drei Tagen Camping hier draußen, waren wir alle ziemlich erschöpft und der Heimweg war zu einer echten Herausforderung geworden. Einmal mehr war ich dankbar um das militärische Training, das uns angetrieben hat und um meinen Orientierungssinn, der uns mit Hilfe eines Kompasses am Abend sicher zurück zu den Hütten gebracht hatte. Nach einer heißen Dusche und einer Nacht komatösen Schlafes in einem warmen Bett, haben wir den letzten Tag damit verbracht, unsere Ausrüstung zu säubern und zu packen. Tjalve hat uns dann am Nachmittag angeboten, mit den Hunden und den Schlitten noch einmal raus zum See zu fahren, um die Reusen zu kontrollieren, doch außer mir und Daniel hatte ihn niemand begleiten wollen.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Dem Piloten aus Logans Einheit gefällt Schweden richtig gut. Es ist sein erster Besuch in Europa und den genießt er in vollen Zügen. Auf dem Flug von Stockholm nach Gällivare hat er als Copilot im Cockpit gesessen und Tjalve mit tausenden Fragen gelöchert. Auch auf unseren Touren war Daniel derjenige gewesen, der am Meisten über das Land, den Park und das Leben hier wissen wollte. Ich habe ihn in den letzten Tagen wirklich lieb gewonnen, auch wenn Daniel einer derjenigen ist, denen ich meine seltsame Nicht-Beziehung zu Logan zu verdanken habe. Der Pilot lässt nämlich nichts anbrennen und motiviert mit seinem Verhalten auch Logan dazu, sich auszuleben, wenn er nicht gerade in Toronto stationiert ist. Trotzdem ist Daniel ein wirklich netter Kerl und es war lustig zu sehen, wie er sich an meinen Cousinen die Zähne ausgebissen hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Reusen sind zu unserem Glück gut gefüllt und die Fahrt mit den Hundeschlitten erinnert mich einmal mehr an meine unbeschwerte Kindheit hier. Überhaupt scheint der Ort etwas mit mir zu machen, das hat mir nicht nur Daniel schon durch die Blume zu verstehen gegeben, sondern auch Calvin und Logan.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Während ich in Kanada öfter introvertiert und ruhig bin, kann ich hier viel mehr ich selbst sein. Es ist nicht nur die vertraute Sprache, die ich hier sprechen kann, sondern auch das Land und der Ort an sich. Hier fühle ich mich wohl, hier bin ich mit der Natur und der Wildnis vertraut. Ich habe mich seit inzwischen beinahe drei Wochen nicht rasiert und aus dem Dreitagebart ist deutlich mehr geworden, aber auch das gehörte irgendwie immer zu Schweden dazu. Logan scheint es zu gefallen, denn die Blicke mit denen er mich in den letzten Tagen gemustert hat, sind auch deutlich begehrlicher geworden. Ich freue mich auf die letzte Nacht hier mit ihm, denn in den letzten Tagen waren Zärtlichkeiten nicht wirklich drin. Ich kann mir besseres vorstellen, als beim Sex in einem winzigen Zelt in Eis und Schnee zu erfrieren und letzte Nacht waren wir beide definitiv zu erschöpft für irgendwelche Aktivitäten. Heute Abend habe ich vor, ein wenig Zeit allein mit ihm zu verbringen und habe dafür bereits ein paar Vorkehrungen getroffen.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Zunächst einmal müssen wir uns aber um ein letztes anständiges Abendessen kümmern. Meine Tante spendiert uns einen schwedischen Kartoffelsalat und einen typisch schwedischen Schokoladekuchen, während Tjalve, Daniel und ich ein letztes Mal die Lachsfilets auf die Holzbretter spannen. Tatsächlich hat sich Calvin um das Ausnehmen und Zubereiten des Fisches immer gedrückt, doch wenn es ums Essen geht, ist er immer vorn mit dabei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Duft des gegrillten Fisches zieht durch die Dämmerung und ich schiebe mir die letzte Gabel Kartoffelsalat in den Mund. „So, nach dem du dich wieder erfolgreich darum gedrückt hast, uns beim Ausnehmen und Aufziehen der Fische zu helfen, darfst du dich jetzt um den Abwasch kümmern.“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Cals eben noch so zufriedenes Grinsen fällt ein wenig in sich zusammen, doch er gibt keine Widerworte, als die leeren Bretter und das Geschirr zu ihm wandern. Mit treudoofem Blick blinzelt er Alexander an, der neben ihm sitzt und es dauert keine fünf Minuten, bis sich der Deutsche geschlagen gibt. Sie sind ein süßes Paar, auf ihre Weise. Der eigentlich so taffe und schlagfertige Cal wird in Alexanders Nähe handzahm und süß, zumindest solange bis sich die Tür hinter den beiden schließt. Alexander hingegen ist umsichtig und fürsorglich, achtet sehr auf den jüngeren Piloten und hat häufig dieses dümmlich verknallte Grinsen im Gesicht. Trotzdem sieht man echte Liebesbekundungen und Küsse sehr selten, selbst hier im Kreis ihrer Freunde. Sie sprechen sich nicht mit Kosenamen an und wenn einer der beiden über den anderen redet, könnte man auch davon ausgehen, dass sie nur gute Freunde sind.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dass sie es nicht sind wird dann klar, wenn sie allein in einem geschlossenen Raum sind. Oder glauben allein zu sein. Ich grinse in mich hinein bei der Erinnerung daran, wie Daniel wütend gegen die Zimmertür der beiden hämmerte und Alexander aufforderte, Cal ein Kissen ins Gesicht zu drücken, weil er verdammt noch mal schlafen wollte. Ja.. der Kleine hat es faustdick hinter den Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jetzt allerdings erhebt er sich pflichtbewusst und balanciert das benutzte Geschirr über den schmalen Trampelpfad zur Hütte hinüber. Zurück bleiben Tjalve, Daniel, Nick, Logan und ich. Mein Cousin hat inzwischen einen selbstgebrannten Holunderschnaps ausgepackt, von dem wir in den letzten Wochen einige Flaschen vernichtet haben. Es dauert nicht lange, bis Daniel, Nick und Tjalve über das Schnapsbrennen philosophieren und darüber alles um sich herum vergessen. Der perfekte Moment, mich mit Logan abzusetzen.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der ältere der beiden Cartwright-Brüder starrt neben mir etwas gedankenverloren in das flackernde Feuer und zuckt zusammen, als ich ihm die Hand leicht auf die Schulter lege. „Komm mit. Ich will dir noch was zeigen.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Eine halbe Stunde später haben wir das Ziel erreicht. Logan war überrascht gewesen, als ich ihn zu dem Pickup gelotst hatte und wir ein Stück den Fluss hinunter zu einem kleinen Plateau gefahren sind. Als wir es uns auf der Ladefläche des Pickups in unserem Schlafsack mit zusätzlichen Decken gemütlich machen, ist es Nacht geworden und über uns wölbt sich ein atemberaubend klarer Sternenhimmel.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich habe etwas vom Kuchen meiner Tante mitgenommen und reiche Logan die Box, der sie grinsend an sich nimmt und kurze Zeit später genüsslich kaut. „Wie viele Kerle hast du auf diese Weise rumgekriegt, hmn?“, fragt er schließlich zwischen zwei Bissen. Ich kann ein leises Auflachen nicht verhindern. Gefrierende Atemluft steigt in den kalten Nachthimmel. „Einen, wenn du dich davon beeindrucken lässt“, gebe ich zurück und wieder mustert mich Logan mit diesem seltsamen Seitenblick. Die Sterne und der sichelförmige Mond erhellen die schneebedeckte Landschaft mehr als genug, um sein Gesicht deutlich zu erkennen. Er erwidert nichts, sondern isst das Stück Kuchen zu Ende und lehnt sich dann an die Rückwand des Führerhauses.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Muss schön gewesen sein, hier aufzuwachsen,“ beginnt er schließlich wieder nach einer Weile des Schweigens. „Bist du in Ferien immer hier gewesen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich spüle den letzten Bissen mit einem Schluck heißen Kaffees hinunter, den ich in einer Thermoskanne mitgebracht habe, und nicke schließlich. „So ziemlich, ja. Zumindest als ich noch jünger war. Mit sechzehn habe ich angefangen, in den Sommermonaten bei den Fangflotten auszuhelfen. Aber im Winter waren wir immer hier. Das Leben hier draußen hat seinen ganz eigenen Charme. Es gibt mir irgendwie das Gefühl, dass die Welt noch in Ordnung ist.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich habe den Kopf nach hinten gelehnt und ihn auf die Kapuze meiner Jacke gebettet. Neben mir rückt Logan etwas näher an mich heran. Körperwärme macht viel aus und es tut gut, ihn nah bei mir zu spüren. „Wir haben uns als Jugendliche oft nachts rausgeschlichen und sind über den zugefrorenen Fluss gewandert oder haben in Zelten im Wald übernachtet. Für uns gehörte Fischen, Jagen und im Park ‚überleben‘ einfach dazu. Eigentlich ziemlich leichtsinnig, wenn ich so drüber nachdenke.“ Ich ziehe einen Flachmann aus der Jackentasche, in dem der gleiche Holunderschnaps befindet, den Nick, Daniel und Tjalve sicher auch gerade trinken. Ich nehme einen Schluck und reiche den Flachmann dann an Logan weiter. Er bemerkt mein breites Grinsen und zieht fragend eine Augenbraue nach oben.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Ich denke gerade an unseren ersten Jagdausflug und die Tatsache, dass du geglaubt hast, es mit einem Städter zu tun zu haben, der von Jagen und Campen keine Ahnung hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Selbst in der Dunkelheit kann ich sehen, dass Logan ein wenig rot um die Nase wird. „Ich kann nichts dafür, Cal hat mich vollkommen an der Nase herum geführt. Er wollte nur seinen Trumpf ausspielen und mich wie einen Idioten aussehen lassen.“ Er versteckt sein Gesicht für einen Moment hinter dem Flachmann und ich lenke den Blick wieder auf den Fluss und die weiße Ebene vor uns.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dafür musste er sich keine besondere Mühe geben.. Au!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Logan boxt mir durch die Jacke in die Seite. Wirklich weh tut es nicht, dafür bin ich zu dick eingepackt. Die Erinnerung ist wirklich amüsant. Amüsant und heiß gleichermaßen, denn es war jener Campingtrip, bei dem wir auch das erste Mal miteinander im Bett gelandet sind. Ich merke, dass meine Gedanken abschweifen und lenke sie wieder auf das hier und jetzt. Logan neben mir ist wieder verdächtig ruhig geworden. Er hat sich inzwischen etwas mehr an mich gelehnt und ich hebe einen Arm, um ihn um seine Seite schlingen zu können. So lehnt er halb vor mir und ich kann die Nase in sein Haar drücken. Es riecht nach Shampoo und Feuer, eine Mischung, die ich in den letzten Tagen lieben gelernt habe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder breitet sich Schweigen zwischen uns aus, doch es ist nicht unangenehm. Logans Hand spielt mit meinen Fingern, die auf seinem Bauch ruhen. Wieder ist er es, der das Schweigen bricht. Irgendetwas treibt ihn schon eine Weile um, das habe ich gemerkt.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Es ist wirklich sehr schön hier. Danke, dass du uns mit hier her gebracht hast.“ Seine Stimme ist leiser geworden und hat einen seltsamen Klang angenommen, den ich bisher noch nie von ihm gehört habe. Ich bin etwas überfordert mit der Situation und brumme nur leise, um so etwas wie Zustimmung zu signalisieren. Logan reicht das offenbar, denn er fährt kurz darauf fort. „Ich habe Cal schon eine Weile nicht mehr so ausgelassen gesehen. Der letzte Einsatz war nicht leicht für ihn. Es war das erste Mal, dass er selbst mitbekommen hat, wie Leute durch von ihm ausgelöste Waffen zu Tode gekommen sind. Er überspielt es die meiste Zeit aber… ich weiß, dass es in ihm ganz anders aussieht. Der Urlaub hier hat ihm gut getan, danke dafür.“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich gebe keine Antwort, streiche nur sanft mit meinem Daumen über Logans Handrücken. Er spricht selten mit mir über seinen Bruder oder generell über Dinge, die seine Familie betreffen. Eigentlich ist es seltsam, doch was sein Privatleben angeht ist Logan ohnehin sehr verschlossen. Ich habe mich damit abgefunden und ihn nie gezwungen darüber zu reden. Dass er es gerade von sich aus tut, ist wohl dieser Tatsache zu verdanken. Gleichzeitig ist es seltsam, ihn so verletzlich zu erleben. Man sollte meinen, dass man einem Menschen nicht intimer begegnen kann, als nackt in einem Bett, doch gerade habe ich das Gefühl Logan näher zu sein als bei jeder gemeinsamen Nacht, die wir miteinander verbracht haben.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Versprich mir, dass du auf ihn aufpasst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er sagt den Satz so leise, dass ich nicht sicher bin, ob ich ihn verstanden habe. In meiner Umarmung hat sich Logan aufgerichtet und etwas gedreht, so dass er mich ansehen kann. Einen Gesichtsausdruck wie diesen habe ich noch nie bei ihm gesehen. „Hey..“ ich hebe die freie Hand und streiche ihm über die Wange. Logan fängt meine Hand mit seiner ein und drückt sie fest. Sein Blick fixiert mich und ich kann nicht wegsehen. Seine Stimme wird drängender. „Versprich es mir Arn. Versprich mir, dass du auf ihn aufpassen wirst, wenn.. wenn..“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Wenn ich nicht mehr da bin, vervollständige ich den Satz in Gedanken. Ich kann nichts gegen den Klos tun, der sich in meiner Kehle bildet. Trotzdem schaffe ich es, in einem ruhigen Ton zu antworten. Vielleicht, weil ich einfach spüre, wie wichtig Logan das gerade ist. Ich ziehe ihn mit dem Arm, der noch immer auf seiner Hüfte liegt, näher an mich und Logan rutscht wie von selbst rittlings auf meinen Schoß. „Ich verspreche es“, sage ich schließlich und sehe ihm dabei ruhig und fest in die Augen.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Logan entspannt sich etwas und nickt schließlich langsam. „Er hat sonst niemanden, weißt du? Und ich weiß, dass du ihn niemals hängen lassen würdest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich beiße mir leicht auf die Zunge, um nichts Unüberlegtes zu sagen. Eigentlich wäre es naheliegend, Alexander ins Spiel zu bringen, doch ich weiß auch, wieso Logan das jetzt gerade nicht tut: Alexander und Calvin sind ein Paar, oder zumindest etwas, das einem Paar nahekommt. Wenn sie sich eines Tages trennen, wird das mit dem ‚aufpassen‘ schwer. Ich hingegen bin sein bester Freund und ich habe nicht vor, etwas an diesem Umstand zu ändern.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das stimmt. Ich werde ihn niemals hängen lassen.“ Sanft zwinge ich Logan dazu, mich wieder anzusehen. „Und dich auch nicht.“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Wieder schleicht sich die Röte auf Logans Wangen, doch er wendet den Blick nicht ab, auch wenn man ihm deutlich ansieht, wie verlegen er ist. „Arn ich…“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Über uns explodiert ein Farbenmeer am Himmel. Logan zuckt zusammen und starrt hinauf, doch ich habe nur Augen für ihn. Seine Augen beginnen zu Leuchten und sein Gesicht scheint wie in Ehrfurcht erstarrt, als er die riesigen grünen Schleier der Nordlichter über uns in ihrer ganzen Schönheit erfasst. „Das ist…“, stammelt er leise, ungläubig und tief berührt. „Wunderschön“, beende ich den Satz für ihn und lächele ihn an, als er den Blick vom Himmel wieder auf mein Gesicht richtet.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Schneller als ich etwas sagen oder reagieren kann, hat er sich herunter gebeugt und meine Lippen mit seinen verschlossen. Der Kuss ist zärtlich, liebevoll und so voller Sehnsucht, dass ich ihn automatisch näher an mich ziehe. Als wir uns wieder voneinander lösen, entfaltet das Himmelsspektakel langsam aber sicher seine volle Strahlkraft. Logan dreht sich über mir und rutscht zwischen meine Beine, so dass er sich mit dem Rücken gegen mich lehnen und das Schauspiel besser beobachten kann. Seine Finger sind fest mit meinen verflochten und seine Wange ruht an meinem Hals.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es ist seltsam, doch hier und jetzt habe ich das erste Mal das Gefühl, dass er mich wirklich braucht. Dass er mich so sehr braucht, wie ich ihn brauche. Dass er die Mauer fallen gelassen hat, die er so gern um seine Gefühle hochzieht, und sich anlehnt, weil er weiß, dass ich ihn auffange.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Trotz des Glücks das ich empfinde, kann ich nicht umhin, mich gleichermaßen schuldig zu fühlen. Denn ich weiß sehr genau, wieso Szenen wie diese so selten sind in unserer Beziehung: Logan ist eigentlich meine starke Schulter und wenn ich jetzt zurückdenke, muss ich mit Schrecken feststellen, dass ich ihm nur selten Gelegenheit gegeben habe, sich auch mal bei mir Anlehnen zu können – dabei ist gerade offensichtlich, wie sehr Logan das braucht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während wir auf der Ladefläche des Pickups liegen und hinaufschauen in das wirbelnde Grün der Nordlichter wird mir bewusst, wie eigennützig ich mich in unserer ‚Beziehung‘ verhalten habe und ich schwöre mir, das zu ändern. Meine Hand drückt Logans sanft und er sieht zu mir auf, öffnet die Lippen leicht, als ich ihm für einen Kuss entgegen komme.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Als wir uns einige Zeit später wieder auf den Rückweg machen, greift Logan meine Hand, während ich den Wagen zurück auf die zugeschneite Straße lenke. „Danke Arn. Ohne dich wäre mein Leben so viel weniger lebenswert.“[/JUSTIFY]

Zwanzigster Teil

[RIGHT]Nun wohl, du sollst bereit uns immer finden[/RIGHT][RIGHT]Und uns an dieser Farb' als Feind' erkennen,[/RIGHT][RIGHT]Die meine Freunde tragen dir zum Trotz.[/RIGHT][RIGHT]-          Shakespeare, König Heinrich VI. I. Teil[/RIGHT]
 

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[JUSTIFY]Eine Woche später hat sich so etwas wie Normalität eingeschlichen. Nach einem langen Telefonat mit meinen Eltern und meiner Schwester in Schweden, das sehr emotional gewesen ist und der Versicherung, sie so bald wie möglich zu besuchen, habe ich endlich eingekauft und mich wieder mit Lebensmitteln und Getränken eingedeckt. Ich gehe wieder regelmäßig Laufen – meistens mit Alexander und mein Haus ist grundgereinigt. Nicht nur, weil ich gefühlt jede Ritze geputzt habe, sondern auch, weil ein Team von Spezialisten mein Arbeitszimmer und mein Wohnzimmer von Wanzen und – wer hätte es gedacht – einer Kamera befreit hat.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine weitere kleine Überwachungskamera befand sich in meinem Schlafzimmer und ich frage mich wirklich, welche Erkenntnisse Starrick dabei gewinnen wollte. Meine Gedanken driften in eine sehr eindeutige Richtung und ich beeile mich, sie wieder zur Ordnung zu rufen. Es ist schade, dass ich sein Gesicht nicht sehen konnte, als man ihm mitteilte, dass seine kleine Überwachungsaktion aufgeflogen ist. Ich bin sicher, er wird nicht sehr begeistert gewesen sein.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Alexander schläft inzwischen wieder in seiner Wohnung. Der Friedhofsbesuch und die Aufräumaktion in seiner Wohnung haben ihm tatsächlich geholfen, sich der Realität etwas besser stellen zu können. Owen hat mich trotzdem gebeten, ein Auge auf ihn zu haben, denn da ist immer noch die Sache mit dem Gras. Es hilft Alexander dabei einzuschlafen, weil er sonst nicht zur Ruhe kommt. Ob es wirklich so viel besser ist als andere Beruhigungsmittel, ist schwer zu sagen. So oder so habe ich Owen versprochen, auf seinen Konsum zu achten. Ich möchte nicht, dass er weiter abstürzt, als das durch den Prozess ohnehin passiert ist.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Nach dem streng getakteten Tag im Gefängnis habe ich Mühe, meinem Tag hier draußen eine ähnliche Struktur zu verleihen. Einerseits will ich all die Dinge tun, die ich ‚drinnen‘ nicht tun konnte: Fernsehen, Essen wann ich will, Joggen wann ich will, nackt durch die Wohnung laufen oder schlicht und ergreifend Zeit im Garten verbringen, wenn mir danach ist. Auf der anderen Seite muss ich zusehen, dass ich in einen anständigen Tag-Nacht Rhythmus finde, denn wenn ich in zwei Wochen wieder arbeiten gehe, wäre das von Vorteil.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Am Ende ist es der Gedanke an die Arbeit, der mich in mein Büro treibt. Ich habe den Raum seit meiner Rückkehr gemieden, weil Owen dort die ganze Post gebunkert hat, die während meiner Gefängniszeit hier angekommen ist. Ich hatte ihm die Erlaubnis gegeben, sich um meine Rechnungen und Finanzen zu kümmern, denn es war unklar, wie lange ich einsitzen würde. Meine Eltern, vor allem meine Mutter, waren schockiert über die Festnahme gewesen und hatten vorgehabt, sofort zurück zu kommen, um das Haus in Stand zu halten und mich zu unterstützen, doch Owen konnte sie schließlich überzeugen, dass ihre Anwesenheit hier nicht helfen würde. Am Ende hätte Starrick meine Eltern bedrängt oder sie als Druckmittel eingesetzt und das hätten weder sie noch ich gebrauchen können. Also hat Owen sich gekümmert und da ich von meiner Zeit beim Militär noch ausreichend Rücklagen hatte, haben die sieben Monate kein unüberwindbares Loch in meine Finanzen gerissen. Vor allem in Anbetracht des Gehalts, das ich schon sehr bald wieder ausgezahlt bekomme.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich verlasse das Büro noch einmal, genehmige mir ein großes Glas Whisky und lasse mich damit schließlich schwer in meinen Schreibtischstuhl fallen. Mein Rechner, der selbstverständlich von Starrick und seinen Schergen konfisziert worden war, ist mir im Laufe der Woche wieder ausgehändigt worden. Owen hat ordentlich Druck gemacht und nach dem Starrick den Ast auf dem er saß selbst abgesägt hat, war man mehr als kooperativ, was unser Arbeitsmaterial anging. Die gleichen Techniker, die meine Wohnung auf Wanzen gefilzt haben, haben auch dieses Gerät noch einmal überprüft und mir dann wieder ausgehändigt, so dass mein Schreibtisch ziemlich aufgeräumt aussieht – von den Stapeln Briefe einmal abgesehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Vieles ist Werbung, die ich direkt in den Müll werfen kann, doch dazwischen verstecken sich auch andere Dinge. Zwei dicke braune Umschläge tragen den Stempel der Armee. Es sind die Dokumente, die Logans Tod betreffen. Ich nehme noch einen Schluck Whisky, dann öffne ich den ersten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die nüchternen Zeilen verraten mir nicht viel über die tatsächliche Todesursache. Vermutlich werde ich davon auch in den anderen Briefen nichts lesen, denn ich bin zwar Logans Notfallkontakt, aber kein Angehöriger. Außerdem ist es fraglich, ob die Untersuchung des Vorfalls überhaupt schon abgeschlossen ist. Da es kein Selbstmord war, kann eine Untersuchung des Vorfalls bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Wenn ich mehr über den Hergang erfahren will, muss ich also warten, oder jemanden fragen, der dabei war.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich lege den Brief zur Seite und greife den nächsten. Er ist jüngeren Datums und enthält eine Bescheinigung darüber, dass Logans Habseligkeiten zur Abholung freigegeben wurden, und sie zu einem Stützpunkt meiner Wahl transferiert werden. Offenbar hat Logans Familie kein Interesse an den Sachen, oder aber Logan hat festgelegt, dass ich sie bekommen soll. Da ich weiß, dass ich mir mit der Abholung Zeit lassen kann, wandert auch dieser Brief zur Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Rest des Stapels besteht größtenteils aus geöffneten Rechnungen oder Abrechnungen meiner Bank. Ich überfliege sie nur grob, ehe ich mich im Stuhl zurücklehne. Ich weiß nicht was ich erwartet hatte, aber die Ausbeute ist vergleichsweise mickrig. Einerseits ist es beruhigend, hier draußen nicht zu viel verpasst zu haben, andererseits versetzt es mir einen Stich, wie sehr die Welt wohl auf meine Anwesenheit verzichten kann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bei meinen E-Mails sieht es nicht viel anders aus. Allerdings ist mein Postfach bei weitem nicht so voll, denn ich hatte im Gefängnis die Möglichkeit, meine Mails zu checken. Ich überfliege den Spamordner und leere ihn schließlich, lösche die unzähligen Werbemails und starre dann für eine ganze Weile auf den Bildschirm, ohne genau zu wissen, was ich als nächstes anfangen soll.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Mein Blick fällt auf einen Stapel von Gerichtsakten, den mir Owens Kanzlei in Kopie für meine eigenen Unterlagen zugesendet hat und mit einem erschreckenden Automatismus wandern meine Gedanken weiter zu Nathan Starrick. Der blauäugige Staatsanwalt hat es mit seinem Auftritt auf dem Friedhof endgültig geschafft, zu meinem Staatsfeind Nr. 1 zu avancieren und ich frage mich, ob das allwissende Internet nicht etwas zu seinem wenig ruhmreichen Ende zu sagen hat.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Kurze Zeit später klicke ich mich immer ungläubiger durch unterschiedlichste Nachrichtenportale. Starricks Konterfeit ziert nicht nur eine Titelseite sondern mehrere. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wie groß die Wellen waren, die unser Fall geschlagen hat. Owen hatte ganz zu Beginn des Verfahrens gesagt, dass wir Interviews kategorisch ablehnen sollen, und ich hätte das auch getan, wenn ich denn eine Anfrage bekommen hätte. Es gab aber keine, die jemals zu mir durchgedrungen wäre.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]In beinahe jedem Artikel den ich lese, fällt der eigentliche Grund der Verhandlung, nämlich Rawlinsons Tod, unter den Tisch. Zentrales Thema ist der Kampf David zwischen Goliath, Staatsanwaltschaft gegen Rüstungskonzern, der wegen der Industriespionage zu jedwedem Mittel greift. Während Kriegsgegner flammende Artikel über die Narrenfreiheit von Großkonzernen schreiben, wettern Rüstungsbefürworter, dass der Konzern selbst nur bedingt etwas für die Dinge kann, die seine Mitarbeiter in ihrer Freizeit tun – und ich gebe ihnen Recht. Nicht weil ich prinzipiell auf ihrer Seite stehe, auch wenn es selbstverständlich die Konflikte der Welt sind, die mir meine Arbeit finanzieren. Nein, ich stehe auf ihrer Seite, weil General Dynamics rein gar  nichts mit dieser Sache zu tun hat.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Was in dieser Nacht auf dem See passiert ist, betrifft nur mich, Alexander und Rawlinson. Dick oder seine Firma haben damit wirklich nichts zu tun, denn am Ende war es eine persönliche Sache zwischen drei Männern, die eben zufällig auch in der gleichen Branche arbeiteten. Natürlich interessiert das die Presse nicht im Geringsten. Stattdessen werden Alexander und ich zu Steigbügelhaltern des Teufels stilisiert, während Nathan Starrick als Ritter in leuchtender Rüstung den Kampf um Gerechtigkeit aufnimmt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Überall strahlen mir seine blauen Augen entgegen und je weiter ich scrolle, desto extremer wird der Personenkult um diesen Mann. Er gibt Interviews, nicht nur an Zeitungen und einschlägige juristische Fachzeitschriften, nein, auch an Klatschblätter.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Wer ist der gutaussehende Staatsanwalt, der sich gegen GD stellt?“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„In den Krieg mit Dolce & Gabbana – so sexy verteidigt Nathan Starrick Recht und Ordnung“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Verdammt anthrazit passt zu diesen blauen Augen aber auch wie Arsch auf Eimer.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich überfliege den Artikel nur knapp und kann Starricks überhebliche Stimme regelrecht hören. Sein Einsatz für die Familie Rawlinson wird so selbstlos dargestellt, dass mir förmlich schlecht wird. Er hat wirklich keine Gelegenheit ausgelassen, sich zu profilieren. Einige Artikel verlinken Videos zu Interviews, die er direkt nach dem Prozessauftakt gegeben hat. Nichts davon habe ich mitbekommen, denn obwohl Journalisten während des Prozesses zugelassen waren, waren Bildaufnahmen im Gerichtssaal verboten. Da Alexander und ich stets durch einen Seiteneingang ins Gerichtsgebäude gebracht worden waren, haben wir den Andrang nie gesehen, den ich jetzt auf einigen Aufnahmen sehen kann.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Um die Anfänge besser zu verstehen, suche ich spezifisch nach Artikeln aus der Anfangszeit des Prozesses. Sie zu finden ist gar nicht so leicht, denn der Auftakt der Verhandlung hatte noch keine derart große Resonanz gefunden. Erst nach und nach zerrt Starrick alles Mögliche ans Licht, um uns in den Augen der Öffentlichkeit – und damit auch in den Augen der Jury – zu diskreditieren. Der vorletzte Prozesstag wird in den Medien bereits zu einem Sieg stilisiert, Starrick als Triumphator über das vermeintliche Böse bezeichnet. Ich klicke auf das zugehörige Video, das eine Stellungnahme Starricks beim Verlassen des Gerichtssaales zeigt.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der vorletzte Prozesstag wird in den Medien bereits zu einem Sieg stilisiert, Starrick als Triumphator über das vermeintliche Böse bezeichnet. Ich klicke auf das zugehörige Video, das eine Stellungnahme Starricks beim Verlassen des Gerichtssaales zeigt.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir wesentlich beruhigter schlafen, wenn Mr. Svensson und Mr. Dreyfuß für immer hinter Schloss und Riegel kommen. Mit dem Urteil, das nach dem heutigen Verhandlungstag sicher zu unseren Gunsten ausfallen wird, ist der erste Schritt gemacht, General Dynamics und die korrupten Geschäfte dieses Konzerns für immer aus Kanada zu verbannen.“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Und mit dem Konzern alle seine Mitarbeiter ins sämtlichen Werken und Abteilungen..[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich leere mein Glas mit einem entschiedenen Zug und stelle es zur Seite, ehe ich das Video wieder abbreche und die Seite schließe. Natürlich interessiert es Starrick nicht, dass an GD nicht nur fragwürdige Geschäfte hängen, sondern auch Arbeitsplätze in der Industrie. Dicks Firma – so ungern ich das auch zugeben will – ist einer der größten und besten Arbeitgeber im Umkreis. Durch den ausgezeichneten Umsatz und die enge Zusammenarbeit mit dem Militär zahlt die Firma ihren Mitarbeitern mehr, als in der Stahl- und Rüstungsindustrie Standard ist.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Mit mehr Geld in der Tasche lässt sich das schlechte Gewissen auch etwas besser ignorieren.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich springe zurück zu den aktuellsten Artikeln. Es ist kein Wunder, dass Starricks tiefer Fall ähnlich breit getreten wird, wie sein rasanter Aufstieg. Jeder Skandal ist ein gefundenes Fressen für die Presse und Helden können binnen Minuten zu Feindbildern mutieren. Tatsächlich titelt The Star, die wichtigste Tageszeitung Torontos, am Tag der Verfahrenseinstellung:[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„The district attorney falling of his high horse”*[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]In der kurzen Zusammenfassung des Artikels ist weiterhin zu lesen:[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Neue Beweise belegen die Unschuld der beiden angeklagten General Dynamics Ingenieure. Staatsanwalt Nathan Starrick verliert den Mammutprozess gegen den Rüstungskonzern auf Grund unsauberer Ermittlungsarbeit.“[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich nage an meiner Unterlippe. Das ist definitiv Dicks Werk. Verständlicherweise will er den Ruf der Firma wiederherstellen. Dass es auf Starricks Rücken geschieht kann ich meinem Chef dabei nicht einmal übel nehmen. Nach allem was ich jetzt weiß, ergibt Dicks Hilfsbereitschaft und der für uns so entgegenkommende Vertrag noch mehr Sinn. Starrick hat sich mit seiner Herangehensweise wirklich Feinde gemacht. Sein Plan, es direkt mit Dick und General Dynamics aufzunehmen, war dann aber wohl doch zu ambitioniert oder zumindest nicht genügend abgesichert.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder scrolle ich durch die Bilder und fange seinen Blick ein. Er war sich einfach eine Spur zu sicher. Glaubte an einen schnellen, leichten Sieg mit mächtig Prestige. Er hatte alle Trümpfe auf seiner Seite: Das Motiv, die Tatsache, dass wir die letzten waren, die Rawlinson lebend gesehen hatten, die Industriespionage und der dem Treffen vorangegangene Streit. Die trauernde Familie, die Rawlinson zurücklässt. Die Presse, die sich nur zu willig auf den ‚bösen‘ Rüstungskonzern gestürzt hat.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Trotzdem hat es nicht gereicht.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Jetzt ist er derjenige, der alles verliert. Die perfide Befriedigung, die sich ob dieser Tatsache in mir breit macht, erinnert mich auf erschreckende Weise an das Gefühl auf dem schwankenden Boot. Die Erinnerung wabert durch mein Hirn und ich versuche sie zu fassen, doch es gelingt mir nicht. Stattdessen richtet sich meine Aufmerksamkeit auf ein Foto mit einem so vertrauten Gesicht darauf. Ich klicke auf den Link und kurze Zeit später habe ich den ganzen Artikel vor mir, der mir das Herz in die Hose rutschen lässt.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der Fall General Dynamics: Ist die russische Mafia in den Mordfall involviert?[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Unter der Überschrift prangt jenes Foto, das mich gerade dazu verleitet hat, den Artikel zu öffnen: Alexej, offenbar auf dem Weg ins Gericht, flankiert von zwei Polizeibeamten. Die Aufnahme muss am letzten Verhandlungstag entstanden sein, daran lassen die Blessuren in seinem Gesicht keinen Zweifel. Mit klopfendem Herzen überfliege ich den Artikel.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]… teilen sich seit sieben Monaten eine Zelle… mehrere körperliche Auseinandersetzungen… mehrere Verstöße gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz… Gefälligkeitsaussage?... GD schließt neuen Vertrag über Waffenlieferungen nach Russland einen Tag nach Prozessende… vorbestraft wegen ähnlich dubioser Geschäfte… Korruptionsverdacht erhärtet…[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Von meinem Nacken breiten sich nach und nach eisige Schauer über meinen Rücken aus und ich fahre mir mit einer Hand durchs Gesicht. Das Bild, das sich nach und nach vor meinem inneren Auge zusammensetzt, gefällt mir nicht. Die Vorstellung, dass Alexej oder seine Vorgesetzten tatsächlich mit General Dynamics Geschäfte gemacht haben und wir dabei Teil eines Deals waren – ganz gleich wie der ausgesehen hat – behagt mir ganz und gar nicht. Natürlich spuckt die Suche für ‚Alexej Marosov‘ keine brauchbaren Ergebnisse aus. Wie sagte Owen doch gleich?[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der Kerl ist schlimmer als Teflon, an ihm bleibt nichts haften.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Damit hat er wohl Recht. Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück und starre auf das Foto, dass Alexej auf dem Weg ins Gericht zeigt. Noch bin ich nicht am Ende meiner Möglichkeiten angekommen. Dank Cal habe ich ein paar passable Tricks und Kniffe gelernt, wenn ich mehr über Leute herausfinden möchte, als die zunächst von sich preisgeben wollen. Doch ich mache mir in dieser Hinsicht keine Illusionen: Wenn die russische Mafia oder der Geheimdienst involviert ist, reichen meine Fähigkeiten nicht aus. Eher bricht mir der Versuch, mehr über Alexej herauszufinden, das Genick.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sollte es wohl einfach auf sich beruhen lassen und nach vorne schauen. Mich weder mit Starrick und seinem Schicksal beschäftigen, noch mit meinem ehemaligen Zellengenossen. Ich sollte froh sein, dass ich hier sitze, in meinem eigenen Haus. Mehr oder weniger frei das zu tun was ich will. In Anbetracht der Dinge, die in jener Nacht auf dem Boot geschehen sind, wäre das sicher das Klügste. Es ist wirklich eine zweite Chance und ich weiß, dass ich keine dritte bekommen werde.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Trotzdem kann auch der Whisky das Gefühl nicht niederkämpfen, zu einer Schachfigur in einem größeren Spiel degradiert worden zu sein. Ein Spiel, in dem jeder nach seinen ganz eigenen Regeln spielt und jeder falsche Schritt bereits das Ende bedeuten kann.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich hasse es, machtlos zu sein. Tatenlos zusehen zu müssen, wie sich die Dinge um mich herum entwickeln. Das gleiche Gefühl war es, das mich bei Rawlinson zur Unbesonnenheit verleitet hat und auch jetzt treibt es mich an, etwas an der Situation zu ändern. Wenn man bedenkt, wohin es mich das letzte Mal geführt hat, sollte ich es eigentlich besser wissen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Der unnatürlich laute Gong meiner Haustürklingel verhindert, dass ich meine gerade wiedergewonnene Freiheit in blindem Aktionismus gefährde. Ich zucke so heftig zusammen, dass ich beinahe das leere Glas auf dem Tisch umstoße. Ein schneller Blick auf mein Handy zeigt, dass ich keine Nachricht erhalten habe. Alexander hätte mit Sicherheit geschrieben, wenn er vorgehabt hätte, hier aufzukreuzen. Auch Owen hätte sich angemeldet.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit einem flauen Gefühl im Magen mache ich mich auf den Weg zur Haustür. Kurz überlege ich, einen Blick durch eines der schräg angelegten Küchenfenster riskieren, doch noch ist es hell draußen und der Besucher würde die Bewegung im Inneren des Hauses deutlich sehen. Ich habe also nur die Wahl mich totzustellen, oder die Türe zu öffnen.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Mach dich nicht verrückt Arn. Was erwartest du? Ein Liquidierungskommando, geschickt von Starrick persönlich? Deine Phantasie treibt eindeutig zu wilde Blüten..[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Ich straffe mich und öffne die Tür. Nicht zu weit, um sie im Zweifelsfall schnell wieder schließen zu können, aber weit genug, um sehen zu können, wer da vor meiner Tür steht.[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]Das darf doch wohl nicht wahr sein…[/JUSTIFY]
 

[JUSTIFY]„Hey..“ Chey… „Da wäre noch eine offene Rechnung zu begleichen…“[/JUSTIFY]

Einundzwanzigster Teil

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zweiunzwanzigster Teil

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Dreiundzwanzigster Teil

[RIGHT]Was sprecht Ihr von Erwägen? Kurz und gut,[/RIGHT][RIGHT]Erklärt Ihr Euch nicht hier für unsern König,[/RIGHT][RIGHT]So überlass' ich Eurem Schicksal Euch[/RIGHT][RIGHT]Und breche auf, um die zurückzuhalten,[/RIGHT][RIGHT]Die Euch zu helfen kommen; denn warum,[/RIGHT][RIGHT]Wenn Ihr kein Recht behauptet, föchten wir?[/RIGHT][RIGHT]-  Shakespeare, König Heinrich VI., Teil III[/RIGHT]
 

[JUSTIFY]„Spiegel, hmn?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es sind die ersten verständlichen Worte, die Alexej seit geraumer Zeit auf Englisch formuliert. Seine Haut ist noch immer feucht, allerdings nicht mehr der Dusche wegen. Meine Finger malen Kreise auf seiner nackten Brust. Noch immer sind an seiner Seite die Schatten der Hämatome zu sehen, die bei oder nach jenem ominösen ‚Gespräch‘ mit Starrick zu Stande gekommen sind. Ich hebe den Kopf leicht und stütze ihn auf meinen angewinkelten Arm. Alexej liegt ausgestreckt auf dem Rücken und sieht jetzt zu mir auf. Auch auf seinem Kinn und seiner Wange sind die Schatten noch zu sehen. Vorsichtig tippe ich mit dem Finger gegen die Stelle, an der ihn meine Faust getroffen hat. Er zuckt nicht zurück, verzieht das Gesicht aber etwas. Nicht wegen des Schmerzes, wohl aber wegen der Erinnerung daran. Es ist schließlich kaum mehr als eine Woche vergangen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Du sagtest, es seien deine Leute gewesen, nicht Starrick.“ Alexej erlaubt sich ein schiefes Grinsen und streicht mit dem Arm, den er unter meinem Arm hindurch geschoben hat, über meinen Rücken. „Ja…“ antwortet er knapp und mustert mich erneut. Stille breitet sich aus, während Alexej mich einfach anschaut, vollkommen ruhig und beinahe teilnahmslos. Mir wird bewusst, dass er gerade die gleiche Show mit mir abzieht, wie mit Starrick im Gerichtssaal. Als er sieht, wie bei mir dieser Groschen fällt, fängt er an zu Grinsen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Grinsen, das ganz schnell aus seinem Gesicht weicht, als ich ihm mit der flachen Hand auf den gerade nicht angespannten Bauch schlage. Er packt mit seiner freien Hand zu und fängt meine Finger ein, um mich an weiteren Missetaten zu hindern. „Hey, ich habe schon genug Blessuren deinetwegen, meinst du nicht?“ Ich knurre nur leise und versuche, ihm meine Hand wieder zu entwinden. „Offenbar nicht, sonst würdest du endlich mal den Mund aufmachen, statt mich aufzuziehen.“ Wieder wandert seine Augenbraue nach oben. „Ach? Und ich dachte, ich hätte den Mund schon weit genug aufgemacht…“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]In Ermangelung meiner freien Hand, senke ich einfach den Kopf und beiße ihm als Reaktion in den Brustmuskel. In diesen herrlichen, wohlproportionierten Brustmuskel. Wenn es weh tut, lässt sich Alexej es nicht anmerken. Stattdessen schenkt er mir ein angeregtes Stöhnen. Mein Kopf zuckt nach oben, doch sein breites Grinsen verrät, dass er mich erneut nur an der Nase herumführt. „Du bist unmöglich, weißt du das?“ Er hebt die Hand hinter meinem Rücken, greift in meinen Nacken und zieht mich näher zu sich. „Ich weiß...“ Er versucht mich zu küssen, doch ich ziehe den Kopf zurück, was nur zur Folge hat, dass er sich an meinem Nacken hochzieht und mir doch in die Lippe beißt. Ich grunze resignierend und erwidere den folgenden Kuss schließlich doch, weil es sich einfach viel zu gut anfühlt. Als er von mir ablässt und zurück in das Kissen sinkt, sieht er zufrieden aus und fängt jetzt tatsächlich an zu reden.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Du weißt ja, dass mein Aufenthalt im Gefängnis nicht der erste war. Mein... Arbeitgeber und ich, wir haben da eine sehr strikte Linie. Sobald ich wegen irgendetwas einsitze, mache ich keine Angaben. Ich nehme keinen Deal an, ich falle niemandem in den Rücken – ich halte einfach den Mund und warte darauf, dass andere diese Sache für mich übernehmen. Dieses System basiert auf Vertrauen und du kannst mir glauben, dass es die ersten Male nicht einfach gewesen ist.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Die ersten Male… wie oft hast du bereits eingesessen Alexej?[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„So oder so: Es gibt nur zwei Sorten von Delikten, für die Männer wie ich einsitzen: Die, von denen keiner Notiz nimmt, weil sie zu nichtig sind, um sich ernsthaft damit zu beschäftigen und die, die in Einzelhaft im Hochsicherheitstrakt enden – dazwischen gibt es in der Regel nichts. Die wirklich guten Deals bekommt man, wie du dir sicher denken kannst, nur im letzteren Fall. Dabei ist das eigentlich absurd. Vorher wäre man für die Strafverfolgung wesentlich wertvoller. Wenn Männer wie ich im Hochsicherheitstrakt landen, dann haben sich die Arbeitgeber in der Regel längst von ihnen abgewandt.“ Er hat mein Handgelenk losgelassen und schiebt den Arm unter seinen Kopf, um ihn etwas höher zu betten.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Das Problem ist, dass sich die Chance für die Strafverfolgung bei kleineren Delikten viel zu selten bietet. Bis diejenigen davon erfahren, die genügend Einfluss und Wissen haben, um eine Verbindung von einem einzelnen Häftling zu größeren Organisationen zu ziehen, sind die betreffenden Personen längst über alle Berge. In meinem Fall hatte Starrick also einfach nur verdammtes Glück.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Glück? Glück, weil ich gerade mit dir in einer Zelle gelandet bin?“ Das Puzzle in meinem Kopf setzt sich langsam zusammen und macht Starricks Größenwahn nur noch unglaublicher.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Oder Alexander und ich waren nur die Kirsche auf der Torte. Was, wenn es Starrick von Anfang an nur um den noch größeren Fisch ging? War es wirklich Zufall, dass ich in Alexejs Zelle gelandet bin? [/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Glück, weil er zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Riecher hatte und sich in die richtigen Dinge eingemischt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich nage an meiner Unterlippe. Ich weiß, dass ich mir selbst zuzuschreiben habe, dass Alexej mir das jetzt alles erzählt, doch je mehr er redet, desto unsicherer bin ich mir, ob ich das wirklich alles wissen will – oder eher: Ob ich das wirklich alles wissen sollte. Alexej mustert mich und scheint meine Verunsicherung zu bemerken.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Tja Златовласка... du hast gefragt.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Ich wollte eigentlich nur wissen, woher die Blessuren kommen. Nicht unbedingt, dass Starrick sich so ganz nebenbei und ganz bewusst mit der russischen Mafia anlegen wollte.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Hmn, da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht.“ Bei Alexejs spitzem Tonfall zucke ich zusammen. Sein Blick hält mich fest und wieder einmal beschleicht mich das dumpfe Gefühl, dass all die Vertrautheit zwischen uns in der nächsten Sekunde kippen kann. Dass er mich mit der gleichen Leidenschaft aus dem Leben befördert, mit der er mich eben noch um den Verstand gevögelt hat.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Dafür, dass du einen hilflosen Kerl mit voller Absicht ins Wasser gestoßen und ihm beim Ertrinken zugesehen hast, bist du jetzt ganz schön zart besaitet.“ Seine Hand in meinem Nacken krault durch mein Haar, eine Berührung, die so gar nicht zu unserem Wortwechsel passt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das war etwas Anderes“, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen, aber ich weiß, dass es eigentlich nicht stimmt. So wie ich mich dazu entscheiden habe, die Sache mit Rawlinson in die eigene Hand zu nehmen, habe ich auch entschieden, Alexej nach seinen Blessuren zu fragen. Dass ein Gespräch über seine Zeit im Knast Dinge zu Tage fördern könnte, die mir nicht gefallen, war mir klar gewesen. Das zu wissen und andererseits damit umzugehen sind aber zwei Paar Schuhe. Andererseits…[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist also schief gegangen in seinem grandiosen Plan?“ Ringe ich mich schließlich doch durch zu fragen. Wenn, dann kann ich diesen Weg auch zu Ende gehen. Ich weiß jetzt schon zu viel über ihn und seine Beweggründe, da kann er mir gut und gerne auch noch den Rest erzählen, bevor wir uns über die Konsequenzen für mich unterhalten. Alexejs Blick wandert von meinem Gesicht zur Zimmerdecke, zu der er beinahe teilnahmslos hinaufstarrt. „Du bist schiefgegangen.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich?[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte meine Aussage euer Schicksal besiegelt. Der vorletzte Verhandlungstag war vielversprechend für ihn, er hatte wirklich Oberwasser. Aber dann kamst du… du und dein Pokerface. Du warst der Gegner, den er in die Knie zwingen wollte. Bei Alexander war er sich ziemlich sicher, den Kampf schon gewonnen zu haben, aber dich musste er brechen. Als du damals nachts in die Zelle zurückgekommen bist, hatte ich schon geglaubt, er hätte es geschafft.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich starre auf ihn hinunter und runzele die Stirn. „Also.. war das nicht euer erstes Gespräch?“ Meine Finger streichen wieder über die Prellung an Alexejs Seite und fahren die Kontur seiner Muskulatur nach, auch wenn die körperliche Nähe sich nach wie vor unwirklich und beinahe ein wenig bedrohlich anfühlt. Alexej sieht von der Decke wieder zu mir und deutet ein Kopfschütteln an. „Nein, war es nicht.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mehr sagt er nicht dazu und ich weiß, dass ich an dieser Stelle besser nicht nachfrage. Natürlich hatte ich angenommen, dass Starrick die Fühler nach Alexej ausstreckt, aber ich dachte auch, dass es dabei ausschließlich um meinen Fall geht und nicht um etwas Größeres – also halte ich den Mund. Nicht nur, weil ich nicht wirklich wissen will, ob Starrick forciert hat, dass ich mit Alexej in einer Zelle lande, sondern auch, weil mir der Gedanke, dass es Starrick gar nicht vordergründig um mich und Alexander ging, nicht gefällt. Der Russe zerstreut meine Zweifel, in dem er einfach fortfährt.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Unser lieber Staatsanwalt hatte die ganze Zeit die Oberhand in deinem Prozess. Die Indizien und Beweise sprachen eindeutig gegen dich und deinen Komplizen, eure Aussagen – so gut sie auch aufeinander abgestimmt waren – waren für die Jury nicht überzeugend genug. Immerhin saß da jeden Tag eine trauernde Witwe im Publikum, die die Sympathien auf ihrer Seite hatte. Insofern war die Sache für Starrick eigentlich ziemlich einfach. Er brauchte eine Verhandlungsbasis mit mir und die hatte er, weil wir beide in einer Zelle saßen. Einen Grund, mich zu einem Gespräch zu bitten, ohne dass die Leute in meinem Rücken misstrauisch werden.  Für eine Aussage konnte er mir gewisse Hafterleichterungen und Vorteile anbieten. Er konnte eine Basis schaffen, die ihm den Weg zu weiterer Zusammenarbeit geebnet hätte. Mir einen Deal anzubieten war nur der erste Schritt auf einem langen Weg, den Starrick vorhatte zu gehen. Er wollte mir seinen guten Willen beweisen und alles was ich dafür hätte leisten müssen, war diese Aussage.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wieso hast du sie dann nicht gemacht? Zumindest nicht so, wie Starrick sie sich wohl von dir erhofft hat?“ Mein Mund fühlt sich trocken an und ich bereue die Frage schon in dem Moment, in dem ich sie gestellt habe. Eigentlich will ich die Antwort nicht wissen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nichts mit sentimentalen Gefühlen zu tun hat. Aber ich bin schon zu weit in den Sumpf gewatet, in dem Alexej sich so leicht bewegt. Ich spüre, dass es nur vorwärts weiter geht, zurück kann ich nicht mehr. „Ich meine… du hättest doch gegen mich aussagen können, um die Hafterleichterungen und Vorteile zu bekommen. Er hätte dich doch nicht zwingen können, danach auch weiterhin mit ihm zusammenzuarbeiten, wenn ich das richtig verstehe.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Auf den hübschen Lippen des Russen, auf denen man noch immer das frische Narbengewebe der Platzwunde erkennen kann, zeichnet sich jetzt ein breites Grinsen ab, das bei mir für eine Gänsehaut im Genick sorgt. „Du kannst ihn wirklich nicht leiden“, sinniert er kurz, ehe langsam nickt. „Ja, das hätte ich machen können. Es wäre sogar eigentlich ganz nach meinem Geschmack gewesen, ihn alles in die Waagschale werfen zu lassen, nur um ihn danach eiskalt abzuservieren. Aber ganz so einfach war es dann doch nicht. Du hattest mit deiner Vermutung ganz Recht, dass er etwas ausgegraben hat. Oder sagen wir besser: Er hat an der Oberfläche von etwas gekratzt. Etwas, dessen Tragweite er vermutlich bis heute nicht vollkommen versteht. Wenn ich ihm nachgegeben hätte – und Starrick war durchaus in einer Position entsprechende Angebote zu machen – dann hätte das nicht nur Konsequenzen für mich gehabt, sondern auch für Menschen, die mir nahestehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich habe nicht gegen dich ausgesagt, weil ich wollte, dass Starrick diesen Prozess verliert. Der Zeitpunkt der Unterredung mit mir, der Besuch deines Anwalts.. das alles wirkte so, als stünde ihm selbst das Wasser bis zum Hals. Wir, also meine Leute und ich, haben sehr schnell herausgefunden, dass Starrick in diesem Prozess zu viel riskiert hat. Auch und vermutlich gerade weil er seine Hintergrundaktivitäten verschleiern wollte. So oder so: Es war klar, dass er fallen würde, wenn er den Prozess verliert. Und mit der Niederlage würden ihm auch sämtliche Befugnisse und Zugriffsrechte entzogen werden.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich nicke langsam. Der Teil in meinem Kopf, der absurderweise auf eine Liebeserklärung gehofft hatte, verzieht sich ganz schnell wieder hinter der Realität. Natürlich hat Alexej nicht meinetwegen auf die Aussage verzichtet, das war mir schon klar, als er in jener Nacht vor mir gestanden hat. Dass sich jeder selbst der Nächste ist, habe ich sehr schnell beim Militär gelernt und nicht zuletzt Logan hatte seinen Anteil daran, mich das nie vergessen zu lassen. Ich bin dem Russen auch nicht böse, selbst wenn seine ehrlichen Worte der Leidenschaft der letzten Stunden einen herben Dämpfer verpassen. Er hat getan, was er tun musste. Für sich und für die Menschen, die von ihm und seinen Aktivitäten abhängig waren und sind.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Während ich auf ihn hinabsehe, wird mir abermals bewusst, wie wenig ich über ihn weiß. Er kennt einen Großteil meiner Familiengeschichte und weiß Bescheid über Logan und Cal. Ich habe mir in der Zelle viel von der Seele geredet und Alexej hat zugehört, ohne dabei viel über sich selbst zu verraten. Damals hat es mich nicht gestört, jetzt und hier stößt es mir irgendwie auf. Doch bevor ich mich dieser Problematik zuwende, komme ich erneut auf die Blessuren zurück. Diese Frage hat er mir nämlich nach wie vor nicht beantwortet.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Was also dann? Du hast Starricks Angebot ausgeschlagen, aber wenn er seine Wut nicht an dir ausgelassen hat und du deine Hintermänner nicht verraten hast, wieso bist du dann so zugerichtet worden?“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Nun.. das…“ Er zuckt beinahe verlegen mit den Schultern. Er spielt es mir nicht vor, das spüre ich. „Natürlich stand mein Anwalt parat, als er mitbekommen hat, dass Starrick mit mir ‚reden‘ möchte. Selbstverständlich stand der Verdacht im Raum, dass ich geredet habe, doch den konnte ich ziemlich schnell ausräumen. Trotzdem erschien es uns sinnvoller, ein glaubhaftes Bild abzuliefern. Eines, bei dem es so wirkt, als hätten meine Leute mich fallen gelassen oder mir zumindest deutlich gezeigt, wo meine Loyalitäten zu liegen haben. Starrick sollte den Eindruck gewinnen, dass er – trotz meiner Absage – auf dem richtigen Weg ist. Es war sozusagen der BackUp Plan für den Fall, dass Starrick den Prozess widererwarten doch gewinnt und dadurch beflügelt einen weiteren Versuch unternimmt, mich auf seine Seite zu ziehen.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Ich schnaube leise und schüttele den Kopf. Nichts davon habe ich geahnt oder auch nur im Kleinen mitbekommen. Einmal mehr fühle ich mich wie eine Figur in einem so viel größeren Spiel und genau das BIN ich auch. Dabei kann ich Alexej nicht mal einen Vorwurf machen, denn der Russe hat mich nicht von sich aus in dieses Spiel hinein gezogen. Nein, dafür verantwortlich ist nur ein Mann, über dem gerade seine heile Welt zusammenbricht. Ich ertappe mich dabei, ihm noch schlimmeres zu wünschen.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Einen Badeausflug zum Beispiel, in den Lake Ontario. In seinem schicken anthrazitfarbenen Anzug. [/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Er hat das alles ganz perfide eingefädelt“, fasse ich das Gespräch schließlich knurrend zusammen und Alexej nickt langsam. Mir gefällt die Anerkennung in seinem Blick nicht, aber irgendwie kann ich es auch verstehen. Für den Russen sind Spiele wie dieses vielleicht nicht so besonders und nervenaufreibend wie für mich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja, er hat sich nicht dumm angestellt, das muss man ihm lassen. Aber seine Arroganz und sein so erfolgsverwöhntes Ego haben ihn zu hoch greifen lassen. Jetzt muss er die Konsequenzen dafür tragen, du bist frei und ich habe auch meine Ruhe. Insofern sollten wir beide uns nicht darüber beschweren, oder?“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Natürlich hat er Recht. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich es darauf beruhen lassen könnte und Alexej geht es in dieser Hinsicht ganz bestimmt nicht anders. Außerdem: „Du willst mir also wirklich sagen, dass du diese Prellungen, das blaue Auge, die beinahe gebrochene Nase und die aufgeplatzte Lippe freiwillig in Kauf genommen hast?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder antwortet mir dieses typische Alexej-Grinsen. „Hey, du hast mir ganz hervorragend dabei geholfen, es glaubhaft aussehen zu lassen. Die ein, zwei gezielten Schläge, die ich einstecken musste, waren nichts gegen deinen Kinnhaken.“ Er hat den Arm wieder unter seinem Kopf herausgezogen und fängt meine Hand erneut ein, die sich auf seiner Brust zur Faust geballt hat. Ich kann ein Schnauben nicht unterdrücken.[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]„Für das, was du mir verheimlicht hast, hättest du mehr verdient als nur eine aufgeplatzte Lippe. Und was sollte das danach? Die Aufforderung zum Sex? Auch nur eine Hinleitung darauf, dass ich es meinem Anwalt erzähle und er es bei der Verhandlung auf den Tisch bringt?“ Meine Stimme klingt verletzter als sie sollte und zu meiner Überraschung ziehen sich Alexejs Augenbrauen zusammen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wusste, dass der nächste Tag eine Entscheidung bringt, in die eine oder andere Richtung. Es war unsere letzte gemeinsame Nacht in der Zelle. Ist es ernsthaft so unwahrscheinlich, dass ich dich, dass ich das hier“, er schließt mich und das Zimmer in einer Geste ein, „wirklich wollte?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nach allem, was du mir in den letzten Minuten erzählt hast Alexej: Ja, es ist unwahrscheinlich. Ich will verdammt dafür sein, dir in diesem Fall zu glauben.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bevor ich antworten kann, zieht er mich am Nacken wieder nach unten und küsst mich erneut. Kein harscher leidenschaftlicher Kuss, sondern ein weicher, warmer und zärtlicher Kuss, wie jener in der Dusche. Als er ihn löst, treffen sich unsere Blicke und seine Stimme ist rau, als er wieder spricht. „Hier gibt es nur dich und mich Arn. Zwischen uns spielen all die Umstände, all das, was passiert ist, keine Rolle.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY] [/JUSTIFY]


Nachwort zu diesem Kapitel:
* FAC - Forward Air Controller » Fliegerleitoffizier, leitet in unmittelbarer Nähe des Ziel(orte)s den Einsatz von Kampfflugzeugen

**AAM/ASM » Air-to-Air/Air-to-surface missile » Luft-zu-Luft/Luft-Boden Raketen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*Златовласка [rus] - Goldlöckchen
**Für alle, die eine Vorstellung davon bekommen wollen, wie das aussehen kann: Klick Mich
***Snygging [swe] - Hübscher

Tztztz ;) Ob das wohl Nachwirkungen haben wird für unseren lieben Arn? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*Diese Grundausbildung findet für alle Rekruten eigentlich in der Canadian Forces Leadership and Recruit School in Saint-Jean-sur-Richelieu statt. Auch das Studium, das Arn anstrebt und Cals Pilotenausbildung sind an anderen Standorten angelegt. Für die Story und die Nähe zu Toronto habe ich trotzdem die CFB Borden als Schauplatz gewählt. Ich hoffe, ihr verzeiht ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
*Warteraum: ein Zimmer, in dem Soldaten vor dem Einsatz auf den Befehl zum Abrücken warten. Sie wissen dabei den genauen Zeitpunkt nicht. So will man zu schmerzliche Abschiede vermeiden. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
* Zu Gast sein ist gut, zu Hause (sein) ist besser.
** Ableger des Rüstungskonzerns General Dynamics USA, allerdings natürlich ein fiktiver CEO ;) Auch das Fertigungsgelände bei Toronto entspringt meiner Fantasie. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Soho~ das war vorerst das letzte Zwischenspiel für diese Geschichte. Zumindest habe ich bisher kein weiteres geplant, aber es kann durchaus sein, dass mir Logan und Cal einen Strich durch die Rechnung machen :/ Mal sehen ;) Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von:  Amiliamilli
2019-03-27T20:41:22+00:00 27.03.2019 21:41
Also das kam mal wieder sehr unerwartet für mich also klar das er noch eine Rolle spielt aber das ging schneller als gedacht aber wieder ein tolles Kapitel ich bin gespannt was der spontane Besuch noch so für Auswirkungen haben wird ^^
aber man muss doch ehrlich sagen die schönste Überraschung wäre doch wenn Logen und sein Bruder doch irgend wie überlebt hätten immerhin (ich habe noch mal flott alles durch gelesen) sie waren bei der Bereinigung nicht dabei und so haben die Leichen nie gesehen XD aber jetzt bin ich erst mal auf den Russen und den netten Herrn Anwalt gespannt denn der scheint noch lange nicht aufgeben zu wollen :)
also immer weiter so und liebe Grüße
Von:  Amiliamilli
2019-03-06T14:53:12+00:00 06.03.2019 15:53
Hey
ich lese die Story schon ziemlich lange mit und finde sie wirklich klasse und toll geschrieben auch das es einfach mal um was anderes geht und alles ganz gut durchdacht wirkt ^^
und auch wenn ich schon mal gelesen habe das das nächste erst mal wieder das letzte Kapitel ist hoffe ich das es schnell weiter geht da ich sehr gespannt bin was noch alles passiert :)

PS: ich bin wirklich froh das es im allgemeinen weiter geht nach der langen Pause hatte ich wirklich angst das es wieder eine abgebrochene Story ist aber in der Pause habe ich deine Andere Story gelesen auf Fanfiktion.de (bzw ich glaube die ist auch von dir) und auch die hat mich gut über Wasser gehalten XD

Liebe Grüße
Antwort von:  Coventina
06.03.2019 23:59
:D
Danke für deinen lieben Kommi :)
Das nächste Kapitel ist schon in Vorbereitung und wird nicht mehr lange dauern.
Schön, dass dich meine Story noch immer begeistern kann, ich hoffe das bleibt so.
Bis zum nächsten Kapitel ;)
Von: abgemeldet
2019-02-04T08:05:38+00:00 04.02.2019 09:05
Ich muss gestehen: Es gibt nicht viel, das ich noch abstoßender finde als Drogenkonsum ^^‘ trotzdem ein tolles Kapitel - und der neue Wagen, der riecht nach Ärger ... Starrick-Ärger? Russland-Ärger? Dick-Ärger? Ist Owen wirklich auf der „richtigen“ Seite? Aargh! Man weiß es nicht xD Ich bin sehr gespannt auf den nächsten Tag und die Konfrontation - und bis dahin frage ich mich, wessen Auto das wohl gewesen sein könnte. Der Hint lässt jedenfalls sämtliche Alarmglocken bei mir schrillen :D
Von: abgemeldet
2019-02-01T19:26:28+00:00 01.02.2019 20:26
Ach Mensch, jetzt britzeln mir ein paar Tränchen im Augenwinkel >.< Alex‘ Zustand macht mich fertig ;_; Arn geht‘s auch nicht gut - irgendwie geht es niemandem gut, oder? xD Verdammt! Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht und freue mich einfach riesig über diese tolle Geschichte, die du mit uns teilst!! <3
Antwort von:  Coventina
01.02.2019 21:09
Aye.. sie sind beide gerade nicht am besten Punkt in ihrem Leben. Aber es gewisse Dinge haben eben Konsequenzen, mit denen sie irgendwie zurecht kommen müssen. Es bleibt (hoffentlich) spannend und ich freue mich wirklich, dass du so begeistert gelesen hast :D
Von: abgemeldet
2019-02-01T19:16:35+00:00 01.02.2019 20:16
Ahh, das ist der (!) Streit - oh Mann, absolut nachvollziehbar, dass Arn bei dem ... äh ... Beziehungsmodell da so aus der Haut fährt. Da scheinen einige Leute noch nicht fertig zu sein mit unserem liebsten Schweden! x‘D
Von: abgemeldet
2019-02-01T19:07:01+00:00 01.02.2019 20:07
Alexej ist ein Mysterium! :D So richtig trauen kann ich ihm einfach nicht, weil ich irgendwie davon ausgehe, dass da noch irgendwas Größeres im Hintergrund laufen könnte, aber er ist ein verdammt cooler Typ ... definitiv gefährlich und nicht leicht zu durchschauen! Eine tolle (vorerst) letzte Begegnung der zwei ... hach, ich glaub, ich bin auch noch nicht bereit für das Leben draußen xD außerdem geht mir der Alex-Hint nicht aus dem Kopf. Ob Arn das noch zusammenfügen kann, was ihm im Wagen eben entgangen ist?
Von: abgemeldet
2019-02-01T18:48:26+00:00 01.02.2019 19:48
Ein Kracher jagt den nächsten ... meine Herren, ich habe das Gefühl, wirklich mit im Gerichtssaal zu sitzen. Der Hammer! Danke für dieses phantastische Kapitel, diese genialen Schilderungen - das war großartig, aber ich traue mich noch nicht, durchzuatmen ... Können wir bitte festhalten, dass du es geschafft hast, mich von heute Morgen bis jetzt so verrückt emotional investiert in deine Charaktere zu machen?! xD
Antwort von:  Coventina
01.02.2019 19:49
Ahahahahahahaha <3 Wenn du wüsstest, was in meinem Kopf noch alles auf sie wartet XD XD
Wow, dass du das so durchziehst <3 Du hast hier eine Autorin sehr sehr glücklich gemacht :D
Antwort von: abgemeldet
01.02.2019 20:35
Ich glaub, das Glücklichmachen beruht hier auf Gegenseitigkeit xD <33
Von: abgemeldet
2019-02-01T18:39:52+00:00 01.02.2019 19:39
Holy moly, okay, mir stockt immer noch der Atem xD Dick, du Fuchs! Wahnsinnskapitel!! Ich muss erstmal wieder meine Gedanken sortieren, das sind so viele Infos auf einmal - und so viel Hoffnung! :O (Alex‘ Lachen musste ich übrigens teilen! xD)
Von: abgemeldet
2019-02-01T18:27:17+00:00 01.02.2019 19:27
Aaalter, Spannung! Dass Arn sich nicht auf Alexejs „Angebot“ einlässt, feiere ich sehr - und jetzt ... huah! Nicht, dass unserem guten Nathan noch die Krawatte platzt xD
Von: abgemeldet
2019-02-01T17:34:03+00:00 01.02.2019 18:34
Whoa, whoa, whoa! That escalated quickly! - aber war das wirklich Starrick? Ahh, ich habe da irgendwie meine Zweifel :D Deine Geschichte ist einfach so verflucht gut - meine Herren, ich bin echt Feuer und Flamme hier! Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, was für einen angenehmen Schreibstil zu hast? *_* Es macht so Spaß, deine Geschichte zu lesen!
Antwort von:  Coventina
01.02.2019 18:36
Wie ich hier sitze und mich schon drauf freue, wenn das neue ENS Symbol aufploppt und ich einen neuen Kommi zu lesen habe <3 XD XD
Du versüßt mir den Tag (und das neue Kapi, das gerade in der Mache ist ;))
Antwort von: abgemeldet
01.02.2019 18:47
Naww, nichts lieber als das! :D Ich habe ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil ich dich so zuspamme, aber ich muss dir einfach immer wieder sagen, wie begeistert ich bin *_*
Antwort von:  Coventina
01.02.2019 18:52
Kommentare sind die beste Motivation zum schreiben *.*


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