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Das fünfte Schuljahr - Part 1

Hogwarts
von

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Erinnerungen

Harry Potter - Das fünfte Schuljahr

by Feary
 

Dies ist meine erste Harry Potter Fanfic. Ich muss zugeben, dieses Buch hat mich erst bei Band 3 so richtig gepackt, aber spätestens bei Band 4 war ich hoffnungslos verloren.

Und da ich einfach nicht länger auf band 5 warten konnte hab ich einfach weitergeschrieben.

Alle Kapitel sind auch auf meiner website zu lesen

http://www.angel-feary.de.vu
 

Schaut doch mal vorbei

Angel Feary
 

Disclaimer: Alle Rechte liegen natürlich wie immer beim Autor usw. usf.
 

~*~
 

Harry Potter - 5. Schuljahr
 

1. Kapitel: Erinnerungen
 

Es waren wieder einmal Sommerferien und er war zu den Dursleys zurückgekehrt.
 

Harry Potter, der Junge, der Voldemort, dem schrecklichsten und bösartigsten Zauberer der gesamten Zaubererwelt, nunmehr schon vier mal entkommen war. Doch beim letzten Mal hatten sich tiefe Narben in seine Seele eingebrannt. Grausame Ereignisse, die sich noch heute in seinen Träumen wiederholten und ihm keine Ruhe ließen. Ein Schüler, ein Freund, Cedric Diggory war gestorben. Ermordet mit dem tödlichsten Fluch, den es gab. Avada Kadavra. Noch vor 5 Jahren hätte er geglaubt, es wäre ein Scherz, hätte man ihm gesagt, Avada Kadavra sei ein todbringender Zauberspruch. Damals wusste er nichts von seinen Fähigkeiten als Zauberer, der Zaubererwelt und von Hogwarts, seiner Schule, welche ihm eine Art zu Hause ward. Dort hatte er zum ersten Mal in seinem Leben Freunde gewonnen. So feste Freunde, dass sie mit ihm durch dick und dünn gingen. Sie hatten gemeinsam Abenteuer erlebt, die Höhen und Tiefs des Lebens erfahren, waren auf Freunde und Feinde getroffen. Aber vor allem waren sie gewachsen. Sie hatten geistige Größe gewonnen, waren weiser geworden. Niemand in ganz Hogwarts hatte soviel Erfahrung gesammelt wie sie. Ja, in Hogwarts war seine wahre Familie. Es waren nicht die Dursleys, seine einzigen noch lebenden Verwandten, die ihn zeit seines Lebens wie Dreck behandelten und bei denen er jeden Sommer wieder landete. Wie auch jetzt.
 

Er lag in seinem Zimmer und starrte mit leeren Augen an die Decke. Noch immer sah er Cedrics leere Augen vor sich. Er hatte ihn gemocht. Klar. Anfangs konnte er ihn nicht leiden, da er ihm Cho weggenommen hatte. Aber dennoch war er ein Freund gewesen. Sie hatten gemeinsam den Portschlüssel berührt und waren zu Voldemort gezogen worden. Wie so oft marterten schmerzende Vorwürfe seine Gedanken. Hätte er den Portschlüssel doch nur allein angefasst. Hätte er doch nur Cedrics Vorschlag angenommen und wäre alleiniger Sieger geworden. Dann würde Cedric noch leben.
 

Seine Augen wanderten von der Decke zum Fenster. Kühler Wind ließ die Gardinen unruhig tanzen. Draußen herrschte nächtliche Stille, die nur von dem Zirpen vereinzelter Grillen durchbrochen wurde. Hedwig war schon seit Tagen unterwegs. Er fühlte sich einsam. Was wohl Hermine und Ron gerade machten? Ob sie auch keinen Schlaf fanden?
 

Aus dem Nachbarzimmer konnte er Onkel Vernons lautes Schnarchen hören. Die Dursleys hatten ihn am ersten Ferientag wie jedes Jahr vom Bahnhof abgeholt. Wie jedes Jahr war die Prozedur in Schweigen verlaufen. Er wusste, dass er bei den Dursleys nicht willkommen war. Doch anders als die drei Ferien zuvor verliefen diese recht unspektakulär. Harry war sehr schweigsam, was seinen Onkel und seine Tante nicht störte. Die meiste Zeit verbrachte er in seinem Zimmer und auch beim Essen sagte er kaum ein Wort. Dudley hatte seit der Sache mit dem Würgzungen-Toffee noch mehr Angst vor ihm, weshalb Harrys Tage recht friedlich verliefen.
 

Er löste seinen sehnsüchtigen Blick vom Fenster und sah auf die Leuchtziffern seines Weckers. Seit wenigen Minuten war er fünfzehn Jahre alt. Er rechnete nicht damit, dass die Dursleys daran dachten. Sie hatten ihm früher stets Onkel Vernons alte Socken geschenkt, doch seit er nach Hogwarts ging hatten sie selbst dies eingestellt. Sie übersprangen den Tag einfach, als wäre er nur einer unter 365. In ihren Augen war Harry sowieso nur eine Missgeburt. Am besten gebe es den 31. Juli gar nicht. Dann gebe es auch keinen Harry.
 

Seufzend wandte er seinen Blick wieder zum Fenster. Ob Ron und Hermine an ihn dachten? Sie hatten ihm bisher immer etwas geschenkt. Doch die Ereignisse der vergangenen Wochen lagen wie dunkle Schatten über der Welt. Voldemort war wieder auferstanden. Er hatte dank Harry seine alte Macht zurückerlangt. Die gesamte Zauberwelt sah einem grausamen Zeitalter entgegen. Da hatte doch keiner Zeit an Harrys Geburtstag zu denken. Müde schloss er die Augen. Es war spät und er hatte noch fast 24 Stunden Geburtstag. Warum machte er sich Sorgen? Er war seit seiner Zeit in Hogwarts noch nie vergessen worden. Mit wirren Gedanken schlief er schließlich ein.
 


 

Er wachte nicht wie gewöhnlich durch Tante Petunias keifende Schreie auf. Es war Hedwig, die ihn weckte. Neben und auf seinem Bett saßen vier weitere Eulen. Eine davon war Pigwidgeon, Rons kleine Eule (welche inzwischen gar nicht mehr so klein war), die Harry stolz ein kleines Paket entgegenhielt. Die anderen drei kannte Harry nicht, doch eine davon musste eine Schuleule sein, denn Hagrid besaß keine eigene. Ihm waren wilde Monster als Haustiere viel lieber.
 

Erfreut, dass doch an ihn gedacht wurde, begann Harry Rons Paket zu entfalten. Zum Vorschein kam eine bunte Geburtstagstorte, eine Ausgabe des Tagespropheten, der Zaubererzeitung, die man in der Muggelwelt nicht kaufen konnte, und zwei Briefe. Genüsslich steckte er einen Finger in die Sahnetorte und leckte ihn ab. Erdbeergeschmack. Dann entfaltete er den Tagespropheten und las:
 


 

Das Grauen beginnt von Neuem
 

Was das Dunkle Mal schon angekündigt hat, ist nun grausame Wahrheit geworden. Der-dessen-Namen-nicht-genannt-werden-darf ist zurück. Berichten zufolge hat er das seit Jahrhunderten zum ersten Mal wieder stattfindende Trimagische Turnier genutzt, um den jungen Harry Potter zu entführen, der einstmals zu seinem Untergang beitrug. Der Junge ist ihm zwar entkommen, konnte jedoch nicht verhindern, dass du-weisst-schon-wer seine Macht zurückerlangt. Angaben zufolge wird jener nun versuchen Askaban zu stürmen und die Dementoren zu rekrutieren. Sollte ihm das gelingen stünde uns ein weiteres grausames Zeitalter bevor.
 


 

Auf den nebenstehenden Bildern sah man Dumbledore wie er mit einem Mann des Zauberministeriums sprach und ihm die Hand schüttelte. Wie alle Bilder in der Zauberwelt bewegten sich auch diese. Harry hatte sich inzwischen daran gewöhnt. Manchmal fand er sogar noch Gefallen daran ihnen eine Weile zuzuschauen.
 

Auf einem weiteren Bild sah man, wie das Dunkle Mal, das Symbol Voldemorts, ein Totenschädel aus dessen Mund eine Schlange wie eine Zunge hervorquoll, hervorbeschworen wurde. Harry wusste, dass es Barty Crouch, Mr Crouchs Sohn, gewesen war, der dieses Mal damals zur Quidditch-Weltmeisterschaft an den Himmel gebannt hatte.
 

Er las weiter.
 


 

Cornelius Fudge, Zaubereiminister, aus seinem Amt enthoben
 

Harry erinnerte sich noch gut an Fudge. Zuerst hatte er ihn für einen liebenswürdigen Kerl gehalten, ein wenig aufbrausend und wichtigtuerisch, aber dennoch gutmütig. Doch dann, als mit Voldemorts Rückkehr der drohende Zusammenbruch seiner wohlgeordneten Welt bevorstand und er sich weigerte zu glauben, dass der gefürchteteste und bösartigste Zauberer, den es je gab, wieder da sein sollte, erkannte Harry ihn nicht wieder. Sein Ehrgeiz hatte Fudge geblendet.
 

Doch eine weitere Überschrift riss Harry aus seinen Überlegungen.
 


 

Rita Kimmkorn spurlos verschwunden
 

Ein Grinsen stahl sich in sein Gesicht. Rita war die wohl schrecklichste Reporterin, die die Welt je gesehen hatte. Letztes Jahr hatte sie es geschafft Harry und seine Freunde mit ihren Demütigungen zur Weißglut zu bringen. Wie sie zu ihren Informationen kam ließ Harry und Co. vor einem Rätsel stehen, bis Hermine endlich herausfand, dass die rasende Reporterin ein nicht gemeldeter Animagus war und als kleiner unscheinbarer Käferspion agierte. Hermine hatte sie gefangen und somit von der Bildfläche verschwinden lassen. Es war nicht schade um sie. Anscheinend sah das Ministerium ihr Verschwinden ebenfalls keineswegs als Verlust an, denn sie unternahmen keinen Versuch sie zu suchen, was Harry mit grimmiger Zufriedenheit feststellte, als er den Artikel las.
 

Er legte den Tagespropheten beiseite und nahm sich die zwei Briefe vor. Verwundert stellte er fest, dass einer von Fred und George war, den Zwillingsbrüdern Rons.
 

Sie dankten ihm für die tausend Galleonen, den Gewinn des Trimagischen Turnier, den Harry ihnen schenkte. Außerdem erzählten sie ihm groß und breit, welche Fortschritte sie mit ihren Scherzartikel machten, die sie mit seinem Gold finanzierten. Auch versicherten sie ihm, dass die beigelegte Geburtstagstorte völlig harmlos sein, was Harry vor Erleichterung aufseufzen ließ. Er erinnerte sich nur zu gut an den Würgzungen-Toffee, in dessen Genuss Dudley letztes Jahr gekommen war und beinahe erstickt wäre. Dennoch schob er die Torte ein wenig von sich. Man sollte den Weasley Zwillingen lieber nicht zu sehr vertrauen. Er könnte die Torte ja mal an Dudley ausprobieren, der schon wieder eine Diät über sich ergehen lassen musste, aber trotzdem nicht sehr viel schlanker geworden war. Ein Erfolg hatte sich jedoch durch Freds und Georges Tat verzeichnet. Dudley fraß nicht mehr alles in sich hinein. Mit misstrauischer Vorsicht betrachtete er jedes Mal seinen Teller und roch, ob er irgendwelche Magie erschnuppern konnte.
 

Ron schrieb von seinem neuen Festumhang, den Fred und George ihm geschenkt hatten, von Percy, dessen Elan in seiner Arbeit im Ministerium merklich nachgelassen hatte und der noch immer nicht fassen konnte, dass sein gesetzestreuer Vorgesetzter Mr Crouch tot sei. Des weiteren lud Ron ihn wieder zu sich in den Fuchsbau ein, wo er seine restlichen Ferien verbringen könnte. Harrys Herz hüpfte höher. Er liebte den Fuchsbau.
 

Die Weasleys waren für ihn wie eine Familie und er hatte jedes Mal viel Spaß, wenn er zu Besuch war.
 

Schnell öffnete er auch die anderen Geschenke. Hermine schenkte ihm ein Quidditch-Buch der Bulgaren. Letztes Schuljahr war sie von Viktor Krum, dem berühmten bulgarischen Sucher, der ebenfalls am Trimagischen Turnier teilgenommen hatte, in den Sommerferien nach Bulgarien eingeladen wurden. In einem Brief erzählte sie Harry alles. Als er das Quidditch-Buch aufklappte sah er, dass alle bulgarischen Nationalspieler unterschrieben hatten.
 

Hagrid schenkte ihm einen Miniatur-Niffler. Niffler sind flaumige schwarze Wühltiere mit langen Schnauzen, die eine große Vorliebe für alles haben was glänzt und glitzert. Deswegen sind sie großartig geeignet, um nach Schätzen zu graben. Hagrid schrieb, dass der Niffler so verzaubert sei, dass er ebenfalls kleine Dinge aufspüren konnte, falls man sie verlegt hatte. Man musste ihm nur sagen, was man sucht und er fand es - angeblich.
 

Hedwig hatte ihm einen Brief von Sirius gebracht. Beigelegt war ein Foto von Harrys Eltern und ihren Freunden: Lupin und Sirius. Harry wusste, dass Sirius den Auftrag von Dumbledore bekommen hatte, Remus Lupin und zwei weitere Kämpfer (Arabella Figg und Mundungus Fletcher) zusammenzutrommeln. Fröhlich betrachtete Harry das Foto. Sirius zwinkerte ihm darauf freundlich entgegen.
 

Der sechste und letzte Brief kam von Cho Chang, einer Schülerin aus dem Hause Ravenclaw. Harry glaubte schon, er sehe nicht recht, als er ihren Brief zitternd in den Händen hielt. Woher wusste sie, wo er wohnte und wann er Geburtstag hatte?
 


 

Lieber Harry,
 

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ich hoffe, dir geht es gut. Die vergangenen Ereignisse waren für uns alle ein Schock. Ich hatte leider keine Gelegenheit mit dir zu sprechen, deshalb schreibe ich dir diesen Brief. Der Tod Cedrics war ein schwerer Schlag, umso erleichterter war ich, als du lebend zurückkamst. Du darfst dir nicht zu viele Vorwürfe machen. Du hast Großartiges geleistet. Würden deine Eltern noch leben, wären sie sehr stolz auf dich.
 

Ich freue mich schon, dich im nächsten Schuljahr wieder zu sehen.
 

Cho
 


 

Er faltete den Brief zusammen und versteckte seine Geschenke wie jedes Jahr unter dem losen Dielenbrett unter seinem Bett.
 

Onkel Vernon hatte ihm auch in diesem Jahr erlaubt seine Schulbücher mit in sein Zimmer zu nehmen, was er ihm noch vor zwei Jahren strengstens verboten hatte. Zauberei kam ihm nicht ins Haus. Doch seit Harry ihm von Sirius erzählt hatte, hatte sein Onkel zu viel Angst, dass dieser kommen könnte und mal ein Machtwort sprechen würde.
 

Hastig zog sich Harry an, schlüpfte in seine Schuhe und verließ sein Zimmer. Tante Petunia werkelte schon eifrig in der Küche. Als sie ihn kommen hörte, drehte sie ihren dürren, viel zu langen Hals zu ihm und befahl ihm den Tisch zu decken. Er tat widerspruchslos wie ihm befohlen. Wenig später hörte man Dudley die Treppen hinunterstampfen. Bei jedem Schritt ächzten die Treppen unter seinem Gewicht. Er hatte schon fast die Maße eines Babyelefanten erreicht. Mit einem großen Bogen um Harry setzte er sich an den gedeckten Tisch und beäugte sein Essen. Es sah recht normal aus also schaufelte er es in sich hinein, noch ehe seine Eltern Platz genommen hatten. Sogleich forderte er Nachtisch, was seine Mutter ihm aufgrund seines Diätplanes verweigerte. Das artete in ein heftiges Gewimmer und Geschreie aus, welches seine verzweifelte Mutter zum Weinen trieb. "Aber mein Duddy-Schatz. Ich tu das doch nur zu deinem Besten!" - "Nein," kreischte dieser. "Du willst mich verhungern lassen." In Anbetracht seines gehäuften Tellers schien Harry das ziemlich unmöglich, doch er sagte wie immer kein Wort. Seine Gedanken noch immer bei Chos Brief stocherte er auf seinem beträchtlich weniger gefülltem Teller herum.
 

"Du magst mich nicht mehr. Du magst jetzt Harry," kreischte Dudley weiter. Tante Petunia verzog angewidert das Gesicht. "Das stimmt doch gar nicht, mein Duddy-Schatz. Nie könnte ich diese Missgeburt von Zauberer mögen. Ich mag nur dich, mein Spätzchen." Die Bezeichnung Spätzchen war bei Dudley äußerst unangebracht. Flugsaurier hätte da eher gepasst, überlegte Harry und versuchte die Antwort seiner Tante zu überhören. "Aber sein Teller ist viel voller als meiner!" Dudley ließ nicht locker. "Warum ist sein Teller voller?" Harry runzelte die Stirn. Und ehe er sich versah hatte seine Tante den Teller gepackt und die Hälfte davon auf Dudleys gehäuft. Normalerweise hätte Harry jetzt lauthals protestiert, doch er hatte sowieso keinen Hunger. Wortlos stand er vom Tisch auf und verließ das Zimmer. Sein Cousin starrte ihm fassungslos hinterher.
 

da eher gepasst, überlegte Harry und versuchte die Antwort seiner Tante zu über-hören. "Aber sein Teller ist viel voller als meiner!" Dudley ließ nicht locker. "Warum ist sein Teller voller?" Harry runzelte die Stirn. Und ehe er sich versah hatte seine Tante den Teller gepackt und die Hälfte davon auf Dudleys gehäuft. Normalerweise hätte Harry jetzt lauthals protestiert, doch er hatte sowieso keinen Hunger. Wortlos stand er vom Tisch auf und verließ das Zimmer. Sein Cousin starrte ihm fassungslos hinterher.

Begegnung

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 2: Begegnung
 

"Haaaaaaaaarrry!" dröhnte es zu ihm empor. Was war denn jetzt schon wieder? Er hatte doch gar nichts getan.

"Sofort runterkommen!"
 

Missmutig schlurfte er die Stufen hinab. Innerlich wappnete er sich schon gegen alle möglichen Vorwürfe. Sein Onkel stand mit hochrotem Kopf am Treppenansatz und wedelte ungeduldig mit einem Stück Papier durch die Luft. "Was hat das hier zu bedeuten?" Langsam trat Harry näher. Onkel Vernon hielt ihm den Zettel unter die Nase. Es war ein Brief. An Harry adressiert. Er sah seinen Onkel verdutzt an. Als er das erste Mal in seinem Leben Post bekommen hatte, hatte sein Onkel alles menschenmögliche unternommen ihn daran zu hindern seine Post zu lesen. Und nun gab er sie ihm freiwillig?
 

"Der Brief ist leer! Da steht nichts drauf", zeterte sein Onkel nun los. "Ist das wieder so ein Zaubermist?" Er knurrte verärgert. Vorsichtig nahm Harry den Brief. Er war bereits geöffnet. Für Onkel Vernon war Postgeheimnis wahrscheinlich ein Fremdwort. Neugierig zog er das Papier heraus. Die Augen seines Onkels verfolgten jede seiner Bewegungen genau, wie eine gieriges Raubkatze, die nur darauf wartete, ihr Opfer anzuspringen.
 

Harry staunte. Das Blatt war tatsächlich leer. Doch kaum hatte er es zwischen den Fingern erschienen zwei kleine Zeilen in grüner krakeliger Schrift. Harrys Augen weiteten sich entsetzt.
 

Harry Potter - dein Ende ist nah.

Mein Zorn ist grenzenlos.
 

Darunter prangte ein Signum. Das Dunkle Mal.
 

Onkel Vernon riss ihm das Blatt erzürnt aus der Hand. "Ich wusste doch, dass es mit dieser verdammten Magie zu tun hat." Der Text war sogleich wieder erloschen, als er das Papier berührte. "Was zum ...?" Verwirrt drehte er das Blatt in seinen Händen
 

und riss es schließlich wütend entzwei. Harry realisierte dies kaum. Die Worte schallten noch immer in seinen Ohren wieder. Dein Ende ist nah! Die Stimme seines Onkels drang nur schwach zu ihm durch: "Anscheinend gibt es noch mehr Leute, die dich ebenso wenig ausstehen können wie wir. Endlich haben sie mal eingesehen, was für ein missratener Junge du doch bist."
 

Harry stürmte die Treppen empor. Es war Voldemort, da war er sich sicher. Voldemort hatte ihm diesen Brief geschrieben. Er war zornig, dass Harry ihm schon wieder entkommen war.
 

Haltlos hastete er immer zwei Stufen nehmend in die erste Etage. Beinahe wäre er gestürzt, als er über seine viel zu große Hose, ein Erbstück Dudleys, stolperte. Er konnte sich gerade noch im letzten Moment mit den Händen auf einer Treppenstufe abfangen. Keuchend vergrub er seinen Kopf zwischen den Armen.
 

Dein Ende ist nah! Mein Zorn ist grenzenlos!
 

Hastig rappelte er sich wieder auf und strich sich verwirrt durch sein wüstes Haar, versuchte das Chaos in seinem Kopf zu ordnen. Er musste die Ruhe bewahren. Es war nur ein Brief. Vielleicht ein alberner Streich von Dudleys erkauften Freunden. Nein, das war kein Trick. Es war Magie. Harrys Blick wanderte unruhig die Treppe hinab, als befürchtete er, der Lord würde im nächsten Moment in den Ligusterweg apparieren. Erleichtert seufzte er auf. Natürlich war niemand zu sehen. Er machte sich daran die restlichen Stufen zu erklimmen, als sein Blick den Spiegel streifte, der an der Wand ging. Entsetzt hielt er inne. Sein Atem stockte. Hatte seine Fantasie ihm jetzt einen Streich gespielt? Oder hatte er da eben tatsächlich jemanden anderen erblickt? Langsam trat er näher, die Augen fest auf das verspiegelte Glas gerichtet, welches ausschließlich einen Jungen mit dunklem zerzausten Haar, das nicht zu bändigen war, einer Brille auf der Nase und der charakteristischen blitzförmigen Narbe auf der Stirn, zeigte. Er hatte sich geirrt. Kam schon mal vor, wenn man eine Morddrohung erhielt.
 

Doch schon begann sein Spiegelbild zu zerrinnen. Die Farben verschwammen und kreiselten wie ein Strudel über das Glas. Dann formten sie sich neu. Harry sprang erschrocken zurück. Ein ersticktes Keuchen drang aus seinem Mund. Wo sich sein Gesicht zeigen sollte, war ein Kopf, weißer als ein Schädel, erschienen. Die Augen waren triumphierend geweitet, die Pupillen glühten gefährlich rot. Die Nase des Wesens war platt wie die einer Schlange, mit Schlitzen als Nüstern.
 

"Lord Voldemort", keuchte Harry entsetzt und wich weiter zurück bis er mit dem Rücken an die Wand des Treppenflurs stieß. Jäh war der altbekannte Schmerz in seiner Narbe erwacht. Vor Qual schrie er auf und rutschte die kalte Wand hinab, seine Hand fest auf die Narbe gepresst.
 

"Was ist das für ein Lärm?" polterte Tante Petunia. Als sie ihren Neffen einige Meter über ihr auf den Boden kauern sah rümpfte sie die Nase. "Was machst du da? Du zerkratzt mir ja die Tapete."
 

Harry hörte gar nicht zu. Noch immer hämmerte der unerträgliche Schmerz hinter seiner Stirn, der ihm die Sinne raubte. Leise drang die zischende Stimme des Lords in sein Bewusstsein.
 

"Die Zeit der Abrechnung ist gekommen. Du kannst nicht mehr vor mir fliehen. Endlich ist meine Macht wieder allgegenwärtig!" So abrupt wie die Stimme verklang, hörten auch die Schmerzen auf und Harry wusste, dass der Spiegel nun wieder sein Gesicht zeigen würde. Zitternd stand er auf, eine Hand fest an die Wand gepresst, damit er nicht das Gleichgewicht verlor. Ihm war schwindelig. Immer wieder flüsterte er fassungslos vor sich hin: "Er hat mich gefunden. Er hat mich gefunden."
 

Erneut drang die keifende Stimme seiner Tante zu ihm empor.
 

"Wenn du Kopfschmerzen hast, dann nimm eine Aspirin. Aber nur eine halbe. Die Dinger sind zu teuer, um sie an dich zu verschwenden." Dann machte sie kehrt und ging in ihre Küche zurück.
 

Harry, der es nicht wagte, einen weiteren Blick in den Spiegel zu werfen, legte den Rest des Weges bis in sein Zimmer im Eiltempo zurück. In seinem Kopf hörte er des Lords widerliche Lache. Er lachte ihn aus.
 

Harry schmiss die Tür ins Schloss. Er wollte nichts mehr hören. Hastig schnappte er sich einen Stuhl, eine Feder, ein Blatt Papier und Tinte und begann zu schreiben:
 

Lieber Sirius,
 

es fällt mir schwer dir zu schreiben, da du ja eigentlich untergetaucht bist und nicht gefunden werden willst. Aber es ist etwas geschehen, was du unbedingt erfahren musst. Ich habe Post von Voldemort bekommen. Er droht mich umzubringen. Er weiß, wo ich wohne. Er hat mich bei den Muggeln aufgespürt. Außerdem ist er mir in einem Spiegel erschienen. Sofort hat meine Narbe wieder höllisch gebrannt. Bitte sag mir, was ich tun soll. Bin ich hier noch sicher? Und soll ich wirklich nach Hogwarts gehen und die anderen in Gefahr bringen? Ich will nicht, dass das was mit Cedric passiert ist, sich wiederholt.

Mach dir nicht zu viele Sorgen, mir geht es gut.

Harry
 

P.S: Danke für die Geburtstagskarte und das Foto.
 

Er las den Brief noch einmal durch, faltete ihn dann zusammen und band ihn Hedwig um den Fuß. "Du findest ihn", sprach er ihr Mut zu, streichelte sie noch ein letztes Mal und öffnete dann das Fenster. Zusammen mit Harrys Ängsten an ihrem Bein flog sie davon.

Hindernisse

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Und hier ist auch schon das nächste Kapitel. Ich komm gar nicht mehr mit schreiben hinterher, so viele Ideen hab ich.
 

Disclaimer und so hat sich nicht verändert ...
 

3. Kapitel: Hindernisse
 

Die nächsten Tage verliefen recht ereignislos. Dudley stolperte auf seinem nächtlichen Raubzug in die Küche über seine eigenen Beine und riss eine teure Vase, samt dem Schrank, worauf sie stand, aus der Verankerung, als er sich erschrocken daran festhielt.
 

Tante Petunia überarbeitete noch einmal Dudleys Diätplan, da er ihr zu gefährlich vorkam. Ihr Kind hätte sich deswegen beinahe den Hals gebrochen.
 

Onkel Vernon schielte immer wieder nervös zum Briefkasten, ob noch so ein mysteriöser Brief ankam. Nicht das die Nachbarn noch mitbekamen, dass ihre Briefe mit Zaubertinte geschrieben waren oder der Text nur erschien, wenn derjenige, für den der Brief bestimmt war, ihn in der Hand hielt. Sonst könnten sie noch zu dem Schluss kommen, in ihrer Familie gäbe es einen Zauberer.
 

Und Harry wartete sehnsüchtig auf Sirius' Antwort.
 

Pigpidgeon schaute noch ein paar mal bei ihnen herein, doch da Hedwig nie da war verschwand er gleich wieder.
 

Harry fragte sich, ob er vielleicht an Dumbledore schreiben sollte. Doch dann beschloss er erst Sirius' Rat zu hören. Auf diesen musste er gar nicht lange warten, denn schon am nächsten Morgen flatterte Hedwig durchs Fenster und zwickte Harry am Ohr, sodass er erschrocken aus dem Schlaf fuhr. Als er einen Brief an ihrem Bein erkannte war er sofort hellwach. Mit einem Ruck schnappte er sich den Zettel.
 

Sirius' Antwort war sehr kurz.
 


 

Lieber Harry,
 

ich habe so etwas schon befürchtet. Ich hoffe dir geht es gut.
 

Nimm noch heute Nacht den Fahrenden Ritter und komm nach London. Wir treffen uns in der Winkelgasse. Näheres erzähl ich dir vor Ort.
 

P.S. Pass auf dich auf.
 


 

Verwundert legte Harry den Brief beiseite und gab Hedwig, die schon heftig an seinem Hosenbein zerrte, einen Keks.
 

Harry war verwirrt. Damit hatte er nicht gerechnet. Was hatte Sirius vor?
 

Er war schon einmal im Fahrenden Ritter nach London gefahren. Die Fahrt war unangenehm und holprig verlaufen und Harry hatte keine große Lust diese Tour zu wiederholen. Doch was blieb ihm übrig? Außerdem freute er sich schon riesig seinen Paten endlich wiederzusehen.
 

Den ganzen Vormittag überlegte er, was er seinem Onkel und seiner Tante erzählen sollte. Wie könnte er ihnen klar machen, dass er in der Nacht mit einem Haufen Verrückter in einem Bus nach London fahren würde, um dort Sirius zu treffen?
 

Er spielte schon mit dem Gedanken einfach ohne ein Wort zu verschwinden. Vielleicht würde es seinen Verwandten gar nicht auffallen, dass er weg war. Sie taten sowieso immer, als sei er gar nicht da. Wenn er also wirklich nicht da war, brauchten sie ihn nicht übersehen, was an sich ja sehr anstrengend war. So würde ihnen Arbeit erspart bleiben.
 

Schließlich entschied er sich aber doch lieber einen Brief zu hinterlassen. So musste er sich nicht rechtfertigen und entging auch bösen Bemerkungen.
 

Den Rest des Tages verbrachte er damit seine sieben Sachen zusammen zu packen. Er wusste ja nicht, ob er die Ferien über noch einmal hierher zurückkehren würde. Vielleicht kam er auch nie wieder zurück. Vielleicht würde Voldemort endlich vollenden, was er vor 14 Jahren begonnen hatte. Bei diesen Gedanken lief Harry ein eisiger Schauer über den Rücken. ,Reiß dich zusammen', ermahnte er sich. ,Noch bist du nicht tot!'
 

Hastig stopfte er seine wichtigsten Besitztümer - seinen Tarnumhang, den er von seinem Vater geerbt hatte, die Karte des Rumtreibers, die ihm die Weasley-Zwillinge hinterlassen hatten und seinen Feuerblitz, den schnellsten Rennbesen, welcher derzeit auf dem Markt war - seine Schulsachen und einige Klamotten in einen Koffer, der innen viel größer war, als er von außen wirkte. Erschöpft ließ er sich auf sein Bett sinken. Diesmal würde der Besuch im Fuchsbau wohl ausfallen.
 

Als es schließlich Abend wurde, sich alle schlafen gelegt hatten und Harry das donnernde und grollende Schnarchen seines Onkels und Cousins vernommen hatte, das eindeutige Zeichen für einen tiefen Schlaf beider, schlich er mit seinem Koffer in der rechten und Hedwigs Käfig in der linken Hand die Treppe hinab. Hedwig, die schaukelnd auf der Stange hin und her gewirbelt wurde, gurrte leise im Schlaf.
 

Den Zettel hatte Harry zwischen die Zähne geklemmt und ließ ihn nun auf den Esstisch gleiten, wo ihn seine Tante am nächsten morgen finden würde. Dann stieß er mit seinem Fuß die Tür auf und huschte hinaus.
 

Er war frei. Die kalte Luft, die um seine Haare strich verriet ihm die unendliche Freiheit, die ihn nun umgab. Dennoch war diese trügerisch und gefährlich. Denn in dieser Freiheit war er Voldemort schutzlos ausgeliefert. Hastig huschte er die leeren nächtlichen Straßen entlang. Wie sollte er den Fahrenden Ritter rufen? Letztes Mal wäre er beinahe von ihm überfahren worden. Aber er hatte ihn nicht absichtlich gerufen, er war einfach aus dem Nichts aufgetaucht. Harry beschloss, dass einzig vernünftige zu tun, er streckte seinen Daumen aus, wie es ein Tramper machen würde. Nichts geschah. Sofort begann er in seinem Koffer zu wühlen bis sein Zauberstab zum Vorschein kam. Vorsichtig, damit er keine Funken sprühte und seine Sachen ansengte, entknotete er ihn aus seinen Klamotten. Dann streckte er seinen Arm samt dem Stab aus und wedelte ihn hin und her.
 

Ein lauter Knall ertönte und der purpurne Fahrende Ritter kam mit kreischenden Reifen vor ihm zum stehen. Geblendet von den grellen Scheinwerfern hielt Harry die Hände vor das Gesicht. Freude durchflutete ihn. Er hatte es geschafft. Nun würde er bald Sirius wiedersehen. Stan, der Schaffner stieg aus. Er sah kaum noch so aus, wie ihn Harry vor zwei Jahren kennen gelernt hatte. Unverkennbar waren noch immer seine großen, abstehenden Ohren, doch da wo vor wenigen Jahren sein Gesicht noch hinter Pickeln versteckt war erkannte Harry nun ein freundliches Lächeln. "Na, wen haben wir denn da? Wenn das nicht unser Neville ist, äh, ich meine Harry Potter. Bist ganz schön groß geworden. Wo möchtest du denn diesmal hin?" Harry sammelte seinen Koffer und den Eulenkäfig vom Boden auf, stieg an Stan und Ernie, dem Fahrer, vorbei in den Bus und sagte: "Wieder nach London, in die Winkelgasse. Bin dort verabredet." Er drückte Stan elf Sickel in die Hand und suchte sich ein Bett. Dann streckte er sich müde aus. Noch ehe Stan ihn nach einer heißen Schokolade und einer Zahnbürste seiner Wahl fragen konnte, war er eingeschlafen.
 


 

Das Licht war aus, als er aufwachte. Verwirrte und verschlafene Stimmen drangen an sein Ohr. "Was ist denn los?" hörte er eine Frau neben sich fragen. Jemand anderes rief: "Warum geht's denn nicht weiter?" Harry rappelte sich auf und sah aus dem Fenster. Dort konnte er genauso viel sehen wie im Bus, nämlich gar nichts. Es war stockdunkel. Er wartete ein wenig, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und ging dann zu Stan nach vorne. Dieser diskutierte heftig mit Ernie Prang. "Das kann doch nicht wahr sein. Das ist mir noch nie passiert", hörte er Stan leise flüstern. "Was ist noch nie passiert", fragte Harry. Stan fuhr erschrocken herum. "Oh, Harry, ähm, was soll passiert sein? Nichts ist passiert. Gar nichts. Alles in Ordnung. Leg dich wieder hin, wir fahren gleich weiter. Sind kurz vor London." Harry ließ nicht locker. "Warum haben wir dann angehalten?" Stan kratzte sich verlegen am Kopf. "Ähm, ach weißt du, ich musste mal kurz für kleine Zauberer." Harry runzelte die Stirn, ging jedoch wieder nach hinten. Für wie dumm hielt Stan ihn, dass er ihn mit so einer Antwort abspeisen wollte.
 

Harry hatte eine Gruppe von Zauberern erreicht, die sich aufgeregt unterhielten. Einer von ihnen hatte anscheinend mitbekommen, was vorgefallen war, und war nun heftig am erzählen.
 

" ... da hörte ich, wie Ernie zu Stan rief, dass etwas mit dem Wagen nicht stimme.
 

Er trudelte hin und her und ich wurde beinahe zu Boden geschleudert, hätte ich mich nicht sofort irgendwo festgehalten. Stan kam zu Ernie gerannt und der Fahrer erklärte ihm, dass der Bus von alleine steuern würde und sie von der Bahn abgekommen seien." Harry horchte auf. Sie waren vom Weg abgekommen? Hoffentlich steckte da nicht Voldemort dahinter. Vielleicht hatte er ihn ausfindig gemacht und versuchte nun Harry samt dem Bus zu entführen. Panik überkam ihn. Er versuchte sich zur Ruhe zu ermahnen. Es gab sicherlich eine ganz logische Erklärung. Wahrscheinlich hatte eine Windbö den Bus getroffen und aus der Bahn gepustet. Oder Ernie war kurz hinterm Steuer eingeschlafen und ist vom Kurs abgewichen.
 

Stans Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. "Keine Panik, meine Damen und Herren. Wir fliegen sofort weiter. Bitte nehmen Sie wieder ihre Plätze ein, es wird etwas holprig." Harry spürte schon den Kloß im Hals. Wenn Stan sagte, es werde ,holprig', dann konnte man sicher sein, dass er damit nicht den üblichen Fahrstil meinte. Harry klammerte sich so fest er konnte an die nächstbeste Eisenstange und biss die Zähne zusammen. Dann tat der Bus auch schon einen Hüpfer und war wieder in der Luft. Harrys Befürchtungen waren noch nicht einmal im Ansatz so schlimm wie die Wirklichkeit. Es war nicht nur holprig, im Bus herrschte sozusagen Totalchaos. Wo die Insassen normalerweise mit ihren Füssen auf dem Boden gestanden hätten, flogen sie nun quer durch den Bus. Wer das Pech hatte, Stans Rat nicht genauso wie Harry beherzigt zu haben, flog schon mal in die nächste Ecke und wieder zurück. Alle anderen, die etwas zum festhalten gefunden hatten, wurden wild durcheinandergeworfen, dass man nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit sagen konnte, dass die Gliedmassen, die man da vor sich sah, auch wirklich seine waren oder die des Nachbarn. Und plötzlich setzte der Bus, unter lautem Bersten, wieder auf den Boden auf. Wieder hörte man Stan und Ernie erregt diskutieren. Dann drang abermals Stans Stimme zu den Passagieren. "Es tut uns Leid, aber die Fahrt ist zu Ende. Der Bus hat leider einen Defekt. Wir kommen nicht mehr vom Erdboden weg. Ich möchte Sie bitten auszusteigen." Aufgebrachtes Gemurmel machte sich breit. "Was soll denn das?" "Wie komm ich den jetzt nach London?" "Dann will ich aber den Fahrpreis zurückerstattet haben!" Harry kämpfte sich durch die wütende Menge und hielt auf Ernie zu. "Was ist denn passiert?" Ernie schüttelte traurig den Kopf. "Ich kann es nicht fassen. Er gehorcht mir nicht mehr. Hat mir die Freundschaft verweigert. Zwölf lange Jahre hat er treu gearbeitet, doch plötzlich hat er keine Lust mehr zu fliegen. Er möchte nun in den Ruhestand, sagt er. Is nich zu fassen!" Ernie seufzte. "Ich wollte ihn überreden, wenigstens die Route noch zu ende zu fliegen, doch er weigert sich." Harry setzte vorsichtig an: "Äh, meinen Sie den Bus?" "Natürlich, wen denn sonst."
 

Harry ging verwirrt zurück und ließ den Fahrer mit seinem Bus allein. Er hörte noch, wie er das Funkgerät griff und hinein rief: "SOS. Wir sind gestrandet. Sitzen kurz vor London fest. Erbitte einen Buspsychologen."
 

Harry begann seinen Koffer und Hedwig zu suchen. Mit Erleichterung stellte er fest, dass sein Gepäck noch vollständig war und er nicht das Pech, wie einige andere hatte, dass sein Koffer aufgesprungen war und der Inhalt sich im Bus verstreut hatte. Hedwig kreischte zornig und riss an ihren Gitterstäben. Schnell öffnete Harry die Tür und seine Schleiereule verschwand wütend aus dem Bus in die schwarze Nacht hinaus. Harry folgte ihr. Der Bus war auf einer einsamen Bergstraße gelandet. Links von dem Wagen fielen die Felsen steil ab und endeten in einer Schlucht, während sie sich rechts immer weiter in den Himmel erhoben. Tief atmete er die kühle Luft ein. Ein schwerer Stein war von seinem Herz gefallen. Es war nicht Voldemort gewesen, der die Fahrt unterbrochen hatte. Nur ein alter störrischer Bus. Aber wie ging es nun weiter? Wie sollte er nun nach London kommen? Er drehte sich zu Stan und fragte: "Sind wir hier in der Zauber- oder der Muggelwelt?" Stan sah in den Himmel, schnupperte, die Nase in die Luft gereckt und sah auf seine Uhr. "Ich schätze mal, wir sind kurz vor London gelandet - in der Zauberwelt. Wenn du weiter nach Westen gehst kommst du zur Winkelgasse." Harry überlegte. Hier gab es keine Muggel, die ihn sehen könnten. Es war zwar das Zaubern in den Ferien verboten, aber nicht das fliegen. Sogleich kramte er seinen Feuerblitz aus seinem großen Koffer und befestigte sein Gepäck daran. Dann schwang er sich darauf und stieg in die Luft. Doch das Gewicht des Koffers riss ihn wieder in die Tiefe. Fluchend landete er vor einer Hexe, deren strahlend grüne Augen spöttisch glitzerten. "Warum zauberst du dein Gepäck nicht leichter?" Harry richtete sich auf. Er seufzte. "Das kann ich nicht. Ich bin ein Schüler von Hogwarts und es ist verboten in den Ferien zu zaubern." Die Hexe lächelte. Sie trug einen langen eleganten Umhang, der sich sanft um ihre schlanke Figur wand. Ihre langen dunklen Haare tanzten im seichten Wind. "Wenn ich für dich zaubere, würdest du mir dann einen Gefallen tun?" Harry nickte verwirrt. "Du musst für mich in London eine Nachricht überbringen. Ich war dort morgen mit jemandem verabredet, wollte aber vorher noch etwas erledigen. Da der Bus nun streikt werd ich wohl länger brauchen." Harry überlegte. "Wie soll ich die Person denn finden?" "Ach, das ist kein Problem. Ich geb dir einen Suchschreier mit." Harry zog es vor, nicht zu fragen, was denn ein Suchschreier wäre. Trotzdem hoffte er inständig, dass es keine Ähnlichkeit mit einem Heuler hatte. Er versuchte schließlich nicht aufzufallen. "Könnten Sie mir Ihren Namen verraten? Falls man mich fragt, von wem die Nachricht stammt." Die Hexe lächelte erneut und entblößte dabei ihre strahlend weißen Zähne. Sie war wirklich sehr hübsch und nett noch dazu. "Mein Name ist Arabella, Arabella Figg." Harry hüpfte aufgeregt von seinem Besen. "Sie ... Sie sind Arabella Figg? Kennen Sie einen Remus Lupin und Sirius Black?" Wieder lächelte die Hexe. "Klar kenn ich die, Harry." Der Junge stutzte. "Woher wissen Sie, wie ich heiße?" Sie zeigte auf seine Stirn. Natürlich, wer kannte nicht dieses charakteristische Brandmal auf der Stirn des Jungen, der dem mächtigsten Zauberer trotzte. "Ich wollte mich mit Sirius in London treffen", fuhr Arabella fort. "Wir wollten gemeinsam zu unserem alten Freund Remus... Ich wusste ja nicht, dass du Black und Lupin kennst. Dann hat sich das mit dem Schreier ja erledigt." Sie zwinkerte ihm zu. "Ist auch besser so. Die heißen nicht umsonst Schreier."
 

"Ich bin auch mit Sirius verabredet. Er ist mein Pate", sprudelte es aus Harry heraus. Die Hexe wedelte mit ihrem Zauberstab und deutete dann auf Harrys Koffer: "Minolius!" Das Gepäckstück hoppelte wenige Meter über die Straße und blieb dann liegen. "Is nich wahr", sprach Arabella ruhig weiter. "Dein Pate? Na dann machst du ja keinen Umweg, wenn du ihm die Nachricht überbringst." Sie stockte, betrachtete Harry noch einmal und schubste ihn dann auf seinen Besen. Dann holte sie seinen Koffer und Hedwigs Käfig und befestigte die Sachen. "Und nun hopp. Flieg, kleiner Potter. Sag Sirius, dass ich nachkomme. Ich schau nur noch bei einem alten Freund vorbei. Er braucht nicht auf mich zu warten. Ich komme direkt zu Remus." Mit einem ,Plopp' war sie disappariert. Harry starrte noch immer verwirrt auf die Stelle, wo die Hexe eben noch gestanden hatte. Ein alter Kämpfer, hatte Dumbledore sie genannt. Was er wohl damit gemeint hatte? Dann schwang er sich auf seinen Besen, den leichten Koffer und Hedwigs Käfig im Schlepptau und sauste in die dunkle Nacht, der Winkelgasse entgegen, wo sein Pate schon auf ihn warten würde. Harry freute sich schon, von einem großen schwarzen Hund in Empfang genommen zu werden.
 

Hedwig flatterte schnatternd neben ihm her. Sie war ihm nicht mehr böse, dass sie im Bus hin und her geschleudert worden war. Harry kraulte sie mit einer Hand liebevoll über die Federn und sie stupste ihn freudig zurück.
 

Den Wind zwischen den Haaren und die Sorgen im Genick flog er immer höher, bis die Straße unter ihm verblasste. Nun war Harry wirklich frei.
 

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A/N: Ich weiß, ich weiß. Die eigentliche Arabella Figg ist eine etwas ältere Dame. Ich hab mir aber erlaubt, eine andere Person aus ihr zu machen. Sie hat nichts mit der Katzen-Omi aus der Nachbarschaft der Dursleys zu tun. Und glaubt mir, ihr ahnt nicht im entferntesten, was ich mit ihr vorhab *gg* Im Part 2 erfahrt ihr mehr...

Halluzinationen

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Tatatata, tralala, die Feary ist mal wieder da, mit dem fünften Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch bisher. Und wehe, wenn nicht! *lol*

Viel Spaß und Freude.
 

chapter 4: Halluzinationen
 

Harry erkannte die Winkelgasse schon von weiten. Vor seinem dritten Schuljahr, als er im Fahrenden Ritter vor den Dursleys geflüchtet war, da er Tante Magda an die Decke gezaubert hatte, hatte er sich ein Zimmer im Tropfenden Kessel genommen und seine restlichen Ferien in der Winkelgasse verbracht. Damals hatte er die belebte Einkaufsstraße der Zauberer zum ersten Mal gründlich erforschen können.
 

Schon von weitem erkannte er die bunten Lichter von Florean Fortescues Eissalon, wo er viele Stunden verbracht und seine Hausaufgaben erledigt hatte. Bald sah er auch die roten Lichter seines Lieblingsladens Qualität für Quidditch aufleuchten.
 

Er vollführte einen gekonnten Looping bevor er vor Flourish & Blotts landete. Endlich da. Trotz Hindernisse hatte er sein Ziel erreicht. Seinen leichten Koffer und den Eulenkäfig in der linken und den Rennbesen in der rechten Hand sah er sich suchend um. Keine Spur von einem schwarzen Hund. Die dunklen, nur von einzelnen bunten Lichtern erhellten, Straßen waren menschenleer. Vielleicht war Harry zu früh. Oder zu spät.
 

Nein - Sirius würde auf ihn warten!
 

Ein Tapsen hinter ihm ließ ihn herumfahren. In freudiger Erwartung einen schwarzen Hund zu erblicken hielt er fassungslos inne. Seine Lippen bewegten sich ungläubig, aber es drang kein Ton aus seinem Mund. Zu sprachlos, um ein Wort zu sagen und bewegungsunfähig, um sich zu rühren, starrte er der Gestalt, die vor ihm stand, entgegen. Ohne es zu bemerken, rannen kleine Tränen seine Wangen hinab. Vorsichtig streckte er seine zitternde Hand nach dem Wesen vor ihm aus. Er wollte es berühren, sicher sein, dass es wirklich da war. Nicht nur ein Bild seiner Einbildung. Ein Wunsch, ein Traum. "Vater?" drang ein leise heisere Stimme aus seiner Kehle. Sie hörte sich fremd an, aber sie strahlte die sehnsüchtige Hoffnung aus, die Harry nun empfand, als er dem silbernen Hirsch gegenüber stand. Krone. James Potter, Harrys Vater war ein Animagus, ein Zauberer mit der Fähigkeit sich in ein Tier zu verwandeln. So wie Sirius sich in einen Hund verwandeln konnte und Rita Kimmkorn in einen Käfer. Doch all diese Fakten waren nun nebensächlich. Viel wichtiger war - war dies nur einen Halluzination?
 

,Bitte nicht!' flehte Harry innerlich. Seine Hand näherte sich immer mehr der Schnauze des majestätischen Hirsches. "Vater?" fragte er abermals. Der Hirsch nickte. Dann berührte Harry das Tier und es zerrann unter seinen Fingern. Die Enttäuschung riss ihn in die Knie. Stumme Tränen fielen herab und hinterließen dunkle Flecke auf der Erde. Zorn stieg in ihm auf. Mit geballter Faust schlug er auf den Boden. "Nein!" schrie er in die Nacht hinaus und vergrub sein Gesicht in den Händen. Hedwig landete auf seiner Schulter und zupfte ihn tröstend am Ohr. Harry bemerkte sie nicht. Zu sehr im Schmerz begraben realisierte er nicht einmal, dass sich ein kleiner schmächtiger Mann ihm näherte. Er hatte ein hübsches Gesicht, kurze braune Haare und trug eine Brille. Seine Augen strahlten in einem intensiven munteren dunkelbraun und sein Umhang leuchtete in einem kräftigen schwarzblau und war mit mehreren Abzeichen verziert.
 

Mundungus Fletcher hatte den verzweifelten Schrei des jungen Potters vernommen und war sofort herbeigeeilt. Er ließ sich zu dem Jungen nieder und schob vorsichtig seine Hände aus dem Gesicht. Aus tränenverlaufenen Augen musterte der Junge den Fremden beiläufig. "Wer...?" setzte Harry an, doch seine Stimme versagte. "Mein Name ist Mundungus Fletcher. Ich bin ein Freund von Sirius. Er hat mich vorausgeschickt, um dich zu empfangen, da er sich ein wenig verspäten wird." Er half dem verwirrten Jungen auf und reichte ihm ein Taschentuch, welches er aus seiner leeren Hand gezaubert zu haben schien. Doch Harry hatte einfach keine Lust sich jetzt zu wundern. Hastig wischte er sich die Tränen weg und putzte sich die Nase. Dann atmete er tief durch und sagte: "Danke." Mundungus ließ ihn noch ein wenig in Ruhe ehe er fragte: "Was ist denn passiert, Harry? Du bist kreidebleich." Harry zuckte müde mit den Schultern. "Ich dachte, ich hätte etwas gesehen." Er versuchte gelassen zu klingen, doch seine Stimme erreichte das Gegenteil. Er beschloss am besten den Mund zu halten bis er sich wieder beruhigt hatte. Doch ihm brannte eine Frage auf den Lippen. "Wo ... wo ist Sirius denn?" Der Mann, der indes in seinen Taschen gewühlt hatte, holte nun eine Tafel Schokolade heraus und gab sie Harry. Dieser nahm sie dankend und biss ein großes Stückchen davon ab. Sofort kribbelte eine Welle der Wärme durch seinen Körper und erfüllte ihn mit neuer Kraft, die ihm der anstrengende Flug gekostet hatte. Mundungus sah Harry belustigt zu, dann erzählte er: "Sirius wollte noch etwas besorgen." Er senkte seine Stimme und flüsterte nun: "Ein Geschenk für dich. Zum Geburtstag." Er zwinkerte Harry freundschaftlich zu. "Das weißt du aber nicht von mir." Harry nickte schnell. "Aber, er hat mir doch schon etwas geschenkt", warf er ein. "Außerdem hat er mir letztes Jahr erst einen Feuerblitz geschenkt. Das reicht noch für die nächsten zehn Jahre." Fletcher schmunzelte. Dann packte er Harry an der Schulter und zog ihn hinter sich her. Sie hielten auf den Tropfenden Kessel zu. "Wir werden uns beim alten Tom ein Zimmer nehmen und auf Sirius warten. Inzwischen kannst du mir ja erzählen, wie du hierher gekommen bist. Ich hörte der Fahrende Ritter wolle in Rente gehen und hat euch mitten auf einer Bergstraße die Dienstleistung verweigert." Er lachte. Harry kam nicht drum herum auch zu lächeln. Er mochte den Mann. Er war Sirius und Lupin so ähnlich. Ihm konnte er sicher vertrauen.
 

Während Mundungus für sie beide eine Zimmer reservierte sah Harry noch mal die einsame nächtliche Straße hinab. Nirgends sah er ein silbernes Schimmern oder die Spitzen eines mächtigen Geweihs. Hatte er sich tatsächlich alles nur eingebildet? War er vielleicht nur wenige Minuten eingeschlafen und hatte alles geträumt? Traurig wandte er den Kopf wieder der Theke zu. Mundungus hatte inzwischen einen Schlüssel erhalten und winkte Harry ihm zu folgen. Gemeinsam stiegen sie die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf.
 


 

Harry hatte einst in einem ähnlichen Raum gehaust. Diesmal war der Wohnraum größer und geräumiger. Es gab ein Bett und eine Coach. In der Ecke hinter der Tür hing ein Spiegel, der leise schnarchte, jedoch hoch schreckte als die Besucher das Zimmer betraten. "Meine Jüte, seid ihr laud! Könn ihr nich su ner christlichn Seit antanzen. 'S mitten inner Nacht", nuschelte er verschlafen. Dann begann er wieder zu schnarchen. Mundungus grinste und wies Harry an, dass Bett zu benutzen. Er selbst legte seinen Umgang ab und schmiss sich auf die Coach. Harry warf seinen Umhang über den Stuhl, legte seine Brille auf einen kleinen Nachtisch und kuschelte sich tief in die warmen Decken. Mit einem letzten Gedanken an den silbernen Hirsch schlief er ein.
 

Mundungus lag noch lange wach. Er fand keinen Schlaf. Immer wieder wälzte er sich unruhig umher bis er es nicht mehr aushielt. Leise zog er seinen Umhang über und schlich die Treppen zur Bar hinab. Sogar zu früher Stunde war hier schon, oder immer noch, Betrieb. Etliche Gestalten saßen an Tischen oder an der Theke, pafften Zigarre oder tranken Bier. Mundungus schaute sich nach einen freien Tisch um und setzte sich. Als ein Wirt kam, bestellte er ein Butterbier und eine Dracheneiersaftsuppe mit Brot.
 

Nach einiger Zeit, er hatte längst aufgegessen und sein Bier und zwei weitere getrunken, betrat ein dunkelhaariger hagerer Mann die Bar des Tropfenden Kessels und setzte sich zu ihm. "Ich grüße dich, alter Freund", begrüßte Mundungus ihn. "Wie lange ist es her?"
 

"An die fünfzehn Jahre", erwiderte sein Gegenüber. Die beiden ungleichen Männer umarmten sich und klopften sich auf die Schulter. Dann bestellte Fletcher zwei weitere Butterbier und vertiefte sich mit seinem Freund in ein Gespräch. Die Stunden vergingen und draußen begann der Morgen zu grauen. Die Sonne erwachte langsam aus ihrem Schlaf und übergoss die Winkelgasse mit morgendlicher Friedlichkeit. Erst in wenigen Stunden würden die ersten Zauberer eintrudeln, um ihre Einkäufe zu erledigen. Noch war Zeit, überlegte Mundungus. Würden sie kommen?
 

"Was meinst du, Sirius", wandte er sich wieder seinem Gesprächspartner zu. "Ob sie sich heute noch einmal blicken lassen?" Sirius schob sein leeres Glas von sich und sah seinem Freund in die Augen. "Weiß es Harry schon", fragte er stattdessen. Fletcher sah zu Boden. "Nein, ich konnte es ihm nicht sagen. Ich bin ein Fremder für ihn. Er würde mir nicht glauben. Ich dachte, ich überlass es dir. Du bist sein Pate. Er hat dich sehr gern." Sirius lächelte. "Ja, ich weiß. Ich hab ihn auch sehr gern. Er ist ein so tapferer kleiner Bursche. Manchmal hab ich das Gefühl, ihm kann keiner von uns so richtig das Wasser reichen. Dieser Tatendrang, dieser Mut und nicht zu vergessen sein Sinn für Gerechtigkeit. Er kommt wahrlich nach James." "Aber was seine Art angeht, seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, dass hat er von Lily", meinte Mundungus überzeugt. Black nickte und wechselte wieder das Thema. "Er hat ein Recht es zu erfahren. Ich sag es ihm bald."
 

"Was willst du mir sagen?" tönte es von der Treppe. Harry war inzwischen aufgewacht und nachdem er Mundungus nicht im Zimmer vorgefunden hatte, hatte er sich auf die Suche nach ihm begeben.
 

Sirius und Mundungus fuhren erschrocken herum. Sirius lächelte, Mundungus schien überrascht und verlegen. Harry konnte nicht anders. Stürmisch stürzte er auf seinen Paten zu und umarmte ihn heftig. Dieser lachte ausgiebig. "Morgen Harry", begrüßte er ihn und schob ihn ein wenig von sich, um wieder Luft zu bekommen. "Schön dich zu sehen." Er lächelte. Seine Wangen waren nicht mehr ganz so eingefallen wie beim letzten Treffen. Auch hatte er wieder ordentliche Farbe im Gesicht. "Nun erzähl doch mal, wie es dir ergangen ist. Mungo erzählte mir, der Fahrende Ritter hätte gestreikt." Harry hob fragend eine Augenbrauen. "Mungo?" Mundungus lachte. "Das ist mein Spitzname. Mungo, wie das kleine frettchenartige Tier, welches zur Unterfamilie der Schleichkatzen gehört und Giftschlangen töten kann." Sirius grinste und erklärte stolz: "Und er hat seinen Spitznamen nicht von ungefähr. Er hat den ollen Slytherin-Schlangen zu seiner Zeit in Hogwarts das Fürchten gelehrt." Harry betrachtete Mungo. Er konnte sich das gar nicht vorstellen. Im Gegensatz zu Sirius, bei dem Harry sich das durchaus ausmalen konnte, war Mungo klein und schmächtig. Sein freundliches und bebrilltes Gesicht wirkte eher wie das eines Gelehrten oder eines Strebers. Er sollte den Slytherins das Fürchten gelehrt haben? Schwer zu glauben. Sirius erzählte weiter. "Er war damals auch in Gryffindor wie du und ich. Eine Klasse über Remus, James und mir. Er war ein großes Vorbild. Wir haben ständig versucht ebenfalls seine Größe zu erreichen." Mungo winkte verlegen ab. "Ist er auch ein Animagus?" fragte Harry. Sirius schwieg, doch Mungo antwortete. "Nein, wenn du denkst, dass ich mich in einen Mungo verwandeln könnte, dann muss ich dich enttäuschen." Er grinste. "Ich war, wie Sirius schon erwähnte, eine Klasse über den dreien. Ich wusste nichts von Lupins Identität als Werwolf, ebenso wenig wie ich von ihrem Freundschaftsschwur, sich für ihren Freund in Animagus zu verwandeln, wusste." Er schwieg einen Moment und warf Sirius einen stolzen Blick zu. "Ich finde, schon allein durch diesen Freundschaftsbeweis haben sie vielmehr Größe als ich erreicht." Sirius errötete und vergrub sein Gesicht hinter einer Speisekarte. "Harry, du hast doch sicher Hunger. Was möchtest du denn frühstücken. Wir brechen nach dem Essen gleich auf und reisen zu Lupin. Zwischendurch werden wir keine Gelegenheit mehr zum Essen haben." Harry bestellte sich ein ausgiebiges Frühstück und erzählte den anderen schließlich, wie der Fahrende Ritter sich sträubte weiter zu fliegen, wie er Arabella Figg getroffen hatte und dann mit dem Feuerblitz zur Winkelgasse geflogen war. Schließlich erhoben sie sich vom Tisch und packten die wenigen Sachen zusammen, die sie gestern im Zimmer verstreut hatten. Jetzt fiel Harry zum ersten Mal auf, dass Mungos Umhang eine ganz andere Farbe hatte als letzte Nacht. Nun strahlte er in einem freundlichem himmelblau mit weißen Flecken wie Wolken. Diese Färbungen erinnerten Harry stark an die verzauberte Decke im großen Saal von Hogwarts. Dort sah die Decke jeden Tag verschieden aus, so wie der Himmel, der sich außerhalb der Schlossmauern zeigte und jeden Tag sein Aussehen wandelte.
 

Harry warf dem Spiegel, der abwechslungsweise einmal schwieg, einen Blick zu. So einen würde er gerne Dudley schenken. Er konnte sich schon ausmalen, wie der Spiegel ihn jeden morgen beschimpfen würde. "So etwas hässliches und fettes wie dich hab ich ja noch nie gesehen." "Was für ein Elefantengesicht." "Hilfe, du lässt mir ja gar keinen Platz mehr in meinem eigenen Spiegel. Dein Gesicht füllt meine ganze Fläche aus - ich ersticke! Uuuaaargh." Harry grinste. Über so ein Geschenk könnte man glatt mal nachdenken. Apropos Geschenk: Hatte Sirius sich nicht verspätet, weil er für Harry noch ein Geschenk besorgen wollte? Er schaute sich nach Sirius um, der mit Mungo in einer Ecke erneut ins Gespräch vertieft war. Harry erinnerte sich, wie Sirius vorhin zu Mundungus meinte, dass er ihm, Harry, etwas sagen wolle. Was könnte das gewesen sein? Ein Geheimnis? Eine Überraschung?
 

"Harry, steh da nicht so rum", ermahnte ihn Sirius. "Wir haben nicht so viel Zeit. Mach dich nützlich und pack deine Sachen." Harry salutierte mit ernster Miene vor seinem Vormund (Aye aye, Käpt'n!) und verschwand dann grinsend hinter seinem Bett, wo er seine restlichen Sachen zusammenkratzte.

Sirius würde es ihm schon erzählen, wenn er es für richtig hielt.
 

Sie hatten den Gasthof kurz darauf verlassen und sich auf den Weg durch die Winkelgasse gemacht. Sie waren, vorbei an der Nokturngasse, in eine, Harry unbekannte, Straße eingebogen, die ihm vorher noch nie aufgefallen war. Hier gab es nur wenige Geschäfte; nur hier und da blinkte ein Leuchtschild auf. Harry las: Mildra's Kamikaze-Boutique oder Gogergero's Muggelland. Darunter prangte ein kleines zerknittertes Schild worauf stand:
 

Wie benehme ich mich unauffällig unter Muggeln?

Hier finden sie garantiert die passende Kleidung, die es ihnen ermöglicht unauffällig die Welt der "Nichtmagischen" zu erkunden.

Auch geeignet für Faschings-Parties!
 

Harry konnte ein abfälliges Lachen nicht unterdrücken. Mungo und Sirius sahen ihn fragend an. Harry erklärte: "Mit diesen Klamotten fällt man garantiert in der Muggelwelt auf. So zieht sich kein normaler Mensch an. Höchstens zu Halloween und das ist nur einmal im Jahr." Mungo sah enttäuscht in das Schaufenster. "Also, ich find sie eigentlich recht hübsch." Harry übernahm schnell die Führung, damit keiner sah, dass er fast an einem Lachkrampf erstickte.
 

Nach einiger Zeit, Harry kam es wie eine Ewigkeit vor, erreichten sie endlich ein Haus und Mungo befahl ihnen stehen zu bleiben. "Hier ist es." Harry sah an dem Gebäude empor. Es war ziemlich alt und heruntergekommen. Auf einem Schild, welches nur noch von einem Nagel an der Wand gehalten wurde und dementsprechend schief hing, konnte man lesen: house of journey. "Haus der Reise?" las Harry verwundert vor. Mungo trat an ihm vorbei durch die Tür. "Folgt mir!" Sie folgten.
 

Innen sah es sogar noch schäbiger aus als man außen vermutet hätte. Der Boden war staubig und mit etlichen Fußabdrücken versehen, als würde man hier täglich ein und aus gehen, sich aber um die Unordnung nicht scheren. Vereinzelte Möbelstücke lagen auf dem Fußboden verstreut. Die Tapete, wo noch welche an der Wand ihr Dasein fristete, war schmuddelig oder hing in Fetzen herab. Die Gardinen waren dermaßen vergilbt, dass man die frühere Farbe nur noch mit sehr viel Fantasie vermuten konnte und die Luft roch, als wäre sie hundert Jahre alt. "Ähm, hübsch", meldete sich nun wieder Harry zu Wort. Er versuchte verkrampft einen Hustenanfall zu unterdrücken. Die staubige Luft nahm ihm schier den Atem und trieb ihm die Tränen in die Augen. "Und was machen wir hier?" Mungo sah ihn stirnrunzelnd an. "Natürlich reisen. Heißt ja nicht umsonst so." Harry drehte sich suchend im Kreis. Er konnte beim besten Willen keine brauchbare Reisemöglichkeit erkennen. Nicht mal einen Kamin für Flohpulver. "Und wie soll das gehen", fragte er weiter. "Sollen wir uns wegbeamen lassen?" Sirius fragte verwirrt: "Was ist denn wegbeamen?" Harry rollte mit den Augen. "Naja ... ähm, du kennst doch sicher Raumschiff Enterprise. Beam mich hoch Scotti." Harry sah, wie Sirius Mungo einen fragenden Blick zuwarf. "Ach, das ist doch jetzt auch egal", winkte er ab. "Ich will lieber wissen, wie du gedenkst hier wegzukommen."
 

Mungo trat an ihm vorbei und zog mit seinem Fingern einen großen Kreis in den Staub. Dann zog er seinen Zauberstab und rief mit tiefer hallender Stimme "Blaster!".
 

Der gesamte Staub in dem Kreis wurde hinfort geblasen und gab den Fußboden frei. Unter der dicken Schmutzschicht kam ein Muster zum Vorschein. Die verschlungenen Linien erinnerten Harry an viele ineinander verworrene Schlangen oder Würmer. Sirius trat in den Kreis und stellte sich auf ein Symbol; es sah aus wie eine Flamme. Dann rief er Harry zu sich und zeigte ihm, wohin er sich stellen sollte. Schließlich trat auch Mungo hinzu und hob erneut seinen Zauberstab. Auch Sirius hatte seinen gezückt und gemeinsam riefen sie einen Zauberspruch. Die Worte klangen schwer und grollend. Die Laute erfüllten den ganzen Raum mit Echos. Sofort begann sich die Bodenverzierung zu regen und zu schlängeln. Die schwarzen Lilien wurden lebendig und schlangen sich um ihre Beine. Harry stolperte erschrocken zurück, doch da seinen Füße bereits gefesselt waren wäre er garantiert gefallen hätte Sirius ihn nicht blitzschnell gepackt und beruhigt, dass alles in Ordnung sei und er keine Angst zu haben brauche. Misstrauisch beobachtete Harry die Ranken, welche immer höher kletterten bis sie schließlich an seinen Oberschenkeln stoppten. Gleich darauf setzte ein jäh aufflauender Wind ein, der an ihren Kleidern riss und sie umzustoßen drohte. Dann kamen die Flammen. Beinahe wäre Harry wieder vor Schrecken umgekippt, doch er besann sich rechtzeitig und starrte dem Feuer nur entsetzt entgegen. Es hatte sie inzwischen vollständig eingekreist; genauer gesagt verlief es genau auf der Außenlinie des Kreises, die an den Staub grenzte. Noch verwunderter war Harry, als er zu frieren begann. Die Flammen waren keineswegs heiß, sondern erinnerten eher an einen Schneesturm, der um sie tobte. Die beschwörenden Worte hallten noch immer durch den Raum. Doch Harry vernahm ein anderes fremdes Geräusch. Es klang wie ein Wispern und Rascheln. Er versuchte durch die Flammen zu spähen und erkannte eine silbernes Glitzern. Erstaunt wollte er vorstürzen, um mehr zu sehen, doch dann erinnerte er sich zu spät an seine Fesseln und fiel nach vorne. Diesmal war Sirius nicht schnell genug und er schlug hart auf den Boden auf. Die Ranken hatte er einfach mitgerissen. Fluchend rappelte er sich auf und erhaschte einen weiteren Blick durch die züngelnde Kälte. Eine schlanke hübsche Frau war eingetreten und musterte den Feuerzirkel traurig. Ihre Haut und ihre Haare leuchteten in einem hellen transparenten Silber. Die Gestalt wirkte nicht menschlich, eher wie ein Geist. Jedoch nicht so wie die Geister auf Hogwarts. Intensiver und leuchtender. Sie wirkten fast wie aus Fleisch und Blut. Ihre Blicke trafen sich und Harry spürte, wie sich sein Herz schmerzhaft zusammenkrampfte. Die Frau lächelte liebevoll und formte mit ihren Lippen vier kleine Worte. Dann wurde Harry von Mungo wieder auf die Beine gerissen und die Flammen wurden langsam höher und schlossen sich nun auch über ihren Köpfen zusammen. Auf der Flammenwand bildete sich allmählich eine Landschaft ab, zuerst nur nebelig, doch dann immer detaillierter. Plötzlich begann alles zu zerschwimmen und zu kreiseln und die drei Personen wurden mitgerissen. Harry verlor die Orientierung und ließ sich einfach fortziehen. Vor seinem inneren Auge sah er wieder die zierliche Frau. Sie lächelte und strich sich gedankenverloren durch ihr silbernes Haar.
 

Wir sind wieder da!
 

Harry hatte die Augen geschlossen.
 

"Ich weiß, Mutter,

ich weiß."

Geister

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 5: Geister
 

Harry rappelte sich benommen auf. Er war nicht gerade weich gelandet. Neben ihm stemmte sich nun auch Sirius auf. Mungo war aufrecht gelandet. Er schien schon Übung zu haben.
 

"Das haut mich jedes Mal wieder um", knurrte Sirius verärgert und warf Mungo, der sich nicht seine schmerzenden Knochen reiben musste, einen neidischen Blick zu. Harry sah sich rasch um. Sie waren nicht mehr in der Winkelgasse. Er war sich sogar sicher, dass sie nicht einmal mehr in London waren, nicht mal in Großbritannien. Sie waren auf einer großen Wiese gelandet. Der Himmel war bewölkt und ließ keinen Sonnenschein hindurch, weshalb die Landschaft grau wirkte. Sie waren umgeben von grünen Bergen, Wäldern und Ebenen. Die Wolken hingen tief und Harry hatte das Gefühl, dass sie zum Greifen nahe waren. Vor ihnen fiel die Fläche sanft ab und mündete in einem kleinen Talkessel. Unten erstreckten sich wenige kleine Dörfer, die dicht aneinander grenzten. Die vielen roten Dächer schienen weit entfernt. Und Harry war müde. "Müssen wir da runter?" fragte er vorsichtig. Zu seiner Erleichterung schüttelte Sirius den Kopf, drehte sich jedoch um und zeigte den Hang hinauf. Harry stöhnte. Dann doch lieber runter. Doch jammern half nicht, also liefen sie los, um noch vor Sonnenuntergang anzukommen.
 

Harry war sehr schweigsam. Er ließ noch einmal die Ereignisse der letzten Tage vorbei ziehen. Vor wenigen Tagen war noch alles in Butter gewesen. Alles war seinem täglichen Trott nachgegangen. Dudley hatte Harry verspottet, gehänselt, geärgert und zu Unrecht beschuldigt. Onkel Vernon hatte ihn beschimpft, bedroht und bestraft. Tante Petunia hatte ihn beleidigt, ihn in den Dreck gezogen und ihm dann heruntergemacht, dass er dreckig sei; genau wie seine Familie. Diese Zauberer. Eben wie immer.
 

Doch nun sah sich Harry in einer Krisensituation. Voldemort, sein schlimmster Albtraum, nebst den Dementoren, war hinter ihm her; er war auf der Flucht, wusste nicht, was aus ihm werden sollte, noch ob er seine Freunde und Hogwarts jemals wieder sehen würde. Außerdem zweifelte er langsam an seinem Verstand, denn seit kurzen sah er seine Eltern und sein Unterbewusstsein sagte ihm, dass dies keine Halluzinationen seien, während sein Verstand ihm ständig das Gegenteil beweisen wollte.
 


 

Sirius und Mungo waren endlich stehen geblieben und als Harry aufsah, wusste er sofort, dass sie angekommen waren. Vor ihnen türmte sich ein alter aber dennoch prächtiger Steinturm auf. Versteckt vor der Außenwelt, durch einen Wald, durch den die Drei seit der letzten halben Stunde gelaufen waren, bot dieser Turm genau den richtigen Unterschlupf für einen bissigen Werwolf. Harry spähte zum Himmel. Es war langsam dunkel geworden und die Sonne war bereits auf ihrem Weg hinter die Berge. Der Mond war jedoch nicht zu sehen. "Keine Angst, Harry", meinte Sirius, der seinen Blick zu deuten schien. "Heute ist kein Vollmond." Harry räusperte sich verlegen. "Ich .. äh... ich hab nicht nach dem Mond geschaut. Ich wollte nur ..." Er brach ab und räusperte sich noch einmal, drehte sich dann schnell um und lief als erster auf die große, in Stein eingelassene, Metalltür zu. Er hob seine Faust, hielt noch einmal inne und klopfte dann gegen das kalte Metall. Der melodische Ton drang tief in das Innere ein. Bald darauf vernahm Harry auch schon Schritte und das riesige Tor wurde aufgestoßen. Dahinter kam ein Mann zum Vorschein, der Harry sehr wohl bekannt war. Remus Lupin, vor zwei Jahren Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste an Hogwarts. Sein hellbraunes Haar war noch immer mit einigen grauen Strähnen versehen, was für sein junges Alter recht ungewöhnlich war, doch er sah wesentlich gesünder aus, als noch vor wenigen Jahren in Hogwarts. Seinen alten geflickten Umhang hatte er durch einen, Mungos ähnlichen, Umhang getauscht, der ebenfalls die Färbung des Himmels anzunehmen schien, doch während der Himmel draußen immer dunkler wurde, leuchtete Lupins noch in freundlichen etwas bewölktem Blau. Harry deutete fragend darauf und Lupin antwortete grinsend: "Läuft noch nach Sommerzeit." Dann umarmte er Harry, Sirius und Mungo der Reihe nach und bat sie herein. Drinnen schlug ihnen unerwartet eine Welle schwüler Luft entgegen, die im Gegensatz zu der frischen Luft außen fast erdrückend wirkte.
 

Harry warf seinen Kopf in den Nacken. Die Decke erstreckte sich etliche Meter über ihnen und lief in einem spitzen Dach zusammen. Abgesehen von der Höhe und einer schmalen Treppe, die sich an den Wänden spiralförmig in die Höhe wand, erinnerte dieser Bau kaum an einen Turm, denn in der Mitte prangte ein wahrer Urwald aus den verschiedensten Pflanzenarten. Während Mungo fasziniert seine Entdeckungsreise in den Jungle begann stand Harry einfach nur da und war sprachlos. Sirius erklärte: "Das ist eine Art Labor. Von hier nimmt Lupin seine Zutaten für Tränke und Gegenmittel. Hier forscht er auch nach einem Mittel, um den Werwolf in ihm zu bekämpfen.
 

Weiter im Inneren hält er sich auch einige Tiere von Hagrid."
 

"Oh nein", stöhnte Harry. "Aber doch hoffentlich keine Flubberwürmer oder knallrümpfige Kröter." Sirius lächelte. "Nein, diese Dinger kann nicht mal Lupin gebrauchen." Harry nickte zustimmend. "Die sind wirklich unnütz. Aber was meinst du mit weiter im Inneren?" Sirius machte eine ausladende Handbewegung. "Unter dem Turm erstreckt sich ein weitläufiges Kanalsystem, welches sich bis zu den Bergansätzen fortsetzt. Dort unten sperrt er sich dann auch zu Vollmond ein. Dort kann er niemanden verletzten und hat trotzdem seine Freiheit.
 

Komm ich zeig es dir."
 

Lupin war inzwischen voraus gegangen. Sirius und Harry beeilten sich ihm zu folgen. Mungo war noch immer zwischen dem Grün verschollen.
 

Sie erreichten eine schmale Falttür, die in den Boden eingelassen war und stiegen in die Unterwelt hinab. Unten war es erfrischend kühl. Vor ihnen erstreckte sich ein langer leerer Gang, der bald in ein labyrinthartiges Gebilde ausartete, in dem sich Harry ohne Führung hoffnungslos verirrt hätte. Schließlich erreichten sie eine Art Wohnraum. Lupin trat beiseite und ließ sie ein. Harry fand diese Wohnung auf Anhieb gemütlich. Sessel, Stühle, Tische, Schränke, Kommoden, Lampen und mehr ließen dieses Zimmer an nichts missen. Das einzige, was es von einem üblichem Haus unterschied, war das Tageslicht. Dies bekam man hier höchst selten zu Gesicht, nämlich nie.
 

Plötzlich fiel Harry etwas ins Auge. Es war ein Briefumschlag. Mit grüner Tinte konnte er seinen Namen lesen. In der oberen rechten Ecke prangte das Siegel von Hogwarts. Es war der Schulbrief, den er jedes Jahr erhielt und in dem die Materialien standen, die er für das Schuljahr besorgen musste. Irritiert hob er den Brief auf und öffnete ihn. "Woher mussten sie, dass ich hier bin, noch bevor ich hier bin", fragte er sichtlich verwirrt.
 

"Ich hab Dumbledore benachrichtigt, dass ich dich vorerst mit zu Remus nehmen werde", erklärte Sirius. "Ich hab ihm auch gleich von deinen Sorgen erzählt nach Hogwarts zurückzukehren. Dumbledore war richtig entsetzt von der Vorstellung dich von Hogwarts auszuschließen. In seinem Brief befiehlt er mir dich ohne Widerrede in deine Schule zu schleifen. Ansonsten..." Er zwinkerte Harry belustigt zu. "Ansonsten droht er mich in eine Ratte zu verwandeln. Und ich hasse Ratten. Diese kleinen, ekligen, biestigen, verlausten, verlogenen Viecher." Harry wusste, dass Sirius nichts gegen Ratten hatte, nur gegen einen speziellen Animagus, der sich in eine Ratte verwandeln konnte. Wurmschwanz. Einst ein Freund von Harrys Vater und Pate. Doch er hatte die Seite gewechselt und mit Harrys unfreiwilliger Hilfe den mächtigen Lord Voldemort verholfen zurück an die Macht zu gelangen. Und dabei hätte er Harry beinahe ebenfalls getötet.
 

"Diese kleinen, feigen, dreckigen, stinkenden, nutzlosen, widerlichen - ach erwähnte ich schon feige?" Remus nickte gelangweilt. "Oh, okay. Na jedenfalls sollte man sie alle ausrotten, oder noch besser - wir verbrennen sie, damit sie qualvoll sterben", fuhr Sirius gereizt fort. "Warum sollen sie nicht leiden, wie einst Lily und James leiden mussten?" Harry legte Sirius beschwichtigend den Arm um die Schulter. "Okay, du magst also keine Ratten und ich soll dieses Jahr wieder nach Hogwarts", fasste Harry zusammen. "Äh, ja, das ist die Kurzform", meinte Sirius und grinste verlegen. "Schön, aber was ist, wenn ich nicht zurück nach Hogwarts will? Was ist, wenn ich nicht will, dass weitere Schüler wegen mir sterben? Eins ist doch klar. Cedric ist nur meinetwegen gestorben. Wäre ich nicht an dieser Schule würde er noch leben und irgendwann würde er Cho heiraten und dann hätten sie viele Kinder und ..." Diesmal unterbrach Sirius seinen kleinen Freund. "Harry", sagte er ernst. "Du - bist - nicht - Schuld!
 

Du-weißt-schon-wer hat zu seiner Zeit sogar aus Spaß getötet. Um seine Ziele zu erreichen mussten viele Zauberer und auch Muggel ihr Leben lassen. Cedric ist ein tragisches Opfer unter vielen. Und es werden noch viel mehr folgen, wenn wir nichts gegen diesen Irren unternehmen." Harry ließ sich seufzend in einen tiefen Sessel sinken und sagte von da an kein Wort mehr.
 


 

Die Ferien neigten sich allmählich ihrem Ende entgegen und Harry hatte sich damit abgefunden zurück nach Hogwarts zu gehen. Zu seinem Ärger freute er sich sogar auf die Schule. Hogwarts war für Harry wie ein zu Hause, welches er nie besessen hatte. Er würde seine Freunde und Hagrid, den Wildhüter, wiedersehen und er würde wieder zaubern. Und dann war da noch Cho.
 

Mungo, Sirius, Lupin und Arabella Figg, die inzwischen ebenfalls eingetroffen war, waren die meiste Zeit unterwegs und nahmen Kontakt zu anderen alten Freunden, Kämpfern oder Verbündeten auf. Harry wusste nicht, was sie für Pläne schmiedeten. Aber eigentlich wollte er sich auch gar nicht erfahren. Er wollte nie wieder etwas mit Lord Voldemort zu tun haben. Doch das war unmöglich. Der Lord würde ihn bis an sein Lebensende jagen, damit er endlich Rache nehmen konnte. Aber was war mit Harry? Auch er wollte Rache. Für seine Eltern. Für Cedric. Für die vielen Menschen, die durch den Lord leiden mussten. Zum Beispiel Neville Longbotton und seine Eltern. Sie hatten es nicht verdient so grausam misshandelt zu werden. Und ihr Sohn hatte es nicht verdient ohne Eltern aufzuwachsen, in ständiger Gewissheit, dass sie noch lebten, ihn aber nicht erkannten. Das musste grausam sein. Harry stellte sich vor, wie es wär, wenn seine Eltern noch am Leben wären und ihn nicht erkennen würden. Wut stieg in ihm auf. Er hasste den Lord mehr als alles andere.
 

Einst war er der einzige Junge gewesen, der nichts von dem mächtigen Zauberer gewusst hatte, obwohl dieser eigenhändig seine Eltern umgebracht hatte und damit sein Leben zerstörte. Er hatte nicht verstehen können, warum ihn jeder fürchtete und kaum einer sich traute, ihn beim Namen zu nennen. Den Unnennbaren. Den Lord. Den Teufel in Person. Jetzt hatte auch Harry ihn fürchten und hassen gelernt. Auf eine grausame Art und Weise hatte er ihm gegenüber gestanden. Allein und hilflos und dennoch war er entkommen. Zum vierten Mal in seinem Leben. Und damit war er der Einzige. Nie war dem Mächtigem jemand straflos entkommen. Wieso um alles in der Welt gelang es gerade ihm? Harry, einem unerfahrenen Jungen, nicht einmal besonders schlau, wie Hermine oder zaubereibewandert wie sein Freund Ron, der in einer reinblütigen Familie aufwuchs. Als er dem Lord das erste Mal entkam, konnte er noch nicht einmal reden, von Zauberei verstand er nichts, nicht einmal die Bedeutung des Wortes. Damals starb seine Mutter für ihn, damit er lebte. Die anderen zwei Male war Voldemort nicht in der Lage ihm in seiner wahren Gestalt gegenüber zu treten. Der Kraft beraubt konnte Harry sich erneut retten. Doch vor wenigen Wochen war er am Rande seines Lebens angekommen und drohte ins Nichts zu fallen. Wieso hatte er entkommen können? Wieso hatte Voldemort mit ihm gespielt und ihn nicht lieber gleich erledigt? Wieso lebte Harry noch und Cedric nicht? War er wirklich mehr wert, nur weil er eine Narbe auf der Stirn trug und weil seine Mutter für ihn ihr Leben ließ? Nicht er war der Held. Stets hatten ihm andere das Leben gerettet. Wieso lebte er noch und Cedric nicht?
 

In Gedanken versunken bemerkte Harry nicht, wie sich zwei Gestalten ihm näherten.
 

In glänzendes Silber gehüllt traten sie näher. Harry schrak aus seinen Schuldgefühlen und wich erschrocken zurück. Die zwei Geister lächelten ihm traurig entgegen.
 

Harry, endlich sehen wir uns wieder, sprach die kleinere, zierlichere Person. Es war eine Frau mit langen silbernen Haaren. Harry richtete sich stockend auf und trat näher. Vorsichtig streckte er seine Hand aus, um die Frau zu berühren, wie er es einst bei dem Hirsch versuchte. Die Frau schüttelte den Kopf.
 

Nicht, du kannst uns nicht anfassen. Wir sind Geister.
 

Harry ließ enttäuscht die Hand sinken. "Seid ihr es wirklich, oder bild ich mir das nur ein?" fragte er die beiden vertrauten Wesen. Sie nickten und Harry atmete erleichtert auf. "Und..." begann er zögernd. " ... bleibt ihr jetzt bei mir?" seine Mutter sah traurig zu Boden und sein Vater antwortete:
 

Das geht nicht, Harry. Wir sind nur für kurze Zeit zurück, da durch eure beiden Zauberstäbe der Priori Incantatem ausgelöst wurde. Wir werden mit der Zeit verblassen und in den Himmel einkehren.
 

Nun erhob wieder seine Mutter das Wort.
 

Bis es so weit ist werden wir aber um dich sein und dich beschützen, wie wir es die letzten vierzehn Jahre nicht konnten.
 

Sie lächelte mütterlich und fuhr ihm durch sein strubbeliges Haar, welches er von seinem Vater geerbt hatte. Harry spürte eine prickelnde aber wohltuende Kälte über seinen Kopf ziehen. Am liebsten hätte er seine Eltern auf der Stelle umarmt, doch er hielt sich zurück, da er wusste, dass er sie nicht anfassen oder spüren konnte. Nur Kälte.
 

Doch selbst das konnte seine Freude in diesen Momenten nicht bremsen. Er sah seine Eltern wieder, stand ihnen leibhaftig gegenüber. Er kannte sie bisher nur von Bildern und dem Spiegel Nerhegeb, der ihm seine sehnlichsten Wünsche zeigte. Nun aber konnte er mit ihnen reden. Sie waren zusammen, endlich vereint. Wenn auch nur für kurze Zeit. Jetzt hatte er endlich die Gelegenheit sie kennen zu lernen.
 

Die Stunden verstrichen wie im Flug. Sie hatten pausenlos geredet, gelacht und geweint. Harry hatte sich seit langem nicht mehr so glücklich gefühlt. Wenn er jetzt einen Patronus hervorbeschwören musste, würde dieser noch bis zum Pluto leuchten, da war sich Harry sicher.

Abschied und Wiedersehen

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr

by Feary
 

chapter 6: Abschied und Wiedersehen
 

Der Tag des ersten September rückte immer näher. Harry begann allmählich seine Sachen zu packen. Sirius hatte jemanden beauftragt für ihn die Schulsachen in der Winkelgasse einkaufen zu gehen. Harry war ein wenig enttäuscht gewesen, da er selbst gerne zurück in die Winkelgasse gegangen wäre. Doch ihm konnte zur Zeit nichts die Laune verderben. Fast jeden Tag sprach er mit seinen Eltern. Er erfuhr Dinge über sich und über das Leben vor dem Tod seiner Eltern. Er war sehr traurig sich nicht mehr selbst daran zu erinnern, doch er war froh, dass er zumindest die Gelegenheit hatte, es zu erfahren.
 

Hedwig bekam er kaum noch zu Gesicht, da sie sich entweder an der frischen Luft oder im Turmjungle aufhielt. Die Tunnel waren ihr zu eng und boten nicht genügend Bewegungsfreiheit.
 

Lupin führte ihn fast jeden Tag durch die Tunnel und erzählte ihm viel über die dort hausenden Wesen. Harry sah die verschiedensten Tiere, die er bisher nur aus dem Unterricht kannte. Manche liefen frei herum, andere hatte Lupin eingefangen und hielt sie in angefertigten Gehegen. Dies musste ein wahres Paradies für Hagrid sein. Es gab von niedlichen über widerlich bis gefährliche Arten zu bewundern. Harry erkannte ein paar Erklinge (elfenhafte Geschöpfe mit spitzen Gesichtern und überdreht gackerndem Lachen), Glumbumbel (graue, pelzige Fluginsekten, die einen Schwermut auslösenden Sirup absondern, der als Gegenmittel bei der durch den Genuss von Alihotsy-Blättern ausgelösten Hysterie verwendet wird), Jarveys (frettchenähnliche Tierwesen, die sprechen können), Kniesel (kleine katzenartige Geschöpfe, mit geflecktem, gesprenkeltem oder gepunktetem Fell, übergroßen Ohren und einem Schwanz, der dem eines Löwen ähnelt), Knuddelmuffs (kugelige Wesen mit weichem vanillefarbenem Fell), Moke (silbrig grüne Echsen, die bis zu einem Viertelmeter lang werden und sich willentlich schrumpfen lassen können), Streeler (Riesenschnecken, die stündlich ihre Farbe ändern und eine giftige Schleimspur hinterlassen), Niffler, Gnome und zu Harrys Entsetzen auch Trolle. Lupin beruhigte ihn jedoch und erzählte ihm, dass es sich um Wächtertrolle handelte, die ausbrechende gefährliche Geschöpfe einfingen.
 

Auch entdeckte Harry wunderschöne Malereien an den Tunnelwänden und so kam er jeden Tag mit leuchtenderen Augen zurück. Wie damals im Fuchsbau war ihm dieser Ort und die Menschen ans Herz gewachsen und es machte ihn traurig ihn zu verlassen, wusste er doch nicht, ob er jemals hierher zurückkehren würde.
 

Doch der Tag der Abreise kam und bald musste sich Harry von seinen Freunden verabschieden. Sirius begleitete ihn noch bis zum Bahnhof. Diesmal nahmen sie jedoch nicht die Dienstleistung des house of journey in Anspruch, sondern altes gutbewährtes ellbogenschädigendes Flohpulver, welches sie direkt in die Bahnhofshalle brachte, wo es einen extra Anreisekamin gab. Harry hatte sich langsam an diese Art zu reisen gewöhnt und spukte nur noch Staub statt Blut. Auf diese Weise mussten sie auch nicht durch die Wand zwischen Gleis neun und zehn in der Muggelwelt. Als sie aus der überfüllten Anreisehalle traten, erblickte Harry den Hogwarts-Express, der ihn jedes Jahr nach Hogwarts brachte. Außer einmal, wo sie ihn dank Dobby, der Hauselfe, verpassten und mit Mr. Weasleys Ford Anglia hinterher sausten und damit einigen Rummel verursachten. Harry hielt nach Ron und Hermine Ausschau, doch es herrschte viel zu viel Andrang, sodass er es bald aufgab. Traurig drehte er sich zu Sirius. Dieser reichte ihm seinen Koffer und Hedwigs Käfig. Er konnte nicht bis zum Bahnsteig kommen, da man ihn erkennen würde. Er galt noch immer als gefährlicher Flüchtling aus Askaban, auch wenn er unschuldig war. Sirius tätschelte Harry noch einmal über die Haare und ließ sich von ihm umarmen. Dann setzte er eine ernste Miene auf.
 

"Harry, ich muss dir noch etwas erzählen. Über deine Eltern." Harry winkte ab.
 

"Das weiß ich doch schon lange." Sirius stutzte. "Aber du weißt doch gar nicht was ich sagen will." Harry überging Sirius Antwort. "Sie sind zurück." Die Augen seines Paten weiteten sich vor Überraschung. "Aber ... woher weißt du das denn?" Harry lächelte.
 

"Sie kamen zu mir." Sirius strahlte vor Freude. "Hast du mit ihnen geredet?" Harry nickte überschwänglich.
 

Der Zug gab einen Pfeifen von sich. Sirius schreckte auf. "Sie fahren gleich los. Beeil dich jetzt." Harry wandte sich langsam um und trottete los. "Ach, warte. Das hätt ich ja beinahe vergessen." Harry blieb stehen und sah sich fragend um. "Ich hab doch noch ein Geburtstagsgeschenk für dich." Harry seufzte. "Ach Sirius. Du hast mir doch schon was geschenkt. Das reicht vollkommen."
 

"Nein nein. Komm her. Du bist doch mein Lieblingspatenkind." Harry grinste. "Ich bin auch dein einziges!" Beide lachten. Dann nahm Sirius Harrys Hand und legte etwas hinein. "Pass auf dich auf." Er gab ihm einen Klaps auf den Rücken und drückte ihn in Richtung Bahngleis. Harry sputete sich. In einer Hand den Koffer und Hedwig, in der anderen Sirius Geschenk. Bevor er einstieg drehte er sich noch einmal um. Sirius stand noch immer im Schatten der Ankunftshalle. Harry winkte und rief über das erneute Pfeifen des Schulzuges hinweg. "Auf Wiedersehen. Ich schreibe dir." Dann stieg er ein.
 

In den Gängen herrschte noch Gedränge. Koffer wurden in Abteile gezwängt. Freunde begrüßt und damit Stau in den Gängen verursacht. Harry sah Neville, wie er hinter seiner Kröte herkroch, die sich hinter einem fremden Koffer versteckt hatte.
 

Langsam drängte sich Harry durch die Massen auf der Suche nach Ron und Hermine. Er fand sie in einem Abteil am Ende des Wagons. Außerdem erkannte er Ginny, Fred, George und ... Harry blieb wie angewurzelt vor der Tür stehen. Es war Cho.
 

Wieso saß sie denn in ihrem Abteil? Sie müsste doch eigentlich bei ihren Freundinnen aus Ravenclaw anzutreffen sein. Vielleicht war kein Platz mehr gewesen. Oder wartete sie etwa auf ihn? Er atmete tief durch und öffnete die Tür. Stille trat ein. Dann sprangen Hermine und Ron gleichzeitig auf und stürzten auf ihn zu. Hermine schwang sich Harry stürmisch um den Hals, sodass er beinahe das Gleichgewicht verlor, während ihn Ron mit Fragen überschüttete. Harry verstand jedoch kein Wort, da Hermine zu laut schluchzte. Vorsichtig schob er sie von sich. "Was ist denn mit euch los?"
 

"Wo hast du denn die ganzen Ferien gesteckt?" bestürmte ihn Ron. "Ich hab dir geschrieben, doch es war niemand da. Errol brachte die Post stets zurück, da er nicht die Kraft für weite Flüge hatte, um dich zu suchen." Hermine unterbrach ihn. "Wir dachten schon, dir sei etwas passiert. Du hast dich nicht gemeldet. Wir befürchteten, dass dein Onkel und deine Tante dich verhungern lassen haben oder dich wieder eingesperrt hätten. Also hab ich dich besucht. Und dein Onkel warf mich einfach raus und meinte, du wärst abgehauen." Harry beruhigte die Beiden. Dann scheuchte er sie zurück, um endlich die Tür hinter sich schließen zu können. Schließlich erzählte er ruhig: "Ja, ich bin abgehauen. Bin für kurze Zeit bei Lupin und Sirius in Irland untergetaucht." Seine Freunde machten große Augen.
 

Fred und George sprangen begeistert auf. "Du warst bei dem Werwolf zu Hause? Wie sieht es da aus? Gibt es dort Blutkonserven?" Hermine warf ihnen finstere Blicke zu. "Er ist ein Werwolf, kein Vampir." Die Zwillinge zuckten gleichgültig die Schultern. Harry spürte, wie Cho ihn fragend ansah, doch er mied ihren Blick.
 

Ron beachtete seine Brüder gar nicht, sondern fragte verwundert: "Untergetaucht? In Irland? Warum denn? Und wieso hast du uns nicht Bescheid gesagt?"
 

"Ich hab nicht daran gedacht", verteidigte sich Harry. "Ich hatte zu viel um die Ohren." Er setzte sich und warf Cho einen scheuen Blick zu. Auch in ihrem Gesicht spiegelte sich Erleichterung wieder. Er lächelte freundlich. Dann wandte er sich wieder zu Ron und Hermine zu. "Es tut mir Leid, dass ihr euch Sorgen gemacht habt." Ron schien mit der Entschuldigung zufrieden, doch nicht so Hermine. "Ach und du meinst, damit ist nun alles gegessen. Ich will wissen, was passiert ist. Ich kenn dich doch. Du verschwindest nicht einfach ohne Grund. Auch wenn du deinen Onkel und deine Tante nicht leiden kannst..."
 

"Und deinen Cousin", warf Ron ein.
 

"Wie geht es eigentlich seiner Zunge?" fragten George und Fred scheinheilig. Harry grinste. "Hat leider wieder Normallänge", erklärte er. Hermine warf allen der Reihe nach einen tötenden Blick zu und fuhr unbeirrt fort. "Es ist einfach nicht deine Art das Land zu verlassen, so ganz ohne Grund." Harry scheuchte Krummbein von Hedwigs Käfig und erklärte so gelassen wie möglich: "Es gab ja einen Grund, nur ..."
 

"Was nur?" fragte Hermine giftig.
 

Harry schüttelte den Kopf. "Ich kann es euch nicht sagen. Zu riskant, dass ihr euch wieder einmischt. Das ist zu gefährlich." Ron lachte. "Und wie nennst du dann unsere anderen Abenteuer in Hogwarts. Was war mit Quirrell oder Tom Riddle oder denk nur mal an den Riesenbasilisk? Oder hast du schon Moody vergessen und Wurmschwanz, diese dumme Ratte." Harry grinste abermals. "Jetzt fang du nicht auch noch an. Sirius hat seit kurzem auch einen Hass auf Ratten."
 

Hermine wurde ernst: "Wir leben seit vier Jahren gefährlich. Du kannst uns jetzt nicht einfach aus der Sache raushalten. Wir haben immer alles gemeinsam gelöst. Sag uns was dir auf dem Herzen liegt!"
 

Harry seufzte und schloss die Augen. Er überlegte. Sollte er seine Freunde wirklich mit hineinziehen? Es war vielleicht eine Nummer zu hoch für drei vorlaute Schüler. Immerhin hatten sie es diesmal mit einem rasenden Zauberer zu tun, der wieder im Vollbesitz seiner Macht war. Aber sie würden sowieso nicht locker lassen.
 

Er nickte, beugte sich zu ihnen vor und flüsterte leise. "Lord Voldemort hat mir einen Brief geschickt." Ron keuchte und Hermine schrie entsetzt auf, dass alle im Abteil erschrocken zusammenfuhren. "Er hat dir einen Brief geschrieben?" wiederholte sie ungläubig. "Was stand denn drin?" Harry machte eine Geste, damit sie leiser redete.
 

"Es waren nur wenige Zeilen. Er hat mir gedroht." Ron war kreidebleich geworden. Fred und George waren interessiert näher gerutscht. Sie wollten auch wissen, was die Drei zu bereden hatten.
 

"Wer hat dir einen Brief geschrieben, Harry?" fragten sie neugierig. Ron und Hermines Blicke fixierten Harry warnend. Sollte er es ihnen sagen? Er zuckte mit den Schultern. "Ach, das ist nicht so wichtig."
 

"Komm schon", drängten die Zwillinge weiter. "Du kannst es uns sagen. Wir können schweigen wie ein Grab." Harry suchte hilflos Rat bei seinen Freunden. Ron nickte leicht. Harry seufzte. "Aber bitte schreit nicht wieder alles zusammen!" Die Zwillinge nickten und hoben ihre Finger zum Schwur. "Wir schwören feierlich bei unserer Urgroßmutter mütterlicherseits." Ron schnaubte verächtlich. "Als ob ihr die kennen würdet." Ginny betrachtete Harry nun auch begierig. Sie war ebenfalls super neugierig. Als sie Harrys Blick traf hob sie ebenfalls ihre Finger zum Schwur. "Ich schwöre auch!"
 

"Also gut. Voldemort hat mir geschrieben." Alle anderen im Abteil zuckten erschrocken zusammen. Ginny hatte hastig die Hand vor den Mund gepresst, um einen Schrei zu verhindern. George und Fred starrten Harry mit offenem Mund ungläubig an und Cho war mitten in der Bewegung erstarrt. Keiner sagte ein Wort. Harry senkte den Blick.
 

"Ich hätte es euch nicht sagen sollen. Ich wollte euch keine Angst einjagen."
 

"Uns Angst machen? Sag mal spinnst du?" Hermine schlug auf die Bank. "Du solltest dir eher Sorgen um dich machen. Man bekommt nicht allzu oft Post von dem gefürchtetsten Zauberer der Welt. Hör endlich auf dich nur um andere zu kümmern. Wir sollten lieber mal überlegen, was wir nun tun. Ich meine, er will dich umbringen!" Harry zuckte mit den Schultern. "Das wäre nicht das erste Mal. Außerdem ist das meine Sache. Ihr haltet euch diesmal heraus." Hermine wollte etwas erwidern, doch dann hielt sie plötzlich inne. "Ah, ich verstehe. Harry, du machst dir immer noch Vorwürfe wegen Cedric." Harry sah aus den Augenwinkeln, wie Cho zusammenzuckte und hastig zum Fenster sah.
 

Hermine fuhr fort. "Du gibst dir die Schuld und willst nun niemanden mehr an dich ranlassen. Ist es so? Das ist es doch. Du willst uns nicht in Gefahr bringen." Harry mied ihren Blick. "Vielleicht."
 

"Und du denkst, du könntest uns damit schützen? Harry, sei nicht so einfältig. Du-weißt-schon-wer tötet jeden den er will. Denkst du, er hört auf, wenn er dich erledigt hat? Denkst du, es würde etwas nützen, wenn du ganz alleine gegen ihn antrittst? Das ist doch Unsinn!" Harry sprang auf. "Du willst mich einfach nicht verstehen, Hermine. Das ist kein Spiel mehr. Ich will keine Toten mehr sehen. Ich will endlich, dass dieser verdammte Mistkerl von der Bildfläche verschwindet, für immer! Und ich WILL, dass ihr euch da raushaltet", er schrie fast. Ron war ebenfalls aufgestanden und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. "Harry", sprach er leise. "Wir sind deine Freunde. Du kannst uns nicht ausschließen. Wir haben immer alles gemeinsam gemacht." Harry funkelte ihn zornig an und setzte sich wieder. Ginny, Cho und die Zwillinge hatten die ganze Zeit kein Wort gesagt. Nun ergriff Fred das Wort. "Was habt ihr uns eigentlich alles verschwiegen? Was redet ihr da von Riesenbasilisk und Wurmschwanz und was weiß ich nicht noch?" Ron warf ihm einen eisigen Blick zu und ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen. Für die nächste halbe Stunde sagte keiner mehr ein Wort.
 

Ihr Wiedersehen hätte sich Harry etwas freundlicher vorgestellt. Doch alles kam, wie es kommen musste. Daran konnte auch ein Harry Potter nichts ändern. Und bekanntlich folgt auf den Streit stets eine Versöhnung.

Bande schließen sich

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr

by Feary
 

chapter 7: Bande schließen sich
 

Der ganze Streit und das darauffolgende Schweigen hatten Harry ganz vergessen lassen, dass Sirius ihm zum Abschied ein weiteres Geschenk zugesteckt hatte. Dieses hatte er bei seiner Ankunft im Zug gedankenabwesend in eine Hosentasche verschwinden lassen. Jetzt, da er sich erinnerte, kramte er es neugierig hervor. Es war so klein, dass es in seine geschlossene Hand passte. Hermine, die neugierig zum ihm hinüberschielte, vergas ihren Ärger auf Harry in dem Moment und rief entzückt: "Das ist aber schön. Wo hast du das her?" Auch die anderen rückten näher. Es war eine Kette. Der Anhänger war ein etwa fünf Zentimeter großes goldenes, mit grünen Steinen verziertes, Kreuz. "Da sind lauter seltsame Symbole eingraviert", verkündete Hermine mit einem Kennerblick. Ron riss es ihr aus der Hand, um es auch einmal genauer zu betrachten. "Tatsächlich. Da sind wirklich so komische Striche." Hermine schenkte ihm einen von ihren Red-keinen-Unsinn-Blicken und nahm das Schmuckstück wieder entgegen. "Woher hast du das?" fragte sie noch einmal.
 

"Sirius hat es mir geschenkt." Hermine gab es ihm zurück und er hing es sich um den Hals. Die Kette war lang, sodass ihm der Anhänger fast bis zum Bauchnabel reichte.
 

"Sirius Black, der Verbrecher, der aus Askaban geflohen ist?" Es war das erste Mal, das Harry Cho heute sprechen hörte.
 

"Sirius ist kein Verbrecher", entgegnete Harry grob. Auch Fred und George waren wieder aufmerksam geworden. "Du bist mit einem Exhäftling befreundet?" Die Beiden schienen Gefallen daran zu finden. "Wie ist er denn so? Schläft er mit einem Messer unter dem Kopfkissen?" Ron musterte sie spöttisch. "So ein Quatsch. Ihr habt wohl zu viel Muggelfernsehen geschaut."
 

"Woher kennst du ihn denn?" fragte Cho interessiert. Harry gefiel es sich mit ihr zu unterhalten. Aber er musste vorsichtig sein. Er durfte nicht zu viel über seinen Paten ausplaudern. Er wurde noch immer gesucht.
 

"Hab ihn getroffen, nachdem er aus Askaban geflohen ist."
 

"Aber wollte er dich nicht töten? Er ist doch einmal in euren Schlafsaal eingebrochen."
 

"Das war nur ein Missverständnis", warf Ron ein.
 

Er wurde von seinen Brüdern grob unterbrochen. "Sagt mal, was habt ihr uns eigentlich noch alles verheimlicht?" Ron zuckte mit den Schultern. "So einiges."
 

"Was war denn nun mit der Ratte Wurmschwanz", fragte Fred.
 

"Ja, und wo war ein Riesenbasilisk?" fragte George.
 

"In der Kammer des Schreckens", erklärte sich Ginny trocken. Die beiden Jungen sahen ihre kleine Schwester fassungslos an. "Und woher weißt du das schon wieder?"
 

"Ich war dort. Wisst ihr noch? Harry hat mich gerettet." Sie strahlte Harry an. Er lächelte freundlich zurück. Doch als ihn Chos bewundernder Blick traf, errötete er und drehte sich schnell weg.
 

"Wurmschwanz ist ein fieser, kleiner, feiger, vierfingriger Angsthase, der Harrys Eltern an Voldemort verriet", erklärte Ron inzwischen. Die Tatsache, das dieser sich viele Jahre, versteckt als Ratte, bei der Familie Weasley aufhielt, verschwieg er lieber. Doch Harry konnte in seinem zornig errötetem Gesicht ablesen, dass er daran dachte.
 

"Außerdem hat er Voldemort verholfen zurück an die Macht zu kommen", erzählte Harry leise. Sie schwiegen wieder alle. Jeder erinnerte sich daran, wie Harry nach der dritten Trimagischen Prüfung zitternd zurückgekehrt war. Verängstigt, mit Cedrics totem Körper in der einen Hand und dem Pokal in der anderen. Keiner von den Anwesenden, außer Harry, wusste, was damals wirklich vorgefallen war. Sie hatten nie darüber geredet, da Dumbledore sie alle gebeten hatte, ihn, Harry, in Ruhe zu lassen. Doch nun wollte er, dass es seine Freunde erfuhren. Die Weasleys und Hermine waren für ihn wie eine Familie. Er wollte sie nicht in Unwissenheit über die Grausamkeit des Lords lassen. Und auch Cho verdiente zu erfahren, was passiert war. Sie alle schwiegen, als er erzählte. Niemand gab auch nur einen Mucks von sich, bis er geendet hatte. Er hatte nichts beschönigt, aber einige Einzelheiten lieber wegfallen lassen. Er schilderte lediglich die Vorgänge: wie der Portschlüssel ihn und Cedric zu einem Friedhof brachte. Wie Voldemort in einem Kessel auferstand, wie er die Todesser rief, wie er sich mit Harry duellierte und ihn mit den Unverzeihlichen Flüchen quälte und sie schließlich den Priori Incantatem hervorriefen. Er erwähnte die freigesetzten Geister nur flüchtig und ließ auch seine Eltern aus dem Spiel, doch er merkte, wie Hermine ihn erschrocken ansah. Dann erzählte er noch kurz, wie er Cedric packte, denn Pokal herbeizauberte und zurückkehrte.
 

"Ich möchte euch bitten, dass Erzähltes nicht dieses Abteil verlässt", bat Harry schließlich. Alle nickten stumm und als Harry seine rechte Hand in die Mitte streckte legten auch die anderen ihre darauf. Hermine lächelte. "Die Bande schließen sich."
 

"Nicht so mystisch, Schwester", raunte George. "Ich würde uns eher als eine Gruppe Widerstandskämpfer ansehen." Fred grinste. "Warum nennen wir uns nicht die ,Eingeweihten'?" Alle lachten. Die zuvor noch drückende Stimmung war wieder aufgelockert wurden. Zwar waren sie nun um eine Last erschwert worden, doch immerhin waren sie von Unwissenheit befreit.
 

Wissen konnte einen vorsichtiger machen und erleichtern, doch nicht schützen.

Aber wenigstens konnte es Vertrauen schaffen und Vertrauen führt zu Bindungen. Verbindungen, durch Not geknüpft.

Und die Welt dreht sich immer weiter!

Finstere Augen

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 8: Finstere Augen
 

Kind der Dunkelheit,

Schwarz ist die Welt, siehst du sie mit finsteren Augen
 

Gegen Abend fuhr der Zug in Hogsmeade ein. Wie jedes Jahr wurden die Erstklässler, es waren dieses Jahr recht wenige, was sicherlich auf den Tod Cedrics zurückzuführen war, von Hagrid in Booten über den Schlosssee befördert. Die anderen Schüler wurden in schwarzen Kutschen nach Hogwarts gebracht. Cho war mit Harry, Hermine und Ron in einen Wagen gestiegen, was einigen ihrer Freundinnen aus Ravenclaw Anlass zum Zetern gab. Wie konnte sie sich nur mit den ,Feinden' abgeben? Sie war doch keine Gryffindor. Cho störte das jedoch keineswegs. Unterwegs erzählte Ron, der durch seinen Vater an der Quelle saß, was in den Ferien alles geschehen war, da Harry ja keine Chance hatte, es zu erfahren. Er erfuhr, dass es Voldemort noch nicht gelungen war, die Dementoren zu rekrutieren, aber er hätte schon mehrere Städte in Brand gesteckt. Außerdem, hieß es, habe er die Absicht, die Festung der Engel zu stürmen.
 

Harry horchte interessiert auf. "Was genau ist denn das für eine Festung? Gibt es dort echte Engel?" Cho schmunzelte amüsiert. Hermine, die es sicher schon in Tausenden von Büchern nachgelesen hatte, erklärte: "Nein, das ist nur eine Sage. Es ist ein Zentrum spiritueller Kraft. Dort eingesetzte Magie ist besonders wirkungsvoll, da der Boden angeblich von Engelsblut getränkt ist, die bei einem Kampf gegen Dämonen fielen. Doch ich glaube, dass mit den Engelsblut ist nur ein Gerücht."
 

"Und du meinst, Voldemort ..." Alle zuckten bei dem Klang des Namens zusammen. Harry hatte ihn schon öfters gebraucht, doch seine Freunde hatten stets vermieden, ihn beim Namen zu nennen. "Entschuldigung, ich meine natürlich du-weißt-schon-wer, du meinst, dass er die Festung erobern will, um dort seine Macht einzusetzen?" Hermine schüttelte den Kopf. "Die Gegend ist völlig unbevölkert. Die Menschen flohen schon früh von diesem verfluchten Ort. Und es nützt ihm ja nichts, wenn es dort kein Leben gibt, dass er zerstören kann. Ich glaube, er wird versuchen die entscheidende Schlacht an diesen Ort zu verlagern, um sie zu seinen Gunsten zu entscheiden."
 

"Aber die Festung wird seit Jahrhunderten von einem Wächter bewacht", warf Ron ein, stolz auch etwas zu dem Thema beitragen zu können. "Es heißt, dass bisher nie jemand lebend an ihm vorbeigekommen ist oder zurückkehrte, um zu erzählen, wie der Wächter aussieht und welche Macht er besitzt. Man sieht ihn und stirbt."
 

Harry fröstelte. Was musste das für ein Wesen sein, wenn schon sein Blick einen töten konnte. Daran würde selbst Voldemort scheitern. Hoffentlich. Sonst hätte er einen übermenschlichen Verbündeten.
 

Harry blickte aus dem Fenster. Es war bereits dunkel. Der Mond, fast voll, erleuchtete ihnen den Weg und schon bald erkannte Harry die mächtigen Felsen von Hogwarts. Die Kutschen hielten und die Schüler strömten durch das mächtige Portal in die große, durch flackernde Fackeln erhellte, Eingangshalle. Die kleine Gruppe folgte der Schülerschar in die Große Halle. Diese war wie immer festlich geschmückt. Über den vier Tischen der Häuser schwebten unzählige Kerzen und darüber prangten die jeweiligen Fahnen. Die Decke war schwarz, jedoch von unzähligen funkelnden Sternen übersät.
 

An der Stirnseite der Halle saßen die Lehrer und der weißhaarige krummnasige Schulleiter Albus Dumbledore an einer fünften Tafel. Harry entdeckte drei freie Stühle. Einer war sicherlich für Hagrid und einer für den neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Harrys Augen huschten über die Gesichter. Wer fehlte? Als er es erkannte huschte ein nachdenklicher Ausdruck in sein Gesicht. "Was ist?" fragte Hermine an seiner Seite. "Snape fehlt!" Hermine sah ebenfalls nach vorn zu der Tafel. "Hast recht. Aber hast du nicht erzählt, dass er von Dumbledore einen Auftrag bekommen hat?" Harry nickte stumm. Er hatte die Vermutung, dass Dumbledore Snape als Spion unter die Todesser geschickt hatte, war sich aber nicht sicher. Immerhin war das sehr gefährlich. Voldemort könnte ihn bestrafen oder foltern, vielleicht sogar töten. Harry wusste nicht, ob ihn diese Vorstellung freuen sollte. Snape konnte ihn noch nie leiden, weshalb Harry es auch nicht konnte. Aber den Tod wünschen würde er ihm trotzdem nicht.
 

Cho verabschiedete sich von den Dreien und wandte sich zu dem Tisch der Ravenclaws. Harry, Hermine und Ron bahnten sich ihren Weg durch die Reihen der eifrig schwatzenden Schüler, vorbei an den Hufflepuffs und den Slytherins. Schließlich hatten sie ihren Haustisch erreicht und setzten sich.
 

Die Halle war erfüllt von Stimmen, doch als sich die Tür öffnete und die Erstklässler den Saal betraten, angeführt von Hagrid, der Harry fröhlich zuwinkte, trat Stille ein. In den Gesichtern der Neuen spiegelten sich ihre Ängste über die bevorstehende Prüfung wieder. Auch Harry hatte einst dort gestanden und nervös darauf gewartet, dass der Hut sein Haus rief. Und beinahe wäre er nach Slytherin gekommen. Er hatte es nie jemanden erzählt, er schämte sich dafür. Lieber wäre er gestorben als zu den Slytherins zu gehen. Es war das Haus, aus dem die meisten dunklen Zauberer stammten. So auch Voldemort.
 

Harry spähte zum Tisch der Slytherins. Draco Malfoy hatte ihn noch gar nicht genervt. Flüsternd wandte er sich an Ron: "Hast du Malfoy heute schon gesehen?" Dieser erklärte leise. "Sein Vater hat ihn von der Schule genommen. War wohl zu ängstlich, nachdem herausgekommen war, dass er doch noch ein Todesser ist. Wurde vor Gericht gestellt, jedoch wieder freigesprochen. Hat seinen Sohn nach Durmstrang geschickt, aber da Karkaroff nicht mehr da ist, hat er keine so guten Verbindungen mehr. Jetzt kann sich unser lieber Draco nicht mehr so viel leisten!" Er grinste. "Hoffentlich sind Crabbe und Goyle da jetzt nicht einsam", erwiderte Harry grinsend. Die beiden lachten, doch Hermine ermahnte sie zur Ruhe. Professor McGonagall brachte gerade den Sprechenden Hut und legte ihn auf einen Stuhl. Dieser begann gleich darauf sein alljährliches Lied, welches jedes Jahr einen anderen Text hatte. Ron vermutete, dass er das ganze Jahr nutzte, um sich neue Reime einfallen zu lassen.
 


 

Ihr denkt, ich sei ein Hut,

mit dieser Vermutung liegt ihr recht gut,

doch hinter dieser Fassade steckt noch mehr

für euch bin ich unverzichtbar sehr

Setzt ihr mich auf, wie es ist Brauch

so such ich euch aus, für welches Haus

ihr seid bestimmt

was eure Tugenden und Eigenschaften sind

seid ihr wie der tapfere Gryffindor,

zeigt Mut und Stärke, dann tretet vor

seid ihr hilfsbereit, gerecht und treu

tretet vor für Hufflepuff, habt keine Scheu

seid ihr weise und gelehrsam, wie es einer der vier Gründer war

dann steck ich euch sofort nach Ravenclaw

oder seid ihr gar listig, von Ehrgeizig getrieben

so bring ich euch nach Slytherin,

wie in meinem Vertrag niedergeschrieben

Noch nie hab ich mich getäuscht

und euch in ein falsches Haus gescheucht

Mein Urteil ist stets gut bedacht und erwägt,

ich lese nur, was in euren Herzen steht

Eure innersten Wünsche werde ich erhören,

denn ich möchte ja keine Hoffnungen zerstören

Nun dann, tretet hervor

dann öffnet sich für euch das erste Tor

in die Welt der Magie und der Zauberei

von der ab jetzt und für immerdar

gezeichnet euer Leben sei
 


 

Der Sprechende Hut verstummte und die Menge brach in Beifall aus. Professor McGonagall entfaltete ein Pergament und erklärte: "Wenn ich euch aufrufe, setzt ihr euch auf den Stuhl und zieht den Hut über den Kopf. Wenn er euer Haus ausruft, geht ihr zu dem jeweiligen Tisch." Die Kinder nickten leicht. "Gut, dann fange ich jetzt an..."
 

Harry wandte sich wieder dem Tisch der Slytherins zu. Es war schon merkwürdig, wenn es keinen fiesen Bastard mehr gab, der einem das Leben zur Hölle machte. Wer würde wohl den Platz übernehmen? Harry glaubte kaum, dass man ihn nun in Ruhe lassen würde. Der gesamte Slytherin-Verein hasste ihn. Warum auch immer.
 

Beifall war bei den Hufflepuffss ausgebrochen. Ein kleiner blonder Junge setzte sich. Der nächste wurde ausgerufen.
 

Diesmal verkündete der Hut Ravenclaw. Harry sah zu Cho hinüber. Sie begrüßte den kleinen Jungen, der etwas ängstlich aussah, freundlich und bot ihm an, sich neben sie zu setzen. Der Kleine lächelte dankbar. Harry schmunzelte. Sie verstand es einem die Angst zu nehmen. Hermine stupste ihn an. "Hey, dein Gesicht spricht ja Bände." Sie grinste, Harry errötete.
 

"Florista, Sandra."
 

Ein schwarzhaariges Mädchen trat vor und stülpte sich den alten Hut über.
 

"Gryffindor."
 

Beifall brach aus. Auch Harry stimmte mit ein. Das Mädchen trippelte nervös auf sie zu und setzte sich. Sofort wurde sie freundlich von allen Seiten begrüßt.
 

"Gregory, Tim."
 

"Hufflepuff."
 

Und so ging es weiter. Schließlich verstimmte der Hut und Professor McGonagall trug ihn wieder hinaus. Dumbledore erhob sich, um seine kleine Einführungsrede zu halten.
 

"Willkommen, meine Schüler, zu einem weiteren Schuljahr in Hogwarts. Bevor das Essen aufgetischt wird, werde ich wie immer ein paar neue und alte Regeln bekannt geben. Ich möchte euch daran erinnern, dass der Wald auf dem Schulgelände für alle Schüler verboten ist. Ebenso das Dorf Hogsmeade für die Schüler der ersten und zweiten Klasse. Des weiteren ist lediglich der Besitz von Eulen, Katzen, Kröten und Ratten erlaubt. Hamster, Eichhörnchen, Chamäleons, Spinnen und..." Er räusperte sich, hob seine Brille näher an sein Auge und las seinen Zettel noch einmal verwundert durch. Seine Mundwinkel zuckten schmunzelnd. "Und ähm ... Kängurus sind nicht erlaubt." Gelächter und vereinzelt enttäuschte Stimmen brachen aus. "Wer hält sich denn ein Känguru?" fragte Ron verwirrt. "Vielleicht hat jemand in der Familie einen Zoo", spekulierte Hermine logisch.
 

"Die Liste der verbotenen Gegenstände hat sich auch dieses Jahr wieder erweitert und ist im Gegensatz zum Vorjahr schon fast um das doppelte angestiegen. Sie zählt jetzt immerhin schon rund achthundertfünfzig Gegenstände. Sollte man einen Blick hineinwerfen wollen, sollte man sich lieber den Nachmittag frei nehmen. Außerdem ist es verboten gesundheitsgefährdende Lebensmittel an Mitschüler zu verkaufen oder zu verschenken." Dabei warf er den Weasleybrüdern einen scharfen Blick zu.
 

"Und nun möchte ich euch einen neuen Schüler vorstellen. Er hat die Schule gewechselt und kommt jetzt in die fünfte Klasse. Sein Name ist Jinathan Riddle." Harry und Hermine zuckten erschrocken zusammen. Ron klappte der Kiefer runter und Ginny hatte einen leisen Quieker losgelassen. Fred und George schauten ebenso verwirrt wie die anderen. "Ist das der Sohn von Tom Riddle?" übernahm schließlich Ron die Frage, die allen auf den Herzen lag. Hermine zuckte hilflos mit den Schultern. "Es gibt sicherlich mehr Leute, die mit Nachnamen Riddle heißen. Außerdem weiß ich nichts von einem Sohn des Lords. Wird in keinem Buch erwähnt", flüsterte sie leise. Ron rollte mit den Augen.
 

Ein schlanker Junge war aufgestanden und neben Dumbledore getreten. "Und ich glaube auch nicht...", fuhr sie entzückt fort. "... das dessen Sohn jemals so gut aussehen könnte." Ron schnaubte. "Weiber!"
 

Der Junge hatte braunes Haar, ein schmales hübsches Gesicht und eine sportliche Statur. Seine Augen jedoch leuchteten bedrohlich schwarz.
 

"Wie wollen sie bestimmen, in welches Haus er kommt?" fragte Harry. "Der Hut ist doch nur für Erstklässler, die noch keine Zaubererfahrung haben."
 

Hermine zuckte mit den Schultern.
 

"Vielleicht wirft Dumbledore ihn ja in die Reihen und er kommt in das Haus auf dessen Haustisch er landet." Wieder einmal bekam er einen Red-nicht-so-einen-Müll-Blick zugeworfen. Einer Antwort war er nicht würdig.
 

"Hast recht", meinte er schließlich, als sei er zur Einsicht gekommen. "Das wäre unfair. Schließlich kann Professor Dumbledore die Richtung bestimmen, wo er ihn hinwirft." Harry prustete los. Hermine wandte sich beleidigt ab.
 

Dumbledore hatte inzwischen ein kleines Gerät zur Hand genommen. Es war bronzefarben und hatte die Form einer ebenen Platte, die auf drei verschnörkelten langen Beinen ruhte, sodass es dem Jungen bis zum Nabel reichte.
 

"Leg deine Hand darauf, mein Junge", erklärte Dumbledore. Harry sah, dass der Neue bei den Worten mein Junge verärgert die Augen verengte. Dadurch sah er noch bedrohlicher aus. Doch Dumbledore fuhr unbeirrt lächelnd fort. "Färbt sich die Platte rot kommst du nach Gryffindor. Blau steht für Ravenclaw. Gelb ist das Haus Hufflepuff und grün gehört den Slytherins." Der Junge presste seine Hand auf die Platte und wartete. Nichts geschah.
 

"Was ist?" fragte Harry. "Wieso reagiert sie nicht?"
 

"Vielleicht muss sie überlegen", meinte Ron, wie komisch sich das auch anhörte. "Der Hut fällt auch nicht immer gleich seine Entscheidung. Bei dir hat er ganz schön lange gebraucht." Harry rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
 

"Da - seht!" rief Hermine. Die beiden Jungen sahen wieder nach vorne. Die Platte hatte sich grün gefärbt. "Slytherin", verkündete Dumbledore laut und brüllender Beifall an genanntem Tisch brach aus. Der Junge schenkte seinen Mitbewohnern einen verächtlichen Blick und suchte sich einen freien Platz. Mit sichtlich genervten Gesicht ließ er die Begrüßungen über sich ergehen.
 

"So, da das jetzt geklärt ist...", fuhr Dumbledore fort. " ...stelle ich euch nun endlich euren neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vor." Er drehte sich verwirrt im Kreis. "Nanu, wo ist er denn?" Die Halle brach in Gelächter aus. Jinathan rollte genervt die Augen. "Ich kann ihn nicht leiden", knurrte Ron, der ihn verärgert beobachtete.
 

Professor McGonagall beugte sich zu ihrem Chef vor und flüsterte ihm etwas zu. Dieser nickte. "Okay, weiter im Programm. Auf euren Lehrer müsst ihr noch ein wenig warten. Er ist noch nicht angekommen. Scheint im Stau zu stecken." Professor Sprout schmunzelte.
 

"Zaubertrankunterricht wird vorerst ausfallen", erzählte der weißhaarige Schuleiter weiter. Dröhnender Beifall brach aus. Dumbledore hob beschwichtigend die Hand und gebot Ruhe.
 

"Und ich hab noch eine erfreuliche Nachricht zu verkünden. Dieses Jahr wird unsere alte Tradition wieder eingeführt. Es wird wieder Quidditch gespielt."
 

Brausender Jubel brach aus und diesmal schaffte es selbst Dumbledore nicht ihn zu bremsen. Lächelnd ließ er sich auf seinen Stuhl sinken und wartete bis auch die letzten Jubelschreie verstummt waren.
 

Harry spürte, wie sich auch der letzte verbliebende Sorgenknoten löste. In diesem Moment war er einfach nicht zu halten. Gemeinsam mit Fred, George, Ron und Angelina führten sie einen Freudentanz auf, der am ganzen Tisch heftig unterstützt wurde. Auch an den anderen Tischen saß keiner mehr still - außer Mister Riddle. Dieser lümmelte teilnahmslos mit verschränkten Armen und finsterem Blick auf seinen Platz und schenkte jedem, der ihn ansprach nur die kalte Schulter.
 

"Außerdem", verschaffte sich der Schulleiter wieder Gehör. "Außerdem wird der Duellierclub ab der dritten Klasse und aufwärts wieder eingeführt. Unser neuer Lehrer wird ihn leiten. Zusammen mit einem Schüler." Stille kehrte ein.
 

"Wir brauchen jemanden, der schon etwas Erfahrung hat und auch keine Angst vor Kämpfen hat. Meldet sich jemand freiwillig?" Ron sprang auf. "Ich bin für Harry!" Zustimmungen wurden laut. Harry zog Ron zurück auf den Stuhl und zischte: "Bist du verrückt geworden?" Ron grinste. "Niemand hat mehr Erfahrung als du. Niemand ist Voldemort jemals entkommen." Harry machte große Augen.
 

"Was ist?" fragte sein Freund.

"Du hast ihn gerade zum ersten Mal beim Namen genannt."

"Wen?"

"Na ihn. Den Lord."

Ron schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. "Was? Das hab ich gar nicht mitbekommen." Unruhig kaute er auf seinen Fingernägeln und wartete, dass ihn ein Blitz traf. Doch es kam kein Blitz, der seine Zunge verstummen ließ.
 

"Ich hatte auch Harry im Auge." Dumbledore schaute in die Runde. "Wenn sich niemand anderes meldet, würde ich sagen hast du den Job, Harry." Er lächelte freundlich.
 

"Na wunderbar", presste Harry unbewegt zwischen den Zähnen durch, während er zurück lächelte. "Danke Ron. Zum Glück ist Malfoy nicht mehr an der Schule. Sonst könnte ich mir schon mein eigenes Grab schaufeln." Hermine winkte ab. "Du bist doch tausendmal besser als er." Harry nickte. "Aber er hat fiese Tricks drauf. Er würde mir garantiert irgendeinen Fluch auf den Hals hetzen, von dem ich noch nie gehört habe."
 

Harry, der plötzlich das unangenehme Gefühl hatte, beobachtet zu werden, ließ seinen Blick suchend über die Menge huschen. Bei Jinathan blieb er haften. Dieser musterte ihn spöttisch. In seinem Blick lag etwas herausforderndes und zugleich drohendes. Harry fühlte sich unwohl. Der Neue war merkwürdig.
 

Ron riss ihn aus seinen Gedanken. "Apropos Fluch. Ob er noch so nette Furunkel im Gesicht hat. Wir ham ihm letztes Jahr im Zug ja ganz schön viele Flüche auf den Hals gejagt." Harry löste seinen Blick und wandte sich grinsend wieder seinen Freunden zu. "Ja, war ne hübsche Mischung aus Tentakeln, Furunkeln und Knospen."
 

Dumbledore studierte inzwischen wieder seinen zerknitterten Zettel. Er überflog ihn noch einmal kurz. "Ja, das war es auch schon neues. Ich würde sagen - haut rein!"
 

Die Tafeln füllten sich augenblicklich randvoll. "Ach übrigens, jede Hauselfe hat seit diesem Jahr Anspruch auf ein Gehalt, sowie Kleidung und Urlaub. Ihr könnt also beruhigt essen ohne an Sklavenarbeit zu denken." Er zwinkerte Hermine zu und setzte sich dann, um sich mit Hagrid in ein Gespräch zu vertiefen.
 

Die drei Freunde begannen zu futtern.
 

Harry wusste, ohne das er aufsah, dass der neue Schüler ihn noch immer beobachtete.
 

Er wurde das unangenehme Gefühl nicht los, dass Jinathan nun stillschweigend Malfoys Platz eingenommen hatte. Das konnte ja heiter werden! Und spätestens im Duellierunterricht musste sich Harry seinem neuen ,Freund' stellen.

Ein miefender Morgen bringt Kummer und Sorgen

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 9: Ein miefender Morgen bringt Kummer und Sorgen
 

Als Harry, Hermine und Ron am nächsten Morgen die Große Halle betraten, um zu frühstücken, schlug ihnen eine Welle übelkeitserregender Luft entgegen. Angewidert zogen sie sich in den Schatten der Eingangshalle zurück und lunsten um die Ecke.
 

Peeves trieb im Speisessaal sein Unwesen und war von keinem der anwesenden tobenden Lehrer zu stoppen. "Achtung Stinkbombe", schrie er durch den dicken Dunst und gackerte erfreut, als sein Wurf das Ziel erreichte. Mitten auf dem Kopf von Professor McGonagall. "Fröhliche Weihnachten", rief der Poltergeist erheitert in die flüchtende Menge. "Und fröhliche Ostern. Ach, und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag." Er seufzte. "Es gibt einfach zu viele Feiertage. Und ich bin im Rückstand mit den ganzen Glückwünschen.
 

Ah, Professor Dumbledore, gut dass ich sie treffe." Der Schulleiter hatte die Große Halle betreten. Angelockt durch den Lärm, der noch im Südturm zuhören war. Hastig hielt er sich die Nase zu und stürmte waghalsig durch den triefenden Mief.
 

"Minerva, sind Sie in Ordnung?" Seine Kollegin nickte tapfer. "Ich brauch dringend eine Dusche." Sie dackelte zornig davon.
 

"Professor Dumbledore", rief Peeves erneut. "Ich wollte ihnen doch noch einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen. Ach und da wir schon dabei sind. Auch einen guten Rutsch für die nächsten fünfzig Jahre." Er nickte bedächtig. "Ja. Genau, das ist es. So spart man enorm viel Zeit und Kraft. Man wünscht einfach für mehrere Jahre." Er stieg höher in die Luft, um einem Schlag mit einem Regenschirm, geführt von Professor Sprout, zu entgehen. "Also hören Sie mal", zeterte er empört. "Sie hätten mich damit treffen können!"
 

"Das - war - auch - meine - Absicht", erklärte die kleine Madam Sprout schwer atmend. Sie hatte sich ein Tuch um Mund und Nase gebunden und ähnelte nun einem Bandit. Peeves stieg gackernd noch höher an die Decke. "Ach, wissen Sie schon das Neuste, meine Allerwerteste. Ich bin ein Geist und spüre keine Regenschirme." Professor Sprout ließ verärgert den "Degen" fallen und wich hastig einer Bombe aus, die matschend neben ihr explodierte und sie von oben bis unten bespritzte. "Peeves", schrie sie aufgebracht und sichtlich mit den Nerven am Ende. "Wenn du jetzt nicht sofort da runter kommst, dann hol ich die Geistermafia." Peeves hielt für einen Moment inne und überlegte. "Mmh, netter Versuch. Aber die Geistermafia jagt zur Zeit den entflohenen Elvis. Der beansprucht ihre ganze Zeit." Er warf erneut eine Bombe.
 

"Und das Witzige an der ganzen Sache ist. Es gibt immer noch Muggel, die behaupten Elvis lebt!" Er vollführte einen Salto und hielt sich vor Lachen den Bauch.
 

"Elvis lebt! Elvis lebt!"
 

Dann verschwand er durch die magische Decke ins nächste Stockwerk.
 

Madam Sprout sank erschöpft auf den Boden und ließ einem mindestens fünfminütigen Wutanfall freien Lauf.
 

"Ähm, wer hat noch Hunger?" fragte Harry vorsichtig vor der Tür.

"Ich nicht", antwortete Ron mit näselnder Stimme. Er hielt sich noch immer die Nase zu.

"Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass dort noch irgendetwas genießbar ist?", meinte Hermine, als sie Harrys Blick traf.

"Okay, einstimmig abgelehnt." Harry grinste und folgte den anderen hinaus an die frische Luft.
 

Hermine betrachtete ihren neuen Stundenplan. "Mmh, ich muss jetzt zu Arithmantik."

Harry und Ron schluckten und hoben langsam ihre Stundenpläne. "Heißt das ...?", begann Ron vorsichtig. " ... dass wir jetzt Wahrsagen haben?" beendete Harry den Satz. Sie sahen sich gequält an und warfen dann einen Blick auf die erste Stunde. "Aaaaah", schrieen sie gequält auf. "Was?" Hermine war erschrocken zusammengefahren.

"Doppelstunde", tönten die beiden wie aus einem Munde. Ihre Gesichter waren schmerzverzerrt. "Das überleb ich nicht", stöhnte Harry. "Du bist doch sowieso schon längst tot", entgegnete Ron trocken. Dann verfielen sie in Gelächter und Hermine wandte sich kopfschüttelnd zum Unterricht.
 

Ron und Harry schoben sich nun ebenfalls, jedoch höchst widerwillig, in den Nordturm. Sie stiegen durch die Falttür und sofort drang ihnen wieder dieser starke schwere Parfümduft in die Nase. "Ich wünschte, Peeves würde einmal dieses Zimmer mit Stinkbomben füllen", wisperte Ron.
 

Sie suchten sich wie immer einen Platz ganz weit hinten, wo sie in Ruhe schlafen konnten. Eine rauchige wohlbekannte Stimme drang in ihr Bewusstsein. "Willkommen, meine Schüler. Schön, dass ihr euch wieder entschieden habt euer inneres Auge zu trainieren und in die magische Welt der geistigen Künste einzutauchen." Sie trat in das rötliche Licht und rückte ihre insektenartige Brille gerade. "Dieses Jahr werden wir versuchen mit der Geisterwelt in Verbindung zu treten." Harry verschluckte sich urplötzlich und hustete laut auf. Dann würgte er mühsam hervor: "Geisterbeschwörung?"
 

Professor Trelawney nickte bedächtig. "So ist es, mein Junge. Wir werden mit ihnen in Kontakt treten."
 

Sie wandte sich zur Klasse und begann zu erklären.

"Beschwörungen sind schwierige Verbindungen von Seele, Herz und Verstand. Wenn wir unsere Chakras ins Gleichgewicht balancieren, wird sich unser Geist öffnen und wir werden einen sehr feinen Sinn entwickeln, der es uns ermöglicht zwischen dem Gewebe hindurchzusehen. Wir werden in die Welt der Geister eindringen. Die Verstorbenen Seelen schweben in eine Welt dicht neben unserer."
 

Eine Hand schnellte in die Luft. Es war Lavender Brown, die Professor Trelawney regelrecht vergötterte. "Professor? Wenn die Geister in dieser nahen Welt leben, wieso sind dann der Fast Kopflose Nick und der Blutige Baron und all die anderen noch hier?" Madam Trelawney warf ihrer Lieblingsschülerin einen freundlichen Blick zu. "Das ist der nächste Punkt, zu dem ich gleich gekommen wäre." Lavender errötete verlegen, da sie ihre Lehrerin unterbrochen hatte.
 

"Es gibt Geister, die nach ihrem Tod nicht in die Geisterwelt gelangen, weil sie noch etwas in unserer hält. Sie haben noch eine Aufgabe zu erfüllen, ehe sie einkehren können."
 

Harry hing die ganzen beiden Unterrichtsstunden gebannt an den Lippen der Lehrerin. Nie hatte er sie ernst genommen, doch dieses mal spürte er, dass sie die Wahrheit sprach. Wahrscheinlich tat sie das normalerweise auch, doch da interessierte es ihn nicht. Ob nun Pluto oder Saturn seinen Tod vorhersagte. Ob das Teeblatt einen Grimm oder eine Keule zeigte. Es bedeutete immer sein Schlimmstes. Wahrscheinlich würde sie in den nächsten Stunden auch noch auf Harrys Geisterdasein eingehen.
 

Wenig später verließen sie den Nordturm und bahnten sich ihren Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste. Ron war verärgert über Harrys plötzlich gewecktes Interesse für Wahrsagen, doch seine Neugier auf den neuen Lehrer ließ ihn seinen Ärger erst einmal vergessen.
 

"Ich bin gespannt, wie er ist. Ich hoffe so gut wie Lupin." Sie bogen um die Ecke und Harry wäre beinahe in Hermine hineingerannt. "Oh, entschuldige." Sie rührte sich nicht und schwieg. Harry sah auf. In ihren Augen glitzerten Tränen. "Was ist denn, Hermine? Du weinst ja." Sie drehte ihren Kopf weg und wischte sich mit dem Handrücken über ihr Gesicht. "Es ist nichts", entgegnete sie hastig.
 

"Ach komm schon. Du willst uns doch nicht weiß machen, dass du einfach ohne Grund rumheulst", versuchte es Ron auf die "feinfühlige" Art. Harry warf ihm einen Blick zu, der ihn sofort verstummen ließ. Er grinste verlegen und deutete nach vorn, um ihm stumm zu erklären, dass er schon mal vorging. Harry nickte leicht und drehte sich wieder zu seiner Freundin. "Hermine. Du hast gestern gesagt, dass wir immer alles gemeinsam machen und keine Geheimnisse voreinander haben sollten. Meinst du nicht, dass das auch für dich gilt? Also, was war los?"
 

Sie strich sich ihre langen strubbeligen Haare hinter die Ohren. Nur noch eine leichte Rötung um die Augen, verriet einem genauen Beobachter, dass sie geweint hatte.
 

"Es war der Neue. Dieser Riddle. Er ist mit mir zusammen in Arithmantik." Harrys Blick verfinsterte sich. "Was hat er denn getan?" Hermine schüttelte den Kopf. "Ach, eigentlich ist es ziemlich albern von mir, deswegen gleich zu heulen." Harry merkte den groben Unterton in ihrer Stimme, der ihm sagte, dass sie sich über sich selbst ärgerte.
 

"Erzähl schon!" drängte Harry.
 

"Er hat mich völlig aus der Fassung gebracht. Und da hat mich Professor Vektor aus dem Unterricht geschmissen. Und außerdem hab ich zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor eingeheimst. Das ist mir noch nie passiert!" Sie schluchzte lautlos. "Das ist doch gar nichts im Vergleich zu den ganzen Punkten, die ich schon verloren habe", versuchte er sie zu trösten. "Du bist immerhin unser Genie, das immer alle Punkte ins Haus bringt."
 

"Das ist es doch gar nicht, was mich so sauer macht", erwiderte Hermine. "Es ist dieser Jinathan. Er hat die ganze Zeit lässig dagesessen und gelächelt, während ich beinahe explodiert wäre." Sie stampfte wütend mit dem Fuß.
 

"Pass auf", meinte Harry. "Wir gehen jetzt erst mal zu Verteidigung gegen die dunklen Künste und ich knöpf mir diesen Typ heute im Duellierclub mal vor." Hermine lächelte dankbar und henkelte sich bei ihm ein. "Okay, Partner. Lass uns gehen!"
 


 

Sie schafften es gerade noch rechtzeitig zum Unterricht. Ron hatte beiden einen Platz besetzt. Der neue Lehrer war noch nicht anwesend. "Er wird doch nicht immer noch im Stau stecken?" durchbrach Ron die Stille, die bei Stundenbeginn eingebrochen war. Harry warf ihm einen schrägen Blick zu.
 

"Was?" fragte Ron. "Es gab immerhin das Stauzeitalter." Hermine prustete los. "Ron, du hättest mal lieber im Unterricht zuhören sollen."

"In welchem?"

"Geschichte der Zauberei. Als Professor Binns über die Koboldaufstände redete."
 

Harry und Ron sahen sich an und grinsten. "Tut mir Leid, da schlaf ich immer." Hermine runzelte verärgert die Stirn. "Jedenfalls wüsstest du dann jetzt, dass das Stauzeitalter das Zeitalter war, in dem Ulrich der Komische mit Heinrich dem Bärtigen kämpfte und sie eine Steinlawine losließen, die einen Fluss blockierte. So entstanden Staudämme." Harry und Ron konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.
 

"Das war natürlich ein bedeutendes Jahr", nickte Ron ernst. "Jetzt konnte ihnen das Wasser nicht mehr wegfließen." Harry drehte sich schnell weg, damit Hermine nicht sah, dass er schon vom vielen lachen Tränen in den Augen hatte.
 

Die Tür ging auf und langer, dürrer, geschniegelter Mann betrat den Raum. Er trug eine Brille auf einer spitzen, sprungchancenartigen Nase, die er hoch in die Luft reckte.
 

Er legte seine Bücher, die er unter seinen Arm geklemmt hatte, auf den Tisch und sah in die Klasse. Gewichtig rückte er seine Brille gerade, spähte über den Rand in die Meute und räusperte sich. "Ich bin Professor Spruce", erläuterte er mit vornehm hoher Stimme und einer makellosen Aussprache, die Ron zum Würgen veranlasste.
 

Professor Spruce nahm ein Stück Kreide und schrieb seinen Namen fein säuberlich, und nebenbei bemerkt in einem Tempo, welches einer Schnecke Konkurrenz gemacht hätte, an die Tafel.
 

"Ich werde euch dieses Jahr in Verteidigung gegen die dunklen Künste unterrichten", fuhr er fort. "Ich werde sehr streng sein und dulde keine Faulheit. Außerdem müsst ihr jeden Tag mit einem Überraschungstest rechnen." Er strich sich eine Falte seines Anzuges glatt und öffnete einen Aktenkoffer, den er neben dem Tisch abgestellt hatte. Zum Vorschein kam ein ausklappbarer Garderobenständer. Er steckte ihn zusammen und hing seine Jacke darüber.
 

Ron stöhnte voller Qualen. "Der Typ is ja voll penibel. Das hält doch keiner im Kopf aus." Harry nickte leicht. "Erschießt mich doch bitte mal einer", jammerte Ron links neben ihm weiter. Resigniert ließ er seinen Kopf auf den Tisch sinken und vergrub ihn unter seinen Armen, um seinen neuen Lehrer aus seinen Sinneszellen zu verbannen.
 

Zu Harrys Verblüffung schmiss nun auch Hermine zu seiner Rechten ihren Stift, den sie zum Mitschreiben gezückt hatte, zurück auf die Bank und verdrehte genervt die Augen.
 

Professor Spruce griff erneut in seinen Koffer, welcher Moodys siebenfächrigem Riesenbunker von Koffer alle Ehre machte. Diesmal zog er eine Pergamentrolle von etwa einem Meter Breite und fünf Metern Länge hervor. Er entrollte sie und beförderte sie mit einem Schwenk seines Zauberstabes an die Wand, wo er sie durch einen weiteren Schwenk befestigte.
 

Harrys Augen weiteten sich entsetzt. Ron stammelte irgendetwas von: "Ein Messer, bitte. Ich will nicht mehr." Hermine glaubte, dies sei alles nur ein dummer Scherz und versuchte verkrampft zu lachen.
 

Professor Spruce hatte sich inzwischen über seinen Stuhl gebeugt und mit einem Reinigungstuch darüber gewischt. Anschließend hatte er sich gesetzt und einen Tagespropheten zur Hand genommen und begonnen zu lesen.
 

Regeln, las Harry.
 

1. Wenn ich rede, habt ihr zu schweigen!

2. Ihr redet nur, wenn ihr aufgerufen werdet.

3. Solltet ihr euch mitteilen wollen, dann gebt mir dies durch einen Fingerzeig bekannt. Hebt dazu den rechten oder linken Zeigefinger senkrecht in die Höh. Schnipsen, Räuspern, Husten oder ähnliches ist untersagt!

4. Lachen ist verboten.

5. Jeder hat die Pflicht seine Hausaufgaben ordentlich und respektable zu erledigen.

6. Ungehorsam wird nicht geduldet.

7. Jeder Schüler hat pünktlich zum Unterricht zu erscheinen, ansonsten muss er in die Bibliothek. Die Stunde wird dann in der Freizeit nachgeholt.

8. Zum Stundenklingeln befindet ihr euch alle stillschweigend auf euren Plätzen.

9. Die Tafel sollte vom jeweiligen Ordnungsdienst so gesäubert werden, dass ich mich darin spiegeln kann.
 

...
 

Harry gähnte. Ron war schon am Ende seiner Kräfte. Hermine schüttelte unablässig fassungslos den Kopf. Ab und zu hörte Harry wie sie "Das glaub ich ja nicht!" oder "Das ist doch lächerlich!" flüsterte.
 

Harry rieb sich müde über die Augen. Sehnsüchtig schaute er aus dem Fenster. In der nächsten Stunde hätten sie Zaubertränke, was jedoch wegen Snapes Abwesenheit ausfiel. Somit hatten sie frei. Er überlegte, was sie in der freien Zeit unternehmen konnten. Vielleicht sollten sie mal bei Hagrid vorbeischauen. Harry interessierte es, was sich inzwischen, während er bei den Dursleys gegammelt hatte, ereignet hatte. War das Bündnis mit den Riesen zustande gekommen?
 

Er stupste Ron an, der schlaff auf seiner Bank hin und leise stöhnte, als er den dreiundzwanzigsten Punkt auf der Liste las: Jeder, der mich trifft, hat mich zu grüßen!
 

"Hey, Ron. Kommst du nachher mit zu Hagrid." Er nickte schwach. Doch ein Leuchten in seinen Augen verriet, dass er nun wieder einen Grund zum Überleben hatte.
 

Harry grinste und schlug seinem Freund auf die Schulter. "Du schlägst dich sehr tapfer!" Ron schmunzelte müde und gab einen tiefen langen Seufzer von sich. "Wann ist diese Stunde endlich vorbei?" Träge schloss er seine Augen und begann zu dösen.
 

Harry widmete sich schweren Herzens wieder der unendlichen Liste. Seufzend fuhr er die Reihen entlang und setzte sehr weit unten wieder mit Lesen ein:
 

98. Bitte tragt keine Kleidung mit Karomuster. Dagegen bin ich allergisch und

reagiere ungehalten.

99. Ich verbiete Kritik an meiner Arbeitsweise zu äußern!

100. Es ist verboten mir diverse Gifte in den morgendlichen Tee zu schütten.
 

Harry konnte erkennen, dass noch eine letzte, die 101. Regel, an den unteren Rand gequetscht wurde, die besagte: Die dunkle Magie darf nicht missbraucht werden!
 

Es klingelte. Aus jeder Ecke hörte man erleichtertes Aufatmen und jeder stürmte, so schnell er konnte, aus dem Raum.
 

Professor Spruce schrie ihnen noch hinterher. "Solltet ihr alle Regeln befolgen werden wir uns prächtig verstehen."
 

Hermine knallte ihre Bücher zu, in denen sie nach der fünfzigsten Regel gelesen hatte und stapfte miesgelaunt hinter Ron her. Harry hintendrein.
 

"Das ist doch nicht zu fassen", wetterte sie die langen Flure entlang. "Das ist kein Lehrer, das ist eine Krankheit. Kratzt euch die Essensreste aus den Zähnen!" wiederholte sie eine der Regeln und schüttelte völlig überhitzt den Kopf. "Nicht zu fassen."
 

"Hoffentlich geht der am Ende des Jahres wieder", grummelte Harry. Ron stöhnte. "Der bleibt ein ganzes Jahr?" Er hieb wütend seinen Fuß in den Staub. "Der Typ is nich mehr ganz dicht. So wie der schon redet und geht." Er lächelte matt über seine eigenen Worte, doch dann verdüsterte sich sein Gesicht wieder und als Harry seinem Blick folgte, erkannte er auch den Grund. Jinathan Riddle kam den Gang entlang stolziert. Fies lächelnd hielt er auf Hermine zu, die ihn einfach aus dem Weg fegte. "Ach, lass mich in Ruhe!" Riddle sah ihr amüsiert hinterher. "Das ist heut echt nicht mein Tag", fuhr sie erregt fort zu zetern. "Warum bin ich überhaupt aufgestanden? Wahrscheinlich ist alles Peeves Schuld. Mit leerem Magen wird jeder ungenießbar."
 

Jinathan kam lächelnd auf Harry zu und rempelte ihn an der Schulter. Im Vorbeigehen wisperte er: "Sehr temperamentvoll, die Kleine!" Harry drehte sich zornig um, doch Jinathan bog schon mit wehendem Umhang um die nächste Ecke. Als er noch einmal zurückblickte lag wieder etwas gefährliches in seinen Augen und wie immer ein Lächeln auf seinen Lippen.

Duell der Giganten

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 10: Duell der Giganten
 

Die schreckliche Stunde bei Professor Spruce war schnell vergessen, als sie gutgelaunt bei Hagrid in der Hütte saßen und Tee tranken. Ein flackerndes Feuer brannte im Kamin und erwärmte die müden Knochen.
 

Fang, der langsam in die Jahre kam, lag faul vor Hagrids Füßen und döste vor sich hin. Ab und zu konnte man ein leises Schnarchen vernehmen.
 

Hagrid, versunken in einem großen Sessel, lachte laut auf, als Ron ihm von einem der Streiche seiner Brüder erzählte.
 

" ... und dann hat meine Mutter ihnen lebenslänglich Hausarrest aufgebrummt. Naja, sie hat es mittlerweile schon wieder dezimiert. Jetzt gilt es nur noch bis zu ihrem Schulabschluss."
 

Hagrid kämpfte sich aus den Tiefen seines Stuhls und beugte sich zu einer Schüssel Kekse vor. Genüsslich stopfte er sich einen in den Rachen und begann krachend darauf herumzubeißen, dass Harry schon befürchtete, seine Zähne könnten abbrechen.
 

"Auch einen", nuschelte er mit vollem Mund und hielt den anderen die Schüssel unter die Nase. Hermine schüttelte schnell den Kopf. Ron wedelte dankend mit den Händen, lehnte jedoch auch ab. Hagrids große Kulleraugen trafen Harrys. "Aber du möchtest doch sicher einen, Harry." Harry schluckte und nickte tapfer. Hagrid strahlte. Vorsichtig langte er in die Keksdose und zog sich einen besonders kleinen heraus. Dann steckte er ihn todesmutig in den Mund und begann daran zu knabbern. Er war hart wie Stein und schmeckte zu allem Überfluss auch noch nach zusammengekehrter Erde. Hermine, die das Unheil schon kommen sah, verwickelte Hagrid in ein Gespräch. "Ach, Hagrid. Zeigst du mir den letzten knallrümpfigen Kröter, den du noch hast? Ich hab gehört, er soll riesig geworden sein. Das würd ich gerne sehen. Ich überlege noch, ob ich vielleicht eine Seminararbeit über ihn schreibe. Du weißt schon, wie sie leben, wie sie aufwachsen und ähm ..." Sie schaute hilfesuchend zu Ron. Er fuhr sich mit dem Finger über die Kehle.
 

"Und wie sie in der freien Wildnis zurechtkommen." Sie warf Ron einen finsteren Blick zu und drückte Hagrid, der sich über Hermines Interesse für diese "kleinen" Monster freute, aus der Tür, damit sich Harry in Ruhe des lästigen Kekses entledigen konnte.
 

Etwa eine Viertelstunde später kamen sie wieder und die Drei verabschiedeten sich.
 

"Ich hab jetzt was bei dir gut, Harry", meinte Hermine seufzend, als sie auf dm Weg zum Schloss waren. "Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich diese Viecher hasse. Hagrid in allen Ehren, aber das er sich dieses Monstrum als Haustier hält..." Sie klopfte sich den Staub aus dem Umhang und betrachtete eine angesengte Ecke. "Das Vieh hätte mich am liebsten geröstet."
 

Sie hatten das große Portal erreicht und stiegen die mächtige Marmortreppe empor, als ihnen Jinathan entgegen kam. "Du." Er zeigte auf Harry. "Mitkommen!"
 

"Wohin", fragten die drei Freunde wie aus einem Munde.
 

"Zu dem bärtigen Oberguru", antwortete der Neue lässig.
 

Ron sprang zornig drei Stufen empor, um sich den Neuen zu schnappen, doch Hermine packte ihn am Umhang und zog ihn zurück.
 

"Kriegsrat", befahl sie und die drei zogen einen Kreis und steckten ihre Köpfe in die Mitte. "Der hat Dumbledore einen Bärtigen genannt", schnappte Ron verärgert. "Der denkt wohl, er kann sich alles erlauben?"
 

"Aber es ist doch nun mal eine Tatsache, dass Dumbledore bärtig ist", beschwichtigte ihn Hermine. "Willst du ihn jetzt verteidigen?" fragte Ron beleidigt.
 

"Leute", unterbrach Harry die beiden. "Beruhigt euch mal wieder. Ich werd jetzt einfach mit ihm gehen und dann wissen wir, was los ist."
 

"Du willst mit ihm gehen? Was ist, wenn das nur ein Trick ist? Vielleicht will er dich in ein stilles Kämmerchen locken und dir dann dein Lichtlein ausknipsen", warf Ron besorgt ein. Hermine lachte. "Du hast eindeutig zu viel Fantasie, Ron. Niemand knipst hier irgendwem ein Licht aus!" Harry nickte zustimmend. "Ich glaube, sein finsterer Blick hat dir zu viel Angst eingejagt." Ron schnaubte. "Ach Unsinn. Niemand jagt mir Angst ein. Dieser Neue schon gar nicht!"
 

"Okay, dann ist ja endlich alles geklärt und wir sind genauso weit wie vorhin", meinte Harry. "Er wird mich nicht umbringen und Ron bringt ihn nicht um. Dann sind alle glücklich." Er grinste und sprang flink die letzten Stufen empor. Jinathan wandte sich sofort wortlos um und betrat das Schloss. Harry trottete brav hinterher.
 

"Ich trau dem Kerl nicht", zischelte Ron.
 


 

Dumbledore empfing die beiden vor seinem Büro. Hinter ihm schloss sich gerade die Geheimtür, die in den Turm zu seinem Zimmer hinaufführte.
 

"Ah, Harry, da bist du ja. Ich wollte noch einmal mit dir wegen dem Duellierclub sprechen." Er lotste die beiden Jungen in einen leeren Klassenraum und bat sie sich zu setzen. Jinathan ignorierte den Big Boss und blieb stehen, während Harry der Geste folgte.
 

"Ich habe beschlossen, neben dir, auch noch Jin als Helfer im Unterricht einzusetzen", erklärte der große Bärtige. "Jin?" Harry zog die Stirn in Kraus. Dumbledore deutete auf seinen Gegenüber. "Jinathan. Er wird dir und Professor Spruce zur Hand gehen."
 

Harry stöhnte. "Professor Spruce leitet den Duellierclub?" Dumbledore nickte. "Das hab ich jedenfalls gestern verkündet." Harry senkte den Blick auf seine Füße. "Ich möchte sie ja nicht kritisieren, aber haben sie den Mann schon getestet, ob er als Lehrer geeignet ist." Dumbledore schmunzelte. "Ich hab ihn nicht ausgesucht. Das war deine Hausleiterin, Professor McGonagall. Und ich vertraue ihrem Urteil." Er zwinkerte ihm zu.
 

Dann begann er ihnen zu erklären, wie sie den Unterricht gestalten sollten.
 


 

"Was hat er gewollt", fragte Ron, als Harry ihnen entgegen kam.
 

"Es ging um den Duellierclub", erzählte Angesprochener. "Ich soll mir mit Jin einen Kampf liefern und den anderen somit demonstrieren, wie man sich bei einem Duell verhalten soll."
 

Ron reagierte wie Harry zuvor. "Jin?"
 

"Der Neue. Jinathan. Jin ist eine Abkürzung. So ne Art Spitzname."
 

"Und du musst mit ihm kämpfen?" Harry nickte. "Wir beide sollen den Club leiten." Dann fügte er leise hinzu: "Zusammen mit Professor Spruce."
 

Hermine und Ron klappten die Kiefer runter. "Ich glaub mein Schwein pfeift", würgte Hermine hervor. "Du, er und der? Na halleluja."
 

"Solltest du dich einmal mit unseren lieben Professor duellieren, dann müssen wir noch ein paar todbringende Flüche nachschlagen und üben", schlug Ron vor. "Oder Amnesie. Das hat bei Lockhardt wunderbar funktioniert."
 

"Moment mal", stoppte sie Hermine. "Heißt das, wir haben zusammen mit den Slytherin Unterricht?" Harry nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf. "Wir haben mit allen Schülern der Klassenstufen drei bis sieben zusammen Unterricht. Deshalb wird uns auch die Große Halle zur Verfügung gestellt."
 

Ron kramte in seiner Jackentasche und zog seinen zerknüllten Stundenplan, an dem er bereits seine Wut über einen gewissen Professor mit einem ausklappbarem Garderobenständer ausgelassen hatte, heraus.
 

"Wir haben morgen in der dritten und vierten Stunde Duellierclub", berichtete er.
 

Harry nickte zur Bestätigung.
 

"Das ist aber keine sehr lange Lebensspanne mehr, Harry", meinte sein Freund ernst. "Was möchtest du in deinen letzten Stunden deines Lebens noch unternehmen? Ich erfüll dir jeden Wunsch." Er grinste und Harry boxte ihn verärgert in die Seite.
 

"Du hast eine viel zu hohe Meinung von dem Kerl, nur weil er zufällig den Nachnamen eines gefürchteten Zauberers hat."
 

"Des gefürchtetesten Zauberers überhaupt", berichtigte Ron ihn.
 

Harry zuckte mit den Schultern. "Es ist nur ein Name." Hermine kam Ron zur Hilfe. "Wir sollten trotzdem noch einmal ein paar Flüche durchgehen, die wir letztes Jahr zum Trimagischen Turnier herausgesucht haben. Es kann nicht schaden, wenn du gut vorbereitet bist." Harry nickte geschlagen. "Meinetwegen."
 


 

"Schaut euch das an!", rief Ron hinter einem Berg von Büchern hervor, die sie aus der Bibliothek bis in den Gemeinschaftsraum geschleppt hatten.
 

"Hier gibt es einen Fluch mit dem man Tote wiederbeleben kann, die erst vor wenigen Minuten verstorben sind. Oh!" Er stutzte. "Wie unangenehm!" Hermine hing schräg auf ihrem Stuhl, um Ron, an ihren Büchern vorbei, einen fragenden Blick zuzuwerfen.
 

"Was ist unangenehm?"
 

Ron räusperte sich, hob das Buch und deutete auf ein Bild. "Hab gerade entdeckt, was mit den Menschen passiert, die Leute wiederbeleben. Kein schöner Anblick. Ich sollte mir wirklich noch einmal überlegen, ob ich für Harrys Wiederbelebung meine Schönheit aufs Spiel setze."
 

Hermines Miene verdüsterte sich. Rons letzte Antwort hatte sie gar überhört. "Man sollte die Toten ruhen lassen. Ich hätte nicht sonderlich Lust zweimal zu sterben."
 

"Könntet ihr eure Begräbnisstimmung mal begraben und euch wieder meinem Leben und Überleben widmen?" fragte Harry, dessen Kopf hinter einem staubigen Buch verschwunden war. "Hermine, ich brauch deine Hilfe. Ich hab hier was gefunden, was ich gerne mal versuchen möchte. Ein Schleuder-Fluch. Kann sowohl Dinge als auch Menschen wegpusten." Hermine keuchte. "Willst du das an mir ausprobieren? Warum nimmst du nicht Ron? Der ist viel besser im Umfallen." Ron protestierte.
 

"Hermine, du sollst doch bloß ein Kissen halten", erklärte Harry. Er reichte ihr eines von Professor Trelawneys Sitzpolstern, dass er heimlich mitgehen lassen hatte. Ron schüttelte belehrend mit dem Zeigefinger. "Wenn sie das in ihrer Kristallkugel gesehen hat, gibt es Ärger. Oder vielleicht liest sie es morgen in ihrem Kaffeesatz."
 

Hermine schnappte sich das Kissen und warf Ron einem zweifelnden Blick zu. Sie hasste Wahrsagen und hatte es letztes Jahr geschmissen, da sie in diesem Fach keine Bücher auswendig lernen konnte. Außerdem besaß sie kein inneres Auge!
 

"Halt es so fest, wie du kannst", befahl Harry. "Ich muss es dir entreißen können." Hermine krallte ihre Finger in den Stoff und verlagerte ihr Gewicht, sodass sie festen Stand hatte.
 

"Panchior!" rief Harry laut. Nichts geschah. Ron grinste. "Der Zauber ist aber gefährlich. Pass auf, dass du Hermine nicht umbringst." Harry funkelte wütend. "Panchior!" rief er noch einmal. Diesmal zitterte das Kissen in Hermines Hand schon. "Panchior!" Hermine krampfte sich verzweifelt an ihren Schatz. "Panchior!" Harrys Blick schien das Kissen regelrecht zu durchbohren. Hermine lehnte sich nach vorne, denn das Sitzpolster in ihrer Hand begann kräftig zu zerren und zu drücken und drohte sie umzustoßen. Harry holte tief Luft. "Panchior!" Hermine schrie entsetzt auf, stolperte nach hinten und fiel. Das Kissen wurde heftig gegen ein Fenster geschleudert, prallte ab und landete polternd auf der Gestürzten. Ron klatschte begeistert. "Das war ja geradezu umwerfend!" Hermine rappelte sich benommen auf und schmiss Ron das Kissen gegen den Kopf. Sofort entbrannte eine stürmische Kissenschlacht. In der nächsten halben Stunde war ans Üben nicht mehr zu denken.
 


 

Am Tag des Duells konnte sich Harry die ersten beiden Unterrichtsstunden überhaupt nicht konzentrieren. Dies ließ sich nicht allein mit der Aufregung vor dem bevorstehenden Kampf begründen, denn nebenbei zerrte auch eine quälende Müdigkeit an seinen Knochen. Er hatte bis spät in die Nacht mit seinen Eltern gesprochen,
 

die ihm versprachen, ihn immer in den einsamen Stunden besuchen wollten, wenn alle anderen schliefen. Sie hatten ihm viele aufmunternde Worte zugesprochen und viel Glück gewünscht. Doch in ihren Augen war es nur ein kleiner Kampf unter Schülern zu Anschauungszwecken. Harry jedoch fühlte sich zunehmend unwohl bei dem Gedanken, an die bevorstehende "Schlacht". Dieser Jinathan hatte so eine dunkle, bedrohliche
 

Eigenart an sich, die Harry schaudern ließ.
 

Träge wandte er sich wieder Professor Flitwicks Unterricht zu. Dieser führte ihnen gerade vor, wie man in einem Buch die Buchstaben verschwinden lassen konnte, sodass ein Muggel dachte, es sei unbeschrieben. Harry musste sofort wieder an den Brief Voldemorts denken. Und zu allem Überfluss schaffte er es nur alle Vokale aus dem Text zu entfernen. In der nächsten Stunde bei Professor McGonagall sollten sie eine Kerze in eine Fackel verwandeln. Selbst Hermine war zu aufgeregt, um eine vernünftige Verwandlung hinzubekommen. Ihre Fackel bestand aus Wachs und schmolz langsam dahin, sodass sie sich auch noch die Finger verbrannte und den Rest der Stunde nur noch haltlos fluchte.
 

Dann war es soweit. Alle Klassen der Stufe drei bis sieben waren anwesend. Die Große Halle war zum Bersten gefüllt. Die großen vier Haustische waren an die Wände geräumt worden, sodass nun eine große freie Fläche als Kampfplatz zur Verfügung stand. In der Mitte wurde eine kleine Arena durch eine magische Linie abgegrenzt, um die sich die Schüler scharrten.
 

Einige, die schon von dem Duell Harry vs. Jinathan gehört hatten, hatten Banner vorbereitet, worauf Glückwünsche, Anfeuerungstexte oder, im Falle der Slytherins, auch Beschimpfungen prangten. Manche Schüler aus Gryffindor hatten sogar Flaggen mit dem Gryffindor-Löwen mitgebracht.
 

Die Menge tobte. Keiner beachtete den dezent zornig geröteten Kopf des neuen Lehrers. "Ruhe", brüllte er mit vornehmer Aussprache in den Sturm aus Stimmen. "Ich bitte um Ruhe!" Er seufzte leise und richtete seinen Zauberstab gegen die Kehle. "Sonorus!"
 

Mit magisch verstärkter Stimme verschaffte er sich endlich Gehör. "Willkommen zu euren ersten beiden Stunden Duellieren. Wer mich noch nicht kennt. Ich bin Professor Spruce. S - P - R - U - C - E", buchstabierte er langsam, damit auch jeder mitkam.
 

"Ich unterrichte in Verteidigung gegen die dunklen Künste und, wie ihr sehen könnt, auch im Duellieren. Zu meiner Linken und zu meiner Rechten stehen meine beiden Assistenten. Harry Potter..." Jubel brach aus. " ... und Jinathan Riddle", fuhr Spruce unbeirrt mit seiner dröhnenden Stimme fort, die alles hinwegwalzte.
 

"Buuuh!" schrie Ron, als Jinathan erwähnt wurde. Sofort wurde er von Dutzenden Blicken der Slytherins durchlöchert, aufgespießt und erhängt.
 

"Zur Einführung werden die beiden euch nun ein kleines, völlig harmloses Duell demonstrieren" erklärte Mr Garderobenständer weiter.
 

"Harmlos?" Ron schnaubte verächtlich. "Es geht um Leben und Tod!"
 

Hermine rollte genervt mit den Augen.
 

"Ich werde jetzt die Kampfarena verlassen und den beiden den Platz überlassen. Vorher aber noch einige einfache Regeln." Harry stöhnte.
 

"Erstens: Es wird niemand ausgelacht oder beschimpft! Zweitens: Niemand wird beworfen! Und drittens: Es wird keine Beihilfe geleistet! Außerdem verbitte ich mir unsittliche Anfeuerungsrufe." Endlich verließ er den Ring und setzte sich an den Rand, um von dort das Geschehen zu kommentieren.
 

"Fangt an", gab er das Startsignal.
 

Harry starrte Jinathan an. Er starrte zurück. Beide standen regungslos, den Zauberstab in der rechten Hand, darauf wartend, dass der Gegner sich rührte. Jinathan lächelte wie immer. Harry begann sich langsam zu fragen, ob es vielleicht angenäht war.
 

"Ähm, wie wir sehen", begann Spruce wieder zu erzählen. " ... sehen wir nichts."
 

"Das ist ein entscheidender Blickkontakt", rief Fred aus den hinteren Reihen. "Stören Sie nicht ihre Konzentration!" Harry grinste und warf dem rothaarigen Weasley einen dankbaren Blick zu. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Jinathan den Zauberstab hob. "Irritatum! Expelliarmus!" Harry sprang blitzschnell zurück. Ein starker Ruck war durch seine Hand gegangen. Verwirrt sah er herab. Seinen Zauberstab hatte er noch immer fest umklammert. Jinathan hatte zwei Zauber ausgesprochen. Aber was bewirkte der erste? Was hatte er für eine Wirkung? Und wieso hatte ihn der zweite Zauber nicht entwaffnet?
 

Auch die Zuschauer wussten nicht recht, was nun eigentlich geschehen war.
 

"Ah ja", meinte Professor Spruce. "Sehr interessante Mischung. Gut kombiniert."
 

Harry packte seinen Zauberstab noch fester und rief nun ebenfalls einen Zauber. "Stupor!" Nichts geschah. Harry stutzte. Jinathans Lächeln schien noch gemeiner als sonst. "Netter Versuch", meinte er spöttisch. Harry sah verwundert erneut auf seine Hand hinab. Da war sein Zauberstab. Oder doch nicht?
 

"Schau mal!" rief sein Gegenüber und wedelte mit etwas in der Luft hin und her. Es war ein Zauberstab. Harrys. Aber was hielt er dann in der Hand? Wieder sah er hinab. Es war bloß ein Zweig einer Pflanze den er für seinen Zauberstab gehalten hatte. Verärgert über seine Unachtsamkeit warf er ihn weg. Die Slytherins johlten begeistert und schmissen ihm Unfreundlichkeiten an den Kopf.
 

"Harry hat seinen Irrtum erkannt", kommentierte Spruce fröhlich. "Er ist Opfer des Irritatum-Fluches geworden. Nun ist er unbewaffnet. Was wird er tun?"
 

Wenn er das nur wüsste. Harry wurde wütend. Ohne Zauberstab konnte er nicht zaubern. Der Kampf konnte doch nicht schon vorüber sein. Was sollte man von ihm denken?
 

Jinathan ließ die beiden Zauberstäbe in seinen Fingern rotieren.
 

Harry schloss die Augen und konzentrierte sich. Damals hatte er doch auch schon gezaubert. Als er noch bei den Dursleys gewohnt hatte. Er hatte eine Scheibe eines Schlangenterrariums verschwinden lassen. Das war doch auch Zauberei. Er musste es nur stark genug wollen. Komm zu mir, Zauberstab, dachte Harry angestrengt. "Accio!", flüsterte er leise. Er kam sich albern vor. Wie musste das für die anderen aussehen? Harry, mit fest zusammengepressten Augen, angestrengter Miene und zu Kraus gezogener Stirn. Es musste einfach lächerlich aussehen; aber nicht halb so lächerlich, wie die fassungslosen Gesichter einiger Zuschauer, als Harrys Stab plötzlich Jinathans Hand entglitt und langsam auf Harry zu zuckelte. Erregte und überraschte Stimmen wurden laut. "Er hat ohne seinen Zauberstab gezaubert", rief Hermine begeistert. Ron pfiff laut durch seine Zähne. "Los, mach ihn fertig! Zeig es diesem Jinny-Boy!!!"
 

Hermine zog die Brauen hoch. "Jinny-Boy?" Ron zuckte mit den Schultern und grinste.
 

Harry hatte inzwischen die Augen geöffnet, war wenige Schritte vorgesprungen und hatte seinen Stab aus der Luft gegriffen. Ein Blick auf das Gesicht seines Gegners verriet ihm, dass er nicht im Mindesten überrascht war. Entweder konnte er seine Gefühle sehr gut verstecken oder er hatte mit Ähnlichem gerechnet.
 

"Oooh", meinte nun auch Spruce, der sich das Phänomenen nicht recht erklären konnte, doch mit gewichtiger Miene weiter erzählte, um seine Irritation zu überspielen.
 

"Harry hat seinem Gegner den Zauberstab wieder entwendet. Nun stehen die Chancen wieder offen."
 

"Nicht schlecht", gratulierte Jinathan, unbeeindruckt von Spruces Worten.
 

"Bist besser, als ich dachte." Harry nickte grimmig. "Du auch."
 

Dann erhoben beide wieder ihre Zauberstäbe.
 

"Impedimenta!"
 

"Kaminika!"
 

Jinathan versuchte auszuweichen, doch Harrys Lähmzauber hatte ihn schon erwischt. Harry versuchte sich inzwischen unter Jinathans Zauber hindurch zu ducken. Doch auch er wurde getroffen. Sofort spürte er, wie seine Stimme versagte. Der Fluch blockierte sie.
 

"Wie wir sehen ..." erklärte Spruce wieder gewichtig. " ... wurde Jinathan von einem Lähmzauber gestoppt. Und Harry wurde durch einen Stimmfluch am Aussprechen von Zaubern gehindert. Sehr schlau gewählt. Wer wird sich als erstes befreien können?"
 

Jinathan hatte bereits die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf einen Zauber. Leise sprach er einige Worte und kurz darauf konnte er sich wieder bewegen.
 

"Oho", gab Spruce seinen Beitrag. "Jinathan hat sich wieder losgerissen. Wirklich gut!" Harry fluchte, was man allerdings nicht hören konnte, da er keine Stimme mehr hatte. Gegen diesen Neuen war wirklich kein Kraut gewachsen. Er hoffte inständig, dass der Stimmfluch sich bald auflösen würde. Denn ohne Stimme konnte er keine Sprüche aussprechen.
 

"Mister Riddle ist nun eindeutig im Vorteil. Was wird Harry Potter tun?" laberte Spruce lächelnd weiter.
 

Jinathan grinste gehässig und verschränkte die Arme. "Ja, was wird Jinathan jetzt tun?"
 

Ron warf Spruce inzwischen einen giftigen Blick zu. "Den scheint Harrys Schicksal wohl überhaupt nicht zu stören. Armer Harry. Gleich wird er plattgemacht." Er legte die Hände wie einen Fächer an seinen Mund und schrie: "Los Harry, lass dich nicht unterkriegen. Mach den Typen endlich kalt. Wir zählen auf dich!" Hermine warf ihm einen spöttischen Blick zu. "Welch freundliche Worte. Die haben ihn bestimmt aufgebaut", meinte sie sarkastisch. Ron zuckte verwirrt die Schultern. Verstehe einer die Frauen.
 

Jinathan hob lässig seinen rechten Arm. Sein Zauberstab ruhte locker zwischen seinem Daumen und dem Zeigefinger. Wieder stahl sich ein Lächeln auf seine schmalen Lippen.
 

"Stupor", sprach er leise und ein Schockzauber rollte auf den entsetzten Harry zu. Von der Druckwelle erfasst wurde er nach hinten geworfen und prallte schwer auf den harten Stein. Benommen blieb er liegen. Schmerzen durchliefen seine Adern. Er fühlte sich an, als würde sein Blut kochen. Zitternd rappelte er sich auf und rückte seine Brille gerade. Ein Schmerzenslaut entwich seiner Kehle, als nun auch der Schmerz in seinem Kopf explodierte. Ein wohlbekannter Schmerz, den er in den letzten Schuljahren oft verspürte, wenn Voldemort in der Nähe war. Doch Voldemort konnte nicht hier sein. Aber sein Sohn war es. Langsam hob Harry seinen Kopf und starrte in die Augen seines Gegners. Sie waren finster wie die Nacht. Nicht einmal das Licht schien sich darin zu spiegeln.
 

Dieser Blickkontakt war eisig, doch Harry würde ihn nicht verlieren!
 

"Mister Potter hat seine Stimme zurück. Es scheint wieder spannend zu werden", durchbrach die lautsprecherverstärkte Stimme des Professors die Stille.
 

Die beiden Kämpfenden schwiegen. Noch immer ruhten ihre Augen auf denen des Gegenübers.
 

"Warum bist du hier?" durchbrach Harry das Duell. Er sprach leise, sodass nur Jin seine Frage hören konnte. "Hat *er* dich geschickt?"
 

Jinathan ließ seinen Arm sinken. Seine Augen verengten sich bedrohlich.
 

"Wen meinst du?"
 

Harry erhob sich wankend. "Du weißt, wen ich meine. Den Lord! Deinen Vater!"
 

Jinathan ballte seine Hände zu Fäusten. Der Zauberstab ächzte protestierend unter dem plötzlichen Druck.
 

"Er ist nicht mein Vater! Ich hasse ihn", erwiderte Jinathan zornig. Er warf Harry einen hasserfüllten Blick zu und verließ ohne ein weiteres Wort den Kampfring, drängte sich durch die verwunderten Schülermassen und verschwand schließlich aus Harrys Blickfeld.
 

Der Kampf war unentschieden ausgegangen. Doch Harry spürte, dass das letzte Wort noch nicht gesagt war. Der Kampf würde weitergehen. Nicht hier und nicht jetzt. Aber schon in naher Ferne. Und dann würde es keine Regeln geben...

Eine dunkle Nacht

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 11: Eine dunkle Nacht
 

"Ich hasse ihn!" Harry lag mit, hinter dem Kopf verschränkten, Armen auf seinem Bett und starrte an die fahle Decke. Immer wieder hallten Jinathans Worte durch seine Gedanken.
 

Hatte er sich getäuscht und Jinathan war gar nicht Voldemorts Sohn? Es musste unzählige Riddles geben. Der Schmerz in seinem Kopf hätte eine Nachwirkung des Schockzaubers sein können. Aber vielleicht war er doch Voldemorts Sohn und hasste ihn dafür, dass er so grausam war. Harry würde ihn auch hassen, wäre Voldemort sein Vater. Oder nicht? Doch hätte Voldemort seinen Sohn dann nicht so erzogen, dass er wie er werden würde? Grausam und skrupellos. Er würde dann irgendwann in seine Fußstapfen treten und seine Schreckensherrschaft weiterführen. Doch Jinathan war anders. Vielleicht war er wirklich nicht mit ihm verwandt.
 

Harry wälzte sich unruhig hin und her. Er konnte einfach nicht schlafen. Zu viele verworrene Fragen spukten in seinem Kopf und ließen ihn nicht zur Ruhe kommen.
 

Das leise Schnarchen von Ron drang an sein müdes Ohr. Genervt zog er sich die Bettdecke über den Kopf.
 

Sollte er sich bei Jinathan entschuldigen? Er war so unerwartet verschwunden. Hatte er ihn verletzt? Doch wenn er sich entschuldigen würde, bekäme er sicherlich nur eine spöttische Antwort, und dann würde er sich ärgern, dass er sich überhaupt darüber Gedanken gemacht hatte.
 

Seufzend stemmte er die Decke wieder von sich. Sein Kopf wanderte nach links. Ron lag zusammengekullert wie eine Katze in seinem Bett, verknotet in seine Decke und sein Bettlaken, welches er durch sein vieles Gewühle aus der Befestigung gerissen hatte. Harry fragte sich, wie er noch atmen konnte, wenn sich sein Bettzeug wie eine Schlinge um seinen Körper wand. Auch musste es sehr ungemütlich sein, doch Ron schien es nicht zu stören. Friedlich schnarchte er vor sich hin, nur durch plötzliche Schmatzer unterbrochen. Harry lächelte. Vorsichtig nahm er seine Brille von dem kleinen Nachttisch zu seiner Rechten und setzte sie sich auf die Nase. Sofort klärte sich sein Blick und seine Umgebung wurde wieder scharf. Lautlos schwang er seine Füße aus dem Bett und schlüpfte in seine Hauspantoffeln, die bei jedem Schritt leise klackende Geräusche auf dem Parkettfussboden verursachten. Er warf sich eine dünne Jacke über. Auf Zehenspitzen schlich er sich hinab in den Gemeinschaftsraum und verließ den Gryffindor-Turm durch das Porträt der fetten Dame.
 

Die alte Schule war in einen friedlichen Schlaf versunken. Die langen Korridore waren verlassen, nur durch die hallenden Schritte in ihrer nächtlichen Ruhe gestört. Von Filch und Mrs. Norris war keine Spur. In Gedanken versunken lief Harry ziellos umher. Als er schließlich aufsah, bemerkte er, dass ihn seine Schritte in die große Eingangshalle geführt hatten. Er überlegte nicht lange, sondern steuerte direkt auf das große zweiflügelige Portal zu und verließ die alten Gemäuer. Draußen war es kühl. Der Himmel war wolkenverhangen und verdeckte den Blick auf den sanften Mond und die vielen kleinen Sterne. Zahllose Grillen zirpten durch die Dunkelheit.
 

Langsam schlenderte er über die weiten Wiesen in Richtung See. Von fernen sah er das schwache Flackern des Kaminfeuers in Hagrids Hütte. Auch er konnte anscheinend nicht schlafen.
 

Ein leises Platschen zog Harrys Aufmerksamkeit auf sich. Eine dunkle einsame Gestalt hockte regungslos am Ufer des wogenden Sees. Lautlose Kreise durchzogen die glatte Oberfläche des trüben Wassers.
 

Der zusammengekauerte Schatten löste sich aus seiner Starre und hob irgendetwas vom Boden auf. Im weiten Bogen warf er es ins Wasser. Erneut ertönte ein leises Platschen, gefolgt von schweigenden Wellen.
 

Harry schlich sich näher. Schon bald erkannte er Jinathans schmale Gestalt.
 

"Was willst du, Potter?" fragte der Neue, ohne sich umzudrehen. Harry zuckte erschrocken zusammen. Er hatte kein verräterisches Geräusch verursacht, dennoch hatte er ihn bemerkt.
 

"Ähm. Nichts. Ich war nur zufällig hier unterwegs." Jinathan lachte abfällig. Harry verfluchte sich innerlich, für diese alberne Antwort. Natürlich entsprach es der Wahrheit, aber es war wohl kaum das, was der Junge hören wollte.
 

"Ich konnte nicht schlafen", antwortete er schließlich. "Und da wollte ich mir die Beine vertreten. Also nicht, dass du denkst, dass ich dich verfolge oder so. Dazu hätt ich überhaupt keinen Grund." Eigentlich würde er ihm sogar lieber aus dem Weg gehen. Doch das sagte er lieber nicht laut.
 

"Und was machst du hier?" Jinathan sah auf. In seinen Augen konnte Harry schon seine Antwort lesen, die da wahrscheinlich lauten würde: ,Was geht dich das an?'
 

Doch Jinathan schwieg, zuckte nur mit den Schultern und versenkte seinen Blick wieder in den See. Harry war verwirrt und setzte sich nach einigem Zögern neben den Neuen.
 

"Kann ich dich mal was fragen?" setzte er vorsichtig an.
 

Jinathan sah erneut auf. "Ich weiß schon. Du willst wissen, warum ich den Kampfring verlassen habe." Harry nickte leicht. Jinathan zuckte abermals mit den Schultern.
 

"Mir war halt danach." Doch Harry gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden.
 

"Es muss doch einen Grund geben. Du würdest doch nicht einfach einen Kampf aufgeben, nur weil dir danach ist. So ein Typ Mensch bist du nicht."
 

Jinathan ballte zornig die Fäuste. "Woher willst du denn wissen, was für ein Typ Mensch ich bin? Du kennst mich doch gar nicht. Vielleicht hatte ich einfach keinen Bock mehr auf dich und deine peinlichen Kinderspielchen. Ich dachte echt, dass der legendäre Harry Potter mehr drauf hat. Oder war ich dir zu schade für deine wahre Kraft."
 

Harry schwieg verwirrt. "Das nächste mal nimm mich lieber ernst. Sonst wird dir das gar nicht gut bekommen. Ich werde dich nicht noch einmal davonkommen lassen."
 

Wortlos stand er auf und ging. Harry blickte ihm schweigend hinterher.
 

Jinathan hatte leise gesprochen. Kein Zorn oder Hass hatte in seiner Stimme mitgeschwungen und dennoch lag eine greifbare Drohung in seinen Worten, die ihm einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ.
 

Harry hatte durchaus mit ganzer Kraft gekämpft. Er hatte sich nicht zurück gehalten. Auch wenn es ihm schwer fiel, es zuzugeben: Jinathan war ihm überlegen...
 


 

Harry hatte noch einige Minuten schweigend am See verweilt ehe er in Richtung Hagrids Hütte weitergetrottet war. Ob er ihm noch einen Besuch abstatten sollte? Er würde sicher nur mit ihm schimpfen, da er um diese Zeit noch allein unterwegs war. Dann würde er ihm wieder die ganzen Gefahren aufzählen, die ihm drohten. Allen voran Voldemort. Und darauf hatte Harry keine Lust. Er konnte schließlich allein auf sich aufpassen.
 

Oder doch nicht?
 

Harry stieß einen langen Seufzer aus. Jinathan hatte ihn total verwirrt. Warum war dieser Junge nur so furchtbar kompliziert? Harry konnte bei ihm einfach kein Land sehen. Einmal war er total unnahbar und eisig, dann wieder aufbrausend und zornig, ein anderes mal war er spöttisch und gehässig, und dann plötzlich so ruhig und normal, nein, nicht normal, sondern eher - ach, Harry konnte es nicht beschreiben.
 

Zu durcheinander, um einen klaren Gedanken zu fassen, schüttelte er den Kopf, als wolle er alle Zweifel und Sorgen aus seinem Kopf werfen, endlich Ruhe und Ordnung schaffen.
 

Abwesend strich er sich durch sein strubbeliges Haar, welches mal wieder nicht zu bändigen war. Er musste an seinen Vater denken, dessen Haarpracht er geerbt hatte. Er lächelte. Warum machte er sich eigentlich ständig wegen irgendwelcher Dinge Sorgen? Er sollte lieber glücklich sein. Immerhin hatte er seine Eltern wieder, wenn auch nicht für immer. Sein größter Wunsch war ihm erfüllt worden, er hatte seine Eltern kennen gelernt, mit ihnen gesprochen, gelacht und geweint. Und auch wenn über allem ein dunkler Schatten lag, konnte er doch dennoch sein neues Leben genießen.
 

Harry hatte den Waldrand erreicht und blieb stehen. Er erinnerte sich noch sehr gut an die Wesen, die dort drinnen hausten. Einhörner, riesige Spinnen, Zentauren und viele mehr. Obwohl ihm die meisten dieser Wesen friedlich gesinnt waren, verspürte er kein großes Bedürfnis diesen Wald zu betreten. Außerdem war es verboten. Auch wenn er sich nicht immer an die Vorschriften hielt. Diese Regel musste er ja nicht auch noch brechen.
 

Er wollte sich schon wieder umdrehen und zum Schloss zurücklaufen, als er ein schwachen Geräusch vernahm. Erschrocken erstarrte er in der Bewegung. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als wolle es mit Gewalt aus seiner Brust raushüpfen, scheiterte jedoch an seinen Rippen, an die es schmerzhaft hämmerte.
 

Langsam begann sich Harry aus seiner Erstarrung zu lösen. Vorsichtig wanderten seine Augen über den raschelnden Wald. Die dunklen Blätter bewegten sich sacht im Wind und rieben dabei leise aneinander. Harrys Blick fuhr weiter, über Wurzeln, Büsche, Stämme bis hinauf in die Baumkronen. Nichts. Kein Geräusch, keine Bewegung. Er musste sich getäuscht haben. Wahrscheinlich war nur ein verirrtes Tier durch das Gehölz gestrolcht. Erleichtert atmete er aus.
 

Mit einem letzten forschenden Blick in den undurchdringlichen Dschungel aus Blättern und Ästen, drehte er sich auf dem Absatz um und ... Halt! Da war doch schon wieder etwas gewesen. Deutlich lauter, als zuvor. Und auch wesentlich menschlicher. Harry drehte sich verkrampft um seine Achse und starrte erneut in das Dickicht. Mit stechendem Blick versuchte er die Dunkelheit zu durchdringen, zu erleuchten. Doch alles blieb schwarz. Lautlos kramte er seinen Zauberstab aus der Manteltasche. Wenn er ihn benutzte, würde er sich verraten. Aber vielleicht bildete er sich auch alles nur ein.
 

Dann wäre er wenigstens beruhigt und wusste, dass ihm seine gestressten Nerven nur Streiche spielten.
 

Vorsichtig hob er sein wertvolles Zauberwerkzeug, bis es sich ungefähr auf der Höhe seiner Nase befand. Wenn er jetzt zögerte, dass wusste er, würde er nie erfahren, was ihn so aufgeschreckt hatte. Er würde die ganze Nacht kein Auge zu bekommen und sich ewig Vorwürfe machen, so ein Feigling gewesen zu sein. Er atmete noch einmal tief durch und flüsterte schließlich leise "Lumos!". Eine kleine helle Flamme brach aus der Spitze seines Zauberstabes. Die Umgebung um ihn herum nahm allmählich Gestalt an.
 

Harry rechnete in jeder Sekunde damit, dass sich ein dunkler Schatten auf ihn stürzen würde, doch alles blieb ruhig. Niemand kam aus dem Dickicht gesprungen und briet ihm eins mit 'nem Ast über.
 

Harry wagte sich weiter in das undurchdringliche Grau, das sich vor ihm erstreckte. Seinen Zauberstab immer vor sich herschwenkend gelangte er immer tiefer in den Wald. Das warme Flackern des Feuers in Hagrids heimischer Hütte ließ er schaudernd hinter sich zurück.
 

Ein erneutes Rascheln, gefolgt von einem leisen Stöhnen, ließ ihn auf dem Absatz herumfahren. Langsam tastete er sich vorwärts. Bog peitschende Äste zur Seite, sprang über hervorragende Wurzel, die ihn zu Fall bringen wollten. Immer weiter folgte er dem kläglichen Geräusch bis er eine dunkle zusammengekrümmte Gestalt am Boden liegen sah. Harry trat vorsichtig näher. Die Gestalt lag mit dem Gesicht zur Erde, sodass Harry nichts genaues erkennen konnte. Langsam sank er in die Knie und beugte sich über die regungslose Person. Sie hatte dünnes, schwarzes Haar, die Haut war blass, fast weiß, die Hände waren verkrampft in die Erde gekrallt. Unsicher streckte Harry seinen freien Arm aus und drehte die Gestalt vorsichtig auf die Seite. Er konnte nicht verhindern, dass ein leiser verzerrter Schrei aus seiner Kehle drang. Erschrocken hob er seine Hand zum Mund. Seine aufgerissenen Augen wanderten über das fahle Gesicht. Es war Snape.
 

Er sah entsetzlich aus. Seine Wangen waren eingefallen, seine Augen von tiefen dunklen Ringen durchzogen und seine Haut von unzähligen Wunden übersäht.
 

Harry legte ihm zitternd die Hand auf die Schulter, doch es kam keine Reaktion. Snape war bewusstlos. Schnell klemmte Harry sich seinen Zauberstab zwischen die Zähne und griff unter Snapes Arme, um ihn in die Höhe zu ziehen. Er war leichter, als erwartet. Umständlich legte er sich Snapes linken Arm über die Schulter und hielt ihn mit seiner anderen Hand an der rechten Seite fest. Snapes ehemals langen schwarzen Haare waren gestutzt worden und hingen nun in verschieden langen trostlosen Strähnen herab.
 

Er tat Harry Leid. Obwohl er Snape noch nie leiden konnte, da er ihm das Leben oft zur Hölle gemacht hatte, wünschte er ihm nichts derartiges. Snape war in vielerlei Hinsicht ein Tyrann gewesen, der über sie herrschte, sie unterdrückte. Dennoch hatte er ihm schon mehrmals das Leben gerettet.
 

Harry seufzte. Wo war er da wieder hineingeraten? Er hätte im Bett bleiben sollen. Wütend schallt er sich für seine eigenen Gedanken. Immerhin war er Snapes letzte Hoffnung. Wer weiß, was passiert wäre, hätte er ihn nicht gefunden.
 

Verwirrt sah sich um. Woher war er eigentlich gekommen? Der Wald sah überall gleich aus. Überall nur dunkle Bäume, groß und mächtig. Ihre düsteren Schatten schienen nach ihm zu greifen, ihn zu erdrücken. Harry wich wenige Schritte zurück. Verlegen biss sich auf die Unterlippe. Jetzt hatte er schon Angst vor Grünzeug. Er stöhnte genervt und drehte sich suchend im Kreis. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Er hatte sich verlaufen, in einem Wald voller unheimlicher Gestalten.
 


 

Sein Atem ging schnaufend. Die Last auf seiner rechten Schulter schien von Minute zu Minute immer schwerer zu werden, drückte ihn nach unten, gen Erdboden. Erneut peitschte er versteckter Ast auf sein geschundenes Gesicht nieder, schleuderte ihm fast die Brille von der Nase. Torkelnd suchte er Halt an einem dicken kühlen Baumstamm zu seiner linken.
 

Der Zauberstab zwischen seinen Zähnen erzeugte nur ein schwachen Licht, welches nicht einmal in die Richtung leuchtete, in die er wollte. Doch eigentlich war das auch egal, denn jede Richtung schien ihm gleich. Harry hatte schon längst den Überblick verloren. Schon längst jegliches Gefühl für Zeit. Wie lange schleppte er sich nun schon durch die dichten Blätter und Zweige? Wie oft war er schon gestolpert, gestürzt und hatte sich dennoch wieder aufgerappelt? Snape hatte sich ab und zu geregt, leise gestöhnt, doch war nicht aufgewacht. Sein Atem ging rasselnd und übertönte selbst Harrys müdes Keuchen. Wann würde endlich Licht seinen Weg erhellen? Müsste nicht bald die Sonne aufgehen? Die Nacht hätte längst vorüber sein sollen. Dennoch sah Harry rein gar nichts. War er schon zu tief in das Herz des Waldes eingedrungen? So tief, dass sich selbst das Licht nicht wagte, diesen Ort zu betreten. So tief, dass selbst das Rascheln der Blätter verstummte, um keine lauernden Wesen aufzuwecken.
 

Harry schob seine schaurigen Gedanken zur Seite und konzentrierte sich wieder auf den schmalen Weg. Die Sträucher waren seit der letzten halben Stunde - oder waren es nur wenige Minuten? - weniger geworden, wie es Harry schien. Selten verfing er sich nun in Ranken und herabhängenden Zweigen und nur wenige Dornen peinigten seine zerkratzte Haut. Auch kreuzten kaum noch Wurzeln seinen Weg, die ihn mit aller Gewalt versuchten, zu Fall zu bringen. Der Wald schien sich zu lichten, doch wusste Harry nicht, ob dies ein gutes Zeichen war.
 

Snape begann sich erneut zu regen. Harry hielt kurz inne und sah auf seinen blassen Lehrer hinab, der langsam seine Augen öffnete. Verunsichert blickte er sich um. Es war noch immer kein Ende des Waldes in Sicht. Er hätte schon längst draußen sein müssen. Hoffentlich war er nicht die ganze Zeit in die falsche Richtung gelaufen.
 

Snape stöhnte leise und erregte somit wieder Harrys Aufmerksamkeit. Langsam hob er den Kopf und sah sich schwerfällig um. Als sein Blick auf Harry hängen blieb, verzog sich sein Mund zu einem leichten Lächeln. "Potter", würgte er mühsam heraus und versuchte dabei möglichst abfällig zu klingen, was ihm jedoch nicht recht gelingen wollte. Vorsichtig stellte er sich auf seine eigenen Füße und löste seinen Arm um Harrys Schulter. Dieser atmete erleichtert auf, als die Last von ihm genommen wurde.
 

"Was tust du so spät im Verbotenen Wald?" fragte der dürre Mann vorwurfsvoll.
 

Harry hob verwundert eine Augenbraue. "Ich rette Sie!" Snape schmunzelte leicht.
 

"Das gibt zehn Punkte Abzug für Gryffindor!" Harry seufzte und schwenkte seinen Zauberstab suchend im Kreis. "Sie wissen nicht zufällig, wie wir aus diesem verflixten Wald wieder rauskommen?" Diesmal hob Snape eine Augenbraue. "Ich dachte, du rettest mich?" Harry fuhr sich nervös durch die Haare. Mit Snape allein im Verbotenen Wald zu sein, war ihm unheimlich. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen.
 

Der Zaubertränkelehrer lehnte sich schwer an einen nahen Baumstamm und schloss für einen Moment die Augen. Harry beobachtete ihn skeptisch. Er wusste nicht, was er sagen noch tun sollte. Sollte er Snape auf die Geschehnisse ansprechen?
 

"Du bist übrigens in die falsche Richtung gelaufen!" Harry schrak aus seinen Überlegungen. "Wie?"
 

"Na, du kamst doch von dort." Snape zeigte den Pfad hinab, den Harry vor wenigen Minuten beschritten hatte. Er nickte leicht.
 

"Dort liegt aber das Schloss", fuhr Snape mit leiser Stimme fort und zeigte mit seinem Zeigefinger auf einen Punkt zwischen den Blättern zu seiner Rechten. Harry seufzte. "Woher wollen Sie das denn wissen?" fragte er genervt und rieb sich die müden Augen. "Weil das dort, soweit ich weiß, der kläffende hässliche Köter von Hagrid ist."
 

Harry fuhr überrascht herum. Tatsächlich. Nun sah auch er einen kleinen schwarzen Punkt auf sie zustürmen, na ja, wohl eher trotten, denn Fang war auch nicht mehr der Jüngste. Harry freute sich riesig ihn zu sehen, denn wenn Fang in der Nähe war, würde auch Hagrid nicht sehr weit sein. Und wie zum Stichwort entdeckte er just in diesem Augenblick den kräftigen Hünen, der sich durch das Dickicht kämpfte. "Fang", hörte er Hagrids tiefe grollende Stimme durch die Dunkelheit hallen. "Wo bist du? Was soll das? Mitten in der Nacht so ein Radau." Grummelnd kam er näher und hielt plötzlich inne, als er Harry erblickte, der ihn mit großen erleichterten Augen entgegen sah. Fang lag zu seinen Füßen und schlabberte gemütlich an dessen dreckigen Hosen.
 

"Harry? Machst du hier um diese Zeit?" Sein Blick wanderte zu Snape und verharrte dort einen Moment. "Severus, Ihr seht nicht gut aus", stellte er nebenbei fest. Snape verzog spöttisch den Mund. "Ich fühl mich auch nicht gut", gab er knurrend zurück.
 

Hagrid war inzwischen bei Harry angelangt und legte ihm fürsorglich seinen Mantel um die Schultern. Dieser lächelte dankbar.
 

"Ich schätze, ich habe mich etwas verlaufen." Er grinste verlegen. Dann wurde er wieder ernst. "Snape geht es nicht sonderlich. Wir müssen ihn ins Schloss bringen. Dumbledore will ihn sicher sprechen." Hagrid nickte leicht. "Aber dann hast du mir ne Menge zu erklären!" Harry zog unschuldig den Kopf zwischen die Schultern. Gleich würde Hagrid wieder anfangen, alle möglichen Gefahren aufzuzählen, die in diesem Wald lauerten, nicht zu vergessen, die übrigen Schurken, die Harry gerne tot sehen wollten. Doch Hagrids Standpauke fiel aus - vorerst. Langsam trottete er zu Snape hinüber, der noch immer unbeholfen an einem Baum lehnte und einen kläglichen Anblick bot. Kritisch sah er dem Halbriesen entgegen, sagte jedoch nichts, als dieser ihn packte und seinen Arm, wie Harry zuvor, über seine Schulter legte.
 

Langsam verließen sie den Wald, Fang vorneweg, Harry hintendrein. Er war in Gedanken versunken. Zu gern würde er wissen, was Snape erlebt hatte. Doch er traute sich nicht zu fragen. Vielleicht würde Snape nicht darüber sprechen wollen. Besonders nicht mit ihm. Immerhin konnte er ihn noch nie so richtig leiden. Angeblich weil sein Vater Snape einst das Leben rettete. Snape hatte James Potter dafür gehasst. Und dieser Hass hatte sich wahrscheinlich nach dessen Tod auf Harry übertragen. Irgendeinen Sündenbock brauchte man doch immer. Harry seufzte leise. Warum musste er das nur immer sein? Stand auf seinem Rücken denn Zielscheibe? Er seufzte abermals und trottete mit hängenden Schultern Hagrid hinterher, um nicht den Anschluss zu verlieren und sich erneut in diesem Gestrüpp zu verlaufen.
 

Schon bald tauchte der dunkle Umriss des nächtlichen Schloss vor ihnen auf. Harry schien nicht sehr weit in die falsche Richtung marschiert zu sein.
 

Er bemerkte ein stummes Aufatmen Snapes. Er schien sehr erleichtert. Hogwarts musste auch für ihn, wie für Harry, eine Art zu Hause sein. In diesen mächtigen Mauern fühlte man sich geborgen und sicher. Was sicher auch größtenteils Dumbledore zu verdanken war, von dem es hieß, dass selbst der Lord ihn fürchtete.
 

Völlig geschafft schleppte sich Harry die letzten Treppen hinauf und stemmte das große Portal auf. Hinter sich hörte er Hagrid, wie er Snape, dessen Gesicht schmerzverzerrt war, noch die wenigen Meter hinauf hievte. Harry verschwendete keine Zeit. Hastig rannte er die Stufen hinauf, immer zwei auf einmal nehmend. Seine Schritte hallten lang und dunkel durch die einsamen Flure.
 

"Professor Dumbledore", schrie er in die Finsternis. Er wusste den Geheimcode für dessen Büro sowieso nicht, also musste er wohl mit Lautstärke auf sich aufmerksam machen. Filch würde ihn schon hören und zum Direktor bringen. Das laute Poltern der Portalflügel verkündete Hagrids Ankunft.
 

"Professor Dumbledore", brülle Harry erneut.
 

Rasche Schritte wurden laut. Harry drehte sich um seine Achse und erkannte die dürre Gestalt seiner Hauslehrerin, Professor McGonagall. In ihren Augen lag ein böses Glitzern, ihre Arme waren vorwurfsvoll in die Hüften gestemmt und ihr Mund war ärgerlich verzogen, als würden gleich Flüche auf ihn niederprasseln. Doch Harry konnte nur erleichtert lächeln, was seine Lehrerin sehr verwirrte.
 

"Gut, dass ich Sie treffe. Sie müssen Professor Dumbledore sofort herholen. Snape ist wieder da. Aber er ist verletzt", sprudelte es aus dem Jungen heraus. McGonagalls böse Miene wich der Besorgnis. Ohne ein Wort zu verlieren stürmte sie an Harry vorbei in Richtung Dumbledores Büro. Harry hörte, wie sie ,Milka' brabbelte und schon schwang der steinerne Wasserspeier zur Seite. Harry runzelte verwundert die Stirn. Milka?
 

Wenige Minuten vergingen und Dumbledores weißer Schopf tauchte aus der Öffnung, gefolgt von (°^_^) Spruce und schließlich Madam McGonagall. Harry hüpfte unruhig von einem Bein aufs andere. Doch durch Dumbledores freundliches Lächeln wich die Unruhe von ihm ab, als hätte der alte Magier sie einfach fortgefegt. Ruhig blieb er stehen und wartete, bis die Lehrer zu ihm aufgeschlossen hatten. In knappen Worten erklärte er, wie er Snape gefunden hatte und führte sie in die Eingangshalle, wo Hagrid schon wartete. Snape saß zusammengekauert auf der untersten Stufe der großen Treppe.
 

Ein leises Scharren durchbrach die Stille. Harrys Blick wanderte zum Portal, welches sich erneut öffnete. Hinein trat eine schmale Gestalt. Harry war nicht minder erstaunt, als er Jinathan erkannte. Er hatte angenommen, dass der Junge, nachdem sie sich am See im Streit getrennt hatten, gleich wieder ins Schloss zurück gegangen war. Doch auch er hatte wohl keine Ruhe finden können. Sein Blick schwenkte wieder zu Snape, der noch immer wie ein Häufchen Elend auf den Treppen hockte, den Kopf in den Armen verborgen. Er schien sehr erschöpft. Erst jetzt, im hellen Licht der Eingangshalle erkannte Harry die dunklen Ringe unter seinen Augen und die tiefen Falten in seinem Gesicht. Leise trat er neben Dumbledore die Treppen hinab. Snape hob leicht seinen Kopf und blickte auf. Sein Blick fiel auf Jinathan, der sich ebenfalls langsam näherte.
 

Die Augen des Zaubertränkelehrers weiteten sich vor Schreck. Jin warf ihm einen kühlen Blick zu und stieg dann desinteressiert die Treppen hinauf, vorbei an Harry und den anwesenden Lehrern. Er sagte kein Wort, warf ihnen keine Blicke zu. Harry sah ihm verwirrt hinterher, dann blickte er zu Snape. Warum hatte er so entsetzt geschaut? Kannten sich die beiden? Aber woher?
 

Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn zusammenzucken. Dumbledore sah freundlich zu ihm herab. Er lächelte. "Das kann ja was werden."
 

Harry verstand gar nichts mehr. Dumbledore schritt wortlos die letzten Stufen hinab und beugte sich zu Snape herunter. Sie wechselten einige leise Worte.
 

Dann ging alles ganz schnell und Harry hatte es am nächsten Morgen nur noch verschwommen in Erinnerung.
 

Dumbledore schickte Spruce, um Madam Pomfrey zu informieren, die sich um Snapes Wunden kümmern sollte. Gemeinsam brachten sie ihn anschließend auf die Krankenstation und Harry wurde ins Bett geschickt. Hagrid begleitete ihn noch bis in den Gemeinschaftsraum, wünschte ihm eine Gute Nacht und trottete dann ebenfalls zurück zu seiner Hütte.
 

Lange konnte Harry nicht einschlafen, denn zu viele Bilder spukten in seinem Kopf. Jin und Snape, ein eisiger Blickkontakt. Dies war wahrlich eine dunkle Nacht. Was für ein Tag würde folgen? ...

Geister, die ich rief...

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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A/N: So, da ich mit dem neuen system nicht klar komme und ich meine FFs nicht im Chaos hinterlassen wollte, musste ich alle Kapitel nach der 11 noch mal löschen und sie neu anordnen, weswegen auch meinen schönen Kommentare futsch sind (es waren mal 112 *heul*)
 

~*~
 

chapter 12: Geister, die ich rief...
 

"...rry? Harry?" Leise Stimmen drangen an sein Ohr. Endlich schien er Schlaf gefunden zu haben. Endlich, nach langem unruhigem Hin und Her, war er eingeschlafen und nun riss man ihn wieder zurück in den Wachzustand. Grausame Welt.
 

Müde hob er die Augenlider. Helles Licht quälte seine empfindliche Netzhaut. Stöhnend hielt er sich die rechte oder war es die linke (furchtbar, wenn man so früh am Morgen zum denken gezwungen wird °^_^) Hand vor sein Gesicht.
 

"Harry!" Die Stimme klang nun langsam verärgerter. "Jetzt wach doch endlich mal auf!" Jemand rüttelte leicht an seiner Schulter. Murrend schob er die Hand weg. "Lass mich schlafen", knurrte er mürrisch.
 

"Du hast jetzt lang genug geschlafen!" meinte der Ruhestörer energisch. Von wegen, dachte Harry. "Jetzt steh endlich auf. Es gibt Neuigkeiten. Snape ist wieder da." Harry drehte sich genervt auf die Seite. "Ich weiß", murmelte er gelangweilt.
 

Eine kurze Pause entstand. Dann drang wieder diese Stimme in seine Gedanken. Diesmal klang sie verwundert. "Was soll das heißen, du weißt?"
 

Harry schob die Bettdecke wütend beiseite. "Mensch Ron, du raubst mir echt den letzten Nerv. Im Gegensatz zu dir hab ich nicht die ganze Nacht gemütlich durchgeschnarcht."
 

Ron stand vor seinem Bett und sah ihn verwirrt an. Es sah seinem Freund nicht ähnlich so leicht aus der Haut zu fahren. Und ein Morgenmuffel war er normalerweise auch nicht.
 

"Wie meinst du das?" fragte er schließlich unsicher, als Harry sich die Brille auf die Nase schob und seine Harre zu ordnen begann.
 

"Was?" murmelte Harry noch immer ganz verschlafen.
 

"Wieso bist du denn so muffelig?" entgegnete Ron langsam beleidigt. "Und warum sieht dein Schlafanzug aus, als wärst du damit durch den Wald gerobbt? Und wieso hast du da so'n Grünzeug in den Haaren?"
 

Harry lächelte leicht, was Ron ein wenig entspannte. "Weil ich heute Nacht tatsächlich durch den Wald gerobbt bin." Er grinste, was jedoch gleich in langes Gähnen überging. "Ha nähich Shape gefunn", versuchte er mit weit geöffnetem Löwenmaul zu erklären. Ron sah ihn mit gerunzelter Stirn an und überlegte ein paar Sekunden. Dann schüttelte er den Kopf. "Tut mir Leid. Bitte noch mal so, dass es ein Normalsterblicher versteht."
 

Harry zwang sich endlich den Mund wieder zu schließen. Dann erzählte er noch einmal. "Ich bin heute Nacht im verbotenen Wald über Snape gestolpert." Ron riss erstaunt den Mund auf, aber nicht wie Harry zuvor, um herzerreißend zu gähnen, sondern um seine Verwunderung ordentlich zur Geltung zu bringen. Harry entledigte sich inzwischen seines zerrupften Schlafanzugs, kramte sich eine Hose und ein frisches Hemd aus dem Schrank und schnürte sich anschließend seinen schwarzen Umhang um.
 

"Warum hast du mich nicht geweckt?" fragte Ron aufgeregt.
 

Harry trottete langsam die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinab. "Weil du mich dann genauso wie jetzt mit Fragen gelöchert hättest und darauf hatte ich keine Lust", meinte er trocken. Ron schnaubte verärgert hinter ihm. Harry versank erneut in ein erbarmungsloses Gähnen und glaubte schon seinen Kiefer knacken zu hören.
 

"Meine Güte, friss mich nicht gleich auf", ertönte Hermines helle Stimme zu ihm herauf. Verschlafen wischte sich Harry die Gähnes-Tränen (schönes Wort, oder ^_^) aus den Augen und hob die Hand zum Morgengruß, unfähig sie mit Worten zu empfangen.
 

( ~_~ => die Kommunikation geht wegen solcher Schlafmützen den Bach runter *g*)
 

"Ich nehme an, du hast schon von Snapes Auftauchen gehört?" fuhr Hermine fort. Harry nickte träge über sein Gähnen hinweg.
 

"Nein, er war sogar dabei", tönte Ron beleidigt von oben herab.
 

Hermine machte große Augen. "Ehrlich?" Harry nickte erneut. "Hab ihn im Wald gefunden." Hermine seufzte. "Und das sagst du uns erst jetzt?"
 

"Warum nicht? Was hätte es denn geändert, wenn ich es euch gestern Nacht noch erzählt hätte?" Sie zuckte mit den Schultern.
 

"Dann hätten wir wenigstens vor den Anderen angeben können, dass wir es schon vor ihnen wussten", tönte es wieder von Ron herab. Hermine verdrehte die Augen.
 

Dann wurde ihre Miene plötzlich ernst. "Aber sag mir mal lieber, was du um die Zeit allein im Wald treibst? Hast du schon vergessen, dass du-weißt-schon-wer es auf dich abgesehen hat? Bist du wirklich so leichtsinnig?" Harry verdrehte die Augen. "Mensch Hermine, das muss ich mir nachher noch von Hagrid anhören. Einmal reicht wirklich."
 

Hermine funkelte ihn mit einem das-meine-ich-ernst-Blick an und richtete ihm missbilligend den Kragen seines Hemdes. "Wie siehst du überhaupt aus? Dicke Augenringe unter den Augen, ein Mund wie ein Scheunentor und Haare wie ne Vogelscheuche." Harry grinste schräg. "Danke für die Blumen. Das Kompliment geb ich zurück." Hermine wurde rot und schnaubte verärgert. "Ich musste noch lernen. Da ist es etwas später geworden. Aber im Gegensatz zu dir hab ich was vernünftiges gemacht." Harry sah zu Ron und musste grinsen. Auch Ron schien endlich seine Enttäuschung überwunden zu haben und verdrehte gespielt genervt die Augen über Hermines Lernkrankheit. Hermine entging dieser kleine Blickkontakt zwischen den beiden Freunden natürlich nicht, doch sie tat so, als sei es ihr nicht aufgefallen.
 

"Los, kommt jetzt endlich mal in die Gänge. Ich hab Hunger."
 

Gemeinsam verließen sie den Gryffindorturm und schlenderten in die Große Halle.
 


 

Das Getuschel in der Großen Halle war wie immer groß, wenn etwas passiert war.
 

Überall waren erregte Gespräche am Laufen, und an jedem Tisch schien es sich um dasselbe Thema zu handeln, denn Harry konnte immer wieder das Wort Snape aufschnappen. Es schienen die wildesten Versionen zu kursieren. Schon nach wenigen Minuten hatte Harry die verschiedensten Gerüchte über das Auftauchen des Lehrers erzählt bekommen. Einmal hörte er, wie ein Junge aus Ravenclaw berichtete, er habe gehört, dass Snape im Wald mit einer Riesenspinne gekämpft hätte. Ein anderer behauptete, Snape hätte sich mit dem Lord ein Duell geliefert. Und wiederum ein anderer Schüler meinte, Snape habe sich beim Zaubertrank brauen selbst in die Luft gejagt. Harry lächelte schwach. Wie schnell sich doch eine Neuigkeit zu einem Inferno aus Schwachsinn ausbreiten konnte. Natürlich wusste auch Harry nicht, was nun eigentlich mit Snape geschehen war. Doch glaubte er nicht, dass er sich selbst in die Luft jagen würde.
 

Hermine beugte sich zu ihm herüber. "Harry? Was glaubst du, ist mit ihm passiert?" Harry überlegte nicht lange. Er hatte sich schon in der vergangenen Nacht viele Gedanken darüber gemacht. "Ich denke, dass seine Deckung in Voldemorts Reihen aufgeflogen ist. Ich weiß nur nicht, wieso." Hermine nickte, als hätte sie mit den selben Gedanken gespielt.
 

"Weißt du, was ich glaube? Du-weißt-schon-wer hat den Braten gerochen. Ich denke, er wusste längst, dass Snape ihn verraten hatte und nun für Dumbledore arbeitete. Schließlich haben ihn viele seiner Männer im Stich gelassen, als seine Macht schwand. Er wird glauben, dass Snape sich aus Angst auf die andere Seite geschlagen hat. Angst davor, dass er für seine Anhängerschaft bestraft werden könnte." Harry nickte nachdenklich. "Aber wieso taucht Snape dann erst jetzt auf, viele Wochen später. Voldemort - Verzeihung - du-weißt-schon-wer hätte ihn doch schon viel früher massakrieren können. Aber je länger er ihn in seinen Reihen ließ, umso mehr Information bekam Snape doch, die er an Dumbledore weitergeben konnte." Hermine nickte erneut. "Ganz werden wir es wohl nie erfahren, es sei denn, er erzählt es uns." Harry grinste schief. "Wohl kaum." Beide mussten lachen. Snape würde ihnen niemals etwas erzählen. Das einzige, was er tun würde, wäre ihnen ausführlich zu schildern, wie er sie gerne auseinandernehmen und dann Stückchenweise wieder zusammen setzen würde. Die Gliedmaßen wären dann natürlich an einen anderem Platz, als zuvor, versteht sich.
 

"Was tuschelt ihr denn da", mischte sich Ron in das Geschehen, der sich allmählich ausgeschlossen vorkam. "Wir spekulieren nur, um es den anderen Haustischen gleich zu tun", erklärte Hermine. "Was denkst du denn, Ron?" fragte sie mit gespieltem Interesse. Darauf schien er nur gewartet zu haben. "Also meiner Meinung nach, klingt die Idee mit dem Zaubertrank brauen und sich selbst in die Luft zu jagen ganz plausibel." Er grinste von einem Ohr bis zum anderen und spätestens da bemerkte nun auch Harry, dass sein Freund sie nur auf den Arm nehmen wollte. Er seufzte. "Ron, manchmal glaube ich wirklich, bei dir sitzt nicht mehr alles gerade." Er grinste und sein Kumpel grinste zurück. "Na, dann sind wir ja nun schon zu zweit."
 

Hermine schnaubte spöttisch. Das würde noch ein lustiges Frühstück werden und endlich, wie auf ein Stichwort, begannen sich die Teller zu füllen. Nun hielt jedes hungrige Maul für wenige Minuten erst einmal den Mund, um ihn mit feinen Köstlichkeiten zu stopfen.
 


 

"Was meinst du, wie lange wir keinen Zaubertrank-Unterricht haben werden?" hallte Rons Frage durch die leeren Gänge. Sie waren gerade unterwegs zum Nordturm, wo sie eine weitere Stunde Wahrsagen erwartete. Hermine hatte sich von den beiden schon verabschiedet und sich auf den Weg zu ihrem Arithmantikkurs gemacht. Sie hatte Wahrsagen schon lange abgewählt, weil sie diese Art von Unterricht missbilligte. Doch Harry fieberte dieser Stunde schon lange entgegen. Im Gegensatz zu Ron, der dessen neues Interesse stets verächtlich kommentierte, war er seit neustem gefesselt vom Unterrichtsstoff. Sie behandelten die Geisterwelt und die Kontaktaufnahme mit der selbigen. Und da Harry seit kurzem in Kontakt mit seinen Eltern stand, die ihm für einige Zeit in Geistergestalt erschienen, war Harry begierig mehr über Geister zu erfahren.
 

"Ich hoffe doch mal lange," beantwortete er Rons Frage. "Es ist nicht gerade so, dass ich seinen Unterricht lieben würde." Er grinste.
 

Sie passierten die Falltür und tauchten in eine Duftwolke aus Parfüm. Gespielt hustend bahnte sich Ron seinen Weg in die hintersten Reihen, wo er stets pflegte zu schlafen. Harry pflanzte sich wie immer neben ihn und packte unter Rons kritischen Blicken sein Schreibzeug aus. Wieder einmal erschien Professor Trelawney wie aus dem Nichts und eröffnete den Unterricht mit ihrer rauchigen Stimme. "Willkommen meine wissbegierigen Schüler." Ron stöhnte genervt.
 

"Heute werden wir zum ersten Male eure geistigen Fähigkeiten prüfen. Wir werden sehen, ob ihr spirituell veranlagt seid, um mit den Geistern in Kontakt zu treten."
 

Professor Trelawney rückte ihre insektenartige Brille gerade und kam auf Harry zustolziert. Harry schluckte. Was würde jetzt wieder passieren?
 

"Harry... " Oh nein, sie hatte es tatsächlich auf ihn abgesehen. "... der sich in letzter Zeit endlich für unseren Stoff zu begeistern scheint, wird als Belohnung den ersten Schritt machen dürfen," erklärte sie der Klasse. Lavender Brown ließ enttäuscht den Kopf sinken. "Komm vor, Harry." Professor Trelawney winkte ihm freundlich und er erhob sich zögernd von seinem Stuhl und trat näher. Sie bat ihn auf einem rosa Kissen Platz zu nehmen und forderte die anderen auf, sich darum zu scharen. Harry seufzte leise. Ob sie gleich wieder seinen Tod oder sein Geisterdasein voraussehen würde?
 

Professor Trelawney schaute forschend in die Runde. Schließlich legte sie ihre Hände an Harrys Kopf und schloss die Augen. Harry spürte, wie ein leichtes Kribbeln durch seine Haare lief.
 

"Ich werde nun", erklärte die Lehrerin. "... in Harrys Gedanken eintauchen. Dort werde ich nach seinen spirituellen Energien suchen." Sie ließ ihre Hände sacht über seine Schläfen kreisen und begann eine leise Melodie zu summen. Die Schüler wurden mucksmäuschenstill, sogar Ron, was aber wohl eher daran lag, dass er nahe daran war einzuschlafen. Harry versuche seinen Kopf zu leeren, an nichts zu denken. Zwar glaubte er nicht, dass der Professor wirklich seine Gedanken lesen konnte, aber dennoch wollte er nichts riskieren.
 

Professor Trelawney zuckte ein paar mal zusammen ehe sie endlich wieder die Hände sinken ließ und die Augen öffnete. Harry seufzte erleichtert und sah sie fragend an.
 

Professor Trelawney wirkte verwirrt und schien irgendwie an Farbe verloren zu haben.
 

Sie öffnete leicht den Mund. "Nun... unser Harry scheint viel spirituelle Energie in sich zu haben. Doch ich bin auf etwas gestoßen, was ich nicht ganz verstehe." Harry duckte sich leicht. Was hatte sie jetzt schon wieder gesehen? Seine Exekution?
 

"Mir scheint", fuhr sie langsam fort. "... als sei Harry schon längst in Verbindung mit Geistern." Harry wurde blass und die anderen sogen erschrocken die Luft ein.
 

Natürlich, dass hatte er ja ganz vergessen. Die Trelawney wusste ja nichts davon und nun hatte er es ihr Freihaus auf dem Goldteller präsentiert. Dabei wollte er es doch geheim halten, um zu verhindern, dass ihn alle für verrückt hielten. Jetzt half nur noch, es abzustreiten. Wer, außer Lavender Brown und ihrer Freundin, würde dies schon glauben, wo doch so viele ihrer Todesmeldungen schon fehlgeschlagen waren?
 

Er lächelte schräg. "Ach wirklich?" Einige Gesichter entspannten sich wieder. Er grinste breit. "Und ich dachte schon, ich würde wieder sterben." Die Klasse brach in Gelächter aus und auch die letzten Zweifel verflüchtigten sich. Professor Trelawney schenkte ihm einen bösen Blick, der besagte, dass die Sache damit nicht gegessen sei. Doch Harry lächelte nur freundlich zurück und trottete zurück auf seinen Platz.
 

Der Rest der Stunde verlief recht langweilig. Professor Trelawney rief noch einige Schüler nach vorn, um ihre Energien zu testen. Ab und an warf sie einige kritische Blicke in die hintere Reihe, in der Harry verweilte.
 

Am Ende kündigte sie schließlich noch an, dass sie in der nächsten Stunde eine Kontaktaufnahme mit ihrem verstorbenen Onkel wagen würden, der in einsamen Stunden ihr bester Zuhörer war, da er ja alle Zeit der Welt hatte. Dann läutete es endlich zum Stundenende. Harry rüttelte Ron wach.
 

"Nein, ich hab es nicht gegessen. Das waren Fred und George!" Ron schreckte aus seinen Träumen und sah sich verwirrt um. Als er erkannte, dass er noch immer bei Wahrsagen war, sank er stöhnend wieder auf die Bank und wollte weiterschlafen, doch Harry gab ihm zu verstehen, dass die Stunde vorbei war und auf einmal war Ron hellwach und sprintete die Falltür hinab. Harry sah ihm kopfschüttelnd hinterher.
 

Eine knochige Hand auf seiner rechten Schulter ließ ihn zusammenzucken. Professor Trelawney hatte sich unbemerkt genähert und musterte ihn nun durch ihre große Brille.
 

"Harry, willst du mir nicht vielleicht etwas sagen?" Harry schluckte. Musste das jetzt sein? Er schüttelte den Kopf. "Falls sie auf die Geistergeschichte ansprechen, dann muss ich Sie enttäuschen. Es sei denn, Sie meinen den Fast Kopflosen Nick. Der nervt mich ganz oft, ob ich nicht mal wieder auf eine seiner Partys gehen will. Aber dies vermeide ich stets." Er grinste schief und genoss den finsteren Blick seiner Lehrerin. "Harry", setzte sie erneut an, doch dieser hatte sich schon umgedreht und wollte gerade die Treppe hinab steigen. Sie seufzte. "Also gut. Wenn du es so willst." Harry horchte auf. Was hatte sie denn jetzt? "Als ich nach deinen spirituellen Kräften geforscht habe, kam ich nicht darum herum, deine Gedanken und Erinnerungen zu sehen. Sie strömten wie ein Wasserfall auf mich ein, ohne das ich es verhindern konnte. Es ist nicht meine Absicht gewesen, denn die Privatsphäre meiner Schüler ist mir heilig." Sie stockte und rückte ihre Brille gerade, die ihre schmale Nase hinab gerutscht war. Harry hatte sich langsam wieder zu ihr gedreht. Er zeigte keine Regung, doch in seinem Inneren herrschte ein wahrer Kampf. Was hatte sie denn alles gesehen?
 

Harry versuchte eine gleichgültige Miene aufzusetzen und so zu tun, als ob er nicht wüsste, von was sie redete. Er zuckte mit den Schultern. "Und? Was haben Sie denn so gesehen?" Er lächelte, doch es sah wohl eher wie ein gequältes Grinsen aus.
 

Professor Trelawney senkte die Augen. "Es ist wohl besser, wenn du dich erst mal setzt."
 

Harry schüttelte energisch den Kopf. "Ich hab gleich Verteidigung gegen die dunklen Künste. Ich muss los, sonst komm ich noch zu spät und Professor Spruce hat da so eine Liste. Und Punkt 7 - oder war es Punkt 9 - na ja, jedenfalls besagt irgendeine seiner Regeln..." Professor Trelawney unterbrach ihn hastig. "Harry, ich spreche mit Professor Spruce und entschuldige dich. Aber jetzt setz dich doch erst mal und lass uns reden." Harry gab sich seufzend geschlagen und ließ sich zurück auf seinen Platz sinken.
 

"Also, Harry. Willst du mir nicht sagen, was du auf dem Herzen hast?" begann seine Lehrerin mit sanfter Stimme.
 

Harry stützte seinen Kopf auf die rechte Hand und sah gelangweilt zu ihr auf. "Ich dachte, Sie wollten mir etwas erzählen. Von Geistern und so."
 

Professor Trelawney seufzte. "Wie soll ich dir helfen, wenn du dich mir nicht anvertraust?" Harry sprang auf. "Ich will Ihre Hilfe doch gar nicht. Und ich brauch auch gar keine. Sie haben doch damit angefangen, dass ich mit Geistern rede und jeden Moment sterbe. Aber wie Sie sehen lebe ich immer noch. Also wieso sollte ich Ihnen irgendetwas glauben oder anvertrauen?" Er packte seine Tasche und stieg wütend die Treppe in den leeren Korridor hinab. Der Unterricht hatte bereits wieder begonnen. Ziellos irrte Harry eine Weile umher. Sein kleiner Wutausbruch hatte ihm ein schlechtes Gewissen beschert. Im Nachhinein bereute er seine Worte. Seine Lehrerin hatte es ja eigentlich nur gut mit ihm gemeint. Und er hatte so zornig reagiert. Eigentlich hatte er doch keinen Grund dafür gehabt. Aber vielleicht hatte ihn die Tatsache, dass sie seine geheimsten Gedanken und Gefühle gelesen hatte, einfach nur verängstigt. Denn Gedanken und Gefühle sind etwas, was man nicht jedem anvertraut. Sie sind etwas heiliges, das letzte noch wirklich private. Was wäre, wenn die Trelawney es nun einigen Lehrern erzählen würde, wie unsicher er sich fühlte oder was er dachte. Wenn ihn die Lehrer daraufhin mit mitleidvollen Blicken anschauen würden oder im Unterricht wie ein rohes Ei behandeln würden. Das wollte er alles nicht. Er wollte nicht, das die Trelawney seine Gedanken und Gefühle kannte.
 

Wieder war der Zorn in ihm aufgekommen. Abrupt blieb er stehen und schlug wütend gegen eine Wand. Stechender Schmerz durchströmte seine geballte Faust. Dennoch hatte dieser Schmerz eine beruhigende Wirkung auf ihn. Allmählich ließ er seinen Arm wieder sinken und starrte ins Leere.
 

"Kleinen Streit mit der Wand gehabt? Was hat sie denn gesagt?" Harry fuhr erschrocken herum. Es war Jinathan. Er hatte die Hände lässig in den Jackentaschen vergraben und lächelte spöttisch. Langsam trat er näher. Harry wandte seinen Blick wieder in die andere Richtung. "Was willst du denn? Solltest du nicht im Unterricht sein?"

"Das könnte ich dich genauso gut fragen", erwiderte Jinathan trocken.
 

Harry zuckte mit den Schultern. "Mir war halt nicht nach Professor Spruce."
 

Jinathan grinste. "Kann ich mir vorstellen." Harry sah auf. Dieses Gespräch schien ja geradezu freundlich zu verlaufen.
 

Wie zum Stichwort verdunkelte sich Jinathans Miene wieder. "Aber ich bin nicht zum Plaudern gekommen." Harry seufzte leise. Natürlich nicht. Schließlich war er der große fürchterliche Jinathan.
 

"Ich will, dass du mir einen Gefallen tust", fuhr er mit gesenkter Stimme fort. Harry horchte erstaunt auf.

"Ich muss mit Lily und James reden!"

Verwirrende Zeiten

Harry Potter

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 13: Verwirrende Zeiten
 

Harry schnappte nach Luft. "Was?" fragte er entsetzt, unfähig etwas anderes herauszubringen. Jinathan lächelte, so wie man es immer von ihm gewöhnt war. Keineswegs freundlich, aber auch nicht böse. Es war eher ein spöttisches Grinsen, um jedem zu zeigen, wie viel er von ihnen hielt. Als ob ihm alles und jeder egal sei.
 

Harry lehnte sich schwer gegen die Wand hinter ihm. "Aber wie ... woher ... ?"
 

"Du weißt so wenig über mich. Doch ich kenne dich wie kein zweiter!" antwortete Jinathan, ohne Harry zu ende stammeln zu lassen.
 

"Und ich möchte, dass du mich jetzt zu deinen Eltern führst. Du stehst doch mit ihnen in Kontakt, nicht wahr?"
 

Harry verengte seine Augen. "Spionierst du mir nach?" Jinathan schüttelte lässig den Kopf. "Das hab ich nicht nötig. Deine Aura verrät doch alles."

"Meine was? Meine Aura? Aber was... wer bist du eigentlich?"

Jinathan lächelte nun freundlicher. "Auf jeden Fall kein Feind."

Harry entspannte sich wieder etwas. "Und wieso sollte ich dir das glauben? Ich meine, das hat Tom Riddle damals auch behauptet."

Über Jinathans Augen legte sich ein Schatten. Harry sah, dass er ihn damit verletzt hatte, doch er konnte und wollte sich nicht entschuldigen.

Jinathan versuchte seine Enttäuschung zu verbergen und setzte wieder sein Grinsen auf, auch wenn es jetzt eher erzwungen aussah.

"Komm schon, lass mich mit ihnen reden. Mehr will ich doch nicht."
 

Harrys Zweifel wichen allmählich. Er zuckte mit den Schultern. "Aber wie soll ich das machen? Sie kommen doch zu mir. Ich kann sie nicht rufen."

Jinathan senkte den Blick. "Dann sag mir einfach Bescheid, wenn sie mal wieder auftauchen. Es ist wirklich wichtig!"

Hastig drehte er sich weg und lief den Gang hinunter. Bevor er jedoch um die Ecke bog, hielt er noch einmal inne. "Und sag niemanden etwas von unserem Gespräch. Mein Name mit deinem in einem Satz verdirbt meinen Ruf." Er zwinkerte spöttisch und verschwand. Harry lachte verächtlich. "Spinner!"
 

Dennoch staunte er etwas. Jinathan hatte sich gerade richtig menschlich benommen. Sogar nett. Das er so was konnte?

Darüber hinaus hatte er sogar den Ärger über die Trelawney vergessen. Doch nun bohrte die brennende Frage in seinem Kopf: Was wollte Jinathan Riddle von seinen Eltern?

Er konnte es nur auf eine Weise herausfinden. Er musste ein Treffen organisieren.
 


 

"Harry?" Ron kam mit hochrotem Gesicht angespurtet, sodass seine Hautfarbe nun wunderbar zu seinen Haaren passte. "Wo warst du denn? Professor Spruce hat die ganze Zeit nach dir gefragt. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du schwänzt. Ich hätte mitgemacht."

Er blieb keuchend vor ihm stehen und stützte sich, vorn übergebeugt, auf seine Knie.
 

"Aber in letzter Zeit scheinst du ja nicht mehr sehr viel Interesse an meiner Gesellschaft zu haben", meinte er schließlich beleidigt. Harry seufzte, da er wusste, dass sein Freund auf den nächtlichen Waldtrip anspielte. "Ron, es war nicht meine Absicht zu schwänzen. Aber die Trelawney hat mich mit ihrem spirituellen Geister-Energie-Geseiere genervt, sodass ich zu spät kam." Rons Miene hellte sich wieder etwas auf. "Ach was? Sie glaubt wohl wirklich, dass du mit Toten in Kontakt stehst." Er lachte. "Wer weiß. Vielleicht stimmt's ja tatsächlich. Sie suchen dich bestimmt in der Nacht heim, während du schläfst, und dann saugen sie dir Stückchenweise das Blut aus, um so wieder zu Menschen zu werden."
 

"Ron, wie oft soll ich's dir noch sagen?" meinte Hermine, die eben dazukam, genervt. "Du sollst nicht so viel Muggelfernsehen schauen. Und außerdem, Blut trinken nur Vampire und keine Geister. Idiot!" Sie rauschte an ihnen vorbei und war verschwunden.
 

"Idiot", äffte er sie nach und schaute ihr finster hinterher. "Das sie immer alles besser wissen muss!"

Harry musterte ihn verwirrt. "Wo will sie so schnell hin?"

"Was weiß ich?" Ron rümpfte die Nase und drehte sich weg.

"Kann es sein, dass ihr euch gestritten habt?" fragte Harry vorsichtig.

"Und wenn schon", kam die Antwort.

Harry seufzte. "Und worum ging es diesmal?"

Ron schnaubte. "Ach, sie ist so eine blöde Streberin." Knurrend verschwand er in Richtung Speisesaal. Harry glaubte noch so etwas wie "... mir egal. Soll sie doch bleiben wo der Pfeffer wächst" zu hören, ehe er ebenfalls verschwand.
 

Was für ein verwirrender Tag, dachte Harry und versuchte vergeblich seine Gedanken zu ordnen. Was für ein Chaos!
 


 

Die Bibliothek war fast gänzlich leer. Nur vereinzelt sah man einen kleinen Kopf hinter einem viel zu großen Buch hervorlugen.
 

Hermine nieste leise, als der Staub ihr die Tränen in die Augen trieb. Eifrig griff sie nach dem nächsten Buch. Ein riesiger Stapel türmte sich vor ihr auf. Sie nieste erneut und suchte nach einem Taschentuch, fand jedoch keins. Seufzend schlug sie das nächste Buch auf, dessen alte Seiten unter ihren Fingern knirschten und begann es zu durchblättern. Ein weiterer Nieser löste sich. Sie schlug verärgert das Buch zu.
 

Eine Hand genau vor ihrem Gesicht ließ sie aufschrecken. Sie sah auf und erkannte Jinathan.
 

"Was?"

"Du brauchst doch ein Taschentuch, oder?"

Hermine schwieg erstaunt.

"Hier." Er wedelte mit seiner Hand vor ihren Augen herum, worin ein Taschentuch lag.
 

Sie nahm es verwirrt entgegen, benutzte es jedoch nicht, sondern fragte: "Wer hat dich denn umgepolt? Heute mal gar nicht fies?"
 

Jinathan grinste. "Bin ich doch nie!"

Hermine schnaubte verächtlich. "Wie konnte ich dir das bloß unterstellen?" Sie grinste.
 

Jinathan erwiderte es mit seinem typischen Lächeln und, ehe sie sich versah, war ihr Ärger verraucht. Wie war es möglich, dass er ihr plötzlich so sympathisch erschien?
 

"Wo ist denn dein Anhang?" fragte Jinathan in die Stille.
 

"Wer? Ach, du meinst Harry und Ron. Keine Ahnung. Bin schließlich nicht ihr Kindermädchen!"
 

Ihr Gegenüber grinste erfreut und ließ sich auf einen Stuhl zu ihrer Rechten nieder.

"Ich darf doch, oder?"
 

Hermine nickte leicht und schob die Bücher etwas beiseite, um ihren Gegenüber besser sehen zu können.

"Was führt dich an ein so strebsames Plätzchen wie diese verstaubte, vermottete und zu allem Übel mit so vielen unnützen Büchern vollgestopfte Bibliothek?"
 

Jinathan legte den Kopf schräg. "Warum so ironisch heute?"
 

Sie lächelte spöttisch. Ihre braunen langen Haare fielen ihr schimmernd über die schmalen Schultern und tänzelten im sachten Wind spielerisch über ihren schwarzen Umhang. Sie war hübsch, das konnte man nicht leugnen.
 

"Was schaust du so?" fragte sie amüsiert, als sie seinen stechenden Blick spürte.
 

Er hielt inne und sah ihr in die leuchtenden Augen. Ohne ein Wort streckte er seine Hand nach ihren seidigen Haaren aus und wickelte sich eine lange Strähne um den Finger. Hermine hielt seinem Blick stand und wich auch nicht zurück. Angespannt wartete sie darauf, was als nächstes geschehen würde. Sie saßen jetzt ganz nah, sodass sie seinen warmen Atem in ihrem Gesicht spüren konnte.
 

Peng. Die Bibliothekstür flog krachend auf und wäre dabei fast aus den Angeln gesprungen. Herein kam Ron. Zielsicher steuerte er auf Hermine zu, als er Jinathan erblickte. Seine Miene verzog sich leicht, doch er versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Ohne Jinathan eines weiteren Blickes zu würdigen packte er die verdutzte Hermine am Arm und zog sie hinter sich her. Protestierend stemmte sie sich dagegen. "Was ist denn in dich gefahren?" fragte sie mit leicht zornigem Unterton. "Sind wir nicht zur Zeit auf Kriegsfuß, eure Durchlauchtheit? Oder haben wir es uns schon wieder anders überlegt?" Ron ließ sich missmutig los. "Ich hab es vorhin nicht so gemeint. Es tut mir wirklich Leid." Hermine zog die Augenbrauen hoch. "Und wie kommen wir zu diesem plötzlichen Sinneswandel?" Ron winkte ab. "Jetzt hör doch mal endlich auf, so gestaucht zu reden. Ich hab halt meine Meinung geändert!"
 

Hermine stemmte die Arme in die Seiten und schnaubte verächtlich. "Aha. Und nun ist wieder Friede, Freude, Eierkuchen oder wie seh ich das?" Ron lächelte leicht, doch es war nicht das typische spitzbübische Grinsen, wie man es bei ihm gewöhnt war, sondern ein warmes, ehrliches Lächeln. Und wie bei Jinathan verspürte Hermine plötzlich, wie ihr Ärger schwand. Ohne das sie wusste, wie ihr geschah, nahm Ron sie in den Arm und gab ihr einen sanften Kuss auf ihre roten Lippen. Sie hielt erschrocken den Atem an, machte aber auch keine Anstalten, sich zu wehren. Angespannt wartete sie, bis sich Rons Lippen wieder von den ihren lösten.
 

Sie sahen sich lange wortlos in die Augen. Keiner sagte ein Wort, doch beide schienen überrascht von diesem plötzlichen Ereignis, welches ihre ganze Freundschaft auf den Kopf stellen konnte. Auch Ron schien fassungslos über die Tat, die ihn gerade übermannt hatte. Und dann war da noch Jinathan, dessen sonst von Desinteresse gezeichneter Gesichtsausdruck plötzlich in Verwirrung umgeschlagen war.
 

Und in allen drei Köpfen herrschte Chaos.
 


 

Der Abend war schließlich hereingebrochen. Hermine und Ron waren beide wortlos aus der Bibliothek geflüchtet und mieden einander, so gut sie konnten. Harry, der von all dem nichts mitbekommen hatte, versuchte noch immer seine Gedanken zu ordnen und Jinathan aus seinem Sehnerven zu verbannen, dessen trauriges Gesicht immer wieder vor seinen Augen auftauchte.
 

Seufzend ließ er sich auf sein Bett fallen und schloss die Augen, als es an der Tür klopfte. Harry rappelte sich verwundert wieder auf. Wieso sollte jemand an die Tür des Schlafsaals klopfen? Er war doch für alle Gryffindor frei zugänglich.
 

"Harry?" drang eine sanfte Stimme wie zur Antwort durch das dünne Holz. Es war Cho. Aber wie zum Teufel hatte sie den Gryffindor-Turm gefunden? Kein Haus kannte den Standort der anderen.
 

Er sprang auf und öffnete die Tür, durch die sie nicht unaufgefordert einzutreten wagte. "Wie kommst du denn hierher?" machte er seiner Frage Luft.
 

"Ginny hat mich hergeführt. Ich wollte nämlich unbedingt mit dir reden." Harry schloss die Tür und gestikulierte ihr, sich auf sein Bett zu setzen.
 

Leicht schüchtern fragte er: "Worüber möchtest du denn mit mir reden?"
 

Cho nahm Platz und senkte unruhig den Blick. Auch sie schien auf einmal nervöser als sonst. "Wir gehen nun schon vier Jahre gemeinsam nach Hogwarts. Und dennoch hab ich dich erst während der Zugfahrt richtig kennen gelernt." Sie lächelte und holte erneut tief Luft, um ihre Unruhe zu ersticken. "Was du und deine Freunde schon alles erlebt haben scheint für mich wie eine der unzähligen Abenteuergeschichten, wie man sie aus Büchern kennt. In deinem Fall würde das Buch wohl den Namen ,Harry Potter' tragen." Sie lächelte erneut. Harry schien es, als ob sie sich unzählige Male überlegt hatte, was sie sagen wollte, und den Text schließlich auswendig gelernt hatte. Dennoch hatte er das Gefühl, dass sie eigentlich auf etwas ganz anderes hinauswollte. Doch er hörte schweigend zu und unterbrach sie nicht.
 

"Du scheinst ein ganz anderer zu sein, als der, für den ich dich immer gehalten habe. Und ich hatte echt Angst, als du uns allen erzähltest, was du schon alles durchgemacht hast. Trotzdem bist du immer so fröhlich drauf. Ich beneide dich darum. Ich wünschte, ich könnte auch so unbekümmert sein." Sie senkte wieder ihren Blick und betrachtete ihre schlanken ausgestreckten Beine.
 

"Das mit Cedric muss furchtbar für dich gewesen sein. Aber trotzdem seh ich dich lachen. Das gefällt mir so an dir. Du bist lebensfroh, egal was kommt. Dennoch hat Hermine recht, wenn sie sagt, dass du nicht alle Verantwortung und Sorgen alleine tragen kannst, denn irgendwann wirst du unter dieser Last zusammen brechen." Sie sah ihm tief in die Augen und Harry spürte, wie ihn eine wohlige Wärme durchströmte. Cho, dieses wunderschöne Mädchen, saß zum greifen nah und er wusste, dass sie jedes Wort ernst meinte und schon längst nicht mehr an ihrem zurechtgelegten Text festhielt. Nun sprach sie aus wahrer Überzeugung. Und Fürsorge. Harry fühlte sich in diesen Momenten richtig glücklich.
 

"Und ich wollte, dass du weißt, dass du dich nicht nur an deine Freunde, sondern auch an mich wenden kannst. Denn auch ich möchte gerne deine Freundin sein." Sie nahm seine Hand und drückte sie sanft. "Ich hab dich sehr gern, Harry." Er errötete leicht und schloss seine Finger um die ihren. Dann schlossen beide ihre Augen ...

Jinathan

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 14: Jinathan
 

Jinathan lag auf seinem Bett im Slytherin-Jungen-Schlafsaal und starrte gedankenverloren an die weiße Decke.
 

Noch immer war das Bild von Ron und Hermine vor seinen Augen, egal wie oft er bereits versuchte hatte es wegzuzwinkern. Es war, als hätte es sich in seine Netzhaut eingebrannt, um ihn damit zu ärgern. Nicht das es ihn ärgern würde. Es war ihm doch egal, mit wem sich diese Hermine herumknutschte. Aber warum musste er dann immer daran denken und warum verspürte er diese leichte Eifersucht in seiner Brust?
 

Er drehte sich zur Seite und zog die Beine an. Sein Blick fiel auf das leere Nachbarbett. Es hatte einmal Draco Malfoy gehört, dem Sohn eines Todessers. Nach Voldemorts Auferstehung hatte dieser seinen Sohn jedoch lieber von der Schule genommen. Doch das war Jinathan egal. Er wusste, dass er sich mit Malfoy nicht gut verstanden hätte. Ebenso wie mit den meisten Jungen aus seinem Haus. Aber er war auch nicht interessiert an irgendwelchen Slytherin-Freundschaften. Überhaupt: Er hasste es ein Slytherin zu sein. Er war nur aus einem Grund nach Slytherin gekommen. Dennoch quälte ihn eine bohrende Frage. War er seinem Vater doch viel ähnlicher, als er dachte? Er schüttelte sich vor Widerwillen. Nein, auf keinen Fall wollte er wie sein Vater sein. Jinathan hasste es, nur an ihn denken zu müssen. Und er hasste das, was aus ihm geworden war. Für ihn war sein Vater längst gestorben. Wer weiß, vielleicht hatte er auch nie einen richtigen Vater gehabt. Es wäre wohl besser gewesen wäre er als Waise aufgewachsen. Doch dann hätte er seine Mutter nie kennen gelernt. Ja, seine Mutter, sie war es wert gewesen. Seine wunderschöne liebevolle Mutter. Wie hatte sie sich nur in dieses Scheusal verlieben können?
 

Er drehte sich wieder auf den Rücken und verschränkte die Arme unter dem Kopf.
 

Ja, er war der Sohn eines Ungeheuers. Eines bösen Magiers, den die ganze Welt fürchtete und dessen Namen unzähligen Menschen den Angstschweiß auf die Stirn trieb. Sein Vater war der unnennbare Lord.
 

Jinathan schloss die Augen und ballte die Hände zu Fäusten. Er versuchte sich wieder das Bild von Hermine und Ron ins Gedächtnis zu rufen, um seine Wut auf andere Dinge zu lenken. Doch dann sah er wieder das spöttische Lächeln von Hermine vor seinen Augen. Verwirrung keimte auf. Warum nur spukte ihm plötzlich dieses Mädchen im Kopf herum? Er hatte sich noch nie wirklich für Mädchen interessiert. Warum ausgerechnet jetzt? Er hatte keine Zeit dafür. Schließlich musste er sich auf seine Mission konzentrieren. Nur allein dafür war er nach Hogwarts gekommen, an die Schule, an die der legendäre Harry Potter ging.
 

Er richtete sich auf, schwang seine Beine über die Bettkante und schlüpfte in seine Schuhe. Schnellen Schrittes verließ er das Zimmer und stieg die Treppen hinauf in den Gemeinschaftsraum der Slytherin, der sich anders als im Gryffindor-Turm im unteren Teil befand. Der gemütliche Saal war richtig belebt. Überall hörte man erregte Gespräche und Gelächter. Einige der Neuzugänge hatten sich vor dem Kamin eingefunden und erzählten sich Gruselgeschichten, die etwas älteren machten ihre Hausaufgaben oder standen in Gruppen und tauschten Tratsch über dies und das aus.
 

Sara Huston, eines der älteren Mädchen mit glatten schwarzen Haaren, die ihr bis zu den Schulterblättern reichten, und die an Jinathan einen Narren gefressen zu haben schien, erblickte den aufgewühlten Jungen sofort, als er den Gemeinschaftsraum betrat. Fröhlich gesellte sie sich zu ihm. "Hallo, Jin. Warum schaust du denn so finster?" Jinathan versuchte sie zu ignorieren und lief wortlos an ihr vorbei, doch so schnell gab Sara nicht auf, die Jinathans Unnahbarkeit gewohnt war. "Setz dich doch zu uns. Wir unterhalten uns gerade über den Duellierclub. Wie du Harry Potter fertig gemacht hast. Das war großartig." Jinathan schob sie beiseite. "Ich hab keine Lust auf Kaffeekränzchen!" Endlich hatte er das Portal erreicht. "Magnolia", knurrte er genervt und das Bild sprang zur Seite. Und schon war er verschwunden und Sara musste eine weitere Niederlage verzeichnen. Langsam verlor sie den Mut. Dieser Junge hatte einfach kein Herz für Mädchen. Oder gehörte es schon einer anderen?
 


 

Harry lag mit geschlossenen Augen auf seinen Bett, die Arme nach beiden Seiten ausgestreckt, als würde er fliegen. Er fühlte sich, als schwebe er auf Wolken. Ein Traum war wahr geworden. Er hatte Cho geküsst und sie ihn. Harry glaubte noch immer den leichten Geschmack von ihren Lippen im Mund zu haben. Es war sein erster Kuss gewesen.
 

Er wusste nicht, wie es dazu gekommen war. Sie beide hatten auf einmal dieses Bedürfnis verspürt, gegen das sie sich nicht wehren konnten. Wie ein Frühlingshauch im Herbst war es auf ihn eingestürmt, hatte ihn schier überwältigt und nicht mehr losgelassen und in diesem Moment hatte er sich gewünscht die Zeit würde auf ewig stehen bleiben. Doch der Augenblick war vorbeigegangen. Cho hatte ihn angelächelt und war dann leicht verwirrt wieder verschwunden. Und nun lag er hier, allein auf seinem leeren Bett, verloren in Erinnerungen. Wie konnte ihn ein einziger Kuss nur so aus der Bahn werfen?
 

Ein kühler Schauer umspielte seine Haare. Harry öffnete die Augen und erkannte eine silbernen Schimmer. Er lächelte, doch dann kam ihn ein Gedanke: Jinathan.
 


 

Er rannte durch die ausgestorbenen Korridore. Seine Schritte hallten laut in der abendlichen Stille wieder. Seine Füße trugen ihn immer weiter, ohne das er genau wusste, wohin er eigentlich lief. Doch sein Gefühl führte ihn. Dieses Gefühl, welches in auf Harry Potters Spur gebracht hatte. Dieses Gefühl, welches ihn noch nie im Stich gelassen hatte. Sie waren wieder da.
 

Jinathan stoppte abrupt, als ein großen Schatten um die Ecke fiel. Weitere Schritte wurden laut und ein etwas kleinerer dunkelhaariger Junge kam angehastet und wäre zweifellos in Jinathan hineingerannt, wäre dieser nicht ebenso erstaunt stehen geblieben.

Beide starrten sich sekundenlang schweigend an.
 

"Sie sind da", meinte Harry schließlich, als würden allein diese drei Worte alles aussagen.

Jinathan nickte. "Ich weiß!"
 


 

Sie liefen wortlos nebeneinander her.

Harry zweifelte nicht mehr an dem Gedanken Jinathan zu seinen Eltern zu führen. War er ihm anfangs noch feindlich und kühl vorgekommen, konnte er doch langsam hinter seine verschlossene Fassade blicken. Harry vertraute ihm, auch wenn er nicht wusste warum. Vielleicht waren es die traurigen finsteren Augen, die ihn angefleht hatten, vielleicht auch sein unerwartetes Verschwinden während ihres Duells oder einfach nur wegen des Gesprächs am See. Es konnte aber auch durchaus sein, dass Harrys gutes Herz keinem so recht misstrauen konnte.
 

Fakt war, er sah Jinathan plötzlich aus einem anderen Blickwinkel. Sein Gefühl und all seine Sinne schienen ihm zuzuflüstern, dass Jinathan kein schlechter Kerl war, auch wenn er gern so tat, als wäre er der böse schwarze Mann.
 

Harry führte ihn nicht in den Gryffindor-Turm, da er um diese Zeit viel zu belebt war, sodass sie nicht ungestört sein konnten. Schließlich verharrte er vor der Tür eines verlassenen Klassenraums, der schon seit Jahren nicht mehr benutzt wurde. Harry gab Jinathan zu verstehen, dass seine Eltern hinter dieser Tür auf ihn warten würden. Er nickte leicht, atmete noch einmal tief durch, denn es kam nicht oft vor, dass man sich mit Geistern unterhielt, sah man mal von gewissen Schulplagen ab, und trat schließlich ein. Harry folgte rasch.
 

Der Raum war düster, die Fenster seit Jahren von Efeuranken zugewachsen, sodass sich nur vereinzelte Lichtfetzen in das Zimmer verirrten. Jinathan erkannte die Konturen zusammengeschobener Schulbänke im Dämmergrau. Silberne Schemen kamen auf ihn zu. Harry bemerkte, wie Jinathan leicht zusammenzuckte, jedoch nicht zurückwich.
 

"Unser Sohn erzählte uns, dass du uns sprechen möchtest", erklärte die schmalere schimmernde Gestalt. Anders als der Kopflose Nick, der Blutige Baron oder der TV Geist Caspar waren diese beiden in nahezu menschlicher Form erschienen. Sie wirkten fast wie lebendige Wesen, wenn man von der Tatsache absah, dass man ansatzweise durch sie hindurchsehen konnte.
 

Der nervöse Junge nickte leicht.

"Mein Name ist Jinathan Riddle. Meine Mutter, die vor einem Jahr gestorben ist, hat mir viel von Ihnen erzählt. Ihr Name war Lucia Kayn, bevor sie den Namen meines Vaters annahm. Ich hörte, dass sie einst Freunde gewesen sind. Ist das wahr?"
 

Die schmalere Gestalt, Lily Potter, hatte erschrocken die Hand zum Mund erhoben. Sie nickte leicht, hielt jedoch dann inne und fragte sofort: "Luci ist tot?"

Jinathan antwortete nicht. Er wusste, dass sie keine Bestätigung brauchte. Es war vielmehr eine rhetorische Frage gewesen.

"Dann bist du also ... SEIN Sohn", schlussfolgerte der andere Geist. Er war kräftiger und größer als Lily und trug dieselbe ungebändigte Haarfrisur wie Harry.

Jinathan nickte wortlos, verkrampfte seine Finger unruhig ineinander und senkte den Blick.
 

"Nun? Was möchtest du denn gerne mit uns besprechen?" hakte James Potter weiter nach, als er nicht von allein damit herausrückte.

Jinathan ballte seine Hände jetzt zu Fäusten. Mit fester Stimme und erhobenen Kopf gab er die Antwort, die ihm schon seit Jahren im Kopf herumspukte.
 

"Ich will meinen Vater töten!"

Vergangenheit

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 15: Vergangenheit
 

Harry schnappte entsetzt nach Luft. Erschrocken musterte er den verbitterten Jungen, dessen finstere Augen selbst im Dämmerlicht des Saals unheimlich zu leuchten schienen.

Harrys Vermutung hatte sich bestätigt. Jinathan war der Sohn des gefürchteten Lords. Doch das er ihn töten wollte kam so überraschend wie ein Sommergewitter.

Sehnsüchtig suchte Harrys Blick den seines Vaters.

Wie froh war er in den letzten Wochen gewesen. Trotz schwerer Zeiten hatte er wunderbares erlebt; hatte alte Bekannte getroffen, neue Freundschaften geschlossen, seine Eltern wiedergefunden und Cho geküsst.
 

Und nun nahm das Grauen wieder seinen Lauf. Ein Sohn, ungefähr in Harrys Alter, wollte seinen eigenen Vater töten. Nie hätte Harry erwartet, dass diese Worte wie ein Peitschenhieb einschlagen konnten. Nie hätte er geglaubt, dass man zu solchen Gedanken und Wünschen fähig war. Klar, er hasste Voldemort aus tiefsten Herzen. Er hatte ihm alles genommen, seine Familie, seinen Paten, der jahrelang in Askaban ausharren musste und Cedric. Aber Jinathan war sein Sohn. Fühlte er denn gar nichts, wenn er diese Worte aussprach?
 

Jinathan atmete tief durch, ehe er weitersprach. "Ich habe viele Informationen über ihn. Schon seit Jahren stelle ich Nachforschungen über ihn an. Meine Muter half mir stets dabei, doch nun, da sie tot ist, werde ich endlich handeln. Ich werde sie rächen, all die Jahre, die sie mit ihm zusammenleben musste, die er sie gedemütigt hat und ihre Liebe ausnutzte." Seine Fäuste zitterten vor Anspannung. Er presste seine Lippen so fest aufeinander, dass sie nur noch ein schmaler blutleerer Strich waren. Mit vor Wut bebender Stimme versuchte er verzweifelt sachlich und beherrscht zu bleiben.
 

Er atmete noch einmal ruhig ein und entspannte sich wieder etwas.

"Meine Mutter hat es das Herz gebrochen, als sie mit ansehen musste, wie er immer mehr der dunklen Seite verfiel. Sie versuchte mich so gut es ging vor ihm und seinem Einfluss zu beschützen. Wir hielten uns von ihm fern, lebten eigentlich ein eigenes Leben, getrennt von ihm, wie Fremde, die sich nur flüchtig begegneten. Dennoch krampfte mir der Gedanke, dass ich das selbe Blut in mir trage, immer wieder das Herz zusammen."
 

Er stockte kurz und überlegte, wie er weiter fortfahren sollte.

"Mutter suchte schließlich den Kontakt zu Leuten, die unter der Herrschaft von ihm leiden mussten, um zu helfen die Qual zu lindern. Und auch, um ihr eigenes Gewissen zu besänftigen. Obwohl sie keinerlei Schuld an den Verbrechen dieses Monsters trug."
 

Jinathan verengte die Augen. Es schien, als würde er alles noch einmal sehen. Als würde sein bisheriges Leben vor seinen Augen erneut ablaufen und der Zorn in ihm wachsen.
 

"Voldemort hat viele Menschen getötet und Familien zerstört. Alles was blieb war Schutt und Asche.

Meine Mutter war stets wohlhabend und so schuf sie eine Organisation, die den betroffenen Familien helfen sollte ihr normales Leben wieder aufzubauen.

Viele Menschen schätzten sie, verehrten sie gar, doch sie zerbrach fast unter den Schuldgefühlen, die sie sich einredete. Mein ,Vater' ...", er sprach dieses Wort fast wie ein Schimpfwort aus, "... richtete sie innerlich zugrunde!"
 

Er schloss die Augen und versuchte sich wieder zu beruhigen. Harry sah, wie schwer es ihm fiel nicht einfach loszubrüllen. Wie lange musste sich dieser Frust in ihm angetaut haben? Harry konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre, an seiner Stelle zu sein. Einen Vater zu haben, für den man nur Verachtung empfand. Und den man am liebsten tot sehen würde.
 

"Als er dann schließlich am Höhepunkt seiner Herrschaft verschwand schien es, als wäre ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Dennoch weinte sie bis tief in die Nacht über den Verlust ihrer wertvollsten Freunde, den Potters. Ich war damals zu jung, um all die Zusammenhänge zu begreifen. Ich konnte ihr nicht helfen.
 

Sie führte die Organisation schließlich aus eigener Kraft weiter, immer in Gedanken an ihre liebsten Freunde. Sie hatte mir oft von Ihnen erzählt, wie sie sich durch die gemeinsame Arbeit in der Organisation kennen lernten und ihre treusten Helfer worden."
 

Harry schaute immer wieder ungläubig von einem zum anderen. Er konnte es einfach nicht glauben. Seine Eltern waren mit der Frau ihres Mörders befreundet gewesen. Was musste das für ein Gefühl gewesen sein, die ganzen Jahre mit dem Wissen zu leben seine besten Freunde an den eigenen Mann verloren zu haben?
 

"Kurz bevor sie verstarb musste ich ihr versprechen, nach Hogwarts zu gehen, um Harry zu suchen. Nach der Katastrophe wollte meine Mutter ihn in unsere kleine Familie aufnehmen, weil er nun niemanden mehr hatte und die Gefahr durch den Lord vorbei schien. Doch nachdem Dumbledore ihn in die Muggelwelt gebracht hatte, war Harry für sie unauffindbar. Also musste sie wohl oder übel auf Dumbledores Entscheidung, ihn bei den Muggeln aufwachsen zu lassen, vertrauen. Sie hoffte, ihn irgendwann wiederzutreffen, wenn er nach Hogwarts kam. Doch als es so weit war tauchte ER wieder auf. Und so mussten wir fliehen. In diesen Jahren lebten wir nur noch in Angst und Schrecken. Meine Mutter wusste, dass der Lord mich wollte." Er stockte und ballte erneut die Fäuste. "Ich sollte sein Nachfolger werden." Er presste die Lippen fest aufeinander. Harrys Mutter kam mitfühlend näher und sah ihm tief in die Augen. "Aber du bist nicht wie er! Deine Mutter war meine beste Freundin. Und ihr Sohn ist auch mir wie ein Sohn. Du bist ein guter Junge!" Sie strich ihm übers Haar, sodass er schauderte. Harry lächelte leicht.
 

Jinathan entspannte sich etwas. "Nach ihrem Tod entschloss ich mich endlich zu handeln. Ich ging nach Hogwarts, um den Wunsch meiner Mutter zu erfüllen und Harry alles zu erklären. Aber dann spürte ich Ihre Anwesenheit. Ich hatte schon immer ein Gespür für Übersinnliches und so fasste ich den Entschluss Sie zu treffen. Ich wollte, dass Sie mir helfen meinen Vater zu stürzen." Er drehte sich zu Harry. "Aber ich wollte Harry da nicht mit hineinziehen.
 

Ursprünglich sollte ich nach Gryffindor, doch dann hätte ich mich nicht gegen Harrys freundliche Art wehren können. Also hab ich die Scheibe durch meine geistigen Kräfte manipuliert und wurde ein verachteter Slytherin. So war es für mich einfach gehasst zu werden." Er schloss die Augen. "Hat leider nicht so recht funktioniert, weil ich ohne Harry nicht an Sie rangekommen wäre." Lily legte ihre transparenten Hände auf seine Schultern und lächelte leicht. "Wie können wir dir denn helfen? Wir sind nur Geister und du nur ein junger Mann voller Groll. So können wir ihn nicht besiegen. Du darfst keine Dummheit begehen, Jin. Mächtige Zauberer kümmern sich schon darum. Genau jetzt, in diesem Moment, verhandeln sie mit den Riesen. Wir werden immer stärker, glaub mir. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Auch nach Zeiten der Dunkelheit folgen wieder lichte Zeiten. Und Voldemorts Herrschaft wird bald ein Ende finden!" James Potter trat näher und nahm seine Frau zärtlich in den Arm. Harry fühlte eine wohlige Wärme durch seinen Körper strömen. Wie glücklich war er in den letzten Wochen gewesen. Wie schön war es, seine Eltern glücklich zu sehen.
 

Jinathan ließ nun seiner Enttäuschung freien Lauf. Stumme Tränen rannen über seine blassen Wangen. Sein sehnlichster Wunsch nach Rache war eben in weite Ferne gerückt. Doch er würde nicht aufgeben!
 


 

Wortlos liefen die beiden Jungen nebeneinander durch den Flur.
 

Harrys Eltern hatten sich wieder verabschiedet, doch zuvor hatten sie Jinathan versprochen, dass er immer zu ihnen kommen könne, wenn er mit ihnen sprechen wolle. Er hatte dankend genickt und war gegangen. Harry hatte sich beeilen müssen, um ihn noch einzuholen. Seitdem liefen sie schweigend Seite an Seite durch die dunklen verlassenen Gänge ihres gemeinsamen Zuhauses.
 

Sie ähnelten sich, dass wusste Harry nun. Beide hatten unter Voldemorts Herrschaft sehr leiden müssen. Beide auf verschiedene Weise, die sie dennoch verband. Und doch waren sie distanzierter als zuvor.
 

Jinathan blieb plötzlich stehen und drehte sich zu Harry.

"Du musst das jetzt alles wieder vergessen, was ich gerade gesagt hab. Du wirst mich einfach weiter hassen, wie zuvor."
 

Harry schaute ihn betroffen an. Dann erklärte er leise, aber mit sehr ernster Miene: "Jinathan. Ich hab dich noch nie gehasst! Und ich werde dich auch nicht hassen können, ebenso wenig, wie ich vergessen kann!
 

Jinathans Gesichtsausdruck verdüsterte sich. "Ich werde dir genügend Stoff bieten mich zu hassen. Meine Vater, mein Fleisch und Blut, hat deine Eltern getötet. Wegen mir bist du ohne Elternliebe aufgewachsen. Ist das nicht Grund genug?"
 

Harry schüttelte den Kopf. "Ich kann dich nicht für die Taten eines anderen hassen, auch wenn er mit dir verwandt ist."
 

Jinathan ballte zum wiederholten Male an diesem Tag die Hände zu Fäusten. Wütend schlug er gegen eine Wand. "Gut, wenn du es so willst! Aber ich hasse dich! Und daran kannst du nichts ändern."
 

Mit diesen Worten ließ er ihn allein zurück. Von Dunkelheit in bedrückende Stille gehüllt.
 


 

Harry ließ sich seufzend auf die Coach im Gemeinschaftsraum sinken. Hermine sah von ihren Schulbüchern auf und musterte ihn. "So spät noch auf?"

Harry nickte. "Du doch auch."

Sie lächelte und zeigte auf ihre Bücher. "Du kennst mich doch."
 

Harry grinste, kämpfte sich wieder von der Coach hoch und schlurfte zu ihr, um ihr über die Schulter schauen zu können. "Warum Durok der Wilde im Jahre 1455 einen der Koboldaufstände anführte." Harry runzelte die Stirn.

"Geschichtsaufsatz", erklärte Hermine knapp und Harry nickte wissend.

"Und?" Sie sah aus ihren Büchern auf, "Was treibt dich zu so später Stunde noch in den Gängen rum? Du hättest von Filch erwischt werden können. Der hätte dir sicher wieder eine Strafarbeit aufgebrummt."
 

Harry setzte sich auf einen freien Stuhl neben sie. "Hat er aber nicht." Er musste wieder an Jinathan denken. Warum nur, hatte er so ungehalten reagiert?

<Aber ich hasse dich! Und daran kannst du nichts ändern!>
 

"Was ist los?"
 

Harry zuckte mit den Schultern. "Ach, nur eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Jinathan und mir."

Hermine musste plötzlich an ihr Gespräch in der Bibliothek denken und den Kuss, den Ron ihr gegeben hatte. Die Röte stieg ihr ins Gesicht, doch Harry schien mit seinen Gedanken schon wieder ganz weit weg.
 

"Ich geh ins Bett", meinte er und Hermine nickte nur. Müde schleppte er sich die Treppen hoch und ließ sich neben Ron ins Bett sinken. Dieser warf sich immer wieder unruhig hin und her. Er schien zu träumen.
 

Harry drehte sich auf die andere Seite und versuchte zu schlafen, doch die Erinnerungen an Jinathans finsteren Blick und die einsamen Tränen kamen immer wieder, genau wie Cedrics leere Augen, die ihn jede Nacht heimsuchten und nicht vergessen ließen.
 

~*~
 

A/N: Hier ist mir ein kleiner Fehler passiert. Da es schon einige bemerkt haben gebe ich nun Erklärung dazu ab. Also, Lord Voldemort ist jetzt, in Harrys und Jinathans fünften Schuljahr an die 70 Jahre alt. Das bedeutet, dass Jinathans Mutter, die ja nur in Tom verliebt war und nicht in Voldemort, ihn vor ungefähr 50 bis 53 Jahren kennen gelernt haben muss. Da Jinathan aber erst ungefähr ein Jahr vor seiner Niederlage geboren wurde, als Tom schon längst der gefürchtete Lord Voldemort war, ist es etwas unlogisch, dass Lucia so lange bei ihm blieb und ihm dann mit ungefähr 51 Jahren erst einen Sohn schenkte °^^ das passiert, wenn man nicht nachdenkt, sondern einfach drauflos schreibt.
 

Einige Geburtsdaten:
 

Tom Riddle - ungefähr 1925

Lucia Kayn - 1928

Jinathan Riddle - 1979

Harry Potter - 1980

Eiskalter Schmerz

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 16: Eiskalter Schmerz
 

Die nächsten Tage verliefen recht ruhig. Snape erschien noch immer nicht zum Unterricht, Spruce hielt wieder seine langen Reden über Einhaltung der Regeln und Beachtung der Norm, ehe er seinen eigentlichen Unterricht begann, der nebenbei genauso interessant war wie ein Schneckenrennen, Professor Trelawney hatte Harrys Befürchtungen bewahrheitet und ihn schon für so gut wie Tod erklärt und Hagrid trauerte um seinen letzten knallrümpfigen Kröter, der "leider" eingegangen war, nachdem Fang ihn zu laut angebellt hatte. Nur Ron und Hermine schienen sich merkwürdig zu verhalten, fand Harry. Sie wechselten kaum noch ein Wort miteinander, mieden sich und reagierten auf seine Fragen nur abweisend. Dennoch machte ihn die Röte in ihren Gesichtern bei Erwähnung des jeweiligen Anderen schon etwas stutzig. Irgendetwas war zwischen den Beiden vorgefallen, und er glaubte kaum, dass nur ein harmloser Streit der Grund war. Auch Jinathan verhielt sich nicht wie zuvor. Harry hatte einige Male versucht mit ihm zu reden, doch er hatte ihn immer nur mit einem kühlen Blick bedacht und anschließend ignoriert. Immer wieder musste Harry an Jinathans Worte denken. Er glaubte sie langsam zu verstehen. Jinathan hatte eine schützende Mauer um sich aufgebaut, ähnlich wie Harry nach Cedrics Tod. Er selbst hatte niemanden an sich ranlassen und all seine Probleme alleine lösen wollen, ohne die anderen mit hinein zu ziehen. So schien es nun auch bei Jinathan der Fall zu sein.
 

Harry seufzte. Er lag lang ausgestreckt auf seinem Bett und starrte an die Decke. Ron schnarchte noch friedlich neben ihm. Ab und an stammelte er einige Worte im Schlaf. Harry hörte sie schon gar nicht mehr. Seine Gedanken waren fernab der Realität. Viele Bilder schwirrten vor seinem inneren Auge hin und her, farbige Fetzen seiner Erinnerung. Er sah Mungo, der ihn völlig aufgelöst in der Winkelgasse aufgelesen hatte, seine Eltern, die unverhofft wiedergekehrt waren, Snape, über den er im Wald gestolpert war und Cho, deren Kuss ihn vollkommen überrascht hatte. Und dann war da immer wieder dieses grässlich weiße Gesicht mit den bedrohlich rotglühenden Augen. Lord Voldemort sollte der Vater von Jinathan sein, der ihm so überhaupt nicht ähnlich war, weder im Aussehen, noch im Charakter.
 

Ron machte einen überraschenden Hüpfer im Bett und Harry schreckte aus seinen Gedanken. Verwundert musterte er seinen Freund, der plötzlich kerzengrade im Bett saß. "Na und? Dann hab ich Hermine halt geküsst", murmelte Ron noch halb im Schlaf.
 

Harry riss die Augen auf. "Was?" entfuhr es ihm erstaunt.
 

Ron sah ihn irritiert an, ehe er bemerkte, dass er wach war und die Worte eben anscheinend laut ausgesprochen hatte. Hastig versuchte er eine Ausrede zu stammeln, doch Harry fuhr schon amüsiert fort: "Du hast Hermine geküsst?" Er grinste von einem Ohr bis zum anderen. "Wie ist denn das passiert?"
 

Ron wurde knallrot und fuhr sich verlegen durch seine struppigen Haare. "Ach quatsch. Hab ich nicht!" Harry nickte wissend. "Ja, natürlich nicht", meinte er ironisch.
 

"Jetzt weiß ich auch, warum ihr euch in den letzten Tagen immer so merkwürdig verhalten habt und warum du immer so unruhig schläfst."
 

Man hätte es nicht für möglich gehalten, aber Harrys Grinsen war diesmal sogar noch breiter als zuvor, sodass Ron schon befürchtete, er könnte sich den Kiefer ausrenken.
 

Er winkte ab. "Na schön, also gut. Ich hab sie geküsst. Aber was geht dich das eigentlich an? Und was ist so schlimm daran?" Harry lachte amüsiert. Ron funkelte ihn grimmig an. Und schon waren alle Sorgen und Zweifel von Harry abgefallen. Das würde ein lustiger Tag werden ...
 


 

"Harry! Ich weiß zwar nicht, was mit dir los ist, aber wenn du nicht endlich aufhörst mich die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd anzugrinsen, dann..." Hermine suchte nach der passenden Drohung, doch Harry erwiderte schon lächelnd: "Ich geh ja schon." Lachend schnappte er sich seinen Feuerblitz und kletterte durch das Portrait der dicken Dame in den Schulflur hinaus.
 

Heute fand zum ersten mal wieder das Quidditch-Training statt, auf das sich Harry schon seit langem freute. Sein Besen stand bereits seit Ewigkeiten geputzt in der Ecke und wartete auf seinen Einsatz.
 

Angelina Johnson, die, seitdem Oliver Wood von der Schule abgegangen war, den Kapitänsposten übernommen hatte, hatte ihnen am Frühstückstisch schon die ersten neuen Spielzüge eingetrichtert. Sie nahm ihren Job sehr ernst, so wie es einst Wood getan hatte. Harry hatte kaum etwas essen können und war unter ihren strengen Blicken immer mehr in sich zusammen geschrumpft. Sie war gnadenloser denn je. Sie wollte den Sieg über die anderen Häuser um jeden Preis. Und auch Harry wollte den Schulpokal.
 

Voller Vorfreude schlenderte er in Richtung Quidditch-Feld, wo auch schon die Hälfte der Mannschaft wartete. Kurz nach ihm trafen auch endlich die Weasley-Zwillinge ein und die bunte Truppe war komplett. Angelina hatten ihnen den neuen Hüter, der Woods Platz einnehmen sollte, schon beim Frühstück vorgestellt, jedoch war Harry zu der Zeit noch zu müde gewesen, um sich den Burschen genauer zu betrachten. Er war ein Siebtklässler, ziemlich groß und von kräftiger Statur. Harry hatte ihn schon einige Male gesehen, doch noch nie viel mit ihm gesprochen.
 

Es wurden noch einige Züge diskutiert und dann war es endlich so weit und Harry schwang sich in die Lüfte. Hier war er frei wie ein Vogel. Keine Last, die ihn am Boden hielt.
 


 

Wochen vergingen und das erste Turnier rückte näher. Die erste Begegnung würde zwischen den Gryffindors und den Slytherins stattfinden und jeder fragte sich, wer der neue Sucher der Slytherins sein würde. Diese hielten es natürlich geheim, um sich somit einen Überraschungseffekt zu verschaffen.
 

Alle Gespräche am Frühstückstisch der Gryffindors schienen, zum Leidwesen mancher, nur noch dieses eine Thema zu kennen.
 

"Ich glaube sie setzen diesen kleinen hässlichen ein", meinte Fred gerade. "Ihr wisst schon, dieser Typ mit den Pickeln und der Zahnspange. Ich weiß nicht, wie der heißt." Alicia Spinnet schüttelte sich heftig. "Nein, das glaub ich nicht. Wahrscheinlich setzen sie diesen Gordon ein, der schwarzhaarige Typ mit den langen Armen, der so ein bisschen an einen Gorilla erinnert." Ron lachte spöttisch auf. "Das ist doch nicht dein Ernst. Der spielt wie ein Mädchen." Harry nickte zustimmend, dann meinte er trocken: "Ich glaube sie setzen Jinathan ein!" Die Gespräche verstummten schlagartig und alle Blicken richteten sich auf ihn.
 

"Jinathan Riddle?" fragte Katie Bell irritiert. "Der Neue? Der interessiert sich doch für nichts und niemanden. Schon gar nicht für Quidditch. Warum sollten sie ausgerechnet den einsetzen?" - "Genau", bekräftigte Georg. "Ich hab gehört, das er sich nicht mal mit den Leuten aus seinem Haus unterhält. Ich würde das zwar auch nicht tun, aber ich bin ja auch kein geborener Slytherin wie er. Ich meine, schon allein sein Name bindet ihn an dieses Haus." Harry zischte verärgert und trat Georg kräftig gegen das Schienbein. Dieser konnte es gerade noch vermeiden laut aufzuschreien. Angelina sah die beiden fragend an. "Was ist denn mit seinem Namen?" Der rothaarige Weasley warf Harry einen verzeihenden Blick zu und zuckte nur mit den Schultern. "Ach, gar nichts. Ich weiß auch nicht, wie ich darauf gekommen bin."
 

Harry ergriff hastig das Wort. "Jinathan ist ganz in Ordnung. Er ist nicht wie die meisten Slytherins." Er warf Georg noch einen bösen Blick zu, ehe er fortfuhr. "Ich würde gerne gegen ihn antreten. Unser Duell ist ja leider unentschieden ausgegangen."
 

Hermine nickte zustimmend. Ron warf ihr einen erstaunten Blick zu ehe er verächtlich lachte. "Ach alles Unsinn, ich glaube, der kann überhaupt nicht fliegen!" Harry musterte ihn finster. "Ron, sei doch nicht immer so voreingenommen. Du kennst ihn doch gar nicht!" Ron schnaubte. "Was ist nur in euch gefahren? Gründet ihr jetzt einen Club? Rettet die armen Slytherins vor Ron?" Er verschränkte beleidigt die Arme und sah demonstrativ weg. Die Gespräche waren vorerst beendet und jeder widmete sich schweigend seinem Frühstück.
 


 

"Ach komm schon, Ron." Harry versuchte seinen besten Freund einzuholen. "Ich hab das vorhin doch nicht so gemeint." Er beschleunigte seine Schritte um ein weiteres. "Jetzt bleib doch mal stehen!" Er blieb tatsächlich stehen, verharrte eine Weile reglos und fuhr dann mit hochrotem Kopf zu Harry herum. Zornig setzte er zum Kampf an. "Natürlich hast du es so gemeint! Ihr seid doch jetzt plötzlich alle vernarrt in diesen Jinathan. Du und Hermine. Ich zähle doch überhaupt nicht mehr. Hermine trifft sich mit ihm in der Bibliothek und auch du hängst dauernd mit ihm rum. Außerdem erzählst du mir nichts mehr. Angefangen mit der Nacht, als du Snape gefunden hast. Alles haltet ihr vor mir geheim. Gehör ich jetzt etwa nicht mehr dazu?" Harry schaute ihn traurig an. "Aber Ron..."
 

"Ich dachte wir sind Freunde!" unterbrach er ihn mit bebender Stimme.
 

"Aber wir sind doch Freunde. Die besten."
 

Ron schnaubte verächtlich. "Und warum gibst du dich dann lieber mit einem Slytherin ab, als mit mir? Er ist eine Schlange. Sein Vater ist ein Monster. Und er auch!"
 

Harry handelte ohne zu überlegen. Mit einer schnellen Bewegung hatte er Ron eine Ohrfeige verpasst. Ron starrte ihn entgeistert an. Seine Hand wanderte zu seiner linken Wange, die sich langsam rot zu färben begann. "Ich wusste es!" presste er mit vor Zorn zusammengepressten Lippen hervor.
 

Ehe Harry wirklich realisieren konnte, was er da eben getan hatte, hatte Ron sich schon wutentbrannt umgedreht und war davon gestapft.
 

Harry blieb völlig niedergeschlagen zurück. Er schien seine eigene Ohrfeige zu spüren. Aber nicht im Gesicht, sondern in der Brust. Sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, als die leisen Worte kraftlos aus seinem Mund drangen. "Es tut mir Leid ... Ron!"
 


 

Sie hatten sich seitdem nicht mehr gesprochen. Ron schaute ihn nicht einmal mehr an, und wenn sich ihre Blicke doch streiften, dann war es nur ein flüchtiger Kontakt, ohne Wärme, ohne Freundschaft. Harry kam sich verraten vor, von sich selbst. Wieso hatte er nicht gesehen, wie sein Freund sich gefühlt hatte. All die Zeit...
 


 

Dann war der Tag des Quidditch-Turniers heran und es kam, womit niemand gerechnet hätte.
 

Das Team war schon sehr früh auf den Beinen. Alle Spielzüge wurden noch einmal durchgesprochen, alle Taktiken geklärt. Harry hörte nur mit einem Ohr zu, nickte ab und zu und ließ ein abwesendes "ja" oder "nein" verlauten. Der Gang zum Quidditch-Feld kam ihm seltsam unwirklich vor. Er erinnerte sich an Hermine, die ihm freundlich umarmt und viel Glück gewünscht hatte und an Rons kalten Blick, der ihn nur spöttisch gestreift hatte. Kein Wort der Aufmunterung, kein Gruß, gar nichts. Nur Kälte. Eine Kälte, die noch immer auf Harrys Herz zu liegen schien, es langsam einzufrieren begann.
 

Jemand klopfte ihm auf die Schulter. Er schrak hoch. "Keine Angst, Harry. Wir schaffen das schon. Die Slytherins sind doch kein Problem für uns." Harry nickte Fred dankbar zu. Doch es war nicht das Spiel, was ihm zu schaffen machte.
 

Die Ränge waren wie immer überfüllt. Lee Jordan trällerte schon fröhlich seine Lobeshymnen von der Moderationsbühne herunter und wurde immer wieder von Professor McGonagall ermahnt.
 

Harry ließ seinen Blick schweifen. Er erkannte Hagrid, der ihm strahlend winkte, Cho, die ihm schüchtern anlächelte, Hermine, die ihm aufmunternd zuzwinkerte. Und dann war da noch Snape, der anteilnahmslos am Spielfeldrand stand und mit grimmigem Blick vor sich hinstarrte. Er war seit zwei Tagen wieder im Dienst, doch Harry hatte bisher noch nicht das Vergnügen gehabt. Er musterte ihn genauer. Seine Harre, die er nun in einer kürzeren Frisur trug, sahen ausnahmsweise mal gewaschen aus und leuchteten in einem intensiven schwarz, ähnlich dem Harrys. Seine Haut hatte wieder an Farbe zugenommen und auch seine Haltung wirkte kräftiger. Alles in allem sah er recht erholt aus. Dann streiften sich ihre Blicke und ein zaghaftes Lächeln trat in das Gesicht des Zaubertränke-Lehrers. Harry blinzelte verwirrt. War das eine Halluzination?
 

Der Jubel riss seinen Blick zurück in die Zuschauermassen. Er winkte nicht, lächelte nicht zurück und rief auch keine Siegesparolen, wie sie es immer taten. Auch die Neugierde auf den neuen Sucher hatte ihn nicht ergriffen. Er trottete einfach hinter seinen Teamkollegen her, den Feuerblitz schlaff in der rechten Hand. Nur eine einzige Frage tobte in seinem inneren: Würde Ron ihm zuschauen?
 


 

"Wo bleiben denn die Slytherin?" fragte Angelina entnervt. Harry sah auf. Sie waren tatsächlich noch nicht angetreten. Dann kam Flint über den Rasen gehastet. Er hielt direkt auf Madam Hooch zu. Gemurmel wurde laut. Gerüchte erfüllten das Stadion.
 

Dann griff die kleine grauhaarige Frau zu ihrem Zauberstab und hielt ihn sich an die Kehle. Harry wusste, ohne ihre weitentfernten Worte zu hören, das sie den Sonorus-Zauber durchführte. Kurz drauf hallte ihre klare Stimme durch die Ränge.
 

"Es tut mir Leid euch mitteilen zu müssen, dass das Turnier leider abgesagt ist!"
 

"Was?" Noch mehr Gemurmel wurde laut, vermischt mit empörten Buh-Rufen. Harry sah verwirrt zu seinen Teammitgliedern, die ebenso ratlos dreinschauten, wie er.
 

Madam Hooch fuhr fort: "Mister Flint teilte mir eben mit, dass ihr Sucher verhindert sei. Die Mannschaft ist unvollständig."
 

Angelina Johnson schmiss verärgert ihren Besen weg und trat gegen die Bank, auf der die restlichen Gryffindor saßen. "Verdammt", fluchte sie. "Die haben wahrscheinlich überhaupt keinen Sucher." Georg legte ihr beruhigend den Arm um die Schulter. Harry lehnte sich zum Teil enttäuscht, zum Teil aber auch erleichtert gegen die Wand. Er konnte sich seine Gefühle nicht erklären. Sie waren einfach da.
 

Der Lärm im Stadion wurde immer lauter. Auch Lee Jordans Stimme hallte empört über den Rasen. Das magische Megafon schwang sich zu Höchstleistungen auf. "Hey, ihr Schlangen. Seid ihr etwa zu feige gegen uns anzutreten", schallte es hinüber. Flint ballte zornig die Faust und Professor McGonagall versuchte vergeblich Jordan zu besänftigen. Doch nicht einmal Androhungen von Strafarbeiten halfen da. Seufzend ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken. Das Chaos war perfekt.
 

Schließlich griff Madam Hooch wieder ein. "Meine Damen, meine Herren. Ich bitte um Ruhe. Wir wäre es mit einem Kompromiss? Wir verlagern das Spiel um eine Woche. Ist der Sucher dann nicht wieder gesund, wird Slytherin entweder einen neuen Sucher stellen oder Gryffindor gewinnt kampflos." Schwacher Applaus wurde laut.
 

"Sie sollen jetzt einen neuen Sucher stellen", brüllte Jordan. Viele Schüler nickten und riefen ihre Zustimmung. Madam Hooch seufzte leise. Die Slytherins tobten zornig.
 

"Wie sollen wir so schnell einen neuen geeigneten Sucher finden?" brüllte Flint in den Sturm. Doch seine Worte wurden einfach vom Lärm hinweggeweht.
 

"Gebt doch zu, dass ihr keine qualifizierten Spieler habt!" hallte es aus den Reihen der Gryffindors und Hufflepuffs. Flint verzog zornig das Gesicht und fletschte seine gelben Zähne. Madam Hooch versuchte vergeblich die Menge zur Vernunft zu bringen.
 

Bis sich eine einzelne Gestalt aus der Masse löste und das Spielfeld betrat. Erstaunte Stille trat ein. "Ich werde spielen!"
 

Stille. Dann leises Flüstern, Erstaunen, Überraschung bis hin zu Entsetzen. Alle möglichen Emotionen spiegelten sich auf den Gesichtern der Zuschauer wieder. Nur Harrys Miene blieb regungslos. Er hatte es gewusst, von Anfang an. Er würde erneut auf ihn stoßen. Sie waren miteinander verbunden, durch ein unsichtbares Band, welches sie sowohl von einander fernhielt, sie aber auch gleichzeitig untrennbar miteinander verband. Ihre Beziehung war rätselhaft, ein Mysterium, welches noch gelüftet werden müsste. Doch nicht heute und nicht auf diesem Feld. Aber irgendwann, ganz bestimmt...
 

Madam Hooch räusperte sich. "Ähm, nun, wir haben einen neuen Sucher. Mister Riddle hat sich bereit erklärt den fehlenden Posten einzunehmen."
 

Donnernder Applaus erfüllte die Ränge der Slytherin. Jinathans Miene jedoch blieb ausdruckslos.
 


 

Dann war es endlich soweit. Die Mannschaft der Slytherin marschierte langsam ein. Jinathan hatte seinen schwarzen Umhang durch einen grünen getauscht. In seiner rechten Hand hielt er einen Nimbus Zweitausendeins.
 

Auch die Gryffindors hatten Aufstellung genommen und als der Pfiff kam stiegen alle blitzschnell in den Himmel. Harry nahm seine übliche Position ein, über den Köpfen aller Spieler, um das gesamte Stadion im Blick zu haben.
 

Der Himmel war wolkenverhangen, die Sonne blinzelte nur ab und zu durch ihre grauen Vorhänge. Es sah nach Regen aus.
 

Harry drehte einige Runden und lauschte Lee Jordans Kommentaren. Schon nach den ersten zehn Minuten stand es 40 zu 10 für Gryffindor.
 

"Und wieder ist Katie Bell im Ballbesitz. Oh, was seh' ich da, ein Klatscher, wunderbar geführt von Fred Weasley, hat Warrington hart am Kopf getroffen. Na, ob da jetzt noch irgendwelche Gehirnzellen übriggeblieben sind?
 

Und, ja, wunderschönes Tor. 50 zu 10 für Gryffindor..."
 

Harry sah zu Jinathan, der einige Meter hinter ihm flog. Er musterte das bunte Treiben unter ihm scheinbar lustlos. Als er Harrys Blick spürte sah er auf. Ein spöttisches Lächeln trat in sein Gesicht. Ein Lächeln, was Harry nur zu gut kannte. Es war eine Fassade, hinter der er sich verbarg. Sich und seine Gefühle.
 

Er sah wieder nach vorn. Ein goldenes Glitzern hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, doch ehe er es mit seinen Augen erfassen konnte war es auch schon wieder verschwunden.
 

"Und schon wieder hat sich Alicia den Quaffel geschnappt", tönte es jubelnd von Lee Jordan. "Sie scheint heute in Höchstform zu sein. Ja...ja, los Alicia, tritt diesen verdammten Schlangen in den Ar- war nur 'n Scherz, Professor McGonagall - Alicia noch immer in Ballbesitz, ein gekonnter Pass zu Johnson ... und was seh ich da ... haha!" Lee tobte vor Freude, als zwei Treiber der Slytherins, die Angelina von zwei Seiten mit
 

Klatschern angreifen wollten, sich ihre eigenen Geschosse, nach Angelinas gekonntem Ausweichmanöver, entgegen schmetterten und fast vom Besen stürzten. Benommen klammerten sie sich an ihre Besen und kämpften um ihr Gleichgewicht. "Jaja, Blödheit kann ganz schön weh tun", trällerte er schadenfroh. "Entschuldigung, Professor, tut mir Leid, kommt nicht wieder vor", räumte er hastig ein, als er wieder einen sehr zornigen Blick erntete und sie Anstalten machte, ihm das magische Megafon zu entreißen.
 

Harry hatte seine ganze Konzentration wieder auf die Suche nach dem Schnatz gerichtet. Es hatte allmählich zu nieseln angefangen. Harry schlang seinen Umhang enger um den Körper, denn ein kalter Wind blies unaufhörlich. Doch es war nicht nur die äußerliche Kälte, die ihn ergriffen hatte. Auch schien sich ein innerlicher Eisklumpen langsam um sein Herz zu legen. Fröstelnd krampfte er seine linke Hand in seinen Umhang, während er mit sich mit der rechten festhielt. Der Himmel schien immer dunkler zu werden. Doch der prasselnde Regen fiel noch aus. Dennoch war es wohl im Sinne aller das Spiel so schnell wie möglich zu ende zu bringen. Also musste Harry endlich diesen Schnatz fangen.
 

Er kniff die Augen zusammen und spähte in den grauen Himmel, immer auf der Suche nach einem goldenen Leuchten. Und dann sah er es und ein grausam greller Blitz durchstach den Himmel, als wolle er das Himmelsgewebe aufreißen. Harry presste erschrocken die Augenlider zusammen, doch selbst dann brannte die Helligkeit noch auf seiner Netzhaut. Instinktiv hob er die Hand und schirmte seine Augen ab, als ein furchtbarer Schmerz sein Herz durchbohrte und sich bis zu seiner Narbe hinauf brannte. Harrys entsetzter Schrei ging in dem ohrenbetäubenden Donner unter, und als er fiel, schien es, als hätte sich der Höllenschlund unter ihm aufgetan. In Sekundenschnelle hatte sich der graue Himmel schwarz gefärbt, nur von einem giftig grünen Mal durchbrochen.
 

Voldemort, dachte er entsetzt. Dann raubte der Schmerz ihm die Sinne und er ergab sich der Schwärze in seinem Kopf. Das letzte, was er realisierte, war, dass er in die Tiefe stürzte.
 


 

~ * ~
 


 

A/N: Ich habe die Weasley-Zwillinge und alle weiteren Quidditch-Leute, die eigentlich im 5. Schuljahr schon nicht mehr auf Hogwarts wären, in die Story eingebaut, weil sie einfach ein Teil von Harry Potter sind. Würde ich lauter neue Spieler und Charaktere erfinden ginge die Vertrautheit und der Reiz verloren, finde ich. Also wundert euch nicht - vielleicht sind sie ja alle sitzen geblieben °^^

Wenn Hass die Welt regiert

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 17: Wenn Hass die Welt regiert
 

"Haaaaaarry!" Hermines entsetzter Schrei wurde achtlos von den urplötzlichen Sturmböen hinweggerissen. Ein tosendes Inferno schien die Welt ergriffen zu haben. Im gesamten Stadion herrschte Panik, denn das Dunkle Mal zierte den schwarzen Himmel, der sich wie ein finsteres Tuch über das Szenario spannte. Jegliche Ordnung war der Panik gewichen. Die Lehrer versuchten verzweifelt die erschreckten Schüler zu beruhigen. Doch vergeblich. Überall waren die Finger in den Himmel erhoben, die Augen auf den grünen Schandfleck gerichtet, der die Heiligkeit des Himmels entehrte. Und in all dem Tumult war der Junge, der lebt, dabei gerade zu sterben. Kaum einer schien seinen Sturz wirklich mitbekommen zu haben, denn alle Augen hatten sich sofort an das verhängnisvolle Zeichen am Himmel geheftet.
 

Hermine war jedoch entsetzt aufgesprungen und beobachtete, unfähig sich zu rühren, mit vor Schrecken aufgerissenen Augen den Sturz eines ihrer besten Freunde. Sie hatte die Hände fassungslos zum Mund erhoben und war den Tränen nahe. Sie konnte nichts tun, denn er war viel zu weit entfernt. War das das Ende?
 


 

"Und die ganze Welt wird sich verlieben in die Nacht und fortan nicht mehr huldigen der grellen Sonne"
 


 

Das Dunkle Mal. Wie lange hatte er es nicht mehr gesehen? Es war wie eine Narbe auf seiner Seele. Hieb auf ihn ein, wie ein Peitschenhieb.
 

Damals zur Quidditch-Weltmeisterschaft hatte er es das letzte mal gesehen. Doch damals war es ein anderes Gefühl gewesen. Er hatte gespürt, dass es nicht sein Vater war, der es hervorgeschworen hatte. Ein Todesser hatte eine Botschaft geschickt. Einer von Voldemorts treusten Todessern, was man von dem anderen Pack wohl nicht behaupten konnte. Sie waren alle nur Feiglinge, die mit der Masse liefen. Jinathan war immerhin soweit mit seinen Vater verbunden, um seine wahre Kraft zu spüren. Und diesmal war es ganz eindeutig sein Vater, der die Botschaft an den Himmel geschrieben hatte. Jinathan schien sogar sein eisiges Lachen zu hören, wenn er es ansah. Eine furchtbare Kälte schloss sich um sein Herz und sein Arm begann höllisch zu schmerzen.
 

Alles schien so schnell zu gehen. Scheinbar in der selben Sekunde mit dem Auftauchen des Mals zerriss ein furchtbar greller Blitz die Dunkelheit und der Schrei des Gryffindor-Suchers drang qualvoll an sein Ohr. Jinathans Blick suchte hastig nach der Quelle des Schreis. Endlich erblickte er Harry, der seine Hände verkrampft gegen seine Narbe gepresst hatte. Eine harte Sturmbö schlug ihn gnadenlos von seinem Besen und Jinathan beobachtete in einem Sekundenbruchteil, als die Welt um ihn herum stehen zu bleiben schien, wie der legendäre Harry Potter mit schreckensgeweiteten Augen stürzte, wie Hermine Granger entsetzt aufgesprungen war, die Hände vor den Mund geschlagen hatte und verzweifelt die Tränen unterdrückte, wie Snape erschrocken seinen brennenden Arm umklammerte, als das Zeichen der Todesser wieder an seinem Arm aufflammte und wie Cho Chang, Harrys Freundin, fassungslos die Augen auf das Unglück gerichtet hatte und ein lautloser Schrei aus ihrer Kehle drang. Dann drehte sich die Zeit weiter, der Sturm und der Lärm brach wieder über ihm ein und er reagierte ohne nachzudenken. In einem halsbrecherischen Sturzflug riss er seinen Besen in die Tiefe. Fast senkrecht schoss er hinab, Harry immer vor Augen. Er hatte seine Hände weit nach vorne gestreckt, hielt sich nur mit den verschränkten Beinen noch auf seinem Reittier und packte Harry mitten im Flug. Hart zog er seinen Besen wieder in die Höhe. Doch der Ruck und das zusätzliche Gewicht hatten ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Verzweifelt versuchte er den schwankenden Besen wieder unter Kontrolle zu bringen. Aber der Sturm um ihn herum machte dieses Unterfangen schier unmöglich. Hilflos musste er mit ansehen, wie der Stoff von Harrys Umhang unter seinen verkrampften Fingern zerriss. Erneut fiel der Unglücksrabe, der den Zorn seines Vater nur auf sich gezogen hatte, weil er lebte, seinem Untergang entgegen. Und diesmal war auch Jinathan machtlos. Der Junge, der lebte, würde sterben.
 


 

"Bald ist deine Zeit um, bald wächst der Himmel unter dem Gras, fallen deine Träume ins Nirgends."
 


 

Endlich schien es zu regnen. Es war wie ein Schluchzen des Himmels, der seinen Tränen nun freien Lauf ließ. Harry Potter lag reglos auf der kalten Erde des Stadion.
 

Durch Jinathans Rettungsversuch war seinem Sturz zwar die Wucht genommen worden, doch hatte er das Schlimmste nicht verhindern können. Es war Snape gewesen, der geistesabwesend seinen schmerzenden Arm erhoben und Harrys Sturz abgebremst hatte. Snape, den sie immer für einen Todesser Voldemorts gehalten hatten, hatte sich nun als Harrys Retter erwiesen.
 

Dennoch regte sich der Junge nicht.
 

Jinathan schoss auf die Erde hinab und landete neben ihm. Schon kamen auch Hermine, Ron und Cho angerannt, gefolgt von Professor McGonagall.
 

Der Regen drang nun gnadenlos auf sie hernieder, durchnässte sie bis auf die Knochen. Doch keiner schien es wirklich zu merken.
 

Jinathan sank neben Harry auf die Knie und fühlte seinen Puls.
 

"Er lebt", erklärte er monoton. Cho schluchzte erleichtert in ihre Hände. Hermine und Ron standen wortlos daneben und rührten sich nicht. Der Schock hatte sie gepackt und ließ sie nicht mehr los. Die Regentropfen rannen wie stumme Tränen der Erleichterung ihre Wangen hinab.
 

Professor McGonagall schob sie alle zur Seite und kniete neben Jinathan nieder. Sie maß ihn mit einem dankbaren Blick und begann dann Harry zu bearbeiten. "Mister Potter, können Sie mich hören?" Sie schlug ihm leicht auf die Wangen. Doch es kam keine Reaktion. Dumbledore, der inzwischen aus dem Schloss herbeigeeilt war und sich durch die umstehende Menge gewühlt hatte, trat neben sie und runzelte besorgt die Stirn.
 

In diesem Moment schlug Harry die Augen auf. Sein Blick richtete sich senkrecht in die Höhe. Das Dunkle Mal prangte genau über ihm. Der bekannte Schmerz brannte sich einen Weg durch seine Nervenzellen bis in die Stirn und trieb ihm die Tränen in die Augen. Doch er unterdrückte sie tapfer. Seine Finger krampften sich in den aufgeweichten Boden.
 

"Harry?" Chos Stimme zitterte merklich. "Wie geht es dir?"
 

Er schien kaum Notiz von ihr zu nehmen. Sein Blick verharrte regungslos im schwarzen Himmel. Mit brüchiger Stimme stieß er leise hervor: "Er will mich holen!"
 

Jinathan nahm beruhigend seine Hand. Seine Stimme zitterte vor Wut. "Das wird er nicht! Ich werde es verhindern!" Endlich löste sich Harrys Blick und wanderte zu dem Slytherin-Jungen. Er lächelte nicht wie sonst und auch Harry musterte ihn nur mit ausdruckslosen Augen. In dem Moment, in dem sich ihre Augen trafen, kaltes Schwarz auf schwaches Grün, tauschten sie wortlos ihre Gefühle aus - Angst.
 

"Wir bringen ihn auf die Krankenstation!" mischte sich Dumbledore, der bisher nur wortlos daneben gestanden hatte, in das Geschehen. Er warf Harry einen liebevollen Blick zu. Professor McGonagall nickte nur zustimmend.
 

Ohne auf eine Reaktion zu warten hob Jinathan den schwarzhaarigen Gryffindor-Jungen auf seine schmalen Arme. Harry war zu schwach, um zu protestieren. Der Schmerz in seinem Kopf zog ihn schon wieder in eine tiefe Schwärze. Er warf einen letzten traurigen Blick auf seine Freunde; auf Cho, die ihn ängstlich musterte, Hermine, die erleichtert lächelte und Ron, dessen Gesicht gar nichts aussagte. Dann sank er wieder in die Bewusstlosigkeit, erleichtert, dass ihm all dies noch nicht verloren gegangen war. Er lebte. Und er würde diesem Voldemort in seinem verdammten Arsch treten, wenn er ihm all das wegnehmen wollte.
 


 

Jinathan trug den bewusstlosen Harry durch die verwunderte Menge. Ein Slytherin rettete einen Gryffindor? Auch Minerva McGonagall war verwirrt, nur Dumbledore lächelte erfreut. So wie er es immer tat, wenn er mehr zu wissen schien, als alle anderen.
 

Hermines Blick folgte dem undurchsichtigen Jungen bis er in der Menge verschwand.
 

Sie sah zu Cho. Die Erleichterung hatte ihre Tränen nur noch mehr verstärkt. Es schien, als ob sie gar nicht mehr aufhören wolle zu weinen. Dann sah sie zu Ron. Sein Blick war finster, seine Augen verengt. Er blickte noch immer auf die Stelle, wo Jinathan in der Menge verschwunden war. Dann drehte er sich verärgert weg und verschwand ebenfalls zwischen den Schülermassen. Hermine sah ihm irritiert hinterher. Was war nur zwischen den beiden passiert, dass er so einen Hass auf ihn verspürte?
 


 

***
 


 

Der Regen hatte endlich aufgehört. Die Schülermassen waren von den Lehrern und Vertrauensschülern in ihre Häuser gescheucht worden. Für den Rest des Tages war es verboten in den Gängen herumzustromern.
 

Hermine stand einsam im leeren Stadion, welches langsam im Matsch versank. Keiner schien gemerkt zu haben, dass sie zurückgeblieben war. Sie wollte jetzt allein sein. Sie musste nachdenken, wollte nicht mit den anderen im Gryffindor-Turm reden.
 

Ihr Blick war noch immer in den Himmel gerichtet. Auf das Dunkle Mal.
 

Wie sie diesen Voldemort hasste. Ihn und seine verlogenen Todesser. Sie zerstörten alles, was ihr heilig war. Quälten Zauberer wie Muggel, machten vor nichts Halt. Doch gab es überhaupt einen triftigen Grund? Warum hatte Voldemort nur so einen Hass auf die Welt? Wie war er so ein Monster geworden?
 

Harry hatte ihr damals erzählt, dass auch Tom Riddle ein Waise war, wie Harry. Seine Mutter, eine Hexe, war kurz nach seiner Geburt gestorben. Sein Vater, ein Muggel, hatte ihn, als er erfuhr, dass seine Frau eine Hexe war, verlassen und so war Tom Vorlost Riddle in einem Waisenhaus gelandet. Er hatte die Muggel gehasst und seinen Namen, der er von seinem Muggelvater bekommen hatte, verachtet.
 

Dennoch war dies doch kein Grund so einen Hass auf die Welt zu entwickeln. Angefangen hatte wohl alles mit der Kammer des Schreckens. Er, der er ein Halbblut war, hatte sich als Erbe der Slytherins erwiesen. Aber das war doch völlig unlogisch. Immerhin war die Kammer des Schreckens dafür da, alle Halbblüter aus Hogwarts zu vertreiben. Hermine schüttelte verwirrt den Kopf. Das ergab alles keinen Sinn...
 


 

Eine dunkle Gestalt löste sich auf dem Schatten und trat auf sie zu. Hermine fuhr erschrocken herum. "Professor? Was machen Sie denn hier?" Der Angesprochene schaute grimmig. "Das wollte ich Sie auch gerade fragen, Miss Granger. Allen Schülern wurde befohlen sich in ihre Gemeinschaftsräume zurückzuziehen. Es ist zu gefährlich hier draußen, selbst für so eine vorlaute besserwisserische Gryffindor-Göre wie Sie." Hermine fühlte sich durchaus geschmeichelt von Snapes überaus freundlichem Kompliment. Sie grinste gequält. "Ich kann schon auf mich aufpassen..." Sie stockte kurz und musterte ihn intensiv. "Sie waren es, der Harrys Sturz abgebremst hat, nicht wahr?" Der Zaubertränkelehrer nickte knapp. Hermine lächelte. "Danke." Sie meinte das wirklich ernst und das wusste er.
 

"Das hätte doch wohl jeder an meiner Stelle getan. Harry ist ein Schüler und ich ein Lehrer, der die Pflicht hat auf seine Schüler aufzupassen, ob ich ihn nun leiden kann oder nicht. Ich hab es nicht getan, weil er Harry Potter ist und weil er mir damals im Wald das Leben gerettet hat. Ich hab es nur getan, weil es von mir erwartet wird." Er schien sich rechtfertigen zu müssen. Hermine grinste. "Schon klar, ich verstehe. Sie haben nur ihre Pflicht getan. Aber dennoch danke ich Ihnen dafür. Denn damit haben Sie einem meiner besten Freunde das Leben gerettet. Ob Ihnen das gefällt oder nicht, Sie haben mir damit einen sehr großen Gefallen getan."
 

Snape verzog die Miene in gespieltem Entsetzen. Hermine lachte. Es war ein befreiendes Lachen. Sie spürte wie der nachhallende Schock endlich von ihr abfiel, wie sich die Ketten um ihr Herz lösten. Snape konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken. Seine kurzen Haare wehten unruhig im Wind.
 

"Nun, warum sind Sie dann nicht bei ihm?" Hermine sah ihn mit traurigen Augen an. "Ich wollte eine Weile allein sein und nachdenken. Es mag egoistisch klingen, doch ich denke, dass Harry mich sowieso gerade nicht brauchen kann."
 

Snape wirkte irritiert. "Wieso denken Sie das?"
 

Sie zuckte mit den Schultern. "Er schläft noch immer. Und außerdem ist Cho bei ihm. Ich wäre jetzt nur überflüssig..."
 

Ihr Lehrer schwieg und musterte sie kühl, doch sie wusste, dass er hinter seiner kalten Art gar nicht so hart war. Und auch er wusste, dass seine Fassade gebrochen war. Sie und Harry würden ihn nicht mehr als kaltherzigen Foltermeister sehen. Und das ärgerte ihn. Stets hatte er diese Wand um sich aufgebaut, die Gryffindors mit Strafpunkten und Strafarbeiten nur so überhäuft, während die Slytherins immer glimpflich davongekommen waren.
 

"Wissen Sie, eine Frage lässt mich einfach nicht mehr los", unterbrach sie seine Gedanken. "Warum ist Tom Riddle zu Voldemort geworden?"
 

Snape wirkte ziemlich erstaunt über diese Frage. Ja gar überrumpelt. Was sollte er darauf erwidern? Sie erwartete eine Antwort, auch wenn es eher wie eine rhetorische Frage rübergekommen war. Sie wollte eine Antwort von ihm, der er viele Jahre in Voldemorts Dienst gestanden hatte. Doch wie sollte er ihr antworten, wo er sich die Frage doch selbst so viele Male gestellt hatte.
 

"Es gibt Dinge, die unerklärlich sind, die wir uns nicht vorstellen können und auf deren Antwort wir wohl ewig warten..." Er wusste, dass diese Antwort kläglich war. Dass sie seine Hilflosigkeit wiederspiegelte und seine eigene Unsicherheit. Hermine nickte, als hätte sie gewusst, wie seine Antwort ausfallen würde. Sie senkte ihren Blick zu Boden, als ob ihre Füße auf einmal besonders interessant seien.
 

"Sie wissen es nicht, weil es keinen Grund gab. Er hat sich nur von seinem Hass leiten lassen, der sich über die vielen Jahre an seinem Leid genährt hat.
 

Es gibt Menschen, die der dunklen Seite widerstehen können und welche, die zu schwach sind und ihr verfallen. Tom Riddle war einer von diesen schwachen Menschen.
 

Er wurde zu Voldemort, weil er sich insgeheim immer selbst gehasst hat, sich und sein schwaches Herz, seine Herkunft und sein Blut. Er wollte nicht länger in seiner selbst eingebildeten Schande leben und so schuf er sich eine andere Identität, durch welche er sich geistige Stärke einbildete.
 

Er versetzte die Menschen in Angst und Schrecken, um sein Ego zu stärken, um seine Selbstzweifel auszurotten, um sich selbst zu genügen."
 

Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, als hätte sie diese Gedanken schon immer in sich getragen, als wären sie nur verborgen gewesen und hatten darauf gewartet, sich jemanden mitteilen zu können. Snape hörte wortlos zu. Nachdenklich sah er in den Himmel. Das Dunkle Mal verblasste allmählich.
 

"Er tötete die Potters, um endlich seine Vergangenheit und seine Gegenwart auszuradieren. Um alle Hindernisse zu beseitigen. Er wollte der mächtigste und grausamste sein, damit niemand den Tom Riddle in ihm sah, den Muggel, den schwachen nutzlosen Menschen. Doch er hatte nicht mit Harry gerechnet. Ihn hatte er nicht töten können. Stattdessen hatte er sich selbst dem Untergang geweiht, sich selbst zerstört. Welche Schande musste das für ihn gewesen sein? Welch Demütigung? Mit seinen eigenen Waffen geschlagen von einer muggelstämmigen Hexe und einem einjährigen Baby." Sie stockte. Ihr Herzschlag hatte sich mit jedem Satz beschleunigt. Sie war wütend, wütend über ihre eigenen Worte, über die verborgene Wahrheit, die in ihnen lag. Sie war zornig auf Tom Riddle, dessen schwaches Herz die Welt zerstörte, auf seinen Vater, der ihn damals allein ließ und in ihm das Gefühl der Nutzlosigkeit entfachte, welches ihn schließlich zum Monster werden ließ. Sie war wütend auf sich selbst, dass sie womöglich die Wahrheit herausgefunden hatte, eine Wahrheit, die ihr zuwider war.
 

"Er hat Harrys Familie umgebracht und sein Leben zerstört, doch seinen Willen hat er nicht brechen können. Er war es, der Harry Potter stark gemacht hat..."
 

Stumme Tränen rannen über ihre Wangen, stumme Tränen der Wut, Verzweiflung, sogar Tränen des Hasses. Sie wollte nicht hassen, doch in diesem Moment, in dem ihr die grausamen Bilder der letzten Jahre noch einmal vor Augen kamen war sie unfähig dieses Gefühl der Schwäche abzuschütteln. Wie konnte man jemanden, der soviel Leid über die Welt brachte nicht hassen? Nie könnte sie für sein schwaches Herz Mitleid empfinden. Nie könnte sie ihm vergeben, dass Harry an diesem Tag beinahe gestorben wäre.
 

Snape sah seine Schülerin lange an. Er legte ihr den Arm um die Schulter. Seine Stimme klang fest und ernst, als er schließlich sagte: "Miss Granger, Sie holen sich noch eine Erkältung. Gehen Sie jetzt bitte in Ihren Turm. Professor Dumbledore wird heute zum Abendmahl alles weitere erklären."
 

Sie nickte wortlos.

Grausame Worte

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 18: Grausame Worte
 

Hermine war natürlich nicht in den Gryffindor-Turm zurückgekehrt, wie Snape es von ihr verlangt hatte. Ihre Füße hatten sie direkt zur Krankenstation getrieben. Nun stand sie unschlüssig vor der Tür. Was wenn er schwer verletzt war? Sie könnte es nicht ertragen ihn so zu sehen. Betreten senkte sie den Blick, als sie plötzlich eine vertraute Stimme vernahm. "Was stehst du da so rum?"
 

Ihr Kopf ruckte erschrocken zur Seite. "Jin?"
 

Bei dem Wort ,Jin' verzog sich seine Miene säuerlich, doch gleich darauf trat das schelmische Lächeln wieder in sein Gesicht.
 

"Ich..." Sie senkte verlegen den Kopf. "Geht es ihm gut?"
 

"Warum schaust du nicht selbst nach?"
 

Sie zuckte mit den Schultern. "Ich trau mich nicht so recht."
 

"Warum?" Er schaute leicht verwirrt.
 

Erneut zuckten ihre Schultern in die Höhe. "Ich weiß nicht. Ich meine ... was ist wenn..." Sie brach ab. Jinathan seufzte. "Ich wusste gar nicht, dass du so scheu sein kannst." Kurzerhand drückte er die Türklinke hinunter, packte sie an den Schultern und schob sie durch die Tür. Sie hörte, wie er hinter sich die Tür wieder ins Schloss drückte.
 


 

Harry schlief friedlich. Seine schwarzen Haare hoben sich von der strahlend weißen Bettwäsche ab. Cho saß am Rand seines Bettes, hatte den Kopf auf die Bettkante gelegt und schlief ebenfalls. Zärtlich hielt sie seine Hand, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.
 

Hermine musste beim Anblick der zwei lächeln. Leise trat sie näher und setzte sich an die freie Seite. Ihr Herz hatte einen erleichterten Hüpfer gemacht, als sie ihn unversehrt erblickt hatte. Stumme Tränen rannen ihre blassen Wangen hinab. Hastig wischte sie sie weg und drehte sich zu Jinathan, der schweigend an der Tür stehen geblieben war.
 

"Ich wollte dir noch danken, für deinen Rettungsversuch." Sie lächelte. "Du warst der einzige, der ihm geholfen hat. Der einzige, der es überhaupt bemerkt hat." Sie strich sich eine Strähne ihres braunen lockigen Haars hinter die Ohren und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Dann stieg die Röte in ihr Gesicht und sie drehte sich hastig wieder zu Harry. Über ihre eigene Scheue lächelnd musterte sie ihren Freunde mit einem warmherzigen Blick. Wie er so friedlich schlief. Als könnten alle Probleme der Welt ihm in diesem Moment nichts anhaben. Er hatte in den letzten Wochen und Monaten viel durchmachen, viel Kummer und Schmerz erleiden müssen. Und alles nur wegen Ihm. Er, der er alles zerstörte. Plötzlich, mit bloßem Gedanken an ihn, war der Zorn zurückgekehrt. Die vernichtende Schwäche des Dunklen. Doch sie konnte sich nicht dagegen wehren. Er war so ein Ungeheuer. Warum konnte er Harry nicht endlich in Ruhe lassen? Er hatte ihm doch nun wirklich genug angetan. Ihnen allen. Konnte er nicht endlich von dieser Welt verschwinden, sich in ein einsames dunkles Loch verkriechen, irgendwo in den Weiten des Universums verschollen?
 

Ihre Augen wurden traurig, denn sie wusste, dass es nicht so einfach sein würde. Harte Zeiten standen ihnen bevor. Seufzend nahm sie Harrys freie Hand und strich liebevoll darüber. "Werd schnell wieder gesund!" flüsterte sie kaum hörbar. Dann erhob sie sich wieder und drehte sich zur Tür. Doch bevor sie die Klinke herunterdrückte hielt sie noch einmal inne und drehte sie zu Jinathan.
 

"Es gibt etwas, dass frage ich mich schon die ganze Zeit seit du an dieser Schule bist. Warum bist du ein Slytherin geworden? Ich meine, du bist so anders, so freundlich... manchmal." Bei dem letzten Wort musste sie grinsen. Jinathan verzog gespielt gekränkt die Miene. "Manchmal?" Sie lachte hell auf. "Nun sag schon..."
 

Er zuckte mit den Schultern. "Vielleicht weil es von mir erwartet wird!" Es klang nicht sehr überzeugend, dass wusste er. Aber sie musste sich damit begnügen, denn mehr würde er nicht dazu sagen.
 

Zögernd nahm sie ihre Hand wieder von der Klinke und trat näher, sodass ihre Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Sie spürte seinen kühlen Atem, roch den Duft seiner frisch gewaschenen Haare, das minzige Aftershave auf seiner glatten Haut. Ohne nachzudenken näherte sie sich weiter, schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte ihre Lippen auf die seinigen. Hunderte von Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Was tat sie da gerade? War sie verrückt? Hatte sie den Verstand verloren? Er war ein Slytherin, ein Feind. Aber war er das wirklich? Bedeutete es denn wirklich etwas schlechtes, wenn man ein Slytherin war? Gab es denn keine Ausnahmen? Dennoch... Wie konnte sie ihn einfach küssen? Was um alles in der Welt hatte sie sich dabei gedacht?...
 

Sie wusste die Antwort. Ganz tief in ihrem Herzen hatte sie es schon immer gewusst. Sie hatte sich nur dagegen gesträubt sich einzugestehen, dass Jinathan gewisse Gefühle in ihr wachrief. Doch nun gab es kein Zurück mehr. Verliebt schloss sie die Augen und ergab sich ihm.
 

Ihr Kuss war innig und lang. Keiner von beiden wollte ihn zuerst beenden, sodass sie sich erst wieder voneinander lösten, als ihnen die Luft ausging. Sie sahen sich lange wortlos an. Keiner wollte die Stille zerstören, den Zauber des Augenblicks verscheuchen. So standen sie schweigend, tief in den Augen des Gegenübers verloren.
 

Sie hatte ihre Arme noch immer um ihn geschlungen. Sanft strich sie ihm durch sein dunkles weiches Haar. Dann legte sie ihren Kopf verträumt auf seine Schulter und bedeckte seinen Hals mit zärtlichen Küssen.
 

"Das hab ich mir schon so lange gewünscht", flüsterte sie leise in sein Ohr.
 

Er lächelte bei dem Hauch ihrer Worte, die seine Haut kitzelten.
 

Die Zeit schien still zu stehen. Er wagte kaum zu atmen. Noch nie hatte er so empfunden, noch nie hatte er solche Gefühle für einen Menschen entwickelt. Eine unbekannte Wärme durchfloss seine Adern, schien sein Blut zum Kochen zu bringen. Seine Hände, die um ihre schmale Taille geschlungen waren, begannen leicht zu zittern. Er verlor die Kontrolle, verlor seine Kälte, seine Unnahbarkeit. Das war nicht gut, ganz und gar nicht. Seine Fassade würde blättern, sein Plan scheitern. Er wusste, dass dieses Mädchen alles zerstörte, was er in den letzten Wochen hart aufgebaut hatte. Dennoch war es ihm in diesem Moment egal. Er war unfähig sich dagegen zu wehren, sich gegen sich selbst zu wehren. Auf einmal fühlte er sich wie ein Eiswürfel, welcher der Sonne ausgesetzt war. Er schmolz unter ihrer Wärme, ihrem Licht. Ein unaufhaltsamer Prozess.
 

Ein grausamer Schmerz holte ihn zurück in die Wirklichkeit. Erschrocken zuckte er zusammen und ließ sich stöhnend gegen eine Wand sinken. Ein quälendes Gefühl hatte seinen rechten Arm befallen und schien sich nun durch seine Muskeln zu brennen. Es war, als würde sich eine feurige Klinge ihren Weg bahnen. Ein Schmerz, den er schon während des Spiels gespürt hatte. Ein Schmerz, der ihn schon viele Jahre verfolgte. Stöhnend biss er die Zähne zusammen. Hermine musterte ihn ängstlich. "Hast du Schmerzen?" fragte sie besorgt. Er schüttelte abwehrend den Kopf. "Es ist nichts. Mach dir keine Sorgen!" Doch Hermine war nicht dumm. Mit so einer Antwort gab sie sich nicht zufrieden. Kurzerhand schob sie seine Hand beiseite und zog den Stoff seines grünen Quidditch-Umhangs nach oben. Und dort prangte es, das Mal der Todesser.
 

Hermine wich entsetzt zurück und stieß einen erstickten Laut aus. Ihre Augen waren geweitet, ihr Mund fassungslos aufgerissen.
 

Das konnte nicht sein. Nicht Jinathan. Nicht er...
 

"Das glaub ich nicht!" Ihre Stimme war leise und bebte. Vielleicht war es die Überraschung, vielleicht auch Zorn. Jinathan wusste es nicht. Mit traurigen Augen sah er sie an, unfähig ihr zu erklären, was es damit auf sich hatte. Unfähig irgendetwas zu sagen. Er sah, wie sich ihre einst so weichen und warmen Lippen zu einem blutleeren Strich formten. Wie sich ihre schönen, einst so milden Augen, die sein Herz erweicht hatten, mit heißen Tränen der Wut füllten. Wie sich ihre einst so zärtlichen und sanften Hände, die seine Haut und sein Haar gestreichelt hatten, zu Fäusten ballten. All das ließ ihn seinen physischen Schmerz vergessen, denn ein viel grausamer Schmerz war in ihm entfacht worden. Es schien, als würde sein Herz zerreißen, als würde es unter ihrem Blick zerbersten. Ein Blick, der das Licht in ihr erlöschte. Sie, die einst wie die Sonne strahlte, war hinter einer dunklen Wolke des Zorns verschwunden.
 

"Nein!" Sie schüttelte sich. "Nein, nein!" Ihre Stimme war laut, doch sie zitterte wie ein Laubblatt im Sturm. Ein Sturm, der von ihr Besitz ergriffen hatte, ein Sturm, der schon lange in ihr zu brodeln schien. Es war ihr Hass, ihr Hass auf Voldemort und seine Anhänger, der sich nun entlud.
 

"Warum?" Völlig außer sich stürzte sie sich auf ihn und schlug mit den Fäusten auf seine Brust ein. Immer und immer wieder ließ sie ihre Hände auf ihn niederprasseln. Doch er regte sich nicht, sah nur traurig auf sie herab, auf ihr wallendes Haar und ihre tränenfeuchte Haut. Die Schläge, die langsam an Kraft verloren, waren wie Peitschenhiebe auf seine Seele. Doch er rührte sich nicht. Konnte es nicht. In diesem Moment schien ein greller Blitz sein Herz aufzuspießen, alle Gefühle zu vernichten. Er spürte keinen Schmerz mehr, keine Trauer, keine Enttäuschung, Furcht, Hass oder Qual. Und auch keine Liebe. Alles was ihm blieb war eine grausame Leere, die noch viel schlimmer zu sein schien, als ihre warmen Tränen, die unaufhaltsam seinen Umhang in Schuld tränkten.
 

"Du bist es, nicht wahr?" Ihre Stimme klang auf einmal fest, als würde der Zorn ihr Kraft geben und ihre Augen stachen wie ein Messer in seine. Sie würde keine Ausreden erdulden. "Du bist der Sohn des Lords. Ich hab doch recht, oder?" Er schluckte. Ein großer Klumpen schien seine Kehle zu erdrücken, ihm den Atem zu nehmen. Er nickte schwach.
 

Ja, er war es. Ja, er war der Sohn eines Monsters. Ja, er hatte das Mal der Todessers auf seinem Arm, hatte es schon immer gehabt, war von Geburt an gezeichnet. Und nun würde sie ihn dafür hassen. Für etwas, was er selbst verachtete, was er hasste, für das er sich schämte und was er sich sogar versucht hatte aus dem Fleisch zu schneiden. Die Narben kündeten noch heute von seinem Scheitern. Er scheiterte an seiner Vergangenheit, er scheiterte an seiner Herkunft, er scheiterte an seiner Befreiung.
 

"Ich hasse dich!" Ihre Stimme drang wie ein Dolch in sein Herz. Doch er spürte die Härte ihrer Worte nicht. Er war tot, seine Gefühle waren gestorben. Er war für diese Welt verloren. Alles was er wahrnahm war die Kälte, die ihn gepackt hatte, die ihn einzufrieren begann.
 

"Du hast mich nur benutzt." Ihre Stimme bebte vor Zorn. Sie versuchte krampfhaft nicht die Fassung zu verlieren. "Was willst du hier in Hogwarts? Bist du ein Spion? Willst du zuende bringen, was dein Vater nicht geschafft hat? Nur zu. Hier liegt er, der wehrlose Harry Potter, zu deinen Füssen. Er ist doch schon so gut wie geschlagen. Ihr habt es doch fast geschafft, habt ihn fast zerstört." Sie trat herausfordernd näher. "Töte ihn doch endlich? Das ist es doch, was du willst. Wie lange willst du ihn denn noch leiden lassen?" Ihre Stimme versagte. Haltlos sank sie an ihm herab, krampfte sich in seinen Umhang. Wieder fluteten Tränen ihren Blick, nahmen ihr die Sicht auf seine finsteren ausdruckslosen Augen.
 

Sie hatte ihn geliebt. Wie hatte er sie so enttäuschen können?
 

Jinathan starrte regungslos aus dem Fenster, in die dunkle trostlose Schwärze. Seine Hände zitterten unaufhörlich. Er wagte es nicht zu ihr herab zu sehen, wagte es nicht seinen Blick loszureißen. Es schien, als würde das Wetter sein Inneres wiederspiegeln. Eine graue, trostlose, stürmische Ebene, von den Gewalten der Natur gepeinigt, von Blitzen durchbohrt, von Donnern überrollt.
 

Er hatte stets gewusst, dass er sich keine Gefühle erlauben konnte. Gefühle waren etwas einseitiges, waren etwas, was einen aus der Bahn warf, was einen zerstörte. Er hatte diesen Schmerz schon einmal gespürt. Danach hatte er sich geschworen nie wieder zu fühlen und nie wieder unter Gefühlen zu leiden. Doch nun war es passiert. Für Sekunden des Glücks würde er nun büßen. Für immer...
 

"Jetzt weiß ich, warum du ein Slytherin geworden bist." Ihre Stimme klang hart und riss seinen Blick nun doch vom Fenster los. Entschlossen stemmte sie sich wieder in die Höhe und sah ihm in die Augen. "Jetzt wird alles ganz klar. Dein Interesse an Harry, dein finsterer Blick, deine ... fiese Art."
 

Ihre Tränen waren getrocknet, nur die geröteten Wangen erzählten noch von ihnen. "Alles passt zusammen. Du bist wie ein schlechter Malfoy, ein billiges Imitat." Sie schnaubte verächtlich. "Aber Harry kriegst du nicht. Da musst du erst an mir vorbei. Und ich werde es dir sehr schwer machen!" Sie stemmte die Hände in die Hüften und funkelte bedrohlich. Hermine hatte ihre alte Stärke zurückerlangt und ihre Hartnäckigkeit.
 

Jinathan wusste nicht, wie lange er nun so schweigend dastand. Es mussten nur wenige Minuten gewesen sein, doch sie kamen ihm vor wie Stunden. Die Zeit quälte ihn. Er wollte nicht mehr, wollte endlich aus den grauen Mauern dieses Gefängnisses fliehen, die ihn auf einmal bedrohlich einengten. Doch noch immer war er unfähig sich zu rühren. Die einzige Bewegung war das Zittern seiner Hände.
 

<Denkst du wirklich so über mich, Hermine?>
 

"Du bist enttarnt. Dumbledore wird dich rausschmeißen. Dein Plan wird scheitern." Sie grinste fies, ein Blick, den man bei Hermine noch nie gesehen hatte, von solch einer Kälte, dass selbst Snape erschaudert wäre.
 

"Und was machst du dann? Rennst du zu deinem Papi und beichtest ihm, dass du gescheitert bist? Das du den großen Harry Potter nicht hast besiegen können. Den großen Harry Potter, der hilflos in seinem Bett liegt und sich nicht wehren kann." Sie machte eine kurze Pause und fuhr dann verächtlich fort, ihre Stimme bedrohlich erhoben:
 

"Aber der Lord wird Verständnis haben. Immerhin ist er selbst vier mal gescheitert. Das scheint in der Familie zu liegen. Die Riddles sind halt alle Versager!"
 


 

"Hermine?" Harrys Stimme klang leise und schwach, dennoch fuhr sie erschrocken herum. "Harry, du bist wach? Ein Glück. Ich hab mir solche-"
 

Er unterbrach sie mit einer schnellen Geste. "Was geht hier vor?" Er warf Jinathan einen besorgten Blick zu und fixierte dann wieder Hermine. Ihre laute Stimme hatte ihn wachgerüttelt. Zwar hatte er nicht viel von der Unterhaltung mitbekommen, doch Hermines letzte Sätze hatten ihn stutzig gemacht.
 

"Er ist nicht das, was er vorgibt zu sein." Sie sah Jinathan bei diesen Worten fest an, als wollte sie ihn mit diesem Blick durchbohren. "Wir hatten von Anfang an recht mit unserer Vermutung. Er ist der Sohn von du-weißt-schon-wem. Er ist ein dreckiger Todesser!"
 

Harry sah sie entsetzt an. Entsetzt über ihre harten Worte, die man aus ihrem Mund nicht gewöhnt war, entsetzt über ihren kalten Blick. Langsam löste er seine Hand aus der der schlafenden Cho, schwang seine Beine aus dem Bett und trat zwischen die beiden.
 

"Hermine", beruhigend legte er die Hand auf ihre Schulter. "Was redest du da? Du tust ihm unrecht." Hermine funkelte ungläubig. "Harry, er hat dich getäuscht. Uns alle." Schützend zog sie ihn ein wenig zur Seite, damit er dem Verräter nicht zu nahe kam. Harry schüttelte ungläubig ihre Hand ab. "Du weißt doch gar nichts über ihn. Wie kannst du ihn dann so einfach verurteilen?" Hermine glaubte ihren Ohren nicht zu trauen.
 

"Nimmst du ihn jetzt in Schutz?" Sie sah fassungslos von ihm zu Jinathan. "Ich meine... er ..." Sie stockte. Ihr Blick war an seinen dunklen wunderschönen Augen hängen geblieben, in denen ein unendlich trauriger Ausdruck lag, doch er verschwand so schnell wie das Aufblitzen eines Sonnenstrahls hinter einer undurchdringlichen Wolkenfront. All ihre Härte schien mit ihm zu weichen. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Völlig verunsichert sah sie zu Harry. Seine Haut war blass und die Schwäche stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dennoch verteidigte er Jinathan ohne Zweifel. Aber er war doch der Sohn seines größten Feindes. Wie konnte er so sicher sein? Sie schloss die Augen und zählte langsam bis drei. Als sie ihre Ruhe zurückerlangt hatte maß sie Harry mit einem ernsten Blick.
 

"Ist dir klar, dass er ein Todesser ist? Er trägt das Dunkle Mal auf seinem Arm." Wie zum Beweis packte sie Jinathan und zog den Ärmel seines Umhangs hoch.
 

Jinathan zuckte erschrocken zusammen. Er spürte Hermines kühle Haut auf seiner, konnte ihren Zorn riechen. Plötzlich fühlte er sich so fremd, als würde er ganz weit weg sein und diesem Gespräch nur aus der Ferne lauschen, wie ein heimlicher Zuschauer. Er wollte nicht, dass Harry ihn verteidigte. Wollte nicht, dass Hermine alles über ihn erfuhr. In diesem Moment wünschte er sich nie geboren worden zu sein. Dann wäre doch alles soviel einfacher gewesen. Langsam schloss er seinen Augen. Wie ein Nebelschleier drang Harrys Stimme durch seine Gedanken.
 

"Hermine, du machst einen ganz großen Fehler. Ja, er ist Voldemorts Sohn, aber muss das heißen, dass er genauso wie er ist? Hast du schon mal daran gedacht, dass er ihn ebenso verachtet wie wir? Was kann er denn dafür, dass er sein Sohn ist? Man kann sich seine Eltern nicht aussuchen." Hermine schwieg. Jinathans Herz verkrampfte sich, die Schwärze vor seinen geschlossenen Augenlidern verdichtete sich. Er glaubte ein leises Pochen in seinem Arm zu vernehmen. Das musste das Mal sein, welches ihn langsam innerlich vergiftete. Der Lord rief ihn, mahnte ihn und all die anderen Todesser ihn nicht zu enttäuschen. Denn jeder wusste, sein Zorn war grenzenlos.
 

"Aber er hat das gleiche Blut", versuchte Hermine es erneut. "Die gleiche dunkle Seele. Er ist eine Miniausgabe des echten Lords." Ihre Stimme klang nun nicht mehr fest, nicht mehr hart. Man hörte ihre eigenen Zweifel, ihre Unsicherheit, ihre Furcht vor der Wahrheit. Harry schüttelte wortlos den Kopf.
 

"Sieh doch mal die Narben an seinem Arm. Was meinst du, was sie bedeuten?"
 

Jinathan hatte genug. Es war, als würden sich alle Fesseln, die sich um seine Gelenke gelegt hatten, mit einem lauten Knall zerreißen. Trotzig riss er sich los. Ohne ein Wort, ohne einen weiteren Blick, schob er sich an den beiden vorbei zur Tür und tauchte in die graue Freiheit. Ließ alles hinter sich.
 

Sein Kopf war leer, er dachte an nichts, spürte keinen Schmerz, keine Trauer. Er lief und lief, wahrscheinlich war er unzählige Umwege gegangen ehe er schließlich am Portraitloch der Slytherins angekommen war. Das Bild schwang knarrend zur Seite. Er stieg hindurch, tauchte in das bunte Leben seiner Mitbewohner ein, die ihm so fremd waren, wie jeder andere hier in Hogwarts. Fröhliche Stimmen umgaben ihn. Viele Schüler saßen um das Kaminfeuer und erzählten sich schaurige Gruselgeschichten oder tauschten einfach nur Erlebnisse des Tages aus. Keiner beachtete ihn. Nur Sara kam mal wieder strahlend auf ihn zu. "Jin. Wo warst du denn so lange? Snape hat schon zweimal vorbeigeschaut und kontrolliert, ob alle Schüler anwesend sind. Ich habe gesagt, dass du dich hingelegt hast, aber ich glaube nicht, dass er es mir geglaubt hat." Jinathan blieb stehen und sah sie emotionslos an. Sara, die seine Unnahbarkeit schon gewöhnt war, ergriff sofort wieder die Initiative, ehe er ihr wieder eine Abfuhr erteilte. "Willst du dich nicht ein wenig zu mir setzen? Du bist ja ganz kalt." Sie musterte ihn besorgt und zog ihn zum Kamin, von dem eine angenehme Wärme ausging. Ohne auf seine Proteste zu achten drückte sie ihn auf den Teppich und ließ sich neben ihm nieder. Sie lächelte freundlich und angelte sich eine dampfende Tasse vom Tisch.
 

"Hier trink, das wird dich aufwärmen!" Jinathan sah verwirrt auf das braune Getränk. "Keine Angst, das ist nur heiße Schokolade. Ich werd dich schon nicht vergiften." Bei diesen Worten lächelte sie erneut. "Dich niemals!"
 


 

Hermine stand noch immer reglos und starrte auf die Tür, durch die der Sohn des unnennbaren Lords gerade verschwunden war.
 

"Hermine?" Harry legte ihr beruhigend seine Hand auf die Schulter.
 

"Was hab ich getan?" Ihre Stimme klang panisch.
 

"Du konntest es doch nicht wissen!"
 

Sie schüttelte sich heftig. "Aber er ist doch..." Sie verstummte und sah ihn entsetzt an. Schlagartig war ihr die Grausamkeit ihrer Tat bewusst geworden. Sie liebte diesen Jungen doch. Wie hatte sie ihm so etwas unterstellen können? Er hatte Harrys Leben retten wollen. Wieso sollte er das tun, wenn er ihn sowieso töten wollte?
 

Sie schlug die Hände über den Kopf zusammen. Es ergab alles keinen Sinn. Verzweifelt krampfte sie ihre Finger in ihr lockiges Haar. Was hatte sie getan? Er würde ihr nie wieder vertrauen, sie nicht einmal mehr ansehen. Nie wieder würde er ihr eines seiner warmen Lächeln schenken. Was war sie doch für ein Biest.
 

"Hermine..." Harry versuchte sie zu beruhigen, doch sie streifte seine Hand achtlos ab. Beinahe fluchtartig verließ sie die Krankenstation. Traurig sah er ihr hinterher. Warum musste immer gleich alles auf einmal schief gehen? Warum konnte sich das Leid nicht auf verschiedene Tage verteilen? Harry grinste schwach über seine eigenen Gedanken. Wie sehr Leid doch schon zum alltäglichen Bestandteil werden konnte, wenn man sich daran gewöhnte.
 

Schweigend setzte er sich auf das weiße Bett und strich der immer noch schlafenden Cho sanft durchs Haar. Was war das nur für ein schrecklicher Tag?
 

Vorsichtig beugte er sich über sie und gab ihr einen zärtlichen Kuss.

"Ich bin so froh, dass ich dich hab."

Aussprache

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 19: Aussprache
 

Die Große Halle war von Gemurmel erfüllt. Dumbledore hatte alle Schüler zusammengerufen, um zu erklären, wie es weitergehen sollte. Das Dunkle Mal hatte sie alle geschockt, selbst die Slytherin waren seltsam stumm. Zu Zeiten Malfoys hätten sie ein schleimiges Grinsen aufgesetzt und großspurige Töne gespuckt. Doch ohne ihren großen Anführer waren sie ebenso blass wie alle anderen. Jeder fürchtete den unnennbaren Lord.
 

Harry, der schon wieder aus der Krankenstation entlassen worden war (oder sagen wir lieber, der Madam Pomfrey mit solch finsteren Blicken erspießte, als sie ihn dazu verdonnern wollte noch über Nacht zu bleiben, dass sie ihn "freiwillig" gehen ließ), saß schweigend zwischen seinen Kameraden. Cho hatte sich tief in seine Arme gekuschelt. Niemand der Gryffindors hatte etwas dagegen, dass sie an ihrem Tisch saß. Keiner beharrte in diesem Moment auf die tradierte Ordnung, die sowieso längst überholt war. Harry starrte konzentriert in die Menge. Hermine war bisher nicht wieder aufgetaucht. Harry hatte sie noch nie so aufgewühlt erlebt. Auch Ron behandelte ihn noch immer mit einer gewissen Distanz. Zwar war seit Harrys Sturz die eisige Kälte aus seinem Blick gewichen, doch es war noch immer eine Wand zwischen ihnen, die verhinderte, dass es zwischen ihnen wieder so wie früher wurde. Doch vielleicht würde es nie wieder so sein wie früher.
 

Er sah zum Slytherin-Tisch. Jinathan saß anteilnahmslos in der Masse der tuschelnden Slytherins. Harry konnte nicht erkennen, welche Gefühle sich auf seinem Gesicht wiederspiegelten. Hermines Worte mussten ihn hart getroffen haben. Dennoch war er ruhig geblieben, ja regelrecht emotionslos. Als ob ihm all das egal sei, als ob es wirkungslos an ihm abprallen würde. Doch Harry wusste, dass dies nicht der Fall war. Jinathan konnte seine Gefühle sehr gut verbergen. Darin war er ebenso gut, wie es Malfoy stets gewesen war.
 

Seufzend suchte er die Menge nach Hermine ab. Sie war noch immer nicht da. Langsam machte er sich Sorgen. Cho strich ihm liebevoll über seine Wange. "Mach dir keine Sorgen. Sie kommt schon noch." Harry nickte leicht. Wenn er das nur glauben könnte...
 

Schließlich erhob sich der weißhaarige Direktor gemächlich von seinem Stuhl und räusperte sich laut. Sofort trat Stille ein. Er warf einen langen schweigenden Blick über die Schülermassen. Dann begann er mit lauter, schleppender Stimme:
 

"Meine lieben Schülerinnen und Schüler. Wir sind wieder einmal in bedrückter Stille zusammengekommen. Der heutige Tag hat sehr viel Wirbel in der Zauberwelt verursacht und auch die Muggel scheinen die brodelnde Gefahr zu spüren. Das Dunkle Mal, welches nunmehr schon zum zweiten Mal in kürzester Zeit unseren Himmel besudelte, ist nur der Anfang. Ich müsste lügen, wollte ich euch beruhigen. Doch ihr seid alt genug, um die Wahrheit zu erfahren. Harte Zeiten sind angebrochen. Seit Lord Voldemorts Auferstehung sind nur wenige Monate vergangen. Doch vieles ist geschehen. Ein Bündnis mit den Riesen ist zustande gekommen. Ebenso laufen derzeit die Verhandlungen mit den Kobolden. Bisher steht es gut für uns. Der Frieden zwischen unseren Völkern war noch nie so gesichert wie jetzt. Unsere Verbündeten werden immer zahlreicher. Und auch das Ministerium ist nicht untätig. Doch ich will euch nichts vormachen. Wir alle wissen, über welche Macht Lord Voldemort gebietet. Es wird alles andere als leicht sein, ihn zu schlagen. Selbst mit den erfahrensten Zauberern und den stärksten Kriegern an unserer Seite wird es nicht einfach."
 

Eine betretene Stille stellte sich ein. Keiner wagte es zu sprechen. Dumbledore strich sich andächtig durch seinen langen schlohweißen Bart.
 

"Hogwarts existiert schon seit vielen Jahrhunderten. Vier der mächtigsten Zauberer ihrer Zeit erbauten diese Schule mit all ihrem magischen Können. Nirgends gibt es einen sicheren Ort, das verspreche ich euch. Darum wird trotz der gegenwärtigen Umstände der Unterricht normal weiterverlaufen. Verteidigung gegen die dunklen Künste wird verstärkt unterrichtet. Dementsprechend habe ich Professor Snape als zweiten Lehrer neben Professor Spruce ausgewählt." Ein Raunen ging durch die Menge. Dumbledore hob gebieterisch die Hand und die Gespräche verstummten wieder.
 

"Allerdings teilte mir das Ministerium vorhin mit, dass die Schulpflicht vorläufig aufgehoben wurde. Jedem Schüler ist es freigestellt zu seiner Familie zurückzukehren, solange bis sich die Wogen wieder etwas geglättet haben. Der Unterricht verläuft also auf freiwilliger Basis. Wir werden niemanden zwingen hier zu bleiben."
 

Er schob seine Brille zurecht und sah in die Runde.
 

Harry schüttelte leicht den Kopf. Seine Familie war hier. Er würde nicht zu den Dursleys zurückkehren. Als er zu Cho sah nickte diese leicht. Sie beide würden Hogwarts um keinen Preis verlassen. Dumbledore war ein großartiger Zauberer. Sie vertrauten ihm voll und ganz.
 


 

Nachdem Dumbledore noch einige Worte gesprochen hatte waren alle Schüler wieder in ihre Häuser geschickt worden. Für diesen und die nachfolgenden Abende galt bis auf Widerruf eine Ausgangssperre nach 18 Uhr.
 

Harry trennte sich schließlich schweren Herzens von Cho und machte sich gemeinsam mit Ron auf den Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum. Er hoffte inständig, dass Hermine schon dort sein würde. Doch als er durch das Portraitloch trat merkte er schnell, dass sie noch immer nicht aufgetaucht war.
 


 

***
 


 

"Warte auf mich, Jin!" Sara schnappte sich hastig seinen Arm und hakte sich lächelnd ein. Er hielt kurz inne und musterte sie kühl ehe er wieder nach vorne sah, wo Professor Snape die Slytherin-Schar in ihren Gemeinschaftsraum trieb.
 

"Was soll das werden?" fragte er schroff. Ihr Lächeln erstarb für einen Moment, doch dann hatte sie sich wieder gefangen. Sie war seine Abweisungen langsam gewöhnt.
 

"Sei doch nicht immer so unfreundlich." Sie stupste ihn gegen die Stirn. "Ich tu dir doch nichts!" Grinsend zog sie ihn mit sich, der murmelnden Menge hinterher. Jinathan ließ es schweigend über sich ergehen. Gedankenverloren schweifte sein Blick durch die kalten Steinflure. Er fror. Es war keine äußere Kälte, denn das Schloss wurde zu dieser Jahreszeit recht gut geheizt. Es war vielmehr eine Empfindung, die ihn von innen heraus frösteln ließ. Er steckte seine Hände tief in die Taschen seines eleganten schwarzen Umhangs. Sara musterte ihn lächelnd. "Wo bist du mit deinen Gedanken?" fragte sie neugierig. Er sah sie nicht an und hielt auch nicht inne als er antwortete: "Das geht dich nichts an!" Seine Stimme klang nicht spöttisch oder arrogant. Es lag eher ein gelangweilter Unterton darin, als wäre ihm egal, welche Wirkung sie auf das anhängliche Mädchen hatten.
 

Sara zuckte kurz zusammen und zog ihren Arm zurück. "Du hast recht", antwortete sie zerknirscht. Jinathan drehte sich um. Er wusste, dass seine Reaktion unberechtigt hart gewesen war. Schließlich kannte er die Schlagkraft von Worten nur zu gut. Er hatte sie selbst erst vor kurzem spüren müssen.
 

Die Erinnerung daran kam ihm seltsam verschwommen und unwirklich vor. Als wäre all das nicht ihm, sondern einem ganz anderen Jinathan passiert, der zwar genauso aussah wie er und auch genauso roch und sprach, sich wie er bewegte, aber der dennoch nicht er selbst war. Jinathan war nicht schwach und hilflos gegenüber einem Mädchen. Er war kalt und gefühllos. Er konnte nichts empfinden. Keine Liebe oder Zärtlichkeit. Es musste also ein anderer Jinathan gewesen sein, der vor wenigen Stunden all die harten Worte widerspruchslos über sich ergehen lassen hatte, ohne sich zu wehren, sich zu verteidigen.
 

Er drehte sich zu Sara, wollte ihr ein versöhnliches Lächeln schenken, doch es gefror, als sein Blick vorbei an dem schwarzhaarigen Mädchen an einem Punkt hinter ihr haften blieb. Seine Augen weiteten sich. Sara folgte seinem Blick irritiert und erkannte ein Mädchen mit braunen langen Haaren, welches an der kühlen Felswand lehnte und sie beobachtete. Ihre lockigen Haare waren zerzaust, ihr Gesicht halb von ihnen verdeckt und ihre Hände hatte sie unruhig ineinander verknäult. Sara wandte sich zurück zu Jinathan. Seine Augen waren wieder regungslos wie eh und je, finster und undurchdringlich, wie ein nächtlicher Sturm auf hoher See, der einen über Bord zog, wenn man sich zu weit vorwagte. Schweren Herzens riss sich Sara von diesem faszinierenden Anblick los und trat auf das Mädchen zu.
 

"Bist du nicht eine Gryffindor?"
 

Das Mädchen antwortete nicht. Schweigend musterte sie das schwarzhaarige Mädchen. Dann wanderte ihr Blick sehnsüchtig zu Jinathan. "Bist du seine Freundin?" fragte sie mit zitternder Stimme. Sara nickte leicht. "Ja, allerdings." Das Mädchen schluckte. "Du hast ihn gern, nicht wahr?" Wieder nickte Sara, diesmal jedoch ungeduldig. "Aber was geht dich das eigentlich a...?" Sie stockte. Die selben Worte wie Jinathan. Sie wusste, wie diese kleinen wenigen Worte schmerzen konnten. "Ich meine, warum willst du das wissen?" Ihre Gegenüber zuckte leicht zusammen. Unruhig trat sich etwas zurück, als wollte sie sich im Schatten der Wand verstecken.
 

"Bist du nicht dieses Mud... die muggelstämmige Freundin von Harry Potter?"
 

Das Mädchen nickte und überging ihren kleinen Versprecher dabei kommentarlos. Vielleicht hatte sie ihn auch gar nicht mitbekommen. Sara fand, dass sie ziemlich aufgewühlt aussah. Ihre Augen waren rotunterlaufen, als hätte sie vor kurzem geweint.
 

"Hermine war dein Name, oder?" Wieder nickte sie.
 

"Und was willst du hier? Wir sollen doch alle in unsere Häuser zurückkehren."
 

Ehe Hermine antworten konnte hatte Jinathan Sara beiseite gestoßen, Hermine am Arm gepackt und in die Richtung, aus der er gerade erst gekommen war, mit sich gezogen.
 

Sara sah ihnen überrascht hinterher. Warum ließ man sie nur immer im Regen stehen?
 


 

Hermine ließ sich wehrlos hinterher ziehen. In ihrem Kopf tobten Tausende von Gedanken. Wieso gab er sich noch mit ihr ab? Wollte er sie jetzt für ihre Worte bestrafen? Wollte er ihr alles erklären? Oder wollte er sich einfach nur rächen?
 

Sie sah ihn unsicher an, doch ihre Blicke trafen sich nicht, denn er schaute konzentriert nach vorne, hatte ihr nur den Rücken zugewandt. Achtlos zog er sie in den nächsten Gang. Dann blieb er endlich stehen und drückte sie gegen eine Wand.
 

Hermine hielt die Luft an. Was würde er jetzt machen? War er wütend? Sie wusste es nicht. Seine kalten wunderschönen Augen zeigten keine Regung. Seine schmalen Lippen lächelten nicht, waren aber auch nicht ärgerlich oder zornig verzerrt.
 

Nervös sah sie zu Boden. Sie spürte seinen stechenden Blich, traute sich aber nicht ihm in die Augen zu schauen. Sie hatte Angst sich wieder in ihnen zu verlieren.
 

"Was tust du hier?" Seine Worten klangen nicht wütend, trotzdem zuckte sie erschrocken zusammen. Noch bevor sie eine Antwort stammeln konnte, die höchstwahrscheinlich sehr unlogisch geklungen hätte, redete er schon weiter.
 

"Dumbledore hat uns angewiesen in unsere Häuser zurückzukehren. Wärst du dort gewesen wüsstest du das auch. Es ist zu gefährlich. Du solltest jetzt nicht mehr draußen herumstromern." Hermine sah überrascht auf. Sie hatte mit allem gerechnet. Mit Vorwürfen, mit Wut und Streit. Aber das? Machte er sich nach allem noch Sorgen um sie?
 

Ein leises Schluchzen drang aus ihrer Kehle. "Warum bist du so?" Jinathan sah sie finster an. "Warum bin ich wie?" Nun sah sie doch hoch. Scheu suchte sie seinen Blick. "So furchtbar nett. Nach allem was ich dir angetan habe! Warum kannst du nicht wütend sein? Du hast allen Grund dazu. Aber wenn du so nett bist fühle ich mich noch schlechter." Hermine fluchte über ihre eigenen Worte. Das war egoistisch. Erst behandelte sie ihn wie Dreck und nun dachte sie nur an sich selbst. Schließlich geschah es ihr recht. Warum sollte nur er sich schlecht fühlen. Sie war die Schuldige. Wenn er sie nun damit bestrafen wollte, dass er ihr ein noch schlechteres Gewissen einredete, dann war das nur gerecht. Sie sah wieder zu Boden.
 

Jinathan nahm seine Hände von ihren Schultern und trat einige Schritte zurück.
 

"Ich war in meinem Leben schon oft genug wütend. Bis ich einsah, dass Wut Schwäche bedeutet. Was nützt es wütend zu sein? Es ändert genauso wenig wie Hass. Das hat mich Harry gelehrt." Er verzog seine Lippen zu einem flüchtigen Lächeln, ein kurzer Augenblick, ein Lidschlag, der so schnell wieder verging, das es kaum wahrnehmbar war. "Der Hass macht einen blind." Seine Stimme klang fest, entschlossen. 'Und wie soll man blind einen Krieg gewinnen?' Seinen letzten Gedanken sprach er nicht laut aus. Denn das war sein Krieg, sein persönlicher Kampf.
 

Hermine biss sich auf die Lippen. Wie wahr doch diese Worten in ihren Ohren klangen. Sie war schwach, ihr Hass hatte sie überwältigt, sie blind gemacht. Die Welt hatte sich schwarz um sie herum gefärbt, sodass die Wahrheit von der Dunkelheit verschluckt worden war. Sie hatte sich selbst getäuscht.
 

"Ich fände es besser, wenn du dich ab jetzt von mir fern hältst!" Jinathans Worte stachen wie ein stumpfer Dolch in ihr Herz. Stumme Tränen rannen ihre blassen Wangen hinab. Beschämt senkte sie den Kopf noch tiefer und nickte.
 

"Wir wollen ja nicht, dass Hogwarts klügste Schülerin unter schlechten Einfluss gerät", fuhr er trocken fort. Augenblicklich ruckte ihr Kopf wieder in die Höhe. "Aber Jinathan, das ist doch nicht wahr... du bist kein schlechter Einfluss."
 

Seine Miene blieb ausdruckslos.
 

"Ich meine... es war falsch, was ich vorhin gesagt habe. Ich hab nicht nachgedacht. Ich war so wütend, weil Harry heute beinahe gestorben wäre. Letztes Schuljahr sind so viele schlimme Dinge passiert und irgendwann konnte ich nur noch Hass auf dieses ... Monster empfinden. Und als ich dann das Mal auf deinem Arm sah, da hat es in meinem Kopf klick gemacht und ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Wut." Es klang kläglich. Warum konnte sie nicht einfach den Mund halten? Sie machte doch nur alles noch schlimmer! Verbittert presste sie die Lippen aufeinander. Warum verteidigte sie sich überhaupt? Warum konnte sie sich nicht einfach ihre Schuld eingestehen? War sie wirklich so egoistisch?
 

Hermine schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich will nicht, dass du mir verzeihst. Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht wie Er bist. Und ich möchte nicht, dass du dir nun einredest, du seist schlecht oder grausam... Das bist du nämlich nicht!" Ihre Stimme war immer leiser geworden und wisperte nun nur noch als ein Flüstern an sein Ohr.
 

"Woher willst du das wissen?" Jinathans Stimme klang seltsam hart. "Du kennst mich nicht. Du weißt nichts über mich. Vielleicht ist ja alles wahr, was du vorhin gesagt hast. Ich bin sein Sohn. Du hast recht. Warum also sollte ich nicht Harry Potters Tod wollen? Warum, denkst du, bin ich kein Spion?"
 

Hermine sah ihn verunsichert an. Warum sagte er so etwas? Wollte er sie verwirren oder nervös machen? Wollte er ihr Angst einjagen oder sie wütend machen? Welches Ziel verfolgte er damit? Hermine verstand gar nichts mehr. Sie wusste nicht, was sie noch glauben sollte.
 

"Ich bin ein Slytherin UND ich bin ein Riddle. Zwei Gründe dich von mir fern zu halten. Außerdem hat es noch nie jemand lange mit mir ausgehalten. Entweder haben sie Angst vor mir oder sie versuchen durch ihre Schleimereien einen Nutzen für sich daraus zu ziehen bis sie merken, dass sie bei mir auf Granit beißen. So war es schon immer und so wird es auch bleiben. Ich hatte nie Freunde und brauche auch keine. Freunde sind nur lästig. Sie stehen immer im Weg, nerven einen und schaffen nur Probleme. Du siehst, es hatte sowieso keine Zukunft."
 

Hermines Hände hatten sich zitternd zu Fäusten geballt. Ihre Stimme bebte vor unterdrückten Schluchzern, als sie sprach: "Das ist doch gar nicht wahr. Du belügst dich nur selbst, Jin! Was hat man denn davon, wenn man immer allein ist? Ein Leben in Einsamkeit ist kalt und leer. Das kannst du nicht wollen."
 

Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Woher willst du wissen, was ich will?"
 

Ihr Blick wirkte nun fast flehend. "So bist du einfach nicht. Du versuchst dich wieder zurückzuziehen. Versteckst dich hinter deiner kalten Fassade, damit dich ja keiner anspricht. Aber das ist nicht richtig..." Sie senkte den Kopf. "Und das schlimmste daran ist, dass ich es war, die all das verursacht hat. All deine Selbstzweifel. Und alles nur, weil ich zu schwach war den Hass in mir zu zügeln." Unruhig scharrte sie mit ihrem Fuß über den Boden. Ihr Haar hing zerzaust in ihr Gesicht, verbarg ihre Miene, ihre rotunterlaufenen Augen.
 

"Ich bin Schuld, wenn du dich jetzt wieder in dein Schneckenhaus einschließt." Langsam trat sie näher, doch Jinathan wich etwa um die selbe Länge zurück. Seine Distanz knisterte förmlich in der Luft. Traurig senkte sie den Blick.
 

"Was ist mit diesem Mädchen? Sie scheint nett zu sein. Warum versuchst du nicht einfach mal ein wenig freundlicher zu ihr zu sein? Sie mag dich sehr."
 

Jinathan schnaubte. "Willst du jetzt Seelenklempner spielen? Dann fass dir erst mal an die eigene Nase, ehe du mich zu verkuppeln versuchst." Lässig versenkte er seine Hände in seinem wallenden schwarzen Umhang. Seine dunklen Haare, seine finsteren Augen und sein schwarzer Umhang verliehen seiner blassen Haut einen gespenstige Anblick. Sein aschfahles Gesicht wirkte müde. Er schenkte ihr nur noch einen letzten Blick ehe er sich umdrehte und wieder in Richtung Slytherin-Turm verschwand.
 

Da stand sie nun. Die stolze Hermine Granger, alleingelassen in Schuldgefühlen.
 


 

***
 


 

Ron lief unruhig im Gemeinschaftsraum auf und ab. "Was ist, wenn Filch sie erwischt? Oder noch schlimmer: Snape. Der verarbeitet sie doch glatt zu Hackfleisch." Harry zog entnervt an seinem Umhang, sodass er gezwungen war, endlich still zu stehen.
 

"Ach was, sie kann schon auf sich aufpassen." Er versuchte optimistisch und überzeugend zu klingen. Ron funkelte böse. "Dir scheint es ja egal zu sein. Was ist überhaupt passiert? Sie verpasst doch nicht umsonst Dumbledores Ansprache. Das passt einfach nicht zu ihr. Irgendwas muss doch zwischen euch passiert sein?" Er befreite sich wieder aus Harrys Griff und zog weiter seine Runden um den Kamin. Dabei ließ er Harry nicht aus den Augen. "Es war etwas persönliches..." versuchte dieser Rons Frage auszuweichen. Ron blieb erbost stehen. "Ich verstehe. Wieder eines eurer Geheimnisse, das ihr dem bösen Ron nicht erzählen könnt. Stimmt ja, in letzter Zeit scheint es zur Marotte zu werden, dass man mir nichts mehr erzählt. Aber wozu auch?" Er stemmte verärgert die Hände in die Hüften. Sein Gesicht war rot angelaufen und konkurrierte nun mit seinen Haaren. "Ich bin ja nur ein dummer Weasley. Hab mich schon lange gefragt, wieso der große Harry Potter sich überhaupt mit mir abgibt." Er schmiss sich rücksichtslos auf einen freien Sessel und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

Harry schaute entsetzt. "Aber Ron, das stimmt doch gar nicht. Du bist nicht dumm. Du bist mein Freund und daran wird sich auch nichts ändern!" Er trat näher, doch Ron ignorierte ihn. Harry seufzte. In letzter Zeit schien irgendeine fiese dunkle Wolke über ihm zu hängen. Ständig regnete es nur Ärger und Missverständnisse. Ihr ganzes Vertrauen schien den Bach runter zu gehen.
 

Er setzte sich in einen Sessel neben ihm. "Ich weiß, dass ich in den vergangenen Wochen nicht immer für dich da war. Es ist so viel passiert und da hab ich dich manchmal einfach vergessen. Aber das muss doch nicht heißen, dass ich nicht dein Freund bin. Wir haben doch immer zusammen gehalten. Wir haben schon so viel erlebt. Soll das jetzt alles vorbei sein?" Harry seufzte erneut. Er war noch nie gut in solchen Sachen gewesen. Sie hatten oft Streit gehabt und ebenso oft hatten sie sich wieder versöhnt. Doch noch nie war es so schlimm gewesen. Noch nie stand so eine hohe, schier unüberwindbare, Mauer zwischen ihnen.
 

Er stand auf, warf ihm noch einen verzeihenden, flehenden Blick zu und begab sich dann auf die Suche nach seiner verschollenen Freundin, die derweil wohl einsam und in Tränen aufgelöst durch das kalte Schulgebäude irrte.
 


 

Doch Hermine weinte nicht. Sie wollte nicht mehr weinen. Sie wollte sich nicht mehr schuldig fühlen. Wollte nicht mehr hassen. Von jetzt an wollte sie stark sein, so wie früher. Eine ehrgeizige, strebsame und ein wenig arrogante Besserwisserin. So war es am besten. So würde Jinathan sie nicht mögen und so würde sie ihm auch nicht mehr zu nahe kommen. Dann würde alles wieder in Ordnung kommen. Jeder ging seinen eigenen Weg. Sie als eine Gryffindor und er als ein Slytherin.
 

Von jetzt an würde sie sich keine Fehler mehr leisten. Nie mehr. Sie würde perfekt sein, unnahbar und selbstbewusst zugleich.
 

Entschlossen stemmte sie sich in die Höhe, wischte sich die letzten nassen Spuren in ihren Gesicht von der Seele. Jetzt war sie frei für eine neue Hermine.
 


 

***
 


 

Der Miniatur-Niffler, den Harry von Hagrid zum Geburtstag bekommen hatte, war nicht gerade das, was Harry sich erhofft hatte. Genervt verpasste er ihm einen Tritt, der ihn einige Meter weiterschlittern ließ. Der Mini-Niffler gab einen fiependen Laut von sich, ehe er seine Nase wieder in den staubigen Boden versenkte. Harry seufzte. Angeblich sollte der kleine ausgestopfte und durch Magie wieder zum Leben erweckte Racker verschwundene Dinge aufspüren. Harry hatte gehofft, dass dies auch auf Personen zutraf, doch leider hatte der Niffler einen Eigenwillen entwickelt. Nun war er, zu Harrys Leidwesen, ständig auf Futtersuche. Wieder einmal mümmelte die kleine flaumige Ratte um die Ecke. Harry wandte sich achtlos in die andere Richtung. Er würde Hermine wohl auch alleine finden. So groß war Hogwarts ja auch nicht...
 

... was er nach der nächsten halben Stunde, die er vergeblich suchte, dann jedoch schnell wieder zurücknahm. Hogwarts war ein verdammt altes verwinkeltes Schloss voller endlos langer ewig gleicher Gänge und Treppen, die zudem auch noch ständig ihren Standort veränderten, um arme Schüler zu verwirren. Harry lehnte sich erschöpft gegen eine Wand und schloss die Augen.
 

<<Hermine, wo bist du nur?>>
 

Eine kalte Hand auf seiner Schulter ließ ihn erschrocken aufschreien. "Was...?" Er blickte in zwei stechende Augen, die ärgerlich verzogen waren. "Schrei doch gleich die ganze Schule zusammen, damit sie uns auch ganz schnell finden." Hermines Stimme troff nur so vor Ironie. Er musterte sie verwirrt.
 

"Was machst du hier?"
 

Harry hätte beinahe laut aufgelacht, doch er wollte sich ein weiteres Kommentar ersparen. "Das gleiche könnte ich dich fragen. Wo warst du die ganze Zeit? Ich such dich wie verrückt. Du hast Dumbledores Ansprache verpasst. Und außerdem sprüht Ron wieder vor überschäumender Wut auf mich, weil ich ihm nicht erzählen wollte, was auf der Krankenstation vorgefallen ist." Er maß sie mit prüfendem Blick. "Geht es dir gut?" fragte er schließlich nach einer Pause des Schweigens. Sie nickte wortlos. Ein leichtes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht. "Jetzt ist alles wieder ok!" Harry legte fragend den Kopf schief, hakte jedoch nicht nach. Sie würde es ihm schon erzählen, wenn sie bereit dazu war. Schweigend hielt er ihr seinen Arm hin und sie henkelte sich ein.
 

Gemeinsam erschienen ihm die langen Flure Hogwarts gar nicht mehr so endlos und dunkel.
 

Sie erreichten den Gryffindor-Turm unbehelligt und schlüpften hastig durch das Portraitloch in ihr warmes Zuhause. Ron erwartete sie schon. Oder eher erwartete er Hermine, Harry ignorierte er weiterhin.
 

"Da bist du ja. Wo warst du denn so lange?"
 

Sie schüttelte leicht den Kopf. "Ich musste nur etwas für mich alleine sein und nachdenken." Sie umarmte ihn, was dem überraschten Ron einen hochroten Kopf verschaffte. "Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung. Es tut mir Leid, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast." Mit einem warmen Lächeln verschwand sie die Treppen hinab in den Mädchenschlafsaal.
 

"Ron?" Der Angesprochene drehte sich langsam um. Er war noch immer etwas rot im Gesicht. "Was genau steht eigentlich zwischen uns? Ist es wirklich nur dein verletzter Stolz oder gibt es da noch etwas anderes?" Ron hätte ihn zweifelsohne alleine im Raum stehen lassen, hätte Harry ihn nicht schnell gepackt und am Gehen gehindert. Ron drehte sich nicht zu ihm um. Harry registrierte es als Abweisung. Es versetzte ihm einen leichten Stich, doch er würde sich davon nicht abhalten lassen.
 

"Es ist wegen Jinathan, nicht wahr? Du hast Angst, dass er mein Freund werden könnte und mich dir wegnehmen würde. Und Hermine auch. Hab ich nicht recht. Es ist alles nur Eifersucht." Ron riss sich wütend los und funkelte ihn an. "Und wenn schon. Was kümmert es dich noch? Du hast doch schon längst mit mir abgeschlossen." Er sah ihm trotzig in die Augen, als wollte er ihn Macht seiner Augen bezwingen.
 

"Aber Ron, das bildest du dir doch alles nur ein! Meinst du nicht, dass man auch mehrere Freunde haben kann? Warum denkst du, dass ich dich vergesse, nur weil ich einen weiteren Freund habe? Wieso denkst du, dass wir keine Freunde sein können?"
 

Ron ballte wütend die Fäuste. "Es geht nicht. Dieser Jinathan macht alles kaputt. Er ist ein Slytherin und trotzdem vertraust du ihm mehr als mir. Und außerdem..." Er brach ab. "Was außerdem?" Harry spürte, dass er dem Grund von Rons Benehmen ganz nah war.
 

" ... Ich hab sie zuerst gesehen." Rons Stimme klang leise, dennoch bebte sie vor Zorn. "Ich kenne sie schon so lange. Schon seit wir gemeinsam nach Hogwarts kamen. Warum zieht sie mir diesen Typen vor?" Seine Augen schimmerten leicht. Harry zuckte zusammen, als hätte es in seinem Kopf einen Schlag gegeben. Jetzt endlich schien er zu verstehen. Warum hatte er es nicht früher gesehen? Ron war in Hermine verliebt. Sein gesamter Frust richtete sich auf Jinathan. Er hasste ihn nicht nur dafür, dass er ihm Harrys Freundschaft entzog, sondern hauptsächlich, weil er ihm Hermine wegnahm.
 

Für einige Sekunden stand Harry sprachlos neben seinem besten Freund, dessen Gefühle er erst so spät erkannte. Er hatte ihre Freundschaft in letzter Zeit wirklich sehr vernachlässigt. Beruhigend legte er seine rechte Hand auf Rons Schulter und dieser ließ es gewähren. "Ich wusste ja nicht..." Er senkte den Kopf. Was sollte er schon groß sagen? Er war noch nie ein Meister der Worte gewesen.
 

"Aber weißt du, Jinathan hat es auch nicht einfach. Ich will ihn jetzt nicht verteidigen, doch er verdient deine Härte nicht." Ron wollte sich wieder verärgert abwenden. "Außerdem haben sich die beiden diesen Abend wohl getrennt." Er blieb stehen und drehte sich zu Harry. Seine Miene war ausdruckslos.
 

"Kam sie deshalb nicht zu Dumbledores Rede? Liebeskummer?" Harry schüttelte den Kopf. "Viel mehr Schuldgefühle. Sie hat Dinge gesagt, die ihn sehr verletzt haben." Ron senkte den Kopf. "Ich verstehe."
 

"Nein, ich glaube, dass tust du nicht." Ron sah ihn finster an. Harry fuhr jedoch unbeirrt fort. "Du musst es jetzt endlich alles erfahren." Ron verschränkte die Arme und maß ihn mit einem was-du-nicht-sagst-Blick. Harry seinerseits begann nun unruhig im Raum auf und ab zu laufen. Dann endlich, als hätte er überlegt, wie er anfangen sollte, begann er zu reden. "Jinathan ist tatsächlich Voldemorts Sohn..." Ron wollte entsetzt aufschreien, doch Harry ließ ihm keine Zeit. "... aber er hasst seinen Vater ebenso sehr, wie wir ihn hassen. Er kam nach Hogwarts, um mich zu treffen. Er wollte mit meinen Eltern sprechen, die seit dem Priori Incantatem als Geister zurückgekehrt sind." Rons Augen wurden immer größer. "Er bat sie, ihm dabei zu helfen seinen Vater zu töten. Darum ist er hier. Er will weder mich töten noch sonst irgendwelche fiesen Dinger drehen."
 

Ron schnaubte. "Und das hast du ihm abgekauft?" Er wollte sehr verächtlich klingen, doch Harry nickte einfach nur trocken. "Das habe ich. Ich vertraue ihm." - "Wo wir wieder bei dem Punkt angelangt sind", warf Ron ein. "Du vertraust diesem Slytherin eher als mir." Harry seufzte. "Ron, ich vertraue euch beiden. Warum willst du das nicht verstehen?" Er antwortete nicht, sondern drehte sich einfach um und stieg die Treppen zum Jungen-Schlafsaal hinauf. Auf der obersten Stufe blieb er noch einmal stehen. "Deine Eltern sind also zurück?" Harry nickte wortlos.
 

"Das ist schön." Dann verschwand er durch die Tür.
 

Harry seufzte. "Ja, das ist schön..." Traurig senkte er den Kopf. Dennoch freute er sich nicht mehr...

Der Traum

Harry Potter

Das fünfte Schuljahr
 

Part 1: Hogwarts
 

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chapter 20: Der Traum
 

Der nächste Morgen verlief in scheinbarer Normalität. Hermine war als erste wach und saß bereits an einem Aufsatz, den sie erst in einem Monat abgeben musste und der jetzt schon viel zu lang war. Sie hatte sie wie eh und je in Arbeit gestürzt.
 

Ron spielte die ganze Zeit mit Ginny Schach. Ginny war die einzige, die es noch über sich ergehen ließ. Die Zwillinge hatten schon längst aufgegeben, jemals gegen ihn gewinnen zu können. Sie hatten die fiesesten Tricks angewandt, hatten beschissen, wo es nur ging. Dennoch, ständig hatte Ron gewonnen.
 

Ginny seufzte. Dies war schon das vierte Spiel diesen Morgen und wieder einmal schien ihr Bruder zu gewinnen.
 

"Schachmatt", verkündete er in diesem Moment nüchtern. Ginny wischte verärgert die Figuren vom Brett. "Mensch Ron, das macht keinen Spaß, wenn du dauernd gewinnst. Such dir das nächste Mal einen anderen Spielpartner." Frustriert zog sie von dannen. Ron sah ihr kopfschüttelnd hinterher. "Gibt es in diesem verdammten Haus nur niemanden, der Schach spielen kann?" Gespielt genervt verdrehte er die Augen und brach über seinem Spielbrett zusammen. "Es ist zum heulen. Niemand ist mir ebenbürtig."
 

Er sah auf. "Hermine?" Flehend schaute er zu ihr rüber. Sie schüttelte den Kopf. "Keine Chance. Ich hab zu tun." Er seufzte. "Dann halt nicht. Es ist sowieso schon ziemlich spät." Erst jetzt schaute er auf seine Uhr und nickte wie zur Bestätigung. "Wir sollten langsam was essen gehen." Er rappelte sich auf und musterte seine Freundin. "Komm schon Herm. Du kannst nachher daran weiterschreiben. Der Abgabetermin ist erst in einem Monat. Das ist noch genügend Zeit. Außerdem hast du gestern Abend nichts gegessen. Du musst doch Hunger haben." Hermine murrte, ließ sich aber widerwillig mitziehen. Dann aber hielt sie noch einmal inne.
 

"Wo ist eigentlich Harry?"
 

Ron sah zum Jungen-Schlafsaal hinauf. "Ich weiß nicht. Vorhin schlief er noch. Soll ich ihn wecken?" Hermine schüttelte den Kopf. "Nein, er wird schon noch kommen."
 

Schweigend verließen sie den Gryffindor-Turm und stiegen hinab in die Große Halle, wo die meisten Schüler schon emsig in ihre Frühstücksgespräche vertieft waren.
 

Hermine warf einen unauffälligen Blick zu Jinathan. Er saß inmitten der Slytherin-Reihen und starrte schweigend auf seinen Teller. Das schwarzhaarige Mädchen von gestern versuchte angestrengt seinen Aufmerksamkeit zu erringen, doch er ignorierte sie gekonnt. Hermine seufzte leise und folgte Ron zum Gryffindor-Tisch. Fred und George stritten sich gerade um das letzte Stück Cremetorte, während Angelina sie von der Seite über Quidditch zutextete. Auch Ginny saß schon am Tisch und arbeitete sich gerade durch ihren morgendlichen Lieblingspudding. Als sie Ron erblickte rümpfte sie säuerlich die Nase und streckte ihm ihre braune Schokozunge entgegen. Er grinste frech zurück und schubste sie etwas zur Seite, um sich neben sie auf die Bank zu pflanzen. Sofort begann er sich alle möglichen Leckereien auf den Teller zu schaufeln, die wenig später in seinem Mund landeten. Hermine setzte sich kopfschüttelnd daneben und betrachtete den reichgedeckten Tisch. Eigentlich hatte sie keinen Hunger. Lustlos kaute sie auf einem trockenen Brötchen herum.
 

"Wo bleibt nur Harry?" fragte sie bei einem Blick auf die Uhr. Ron zuckte abwesend mit den Schultern. "Keie Ahung", nuschelte er mit vollem Mund.
 

Langsam begannen sich die Tische zu leeren. Ron fluchte und erhaschte sich noch schnell ein paar Kekse, ehe die magische Tafel völlig abgeräumt vor ihnen glänzte. Weiterhin fluchend folgte er Hermine zurück in den Turm.
 


 

"Harry?" Hermine steuerte zielstrebig auf den Jungen-Schlafsaal zu. "Du Schlafmütze hast das Frühstück verpasst." Polternd stapfte sie die Treppe hinauf und hielt auf sein Bett zu. "Hey! Wie lange willst du noch weiter schlafen?" Entschlossen zog sie seine Bettdecke zurück. Harry zuckte kurz zusammen und murrte irgendetwas im Schlaf. Hermine zog verärgert eine Augenbraue hoch. "Soll ich dich erst wachkitzeln?" Keine Reaktion. Sie seufzte. "Du hast es ja nicht anders gewollt. Ron..." Sie drehte sich zur Treppe um und brüllte zu ihm herab. "Hol einen Eimer kaltes Wasser. Hier wehrt sich jemand das Bett zu verlassen." Bei diesen Worten musste sie grinsen.
 

"Nein... bitte nicht!" Hermine drehte sich zu Harry. "Oh doch." Sie stockte. Erst jetzt fiel ihr auf, wie durchgeschwitzt sein Kopfkissen war. Auch seine Haare klebten strähnig an seiner Haut. Erschrocken legte sie ihre Hand auf seine Stirn. Sie war ganz heiß.
 

"Ron", schrie sie erneut. "Vergiss das mit dem Wasser und komm her. Schnell!" Sie hörte ein Murren und anschließend Schritte auf der Treppe. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet hätte?" Sein roter Kopf tauchte durch die Tür. Hermine ignorierte ihn. "Hol mir mal einen nassen Lappen", befahl sie fast hektisch. "Und Eiswürfel." Ron sah sie stutzig an. "Willst ihn wecken oder tiefkühlen?" Sie maß ihn mit grimmigen Blicken. "Harry hat Fieber. Steh da nicht so dumm rum, sondern tu, was ich dir gesagt hab. Und sag Ginny Bescheid, dass sie Madam Pomfrey holen soll." Ron schaute besorgt zu seinem Freund, nickte dann hastig und eilte die Treppen wieder hinab. Hermine hörte, wie er Ginny Anweisungen gab und schließlich durch das Portraitloch verschwand, auf der Suche nach Eis.
 

Hermine wandte sich wieder zu Harry. Seine Augenlider zuckten unruhig und sein Atem ging schwer und stoßweise. Besorgt strich sie ihm durch sein feuchtes Haar.

"Das war wohl alles zu viel für dich."
 


 

Madam Pomfrey war gar nicht mehr zu beruhigen. "Ich habe ihm gesagt, dass er noch eine Nacht auf der Station bleiben soll. Aber nein, Mister Potter weiß immer alles besser." Wütend zwängte sie neben der eingeschüchterten Ginny durch das Portraitloch.
 

Ron war inzwischen mit dem Eis und den feuchten Tüchern zurückgekehrt. Hermine hatte ihm provisorische Umschläge gemacht, als sich die kleine pummlige Frau die Stufen hinaufkämpfte.
 

"Zustände herrschen in dieser Schule." Kopfschüttelnd schubste sie Ron und Ginny aus dem Weg und setzte sich zu Harry ans Bett. "Na dann wollen wir mal schauen." Besorgt beugte sie sich über ihn und legte die Hand auf seine Stirn, wie Hermine zuvor. Sie ließ ein leises und langgezogenes "Mmh" verlauten und beugte sich noch weiter vor. Mit der einen Hand hob sie fachmännisch Harrys Augenlider, während sie mit der anderen mittels eines kleinen Lämpchens hineinleuchtete, um die Funktion der Pupillen zu testen. Schließlich kramte sie in ihrer großen Tasche, die sie mitgebracht hatte und holte ein Fieberthermometer hervor. Geschickt positionierte sie es unter seinem rechten Arm.
 

Hermine trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Ron zupfte derweil nervös an seinem Pullover.
 

"39.8 °C", verkündete Madam Pomfrey besorgt. "Wir bringen ihn zurück auf die Krankenstation." Die anderen hatten nichts dagegen einzuwenden.
 


 

Als Harry die Augen öffnete spürte er, dass sie nicht wirklich offen waren. Verwirrt sah er sich um. Rings um ihn herum herrschte Schwärze. Er schwebte schwerelos im Dunkel. Ein Traum. Mit dieser Erkenntnis schien sich seine Umgebung zu wandeln. Helle Punkte stachen durch die Dunkelheit und rissen das schwarze Gewebe allmählich auf. Harry fiel in eine bizarre Landschaft hinab. Es war kalt. Er spürte es trotz der Gewissheit noch friedlich in seinem warmen Bett zu liegen. Überall lag dreckiger grauer Schnee, von Fußspuren durchdrungen. Er landete auf der festen Erde. Vor ihm erstreckte sich ein vereistes Tal, umgeben von gewaltigen Bergrücken, in dessen Mitte sich ein mächtiges Schloss erhob. Es stach majestätisch in die Höhe, wie ein Arm Gottes, von prächtigen Türmchen und Balkonen geziert. Es war anders als Hogwarts, doch Harry spürte sofort, dass es sich um Durmstrang handeln musste.
 

Um das Schloss drängten sich dunkle Nadelbäume, wie eine undurchdringliche Barrikade. Weiße Baumkronen und das reflektierte Glitzern der schwachen Sonnenstrahlen verliehenen der Landschaft einen märchenhaften Anblick. Harry trat einen Schritt näher und schon befand er sich wieder an einem anderen Ort. Verwirrt blinzelte er den Schreck aus seinen Augen. Es war ein Traum. Alles war möglich.
 

Eins machte ihn jedoch stutzig. Er drehte sich im Kreis. Die weiße Einöde war einer dunklen großen Halle gewichen. Rote Teppiche waren in den Gängen ausgelegt, die Wände mit Holz vertäfelt. Alles sah sehr luxuriös aus. Aber wie konnte er überhaupt davon wissen? Nie waren er in Durmstrang gewesen. Wie also sollte er wissen, wie es hier aussah? Nicht einmal im Unterbewusstsein konnten diese Informationen gespeichert sein. Es gab nur zwei Möglichkeiten, wobei er eine aber schon von vorneherein ablehnte. Er glaubte nicht an Visionen oder Traumsehen. Sicher hatte er in den letzten Jahren viel über die Zauberwelt gelernt, was er noch vor einiger Zeit mit einem spöttischen Lachen abgetan hätte. Dennoch war er noch immer skeptisch gegenüber gewissen Dingen. Es war also wahrscheinlich, dass seine Fantasie ihm hier ein wunderschönes Schloss gemalt hatte, welches er nun im Traum bestaunte. Für ihn die einzig logische Erklärung.
 

Neugierig bestieg er eine Marmortreppe, die ins nächste Stockwerk führte. Er traf auf einige Schüler, die ihm allerdings keine Beachtung schenkten. Die Atmosphäre war so surreal. Er erinnerte sich an Dumbledores Denkarium, worin er dessen Erinnerungen mitverfolgen konnte. Er war damals nur ein unsichtbarer stummer Beobachter gewesen, der nicht in das Geschehen eingreifen konnte. Ähnlich kam er sich nun auch vor.
 

Eine Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. Er erstarrte. Diese Stimme kam ihm sehr vertraut vor. Fast mechanisch sprang er in eine Nische hinter einer großen Statue. Er kam sich dumm vor, schließlich war er es, der eben noch fest der Überzeugung war, dass man ihn hier sowieso nicht sehen konnte. Doch sicher war sicher.
 

Eine kleine Gruppe aus fünf Jugendlichen bog um die Ecke. Sie alle trugen dunkle Umhänge mit tiefen Kapuzen, die sie allerdings nicht übergestülpt hatten. Vier von ihnen waren sehr hochgewachsen und zählten bestimmt schon 18 Sommer. Einer jedoch fiel aus der Reihe. Seine schmale Statur, sein blasses, elfengleiches Gesicht und die silberblonden Haare stachen Harry sofort ins Gesicht. Malfoy. Erschrocken hielt er dem Atem an.
 

"... wird furchtbar wütend sein", meinte einer der älteren gerade. Er hatte dunkles Haare und ein kantiges Gesicht. Ein anderer Junge nickte. "Greg hat Recht. Er hasst Versager. Ich hab gehört, dass er schon mal einen Nightshade mit dem Cruciatus Curse belegt haben soll und ihn anschließend als seinen Sklaven gehalten hat." Malfoy lachte spöttisch. "Ja klar. Ich wusste schon immer, dass mit Zack irgendwas nicht stimmt. Jetzt wissen wir wenigstens, dass seine Blödheit allein durch den Cruciatus Curse hervorgerufen wurde. Und ich dachte schon, dass das angeboren ist." Greg lachte gedrungen. Die ängstliche Stimmung entspannte sich etwas. Der vermeintliche Zack verzog mürrisch das Gesicht. "Haha, selten so gelacht. Aber mal im Ernst. Mir ist der Typ auch nicht geheuer. Er wird nicht sehr erfreut über den Verlust sein."
 

"Und wenn schon? Es war nicht unsere Schuld." Malfoy strich sich lässig durch seine glatten Haare. "Wer hat schon damit gerechnet, dass diese verdammten Mudbloods Verstärkung bekommen würden?" Er versenkte seine Hände in den schwarzen Umhang. Selbstsicher stolzierte er vor den anderen Vieren her. Trotz seiner kleinen Statur schien er der Größte unter ihnen zu sein. So wie er es schon immer gewesen war. Der geborene Anführer...
 

Ein kühler Hauch und Harry hatte schon wieder den Schauplatz gewechselt. Überrascht blickte er sich um. Die fünf Gestalten standen nun in einer Reihe, die Hände straff an der Seite, die Köpfe militärisch geradeaus. Ein Mann, graues strähniges Haar, kleine heimtückische Augen, eine Maske der Emotionslosigkeit. Starr saß er hinter einem großen Schreibtisch. Der Zeigefinger seiner rechten Hand tippte gefährlich auf das leblose Holz. Tack, tack, tack. Einer der Jungen, Harry erinnerte sich an den Namen Greg, schluckte nervös, eine Schweißperle tropfte von seiner hohen Stirn und versickerte lautlos im Teppich. Tack, tack, tack. Die kleinen finsteren Augen wanderten von einem zum anderen und anschließend wieder zurück. Tack, tack, tack. Die Angst war fast drückend. Harry konnte sie in der Luft vibrieren sehen, wie ein Schleier legte sie sich über das düstere Zimmer.
 

"Nun?" Die Stimme des grauhaarigen Mannes grollte tief und bedrohlich. Einer der jungen Durmstrangs zuckte leicht zusammen und senkte seine Augen zu Boden. Es schien, als wollte er sich in den Teppichfasern verkriechen. Einen Moment herrschte vollkommene Stille. Kein Finger klackte über Holz, kein Atemzug verließ die Kehlen der erstarrten Schüler.
 

Dann trat er vor.

"Erlaubt mir zu sprechen!" Malfoy senkte seinen Kopf leicht, als Geste der Ehrerbietung. Der Mann nickte kaum merklich.
 

"Die Nightshades sind unbehelligt bis Cambridge vorgedrungen. Die Stadt ist besetzt, der Governor gefangen genommen. Corells Trupp dringt inzwischen weiter nach Leicester vor. Wie befohlen haben wir die Mudbloods aus dem Weg geräumt und alle Spuren beseitigt." Er hielt kurz inne. "Es gab da nur ein kleines Problem..." Sein Gegenüber zog eine Augenbraue in die Höhe. "Ein Problem?" Die vier Älteren bewegten sich nervös. Die Anspannung trieb ihnen den Schweiß auf die Stirn. Malfoy blieb gelassen. "Nun, wie soll ich sagen... es kam etwas dazwischen."
 

"Etwas?" Die Augen seines Gegenübers verzogen sich allmählich zu Schlitzen. "Jemand", berichtigte der blonde Junge ruhig. "Ein Aurorus, um genau zu sein." Der Mann hinter dem Schreibtisch faltete seine Hände langsam ineinander und stützte sein zerfurchtes Kinn darauf. "Ein Aurorus?", wiederholte er nachdenklich, als müsste er die Bedeutung dieser zwei Worte erst auf sich wirken lassen.
 

"Ja Sir." Er senkte den Blick etwas. "Mir scheint, man wusste von unseren Plänen." Die Behauptung, die hinter seinen Worten stand, war mutig, ja geradezu herausfordernd. Die Stimme des Mannes blieb allerdings emotionslos, als er antwortete: "Du meinst also, dass sich ein Verräter in den Reihen der Nightshades befindet." Malfoy erwiderte den harten kalten Blick standhaft. "Ja Sir. Dort oder im Rat." Der Mann lächelte leicht. Niemand hatte ihm bisher solch eine Unverschämtheit und auch gleichzeitig soviel Mut gegenüber gebracht. Harry las es in seinem erstaunten Blick.
 

"Was ist mit dem Objekt?" fuhr er unbeirrt fort.
 

Malfoy verzog leicht seine schmalen Lippen. "Der Aurorus hat es. Er konnte mit einem Mudblood fliehen. Ich habe Krums Trupp zur Verfolgung losgeschickt. Sie werden es bald in Ihren Händen halten." Die Augen des Mannes verengten sich bedrohlich. "Das hoffe ich für euch!" Er machte eine entsprechende Handbewegung und die Fünf verbeugten sich. Dann verließen sie den Raum fast fluchtartig. Harry betrachtete den Mann noch einen Moment ehe sich seine Umgebung wieder aufzulösen begann.
 

Im nächsten Augenblick landete er auf einer Lichtung im Wald. Entsetzt sprang er zurück, denn er blickte direkt in ein Paar feurig roter Augen. Ein warmer Atem streifte seine Haut. Mit aufgerissenem Mund musterte er die riesigen Wesen, die sich vor ihm auftürmten. Harry hatte solche Kreaturen schon einmal gesehen. Er glaubte sich zu erinnern, ihnen in einem Buch begegnet zu sein. Mächtige schwarzgeschuppte Dragonhorses. Gefährlich, aggressiv, wild, schnell, unzähmbar. Dennoch standen sie friedlich vor ihm, schenkten ihm keinerlei Beachtung. Jeder dieser bedrohlichen Geschöpfe trug einen stachelbesetzten Ring um seinen muskulösen Hals, an den ein Stahlseil befestigt war, welches wiederum im Boden an Metallringen verankert war. Harry atmete erleichtert auf und entspannte sich. Es war sowieso alles nur ein blöder Traum. Alles nur Hirngespinste, die seiner Fantasie entsprungen waren. Doch warum war dann alles so verdammt realistisch? Harry stolperte einige Schritte rückwärts, die Nighthorses immer im Visier und stets darauf bedachte keine zu hektischen Bewegungen zu machen. Er war nicht sonderlich wild darauf seine Sichtbarkeit an ihnen zu testen.
 

Er stieß gegen einen Baum. Nasser Schnee rieselte auf ihn herab. Er fluchte leise und klopfte sich das kalte Pulver aus den Haaren.
 

Dann fiel ein Schatten über ihn und er zuckte erschrocken zusammen. Sein Kopf ruckte in den Himmel und er erkannte zwischen den riesigen Baumkronen ein gewaltiges Exemplar der Dragonhorses und es steuerte direkt auf ihn zu. Entsetzt wich er tiefer in den Wald zurück, suchte Schutz zwischen den Bäumen. Dann landete es auch schon und Harry sog überrascht die Luft ein, denn auf dem Rücken des Untiers saß ein Reiter, ein Junge, ungefähr im selben Alter wie Malfoys Begleiter. Geschickt schwang er sich von dem Rücken des geflügelten Drachenpferdes. Fachmännisch band er sein Reittier neben den anderen fest und verließ schweigend die Lichtung in Richtung Schloss. Harry sah ihm lange hinterher.
 

Als er das nächste Mal blinzelte fand er sich in einem dunklen Gemach wieder. Er konnte nur leichte Umrisse erkennen. Ein Mann stand nicht weit von ihm. Harry erkannte ihn nicht sofort wieder, doch es war derselbe Herr, der vor wenigen Minuten Bericht von den fünf Schülern verlangte. Harry war sich langsam gar nicht mehr so sicher, ob die Bezeichnung Schüler überhaupt passend war. Er hatte schreckliche Dinge gehört, Dinge, die er noch immer nicht ganz realisieren konnte. Was war das nur für ein merkwürdiger Traum?
 

Der graue Mann kniete nun ehrfurchtsvoll nieder und senkte den Kopf. Harry trat näher. Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Er erkannte verhangene Fenster, einige große Säulen, die den Saal seitlich flankierten und in der Mitte erhob sich ein prächtiges Baldachin aus düsterem Stein. Breite Stufen führten zu einem kleinen Thron hinauf, der sich im Schatten des Steindaches verbarg. Eine dunkle Gestalt saß regungslos in Schweigen gehüllt, nur lange knochige Finger trommelten ungeduldig über den toten Stein.
 

"Nein... bitte nicht!" Harrys Augen waren vor Überraschung weit aufgerissen. Ein starker Schmerz entflammte in seinem Kopf, ließ ihn stöhnend zu Boden sinken. Sein Blick jedoch war noch immer nach vorne gerichtet, als hätte er sich daran festgekrallt.
 

"Venerable Dark Lord", der Mann senkte seinen Kopf noch tiefer, sodass seine krumme Nase fast den Boden berührte. "Die Nightshades dringen immer weiter ins Landinnere vor..." Die düstere Gestalt unter dem Baldachin hob eine Hand, der Mann verstummte sofort. "Ich spüre eine weitere Präsenz in diesem Raum", zischelte er bedrohlich. Der Mann sah sich verwirrt um. Harry spürte seinen eisigen Blick über sich schweifen. Doch er blieb unentdeckt. Wahrscheinlich war er wirklich nicht sichtbar.
 

"Eine weitere Person ist hier!" Harry schluckte. Angst stieg in ihm auf. Er glaubte längst nicht mehr bloß in einem Traum zu sein. Irgendetwas war hier faul. Er wollte weg. So schnell wie möglich. Der Schmerz in seinem Kopf machte ihn fast rasend. Mit schmerzverzerrtem Gesicht presste er seine Hände gegen die Schläfen. Verzweifelt versuchte er bei klarem Verstand zu bleiben, die schwarzen Schwaden vor seinen Augen zu vertreiben. Allmählich begann sich der Raum vor seinen Augen zu drehen. Ihm wurde furchtbar schwindelig. Eine grausame Kälte befiel seine Gliedmaßen, sein Inneres. Und dann tauchte das Dunkle Mal vor seinen Augen auf. Giftiggrün fraß es sich durch die Vorhänge in den dunklen Saal. Der Baldachin wurde in fahles Licht getaucht, wie ein Giftschleier legte es sich über das Szenario. Der Blick auf den Thron war nun frei, die Gestalt darauf enthüllt. Wie gebannt starrte Harry auf die dürre Person. Eingehüllt in ein fließendes dunkelgrünes Gewand, eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Nur ein Paar rote Augen stachen angsteinflößend hervor. Harrys Schmerz schien sich nun entgültig in einer Explosion zu entladen. Seine Arme, auf die er sich noch stützte, gaben kraftlos nach. Er spürte, wie er vornüber kippte. Hart schlug er auf den kalten Boden auf. Lautlos. Dann wurde es wieder sehr schwarz vor seinen Augen.
 


 

Madam Pomfrey sah besorgt auf das Thermometer. Das Fieber war inzwischen auf

40,2 °C angestiegen, Harrys Haut jedoch war eiskalt. Seine Augenlider bewegten sich unruhig, als wäre er in einem Alptraum gefangen. Beruhigend nahm Hermine seine Hand, rieb wärmend darüber. Er zuckte erschrocken zusammen. Dann, ohne Warnung, fuhr er schreiend aus dem Schlaf. Seine Augen waren vor Schreck geweitet, seine Pupillen ganz groß. Als er sprach zitterte seine Stimme wie Espenlaub. Sie war leise und brüchig. Kleine Dampfwölkchen begleiteten sie bei jedem Wort, als herrschte kalter Winter.
 

"Voldemort hat Durmstrang in seiner Gewalt!"
 


 

~* Ende Part 1 Hogwarts *~



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Kommentare zu dieser Fanfic (52)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Leviath
2004-01-30T00:59:51+00:00 30.01.2004 01:59
Äh, Hallo?!?
Was ist das denn?
Diese Geschichte ist einfach endgenial!!!!
Hab bis ebern gerade hier gesessen und die Story mit sämtlichen Kapiteln in einem Rutsch weg durchgelesen!
Hammer! Bin total begeistert!
(auch wenn ein paar logische Fehler drin sind, die man zum Ende des 4. Bandes aber noch nicht wissen kann *smile*)
Ich hab auch was angefangen, mit nem neuen Schüler etc, das dümpelt allerdings seit Smmer 2001 bei mir rum. Kommt deinem Jin com Chara gar nciht unähnlich, auch wenn dieser andere Gründe hat Vold zu hassen und es wohl auch anders anstellen will ^^ Naja, bei mir is auch Draco noch an der Schule und da fliegen so richtig die Fetzen. Dieser Neue Schüler ist ein RPG chara von mir ^^ die FF ist so gesehen ne Art "Lebenslauf" oder Vorgeschichte des Charas *lol*
Aber ich laber wieder
Kommt wohl, weil es schon so spät ist.

Zu deimem Schriebstil:
Du erzählst richtig spannend und mitreißend, und auch so, dass man sich in jeden der Charas reinversetzen kann, find ich wahnsinnig klasse, ich wünschte, ich könnte das ^^ Über die ein oder anderen kleine Schreibfehler hab ich hinweggesehen, waren eh nich viele.
DIe Story macht das alles wett!! aber glänzend!
Nun ja, wer Mundungus und Figg wirklich sind haben wir ja gesehen, aber deine Darstellung war auch nicht zu verachten.
*mal ein riesen lob abgeb*
(und das obwohl ich ja wohl wirklich ziemlich kritisch bin)
Ich war total gefesselt, von deiner Geschichte!
Nur weiter so!
Liebe Grüße
Nami
(also known as Siri-chan <--so nennt mich meine RPG truppe, hab abgeblich genau so n Chara wie er ^^)
Von: abgemeldet
2003-11-15T14:36:33+00:00 15.11.2003 15:36
Wow! Ich muss sagen, du kannst richtig gut schreiben! Echt, ein riesiges Lob an dich! Du hast die Geschichte zwar vor längerer Zeit geschrieben, aber ich bin gespannt auf den Part 2 den ich mir gleich mal reinziehen werde!
Viele liebe Grüße flemming
Von:  Kupoviech
2003-07-19T18:36:47+00:00 19.07.2003 20:36
Du weißt das du dich damit strafbar gemacht hast, als du den Englischen Roman übersetzt hast?!
Spaß bei seite, ich glaube kaum das die Rowling den 5ten Band besser hätte schreiben können.^^
Von: abgemeldet
2002-12-29T00:13:57+00:00 29.12.2002 01:13
Na, also so ein Satz über Schwule paßt zu Draco, nicht zu Ron (das ist leider nun mal beleidigend, und ich mags auch nicht - was bitte hat so ein Schnösellehrer mit Schwulen zu tun?) Ansonsten super spannend, muß morgen weiterlesen!
Von: abgemeldet
2002-12-27T23:02:09+00:00 28.12.2002 00:02
Wah, da schau ich nur mal neugierig ein paar Kapitel vor und dann passieren da so spannende Sachen. Verflixt, da muß ich wohl doch alles der Reihe nach lesen, damit ich durchsehe ^_^
Von: abgemeldet
2002-12-27T22:44:34+00:00 27.12.2002 23:44
Man soll ja auch keine anderen Autoren kopieren, nur weil man eine FF schreibt, gell? *smile* Dann bin ich mal gespannt auf die nächsten Teile!
Von: abgemeldet
2002-10-11T20:38:30+00:00 11.10.2002 22:38
Ganz unauffällig und nebenbei..is Cho nicht ne Rawenclaw?? Cedric war von Huffelpuff.. aber sie net!
Von: abgemeldet
2002-09-30T13:56:17+00:00 30.09.2002 15:56
Hi Feary!

Ich finde, dass die Story sehr gut ist und das du einen Hammer Schreibstil hast! J.K. Rowling könnte sich das mal alles ansehen, also ich finde die Idee für den 5. Band einfach krass!!!! Bye

Dazgirl
Von: abgemeldet
2002-09-22T11:11:59+00:00 22.09.2002 13:11
ja, völlig richtig. sie ist wirklich absolut cool!!!
Von: abgemeldet
2002-09-20T18:17:21+00:00 20.09.2002 20:17
hier hab ich ja garnicht meinen senf zu deiner story abgegeben! unerhört!
meine freundin liest die story jetzt auch und ist hochbegeistert, gell aidyl?


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