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Erdbeereis

von

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Introduction

"Nicht Versetzt" las Shaye zum dritten mal auf seinem Endjahreszeugnis.

"Nicht Versetzt" bedeutete, dass er zu dumm war, um in die zehnte Klasse zu dürfen. Er war schon für die sechste Klasse zu dumm gewesen und für die Neunte auch. Und jetzt für die Zehnte.

"Jeder andere wäre schon beim ersten mal von der Schule gewechselt", nuschelte er vor sich hin, als er in seiner Hosentasche nach einem Päckchen Zigaretten suchte und von der Türschwelle auf den hell erleuchteten Schulhof trat.

Wieder war ein Schuljahr um und wieder einmal musste er nach Hause fahren und seinem Vater ein "Nicht versetzt" vorzeigen.

Und er würde wieder nicht von der Schule genommen.

Nächstes Jahr würde er sich selbst von der Schule abmelden, wenn er endlich mündig würde. Aber solange sein Leben noch an dieser Leine gebunden war und das andere Ende straff angezogen wurde, konnte er nichts machen.

Außer, die Klasse zu wiederholen und zu hoffen, dass er es dieses mal schaffen würde.

Die Kinder drängelten sich an der Bushaltestelle und warteten, alle hielten ihre Zeugnisse in den Händen und redeten von ihren Zensuren, die sie für die nächste Klasse zuließen.

Shaye blieb stehen und überlegte.

Mit dem Bus fahren? Laufen?
 

Es war Mitte Juli und die Sonne prallte auf sie herab, Wolken gab es heute keine.

Er machte auf dem Absatz kehrt und schlurfte die Straße herunter. Unter den Bedingungen konnte er sich unmöglich zwischen vielen, kleinen Schülern stellen und deren Gespräche verfolgen. Was sie in den Ferien machen wollten und wo sie hin fuhren.

Shaye fuhr nicht weg über die Ferien. Als Kind war er oft in Amerika gewesen bei seiner Familie, aber mittlerweile konnte er die Oberflächlichkeit seiner Verwandten nicht vertragen und blieb zu Hause, wenn seine Mutter ihre Eltern besuchen fuhr.

Sein Vater begleitete sie selten.

Er versicherte ihr oft, dass er mitkommen wolle, aber die Arbeit ließe es nicht zu.

Shaye Kirsch war zwar nicht beliebt, aber berühmt.
 

"Shaye Kirsch?" murmelten sie immer "Der Kirsch?"

Dann wollten sie mit ihm reden, Freunde sein und seinen Vater kennen lernen.

Vielleicht würde sein Vater dieses Jahr einsehen, dass Shaye nicht gut genug für das Gymnasium war und ihn auf eine Real schule wechseln lassen.
 

Eine Katze saß in einer Einfahrt und beobachtete Shayes Schritte.

Ihr Fell war buschig, ihre Ohren groß und ihr Schwanz war besonders lang.

Kleine, feine Härchen an den Ohren verliehen ihr eine Ähnlichkeit mit einem Luchs. Ein Luchs mit brennenden Ohren.

Eine wunderschöne, rote Katze. Shaye hockte sich zu ihr und strich ihr über den Kopf "Hallo Martin! War dein Tag schön? Hast du Mäuse gefangen?" sprach er leise, während die Katze aufstand und sich um seine Beine schlängelte.

Er kraulte sie am Kopf bevor er sich wieder aufrichtete.

"Wir werden uns eine Weile nicht sehen", erklärte Shaye "ich komm jetzt nicht mehr hier her gelaufen!"

Die Katze ließ von ihn ab, drehte sich um und lief zur Haustür, die sie begeistert anstarrte, bevor sie sich wieder zu dem Jungen drehte und ein lautes Geräusch von sich gab.

Shaye lächelte matt bevor er seinen Weg wieder einnahm, die Hände in die Hosentasche gleitend und sich Haare aus dem Gesicht pustend.
 

Shaye hatte keine Geschwister. Seine Mutter hatte nach ihm noch ein Kind gewollt, aber sein Vater riet davon ab. Sie hatten so wenig Zeit für Kinder. Und wenn sie noch eins gehabt hätten, würde seine Existenz vollkommen außen vor gelassen?

Seine nicht gewollte Existenz, dieser Unfall.

Er bog in der letzten Einfahrt des Helenenwegs ein und schritt über die Kieselsteine hinweg zur gläsernen Haustür.

Der Junge wusste, dass ihn niemand erwarten würde, wenn er das Haus betreten würde.

Ein großes, leeres Haus, in dem er lebte, kalt und ausladend und seine Eltern waren nur Abends da und interessierten sich nicht für Shayes Tag.

Und ihm machte das nichts aus.
 

Die Haustür knarrte ein wenig, als er sie auf schob. Das hatten seine Eltern vermutlich nicht wahrgenommen. Wenn sie diese Tür benutzten, dann immer hektisch und in Eile, mit den Gedanken schon beim nächsten Termin.

Als Shaye Kirsch den Eingangsbereich durchquerte und in das große, moderne Wohnzimmer gelang, standen zwei große, schwarze Reisekoffer mitten im Weg zur Treppe, welche in den zweiten Stock führte.

Er bliebt stehen und sah sich verdutzt um, betrachtete die schwarzen Taschen genau und bemerkte, dass eine davon ihm gehörte.

„Hallo?“

Rief er laut aus, damit es im oberen Stockwerk gehört werden konnte, falls Ohren in der Nähe waren, die es hören konnten.

Der dunkelhaarige Junge kniete sich vor seinen Koffer und zog den Reißverschluss auf. Als der Deckel aufklappte, fielen ihm einige schwarze Jeans entgegen.

Er griff eine beim Saum und hielt sie in die Höhe um sie genauer betrachten zu können, drehte sie um und entdecke ein gelbes Lee-Emblem an der rechten Gesäßtasche.

Eindeutig seine.

Dabei erinnerte er sich nicht, verreisen zu wollen.

„Mama?“ rief Shaye erneut und kramte ein wenig in der Tasche herum, fand schwarz-weiß geringelte Longsleeves, enge, bedruckte T-Shirts, ein Paar Converse Chucks, Boxershorts – und es war ihm ziemlich peinlich, dass diese offenbar jemand aus seinem Kleiderschrank entwendet hatte und somit in seine Privatsphäre eingedrungen war.

Seine Eltern ließen ihn doch eigentlich immer in Ruhe; wollten nie etwas, außer, dass er gute Noten hatte und versetzt wurde.

Trotz dieser geringen Ansprüche schaffte der einzige Sohn es dennoch, die jungen Eltern immer wieder zu enttäuschen.
 

Shaye erhob sich und ging zur angrenzenden, hellen Küche. Niemand war da.

Die Glasschiebetür zur Terrasse war ebenfalls fest verriegelt.

Er drehte sich um, lief durch das Wohnzimmer zurück in den Flur, sah, dass auch die Tür zum Keller geschlossen war, öffnete jene zur Waschküche – leer – und beschloss, dass niemand zu Hause war.

Shaye griff sich seinen schwarzen Reisekoffer, hievte ihn die Treppe hinauf und manövrierte ihn in sein Zimmer, gleich die erste Tür links, wenn man die Treppe hinter sich hatte und den langen Flur vor sich sah.
 

Er drehte den Koffer einfach um, sodass sein gesamter Inhalt auf den Boden fiel und entschloss sich dazu, das alles später einzuräumen.

Strecken, dann Zigaretten suchen und auf den eigenen Balkon genüsslich eine Rauchen.

Wie er hier nun stand, linker Arm über das Balkongeländer gelehnt, rechter Ellenbogen darauf aufgestützt, beobachtete Shaye, wie ein schwarzer Audi auf den Hof fuhr.
 

Eine nicht nur ihm bekannte Frau, mitte dreißig, langes, dunkles Haar, welches ihr über die Schultern fiel, eine Sonnenbrille auf der Nase, stieg hastig aus, schlug die Tür des Wagens zu und marschierte eilig über den Kies.

Sie griff nach der Sonnenbrille, hob den Kopf und erblickte Shaye.

Abrupt blieb sie stehen, nahm die Sonnenbrille ab und entblößte ihre braunen Augen. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen.

„Ich bin da, um dich abzuholen!“ sagte sie, verschränkte ihre Arme vor der Brust.

Shaye blies den Qualm seiner Zigarette in die Luft, sah auf seine Mutter herab und fragte monoton und unbeeindruckt: „Wohin fahren wir?“

„Zum Flughafen!“

Er drückte die Zigarette auf dem Geländer aus und legte den Stummel in seinem Aschenbecher ab.

„Was wollen wir denn da?“

„Dein Vater hat beschlossen, dass du dieses Jahr mit zu Perry und Kat kommst!“

„Der hat nichts über mich zu beschließen!“
 

„Du wurdest wieder nicht versetzt, huh?“

Shayes Mutter strich sich das Haar hinter ihr Ohr und stemmte die Hände in die Hüften.

„Wäre vielleicht an der Zeit, Überlegungen anzustellen, mich vom Gymnasium zu nehmen“, antwortete Shaye.

„Vielleicht solltest du mal mehr unter Menschen. Perry und Kat wollen dich mal wieder sehen. Sie haben dich nicht mehr gesehen seit du zehn warst. Sam hat auch nach dir gefragt!“

Sie lächelte erneut.

Shaye schnaubte und erinnerte sich an das Letzte Mal, dass er seinen bescheuerten Cousin Samuel gesehen hatte.

Ein durchgeknallter, blonder, amerikanischer High School Football Athlet. Zumindest stellte Shaye ihn sich so vor. Das letzte Mal, als er ihn sah, waren beide noch weit entfernt von High School. Er sowieso, denn Shaye wollte von Anfang an auf die Realschule.

„Was willst du tun? Warten, dass Papa nach Hause kommt und dich dann höchst persönlich nach Coldwater fährt? Oder tritt?“

„Huhm“, Shaye drehte sich um und betrat sein Zimmer, schloss die Tür und musste sich nach der Realisation dessen, was seine Mutter ihm erläutert hatte, den Kopf festhalten.

Er hörte, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und beim aufschieben Knarrte.

Seine Sommerferien wollte der 17-Jährige eigentlich in seinem Zimmer verbringen. Sechs Wochen lang in seinem Bett liegen. DVDs schauen, Rauchen, Trinken und sonst absolut nichts tun.

Sich auf das kommende Schuljahr vorbereiten.

Vielleicht versuchen, versetzt zu werden oder versuchen, nicht versetzt zu werden.

Er hörte die Absätze der Mary Janes seiner Mutter auf der Treppe.

Wieso wollte sein Vater, dass er nach Amerika flog?

Seine Mutter klopfte, wartete nicht auf ein Zeichen von Shaye und öffnete die weiße Zimmertür.

„Alles in Ordnung?“ sie steckte ihren schwarz behaarten Kopf durch den Türspalt „kommst du?“

„Mom, ich...“ murmelte der Junge, ließ sich auf den Boden fallen und versuchte kurz, Tränen zurück zu halten, sah zu seiner Mutter auf und sprach weiter: „wieso soll ich mit nach Coldwater?“

Sie seufzte, kam ganz in das Zimmer, schloss die Tür und setzte sich vor ihren Sohn auf den Parkettboden.

Sie griff dabei nach einem Pullover, las die Worte „The Wohlstandskinder“ auf dem Kleidungsstück, legte ihn neben sich hin und nahm Shayes Hand in ihre:

„Wir dachten, du brauchst Gesellschaft. Du warst seit Jahren nicht mehr raus. Schließt sich nur noch hier ein. Sam ist in deinem Alter, vielleicht lernst du ein paar Leute kennen, da drüben!“

„Wollt ihr, dass ich in Amerika bleibe?“ sofort fiel ihm ein, dass seine Mutter ihm das im Laufe seiner Lebenszeit immer mal wieder gefragt hatte und immer mal wieder wusste Shaye, dass er hier zu Hause war und sich wahrscheinlich niemals an die verqueere Lebensweise seiner Verwandten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gewöhnen konnte, geschweige denn selbst so leben wollte.

„Wenn es dir dort gefällt, kannst du bei Perry bleiben. Das hat er uns mehrmals versichert.“

„Mir gefällt es ausgezeichnet hier. Ich habe Freunde“,seufzte Shaye.

„Wir zweifeln nicht daran“, sagte die Frau „wir wollen nur, dass du ein wenig Zeit mit anderen verbringst und nicht immer allein bist.“

Sie klopfte Shaye auf die Schultern, stand vom Boden auf und ermutigte ihren Sohn, sich auf die Ferien zu freuen: „Sam freut sich wahnsinnig. Komm, pack' deine Sachen ein.“

Shannon ging zur Tür, drehte sich dann noch einmal um und erklärte: „Perry wird dich am Flughafen abholen. Ich habe noch was in New York zu erledigen, werde aber die Tage nachkommen. Ist das in Ordnung für dich, Schatz?“

Shaye brummte, verschränkte die Arme vor der Brust und hielt den Blick streng von seiner Mutter abgewandt.

Welcome to the Land of Opportunity

„Shaye Cherry“, hörte er es rufen und sah den enthusiastisch winkenden Mann von vierzig Jahren auf sich zu laufen.

„Hallo“, nuschelte der Junge und ließ sich von seinem Onkel durch die Haare streichen. „Mensch, ich hab dich seit bestimmt zehn Jahren nicht mehr gesehen“, stellte der alte Mann fest und lächelte seinen Neffen an.

„Kann sein“, erwiderte er und klammerte sich fester an seine Tasche.

„Sammy und Kat freuen sich schon.“ Perry klopfte Shaye auf den Rücken und ermutigte ihn so, die Richtung zum Ausgang des Kansas City Airport anzusteuern.

„Erzähl was von dir,“ sagte Perry und nahm seinen Autoschlüssel aus seiner Hosentasche hervor „wie geht es dir? Was machst du so? Hast du eine Freundin?“, begann der Mann, seine obligatorischen Fragen aneinander zu reihen, während Shaye und Perry den Parkplatz erreichten, in den roten Chevrolet Lumina einstiegen und den Weg nach Coldwater und Shayes letzte Etappe der langen Reise antraten.

Es war ein amerikanisches Vorort-Familien Haus mit Veranda und Hollywoodschaukel. Der Rasen war nicht perfekt, der vordere Garten wucherte wild vor sich hin und Shaye fühlte sich trotz der Tatsache, dass es ein amerikanisches Vorort-Familienhaus war, eingeladen und heimisch.

Die blonde Tante Kat, ganz und gar nicht das, was man sich unter einer amerikanischen Vorort-Familienmutter vorstellte, hatte im Gegensatz dazu Kekse gebacken; Chocolate Chip Cookies, Shaye fühlte sich willkommen.

„Nein, ich habe keine Freundin“, erklärte er es ihr ebenfalls, während er an seinem Keks mümmelte und sich ein Glas Cola ein schütten ließ.

„Wir sind erfreut darüber, dass du uns besuchen kommst, Shaye“, lächelte die Frau und ließ sich von ihrem Mann auf die Wange küssen, welcher diese Aussage unterstütze: „Waren sehr froh, als Shannon anrief und es uns mitteilte!“

„Schön“, erwiderte der schüchterne Junge und versuchte, so offen und herzlich wie nur möglich gegenüber seiner Familie zu sein.

Immerhin hatte er als Kind viel Zeit hier verbracht und hatte seinen Onkel und seine Tante oft mit seinen Eltern gleichgestellt.

„Sam ist leider nicht zu Hause. Ich hab ihm zwar gesagt, dass du heute ankommen würdest, Shaye, er wollte auch eigentlich da sein“, Kat legte einen Finger unter ihren Kinn und überlegte kurz „er wird sicher gleich kommen. Du bist bestimmt müde vom Flug. Komm mit, ich zeig dir deine Bleibe“, sie lächelte Shaye an und hielt einladend ihre Hand entgegen.

Shaye griff noch nach zwei Keksen, stand dann auf, nahm seine Tasche und folgte der Frau aus der Küche hinaus, rein in den Flur und die Treppe hinauf.
 

Die Wände des Gästezimmers waren weiß, das Bett stand mitten im Raum, Kissen kämpften um ihren Platz; Decken, um eine ganzes Heer von Shayes über einen Winter lang zu wärmen, waren dort platziert, das Fenster zur Straße hin stand weit offen und Vögel zwitscherten schön fröhlich in den Raum hinein.

Wäre Shaye kein eingefleischt depressiver Junge gewesen, hätte er sich sicher gedacht, wie wunderschön der Sommer wohl werden würde, in einem Zimmer, welches zum Osten ausgerichtet war und scheinbar keine Musikanlage hatte.

Ein Seufzen runter schluckend bedankte er sich bei seiner Tante, welche den Raum wieder verließ, ließ seine Tasche auf den Boden fallen und warf sich selbst in die zwanzig Kissen des Bettes, wovon mindestens die Hälfte zu Boden gingen.

Er schloss die Augen, streckte die Arme über seinen Kopf und dachte darüber nach, wie schön es gewesen wäre, hätte er die letzten zehn Stunden nicht in Audi- oder Flugzeugsitzen gesessen und wäre ob der Bewegungnsunfreiheit fast verrückt geworden; obwohl er zu Hause in seinem Bett wahrscheinlich auch nichts anderes gemacht hätte, als zu sitzen oder zu liegen.

Seufzend drehte er sich auf die Seite und öffnete die Augen, die Sonne stand im Himmel und lachte fröhlich auf ihn hinab.

Obwohl er fast einen ganzen Tag lang unterwegs gewesen war, und das nun, da er hier lag und sein Körper sich entspannte, auch merkte, zeigte der Wecker auf dem kleinen Tisch neben dem Bett erst siebzehn Uhr.

„Verdammte Zeitverschiebung“, war sein letzter Gedanke.

Dann schlief er ein.
 


 

Gemütlich seufzend drehte er sich um und streckte sich.

Es raschelte und murrte. Dann hörte Shaye ein undefinierbares Geräusch; ein andauerndes Knurren.

„Wer mäht denn um diese Zeit den Rasen?“, brummte er, rieb sich seine Augen, bevor er sie öffnete.

Ein äußerst fröhliches Gesicht glotzte zurück.

Der Junge blinzelte einige Male, hob dann seinen Kopf und erkannte endgültig eine braune Katze mit schwarzen Streifen, die sich gemütlich in die Kissen gelegt hatte und so laut schnurrte, dass man es zu Hause noch hören müsste.

„Meine Fresse“, sagte der Junge zu ihr, ließ sich wieder in die Kissen fallen, kraulte das Tier kurz am Kopf, welches daraufhin noch lauter schnurrte, und blickte dann zum Fenster.

Es war dunkel.

„Wie lange...“ er sah zur Uhr. Es war fast Mitternacht.

Shaye richtete sich wieder auf und streckte sich nochmal.

„Die schlafen bestimmt alle schon, oder?“ Sagte er zu dem Tier, das aber nicht reagierte und weiter schnurrte.

Shaye beugte sich über das Bett, griff nach seiner Tasche, die er öffnete und nahm ein schwarzes T-Shirt hervor.

Welch wunder, hätte er ein anders farbiges gegriffen.

Schnell wechselte er seine Oberbekleidung aus, strich sein unordentliches Haar nach vorn auf die Stirn und stand dann vom Bett auf, um wieder in das untere Stockwerk zu gehen und sich von seiner Tante Kat bemuttern lassen – sollte sie noch wach sein. Ein amerikanisches Sandwich wäre jetzt nichts verkehrtes, beschloss Shaye und richtete sich auf, vergrub seine Schüchternheit so gut und tief, wie er konnte und öffnete die Zimmertür.

Das Licht im Flur brannte und verschiedene Stimmen drangen an sein Ohr. Junge Stimmen und es waren eindeutig mehr als nur drei.

Was hieße, dass die Familie Gäste hatte und eben noch verbannte Schüchternheit ragte nun ganz bestimmt raus, in Shayes Gefühlschaos.

„Oh mein Gott. Wie können die nur. Oh mein Gott. Wieso sind denn so spät noch Leute da?“

Angestrengt überlegte er, ob er sich einfach solange hier verstecken sollte, bis alle verschwunden waren, oder ob er einen guten Eindruck bewahren und runter gehen sollte, um sich vorzustellen.
 

Schließlich griff Shaye nach dem winzig kleinen Häufchen Gefühl, welches sich als Mut entpuppte und sich hinter all den anderen versteckt hielt, holte tief Luft und stieg die Treppe runter.

Die Tür zur Küche war geschlossen, aber es drang Licht unter ihr her und die Stimmen kamen aus diesem Raum.

Shaye hielt sein Mut fest umschlossen, als er die Tür auf stieß und erst mal die Augen zukneifen musste, als das grelle Licht der Deckenleuchte ihn erfasste.

Es wurde schlagartig still.

Als der Junge die Augen wieder öffnete, saßen ihm viele unbekannte Menschen gegenüber, um den kleinen Tisch herum versammelt und sahen ihn mit großen, glasigen Augen an.

Shaye starrte genauso entgeistert und ratlos zurück.

Es kam ihm vor, als stünde er dort mindestens zehn Stunden, bevor ein blonder, schmächtiger Junge von dem Stuhl ganz rechts aufstand, breit lächelte und dann auf Shaye zu kam.

„Shaye Chéri“, sagte er laut und schob nun seine Hand hinter Shayes Rücken, um ihn in den Raum zu ziehen „Mein Cousin Shaye Chéri aus dem fernen Osten“, erläuterte er und drückte ihn auf den Stuhl, auf dem er selbst vorher noch gesessen hatte.

„bleibt für fünf Wochen hier, uns besuchen!“ Sam klopfte seinem Cousin auf den Rücken, zog dann eine Schublade eines Schranks auf und nahm einen kleinen Teelöffel hervor, welchen er in Shayes Hand drückte.

„Du hast uns nicht erzählt, dass er kommen wird“, sagte nun endlich ein dürres Mädchen mit langen, braunen Locken und einem knallgrünen Tanktop.

Sam lachte laut, nahm einem kleinen Jungen mit schmalem Gesicht und zauseligem Haar eine Plastikpackung aus der Hand und stellte sie vor Shaye auf den Tisch. „Muss ich vergessen haben, Ashley-Schatz. Du musst Shaye doch noch kennen, er war früher oft hier!“

Es stellte sich als Schokoladeneis heraus, was Shaye angeboten, oder eher, aufgedrückt bekam.

Den Löffel immer noch in der Hand haltend musterte er das braungelockte Mädchen in dem grünen Oberteil und versuchte, sich an sie zu erinnern.

Was ihm misslang gelang ihr hingegen ganz ausgezeichnet: „Ja, ich weiß, wer dein Cousin ist!“

„Shaye Chéri ist ein komischer Name“, meldete sich nun ein sehr großer, sehr breiter Junge mit blondem Haar, welches wild in alle Richtungen ab stand, zu Wort.

Die Jugendlichen schienen Alkohol getrunken zu haben.

Sam kam wieder zu Shaye, stellte sich hinter seinen Stuhl und ermutigte den Jungen mit einem Blick, Schokoladeneis zu löffeln.

„Cherry haben wir ihn immer genannt. Aber als mein süßer Cousin hier“, er knuffte Shaye in die Wange „begriffen hat, was Cherry bedeutet, bestand er darauf, endlich bei seinem richtigen Namen gerufen zu werden!“

Ein Kichern ging durch die Runde.

Shaye zählte sechs Jungen und Mädchen, allesamt in seinem Alter, roch viel konsumierten Alkohol und realisierte, dass das die sechs Menschen waren, von denen sich seine Eltern erhofften, dass sie ihn dazu brachten, sich wie ein normaler Teenager zu benehmen.

Sam Meyers Freundeskreis.

Sam Meyers amerikanischer Freundeskreis.

Fünf Menschen, die er noch nie vorher gesehen hatte. Bis auf das braungelockte Mädchen, an welches er sich aber nicht erinnerte.

„Aus dem Osten kommst du“, der große, blonde Junge beugte sich vor und griff nach der Schokoladeneisschale „woher genau aus dem Osten kommst du denn?“

Shaye brauchte sich nicht die Mühe zu machen, dem Fremden, angsterregenden amerikanischen Jungen zu antworten.

Das übernahm sein schmaler, blonder Cousin: „Deutschland!“

Er sagte das Wort mit viel Energie und einige in der Runde glucksten.

Ein kurzes Schweigen, bevor Sam, scheinbar sehr redebedürftig, weiter die Lebensgeschichte erläuterte: „Shaye ist berühmt in Deutschland!“

„Ach was?“, der goße, breite Junge schien an dieser Existenz zu zweifeln.

„Jah! Er ist Schauspieler und hat zehn Jahre lang in einer Soap gespielt. Der beliebtesten Soap in Deutschland!“

„Zehn Jahre lang?“ Der blonde Junge musterte Shaye argwöhnisch, welcher beschloss, Sams Unsinn nun zu beenden: „Ähm, eigentlich“, er wurde von seinem Cousin unterbrochen: „Nicht so bescheiden, Shaye Chéri“

„Ich hab' nie in einer Soap gespielt“, sagte Shaye leise, aber diskret.

„Berühmt ist er trotzdem!“

„Nein!“

„Doch, doch! Ich wette mit dir“, Sam beugte sich zu Shaye vor „dass jeder in Deutschland von dir schon mal gehört hat!“

Sams Augen fixierten Shayes. Für einen Moment war es unangenehm. Dann sah er das dunkle Braun seiner Iris und für einen kurzen Augenblick fühlte es sich an, als seien nur Sam und Shaye da – und sonst nichts.

Bis Ashley sich räusperte und ihren Schokoladeneislöffel auf den Tisch legte.

„Cherrys Vater hat in dieser Soap gespielt.“

Das Mädchen griff in ihre Tasche, welche auf der Ablage hinter ihr lag und holte ein Päckchen Zigaretten raus.

Sam wirbelte zu ihr hinüber und nahm die Zigaretten an sich: „Nicht im Haus, du weißt doch!“

„Dann gehen wir halt raus!“

Der kleine Junge mit dem zauseligem Haar, der nun das Schokoladeneis vor sich stehen hatte, stand auf und streckte sich.

„Ich für meinen Teil geh nach Hause!“

Der große blonde stand ebenfalls auf.

„Komm Ellen, wir gehen auch!“

Das Mädchen mit den langen, dunkelbraunen Haaren nickte stumm, griff ihre Handtasche fester und richtete sich von ihrem Stuhl auf.

„Gute Nacht“, sagte Sam, griff unter Shayes Schultern und zog den Jungen überraschend hoch.

„Was...“, wollte dieser sich wehren, wurde aber an der Hüfte gegrabscht und von Sam aus den Raum raus gezogen.

Verwirrt blickte er seinen Cousin von der Seite an, zeigte dann auf die zugefallene Küchentür und sagte: „Du lässt die einfach da sitzen?“

„Die finden den Weg von allein“, murmelte Sam und mit einem Mal sah er unfassbar müde aus.

Als sie den Treppenansatz erreichten, ließ Sam Shaye los, stellte sich vor ihn und sah in sein Gesicht.

Shaye wurde nervös.

„Ich hab' dich vermisst, Shaye Chéri“, sagte der Blonde leise, aber ernst.

Die tiefen, seriösen Augen trafen Shayes.

Der wurde unsicher.

Und wieder kam das Gefühl auf, allein mit Sam auf der Welt zu sein.

Dann beugte Sam sich vor und schloss seine Arme um ihn. Er drückte ihn fest in eine Umarmung und es fühlte sich nicht falsch an.

Es war warm und sein Unterleib begann, merkwürdig zu kribbeln.

„S...Sam“, murmelte Shaye in Sams Schulter. Dann übermannte ihn das wohlige Gefühl und er entspannte sich.

„Erzähl was von dir!“ sagte sein Cousin, lockerte die Umarmung und Shaye stieß sich leicht von ihn weg und sah wieder in die dunklen Augen.

Es fühlte sich gut an.

„Was hast du die ganze Zeit da drüben gemacht?“

Seine Stimme klang leise und enttäuscht.

Sam drehte sich weg und stieg die Treppe hinauf.

Zunächst etwas verwirrt sah Shaye ihm nur hinterher, bevor er sich besann und seinem Cousin folgte.

„I...ich hab gerade das neunte Schuljahr hinter mir“, begann Shaye zu erzählen.

Sam bedeutete ihm, ihn in sein Zimmer am Ende des Flurs zu folgen.

Er setzte sich auf sein großes Bett und lächelte Shaye sanft an.

„Ich habe gehört, dass du sitzen geblieben bist. Bist deshalb hier. Ich dachte erst, du wolltest von dir aus wieder kommen. Dachte, du würdest mich wieder sehen wollen!“

Sams Blick war ein wenig traurig. Seine Stimme war leise und betrübt.

„I...ich-ich“, der Schwazhaarige wusste nichts zu erwidern, kam aber der stummen Aufforderung, sich zu Sam zu setzten, nach.

Sam strich ihm eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht und Shaye kam die Situation merkwürdig romantisch vor.

Und äußerst verboten.

Sein Herz schlug etwas nervöser und er spüre eine innere Unruhe.

Er rückte ein Stück von dem Anderen weg.

„Ist mir dir alles in Ordnung?“, fragte er den Älteren, auf dessen Wangen sich ein roter Schleier gelegt hatte.

Er war betrunken. Und das mehr, als Shaye angenommen hatte.

„Du bist hübsch geworden, Shaye Chéri!“

Shaye lachte zerrüttet auf und begann, zu zittern.

„V...vielleicht wäre es ganz gut, w-wenn du jetzt schläfst, Sam!“

Schlug er nach einer Weile des Schweigens vor und stand abrupt vom Bett auf.

„Gute Nacht, Shaye Chéri“, hörte er es hinter sich sagen, als Shaye den Raum verließ und hektisch aber leise die Tür schloss.

Davor blieb er erst einmal stehen, atmete tief durch und beschloss, mindestens eine Packung Zigaretten rauchen zu müssen, um von dem Trip wieder runter zu kommen „Abgefahren!“

Sein Herz schlug noch wild in seiner Brust und seine Finger zitterten unaufhörlich.

Vorsichtig strich er sich die Haarsträhne wieder hinters Ohr.

Als er das bemerkte und in Verbindung mit des eben Geschehenen brachte, ließ er davon ab und die Strähne fiel wieder in sein Gesicht,

„Toll, wie offen du mit deiner Sexualität umgehst“, ertönte es plötzlich vom anderen Ende des Flurs.

Shaye zuckte zusammen und sah erschrocken zu dem großen, blonden Jungen auf.

„Hä?“ brachte er nur ganz verstört hervor und bemühte sich, nicht ganz so zerstreut und kopflos zu wirken, wie er sich fühlte.

„Dein T-Shirt“, der Blonde deutete auf Shayes Brust.

Dieser sah an sich hinunter und erkannte nichts ungewöhnliches – schwarze Jeans, schwarze Socken, schwarzes T-Shirt.

„Steht doch für Pride.“

Erklärte nun der Blonde.

„Pride?“

Shaye sah verwirrt auf.

Der große Junge ließ die Klinke der Badezimmertür los und gestikulierte mit beiden Händen einen Bogen: „Ja, der Regenbogen da“, er deutete auf Shayes Brust „steht doch für die Pride-Bewegung!“

Shaye sah noch mal an sich herab und nahm nun den niedlichen Regenbogen auf seiner Brust wahr.

„Was ist denn die Pride-Bewegung“, fragte er verdattert.

„Gay Pride? Kennst du nicht? Du trägst ein Pride Shirt, ohne zu wissen, wofür das steht?“

„Gay?“

„Ja. Schwulen- und Lesbenbewegung Pride!“ sagte der Blonde.

„Ähm.“ Shaye dachte kurz nach und schlussfolgerte „Ach so. Das ergibt Sinn.“

„Na ja, wie auch immer. Ich darf ja sicher mal euer Bad benutzten?“

Der Blonde deutete auf die Tür.

„Ja, klar, von mir aus“, Shaye nickte geistesabwesend, nahm den Weg in sein Zimmer ein und fühlte sich, als müsse er sich mindestens zwei Jahre lang verstecken.
 


 

Die Katze miaute, als Shaye seinen Koffer auspackte, die Kleidung auf den Boden verteilte und seinen tragbaren Computer hervorholte.

Er stellte ihn auf den kleinen Schreibtisch gegenüber des Bettes und schaltete ihn ein und suchte dann weiter nach dem Netzteil.

„Hoffentlich klappt das“, sagte er zu der Katze gewandt, welche noch immer auf dem Bett in seinen Kissen lag und Shayes Tun beobachtete.

„Habt ihr Lan?“ Lächelte Shaye und setzte sich auf den Stuhl vor seinem Computer.

„Gay Pride“, flüsterte er, als er die Buchstaben eintippte und das Internet auf die Suche schickte.

„Pride oder Gay Pride“, flüsterte er weiter, während er den Text las, welchen Google ihm geliefert hatte „bezeichnet im Kontext von Sexualität und Gender den selbstbewussten und stolzen Umgang mit der eigenen...“ er stockte kurz, las das nächste Wort drei mal, bevor er mit dem Text fortsetzte „schwulen sexuellen Identität..“

Shaye lehnte sich zurück und seufzte laut.

„Und was hat der Regenbogen jetzt damit zu tun?“

Er drehte sich zu der Katze um, welche ihn aus ihren grünen Augen anstarrte und strich sich über die Brust.

„Hm.“

Shaye wand sich wieder zu dem Computer und tippte einen weiteren Begriff und las die Zeilen „Mit dem Adjektiv schwul wird vor allem das bezeichnet, was mit der männlichen gleichgeschlechtlichen Zuneigung zu tun hat.“

Gedankenverloren lehnte er sich wieder zurück.

„Männliche gleichgeschlechtliche Zuneigung? Ob Sam...“

Er beugte sich wieder vor „Zuneigung bezeichnet ein positives Empfinden beziehungsweise ein positives Gefühl einem Mitmenschen... gegenüber. Hm“,

er tippte ein neues Wort und las weiter „Liebe ist die Bezeichnung für die stärkste Zuneigung, die ein Mensch für einen anderen Menschen zu empfinden fähig ist. Liebe...“

Shaye stand vom Stuhl auf und legte sich wieder in das Bett neben die Katze.

Die schnurrte wieder.

„Schwule Liebe, he?“

Er lächelte, sah das Tier an und streichelte es noch mal.

Cars, Cats and Strawberries

Kats Stimme war heiter, als Shaye am nächsten Morgen die Treppe runter stieg – er hatte darauf geachtet, dass sein Shirt heute ganz gewöhnlich, vielleicht etwas männlich, wirkte. Seine Tante hielt einen Besen in der Hand, stand im Wohnzimmer vor der Couch und sprach mit ihrem Sohn „Vielleicht hatte deine Katze ja Lust auf Eis und hat es aus dem Kühlschrank genommen und vergessen, es wieder zurück zu stellen. Und wo sie gerade dabei war, hat sie auch gleich Wendi und Ashley rein gelassen und nicht mehr gehen lassen!“

Shaye beugte sich vor und erblickte Ashley und das schwazhaarige Mädchen, sie standen etwas eingeschüchtert dicht beisammen in der Ecke. Sam nahm das ganze genauso gelassen auf, wie Kat klang.

„Wir wissen ja gar nicht, wozu Thomas in der Lage ist, wenn niemand guckt!“ erklärte er und lächelte breit.

Sam war dunkelblond, genauso groß wie seine Mutter, etwas größer also als Shaye selbst, und sehr schmal.

„Ja. Sicher. Nur in die Stadt fahren kann er noch nicht. Deshalb machst du das jetzt!“

Kat kramte etwas Geld aus ihrer Gesäßtasche, sah nach, wie viel sie gegriffen hatte und drückte ihrem Sohn dann alles in die Hand „und die Mädchen bringst du auch nach Hause!“

„Tz“

Kat drehte sich von Sam weg und erblickte Shaye, wie er geduckt im Türrahmen stand und das Szenario beobachtet hatte.

„Hey, guten Morgen, Shaye!“

Jetzt wandten sich die anderen auch zu ihm um und er fühlte sich wie bei einer Theateraufführung. Mit ihm als Hauptdarsteller, der seinen Text vergessen hatte.

„Ähm... äh...“ stotterte er, als Sam das Wort ergriff und Shaye von der Anspannung erlöste „Shaye Chéri!“

Er trat vor zu ihm, klopfte ihm auf die Schulter und machte wieder kurz, dass Shaye sich wie versunken fühlte in den braunen Augen.

„Shaye möchte bestimmt mit kommen. Die Stadt ansehen.“

Sam sah Shaye an und drehte sich erst zu seiner Mutter um, als er fertig war mit sprechen.

„Aber er ist doch gerade erst aufgestanden. Willst du nicht vielleicht frühstücken?“ protestierte Kat, Sam jedoch schüttelte den Kopf: „Mom, da drüben essen die morgens kein Speck und Würstchen. Shaye isst einen Apfel!“

Sam hatte sich wieder zu Shaye gedreht und sah ihn sanft an.

Dieser starrte verwundert zurück.

Shaye war sehr lange nicht mehr hier gewesen, das brauchte niemand abstreiten, und wahrscheinlich war er auch den größten Teil seiner und Sams Entwicklungsphase von dem, was sie damals waren und dem, was sie jetzt waren, nicht hier gewesen. Trotzdem wusste sein Cousin noch, wie er das Leben bei seinen amerikanischen Verwandten pflegte.

„Nicht wahr?“ fragte der noch einmal zur Bestätigung nach. Shaye war immer noch tief in Sams Augen versunken, nickte geistesabwesend, bevor er sich besann und seine Tante ansah.

Die lächelte, nickte und scheuchte die beiden Mädchen zur den Jungen: „Okay. Dann viel Spaß, Shaye. Lass dich nicht ärgern.“

Sam legte seinen Arm auf Shayes Schultern und dirigierte ihn in die Richtung der Haustür „Gut geschlafen, Shaye Chéri?“ fragte er, um ein Gespräch anzufachen, erinnerte sich aber auch, dass Shaye in Smalltalk, oder generell überhaupt im Reden, nie besonders gut gewesen war und erwartete daher keine Antwort.

Shaye räusperte sich.
 

Die vier Jugendlichen steuerten einen sportlichen Wagen an, welcher an der Straße vor ihrem Haus stand. Als Sam Schlüssel zückte und das Schloss des Autos entriegelte, konnte Shaye kein ungläubiges „Alter!“ zurückhalten „Das ist dein Auto?“

Sam zuckte die Schultern „Grandpa hat's mir geschenkt. Von mir aus hätte ich auch 'n Ford gefahren!“

„Einen Ford? Wenn du das bekommen kannst?“

Über die Begeisterung über Sams Auto hinaus vergaß Shaye, dass er eigentlich zu schüchtern war, um vor fremden Menschen so viel zu reden und zu verwirrt wegen dem, was gestern Abend passiert war, um nicht darauf zu achten, was er vor Sam tat und was er vor Sam nicht tat.

„Interessierst du dich für Autos?“ Fragte Sam, als die beiden Mädchen einstiegen.

„Wie kann man nicht? Besonders für GM. Chevrolet. Alter. Wenn ich so einen Wagen hätte...“

„Kannst dich ja ein bisschen bei Grandpa einschleimen, vielleicht schenkt er dir eins zum nächsten Geburtstag!“ Sam lächelte, als er seinem Cousin bedeutete, auch einzusteigen.

Shaye tat, was Sam wollte, voller Begeisterung.

„Weißt du“, Sam setzt sich neben ihn auf den Fahrersitz „hier hat fast jeder so ein Auto. Ein Celta wäre was viel Außergewöhnlicheres!“

Der Motor startete und Shaye konnte seine Freude kaum zurück halten. Er strahlte über das ganze Gesicht. Das hatte er in der Tat schon seit Wochen, vielleicht Monaten nicht mehr.

„Ja“, er nickte und betrachtete das Armaturenbrett. Dann sah er zu Sam, traf seinen Blick und fand wieder diese sanfte Tiefe in den Augen. „Celta ist bei uns ein stinknormales Auto. Hat da jeder!“

Sam löste den Blick und sah zur Straße.

Shaye fühlte sich, als würde er aus dem Himmel fallen, sein ganzer Körper entspannte sich. Er lächelte zufrieden und blickte nach vorn, raus, auf die Straße.
 

Nachdem Wendi sich bei Shaye mit einem genauso sanften Blick wie Sams und Ashley sich bei Sam mit einem Kuss auf die Lippen, welchen Sam auch erwiderte, verabschiedeten, fühlte Shaye sich wohler und leichter und sie fuhren in die kleinen Innenstadt von Coldwater zum Kwik-E-Mart.
 

„Das ist dein Kater?“ durchbrach Shaye die angenehme Stille im Wagen.

„Hm? Thomas?“

„Der in meinem Bett schläft!“

„Tut er das?“ Sam lachte „der schläft überall gerne. Na ja. Der macht ja auch nichts anderes!“

„Mh Mh“, Shaye nickte, drehte sich dann zu seinem Cousin um „ich will auch eine Katze. Darf aber keiner eigene, deshalb red' ich ab und zu mit dem Tier eines Nachbarn. Martin. Eine Maine Coon! Genau wie dein Kater!“

„Du interessiert dich für Autos und Katzen!“ zählte Sam auf, sah seinen Cousin aus dem Augenwinkel an und seufzte zufrieden auf.

Er war froh, Shaye nach so langer Zeit wieder zu sehen, hatte er ihn doch nicht vergessen und es war kein Tag vergangen, an dem er nicht an Shaye gedacht hatte.

Viel zu schnell und abrupt war der letzte Abschied gekommen, doch Sam hatte nicht ahnen können, dass die beiden Jungen bei ihrem nächsten Wiedersehen schon fasterwachsene Männer sein würden.

„Shaye Chéri“, er lächelte, wagte es dann, seinem Cousin durch sein adrettes, schwarzes Haar zu wuseln, welches vorn ins Gesicht hing und hinten bis auf das Unterhaar kurz geschnitten war.
 


 

Im kleinen, örtlichen Supermarkt beuget sich Sam über die Kühltruhe und begutachtete das beträchtliche Angebot an Eiskremsorten, die der kleine Laden zu bieten hatte und suchte die, die seine Mutter am liebsten aß.

„Immer diese Extrawürste. Schokoeis ist Schokoeis!“ stöhnte er genervt auf, als er nach dem fünften Mal überfliegen immer noch nicht das gefunden hatte, was er finden sollte.

„Willst du vielleicht irgendwas?“ wand er sich dann an seinen Cousin, der durch die Gänge schlich und sich die amerikanischen Produkte ansah.

„Hm“, antwortete er, drehte sich zu Sam um und sah ihn an. Shayes Gesicht war glatt und blass und zeigte überhaupt keine Regungen irgendwelcher Gefühle; er schien seine Mimik perfekt unter Kontrolle zu haben.

Sams Herz hüpfte angenehm, als er Shayes Blick fand und in den grünen Augen zu versinken schien.

„Hm“, machte Shaye erneut, zuckte die Schultern und beugte sich über die Kühltruhe, um die unendliche Auswahl an Schokoladeneis begutachten zu können.

„Schokoladeneis, huh?“

„Mom liebt dieses Zeug und scheinbar hat irgendein Vollidiot vergessen, das Letzte zurück in den Kühlschrank zu stellen!“

Sam zuckte die Schultern und hatte nun endlich die Marke entdeckt, welche seine Mutter am Liebsten hatte, öffnete die Kühltruhe und griff nach einer 5000ml Packung.

Shaye sah ihn argwöhnisch an. Er verschenkte die Arme für der Brust und beobachtete, wie Sam an ihn vorbei zur Kasse ging.

„Du willst wirklich nichts, ja?“

Rief er über seine Schulter, wartete aber nicht auf eine Antwort von seinem Cousin. Essen war nun nicht unbedingt Shayes Lieblingsbeschäftigung und wenn man ihn nicht regelmäßig daran erinnerte, dass er es zu tun hatte, vergaß er es womöglich ganz.
 

„Komm schon“, rief er seinem kleinen Begleiter zu, als er das Eis bezahlt hatte und den Ausgang ansteuerte.

„Du erinnert dich nicht?“ fragte Shayes leiste Stimme, der stand plötzlich direkt hinter ihm.

„Woran?“

„An gestern?“

Sam blieb stehen, überlegte kurz, sah dann zu Shaye und zuckte die Schultern „absolut keine Ahnung. Weiß nicht mal, wie ich nach Hause gekommen bin. Aber“, er schloss sein Auto auf „ich erinnere mich an dich. Nur an den Moment, als du im Türrahmen standst.“ Sam lächelte verträumt, als er in das Auto einstieg und Shaye das Eis auf den Schoß legte „Ich weiß gar nicht mehr, wieso. Oder welcher Türrahmen. Ist auch nicht wichtig. Denk ich.“

Er drehte den Schlüssel im Zündschloss um, der Motor brummte auf und Sam schnallte sich an.

Baby Chéri

Es dämmerte, Shaye stand an seinem Fenster und genoss die Stille des Abends.

Grillen zirpten, der orangefarbene Horizont floss in den dunkelblauen Nachthimmel, einige wenige Sterne blitzen schon auf und der ausgeatmete Rauch seiner Zigarette tänzelte in den Abend.

Eine ganze Zigarette lang hielt diese angenehme Stille auch an, bei der sich Shaye von seinem Tag erholte, an dem Sam ihm die grandiosen und nicht geänderten Sehenswürdigkeiten des Vorortes eines Vorortes namens Coldwater gezeigt hatte. Das Highlight, so meinte sein Cousin, in dessen Gegenwart Shaye sich merkwürdig flaumig und trotzdem frei fühlte, wäre des Baseballfeld, der Treffpunkt der Kinder, dort hatten sie auch mindestens den halben Tag verbracht. Shaye hatte sich gelangweilt und eine ganze Schachtel geraucht, während Sam mit ein paar anderen die Kinder bei einem spontanen Match fertig gemacht hatte.

Als Shaye nun den Stummel dieser Zigarette in seinem Aschenbecher ausdrückte, drang ein angenehmes Gitarrenspiel an sein Ohr.

Zunächst lauschte er gespannt, dann erkannte er die Melodie. Und lächelte. Er schloss die Augen und genoss es, dieses Lied zu hören, als auch plötzlich jemand begann, dazu zu singen.

Es war eine sanfte Stimme, die sofort in Shayes Herz drang und eine Welle Wohlbefinden und zitternde Finger auslöste.

„I've found a treasure and it bears your name. So beautiful and precious and you can't pay it with the money of the world...”

Shaye öffnete die Augen. Sein Herz klopfte schneller als es sollte und er atmete hastig. Es war ein schönes Lied. Er hatte es lange nicht mehr gehört, doch erinnerte es ihn daran, wo er zu Hause war.

Shaye verließ sein Zimmer, ging die Treppe runter. Er hörte ihn noch immer spielen und singen.

„The first time ever I saw your face, I thought the sun rose in your eyes”

Als Shaye das Wohnzimmer durchquert und die Tür zum Garten erreicht hatte, sah er seinen Cousin schon auf dem Boden sitzen. Mit seinem Rücken zum Haus gewandt, im Schneidersitz, seine Gitarre auf den Knien.

Shaye trat von der Veranda in das feuchte Gras und spürte die einzelnen Hälme unter seinen nackten Füßen kitzeln.

“When looking at you, I can't believe that someone like me - deserves something beautiful like you, Chéri”, sang Sam leise im Takt zu der Melodie, die er auf der Gitarre spielte.

Shaye ließ sich neben ihn in das Gras fallen, sah Sam in die Augen, als der sich leicht zu ihm drehte und beim Singen lächelte „oohoooo“, er zwinkerte sanft „I love you like the stars above. I love you until I die. You're the best that ever happened to me. Chéri!”

Shaye lächelte auch, sein Herz schlug so heftig, dass er befürchtete, Sam könnte es hören, genoss dennoch das leise Zirpen der Grillen und den Klang von Sams Gitarre.

„Baby Chéri“, flüsterte dieser, sah dabei direkt in Shayes grüne Augen, der fühlte sich wieder angenehme berührt, das Grillenzirpen wurde immer leiser, die Umgebung verschwand und Shaye saß allein mit Sam auf dem feuchten Gras, die Gitarre spielte dieses Lied und im Hinterkopf erinnerte er sich an die sanfte, sensitive Stimme, die Baby Chéri sang.

Bis Sam sich weg drehte, seine Gitarre neben sich auf den Boden legte und sich selbst rücklings in die Wiese fallen ließ, dabei die Arme hinter dem Kopf verschränkte und verträumt in den nun dunklen Himmel schaute. Sterne erstrahlten überall an ihm.

„Immer wieder ein schönes Lied. Oder?“

Er drehte seinen Kopf zu Shaye und sah zu ihm hoch.

„Du singst schön. Wusste gar nicht, dass du Gitarre spielst!“ antwortete der und bemerkte wieder diese Unruhe, die ihn schon den ganzen Tag verfolgte.

„Jeder in unserer Familie hat eine Singstimme, das weißt du doch!“ Sam lachte leise „außer Mama!“

„Und ich!“ nuschelte Shaye und sah zum Boden, wo er ein Gänseblümchen fand und es aus der Erde riss, um nervös damit herum zuspielen.

Sam richtete sich wieder ein bisschen auf „Grade du! Du hast die aller besten Voraussetzungen für eine tolle Stimme!“

„Tz“, Shaye rollte mit den Augen. Er lehnte sich zurück und ließ sich auf die feuchte Wiese fallen „Wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen?“, fragte er, um schnell das Thema zu wechseln.

„Ash und ich?“

Shaye hörte, wie Sam sich ebenfalls wieder auf den Rücken legte.

„Hm. Keine Ahnung, zwei Jahre?“

„Und“, Shayes Herz klopfte schnell „wie läuft das so bei euch?“

„Ganz gut, denk ich!“ Sam rollte sich auf die Seite um Shaye ansehen zu können „und du? Hast du jemanden?“

Shaye schluckte, wand dann seinen Kopf zu dem Blonden und zuckte leicht mit den Schultern „Dass mit Maya und mir hat sich irgendwie von selbst erledigt!“

„Maya?“ Sam klang bemüht ruhig, doch Shaye hörte die Aufregung in seiner Stimme „Na ja, Maya war in meiner Parallelklasse, also eigentlich viel zu jung, oder? Zwei Jahre immer hin.“

„Na ja“, Sam zuckte mit den Schultern.

Shaye drehte sich nun auch auf die Seite, stützte seinen Kopf auf seine Hand und musterte Sams Gesicht „Sie war erst vierzehn und ihr Vater war echt nicht begeistert, vor allem auch wegen meinem Vater“, Shaye rollte die Augen „Irgendwann haben wir kaum mehr mit einander geredet und dann hatte sie plötzlich 'n anderen!“

Shaye schluckte und wunderte sich über seine Offenheit, hatte er doch bisher noch kein einziges Mal darüber geredet.

Sam seufzte leise und die Stille zwischen ihnen war behaglich entspannend, als sie von Kats Stimme durchbrochen wurde: „Jungs? Wir sind zurück!“

Shaye richtete sich auf und sah zu ihr hin. Kat stand auf der Veranda und lächelte ihnen zu.

An ihr vorbei schritt eine kleinere Frau mit schwarzen Haaren „Hey Shaye“, sagte sie und kam auf die Jungen zu. Sam und Shaye standen im selben Moment auf und wurden herzlich von Shannon umarmt, was Shaye liebevoll aufnahm und sich wieder ein Stück geborgen fühlte.

„Sam, wow, bist du groß geworden!“ sie sah zu ihm auf und knuffte seine Wange.

„Ach hör auf, seit letztes Jahr bin ich kein Stück gewachsen!“ antwortete dieser und drehte sich dann zu Shaye um „er ist gewachsen seit wir ihn das Letzte mal gesehen haben!“

„Ja“, sagte Shannon und musterte ihren Sohn liebevoll „hätte aber ruhig noch ein Stück mehr sein können, was?“

„Hör auf!“ Sagte Shaye leise.

„Nun gut. Hat Sam dich auch gut behandelt? Hat er dich nicht geärgert?“

Shannon drehte sich um, um zurück zum Haus zu gehen, die beiden Jungen begleiteten sie.

„Etwas verschreckt hat er ihn vielleicht“, sagte nun Kat und sah Sam böse an.

„Ich? Wieso?“

„Mitten in der Nacht, sag ich dir, Shannon, kommt er hackedicht nach Hause und veranstaltet mit seinen Kumpels einen Lärm der sogar den von Perry übertrifft!“

„Ach?“ Shannon lächelte und fuhr Sam durch die Haare „lauter als Perry? Aber ganz ehrlich“, Shannon beugte sich zu Sam vor und tat, als wolle sie nicht, dass Shaye höre was sie leise sagte: „Ich wünschte, Shaye würde sowas mal machen. Der hockt den ganzen Tag brav in seinem Zimmer und lässt sich kein mal blicken. Aus gar keinen Grund.“

„Ach ja?“ Sam strahlte Shaye an „nun, wir können das ja ändern!“

„Nein“, erwiderte Shaye leise, doch Sam ignorierte das, er legte wieder seinen Arm um Shaye – Shayes Herz hüpfte vergnügt auf – und erklärte: „Heute kommt Chéri mit mir mit. Wir wollen zum See, ein bisschen abhängen!“

„Aber nicht wieder betrinken!“ sagte Kat gespielt streng und Sam schüttelte wild den Kopf: „Nein Sir, wie können Sie so etwas denken? Wie sollen wir denn uns betrinken können, Ma'am, wir haben keine gefälschten Ausweise. Nicht wahr?“

Sam boxte Shaye in die Schulter, welche dieser sich daraufhin festhielt und den Kopf nickte.
 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Während Kat in der Küche das Abendessen zubereitete und Perry irgendwo hin verschwunden war, begleitete Sam seine Tante Shannon und seinen Cousin Shaye ins obere Stockwerk. Mit einer weiteren Umarmung verabschiedete er sich von Shannon, als sie in das zweite Gästezimmer verschwand, ging aber mit Shaye, der etwas verwundert drein blickte, in sein Zimmer.

„Losi, Los. Mach dich bereit für eine tolle, amerikanische, Party!“ Er setzte das vorletzte Wort in gestikulierte Gänsefüßchen.

Shaye hob verwirrt eine Augenbraue und wollte zum Sprechen ansetzten, wusste aber doch nichts, was er hätte sagen können, was im Endeffekt sowieso nicht nötig war, da Sam die Frage schon beantwortete: „Du hast es immer geliebt, einfach alles hier mit amerikanisch zu betiteln!“

Sam strahlte.

„Ja“, murmelte Shaye bloß, er bückte sich, um in sein Koffer zu greifen und ein frisches T-Shirt herauszunehmen.

Er betrachtete es, um sicher zu gehen, dass es nicht irgendwelche versteckten Indizien auf irgendetwas haben könnte, was Shaye als irgendetwas darstellte, wovon er nichts wusste.

Aber außer einem großen, weißen Schriftzug mitten auf der Brust, welcher das Wort „Cash“ zeigte, war nichts außergewöhnliches. Und mit Cash konnte man nun nicht viel ungewöhnliches verbinden, dachte Shaye.

Er legte das Shirt auf sein Bett und griff nach dem Saum des schlicht Schwarzen, aber bis zum geht nicht mehr durch Geschwitzem, welches er trug und wollte es sich ausziehen, als er bemerkte, dass Sam noch immer im Raum stand und ihn interessiert musterte.

„Wasn?“

sagte Shaye etwas nervös und lies den T-Shirtsaum los.

„Nichts, nichts“, abwehrend hielt Sam die Hände vor der Brust hoch „ich warte nur auf dich. Dann können wir los!“

Zur Bestätigung zog er die Autoschlüssel seines Cobalts aus seiner Hosentasche und grinste breit.

Er grinste oft breit.

Sam war eine herzliche, offene Person, die von Grund auf und Anfang an sehr sympathisch war. Vor allem für Shaye, den doch immer wieder eine angenehme Wärme umgab, wenn Sam in seiner Nähe war.

Er fühlte sich sicher, beschützt und geborgen, ähnlich so, wie in seinem Bett oder wie damals, als die Bindung zwischen ihm und seiner hübschen, jungen Mutter noch so eng war, dass er in ihr alles gesehen hatte.

Shaye erinnerte sich gar nicht mehr daran, dass Sam in ihm so ein Gefühl auslöste.

Aber er hatte Sam nun ja auch schon sehr lange nicht mehr gesehen.
 

Als Shaye sich aber nun an den Wikipedia-Artikel über Pride und Schwul erinnerte, drehte er sich, etwas peinlich berührt, um und präsentierte Sam bloß seinen schmalen Rücken, als er sich umzog.

Obwohl Sam doch mit Ashley zusammen war.
 

Ein leises Klopfen ließ die Jungen erschrecken.

Verwirrt und mit schnell schlagendem Herzen drehte Shaye sich zur Geräuschquelle, entdeckte jedoch erst nichts.

Er trat zum Fenster hin und erblickte nun Wendi, die an der Straße stand und zu ihm hinauf sah.

„Was...“ Shaye deutete auf das Mädchen und wand sich zu Sam „hat die eben ein Stein gegen das Fenster geworfen?“

„Ach“, Sam winkte das ab „die machen das so weil sie denken, unsere Eltern dürften nicht mitbekommen, dass wir weg gehen. Komm“, Sam steckte den Autoschlüssel zurück in seine Tasche und verließ dann das Zimmer.

„Tz“, machte Shaye, griff nach seinem Ipod, als er Sam folgte und erinnere sich daran, wieso er das Leben in Amerika so absurd fand.

Love has come along...

Der benannte See lag abseits der Stadt und war mit dem Auto nur über einen nicht betonierten Weg zu erreichen.

Der Mond strahlte hell am dunklen Himmel und spendete genug Licht, dass man sehen konnte.

Es war ein lauschiges, kleines Plätzchen.

Ein offensichtlich angelegter Sandstrand sollte der Austragungsort des „Beisammenseins“ sein, herangeschaffte Baumstämme dienten den Jugendlichen als Sitzmöglichkeiten und in deren Mitte ragte eine Feuerstelle,

um der herum reichlich viele Getränkekisten aufgestellt waren.

Alkoholkonsum schien Sams Lieblingsbeschäftigung zu sein. Shaye blinzelte zu seinem Cousin, als dieser laut und herzlich zu der Gruppe stieß, Ashley einen Kuss auf die Stirn hauchte und wahllos einen der anwesenden Jungen umarmte.

„Ihr erinnert euch an Chéri“, er nickte in Shayes und Wendis Richtung.

Wendi trat ebenfalls lächelnd zu den anderen und begrüßte Ashley und Ellen ebenfalls mit zwei kurzen Küssen.

„Cherry“, Jay, schon deutlich angeheitert, kam plötzlich von der Seite und legte seinen großen, schweren Arm um Shayes zierliche Schultern.

Er fühlte sich, als würde er jeden Moment unter Jays schwerem Gewicht in die Knie gehen, konnte den Blonden jedoch erstaunlich gut halten.

„Cash“, murmelte Jay und beugte sich etwas vor, um auf Shayes Brust starren zu können. Shaye wurde dabei unangenehm nach vorn gezogen, griff dann reflexartig Jays anderen Arm, als die beiden drohten, unter Gleichgewichtsverlust zu kippen.

„Superklasse“, rief er dann aus, lies Shaye los und ging zu einem Typen, den Shaye bis dahin noch nicht gesehen hatte und der auch beim nächtlichen Schokoeiessen nicht dabei gewesen war.

„Gimma deine Gitarre“, sagte Jay laut, griff sich Verlangtes dann selbst und drückte es Sam in die Hand.

Der saß zwischen Wendi und Ashley auf einem der Baumstämme und hatte schon einige Male an seinem Bier genippt, als er die Akustik Gitarre griff und verdutzt zu Jay auf sah.

„Spiel uns was, Wunderknabe!“ lallte der und lies sich direkt vor Sam in den Sand fallen.

Die anderen jubelten begeistert und die Musik, die von irgend woher kam, verstummte plötzlich.

„Hä, was, wieso!“ gab Sam von sich, drückte aber Ashley schon sein Bier in die Hand und legte die Gitarre auf sein Knie.

Er sah auf und erblickte Shaye, sein Gesicht entspannte und er lächelte.

Dann griff er die Saiten am schmalen Ende der Gitarre und begann, die bekannte Melodie zu spielen.

Jay klatschte in die Hände und lachte „Ich habs gewusst, auf dich ist Verlass, man!“
 

Shaye sah Sam an und Sam sah Shaye an. Es war, wie eben im Garten.

Der Sand unter ihnen schien zu verschwinden, der Mond über ihnen verdunkelte sich und die Menschen um sie herum lösten sich einfach auf.

„I've found a treasure and it bears your name so beautiful and precious and you can't pay it with the money of the world“ erklang nun seine sanfte Stimme. Und auch andere Stimmen sangen mit.

Shaye wurde nun klar, was Jay gemeint hatte. Sam spielte dieses Lied öfter.

Dieses eine, wunderschöne Lied, welches Shaye soviel bedeutete.

“I could watch you the whole night, watch you sleep, listen to your breath!”

Jay gröhlte ganz besonders laut.

“Chéri!“

Schrien nun alle Jugendlich laut aus und lachten.

Sam hörte auf zu spielen, legte die Gitarre weg und wand sich dann von Shaye ab, um seine Flasche von Ashley entgegen zu nehmen.
 

„Cherry, komm her!“

Shaye hörte Wendis Stimme zum ersten mal, sie klang weiblich und erwachsen. Sie deutete auf das Stück ungemütlich aussehenden Baumstumpf neben sich und Shaye stapfte durch den weichen Sand, um sich neben Wendi fallen zu lassen.

Er fühlte sich, als würde er sich zu Sam setzten.

Sein Herz machte einen glücklichen Hüpfer.

„Wie geht’s dir?“

Wendi reichte Shaye eine Flasche.

Hatten sie nicht ihren Müttern versprochen, nicht zu trinken?

Wahrscheinlich wusste Kat, dass Sam das so wie so tun würde.

Shaye nahm die Flasche zitternd entgegen und setzte zum Trinken an.

Als das Bier über seine Zunge floss, überkam ihn eine Gänsehaut.

Schnell ließ er vom Trinken ab und versuchte, sein Gesicht nicht angewidert zu verziehen.

„Du bist süß!“

Es war wieder Wendi, die sprach, und nicht Sam.

Doch Sam sah ihn an. Und Lächelte.

Seine braunen Augen strahlten, während Ashley hinter ihm irgendetwas erzählte, dem Sam ganz offensichtlich nicht zuhörte.

Es ertönte wieder Gitarrenmusik und es war nicht Sam, der spielte.

Shaye wand sich um, um zu sehen, woher sie kam, dabei streifte seine Schulter das kleine Mädchen mit den Mandelaugen und sein Bauch kribbelte angenehm und seine Hände zitterten, sodass er die Bierflasche in den Sand stellen musste.

„I keep a close watch on this heart of mine“, sang der Junge mit der Gitarre und Jay jubelte laut, als er auf Shaye zugelaufen kam.

„Nua für dich!“ Schrie er und ließ sich neben Shaye auf den Baumtamm fallen, dabei warf er grob seinen Arm um Shayes Schultern.

„Weil du walkst the line, Shaye Cherry“, Jay stützte sich auf den viel kleineren Shaye ab und tippte ihm hart mit den Zeigefinger auf die Brust. „Du walkst the line, Cash!“ Jay lächelte Shaye breit an.
 

„Alles klar...“, Shaye sah verwirrt zurück und erinnerte sich noch einmal daran, wieso er selten und ungern an solchen Saufgelagen teilnahm.

„Ach Jay, lass ihn in Ruh!“

Das war Wendi, sie schob Jays Arm von Shayes Schultern, dieser kippte bedenklich nach vorn, hielt sein Gewicht aber und richtete sich auf, sah Wendi kurz eindringlich an – zumindest so gut er das konnte, wankte dann davon und nervte andere.

„Sorry für ihn, der übertreibt es jedes mal!“ entschuldigte Wendi, stellte auch ihre Flasche ab und beugte sich zu Shaye vor.

„Ich bin Wendi. Eigentlich Wednesday, aber mich nennen alle Wendi!“

„Shaye“, murmelte Shaye und nahm aufgeregt ihre Hand entgegen, die ihm hingehalten wurde.

„Du bist Sams Cousin aus Deutschland?“

„Jah... m-meine Mutter ist die Schwester von Sams Vater, also meinen Onkel!“, Shaye versuchte, sich im Smalltalk dem hübschen asiatischen Mädchen vorzustellen.

„Ah, nett. Woher kennen sich deine Eltern?“ fragte sie und klang dabei ehrlich interessiert.

„Also, ähm“, Shaye kratze sich verlegen am Ohr. „Sams und mein Grandpa, also Mom's Vater kannte meinen Vater... also... hm“, Shaye seufzte leise.

„Also Grandpa hat Dads Musik produziert, daher hat er Mom kennen gelernt!“

Shaye sah das kleine Mädchen nicht an.

Nach einer stillen Weile räusperte sie sich „Ich erinnere mich, Sam erwähnte sowas mal. Euer Grandpa ist Steven Meyer. Der Steven Meyer, der ungefähr alle erfolgreichen Musiker unter sich hat und produziert... dann muss dein Vater ja gute Musik machen. Machst du auch Musik?“

„Nein“, Shaye verspannte etwas und antwortete etwas lauter als er wollte. Dabei sah er sie an. Ihr Gesicht war rund und symmetrisch, ihre Stupsnase war klein und niedlich und ihre dunkelbraunen Augen waren voller Emotionen und etwas glasig.

„Ich mache überhaupt nichts. Dad hat geschauspielert und ist dadurch zur Musik gekommen, aber er macht so was nicht mehr.“

Wendi lehnte sich zurück, griff dabei nach Shayes Hand und es kribbelte und zierpte in ihm und ein warmer Schauer breitete sich aus.

„Da kann ich nicht mithalten, Shaye Chéri. Meine Eltern sind als Kinder aus Malaysia her gekommen, ich bin hier geboren und ganz und gar amerikanisch. Habe einen Bruder, der ist älter. Hast du Geschwister?“

Shaye schüttelte den Kopf, er brachte kein Wort raus. Wendis Hand fühlte sich warm an. Angespannt saß er neben ihr und versuchte, nichts falsch zu machen.

Denn nichts fühlte sich falsch an.

...and Life was like a Song

Sam Perry Meyer war siebzehn Jahre alt, als er der erste große Liebe seines Lebens begegnete.

Es war mitten in der Nacht und er aß Schokoladeneis, als die Küchentür aufgestoßen wurde und ein dürrer, schwarzhaariger Junge im Rahmen stand, verwirrte Blicke in den Raum warf und Sams Herz so schnell werden lies, das dieser sich augenblicklich sicher war, dass es Liebe sein musste, was er ihm gegenüber empfand.
 

„Du solltest nicht fahren.“

Die quietischige Stimme drang an sein Ohr und Sam wand sich ungeschickt um, wobei er das Gleichgewicht verlor und sich schwer gegen seinen Cousin drückte.

Sams Adrenalinspiegel schoss in die Höhe und seine Wangen wurden leicht rot.

„Achwo“, hauchte er in Shayes Gesicht „ischaff das schon.“

Er lächelte.

„Nein!“

Die Stimme widersprach ihm und riss Sam unsanft herum, sodass er dem Mädchen direkt ins Gesicht sehen konnte.

Es gefiel ihm nicht und er hob die Hände in die Höhe, drehte seinen Oberkörper wieder nach Shaye um und ertastete dessen dünne Brust, während sein Gesicht noch ihr zugewandt war.

„Sam, sei nicht albern“, sagte sie „ich fahr' euch nach Hause. Gib die Schlüssel!“

Der Blonde nickte, drehte sich dann ganz zu seinem Cousin um und schlang seine Arme um den fragilen Körper, legte sein Gesicht in Shayes Halsbeuge und nuschelte leise: „Wehewirkomm'n nicht hausean!“

Dann wurde es schwarz um ihn herum und er spürte nur noch Shayes warmen Körper, roch seinen Duft und hörte sein Herz schnell und unregelmäßig gegen sein eigenes Ohr schlagen.
 

Pok-Pok.

Pok-Pok.

Pok-Pok.
 

Er drehte sich.
 

Pok-Pok.
 

Hob seine Hand und berührte sachte seine Stirn.

Pok.

Haarsträhnen klebten in seinem Gesicht und seine Handflächen waren nass vor Schweiß.

Sam öffnete vorsichtig die Augen, es war noch dunkel, sein Kopf fühlte sich trotzdem so an, als stünde Big Ben in ihm und schlüge ununterbrochen zwölf Uhr.

„Ough“, murmelte er leise und richtete sich so gut auf, wie er konnte.

Seine Jeans drückte unangenehm in sein Bauch und der Gürtel presste Abdrücke in die sanfte Haut.

Er ließ sich in das Kissen fallen, ignorierte angespannt das Pochen hinter seiner Stirn und hob die Hüfte an, um sich die Hose ausziehen zu können, als er das leise, gleichmäßige Atmen vernahm, welches nicht von ihm aus kam.

Sam schluckte hart und eine ungewisse Angst kroch seine Kehle hoch.

Er dachte nach, versuchte, sich zu erinnern, wie es dazu gekommen war, dass er nun hier lag und entsann sich, dass er gestern mit Ashley weg gewesen war.

Sein Herz schlug unregelmäßiger.

„Ash?“ flüsterte er leise, doch wie erwartet, gab die Dunkelheit keinen Ton von sich.

War es möglich, dass er gestern Nacht mit zu ihr gefahren war?

„Shaye!“ sagte er leise und richtete sich mit einem Ruck so schnell auf, sein Kopf den Eindruck machte, er müsse jeden Moment abfallen, damit Sam den Schmerzen entgehen konnte.

Er legte die Hand sanft an seine Stirn und atmete tief durch, um sich zu beruhigen „Oh man.“
 

Vorsichtig drehte er sich um und ertastete den Schalter der Lampe, welche oberhalb des Bettes stehen sollte.

Als er ihn gefunden hatte, erklang ein starres Schnurren in seinem Ohr.

„Thomas?“

Sam schaltete das Licht ein.

Es war so hell, er musste die Augen zu kneifen.

„Thomas, was machst du bei Ashley?“

flüsterte Sam und schob seine Hand vor, um den Kater zu ertasten, spürte stattdessen jedoch nackte, seidige Haut.
 

Er öffnete die Augen und als sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, blickte er in dass blasse, friedliche Gesicht von seinem Cousin aus Deutschland.

Sein T-Shirt war hochgerutscht und entblößte Shayes Bauch.

Thomas hatte seine sieben Kilo Muskelmasse quer auf Shaye verteilt und sah so aus, als würde der kleine Junge unter dem großen Kater versinken.

Doch Shaye hatte seinen Arm um die Katze gelegt, den anderen unter seinen Kopf angewinkelt und für Sam gab es das schönste Bild ab, welches er jemals gesehen hatte.

„Oh Shaye“, flüsterte der Blonde, er beugte sich vor und strich sanft über Shayes Wange. Sie war leicht gerötet.
 

Dann regte er sich und Sam schreckte zurück.

Shaye drehte seinen Kopf leicht, dann strich er Thomas über den Kopf und bevor er die Augen vorsichtig öffnete, hustete er leicht.

„du bist wach“, sagte er leise und rieb sich mit einer Hand das rechte Auge.

Sam nickte vorsichtig: „Du auch...“ und er befürchtete, dass wenn er Shaye noch geweckt hatte, dieser schon wach war und seine überfriedliche, fast liebkosende Geste voll mitbekommen hatte.

Sein Puls stieg in die Höhe.

„Ja, ich bekomm' keine Luft mehr.“ flüsterte Shaye und sah nun sanft zu Sam auf.

Soviel Emotion in einem Gesichtsausdruck war Sam nicht von Shaye gewöhnt, doch vermutete er, dass es an der Tageszeit lag und daran, dass er irgendwie noch halb zu schlafen schien. Oder schon.
 

„Er ist auch nicht gerade leicht“, sagte Sam, als er sich wieder aufrichtete und nach seinem Kater griff, der trotz des Positionswechsel weiter fröhlich und vorallem laut schnurrte.

Als er unter Thomas' Bauch fasste, strichen seine Finger sanft Shayes blasse Haut und Sams Herz hüpfte fröhlich im Takt des Schnurrens auf.

„Danke“, flüsterte Shaye und drehte seinen verspannten Körper, nun ganz zu Sam gewandt.
 

„I...ist dir kalt?“

und schon war es Sam, der stotterte, ging es hierbei doch um Shaye Kirsch. Seinen Cousin aus dem fernen Osten, den er doch so lang nicht mehr gesehen hatte und den er aus ganzem Herzen liebte.

Doch so sehr er sich nach Shaye sehnte, und das schon sein ganzes Leben, befürchtete er dennoch, dass es nicht richtig war, ihn zu lieben.

Doch für Moral hatte er noch genug Zeit, wenn Shaye wieder abgereist war. Bis dahin wollte er so viel Zeit wie es möglich war mit Shaye und ganz nah bei Shaye verbringen.

„Ja, ein bisschen.“

flüsterte Shaye, seine Augen schon längst wieder geschlossen, seinen Kopf gemütlich in das rote Kissen vergraben umschlang er seinen dürren, kleinen Körper mit seinen ebenso dürren, kleinen Armen.
 

Sam griff nach kurzem Umsehen nach der Bettdecke, welche am Fuß des Bettes auf den Boden gefallen war, und schüttelte sie leicht auf.

Shaye zuckte leicht zusammen und ließ Sam so ahnen, dass er schon wieder, zumindest fast, eingeschlafen sein musste.

Der Kater beobachtete schnurrend, wie Sam um Shaye herum krabbelte, die Decke auf ihnen ausbreitete und sich dann hinter den Kleineren legte, so dicht an ihn, dass Sam Shayes Geruch wahrnahm.

Er vergrub sein Gesicht in Shayes weiches Haar und legte, legte den Arm um ihn und positionierte seine Hand auf Shayes Brust, welche er fast ganz einnahm.

Sein Herz schlug schnell und aufgeregt.

Und Shayes auch.

Mit dem Duft von Mandel und Vanille in der Nase und dem Gefühl eminenter Zufriedenheit überkam ihn erneut die Müdigkeit und er schlief bis vier Uhr am nächsten Tag durch.

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„Ich komm morgen und bring den Wagen zurück. Sag Sam, er soll mir nicht böse sein!“ sagte Ashley, drehte sich dann um und im nächsten Augenblick war der Cobalt schon um die Straßenecke gebogen.

Er hätte sein Auto, und egal, ob es ein Chevrolet oder Ford war, wahrscheinlich niemals auch nur irgendwem überlassen, wenn es auch nur für eine Nacht war, doch Sam konnte sich ob seiner zeitigen Situation schlicht weg nicht dagegen wehren, dass seine Freundin mit seinem Cobalt davon fuhr.

Der Blonde hing über Shayes Schultern, konnte selbst kaum die Füße auf den Boden setzten und roch entsetzlich nach Alkohol.

„Na komm schon“, sagte Shaye leise, eher zu sich selbst als zu Sam und trat den Weg zur Haustür an.

„Shaye“, Sam kicherte und hob den Kopf. Seine Augen waren blutunterlaufen, rot geschwollen und Sabber lief ihm den Mundwinkel herunter.

Er hob die Hand und wollte sich über das Gesicht wischen, schaffte es jedoch nicht, seine Hand auch nur in die Nähe davon zu bugsieren.

„Widerlich bist du.“

Sagte Shaye und schloss mühevoll die Haustür auf, darauf bedacht, dass Sam nicht umkippte und dass sie nicht zu viel Lärm machten, um ihre Eltern nicht zu wecken.

„Ja, ischweiß.“ lallte Sam und kicherte wieder.

Als Shaye es geschafft hatte und die Tür nun offen stand, wendete er sich wieder seinem nichtsnutzigem Cousin zu, der gerade und überlegen vor ihm stand und so ernst, wie es ihm mit dem Gruselgesicht möglich war, auf Shaye hinab blickte.

„Was ist?“ fragte Shaye unsicher, seine Stimme klang jedoch autoritär.

„Shaye Kirsch“, sagte Sam langsam und deutlich.

„Ja?“

„Wie kannst du dich nur mit so einem Vollidioten wie mir abgeben?“

Sam sah weg, senkte den Kopf und schritt an Shaye vorbei ins Haus.

„Ich hab ja gar keine Wahl“, flüsterte Shaye, folgte Sam, der sich schon die Treppe hinauf schleppte, und schloss die Tür hinter sich.

Als er Sam erreicht hatte, der gerade die dritte Stufe erklimmen wollte, nahm er wieder seinen Arm und legte ihn auf seine eigenen, schmalen Schultern „komm, ich helf' dir!“

„Tudas!“
 

Sie stolperten ungeschickt in Sams Zimmer, als dieser sein gesamtes Gewicht auf Shaye zu verlagern versuchte und fielen unsanft und Shayes Meinung nach etwas zu laut auf den Boden.

„Tschuldigung“, nuschelte Sam und robbte in die Richtung seines Bettes.

Sein Cousin rollte nur mit den Augen, beugte sich vor und schloss vorsichtig die Tür, bevor er Sam dabei beobachtete, wie er, halb im Bett, halb auf dem Boden liegend, wieder eingeschlafen war.

Manifest genervt ging er zum Bett hinüber und setzte sich neben Sams Kopf, beobachtete ihn eine Weile.

Sie roten Wangen, die blonden Haarsträhnen vor seinen wunderschönen, geschlossenen Augen.

Dann beugte er sich vor und griff Sam unter die Arme und zog ihn hoch ins Bett, auf ihn selbst drauf.

„menno“, nuschelte Sam, öffnete kurz die Augen und lächelte zufrieden, als er Shayes Gesicht unter seinem erblickte, Shayes Brust unter seiner spürte und sein Knie, unbewegt, zwischen Shayes Beinen ruhte.

„Ichhabsalsodoch geschaffft“ murmelte er und legte seinen Kopf neben Shayes.

„Was?“

Sein Atem ging schnell und sein Puls raste. Wie so oft.

„Ichhab dich dochnoch abgeschleppt.“

„Was?“

Dieses mal klang seine Stimme etwas geschockt, empört.

Shaye drehte sich um und Sam rollte von ihm herunter. Er öffnete wieder die Augen und schlang seine Arme um Shayes Taille.

„Geh nicht. Bitte geh nicht!“

Seine Augen waren glasig. Shaye sah tief in ihnen hinein und diese Bitte schrie zurück. „Bleib noch. Shaye Chéri!“ Flüsterte Sam und er zwang sich, die Augen offen zu halten, obwohl es ihm offenbar schwer fiel.

Shaye, der diese Bitte niemals hätte ausschlagen können, nickte.

„Danke“, hauchte Sam, und seine Augen schlossen sich.

„Danke“, er kuschelte seinen Kopf in Shayes Brust und war kurz später schon eingeschlafen.
 


 

Der Kater schnurrte, wie immer.

Vögel zwitscherten vor dem geschlossenen Fenster.

Ein Staubsauger lärmte im unteren Stockwerk.

Shaye war warm. Sein Haar klebte auf seiner Stirn und in seinen Mundwinkeln.

Und sein Hals war so trocken, dass sogar das Schlucken weh tat.

Der Staubsauger hatte aufgegeben und Kats Stimme drang an sein Ohr: „Jungs?“

Sie rief von unten.

Sam knurrte.

Shaye schlug die Augen auf und bemühte sich, die Nähe des Anderen zu spüren.

Sams Arm umfasste Shayes Körper, lag in seiner Taille, die Hand flach auf seine Brust gedrückt.

Mit einem Mal begann sein Herz zu rasen.

Und er wurde steif, wagte es nicht, sich zu bewegen.

Der Drang, aufzustehen und zu schreien, kam auf. Der Wunsch nach noch mehr, nach Wärme und Liebe, breitete sich aus.

Und dann klopfte es an der Tür.

„Sammy?“

sagte Kats Stimme klar und laut.

Er hörte Sam schlucken und der Druck seiner Hand auf Shayes Brust wurde fester.

Dann schlug Sam die Bettdecke über Shayes Kopf, dieser rollte sich zusammen und Sam beugte sich etwas über ihn.

Die Tür wurde geöffnet und Shaye spürte, wie Sam den Kopf wandte.

„Du schläft immer noch?“

Ihre Stimme klang spielerisch empört, Sam brummte nur.

„Schüler muss man sein. Komm, steh auf!“

Die Schritte kamen näher, Shaye hörte auf, zu atmen und sein Puls raste noch schneller, als sowieso schon.

„Ich habe gekocht. Shannon hat eine Überraschung für euch.“

Sam brummte erneut.

Dann setzte sie sich auf die Bettkante und Sam zuckte leicht zusammen.

„Geht's dir nicht gut? Zu viel gesoffen gestern Nacht?“

Er nickte.

„Und Shaye?“

Sam drehte sich etwas von Shaye weg und nuschelte irgendetwas unverständliches.

„Na gut. In einer halben Stunde in der Küche, okay?“

Sie stand auf.

„Dann werd' ich mal Shaye wecken.“
 

Dieser schluckte hart unter der warmen Decke in Sams Armen. Sams starken, warmen Armen.

Als die Tür ins Schloss fiel, streckte er sich und atmete tief durch, als sein Gesicht von der Decke befreit wurde.

Sams Herz raste. Seins auch.

„Abgefahren“, krächzte er, wagte es immer noch nicht, sich zu bewegen. Auch Sam hinter ihm lag still dar, seine Brust noch an Shayes Rücken gepresst.
 

„Abgefahren“, wiederholte der Blonde und senkte sein Gesicht, sodass Shayes Haare seine Wangen kitzelten.

„Wir sollten aufstehen“, flüsterte er. Atmete tief ein. Drückte Shaye etwas näher an sich.

Und war sehr zufrieden und glücklich.
 

Anders als Shaye, der verkrampft und verunsichert in Sams Umarmung lag.

Es genoss und dennoch vor Angst fast einging.

„Tut mir Leid, Shaye“, sagte Sam, dann löste er sich von seinem Cousin und stand auf.

„Was?“ flüsterte Shaye, doch Sam hörte ihn nicht, ließ ihn allein in diesem Bett, in diesem Zimmer liegen.
 


 

„Und das glaubst du wirklich?“

Shannons Stimme klang ehrlich interessiert und Shaye machte auf der Treppe halt, beugte sich etwas vor und hielt den Atem an, um dem Gespräch besser folgen zu können.

„Ja. Also bei ihm, es ist irgendwie... ich weiß es nicht. Ich hab' es einfach im Gefühl.“
 

Shaye beugte sich noch weiter vor „über was redet ihr? Über wen? Kommt schon...“ flüsterte er leise der Wand entgegen, als Sam von hinten die Treppe runter gestapft kam und Shaye auf die Schulter klopfte, der darauf hin fast das Gleichgewicht verlor.

„Nicht über dich!“ antwortete der Blonde und grinste breit, Shaye fühlte sich peinlich berührt und wusste nicht, was er sagen sollte.

Er doch nicht.

„Guten Morgen mein Junge“, erklang nun Kats Stimme, Shaye hatte gar nicht gemerkt, dass Sam schon in die Küche vor gegangen war.

„Morgen Mom...Dad...Shannon...“ sagte er und klang aufrichtig fröhlich und so, als würde er sich um nichts in der Welt Gedanken machen.

Anders als Shaye, der sich sicher bis auf die Knochen ausgezogen fühlen würde, würde er die Küche betreten.

In seinem paranoiden Kopf wussten sie es. Seine Mutter wusste, dass er gestern Wednis Hand gehalten hatte, seine Tante wusste, dass er sie gestern geküsst hatte und sein Onkel wusste, dass er die Nacht gemeinsam mit Sam verbracht hatte.

Shayes Herz raste.

„Wo ist Shaye, Sam? Ich war in seinem Zimmer doch da war er nicht.“

Fragte nun Kat und Shaye konnte seine Mutter nicken hören.

„Keine Ahnung“, log Sam.

„Ich hab was für euch“, erklang noch Shannons Stimme und es raschelte.
 

„Für uns? Uns beide? Was kann das denn sein?“
 

Es folgte Stille und Shaye beschloss, nun zu ihnen gehen zu müssen, atmete tief durch um sich zu beruhigen und trat von der Treppe, schob die Tür auf und fühlte sich in dieser Situation unangenehm vertraut, als sich vier Köpfe ihm zuwendeten und ihn so durch dringlich anstarrten, dass er glaubte, sie wüssten im Nu alles über Shaye.

„Morgen, Shaye“, Shannon war es, die die Stille als erstes unterbrach.

„M...morgen....Mama“, nuschelte er leise und trat vor um sich neben sie an den Tisch setzten zu können.

„Na, gut geschlafen?“ lächelte Kat und stellte ihn einen Teller mit Pommes und Erbsen hin.
 

„Oh, bevor ich es wieder vergesse“, Shannon griff in ihre Hosentasche und nahm zwei Faltprodukte hervor, welche er Sam, der zu ihrer rechten saß, in die Hand drückte.

„Was ist das?“ fragte dieser gespannt, Shaye jedoch ahnte schon, worum es sich handelte und seine Ahnung wurde sogleich von Sam bestätigt, der begeistert aufsprang und die Karten in seiner Hand anstarrte.

„Wahnsinn. VIP-Karten für das Hale-Bopp Konzert in Oklahoma City“ begeistert sah er auf, erst zu Shannon, dann zu Shaye und letzendlich zu Kat, als diese, weniger Begeisterung, den Standort anprangerte: „Oklahoma City? Wie sollen die Jungs denn da hin kommen?“

„Mit dem Auto, Mom!“ Antwortete Sam, noch immer sehr enthusiastisch und starrte schon wieder die Konzertkarten in seinen Händen an.

„Na gut, und wie willst du wieder zurück kommen, wenn du dich wieder bis ins Koma säufst?“

Dieses mal klang Kat weniger gespielt als ernst empört.

„Taxi?“

„Von Oklahoma bis hier her“, sie verdrehte ihre Augen und räumte ihren Teller vom Tisch ab.

„Ich kann euch abholen“, beteiligte sich nun Perry an dem Gespräch, der bis dahin nur zugehört hatte.

„Du musst doch arbeiten“, widersprach seine Frau und sah ihn mitleidig an.

„Ach Kat, sie freuen sich doch.“
 

Sie schwieg, beugte sich vor und stellte eine Schüssel mit Erdbeeren auf den Tisch.

„Shaye, ein paar Erdbeeren vielleicht?“ sagte sie, als sie bemerkte, dass der Junge sein Mittagessen nicht angerührt hatte.

Er schüttelte jedoch nur den Kopf.

„Nein, nein danke, i...ich mag keine Erdbeeren!“

Beach Volleyball

„Oh. Hi!“

Shaye hob den Kopf und blinzelte der großen Gestalt entgegen, welche sich vor ihm aufbaute und im Licht der Sonne noch bedrohlicher Aussah, als sonst schon.

„Hey, Shaye“, sagte er und ließ sich neben den dünnen Jungen auf die grüne Wiese nieder.

„Hey. Jay.“ antwortete dieser schüchtern, richtete sich von seinem Badetuch auf, sodass er saß und versuchte, den Anderen nicht nervös und ängstlich an zustarren.

„Was ist? Kommst du mit?“

„Was? Wohin?“ entgegnete er und fühlte sich immer unbehaglicher in Jays Gegenwart.

Er hörte Sam irgendwie nach Hilfe rufen, aber die Schreie gingen in seinem Gelächter unter und Ashley und Wendi kreischten schrill. Shayes Herz hüpfe.

„Wir wollen Volleyball spielen auf dem Feld da drüben“, Jay deutete mit dem Kopf in die Richtung, in welcher ein schwarzes Netz über eine Sandfläche gespannt war.

„Beachvolleyball?“ fragte Shaye „aber ihr seid schon sechs. Mehr braucht ihr doch gar nicht. Um... das zu spielen, mein ich!“

Stellte Shaye fest, wurde beim Sprechen aber immer leiser, da Jay sich zu ihm hinüber gebeugt hatte und es bedrohlich danach aussah, als wolle er seine Prankengroße Hand auf die eigene, kleine Schulter legen.

„Je mehr Leute wir haben, um so lustiger ist es, nicht wahr? Außerdem hat Ellen Angst vor Bällen und will nicht mitspielen.“

Er lächelte ihn auf eine merkwürdig sanfte Art an, dass Shaye ganz kribbelig in den Händen und im Bauch wurde.
 

Der Himmel war so blau wie das Wasser in den Schwimmbecken des Freibads, in das Sam seinen Lichtscheuen Cousin geschleppt hatte und die Sonne, welche hoch oben am Himmel stand, prallte ihre dürre Hitze auf die Jugendlichen hinab und nahm dabei keine Rücksicht auf Shaye oder seine blasse Haut, welche er um keine Umstände verfärbt haben wollte.
 

„Ich... muss vielleicht erst noch eine rauchen“, antwortete Shaye schnell und leise, beugte sich zu seiner Tasche runter und griff nach einer Zigarette.

„Noch eine?“ Jay klang überrascht „du bist siebzehn und stirbst wahrscheinlich noch diese Woche an Lungenkrebs“, er nickte zu Shayes umfunktionierten Aschenbecher – eine gefaltete Zeitung – der, so wie alle von Shayes Aschenbechern, überquoll mit Zigarettenstummeln und Asche und Kaugummipapierchen.

„Ja. Von mir aus“, nuschelte der Junge, als er versuchte, mit seinem leeren Feuerzeug seine Zigarette anzuzünden, und es ihm dank einer kleinen, letzten Flamme dann auch gelang.

Sein Gesicht entspannte sich deutlich und mit voller Genuss nahm er den ersten Zug, inhalierte ihn tief in seine schwarzen Lungen, bevor er mit genauso viel Zufriedenheit den Dunst in den klaren, blauen Himmel schickte.

Sein Herzschlag normalisierte sich sofort und er öffnete die mit Wohlgefallen geschlossenen Augen wieder, um in Jays von blonden Strähnen umrahmtes Gesicht schauen zu können.

Er starrte ihn scheinbar Minutenlang einfach nur ausdruckslos an, dann grinste er und erhob sich vom grünen Rasen „Du bist echt'n Freak.“

Jay hielt Shaye seine Hand entgegen um ihn vom Boden aufzuhelfen.

Shaye griff sie und wurde sogleich mit einem so mächtigen Ruck auf die Beine gezerrt, dass ihm die Zigarette aus dem Mund rutschte und zwischen zwei Gänseblümchen auf der Wiese landete.

„Ops, tschuldigung, man“, Jay schlug Shaye auf die Schulter „du bist echt leicht, hab mich auf mehr Gewicht eingestellt!“

Der Blonde hockte sich hin um die Zigarette aufheben zu können, schritt näher an Shaye heran und steckte sie vorsichtig wieder zwischen seine sanften, blassen Lippen.

Dann lachte er, drehte sich um und lief zum Schwimmbecken, in welches er mit einer gewaltigen Arschbombe hinein sprang.

Die Mädchen schimpften und Sam lachte herzhaft.
 

„Die sind doch alle bekloppt“, nuschelte Shaye zu sich selbst, nahm die Zigarette aus seinem Mund und hustete den Rauch in die frische Luft, während er sich mit der freien Hand seine enge, schwarze Jeans abklopfte.

„Chéri. Du willst doch nicht so mit uns spielen?“

Shaye blickte auf und sah Sam auf sich zu kommen. Wasser perlte von seinen nassen Haaren auf seine schmale Schultern und die Wassertropfen aus seiner nackten Brust reflektierten das Sonnenlicht in alle Richtungen.

Shaye hielt den Atem so fest an, wie er die Zigarette zwischen seinem Mittel- und Zeigefinger hielt und hielt in seiner Bewegung inne.

„Was bist du überhaupt, dass du im Schwimmbad die ganze Zeit auf deinem Arsch hockst – unter einem Baum – und nicht zu uns ins Wasser kommst?“

„Was?“ Shaye entspannte seine Haltung, bemerkte dennoch nicht, dass seine Hand in einem merkwürdig rechten Winkel von seinem Körper abgeknickt seine Zigarette hielt und dadurch äußerst belustigend aussah.

„Ja, was. Hast du irgendwie Angst vor Wasser oder Sonne oder so?“
 

Sam hatte den Weg erfolgreich zurück gelegt und stand jetzt direkt vor Shaye, dessen Herz ihn wieder daran erinnerte, dass seine Hormone übermäßig viel Noradrenalin durch seine Venen fließen lies, die Hände an die Hüften gelegt und sah ihn mit schiefen Blick an.
 

„Zieh dich aus“
 

Dieser Satz aus Sams Mund erschien Shaye so suspekt, dass er kurzweilig glaubte, er hätte sich das eingebildet, zu lang im Freien verbracht, die Sonnenstrahlen hätten ihn durch die dichte Krone des Baumes erreicht und ausgeknockt und das alles würde er nur träumen.
 

„Was?“

„Ich sagte, zieh dich aus. Beach Volleyball spielt man nicht in Jeans.“

„A...aber“, Shaye wollte sich rechtfertigen und verteidigen, doch sein Hals schien zu trocken, seine Kehle zu geschnürt, kein Wort kam aus ihm heraus.

Er sah bloß hoch in das Gesicht dieses Jungen, außer Stande, sich zu bewegen und wusste nicht, was er tun sollte.
 

„Sam. Cherry!“

Klang es aus der Ferne und Sams Blick wand sich ab zum Spielfeld, wo sich Ashley, Wendi und Jay schon positioniert hatten.

Auch Shaye sah zu ihnen hinüber und erblickte das kleine, schwarzhaarige Mädchen, welches lächelnd hinüber winkte.

Er drehte sich weg und nahm einen langen, tiefen Zug seiner Zigarette.

„Komm Schon“, Sam lachte gehässig, als er näher an Shaye herantrat und den letzten Raum zwischen den beiden schloss.

Shaye hielt den Atem an, starrte hinauf in Sams Gesicht und war sich nun absolut sicher, zu träumen.

Er spürte Sams Herz rasen und sein Puls passte sich dem an.

Dann fühlte Shaye Sams Finger an seinem Rücken, wie sie den Saum seines schwarzen T-Shirts griffen und hastig sein Kreuz hinauffuhren, das T-Shirt mit sich zogen.

Er fuhr über Shayes Nacken, dieser beugte sich vor und Sam zog das Shirt über Shayes Kopf. Der fand sein Atem wieder, hustete den Zigarettenrauch aus und stand nun da, vollkommen verwirrt, starrte seinen Cousin an und fühlte sich vor der ganzen Welt entblößt.
 

„Du meinte Güte, Schneewittchen“, Sam lachte, ließ Shayes Shirt in die Wiese fallen und lief zu den anderen, die auf dem Spielfeld schon begonnen hatten, sich gegenseitig den Volleyball zu zuwerfen.

„Sonne tut dir nicht schlecht!“ Rief er ihm noch zu, dann drehte er sich um und stieß zu den anderen, fing gerade einen Ball ab, der an Ashley gehen sollte.
 

„Die sind alle irre hier!“ murmelte Shaye, während er aus seinen Stoffschuhen schlüpfte und sich die Socken von den Füßen strich.

„Vollkommen durchgeknallt. Alle miteinander!“
 

Nachdem Sam Shaye gebeten hatte, nicht zu gehen in jener Nacht und Shaye neben Sam eingeschlafen war; und Sam verhindert hatte, dass seine Mutter ihn in seinem Bett schlafen sah, hatte Sam kein Wort mehr darüber ausgesprochen, ihm kein einziges mal mehr das Gefühl gegeben, von ihm begehrt zu werden, und das verwirrte Shaye.

Zumindest war es ihm so vorgekommen, als hätte Sam jede nur mögliche Gelegenheit genutzt, Shaye nahe zu sein, doch schien es seit der vergangenen Woche eher so, als wolle er ihm nicht zu nahe kommen.

Was unter Umständen daran wohl lag, dass sie fast jeden Tag mit Ashley und Wendi und dem großen, baseballspielenden Jay und seiner Schwester Ellen und diesem wirklich kleinen, aber nicht kleiner als Shaye selbst, Jungen namens Will verbracht hatten und es schien Shaye gerade so, als nehme Sam eine andere Rolle in deren Gegenwart an.

Oder in seiner eigenen?

Es war, als wäre er nicht er selbst.

Wenn sie mit den anderen unterwegs waren.

Oder wenn sie allein waren.

Doch hatte Ashley zunehmend mehr Zeit verlangt, sodass Shaye und Sam kaum Zeit füreinander hatten. Und Shaye wusste nicht, wie er das finden sollte.

Denn er hatte Angst. Vor seinen Gefühlen für Sam, das Herzrasen und der womöglichen Erkenntnis von etwas schlimmeren, größeren.

Und vor Sam.

Wahrscheinlich vor der ersten Situation, Sam könne ihm zu nahe kommen, und vor der zweiten Situation, Sam könne und wolle eben das nicht tun.

Alles in allem, Shaye war verwirrt.

Von Sam, seinem Cousin. Von sich selbst, dem kleinen, schwarzhaarigen Mädchen mit den Mandelaugen, das ihm munter zuwinkte und Jay.
 

„Chéri!“

Sams Stimme war wie immer enthusiastisch und voller Freude, Ashley hingegen klang auf ihre arrogante Art und Weise misstrauisch: „Lila!“

„Was?“

„Du trägt Lila?“

„Offensichtlich?“

„Knalllilafarbende Badeshorts. Eine nette Abwechslung, toll, Chéri, solltest du öfters tragen, lila steht dir, schön, gut, aus ende, jetzt lasst uns spielen!“

Sam schob Shaye schnell und hastig auf seine Position und lief dann unter dem Netz zu seiner eigenen, im Team mit Ashley und Will, dem kleinen Jungen mit dem wilden, zauseligem Haar; Shaye durfte mit der winzigen Wendi und dem riesigen Jay zusammen versuchen, Bälle über das hohe Netz zu pritschen.
 

In der warmen Sonne fühlte sich Shaye noch unwohler, als er es halbnackt sowieso schon tat, im heißen Sand des Volleyballfelds und Sam, nicht mehr Kleider am Leib, nur wenige Meter vor ihm: als er den Ball aufschlug, kam es ihnen so vor, als täte er es nur für Shaye.

Und Wendi hinter ihm, er fühlte sich merkwürdig nackt geguckt von ihr, was vielleicht daran lag, dass sie ihn so offensichtlich anschmachtete.

Zumindest fühlte es sich in seinem Nacken so an.
 

„Aus!“

Rief Jay hinter ihm und Shaye drehte sich um, um zu begreifen, was geschehen war, Sam hatte den Ball offensichtlich viel zu weit geschlagen und Shaye sah Jay nur noch davon sprinten, um den pinkgrüngelben Volleyball zurück zuholen, der einige Meter entfernt über die grüne Wiese rollte.

„Das ist nicht aus, das ist ein Punkt für uns!“

Entgegnete Ashley scharf und wie immer ohne jegliche Art von Frohsinn, sondern beißend und gallig.

Sie hatte ganz und gar das genervte Erscheinungsbild eines arroganten Erwachsenen inmitten von einem Haufen von Grundschulkindern, wahrscheinlich fühlte sie sich auch so, irgendwie weiter und erwachsener als ihre kindischen Freunde.

So hatte sie schon in jeder Nacht beim Schokoladeneisessen gewirkt und würde es wahrscheinlich auch bis in alle Ewigkeit tun.
 

Jay kam zum Spielfeld zurück und wartete nicht lange, dass alle auf ihren Positionen waren, sondern schlug den Ball sofort und hart auf und Shaye war augenblicklich froh, nicht in der anderen Mannschaft zu sein, denn es schien so, als könne die Wucht von Jays Schlägen einen Elefanten ermorden.

Er drehte sich um und bemerkte einen leichten Schwindel, der ihm aus den Füßen in den Kopf stieg und er musste kurz die Augen schließen.

Als er sie wieder öffnete und erwartete, Sams dunkelblondes Haar zu erkennen, sah er lediglich die verschwommenen Umrisse von Will, die nach und nach klarer wurden.

„Abgefahrn'“, murmelte er leise und sah auf.

Das „Shaye!“ seiten Wendis und das „Cherry!“ von Jay kamen zu spät bei ihm an. Im nächsten Moment verdeckte ein pinkgrüngelbes Objekt die Sonne, kam so schnell auf Shaye zu geflogen, dass er es nicht realisieren konnte und im darauf folgendem Augenblick war es schwarz.

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„Dabei wollte ich sowieso nicht spielen! Ich mag Bälle doch gar nicht.“

„Ich weiß!“

„Und Ashley hasst mich.“

„Das glaube ich nicht.“

„Und Wendi ist auch ganz komisch!“

„Die macht dich ganz schön heftig an. Jay auch!“

„Jay?“

„Ja.“

„Jay?

Wer bist du überhaupt?

Hallo?“

„Niemand! Du musst jetzt gehen.“

„Wohin?“

„Bis zum nächsten Mal, Shaye Kirsch!“
 

Ein bohrender Schmerz zog sich vom Hinterkopf durch das Gesicht in den Hals und endete im Magen als dubiose Übelkeit, welche hingegen den Hals wieder hinauf kroch.

Shaye würgte.

Hob seinen Oberkörper an und drehte sich zur Seite, eher er sich übergab und die Übelkeit somit von sich gab. Zumindest anfänglich und einen Teil.

„Shaye?“

Die Stimme klang jung, erwachsen und besorgt.

Er seufzte schwerfällig, fühlte sich aber nicht dazu bereit, die Augen zu öffnen, sondern ließ sich wieder auf den Rücken fallen, bemerkte dabei, wie unbequem hart die Unterfläche war und dass sein Kopf ebenso unbequem hart auf ihr aufschlug – der Kopf schrie und fluchte und rächte die unsanfte Behandlung mit stechendem Schmerz.

„Bist du wach?“

Ich wäre es lieber nicht, dachte er, fühlte sich aber nicht dazu, ihr zu antworten.

Stattdessen hob er seine Hand und legte sie vorsichtig auf seine Stirn.

„Geht es dir gut? Bist du OK?“

Er nickte, drehte dann den Kopf in ihre Richtung und öffnete bedacht die Augen.

Die Sonne leuchtete nach wie vor hell am strahlenden, blauen Himmel und der Lichtstrom im Auge tat für einen Moment weh.

Als wenn nicht schon genug weh tun würde.

„Ach du meine Güte, ich hab mir Sorgen gemacht. Gut, dass du wieder da bist!“

Wendi beugte sich vor und legte ihren Kopf neben Shayes. Ihr Herz klopfte laut und schnell und Shayes Puls war versucht, sich ihrem anzupassen; doch bevor das Geschah, lehnte sie sich wieder zurück, drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und lächelte den Jungen mit soviel Gutmütigkeit an, dass er glaubte, sie sei ein Engel und er tot; solange, bis sich die Übelkeit und der Schmerz im Kopf zurückmeldeten.

„Wo war ich überhaupt?“

Fragte er leise und versuchte, wie so oft, sich an Vergangenes zu erinnern.

„Sams Ball hat dich ausgeknockt, eben, auf dem Volleyballfeld da drüben!“ Sie nickte in die Richtung.

„Sam? Wo ist er?“

„Er, Ash und Jay sind... sie rufen einen Krankenwagen.“

„Wieso?“

„Du bist umgekippt!?“ Sagte eine andere Stimme spöttisch, Shaye drehte den Kopf und erblickte Ellen, die ihrem Bruder erstaunlich ähnlich sah, sodass er im ersten Augenblick dachte, sie wäre Jay.

„Ja, aber“, nuschelte er und strich sich vorsichtig über sein Gesicht.

„Ich hol sie zurück“, sagte Ellen schließlich und richtete sich auf.
 

„Du bist das Highlight des Tages hier“, lächelte Wendi und sah ihm dabei scheu an, nicht sicher, ob ihn das amüsieren oder verletzen würde, was sie gesagt hatte.

„Passiert.“ murmelte Shaye und schloss wieder die Augen.

Die Übelkeit in seinem Magen ließ langsam nach und der beißende Schmerz im Hinterkopf verflüchtigte sich, sodass er bald aufstehen und normal weiterleben konnte, ohne auch nur den Verdacht zu erregen, dass etwas passiert wäre.
 

Oder?
 

Shaye seufzte schwer.

Dann hörte er Sams Stimme nach ihm rufen spürte, wie der dünne Junge angerannt kam und sich mit einem Satz auf Shaye stürzte, seine Arme um ihn schlang und ihn sehr fest an sich drückte.

„Meine Fresse, hast du mich erschreckt!“ sagte er dabei und klang deutlich erleichtert.

„Mach das niemals wieder“, nuschelte er dann noch in Shayes Ohr, sodass sie anderen es nicht hören konnten.

Dann fing er sich, ließ Shaye los, der konnte wieder atmen – weil Sam mit seinen starken Armen nicht mehr Shayes grazile Brust so fest zudrückte, dass Atmen nicht möglich war, und weil sein Herzschlag, der gegen die Enge versucht hatte zu kämpfen, und wegen Sams Nähe hatte sich beschleunigen müssen und so das Atmen blockierte – und sah in sein Gesicht.

Shaye war noch verwirrt und durcheinander, sah aber die kranke Sorge in Sams Augen und fühlte sich augenblicklich schuldig und wollte alles wieder gut machen, war sogar versucht, Sam in die Arme zu nehmen, ihn zu drücken und zu streicheln; doch er tat es nicht.
 

„Komm mit“, Sam stand vom Boden auf und griff sich Shayes umliegende Kleidung, sein schwarzes T-Shirt mit dem Cash-Schriftzug, die schwarze Levis-Jeans und sein grünes Badetuch „ich fahre dich ins Spital.“

„Was? Nein?“ erwiderte Shaye, richtete sich ebenfalls auf und ließ sich von Jay, dieses mal weniger schwungvoll, auf die Beine ziehen.

Er fühlte sich nicht mehr benommen und die Übelkeit war weg, der Schmerz nur noch als verschleiertes Phantom irgendwo hinten in seinem Kopf und er hatte seine natürliche Gesichtsfarbe zurück erlangt, die sich zwar nicht deutlich von der vorherigen, aber dennoch etwas, abhob.

„Doch. Zieh dich an.“ Sams Stimme klang restriktiv, so, wie er aussah; autoritär und noch ein wenig besorgt.

Shaye nahm das T-Shirt, welches Sam ihn entgegen hielt und zog es sich über den Kopf, strich es auf seinem Bauch glatt und schüttelte den Kopf: „Das ist wirklich nicht nötig!“

Auch er klang kräftig und größer, als er aussah, und Sams aufrechte, verkrampfte Haltung entspannte sich ein wenig und seine Gesichtszüge wurden etwas weicher „Wirklich?“

„Lass... uns einfach nach Hause fahren“, sagte Shaye, sank den Blick ein wenig und sah dann Wendi an, die noch immer besorgt drein schaute und Jay, der auch etwas beunruhigt wirkte.

„Na gut.“

Sam gab Shaye seine restlichen Sachen zurück, nahm seinen eigenen Rucksack – er hatte sich Schuhe und Shirt schon längst wieder angezogen – und sah Jay entschuldigend an, sagte aber kein Wort, keine Geste, drehte sich einfach um und ging zum Ausgang. Nicht einmal zu Ashley sagte er etwas.

„Ähm. Man sieht sich“, flüsterte Shaye und lief dann los, um Sam ein zu holen.
 

„Warte kurz.“

Sam warf seinen Rucksack zu Shayes Handtuch auf die Rückbank des Autos und drehte sich, um noch mal weg zu gehen.
 


 

„Und ich bin der Bezwinger des Seeungeheuers von Coldwater Lake“, rief Sam und lief über die grüne Wiese zum Ufer des Sees, schmiss dabei seine Hände in die Höhe und stieß einen Kampfschrei aus.

„Ich bin das Monster, mich kannst du nicht bezwingen!“ antwortete Shaye und lief dem Jungen hinterher.

„Sammy, Shaye, nicht zu weit!“ klang die besorgte Stimme von Shannon hinterher, doch die Jungen schienen sie nicht zu hören, oder nicht darauf zu achten und ließen sich in ihrem Spiel nicht stören.

Sie sah ihnen mit einem Lächeln auf den Lippen und etwas Sorgen in den Augen hinterher, bevor sie von ihrem Mann am Arm gepackt und zu ihn gezogen wurde: „Du machst dir zu viel Sorgen. Es sind Kinder!“ Er beugte sich zu ihr runter und drückte Shannon einen leichten Kuss auf die Lippen.

„Hm“, seufzte sie und legte ihren Arm in seine Taille, sah ihn an und fühlte sich etwas leichter.

„Kinder schlagen sich die Knie auf. Du hast selbst als Kind hier gespielt!“

sagte Alexander, als er versuchte, die junge Mutter etwas zu beruhigen.

„Ich weiß“, flüsterte sie, legte ihren Kopf auf seine Brust und hörte für einen Augenblick nur seinen Herzschlag.

Sie entspannte sich, schloss die Augen und versuchte, sich daran zu erinnern, dass sie als Kind immer Spaß hatte und dass ihr nie etwas passiert war am See.

Dann hörte sie Sam schreien, ein ängstliches Schreien: „Shannon! Shannon! Komm her!“

Hektisch wand sie sich von Alexander ab um zu sehen, was passiert war, erblickte Sam, der auf sie zu gelaufen kam und ihren Sohn, der regungslos im Gras am Ufer des Sees lag.

„Oh mein Gott“, flüsterte sie, stieß sich von Alexander ab und lief los. Ihr Herz wurde immer schneller und immer mehr Befürchtungen sammelten sich in ihrem Hinterkopf.

Ihre Finger begannen, zu zittern, als sie sich auf die Wiese warf und ihren Sohn in die Arme nahm, zu sich auf die Knie zog und leicht rüttelte: „Shaye. Oh mein Gott, Shaye, wach auf!“

Sie drückte ihn fester an sich, fühlte sich hilflos und war voller Angst.
 

Sam klammerte sich an Alexanders Bein und zitterte am ganzen Körper.

Der Mann stand da, stützte sein Kinn auf seine Hand und konnte aufgebrachter nicht sein, doch verbarg seine Besorgnis, um den kleinen Jungen zu beruhigen.

Seine Frau redete mit einem Arzt.

Und sein kleiner Sohn lag dort im Krankenhausbett. Er schlief.

Sein Atem ging ruhig, die kleine Brust hob und senkte sich gleichmäßig und seine kleinen Finger zuckten hin und wieder.

„Muss Shaye sterben?“ unterbrach Sam ihr Schweigen, er sah zu seinem Onkel aus verweinten, roten Augen auf.

Alexander sah zu ihn hinab und wollte selbst nicht daran denken, hoffte es nicht und beugte sich vor, um Sam auf seinen Arm zu nehmen.

„Shaye muss nicht sterben!“ sagte er zu ihm und sowohl der Junge als auch er selbst schienen dadurch beruhigter.

Alexander schloss kurz die Augen und atmete durch, als Sam sich in seinen Armen wand und laut: „Daddy!“ rief.

Perry kam auf ihn zugeeilt, nahm Sam und schloss ihn selbst in eine Umarmung.

„Perry“, nuschelte der junge Mann und seufzte noch mal erleichtert auf und er fühlte sich gleich sicherer.

„Alex, alles klar?“ Perry klopfte seinem Schwager aufmunternd auf die Schulter, der nickte: „Ja, alles in Ordnung. Shannon ist grade beim Arzt, da...“

in dem Moment trat Shannon aus dem Krankenzimmer vor, sie sah zu ihrem großen Bruder auf und lächelte. Sie lächelte erleichtert, schloss ihn in eine kurze Umarmung, bevor sie ihre Arme um Alexanders Hals legte und ihn einen Kuss auf die Lippen drückte.

„Sie haben ihm Traubenzucker gegeben“, begann sie zu erläutern „es war nur... nichts schlimmes. Sein Blutdruck ist so niedrig, hat der Arzt gesagt, das passiert schon mal. Er soll nur immer gut essen. Obst, weißt du? Traubenzucker.“

Sie seufzte erleichtert.

„Er hat gesagt, das sich das legen muss. Mit dem Blutdruck, mein ich, wenn er älter wird.“
 


 

„Shaye!“

Der dunkelhaarige Junge erschrak, als Sam gegen das Fenster der Beifahrertür seines Autos klopfe und ihn durch die Scheibe hindurch anlächelte.

„Man“, brummte der, hielt sich die Hand an die Brust.

Sam öffnete die Autotür und hielt seinem Cousin eine runde, rosarote Verpackung vor die Nase „hier, für dich.“

„Was ist das?“

Shaye nahm sie entgegen, sie fühlte sich kalt und feucht an.

Sam lachte nur, schlug die Tür wieder zu, lief um sein Auto herum und stieg auf der anderen Seite wieder ein.

„Ben &Jerry's“, Shaye sah sich den Becher an und schmunzelte leicht.

Der Blonde grinste ihn breit an, als er den Motor startete: „Erdbeereis!“

Shaye musste lachen.

Und freute sich.

„Du bist auch so ein Vollidiot, Shaye Chéri. Hast du das denn nicht gemerkt? Das du den ganzen Tag nichts gegessen hast?“

Schuldbewusst blickte Shaye sein Eis an. Seine Lieblingseissorte, seit der denken konnte und wahrscheinlich das einzige, wirklich einzige Genussmittel, welches er in Massen und eigentlich immer und ständig essen konnte.

Und er fühlte sich erleichtert, und freute sich, dass Sam diese Tatsache, diesen Fakt, nicht vergessen hatte.

„Jetzt iss dein Eis. Und wenn wir zu Hause sind, ist's aufgegessen!“ sagte Sam, klang spielerisch streng und Shaye fühlte sich der Anweisung nicht rebellisch zu widersetzten

„Wenn du wusstest... was war, wieso wolltest du mich ins Krankenhaus haben?“
 

Sam zuckte die Schultern und fuhr vom Parkplatz des Schwimmbads und ordnete sich im geringen Verkehr ein. Dann sah er zu seinem Cousin „Ich hab da nicht wirklich dran gedacht. Ich dachte, das hätte aufgehört, mit dem Umkippen.“

Shaye nickte, er öffnete den Eisbecher und betrachtete das rosafarbene Glace.

Er wollte zum Sprechen ansetzten. Doch dann entschied er sich, nichts zu sagen.

Lieber das nicht zu sagen, dass Sam recht hatte und dass Shaye dieses Leiden aus seiner Kindheit schon sehr lange nicht mehr erlebt hatte.

Sollte er seinem Cousin unnötig Sorgen bereiten?

Listen to your heart

„Und du willst wirklich nicht mit?“ Shannon stand im Türrahmen, eine Handtasche in der Hand haltend und sah ihren Sohn mitleidig an.

„Nein“ war die knappe Antwort. Shaye saß am Schreibtisch, hämmerte hin und wieder auf der Tastatur des weißen Laptops und starrte den Bildschirm gebannt an.

„Aber ich hab gesagt, dass“, begann sie, wurde aber von Shaye unterbrochen, der sie dennoch nicht ansah: „Ihr habt mich schon gezwungen, hierher zu kommen. Ohne mich zu fragen. Und außerdem“, er klappte den Laptop zu, drehte sich zu ihr hin und starrte emotionslos in ihre braunen Augen „ist Sam grade wunderbar dabei, mich zu sozialisieren.“ Er schwieg kurz, bevor er fort fuhr: „Wenn ihr alle weg seid, kommen heute Abend ein paar Freunde vorbei und wollen Alkohol verwirtschaften!“

Er sprach unheimlich ernst und hielt seine grade Haltung und das angespannte Gesicht „verrat' Kat und Perry das nicht.“
 

Seine Mutter zuckte die Schultern, griff die Tasche in ihrer Hand fester und nickte: „Alles klar“, sie ging auf ihren Sohn zu, beugte sich runter und drückte ihm ungefragt einen fahrigen Kuss auf die Wange „vergiss nicht, genug zu essen. Sam achtete darauf.“
 

Genervt verdrehte er die Augen, drehte sich wieder zum Computer und begann schnell, etwas ein zutippen „Ich bin doch kein Kind, ey!“

„Denk nur dran“, seine Mutter verließ das Zimmer und verschwand dann mit einem „Pass auf dich auf. Und auf Sam!“ aus seinem Sichtfeld.

Perry und sie flogen mit Kat über das Wochenende zu ihren Eltern nach Los Angeles, wo sonst auch sollte sich Steven Meyer aufhalten, und Shaye hatte noch weniger Interesse daran, bei seinem Großvater über die noch nicht öffentlichen Skandale und den neusten Musikproduktionen der berühmtesten Musiker informiert zu werden, was ihn herzlich wenig interessierte, als später am Abend sich die ganze Clique beim Wettgehirnzellenzerstören anzuschauen.
 

Sam hatte von der älteren Schwester von Ashley eine Flasche Sobieski Vodka organisiert und da die Truppe schon vom leichten Miller Bier Höhenflüge erreichte, wollte Shaye gar nicht wissen, was Wodka bei ihnen auslösen würde und vermutete, dass er, würde er später am Abend in die Küche gehen, würde er nicht nur Kats geschmolzenes Schokoladeneis vorfinden, sondern auch sechs Schnapsleichen, kurz vorm Ins-Koma-fallen.
 

Auch, wenn er seiner Mutter gesagt hatte, und diese glaubte, er würde sich mit Sams Freunden amüsieren, entschied er sich letztendlich dazu, sich weiterhin mit Sara zu unterhalten. Über das Internet.

Sie, ihrerseits vierzehn Jahre jung, hatte Shaye gefunden und ihm erläutert, sie sei eine der Mädchen aus seiner zukünftigen Klasse und wolle sich gleich schon mal in den Ferien bekannt machen, damit er es danach nicht so schwierig haben würde, in die neue Klasse integriert zu werden; so, als Neuer.

Zuerst hatte Shaye darüber gelacht, später sich aber daran entsinnt, wie es beim ersten mal in der fünften Klasse war, als er „der Neue“ war und entschied sich deshalb, so etwas wie eine soziale Beziehung zu dem Mädchen auf zubauen, was darin endete, dass er und sie den halben Tag und den ganzen Abend vor ihren Bildschirmen saßen und sich mit dem Internet Messenger Nachrichten zu kommen ließen.

Sie redeten über alles, über die Schule, die Lehrer, die Stadt, ihre Ferien, ihre Hausaufgaben, den Französischkurs, Katzen und darüber hinaus vergaß Shaye seinen Cousin und Ashley, Jay und seine Schwester Ellen, den kleinen Will, der irgendwie nie dazu passten und so schien, als wolle er nur irgendwie dazu gehören und die hübsche Wendi: seine selbsternannte Ferienliebe.

Die so stark nicht sein konnte, dachte Shaye, verwarf den Gedanken aber und antwortete Sara auf die Frage, wo genau er wohnen würde, als es plötzlich an der Tür klopfte und er so sehr aufschreckte, dass er sich an die Brust fassen musste, um sich zu beruhigen.
 

Er klappte seinen Laptop zu und wand sich zur Tür, als diese sich einen Spalt öffnete und Wendis schwarzen Haare sich zeigten.

„Shaye Chéri“, sagte sie und kicherte. Sie stieß die Tür ganz auf, betrat den Raum und trat mit dem Fuß die Tür wieder zu.

Sie hielt ihren Arm vor sich ausgestreckt und balancierte eine rosafarbende Plastikschale in der Hand.

„Erdbeereis“, flüsterte sie, als sie auf ihn zu kam und dabei zwei mal beinahe über ihre eigenen Füße stolperte.

Als sie nah genug dran war, und das war wirklich nicht sehr nah, konnte Shaye schon ihren Sobieski-Orangensaftatem riechen und in ihm verzog es sich.

„Sam hatgesagt, dassu das magst. Und duhast nichtsgegessen, hatter gesagt.“

Shaye nickte vorsichtig und nahm ihr die Schale ab, als sie in Reichweite war.

„Okay“, nuschelte er, stellte die Schüssel auf den Schreibtisch und beäugte das malaysische Mädchen, das vor ihm stand und eine ihrer Haarsträhne immer und immer wieder um den Finger wickelte.

„Ist alles klar bei dir?“ fragte er und lachte innerlich über die Wortwahl.

„sicher nicht“, beantworte er die Frage leise, als sich das Mädchen vorbeugte und ihm einen leichten Kuss auf die Lippen hauchte.

„Wendi, nicht, du stinkst schrecklich“, sagte er und wollte sie von sich weg schieben, doch obwohl sie klein und zierlich und stark angetrunken – eigentlich lange betrunken – war, ließ sie das nicht zu.

„Och nicht doch“, kicherte sie und drückte Shaye in den Stuhl zurück. Dann beugte sie sich zu seinem Gesicht und presste ihre Lippen auf seine.

Nach anfänglicher Scheu entspannte er sich und ließ es zu.

Ließ sie sich auf seine Beine setzten.

Ließ das leidenschaftliche Zungenspiel zu.

Schmeckte den Wodka. Den Orangensaft. Und sie.
 

Dann löste sie sich von ihm, stützte sich an der Stuhllehne ab und lächelte ihn spitz an.

„Oh, ähm, was...“ murmelte Shaye, doch ihr Zeigefinger legte sich auf seine Lippen und er schwieg.

Dann stieg sie von seinem Schoss, packte doch sein schwarzes T-Shirt mit dem grauen „Carhatt“ Schriftzug und zog ihn hoch auf die Beine.

Konfus von ihrem Tatendrang gelang es Shaye nicht, etwas zu sagen, oder sich zu wehren, wusste er ja nicht einmal so genau, was auf ihn zu kam... ahnte es jedoch und wollte sich nicht wehren.

Shayes Herz schlug schnell im gleichmäßigen Takt zu seinem Atem.

Sie stellte sich auf sie Zehenspitzen und küsste ihn erneut, drehte ihn und sich um und drückte ihn dann auf das weiche Bett mit den zwanzig Kissen und zwölf Decken.

Thomas, der bis dahin alles nur desinteressiert beobachtet hatte, floh schnell ins angrenzende Badezimmer.
 

Sie löste sich wieder von seinen Lippen, um seinen Hals zu küssen. Ihre Hände fanden ihren Weg unter das T-Shirt, zogen den Saum mit in die Richtung seines Gesichts, welches auch ihre Lippen wieder gefunden hatten.

Kurz ließ sie von ihm ab, entfernte ohne Mühe das T-Shirt und betrachtete lüstern die zarte Brust und den einfallenden Bauch, der heftig auf und ab bebte.

Mit ihren langen Fingern fuhr sie sie Abzeichnungen seiner Rippen in der Haut nach, und er bekam eine Gänsehaut.
 

Und das Erdbeereis zerfloss.
 


 

„Hör genau hin“

„Wohin?“

„Hör, was du getan hast.“

„Ich liebe sie!“

„Da sind wir uns nicht sicher.“

„Wer seid ihr?“
 

Leises, gleichmäßiges Atmen drang an sein Ohr.

Lachen drang durch die Wände.

Es war dunkel, als Shaye die Augen aufschlug.

Das Fenster war geöffnet, nur eine Grille zirpte von irgendwo.

Shaye streckte sich vorsichtig, bevor er sich entsann.

Erschrocken drehte er sich um und erblickte sie.

Ihr schwarzes Haar klebte an ihrer Stirn.

Ihre Finger zuckten hin und wieder und ihr Atem ging gleichmäßig, fünf Atemzüge, setzte dann für einen Atemzug aus und ging weiter.

Sie sah grässlich aus, ihre Augen waren blutunterlaufen, ihre Fingernägel abgekaut und ihre Lippen waren vom Küssen geschwollen.
 

Vorsichtig tastete er über seinen eigenen Mund.

Der fühlte sich normal an.
 

Er schluckte hart und in seiner Brust brannte es.
 

Vorsichtig richtete Shaye sich vom Bett auf, zog sich an, griff nach den Zigaretten und verließ leise das Zimmer.

Das Lachen kam aus Sams Zimmer. Und es war Ashley, die lachte.

Ein Schauer lief über seinen Rücken, als er an sie dachte.

Und an Sam.

Das tat ihm im Herzen weh.

Schnell nahm er wieder seinen Weg die Treppe runter ein.

Er eilte vorn raus auf die Veranda und stellte sich etwas ungeschickt an, als er versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden.

Als es ihm beim vierten Versuch gelang, nahm er einen so tiefen Zug, als hätte er Tagelang keine mehr geraucht und entspannte sich zunehmend, offensichtlich und schnell.

„Jeez“, flüsterte er und atmete tief durch.

Genoss die Stille, das Zirpen der Grille und die leichte Brise, die die sommerliche Nachtluft um seine Nase wirbelte.
 

„Anstrengende Nacht, was?“

Die tiefe Stimme ertönte so plötzlich, dass Shaye sich, wie so oft, erschreckte und die Zigarette fallen ließ.

Er presste die Hand an seine Brust und drehte sich zur Hollywoodschaukel um.

Jays blondes Haar strahlte im fahlen Mondlicht und Shaye konnte ein liebliches Lächeln hören.

„Meine Fresse“, flüsterte Shaye, als er sich hin hockte um die Zigarette aufzuheben.

Gleich nahm er einen neuen, tiefen Zug und ließ es auf sich wirken.

„Wenn du mich fragst, Cherry, ein halbes Glas Sobieski, mehr brauch ein Mann nicht. Wenn ich nur an Wendi denke...“

Shaye seufzte und ließ sich neben ihn nieder. Die Bank unter ihnen knarrte in die Sommernacht hinaus.

Er nahm einen Zug von seiner Zigarette.

„Ich liebe sie“, flüsterte er und wunderte sich sogleich, wieso er das gesagt hatte.

Nervös blickte er zu Jay auf, um festzustellen, ob er ihn gehört hatte.

Jay sah ihn nicht, starrte bloß auf einen entfernten Punkt, irgendwo in seinem Kopf drin, schien zu träumen, doch dann regte er sich.

Sein schwerer Arm legte sich auf Shayes Schultern und er brummte: „Das glaub' ich nicht.“
 

Dann sah Jay ihn an.
 

„Was?“

„Ich kenne dich nicht und weiß nichts von dir.“ sagte er und sah ihn eindringlich an, doch er lächelte. Seine Augen wirkten glasig.

„In der Tat tust du das nicht“, sagte Shaye, ungefähr drei Tonlagen höher, als seine Stimme eigentlich war, weil der große, blonde Footballspieler mit dem Wodkaatem (schmerzhaft kam die Erinnerung an Wendi und Sam (Wieso Sam?) in ihm hoch) sehr einschüchternd war und Shaye Angst machte.

„Eins wusste ich von Anfang an, Shaye Kirsche.“

„Kirsch“, nuschelte der Schwarzhaarige leise, doch Jay konnte es nicht hören.

„Du bist ein Linewalker. Und du liebst SIE ganz gewiss nicht.“
 

Er lehnte sich zurück, ließ von Shaye ab und sah auf zur Decke der Veranda.

Zusammen gekauert und höchst verwirrt starrte Shaye ihn noch aus seinen großen, feuchten Augen an und schien wie erstarrt.

Erst, als die Asche von seiner Zigarette, bedingt durch die Anziehungskraft der Erde, sich nicht mehr an der Zigarette halten konnte und herab fiel und direkt auf seiner Hand landete und durch die Hitze einen kurzen aber intensiven Schmerz an der Stelle auslöste, kam Shaye zu sich.

„Was redest du...“, sagte er leise und seine Stimme klang brüchig.

Jay lachte laut und herzlich „Shaye. Shaye Cherry. Chéri. Ich kenne solche wie dich.“

„Wie mich?“

„Ich hab's von Anfang an gewusst. Du“, er sah ihn wieder an, machte eine kreisende Bewegung mit der Hand „du versuchst bloß, dieses unbekannte Gefühl irgendwie zu deuten und deshalb redest du dir ein, dass du Wendi liebst.“

Jay hielt inne, sah Shaye kurz musternd an, schien abzuschätzen, wie sehr er Shaye verwirrt hatte. Was er noch sagen müsse, um Shaye die Augen zu öffnen. Ob er noch sagen dürfe, was er unbedingt noch sagen wollte.

„Jeder, der nicht blöd oder zu stur ist, sieht doch diese Anspannung zwischen dir und Sam.“

„Was zur Hölle redest du da für ein Blödsinn?“

Ertappt und gleichzeitig empört gewann Shaye etwas an Mut, er richtete sich auf der Schaukel auf und fühlte sich kurz groß und stark, wirkte neben Jay trotzdem klein und mickrig, und nur kurz später schlich sich das hilflose Gefühl zurück in seinen Hinterkopf.

Erst recht, als Jay sich zu Shaye runter beugte. Fast starr vor Angst konnte Shaye sich nicht bewegen, er verkrampfte sich und hielt sich an den Sitzkissen auf der Bank fest.

Als Jays Lippen seine berührten, schloss er die Augen, ganz von allein und genoss den befangenen, zarten Kuss dieses Jungen.

Dieses Jungen.
 

Shaye schluckte hart.

Er löste sich, ließ die Sitzkissen los und drückte Jay von sich.

„Toll, wie du mit deiner Sexualität umgehst“, sagte er, klang dabei jedoch ziemlich bestürzt und irgendwie verstört.

Er stand auf, seine Knie zitterten, und ging zur Tür. Er wollte gehen. Er wollte weg sein. Einfach verschwinden. Jay nie wieder ansehen.

Als er die Tür öffnete, hielt seine Stimme ihn jedoch nochmal zurück

„Hör auf dein Herz.“

sagte er.

Shaye senkte den Blick. Atmete tief durch.

Dann ging er rein.
 

Er hörte Sam im Wohnzimmer lachen.
 

Und er spürte sein Herz hüpfen.
 

„Hör auf dein Herz?“ flüsterte er, legte seine Hand auf die Brust und schüttelte verwirrt den Kopf.

„Was sagt es denn?“
 

„Shaye Cherry“, sagte eine Stimme, und ein Arm legte sich auf seine Schultern und ein Druck zog ihn mit ins Wohnzimmer.

Sam und Will saßen auf dem Teppich und um sie herum lagen CDs, verstreut über den ganzen Boden und die Neueinspielung von Jonny Cashs „I walk the line“ von Cosmos Soul Theory, eine Musikgruppe, die Shayes Mutter produzierte, ertönte laut aus den Boxen der Surroundanlage.

Unter den harten Bassklängen vibrierte der Staub auf den Regalen, Shayes Brust und der Boden unter den Füßen fühlte sich merkwürdig kribbelig an.

Ellen hatte Shaye los gelassen, der jedoch achtete nicht mehr auf sie.

Er hatte etwas entdeckt, was seine Aufmerksamkeit voll und ganz beanspruchte.

Langsam ging er auf den CD-Haufen zu und fixierte dabei diese eine Plastikhülle.

Auf dem Titelbild war ein Klavier zu erkennen, auf dessen einer Taste eine intensiv rote Kirsche mit grünem Stängel lag.

Er hockte sich hin und zog die CD unter einer anderen hervor, sah sie sich an und lächelte, unbemerkt.

„Baby Chéri?“

sagte Sam, beugte sich zu Shaye vor und griff nach der CD, um sie aus Shayes Hand zu reißen.

„Mein Lieblingslied.“ Sam öffnete die CD Hülle vorsichtig, nahm die rote CD ebenso vorsichtig heraus und platzierte sie, nachdem er mit der anderen Hand I walk the Line aus dem CD-Player entfernt hatte, dort hinein.

Shaye hielt den Atem an, als sich das CD-Werk schloss und der Player begann, sie zu lesen.

Dann ertönten die ersten Klänge vom schönsten Lied der Welt, sanftes Klaviespiel, darauf setzte Schlagzeug und Gitarre ein und die bekannte Melodie erklang bald in ihren Ohren.

„Ich glaub ich habs noch nie in echt gehört, nur von dir, glaub ich.“ sagte nun Will, der wie gebannt auf den CD-Player starrte.

„Schönes Lied, ists wert, es original zu kenn'.“ antwortete Sam, der wie gebannt Shaye anstarrte. Der starrte zurück.

Und hörte auf sein Herz.
 

“I've found a treasure

and it bears your name

so beautiful and precious

and you can't pay it with the money of the world
 

The first time ever

I saw your face

I thought the sun rose in your eyes

I could watch you

the whole night

watch you sleep

listen to your breath
 

When looking at you

I can't believe that someone like me

deserves something so beautiful like you, Chéri
 

I love you like the stars above.

I love you until I die.

You're the best that ever happened to me. Chéri
 

Baby Chéri“

Love does not end where Morality begins

„Ein Sobieski für Shaye“, sagte Shaye laut und griff nach der halb leeren Flasche, die auf dem Wohzimmerstisch stand und unter Baby Chéris Bassklängen vibrierte.

Er ließ sich keinen Becher von Ellen geben, sondern setzte die Flasche direkt so am Mund an und ließ die Flüssigkeit in sein Hals laufen.

„Chéri, nicht“, rief Sam, doch beobachtete er seinen Cousin ehrfürchtig, als er gleich mehrere Schlucke hintereinander nahm, dann die Flasche wieder absetzte, sich kurz krümmte, die Augen zu kniff und sich leicht schüttelte.

Dann sah er Sam an, lächelte und sagte: „Heut' wird gefeiert!“
 


 

Es war warm.

Viel zu warm.

Doch er konnte sich nicht bewegen. Die Arme waren zu schwer, der Kopf brummte wütend und das Schnarchen raubte ihm den letzten Nerv.

„Ashley“, nuschelte Sam und versuchte mit viel Mühe und Kraft, sich um zudrehen.

Als er die Augen öffnete, sah er Will, steif auf dem Boden liegend. Für einen kurzen Augenblick zuckte der Gedanke, Will sei tot, durch Sams Kopf, doch bald beruhigte er sich, als Will sich leicht regte.

Dann bemerkte er den Arm, der sich um seine Taille geschlungen hatte, und der so schwer auf seinem Rücken lag, dass es nicht Ashleys Arm hätte sein können.

„Wir sollten nicht mehr trinken“, murmelte Sam und schlug die Decke beiseite, unter der er so sehr schwitze, obwohl er nichts weiter als seine Shorts und Socken trug.

Kleine, blonde Härchen auf den Arm verrieten ihm, dass es Jays war.

Genervt seufzte Sam auf, schob den Arm von sich runter und richtete sich auf, nicht, ohne einen kurzen, aber eindringlichen Kopfschmerz zu erfahren.

Als er sich entspannte und die Augen sich an das dunkle Licht im Zimmer gewöhnt hatten, erspähte er seinen Kater, der zusammengerollt neben Jay auf der Decke lag, seine Ohren zuckten neugierig in Sams Richtung.

„Morgen Thomas“, brummte Sam und beugte sich über Jay, um die Katze kurz zu kraulen, als er bemerkte, dass sie sich verdächtig auf und ab bewegte.

Er betastete vorsichtig die Decke neben dem Tier und bemerkte, dass dort noch jemand in seinem Bett lag und schlief.

War das Ashley?

Er griff die feuchte Bettdecke und zog die ein Stück zur Seite, sodass sich bald ein schwarzer Haarschopf zu erkennen gab.

„Oh man, Chéri“, sagte Sam, sah Shayes rotes Gesicht mitleidig an und tätschelte sanft seinen Kopf.

„Du bist so hardcore“, sprach Sam eher zu sich als zu seinem Cousin und erinnerte sich an letzte Nacht, in der er und seine fünf Freunde sich mit einer halben Flasche Wodka und drei Miller Biere das Gehirn weg gesprängt hatten, wo Shaye den gesamten Rest Sobieski, die ganze halbe Flasche, alleine leerte. Und das ohne Orangensaft.
 

Jay regte sich, er presste sich mehr an Shaye, drückte den kleinen Körper enger an sich, wodurch dieser zuerst ein gequältes Geräusch von sich gab, dann hustete und sich dann verstört in Jays Arm umdrehte.

„Alles klar?“ fragte Sam leise, war sich aber nicht sicher, ob Shaye wach war und ihn hörte.

Doch er hatte Glück.

„Mh. mh.“ Shaye schüttelte, so gut er es im liegen konnte, den Kopf und drückte sich von Jay weg, der den Griff um Shayes Körper lockerte und  genüsslich auf seufzte.
 

„Warte, ich helf dir“, sagte Sam leise und griff unter Thomas Bauch, um ihn hoch zuheben, damit Shaye von seinem Gewicht befreit wieder atmen konnte.

„Was ist passiert?“ fragte Shaye leise und kaum verständlich, richtete sich dabei halb auf und sah Sam verschlafen aus Blutunterlaufenen Augen an.

„Ich weiß nicht.“ antwortete der und ließ sich, gezwungen von seinem Kopfschmerz, wieder in sein Kissen fallen, schaute Shaye doch weiterhin an und fühlte sich unsagbar glücklich.

Mit ihm in einem Bett aufzuwachen war ein Traum, den er immer wieder geträumt hatte.

Jahrelang.

Er hätte sich vielleicht einige andere Umstände gewünscht, doch er wusste, dass das für ihn fürimmer ein Traum bleiben würde.

Und so lebte er mit aller Kraft das, was er mit Shaye leben durfte, so intensiv aus, wie es ihm möglich war. Und er traute sich nicht, es ihm einfach zusagen.
 

Mit Ashley war alles einfacher.

Sie waren vierzehn, als Ashley ihn geküsst hatte und ihm gesagt hatte, dass er mehr war. Für sie.

Und sie waren sechzehn, als Sam sich innerlich so sehr zerriss, weil er sich so sehr nach jemanden sehnte, den er niemals haben konnte, dass er sich auf sie einließ, um von ihm abzulenken.

Von den kleinen, dünnen Shaye.
 

Und dann kam er einfach wieder.

Sechs Jahre nach ihrem letzten Abschied, kein Wünschenswerter war das gewesen, tauchte er wieder hier auf. Und hatte sich nicht verändert.

Klein und dünn, blass wie Tom Cruise  in Interview mit einem Vampir und so nervös in jeglicher Gegenwart, wie kurz vor der praktischen Fahrprüfung.

Nur nicht in seiner.

Und das war schon immer so.

Sie waren Freunde fürs Leben, das hatten sie sich geschworen, und trotz der Entfernung, der Jahrelangen Abstinenz und der unangenehmen Ereignisse bei Shayes letzten Besuch sollte sich das nicht geändert haben.

Und Freunde fürs Leben war das höchste, was Sam von seiner einzigen großen Liebe je bekommen konnte und damit wollte er so zufrieden sein, wie er nur konnte.
 

„Wieso....“, sagte Shaye und blinzelte zu Sam „was ist passiert?“ Dabei zog der die Decke zu seinem Kinn und kuschelte den Kopf auf das Kissen.

„Ich erinnere mich nicht“, gab Sam zu, und ergänzte „Das Zeug ist evil, wir sollten bei Bier bleiben.“

Genervt schloss er die Augen und massierte kurz seine Schläfen.

Dann sah er Shaye wieder an.

Die schwarzen Fransen, die auf seinem Gesicht lagen.

Die grünen, funkelnden Augen, die das Licht widerspiegelten.

Die leicht geröteten Wangen von der Wärme.

Die rosafarbenen Lippen, die leicht angefeuchtet waren.

Wie sehr er Wendi beneidete, die diese Lippen schon geküsst haben durfte.
 

Dann streckte sich der riesige Jay, der zwischen ihnen lag, und Sam schreckte aus seinen Gedanken auf.

Er sah Jay an, der die braunen Augen zuerst zusammen kniff, während er sich in die Länge zog, sie dann öffnete. Zuerst zuckten die verwirrt, dann fixierten sie Sams Augen und Jay lächelte.

Er gähnt herzhaft, dann kraulte er Sam am Ohr, der die Hand verwirrt wieder weg schlug, und sagte dann: „Guten Morgen, Ladys.“

Jay drehte den Kopf zu Shaye, der sich wieder aufgerichtet hatte und die Bettdecke fest an sich drückte, und lächelte auch ihn liebevoll an.

„Morgen“, nuschelte Jay, hob seinen Kopf und drückte Shaye einen Kuss auf die Wange.

Dann richtete er sich vom Bett auf, dabei fiel die Decke von ihm herunter und zeigte Shaye und Sam den wunderbaren Anblick von Jays durch trainierten, starken Hintern.
 

Doch das verwirrte Sam viel weniger, als der Kuss, den Jay seinem, jawohl seinem! Shaye gegeben hatte. Einfach so. Ohne ein Wort.

Nachdem Jay über Will gestolpert war, der das aber nicht mitbekommen hatte und weiter auf dem Boden seinen Rausch aus schlief, schüttelte Sam unbeholfen den Kopf.

„Was war das denn?“ fragte er, richtete sie so auf, dass er im Bett saß und auf Shaye hinunter blickte.

„Ich weiß nicht“, flüsterte Shaye, wirkte aber weit weniger geschockt, als Sam selbst – obwohl Sam angenommen hatte, dass Shaye, der zurückgezogene Shaye, sein Cousin, dass grade er aus allen Laken hätte fallen müssen.

„Wieso war Jay nackt?“ fragte Sam weiter und beugte misstrauisch die Decke, die Shaye oberhalb seiner Brust fest klammerte.
 

„Bist du... hat er... seid ihr... wo ist Wendi?“

stammelte Sam verwirrt und wusste nicht, was er denken, glauben oder wissen sollte und plötzlich fühlte er sich unglaublich unwohl in seiner Haut. In seiner Brust zerrte es, und sein wunderbares Weltbild und sein unerfüllbarer Traum schienen dahin zu schmelzen wie Erdbeereis.

Sam griff sich eines der Kissen und hielt es sich vor die Brust. Er wollte nicht, dass Shaye ihn so sah.

Er fühlte sich betrogen von ihm.
 

„Hm, ich weiß nicht“, sagte nun Shaye und setzte sich ebenfalls auf.

„ich erinnere mich nicht“, er schloss die Augen und legte den Kopf in seine Hand „an gar nichts.“

Dann schüttelte er den Kopf, sah wieder zu Sam auf und sein Blick war voller Reue.

So intensiv, dass sich Sam gleich schämte, jemals wütend auf Shaye gewesen zu sein.

Er seufzte, stand dann vom Bett auf und zog sich ein frisches T-Shirt aus seinem Schrank (auch er wäre fast über Will gestolpert) über, warf auch Shaye eines zu und ging runter in die Küche, nachdem er Shaye erklärt hatte, jetzt erstmal frühstücken zu müssen.
 

Ashley stand schon da und schüttete sich grade ein Glas Wasser ein.

„Oh, Sam“, sagte sie, zeigte ihm dann die weiße Pille, bevor sie sie schluckte und einen Schluck Wasser hinterher nahm.

„Aspirin“, erklärte sie und schritt dann auf Sam zu, wollte ihn umarmen, ihn küssen, doch Sam fühlte sich nicht, dass tun zu wollen.

Er schob sie von sich und deutete ihr, ihn nicht mehr zu berühren.

„Mir ist schlecht“, log er sie an, doch in Wahrheit konnte er sie nicht mehr berühren, ohne, dass seine Brust schmerze und er an Shaye dachte.
 

Er nahm die Glaskanne aus dem Kafeeautomaten und befüllte sie mit Leitungswasser, während er Ashleys musternden Blick im Rücken spürte.

„Sammy.“

Das war Jays Stimme.

„Hast du dich noch amüsiert?“

Sie klang stichelnd.

Sam stellte die Kaffeekanne wieder in den Automaten und schaltete den roten Knopf um.

Der leuchtete auf und Sam war seinem Kaffee etwas näher, den er brauchte, um den Morgen zu verdauen und seine Erinnerungen an vergangenen Abend wieder an die Oberfläche zu holen.

Seufzend drehte er sich um und sah Jay böse an.

Doch er lächelte nur.

Mittlerweile hatte er sich gottseidank etwas angezogen und präsentierte nicht mehr der ganzen Sippe seine wunderbare Pracht, die gewiss nicht dem eines Klisscheefootballspielers entsprach.

Und die Shaye hoffentlich auch nicht kennen gelernt hatte, durchzuckte es Sams Kopf.

Der Gedanke an Shaye ließ ihm zu Kühlschrank gehen und das Erdbeereis heraus nehmen, welches er extra nur für Shaye gekauft hatte, nachdem ihm wieder eingefallen war, dass Shaye dieses Zeug so sehr liebte, wie er Shaye liebte.

Nur, dass Shaye sein Erdbeereis haben durfte.
 

„Nagut“, murmelte Ashley, sie klopfte leicht Sams Schulter und sagte: „Hoffentlich geht’s dir bald besser.  Ich geh jetzt nach Hause“, sie lächelte Sam an und verließ dann die Küche. „Willst du nicht hier bleiben?“ rief ihr Jay hinterher, doch sie antwortete nur mit einem geseufzten: „Um euch Volltrottel noch mal die Kotze aus dem Gesicht zu wischen?“ dann schlug sie die Haustür zu und die Stille schwieg Jay und Sam an.

Und dass machte Sam irgendwie nervös.

Jay, der sich mit Kats selbstgebackenen Schokoladenkeksen am Küchentisch vergnügte, sah Sam beim Knabbern anzüglich an und das machte den noch nervöser.

„Sag mal, hattest du gestern Sex oder was?“ fragte der nun, dem Jays strahlendes, glückliches Gesicht in Zusammenhang mit dem Gedanke an Shaye, der auch nackt oben in seinem Zimmer war, neben Jay, verstörte.

„Na, müsstest du doch wissen“, sagte Jay und klang dabei so ernst, dass Sam für einen kurzen Moment die Luft anhielt.

„Was?“

„Oh, du erinnerst dich nicht mehr an gestern?“

„Was soll dass den bedeuten?“ Sams Kopf musste so rot wie eine Tomate sein, so warm fühlte es sich an.

„Schade, dabei hatte ich dich so hübsch aufgeklärt“, Jay biss ein riesen Stück von seinem Keks ab.

„Wir... du und ich haben doch nicht....“, verstört zeigte Sam zwischen Jay und ihm hin und her.
 

Dass Jay schwul war, dass wusste Sam schon eine Weile.

Jay hatte es ihm damals selbst gesagt, nüchtern, und gebeten, dass für sich zu behalten. Und Sam hatte Jay gebeten, ihn dafür niemals an zufassen.

Sie hatten darüber gelacht, doch jetzt erschien Sam diese Bitte unglaublich wichtig und alles andere als lustig gewesen zu sein.
 

Jay ließ von seinem Keks ab und schüttelte nun den Kopf, sein Gesichtsausdruck nahm ernstzunehmendere Gestalt an, als das schnippische Grinsen.

„Niemand hatte gestern mit irgendwem Sex“, erklärte er.

Erleichtert atmete Sam aus und setzte sich zu Jay an den Tisch, seinen Kaffee vollkommen vergessen.

„Zum Glück.“ unbemerkt lächelte er.

„Ich werde dir Shaye nicht weg nehmen. Oder ihm dich.“ nickte Jay entschlossen und schob dann den Rest des Keks' in seinen Mund.

„Danke“, nuschelte Sam verträumt, dann sah er misstrauisch auf, doch ehe er seine Frage stellen konnte und alles abstreiten konnte, was er abstreiten wollte, nickte Jay nur mit geschlossenen Augen und sagte: „Natürlich hab ich gemerkt, wie geil du auf deinen kleinen Cousin bist, du Perversling.“

Die Anmerkung konnte er sich ja jetzt nicht sparen.

„und glaub mir, bei Shaye ist da auch was im Busch. Verqueere Family seid ihr. Alle schwul und fickt euch gegenseitig.“

Er biss in einen weiteren Keks.

Sam verdrehte nur die Augen, stand dann auf und nahm den fertig gebrühten Kaffee, welchen er sich in in seine blaue Tasse schüttete.

„Ich bin nicht schwul, Jaidyn, ich bin mit Ash zusammen.“

„Aus dem gleichen Grund, wieso Shaye mit Wendi rummacht.“

„Wirklich nicht, ich interessiere mich bestimmt nicht für Jungs.“

„Du verzehrst dich nach Shaye.“

Sam räusperte sich, aber wusste nicht, was er sagen sollte.

„Weißt du Sam, bei der Liebe geht es nicht um das Geschlecht. Oder obs Familie ist. Wahre Liebe ist so stark, die hört nicht da auf, wo Moral anfängt.“

Even Einstein was a kinky Pervert

ch mag das 12. Kapitel sehr. Es ist anders.

_________

Es machte Shaye nervös, auf welch seltsame Weise Sam ihn den ganzen Tag schon ansah.

Er konnte seinen Blick nicht deuten, doch war es ein Blick, den er zuvor noch nie bei Sam gesehen hatte und er schien etwas Unheilvolles mit sich zu bringen.
 

Der Tag verlief insgesamt ruhig und weil bis auf Ashley alle da geblieben waren, kam Shaye nicht in die unangenehme Lage, allein mit Wendi oder Jay zu sein, vor allem auch deshalb, weil sich Sam den ganzen Tag in seiner Nähe aufgehalten hatte, sodass er mit den anderen gar nicht hätte allein sein können.

Er merkte, dass das Wendi störte. Sie wollte mit ihm reden.

Und Jay lächelte ihn nur immer an und zwinkerte ungewohnt häufig in seine Richtung.

Dass er gestern bei der Sobieski-Party so fröhlich mit gemacht hatte, lag sicherlich auch an diesen blonden Footballschönling, der wegen der Tatsache, einer der besten Footballer in der Schulmannschaft zu sein, bestimmt alle Mädchen, einschließlich seiner Zwillingsschwester Ellen, hätte haben können – das war seine eigenen Wortwahl gewesen – darauf aber verzichtete, da er sich doch mehr zu der männlichen Fraktion unter ihnen hingezogen fühlte und grade Shaye so anziehend und sexy fand, dass er es am liebsten „gleich hier und jetzt mit dir treiben würde.“

So in etwa hatte sich Jay gestern Nacht bei Shaye geoutet, sich dann aber für den Kuss entschuldigt, und eingeräumt, dass er ihn hätte sicherlich nicht so schocken dürfen und Shaye bestimmt eine Menge Bedenktzeit brauche, jetzt, nachdem er über seine wahre Identität und seine wahren Gefühlen zu seinem Cousin („Du bist ein bisschen pervers, aber mach dir nichts raus, auch Queen Vicgtora heiratete ihren Cousin“) aufgeklärt wurde.

„Das war sicherlich ein Schock für dich“, hatte Jay gesagt „aber leider gehörst auch du zu denen, die zu stur sind, das Knistern und Funkeln zwischen euch wahrzunehmen. Aber ich weiß“, dann schlug er ihn so heftig auf den Rücken, dass Shaye vorn über kippte und auf Sams Bett landete „dass das nur an deinen Hemmungen und der elende Gedanke an Richtig und Falsch liegt. Und auch daran, dass du keine Lust hast, dich verletzten zu lassen. Deshalb schläfst du auch mit Wendi!“ Jay hatte den Zeigefinger eher drohend als erklärend auf Shaye hinab gehalten, der allerdings hatte sich stark gewundert, woher Jay die Sache mit Wendi gewusst hatte, hatte sich dann aber eingeredet, dass Jay das nur so daher gesagt hätte, ohne irgendeinen wissenden Hintergedanken, immerhin war der solange nicht mehr nüchtern gewesen, wie Shaye Jahre alt war – so kam es ihm zumindest immer vor.

„Die ist deinen Charmen nämlich bedingungslos ausgeliefert!“

Hatte Jay erklärt, doch Shaye musste daraufhin so sehr lachen („Meine Charme?“), dass auch Jay ins Lachen verfallen war und sie kurze Zeit später vergessen hatten, worüber sie gelacht hatten.

Die alkoholisierte Aura und die lässige Stimmung und die mächtig gesunkene Hemmungsgrenze – Sobieski sei Dank – veranlasste die beiden Jungen dann, sich ziemlich leidenschaftlich zu küssen und sich gegenseitig auszuziehen.

Doch dann war Shaye eingeschlafen und spürte nur noch, wie sich Jays starker, warmer Arm um ihn schlang. Später hörte er im Halbschlaf, wie Jay Sam dazu aufforderte, sich doch auch auszuziehen.
 

Dann wachte er auf, total verschwitzt, eng an Jays Körper gepresst und wurde von Sam so durchdringlich angestarrt, dass er sich noch ausgezogener fühlte, als er es unter der warmen Decke sowieso schon war.

Jay hatte kein Problem damit, aller Öffentlichkeit und damit auch Sam die Vermutung zu geben, dass etwas eindeutig intimes zwischen ihm und Jay passiert war, und der verließ dann kurz nach Jay ziemlich verstört den Raum.

Zurück blieb er, mit den verwirrten Gedanken an Jays Ansprache, die mehr als überflüssige Aktion mit Wendi, die noch viel überflüssigere Aktion am selben Abend mit Jay und den ganzen Gedanken und Gefühlen für Sam, die alle umschlossen wurden von einer einzigen Emotion, die ihn so sehr zerfraß, dass sein Herz, dass mit aller Kraft: „Es ist nicht Wendi!“ schrie, fruchtbar schmerzte; nämlich der unendlichen Reue.
 

Die „Mehrtägige Dauerparty“, so nannte Sam das Spektakel, endete damit, dass sich Shaye unter seinem Bett versteckte, damit er weder Wendi am dritten Morgen „Goodbye“ sagen musste, noch von Jay irgendwelche anzüglichen Sprüche bezüglich ihm und ihn oder Sam und ihn ins Ohr geflüstert bekam. Die letzten eineinhalb Tage hatte er es immer hin irgendwie geschafft, keinmal mit den beiden allein sein zu müssen, da wollte er das in den letzten fünf Minuten, die sich Sam sehnlich herbei zu wünschen, schien, nicht herausfordern.
 

Am Abend zuvor saß er kurz mit Ellen allein auf der Hollywoodschauckel und fühlte sich unangenehm an den Abend erinnert, an dem das mit Jay der Fall gewesen war. Denn bis auf die Größe und die Femininen Züge (und natürlich den Haaren und dem Make-Up und irgendwie war sie ein Mädchen und er nicht) sahen sie sich doch sehr ähnlich.

Unter dem Einfluss des widerwärtigen Miller Beers hatte Shaye sich zu ihr gedreht und „und? Is dein Bruder schwul?“ gefragt. Sie lachte nur, scheinbar stundenlang.

Dann bemerkte sie, dass er die Frage mehr oder weniger ernst gemeint hatte und schüttelte den Kopf: „Jay und schwul? Du bist schwul!“

Damit war die Konversation beendet und Shaye sprach nie wieder mit ihr. Auch deshalb nicht, weil ihre Aussage ihn verletzt und verwirrt hatte.
 

Wendi war so richtig wütend, das merkte er, und auch sie musste bemerkt haben, dass er ihr auswich, sich versteckte und jede erdenkliche Möglichkeit nutze, ihr nicht zu begegnen, so konnte sie aber auch nichts ausrichten am letzten Vormittag der Party, an dem Sam sich herzlich von allen, inklusive Jay, verabschiedete, dann zu Shaye hoch ins Zimmer kam und sich bei ihm auf das riesige Bett warf.
 

„Jetzt sind wir allein“, hatte er gesagt und beide Jungen bauten eine so unangenehme Spannung auf, dass sie gefühlte achtzehn Minuten lang die Luft anhielten und nicht wussten, was sie sagen sollten oder wie sie sich benehmen sollten.
 

Dann hörten sie, wie die Haustür geöffnet wurde und Kats Stimme durch das Haus dröhnte: „Versteckt das Bier! Wir sind zurück!“
 

Die Tage vergingen, die Sonne ging auf, die Sonne ging unter, die Zikaden sangen und sie schwiegen und das Haus lag in einer angespannten Stille, die nur Shaye und Sam wahr nahmen.

So spielten sie ihre Rolle der braven Söhne, aßen (zumindest Sam) Kats Mittagessen, verabschiedeten sich ordentlich von Shannon, die ihre freien Tage, die sie bei ihrem großen Bruder verbracht hatte, frühzeitig abbrach um zu arbeiten, schliefen in ihren eigenen Betten und der Alkoholkonsum war bei Sam zurück gegangen; in der Tat hatte in den letzten Tagen nur einmal Ashley angerufen, auf dem Haustelefon, weil Sam - aus irgendeinem Grund – nicht an sein Handy ging, um (deshalb) zu fragen, ob es ihm gut ginge und Sam hatte seinen Vater gebeten, ihr einfach irgendetwas zu erzählen, weil er überhaupt keine Lust auf „diese arrogante, abgemagerte Schlampe“ hätte.

Perrys blick war verwirrt, doch nickte er nur und erzählte Ashley, dass Sam mit Shaye für ein paar Tage nach New York in die Tonstudios gefahren wäre um seiner Tante Shannon bei der Arbeit zu unterstützen.

Daraufhin bekam Sam drei aggressive SMS, zwei von Ashley, in denen stand, dass er ein Arschloch sei, ihr nicht mal was zu sagen und sich einfach so zu verpissen. In der zweiten entschuldigte sie sich für die Ausdrucksweise der ersten, beteuerte ihre Liebe zu ihm, nannte ihn aber trotzdem Arschloch. Die dritte SMS war von Wendi, in der stand, dass Sam Shaye einmal bitte schlagen solle, und dann dringend raten, sich bei ihr zu melden.

Eine vierte SMS erreichte sie am zweiten Tag, sie kam von Jay, und sie gratulierte Sam zur Eroberung und beschimpfte ihn innerhalb von viereinhalb Zeilen drei mal als Perversling.

Kurz darauf folgte die fünfte und letzte SMS, sie kam auch von Jay, allerdings von Ellens Telefonnummer aus gesendet: „Mach dir nicht draus, vorallem keinen Kopf, denn auch Albert Einstein heiratete seine Cousine. Denk einfach dran. Viel Spaß euch beiden, bis nach den Sommer“
 

Shaye bekam keine von den SMS je zu lesen, denn die nervöse Aura zwischen ihm und Sam war dermaßen unangenehm für die beiden Jungen, dass sie nur mit Furcht auf das heran nahende Konzert blicken konnten, bei welchem sie zunächst vier Stunden im Auto zusammen sitzen würden und dann, beim Konzert, ja doch ziemlich eng beieinander gedrängt stehen würden müssen und später bei der After Show Party könnten sie sich auch nicht hinter Jay verstecken.

Und trinken, dass würde Sam bestimmt auch wieder. Nur zur Auflockerung, würde er sagen, um nicht so nervös zu sein.
 

Als der Tag dann gekommen war, wurde Shaye von Kat ganz mächtig in die Arme genommen und fast erdrückt, und ihm wurde ausdrücklich empfohlen, sich nicht von Sam ärgern zu lassen (und, später zog Kat Shaye zur Seite und tuschelte es in sein Ohr, er solle ein bisschen auf ihn aufpassen, wegen dem Alkohol). Shaye schulterte seinen Rucksack, lächelte Kat liebevoll an (er hatte das Gefühl, sie würde es wissen!) und verließ hinter Sam das Haus. Sie stiegen in den Cobalt, verließen die Auffahrt und fuhren gen Osten, 114 Meilen, immer auf der 160. bis Wellington, und von dort Richtung Süden, 130 Meilen über den Highway 35.
 

Am Tag zuvor hatte Sam seinen Vater noch mal darauf angesprochen. Nur, „um sicher zu gehen.“ Dass er sich erinnerte und sie am nächsten Abend aus Oklahoma abholen würde.
 

Perry schlug sich die Hand gegen die Stirn, die andere presste er in seine Teile. Dann sah er seinen Sohn entschuldigend an.

„Schon okay, Dad“, sagte Sam, drehte sich weg, denn die Enttäuschung, die aus seinen Augen sprach, wollte er seinem Vater nicht zeigen.

„Tut mir Leid, man, das habe ich total vergessen!“ sagte Perry, er griff in seine Gesäßtasche und nahm sein braunes Lederportemonnaie hervor.

„Ich weiß, ich hab's irgendwie versprochen“, erklärte er, ging einen Schritt auf Sam zu und hielt ihm einige Geldscheine entgegen.

„Nehmt euch einfach ein Zimmer für die Nacht. Oder für zwei.“ er nahm einen weiteren Schein aus seinem Portemonnaie und drückte den mit den anderen in Sams Hand „ich kann nicht kommen und euch abholen, ich muss arbeiten, aber es wird doch nicht so tragisch sein? Dann könnt ihr euch vernünftig ausschlafen und müsst das nicht im unbequemen Auto tun.“

„Alles klar, Dad“, Sam strahlte noch immer die Enttäuschung aus. Dachte Perry.

Doch was Sam eigentlich empfand, war noch mehr Angst.
 

Und deshalb waren die Jungen noch nervöser und angespannter, als sie den Weg nach Oklahoma antraten.

Es würde ein Tag sein, an dem sie aufeinander hocken würden. Vierundzwanzig Stunden wahrscheinlich, immer in der Gegenwart des anderen, und immer würden Jays Worte durch ihre Köpfe hallen.

Und sie würden sich anschielen, aus den Augenwinkeln und darüber nachgrübeln, was der andere wohl dachte.

Und beide wären sie zu feige, etwas zu sagen. Darüber.

Shaye würde in sich hinein schweigen und Sam würde wahrscheinlich irgend ein dummes Zeug vor sich hin erzählen, zusammenhanglos, Geschichten aus dem Alltag, aus TV-Sendungen, die neusten Skandale aus Los Angeles, die Footballpannen aus der South Central High School, dessen Abschlussjahrgang Sam nach den Sommerferien bei sein würde. Er hätte mit Ashley und Will zusammen die APs, doch Ashley würde das nicht schaffen, die wäre zu sehr mit sich und der Welt beschäftigt, lernte Shaye zwischen Attica und Harper, und Jay hätte, trotz seiner Cleverness und Intelligenz, von Anfang darauf verzichtet, sich so etwas schwieriges wie den AP-Abschluss anzutun und folgte dem Beispiel zahlreicher Footballkollegen und belegte nur die benötigten Kurse, um einen Abschluss zu bekommen.

Ein Stipendium zu bekommen wäre so wieso ein Leichtes, hätte jeder dritte oder zweite Schüler, das wusste Sam nicht mehr so genau.

Man müsse nur ein bisschen sportlich sein und das Spiel mit Leib und Seele spielen. Und mit Herz.

Und das tat Jay, er war ein echt guter Spieler, ausgezeichnet.

Das erfuhr Shaye zwischen Denville und Agonia.

Dann schlief er ein und als er in South Haven wieder aufwachte, als Sam an einer Tankstelle gehalten hatte, um den Tank aufzufüllen und sich eine Cola Light zu kaufen, lernte Shaye, dass Sam noch nicht genau wüsste, was er dann machen würde. Vielleicht wollte er studieren.

Aber wüsste noch nicht was.

Und hätte sowieso Angst, durch den Aufnahmetest zu fallen, weil er glaubte, dass die South Central High School in Coldwater „viel zu leicht ist. Und mit einem so miserablen Schulabschluss, den man da hinterhergeworfen bekommt, kann man doch nicht ans MIT oder... ans Imperial College?“
 

„Du willst ans Imperial College?“ fragte Shaye, sein Interesse war geweckt und der Gedanke an seinen und Sams Gefühlen und Jays Worte war für einen Moment verschwunden.

„Ja, wieso nicht?“, Sam sah zu Shaye, der den mit funkelnden Augen anstarrte.

„Das ist in London!“ stellte Shaye fest und beäugte Sam doch misstrauisch.

„Ich weiß das“, dieser sah wieder auf die Straße und seufzte

„glaubst du denn, ich will fürimmer in Coldwater bleiben? So, wie Dad? Hier geboren, hier aufgewachsen, hier sterben? Komm schon, die Stadt hast du in fünfzehn Minuten durchquert. Ich mein, unser Highlight ist das Baseballfeld?!“

Er schwieg eine Weile. Dann erzählte er weiter „Shannon hat das Richtige getan. Sie ist hier weg. Ist Grandpa gefolgt. Nach L.A., New York... und dann hat sie deinen Dad geheiratet und ist nach Europa gezogen.“

Sams Stimme war so enthusiastisch, und seine Augen strahlten den Highway an.

„Das will ich auch. Ich hab' kein Bock, der Bezwinger vom Cold Water Lake Monster zu sein. Ich will auch nach Europa. Und du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich darum beneide, dort aufgewachsen zu sein.“

„Mich?“

Shayes Hände zitterten und sein Herz hüpfte wild in der Brust umher.

„London, Rom, Berlin? Da will ich mal hin. Warst du schon in Berlin?“

Shaye drehte den Blick, betrachtete die vorbei fahrenden Autos und nickte leicht: „In Berlin bin ich geboren...“

„Tatsache? Das wusst' ich gar nicht.“

„Sie wohnte in Berlin, weil Dads Soap da gedreht wurde.“ Shaye drehte sich wieder zu Sam um „sie wollte nicht, dass ich da geboren werde, eigentlich. Sie wollte, dass ich in Coldwater zur Welt komme. Wie sie. Aber na ja, Dad's Dreharbeiten, Grandpa, der ganze Stress, du weißt schon. Sie war ja erst im siebten Monat oder so.“

„Woher weißt du das alles?“

„Oh ähm“, Shaye sah zu seinen Füßen hinab und betrachtete die weiße Kappe seiner schwarzen, abgewetzten All Stars „ich weiß das eigentlich nicht. Hab ich... nur gelesen. Sie hatte ein Babytagebuch. Hat zwei Jahre lang oder so, seit sie von der Schwangerschaft wusste, alles rein geschrieben. Ihre Gefühle, Entwicklung, Dads Reaktionen, die ihrer Eltern... man...“ er lachte „wenn ein normaler Teenager mit fünfzehn ein Baby bekommt, da sind die Eltern erschüttert. Bei Mom war das ganze Land erschüttert. Dad war ein unbekannter, sechzehn jähriger Soapdarsteller und plötzlich ist sein Name in aller Munde, nur weil er ein Baby hat. Ohne was getan zu haben hab ich ihn berühmt gemacht.“

Shaye schüttelte den Kopf.

„Die Menschen sind bescheuert!“

Und Sam nickte.

„Das sind sie, und das werden sie immer sein.“

Nothing Wrong

Sam betrat die Vorhalle des kleinen Hotels und wurde mit einem Lächeln von der Rezeptionistin begrüßt.

„Ähm, ja, hallo“, sagte Sam und kramte nervös in seiner Hosentasche, um seine Kreditkarte hervor zu holen

„Ich hätte gern ein Zimmer für zwei für“, er überlegte „für zwei Nächte?“

Die Frau notierte etwas, handschriftlich, in ihren Unterlagen „King oder Queens?“

sie sah auf und lächelte.

Sam wollte zum sprechen ansetzten „Qu...“, doch unterbrach er, schaute durch die geschlossene Glastür zur Eingangshalle zu Shaye, der sich grade aus seinem Auto quälte.

„King!“ antwortete er dann schnell, ohne weiter darüber nachzudenken und fragte sich im nächsten Moment, wieso King und wie er das Shaye erklären sollte.

Die Frau nickte, tippte etwas auf ihren Computer ein und hielt Sam dann den Zimmerschlüssel entgegen: „Zimmer eins neunzehn, die Treppe hinauf und dann rechts. Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt, Mister Meyer!“

Sam nahm den Schlüssel, seine Kreditkarte, bedankte sich und ging zu Shaye, um ihm seinen Rucksack abzunehmen und ihn durch die Eingangshalle des Hotels zur Treppe zu führen.
 

„Das ist es, eins neun eins“, sagte Sam und steckte den Schlüssel in das dazu gehörige Schloss der Tür zum Hotelzimmer, welches sie bewohnen wollten. Sams Herz raste.

Er öffnete die Tür schwermütig, stieß sie mit dem Fuß auf und trat in das kleine Zimmer ein. Eine Trennwand differenzierte den Eingangsbereich, von dem eine Tür zum kleinen Bad abging, vom Schlafbereich, in dem an der Stirnseite ein sehr großes Bett in den Raum hinein ragte.

Es roch nach Desinfektionsmittel und eine Gänsehaut huschte über Sams Rücken.

„Ähäm“, murmelte er etwas verstört, als auch Shaye das Zimmer betrat.

„Die müssen uns ausversehen... ähm, ich kann das... ich geh am besten.... damit wir...“, stotterte er und drehte sich gleich wieder um, mit Herzrasen, ging zwei Schritte an Shaye vorbei und wollte das Zimmer verlassen, spürte dann jedoch Shayes Hand, sie griff nach seinem Arm. Griff sanft am Handgelenk zu und zog ihn mit ebenso sanfter Gewalt zurück.

„Ist schon okay“, sagte Shaye leise, aber klang ungewohnt expansiv. Er wollte noch etwas ergänzen, das merkte Sam vor allem daran, dass er sich etwas verkrampfte und sein Handgelenk länger festhielt, als es nötig gewesen wäre.

Er zuckte die Schultern und nickte: „Na gut, wenn es dich nicht stört, Shaye!“

Bewusst nannte er seinen Cousin bei seinem Vornamen.

„Wieso?“ Shaye lächelte ihn lieb an, und wenn Sam es nicht besser gewusst hätte, oder sich dagegen gesperrt hätte, hätte er viel mehr, als vielleicht drin lag, aus diesen Blick heraus interpretieren können „wir sind quasi wie Brüder. Du weißt doch“, Shaye lachte leise „Freunde fürs Leben!“

Er ging ins Zimmer und legte seinen kleinen, niedlichen, rosafarbenen Rucksack auf das Bett, dann streckte er sich und drehte sich zu Sam um „Wie lange Zeit ist noch?“
 


 

Es dämmerte schon und die Vögel beschwerten sich lautstark über das Ende des Tages, als sie zwei bis fünf Stunden später die Türen des Oklahoma Ford Centers erreichten, vor denen sich trotz fortgeschrittener Stunde noch Menschenschlangen tummelten, die, genauso wie Sam und Shaye, das Konzert, welches in dreißig bis sechzig Minuten beginnen sollte, sehen wollten.

Als sie sich den Hallen näherten, wurde Shaye von einem Furcht einflößenden Mann am Arm gepackt „Hey, Jungs, wollt ihr noch Karten für das Hale-Bopp Konzert?“

hauchte er in Shayes Ohr, der bekam eine Gänsehaut, zog seinen Arm zurück und schüttelte angewidert den Kopf.

Zwei gruselige Typen weiter wurden sie gefragt, ob sie noch Karten verkaufen wollten.

Nachdem sie diese schrecklichen Hürden überwunden hatten, die Türsteher ihre Karten gesehen hatten – nicht etwa eingerissen, denn es waren ja eingeschweißte VIP-Karten – gewährten sie Shaye und Sam eintritt in das Center, in dem Menschen in sämtlichen Altersklassen, vorwiegend aber die Studentenklasse, durch die Gegend wuselten.

Irgendwo freute sich ein achtjähriges Mädchen darüber, gleich Dikla Adams in echt sehen zu können, und ein ungefähr zehn Jahre älteres Mädchen hyperventilierte, weil sie sich sicher sei, dass der wirklich sexuell anziehensten Mann der ganzen Welt (offenbar hatte sie Shaye nie kennen gelernt), der Gitarrist Kian Stone, sich heute Abend in sie verlieben würde.
 


 

Shaye war fünf Jahre alt, als er Dikla Adams das erste mal in seinem Leben sah. Er machte ihm Angst. Shaye kannte zu der Zeit schon viele, komische, fremde Menschen, die seinen Eltern sagten, was sie tun sollten oder die von seinen Eltern gesagt bekamen, was sie tun sollten.

Das war normal.

Und es war normal, für den fünfjährigen Shaye, mit seinem Vater in die Tonstudios zu fahren. Er bekam von den Menschen immer Bonbons oder andere Süßigkeiten und durfte den ganzen Tag in seiner Ecke machen, was er wollte, bis sein Vater fertig war.

Diesen Abend jedoch verbrachte Shaye mit seiner Mutter. Sie war groß und hübsch. Ihr langes, schwarzes Haar fiel wie Wasser auf ihre Schultern hinab und Shaye war sich sicher, eines Tages auch einmal eine Frau zu heiraten, die so wundervolles Haar hatte, wie seine Mutter.

Dikla Adams war mindestens doppelt so groß, wie seine Mutter.

Ängstlich klammerte er sich an ihre Schulter, als der große Mann auf die beiden zu kam: „Shannon, Shannon. Meine Liebe Shannon.“

Der Mann beugte sich vor, kam dabei Shaye gefährlich nahe, und drückte seiner Mutter zwei Küsschen auf die Wangen. Rechts und Links einen.

Shaye fürchtete, auch welche zu bekommen und Tränen schossen ihm in die grünen Augen.

„Na, na, Shaye. Das ist Dikla“, sagte Shannon beruhigend und schaukelte ihren Sohn dabei zwei mal in ihrem Arm.

Shaye kniff die Augen zusammen und presste sein Gesicht in ihr wundervolles Haar.

„Du musst keine Angst haben, Shaye!“ sagte die sanfte Stimme „er will das Lied singen.“

Shaye schluckte hart.

Dann drehte er den Kopf vom Haar weg, sah seiner Mutter ins Gesicht, die liebevoll lächelte und ihn erwartend ansah.

Sie sah aus, als würde sie ihn beschützen. Vor alles Böse in der Welt.

Er schluckte noch einmal, bevor er sich langsam, auf ihrem Arm, zu den großen Mann mit dem langen Haar und den langen Haaren im Gesicht umdrehte.

Seine Augen waren hell blau und sie sahen glücklich aus.

„Na, Chéri?“, sagte er, seine Stimme dröhnte in Shayes kleinen Ohren „Du bist der kleine Shaye Chéri?“

Er klang sehr nett.

„Mein Name ist Dikla. Ich arbeite mit deiner Mama zusammen“, erklärte der Mann.

Shaye sah ihn aus großen, feuchten Augen an.

„Sie hat ein schönes Lied geschrieben über dich.“ der Mann lächelte noch breiter

„Das kann ich verstehen. Du bist ein wunderbares Kind!“
 

Das bekannte Klavierspiel erklang in Shayes Ohren, und es rührte ihn so sehr, dass er einen Schritt näher zu Sam machte, seine Schulter mit seiner eigenen berührte.

Ein Kribbeln ging von dieser Stelle aus und verteilte im ganzen Körper ein wohliges Gefühl.

Die Gitarrenklänge setzten ein und wenig später ertönte Dikla Adams tiefe Stimme „I've found a treasure, and it bears your name, so beautiful and precious, and you can't pay it with the money of the world“.

Sams warme Hand klammerte sich um Shayes.

„The first time ever I saw your face, I thoughtthe sun rose in your eyes“

Sie drückte seine Hand fest. Und liebevoll.

„I could watch you the whole night, watch you sleep,”

Sams Körper drückte sich näher an Shayes. Sein Herz raste. Er drückte Sams Hand. Fühlte sich wohl. Wollte alles mit Sam teilen.

“listen to your breath. When looking at you I can't believe that someone like me deserves something beautiful like you, Chéri“

Er sah ihn an. Sams braune Augen leuchteten. Sie sahen Dikla Adams Stimme an, als sei das das einzige, was er hören konnte.

„I love you like the stars above. I love you until I die. You're the best that ever happened to me. Chéri“

Dann drehte er sich zu Shaye. Sah in seine Augen herab. Er lächelte. Die Augen lächelten. Und er sah so glücklich aus.

Sam beugte sich vor.

Shayes Herz raste. Es passierte schnell, und dennoch fühlte er sich, als sei alles sehr langsam.

Die Masse um sie herum schrie, klatschte und hüpfte, als schien nichts auf der Welt wichtiger zu sein, als Dikla Adams.

Doch Shaye wusste, das stimmte nicht.

Sam war wichtiger.

Der beugte sich zu Shaye, und dieser glaubte, Sams Herzschlag zu hören. Sams Brust presste sich auf seine eigene, seine Arme schlangen sich um Shayes dünnen Körper und Sams Kopf legte sich neben seinen eigenen auf seine Schulter.

„Das ist wunderschön!“

Hörte Shaye ihn sagen.

Er spürte Sams Herz gegen seine Brust schlagen. Es war schnell.

Dann ließ Sam Shaye los, er lächelte ihn noch einmal an, dann drehte er sich wieder zur Band.

Doch sein Arm blieb in Shayes Taille liegen. Und Shaye fühlte sich nicht so, als sei es etwas ungutes. Es fühlte sich besser an, als Wendi.

Viel besser.

Und es gab nichts in seinem Hinterkopf, das ihn mahnte und warnte.

Nichts fühlte sich falsch an.

The Night tastes like Strawberry Icecream

„Und wie alt bist du geworden?“

„Sieben!“

„Woah! So alt schon“, Anson klang aufrichtig erstaunt „gehst du dann jetzt in die Schule?“

„Ich geh schon ein Jahr in die Schule!“ Shaye klang aufrichtig empört „Ich kann schreiben und rechnen und lesen schon. Papa hat gesagt, ich kann jetzt genauso viel wie ein Rockstar!“ Shaye nickte stolz und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ach, so ist das?“ Anson seinerseits war immer noch versucht, auf einer vereinbarenden Basis mit dem Kind zu reden.

„Ja“, antwortete Shaye mit einem arroganten Nicken „Ich werd' jetzt auch Rockstar. So wie du“, er lächelte fröhlich.

„Shaye Kirsch ist aber n total schwuler Name“, mischte sich nun Dikla ein, der bis dahin nur stiller Zuhörer gewesen war.

Shannons Stimme kam mahnend aus dem anderen Zimmer: „Dikla!“

Und Anson schüttelte unverständlich den Kopf: „Dikla ist nicht viel besser, weißte nicht mal obs n Kerl oder ne Tussi ist!“ Er hockte sich hin und nahm Shaye auf seinen Arm „das ist eine gute Idee. Aber zuerst mach mal die Schule zu ende bis zum Abschluss. Dann reden wir nochmal.“

Anson lächelte den Jungen fröhlich an.

„Was heißt schwul?“

„Ähm...“
 

Hilfesuchend sah Anson zu Dikla, der breit wie er war auf der buntgepunkteten Couch lag. Der zuckte jedoch nur die Schultern: „Das musst du dein Vater fragen, der weiß das.“ Dikla grinste breit und fügte nuschelnd hinzu: „Ganz bestimmt.“

„Dikla“, das war wieder Shannons Stimme, sie war streng.

Dann trat die junge Frau in den Türrahmen, ging auf Anson zu und nahm ihm ihren Sohn ab.

„Du musst so was nicht wissen, Shaye. Das ist eine der Dinge...“

„für die du noch zu jung bist“, unterbrach Shaye seine Mutter im genervten, nachahmenden Tonfall.

„Es ist scheiße, Kind zu sein!“ fügte er hinzu.
 

Seine Mutter sah ihn geschockt an: „Woher kennst du denn solche Ausdrücke.“
 

„Shannon. Du lässt deinen Sohn den halben Tag mit sich besaufenden, exzessiv drogenkonsumierenden Rockstars allein, und die andere Hälfte verbringt er mit seinem Soapspielnden Schwuchtelvater...“ weiter sprach Dikla nicht, Shannons Blick war bösartig.

„Ich hatte angenommen, dass diese exzessiv drogenkosnumierenden Vollidioten ein wenig Rücksicht auf sein Sieben-Jähriges Kind nehmen würden“

und wieder wurde sie unterbrochen, dieses mal vom Bassisten: „Geirrt. Nach wie vor Arschlöcher!“
 

Shannon seufzte schwer.

Sie setzte Shaye ab, ihre Arme fühlten sich langsam schwer an und drohten, einzuschlafen, richtete sich schwerfällig wieder auf und sah Anson an.

„Verprich mir einfach, dass ihr auf ihn aufpasst. Und das er nicht zu einem sich besaufenden, exzessiv drogenkonsumierenden Rockstar wird.“
 


 

„Tequila“, nuschelte Shaye und griff nach dem kleinen Glas mit der klaren Flüssigkeit.

„Ein Tequila für Shaye. Ein Tequila für Sammy“, er lächelte und nahm das zweite Glas, drehte sich um und suchte im dunklen Licht nach seinem Freund.

„Sammy“, sagte er leise und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.

Er sah aber nicht besser.

Um ihn herum war alles verschwommen, und nur, was genau vor ihm war, konnte er richtig erkennen.

„Boah!“ Er setzte das kleine Glas an seinen Mund und legte den Kopf nach hinten.

Die klare Flüssigkeit floss in sein Rachen und brannte fürchterlich in seinem Hals.

Er presste die Augenlieder zusammen, bis das unangenehme Gefühl vorbei war, dann erst breitete sich ein warmes Gefühl in ihm aus und ein wohliges Lächeln legte sich auf die Lippen.

Er trank auch das zweite Glas leer.

„Wo ist Sam?“ rief er, wurde von einigen Anwesenden komisch angesehen, was er jedoch einfach ignorierte.

Er fühlte sich allein.

Er kannte sie alle vom Sehen.

Dikla Adams rechts neben ihn, Gina Wolfe und Kian Stone, sie alle konnte er hören oder sehen.

Nur nicht Sam.

„Verdammt“, fluchte er, sah zum Boden, um ohne zu stolpern vorwärts zu kommen und dachte darüber nach, wo Sam hätte sein können.

Er kam zu keinem Ergebnis.

Denken fiel ihm schwer.

Und er wurde müde.

Er fühlte sich schwer und kaputt und wollte plötzlich ins Bett.

In sein eigenes.

Zu Hause.

In Deutschland.

„Ich will nach Hause“, nuschelte er, dann sah er auf und starrte direkt in Anson Aces Gesicht.

„Ich will in mein Bett“, sagte er, ohne über seine Worte oder seinen Gesprächspartner nach zu denken.

„Shaye?“ antworte Anson und sein Gesicht verzerrte sich merkwürdig.

„Shaye Kirsch?“

„Zu Hause“, antwortete Shaye und sah wieder zum Boden.

„Hast du gesoffen?“

Der Mann packte Shayes Schultern. Die Hände waren riesig und die Schultern waren winzig.

„Bist du bescheuert?“

„Ich? Bin doch kein Rockstar“, antwortete Shaye schwach und hob wieder den Kopf. Er ließ sich fallen, wurde von Ansons großen und starken Armen gehalten.

„Bist du allein?“

„Mama hat uns das geschenkt“, antwortete Shaye müde.

„Euch? Oh mein Junge“, die großen Arme zogen Shaye an den dazugehörigen, großen Körper und pressten ihn an ihn.

Ansons Brust war warm und sein Herz schlug beruhigend gegen Shayes Ohr.

Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Klopfen.
 

„Shaye?“, sagte Anson leise.

Shaye hob den Kopf, öffnete die Augen und sah in Ansons Gesicht.

Es dauerte eine Weile, bis er seine Augen fixiert hatte.

Es war kalt um sie herum. Shaye hob den Kopf und bemerkte, dass sie draußen waren, einige Sterne waren hell genug, dass man sie hier in der Stadt sehen konnte.

„Wir sind draußen“, sagte Shaye „ich such doch Sam.“

„Sam?“

„Mein Freund Sammy. “ Shaye kippte bedenklich nach vorn und Anson musste ihn festhalten „Meine Güte, wie viel hast du denn getrunken?“

„Drei Tequila. Und zwei Colas.“ antwortete Shaye geistesabwesend. Geistesnawesend war er scheinbar schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.

„Drei Tequila?“ Ansons Stimme klang ungläubig und er drückte Shaye so von sich, dass er ihm ins Gesicht sehen konnte.

Doch Shayes Kopf kreiste merkwürdig auf seinem Hals, die Augen waren halbgeschlossen und er sah fast so aus, als würde er Anson jeden Moment ins Gesicht kotzen.
 

„Komisch“, erklang nun eine weitere Stimme hinter ihnen. Die Shaye aber sofort erkannte.

„Sammy“, rief er, machte sich von Anson los und ging auf Sam zu.

„Cherry“, Sam klang müde, doch freute er sich, Shaye zu sehen.

„Manno wo warstndu“, nuschelte Shaye und warf sich um Sams Hals. Spürte Sams Nähe. Sams Wärme. Sams Herz.

Und es fühlte sich hundertmillionen mal wärmer, näher und schöner an, als Ansons Brust.

„Sam,“ erklang Ansons Stimme und Shaye spürte, wie Sam nickte „Er verträgt nicht viel...“

„Ja. Wir gehen jetzt, nicht wahr, Shaye?“ sagte Sam und sah zu Shaye hinab, der noch immer um seinen Hals hing.

Der nickte. Glücklich und zufrieden in Sams Umarmung „Wir gehen jetzt.“

„Ihr schafft das?“

„Alles klar. Er ist nicht der schwerste.“

„Ich kann euch eben fahren. Wo übernachtet ihr?“

„Das ist nicht nötig“, sagte Sam lächelnd „das sind nur zwei Blocks und außerdem, ich glaube, es tut ihm besser, ein wenig zu gehen.“
 

Sam klang nicht betrunken.

Und er hielt Shaye fest, ganz dicht an sich, und ganz souverän, ohne Schwanken, Umkippen oder dämliches Kichern.

„Du hast nichgetrunken?“ brummte Shaye gegen Sams Brust.

Der stieß den Kleineren von sich und sah ihm ins Gesicht „du hast ja genug für uns beide getrunken!“

Shaye erinnerte sich an den Tequila, der für Sam gedacht war.

„Das istdirnicht üblich.“ sagte der Schwarzhaarige.

„Dir auch nicht.“
 

Die Nacht war klar und frisch und in fortgeschrittener Stunde.

Der Mond war hell und stand am Himmel, einige, wenige Sterne blitzten und blinkten und auf der Straße war nichts weiter zu hören, als Shayes schwerer Atem und ihre Schritte.

Shaye hielt Sams Hand.

Doch war sich Sam nicht sicher, ob er sie hielt, weil Shaye sein Gleichgewicht andernfalls nicht halten konnte, oder weil er sie halten wollte.

In jedem Falle, er genoss es.

„Die Nacht schmeckt nach Erdbeereis.“ lächelte Shaye, schloss die Augen und streckte sein Gesicht in die Luft „mit Kirschen.“

„Erdbeereis mit Kirschen?“

„Ja“, der Jüngere nickte und drehte sich zu Sam um „Erdbeern sind eklig. Deshalb müssn da Krischen rein.“

„Oder vielleicht Käsekuchen?“

„Erdbeerkäsekucheneis?“ Shaye schien nach zu denken.

Nach einer scheinbar sehr sehr langen Zeit nickte er dann aufgeregt: „Ja. Erdbeerkäsekuchen ist in Ordnung. Nur keine Erdbeern.“
 

„Dann ist ja gut“ Sam lächelte auch. Er griff Shayes Hand fester, und Shaye drückte zurück. Ohne ein Wort zu sagen.

Schweigend liefen sie nebeneinander her.

Schweigend, sich haltend und glücklich.
 

Sam schloss die Zimmertür und drehte sich zu Shaye um, welcher sich auf das Bett fallen ließ und genüsslich die Augen schloss.

Es fühlte sich an, als läge er in einem schnellen Karussell. Die ganze Welt drehte sich um ihn herum, als er plötzlich Sams warmen Körper über sich spürte.

Shaye schlug die Augen auf und sah sich selbst, spiegelnd in Sams dunklen Augen.

Sein Herz begann zu flattern.

„Ähm... Sam“, murmelte Shaye und blickte nach unten, um nicht in Sams Gesicht starren zu müssen.

Er spürte es näher zu seinem kommen und fühlte den warmen Atem direkt über seinen Lippen.

Shayes Herz schlug so schnell, dass er befürchtete, die Nachbarn könnten es noch hören.

„Was“, wollte Shaye beginnen, doch dann legten sich die weichen, warmen Lippen von Sam auf seinen Mund. Sie spitzten sich kurz und drückten einen Kuss auf, bevor sie sich zurück zogen.

Shaye blickte wieder auf. Sams Augen waren erwartend.

„I...ich“, stotterte Shaye leise und das Karussell drehte sich plötzlich schneller.

Der Mondstrahl fiel direkt auf Sams schönes, reines Gesicht.

Sein Cousin beugte sich vor und drückte nun einen Kuss auf Shayes Hals.

Gänsehaut.

Seine Finger begannen wieder, zu zittern. Shaye wusste nicht, was er tun sollte.

Sein Körper zitterte stark und sein Herz klopfte schnell, Adrenalin verteilte sich in seinem ganzen Leib und neben dem Gefühl, dass ihm sagte, es sei nicht gut, was geschah, ragte ein anderes Gefühl in die Höhe.

Es war Wärme. Geborgenheit. Richtig.

Sam küsste Shayes Hals, rutschte auf ihm runter und küsste sein Schlüsselbein.

Eher selbständig drückte Shaye seinen Kopf in den Nacken, um Sam mehr Fläche zur Liebkosung zu geben.

„Ich weiß nicht“, flüsterte er sehr leise, als er Sams Finger den Saum seines T-Shirts anheben und die Hände über seinen Bauch hinauf zu seiner Brust gleiten spürte.

„Nh, Sammy“, raunte Shaye und hob seinen Kopf an, um in Sams warmes Gesicht sehen zu können.

„Du solltest“, sagte er leise, stockte aber, als er Sams Knie zwischen seinen Beine spürte.

Sein Verstand wurde klar.

Der vernebelnde Alkohol schien mit einem Mal gewichen.

Sein Herz schlug nicht vor Aufregung, sondern Angst.

Shaye zuckte zusammen, richtete sich halb auf und schubste seinen Cousin leicht von ihm weg.

Sam sah ihn traurig an „Was ist?“

Er strich seine Hand über Shayes Wange. Der genoss es kurz, bevor er bemerkte, was geschah und wich dann von Sam zurück.

„Wir... du... ich, ähm, vielleicht“, stotterte Shaye konfus und wusste nicht, was er sagen sollte. Oder was er fühlen sollte. Oder Denken.

„Schon okay“, sagte Sam und sein Atem schnürte Shaye die Kehle zu.

„Alles in Ordnung“, Sams Stimme klang sanfter.

„Es ist alles in Ordnung“, sie wirkte unangenehm beruhigend auf den Schwarzhaarigen und sein Körper entspannte sich etwas.

„Es ist alles okay!“

Sam legte seinen Arm um Shayes Schulter, zog den Jungen an sich heran und bettete seinen Kopf auf seine Brust.

Seine Hand strich langsam über Shayes Rücken und er entspannte sich merklich.

„Alles ist gut“, flüsterte Sam noch einmal. Dann schloss Shaye die Augen und spürte nur noch die Nähe von Sam. Und es fühlte sich gut an. Richtig und gut.
 

Shaye drehte den Kopf. Sah zu Sam auf.

Die Augen waren geschlossen. Die Lippen lächelten. Sanft und rosig.

Etwas feucht.

Shaye reckte sich.

„Alkoholkonsum“, nuschelte er leise.

Doch ehe Sam sich zu ihm drehen konnte, noch ehe er seine Augen öffnen konnte, war Shaye zu Sam hochgerutscht, suchte mit seinen Lippen die von Sam und pressten sanft einen vorsichtigen Kuss auf sie.

Dann hob er den Kopf. Aber nur so viel, wie es nötig war, um Sam trotzdem noch ganz nah zu sein. Er hatte seine Augen noch geschlossen.

Spürte ihn nur.

Sein Atem in seinem Gesicht.

Seine Lippen direkt unter seinen eigenen.
 

Sein Herz in seiner Brust, es raste. So schnell, Shaye konnte die Schläge nicht zählen. Wahrscheinlich genauso schnell, wie sein eigenes.
 

„Shaye“, flüsterte Sam, so leise, dass er es grade hören konnte.

Das Wort, sein Name, strich Shayes Gesicht. Hinterließ ein angenehmes Kribbeln auf der Haut.

Dann küsste er ihn.

The Last Goodbye

Mit zehn Jahren war Shaye das erste Mal in der fünften Klasse sitzen geblieben. Kurz nach seinem elften Geburtstag saß er mit seiner Mutter und seinem Vater im Flugzeug nach Oklahoma, denn sie wollten zu Onkel Perry und Tante Kat und Sam.

Sam war Shayes bester Freund.

Er war etwas älter als Shaye und deshalb auch etwas größer.

Aber nur ein paar Monate. Eigentlich waren sie beide elf.

Und elf zu sein hieß, sehr alt zu sein.
 

Es war später Abend, als sie im blassblauem, amerikanischen Vorstadthaus seines Onkels ankamen und Shaye war viel zu müde, um Tante Kats Kekse zu essen, oder Onkel Perrys Fragen zu beantworten.

Doch er fand, dass er mit elf schon alt genug war, um allein ins Bett zu gehen.

So sagte er seiner Familie „Gute Nacht“, und stieg die Treppe hinauf.
 

Es war dunkel. Doch unter Sams Zimmertür her kam Licht.

Und zog Shaye an wie eine Motte.

Er ging zu der Tür, legte die Hand auf die Türklinke und drückte sie runter.

Die Tür schob sich auf.

Das Licht kam vom Bett aus, die Nachttischlampe brannte.

Doch Sam schlief. Sein Gesicht lag auf einem roteingeschlagenem Buch. Seine Lippen waren etwas geöffnet und sein Atem sog und blies eine seiner Haarstähnen an und weg.

Shayes Herz hüpfte, er lächelte, schloss die Tür und ging zu Sam.

Setzte sich zu ihm aufs Bett.

Nahm das Buch und legte es neben die Lampe, welche er dann ausschaltete.

Er legte sich neben seinen Freund, seufzte zufrieden und schlief ein.
 

„Nein!“ Schrie der Junge und lief die Treppe hinauf, hinter seinem Cousin her, der in seinem Zimmer am Ende des Flures verschwand.

Sie schlugen die Tür zu, Sam drehte den Schlüssel in seinem Schloss, sodass die Tür verschlossen war, und sie liefen weiter, durch das Zimmer, hinein in Sams Kleiderschrank. Er zog die Tür zu und hockte sich zu Shaye, der schon zusammen gekauert in der hintersten Ecke, versteckt unter herumliegender Kleidung und Kissen saß und von der Anstrengung, hier her gerannt zu sein, zitterte.

„Ich werde das nicht zulassen.“ sagte Sam und tätschelte Shayes Kopf. Er setzte vor ihn und war bereit, Shaye vor alles zu beschützen.

„Ich werd' dich vor ihnen beschützen. Sie werden dich nicht mitnehmen.“

Ein Klopfen ließ ihre Atem gefrieren.

„Sam! Shaye!“ Kats Stimme war streng und genervt, als sie gegen die Kinderzimmertür hämmerte.

„Mach die Tür auf. Shaye, komm jetzt her!“

„Shaye, hier ist Mama“, sagte nun auch Shannon, viel gutmütiger und mitfühlender und die Anspannung in den Kindern nahm ein wenig ab.

„Wir müssen jetzt wirklich los gehen, Shaye, sonst verpassen wir das Flugzeug.“

„Dann bleiben wir!“ Rief Shaye in ihre Richtung und klammerte sich an eines der Kissen.

Er wollte nicht nach Hause fliegen. Er wollte nicht weg von hier. Shaye wollte bei seinem Cousin bleiben. Bei Sam.
 

Die Frauen verstummten und es schien so, als seien sie gegangen.

Beredeten sie, ob Shaye hier bleiben dürfe?

Er war sowieso nicht gut in der Schule. Er könnte ja hier anfangen, mit Sam zusammen auf die Junior High School gehen.

Er lächelte. Unbemerkt.

Und sah zu Sam.

Der lauschte an der Tür, sah dann zu Shaye hinab und lächelte auch: „Ich glaub', sie sind weg.“

Er ließ sich zu Shaye auf den Boden fallen und rückte näher an ihn heran, so nah, dass sie sich berührten.

Shaye durchzog ein Schauer.

Sein Herz wurde schneller.

Sam legte seinen Kopf auf Shayes Schulter.

Shaye wurde warm.

„Dann können wir fürimmer zusammen sein“, flüsterte Shaye und legte seine Hand auf Shayes Arm.
 

Mit einem Mal fühlte der sich sehr unwohl.

Es war warm, er war verunsichert, zitterte und wusste nicht, was er erwidern sollte, was er denken sollte und wie er Sam ansehen sollte.

Der lächelte.

Und rückte vor Shaye, ohne Distanz zwischen ihnen zu bringen.

Seine Augen waren braun, aber so offen, sie leuchteten und Shaye meinte, Hoffnung in ihnen lesen zu können.
 

Hoffnung, die mit einem Mal erschlagen werden würde.
 

Als Sam sich vorbeugte. Und Shayes Gesicht so nah kam.

Als Sam die Augen schloss, seine Lippen spitze und sie auf Shayes drückte.

Ein Beben durchdrang Shayes Körper.

Sein Herz schlug so schnell, dass er es in seinem Kopf hörte und ein seltsam aufregendes Gefühl floss in seine Beine und Arme.

Er hob die und drückte Sam von sich.

Den Blick abgewandt stand er auf, verließ den Kleiderschrank, öffnete die Kinderzimmertür und ging zu seinen Eltern.

Ohne ihn anzusehen.

Ohne Tschüss zu sagen.

Er verließ das blassblaue amerikanische Vororthaus und würde sieben Jahre nicht wieder kommen.
 

Shaye erwachte.

Er lag am äußersten Rand des großen Bettes, die warme Decke um sich geschlungen.

Er drehte sich zu Sam um, der schlief, sehr tief, auf der anderen Seite, das Gesicht zu ihm gewandt. Die Wangen waren leicht gerötet, blonde Haarsträhnen verdeckten die geschlossenen Augen und der Mund war leicht geöffnet. Und ebenfalls etwas rot.

Shaye schluckte hart. Das tat weh.

So leise und vorsichtig er konnte, stieg er aus dem Bett, den Blick nicht von Sam abgewandt.

Er nahm sich seinen rosafarbenen Rucksack, griff nach Sams Kreditkarte und seinen Schuhen und verließ leise das Zimmer.
 

Als die Tür geschlossen war, atmete er tief durch, zog sich schnell die schwarzen Stoffschuhe über die kleinen Füße, dann lief er los.

Durch den Flur, die Treppe hinunter, verließ das Hotel und lief drei Blocks weit weg, eher er anhielt, weil er sich merkwürdig schwindelig fühlte.
 

Adrenalin schoss durch seine Venen und er hatte noch immer das Gefühl, soweit weg wie nur möglich zu müssen.

Als er wieder etwas bei Atem war, sah er auf.

Schaute sich um.

Erkannte nichts.

Und war hoffentlich weit genug weg vom Hotel.

Von Sam.

Von seinem Cousin.

Er konnte ihn nicht sehen.

Ihn nicht anfassen.

Er wollte nicht einmal an ihn denken.

Diesen Jungen.
 

Und ihm wurde schlecht, als er an den Abend dachte. An Anson Ace und die Gefühle, die ihn einfach übermannt hatten, denen er sich hingegeben hatte.

Und schmerzhaft erinnerte er sich an seinen Traum. An die Vergangenheit.

An den Tag, an dem er das Letzte mal in Coldwater gewesen war.
 

Shaye schüttelte sich, versuchte, die Gänsehaut und das schmerzende Gefühl in seiner Brust loszuwerden und ging dann weiter; den Rucksack in seiner Hand, die Haare im Gesicht und dem ewigen Rufen in seinem Kopf.
 

Nach Hause.

Er wollte nach Hause.

Und der Schock der Erkenntnis saß noch tief in seinen Knochen.

Er ließ sich vom nächstbesten Taxi zum örtlichen Flughafen bringen, zahlte die offene Rechnung mit Sams Kreditkarte und am Will Rogers Airport in Oklahoma hatte er das Glück, einen der letzten freien Plätze des Fluges 755 über New York Richtung nach Hause zu bekommen.
 

„Nach Deutschland“, waren seine einzigen Worte.

Die junge, hübsche Lady tippte. Sie lächelte. Unhöflichkeit war sie gewöhnt, doch selbst stets darauf bedacht, höflich zu Kunden zu sein.

„Continental Airlines, Flug 755 zum Frankfurt International Airport um 7:55 von Terminal 4, Economy Class für Eintausendeinhuntertundeinundsiebzig Dollar und siebenundvierzig cent?“

Shaye starrte die Blonde Frau an.

Müde noch von der kurzen Nacht, angeschlagen vom Ausnüchtern und unklar im Kopf von den ganzen Gefühlen, die Überhand hatten, verarbeitete er die Informationen langsam und stellte letztendlich fest, dass er mit den meisten davon nichts anfangen konnte.

Nur die wichtigsten Fakten spulte er drei mal in seinem Kopf ab, bevor er nickte und der Lady Sams Kreditkarte hinlegte.
 

Die halbe Stunde bis zum Abflug verging schnell und als er letztendlich Terminal 4 erreichte und sein Flugticket vorzeigte, ertönte hinter ihm sein Name.
 

„Shaye!“

Rief Sam in der Hoffnung, er würde ihn hören.

In dem Moment nahm die Frau am Gate sein Ticket entgegen.

„Shaye!!“ Rief er noch mal laut und lief weiter.

Der Dunkelhaarige stutzte.

Er hielt kurz inne, bevor er, ohne sich um zudrehen weiter ging.
 

„SHAYE!“, brüllte Sam schon und erreichte die Absperrung, welche er nicht passieren konnte.

Gestörte Geschäftsmagnate und eine Gruppe junger Frauen sahen ihn verwirrt an und spähten dann in die Richtung, in welche er so gebannt starrte.

„Shaye.“ sagte er noch einmal, und seine Stimme klang so brüchig und verzweifelt, dass es selbst sein eigenes Herz zerriss.

Und auch ihn rührte es.

Er blieb stehen.

Sank den Kopf.

Dann drehte er sich um.

Sein Gesicht war blass, und wunderhübsch, seine Schultern hingen herab, die dünnen Arme hielten sich kraftlos am Rucksack fest und die Hände zitterten.

Die schwarzen Strähnen in seinem Gesicht glänzten genauso wie seine großen, feuchten Augen, die ihn erwartend anstarrten.

Er war unsicher. Er wusste nicht, wie er sich benehmen sollte.

Doch Sam war sich seiner selbst noch niemals so sicher gewesen.

Er hatte soviel Mut mitgebracht, wie er hatte finden können, nachdem er im Hotelzimmer aufgewacht war und keine Spur von seinem Cousin zu finden gewesen war.
 

Er hatte gewusst, wo Shaye hingegangen war.

Denn er kannte Shaye.

Er kannte diesen Jungen, obwohl sie erwachsen geworden waren. Obwohl sie sich Jahre lang nicht gesehen hatten. Nicht ein Wort miteinander gewechselt hatten. Nicht einmal Briefe geschrieben oder bekommen hatten.

Sieben Jahre des gänzlichen Ignorierens lagen hinter ihnen, sieben Jahre, die jeden hätten auseinander gebracht, aber die nicht Sam von Shaye getrennt hatten.
 

Sam trat an die Absperrung heran, um ihn näher zu sein.

„Shaye, ich liebe dich!“
 

Eine Träne bahnte sich ihren Weg über Sams Wange und seine Unterlippe begann, zu zittern.

„Ich liebe dich“, wiederholte er leise, und nichts um sie herum war mehr da.

Nur Shaye.

Shaye, der sich nicht rührte.

Der ihn einfach nur ansah, mit seinen feuchten, grünen Augen.
 

Und sich dann umdrehte.

Und davon ging.



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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von: abgemeldet
2009-09-16T19:54:51+00:00 16.09.2009 21:54
woah ö_ö
moi das... das kapitel ist so krass!! >.<
blöder shaye xD wieso sieht er nicht ein, dass er sam liebt? :o
schönes kapitel mit einem super ende!^-^
gefällt mir sogar besser als die restliche fortführung, die es von der geschichte gab. xD

Lg ^-^
Von: abgemeldet
2009-06-11T18:46:08+00:00 11.06.2009 20:46
awww~^^
sü~ß :)
*schmelz*
endlich :) ich hoffe, das ganze wird im hotel fortgeführt^^ obwohl bei dem 'nichts fühlte sich falsch an' befällt mich wieder so ne böse vorahnung... als wäre i-was doch falsch - was ja nicht so ist - oder als würde irgendwas doofes passieren gleich! letztes mal hat er doch mit wendi geschlafen, oder? nya~, mit sam darf er ruhig^^
ich drück den beiden die daumen :)
glg
schreibschnell weiter
*wink*
Von: abgemeldet
2009-06-09T18:38:20+00:00 09.06.2009 20:38
oh mein gott! :)
ich liiii~ebe deine geschichte :)
*freu*
*hüpf*
bitte bitte schreib ganz schnell weiter!!!!!
*hundeblick*
dein schreibstil ist klasse, und shaye... ^^ich glaub ich fang an zu stalken^^*muhihi*
ich drück den beiden die daumen und schick ihn all meinen Mut, damit se endlich mal den Mund aufmachen!!! von mir aus auch mit ner kiste bier!^^ aber dann ohne erinnerungslücken!
Mensch, bald sind die Ferien zu ende, und dann fährt er wieder, und dann brauchen se wieder sechs jahre!
*hibbel*
*aufgeregt ist*
also schreib schnell weiter^^
ganz liebe grüße
dat Hachi-viech :)
Von:  Die_Debby
2009-06-04T17:49:31+00:00 04.06.2009 19:49
Mein Gott hast du mir am Anfang einen Schrecken eingejagt.
Ich habe jetzt wirklich gedacht cheri und jay O.O
*puh*
Aber diese szene MOrgens im Bett.
Zum wegschmeißen xD
Boah ich kann mir das so Bildlich vorstellen. XD
ICh leibe deinen schreib style ♥
schreib schnell weiter

♥Debby
Von: abgemeldet
2009-05-26T13:37:26+00:00 26.05.2009 15:37
hui wunderschönes kapitel :) hoffentlich sagt das Herz ihm das richtige xD
schreib schnell weiter^-^
Lg
Von:  NARUT0
2009-04-28T11:49:21+00:00 28.04.2009 13:49
ooh das is ja ein süßes kapitel :3
voll knuffig ^.^
mal sehen wa snoch alle spassiert *Q*
schreib shcnell weiter ja? x3
glg Botan
Von:  Die_Debby
2009-04-23T21:12:36+00:00 23.04.2009 23:12
Oh mien Gott...
Ich liebe diese Storry.
Warum hast du erst so wenige Kommentare ?
Ich kann das ganz und gar nicht verstehen.
DIe beiden Charactere sind total toll.
So verschieden und man krigt an meinchen Stellen echt Bauchkribbeln beim lesen.
So toll *o*
aber jetzt bei dem letzten Satz..
'es fühlte sich nicht falsch an'
ich ahne böses = (
aber schrieb schnell weiter. ganz schnell = )

lg ♥
Von: abgemeldet
2009-03-29T12:20:57+00:00 29.03.2009 14:20
hast einen schönen schreibstil ^-^
lg, rei<3


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