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Je voudrais mourir pour votre amour

für deine Liebe würde ich sterben
von

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L'ami, et la vérité

Ich saß in der Cafeteria.

Meine Koffer standen neben mir, während ich eine halbe Ewigkeit auf meinen Kaffee starrte. Ich spürte, wie die Krankenhausluft mich greifen wollte. Mich an diesen Ort binden und einfach nicht mehr gehen lassen wollte.

Ich hatte es so satt!

Die Leute, die Geräte, die Geräusche, den Geruch - einfach alles!

Zum Glück würde es bald vorbei sein. Sowie Dirk mich abholen wird, ist das alles erst einmal vorüber.
 

In diesem Moment habe ich wirklich noch gedacht, dass Dirk mich abholen würde.

Ich dachte im Ernst, dass er gleich in der Tür stehen wird, dass er meinen Koffer tragen und zum Auto bringen wird. Dass wir in sein Auto steigen und zu seiner Wohnung fahren, in der ich mich erst einmal wieder ein wenig ausruhen kann.

Ich wusste zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht, dass Dirk... ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Das, was damals passiert ist. Ich kann es auch immer noch nicht so richtig sagen... also... Ich konnte ja noch nicht wissen, dass Dirk... ermordet wurde.
 

Mord - ein schreckliches Wort, oder? Ein Wort, welches so viel in sich trägt. Der Verlust von Leben, einem geliebten Menschen, das Gefühl der Trauer, der Überlegenheit, des Hasses!

Eigentlich ist ein Wort für das alles noch viel zu harmlos.

Dieses grausame Gefühl. Zu wissen, dass einem Freund eine Untat widerfahren ist.

Ich verstehe diese Form von Gerechtigkeit bis heute nicht.
 

Doch zurück zur Geschichte.
 

Ich wusste von Nichts. Woher denn auch?

Nichts von Dirks Tod, nichts von Jan.

Ja, von Jan wusste ich in diesem Moment wohl am allerwenigsten. Die ganze Zeit über schwirrte er in meinen Gedanken herum. Er hatte sich nicht einmal bei mir gemeldet, dabei wusste er, dass ich im Krankenhaus war!

Vielleicht kam ich deswegen nicht dazu, meinen Kaffee zu trinken. Nein, genau deswegen hab ich ihn nicht getrunken!

Ich kam gar nicht zum Trinken, denn ich fragte mich stets, wie es ihm ginge. Was er gerade tat und wo er gerade war.
 

"Herr Gonzaléz?"

Die sanfte Stimme einer Schwester brachte mein Bewusstsein wieder in die Realität. Ich blickte von meinem Kaffee auf - das erste Mal, seitdem ich mich gesetzt hatte.

"Sie werden abgeholt"

"Danke. Ich komme gleich."

Die Schwester ging – ich blieb. Ich weiß nicht, wie lange ich da noch saß. Irgendwie hatte ich nicht das Bedürfnis aufzustehen. Obwohl ich einfach nur aus dem verdammten Krankenhaus weg wollte – ich blieb sitzen.

Hatte ich im Unterbewusstsein schon geahnt, was kommen würde? Hatte ich alles, was kommen würde schon geahnt? Ich weiß es nicht. Wenn ich es gewusst hätte, dann wäre einiges anders verlaufen.

Irgendwann erhob ich mich dann doch. Ich wollte Dirk nicht warten lassen. Ich wusste, dass er sich tierisch um mich sorgte. Wie lieb von ihm. Er war der Einzige, den ich in diesem Moment hatte.
 

Ich wusste ja nicht, dass ich ihn schon längst verloren hatte.

Sentiments perdus
 

Meine Schuhe schlurften auf dem Boden. Ich fühlte mich wie ein nasser Sack auf Beinen. Mir fehlte sämtlicher Antrieb im Körper.

Wie ein geprügelter Hund ging ich mit meiner Tasche durch den langen Flur. Er war so steril, so kalt. Ich mochte es nicht.
 

Mit gesenktem Kopf betrat ich den Eingangsbereich.

„Hey Dirk“

Ich hatte nicht aufgeschaut. Ich war mir ja auch sicher, dass mich Dirk erwarten würde – so, wie er es mir versprochen hatte.

„Hey Rod“
 

Ein Poltern. Mir fiel die Tasche aus den Händen. Diese Stimme.

Ich traute mich nicht nach oben zu sehen. Sollte er wirklich...?

„Jan?“

Ich hielt es nicht mehr aus! Ich wusste, dass der Mann, den ich über alles auf der Welt liebte, direkt vor mir stand.

Ohne auf meine heruntergefallene Tasche zu achten, ohne auf die umstehenden Leute zu achten, ohne auch mich zu achten rannte ich los – mitten in die Arme meines Geliebten!

„Oh Gott Jan!“

Mehr bekam ich nicht heraus. Zu groß war meine Freude Jan wieder in den Armen zu halten. Zu fühlen und zu atmen!

Seine Arme umschlungen mich. Er sprach nicht.

Aber wozu auch? Wir hatten uns wieder. Da waren Worte überflüssig. Wir wollten uns nur gegenseitig spüren. Wir waren wieder vereint!
 

Wie sehr das täuschte...
 

„Na komm schon Rod. Wir gehen erstmal etwas essen, okay? Du siehst so blass aus.“

Ich nickte. Er hatte Recht. Ich hatte hier im Krankenhaus zwar gut zu Essen bekommen, allerdings war mir durch die Gehirnerschütterung teilweise so übel, dass ich keinen Bissen herunter bekam. Und vor dem Unfall hatte ich auch nicht viel gegessen.
 

Jan ging und hob meine Tasche auf. Eine nette Geste.
 

Jan...
 

Wie sehr hab ich dich vermisst? Du warst zwar immer da, aber doch fühlte ich mich von dir so distanziert.

Aber in diesem Moment war es ja immer noch so... So nah und doch so fern.

Doch alleine der Gedanke, dass du bei mir bleibst und alles wieder so wird wie früher – ja – das machte mich in diesem Augenblick zum wohl glücklichsten Mann der Welt.

Warum nur...?
 

Wir gingen zu Jans Wagen.

„Jan?“

„hmm..?“

„Ich dachte Dirk wollte mich abholen?“

„Er konnte nicht. Bist du denn gar nicht froh, dass ich anstatt Dirk hier bin?“

„Doch...“

Natürlich war ich glücklich. Aber Dirk hatte es mir doch versprochen. Und ich weiß, dass, auch wenn Dirk manchmal echt tollpatschig und vergesslich ist, er niemals ein Versprechen brechen würde.
 

Doch ich machte mir keine Gedanken mehr darüber. Es war so, Jan war hier... warum sollte ich meckern?

Vorsichtig setzte ich mich auf die Beifahrerseite des Wagens. Mein Kopf schmerzte noch ein wenig bei schnellen Bewegungen.
 

Im Nachhinein ein angenehmer Schmerz...
 

Und so verging der Tag.

Ich saß bei Jan auf dem Sofa und stopfte ein Stück Pizza nach der anderen rein. Ich hatte ja kaum etwas gegessen.

Jan lief durch die Wohnung und machte immer irgendwas.

Wollte er mir aus dem Weg gehen? Er hatte die ganze Zeit kaum mit mir gesprochen. Und wenn, dann waren es nur zwei bis drei kurze Sätze, die wir austauschten.

Es machte mich traurig.

Es kam mir vor, als wenn Jan mich gar nicht da haben wollte.

Oder verschwieg er mir etwas?

1000 Fragen in meinem Kopf begannen, sich wild um mein Hirn zu drehen. Mir wurde kalt. Schwindelig. Die Kopfschmerzen dröhnten.

Ich brauchte Schlaf.
 

„Wo willst du hin?“

Jans Stimme. Sie klang besorgt, doch seine Mimik und Gesten strahlten immer noch diese Kälte auf mich aus.

„Ich... bin müde. Ich leg mich hin, wenn du nichts dagegen hast“

„Nein nein, mach du nur. Schlaf dich aus“

„Danke“

Und so ging ich alleine ins Schlafzimmer. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass Jan mitkäme? Ich sehnte mich doch nach ihm und seiner Wärme.

Doch ich erntete an diesem Tag nur Kälte von ihm.

Was war nur los? Und warum sprach er nicht mit mir?
 

Gerade, als ich mich fertig machen wollte, spürte ich mein Handy in der Hosentasche vibrieren.

Vielleicht Dirk? Er hatte sich den ganzen Tag nicht bei mir gemeldet. Vielleicht hatte er viel zu tun gehabt und wollte sich jetzt entschuldigen.

Ich wusste doch nicht...
 

„Hallo?“

„Hallo Rod“

Eine männliche Stimme. Ich kannte sie nicht und doch hatte ich das Gefühl sie schon einmal irgendwo gehört zu haben.

„Wer ist da?“

„Mein Name tut nichts zur Sache“

Woher kannte ich diese Stimme bloß?

„Woher haben Sie meine Nummer?“

„Fragst du dich denn gar nicht, warum Bela dich heute nicht abgeholt hat?“

„Ich...“
 

An dieser Stelle muss ich einmal kurz meine Erzählung abbrechen.

Ich sagte doch als ich angefangen habe, dass ich dachte, der glücklichste Mensch der Welt zu sein, oder?

Nun... ob ihr es glaubt oder nicht. Ich war es wirklich.

Ich hatte doch Jan und Dirk - Die zwei besten Menschen der Welt – an meiner Seite gehabt.

Ich weiß, dass es an manchen Stellen nicht so aussah, aber ich konnte mich wirklich glücklich mit meinem Leben und meiner Umgebung schätzen.
 

Jedenfalls bis zu diesem Augenblick.
 

„Du wirst jetzt eine halbe Stunde warten. Dann gehst du zu Jan und denkst dir irgendeine Geschichte aus, warum du vor die Tür musst. Wenn du das Haus verlässt gehst du nach rechts und bis zur Straßenecke. Hinter dem dortigen Stromkasten wirst du einen Umschlag finden. Der Inhalt wird dir zeigen, warum Bela dich heute nicht abgeholt hat. Und kein Wort zu Jan, verstanden?“

„Und wenn ich es nicht tue?“

„Du machst, was ich sage, kapiert? … Ach, und noch etwas: Ich würde die blaue Bettwäsche wechseln. Die passt nicht zur Inneneinrichtung des Schlafzimmers“

Ich drehte mich zum Bett. Blaue Bettwäsche war aufgezogen.

Woher wusste...? Beobachtete der Kerl mich etwa?

„Wer...?“

„In einer halben Stunde!“

Klick

Er hatte aufgelegt.

Ich stand noch einige Minuten wie angewurzelt da.

Wer war dieser Kerl bloß? Was hatte ich mit ihm zu tun? Was hatten Jan und Dirk mit ihm zu tun? Warum nannte der Dirk bei seinem Künstlernamen, jedoch Jan bei seinem Richtigen? Und wie viel wusste Jan?
 

Ich schaute auf die Uhr – noch drei Minuten.

Diese halbe Stunde erschien mir schier endlos zu sein.

Lag es daran, dass ich nicht wusste, was ich erwartete? Vielleicht war das einer der Gründe, aber hauptsächlich hatte ich einfach nur Angst.
 

Es war soweit. Genau eine halbe Stunde war um.

Ich wollte nicht gehen, doch ich wusste nicht, was passiert wäre, wenn ich einfach da geblieben wäre. Und um ehrlich zu sein, will ich es auch nicht wissen.
 

Ich verließ also das Schlafzimmer und ging zu Jan. Dieser saß auf dem Sofa und las in einem Buch.

„Jan?“

Ich spürte eine Unsicherheit in meiner Stimme und hoffte, dass Jan diese nicht mitbekam.

Vielleicht hatte er es – vielleicht auch nicht. Er hat es mir nie gesagt.

Er sah von seinem Buch auf.

„Was ist denn?“

„Ich... Mein Kopf tut immer noch weh. Ich geh ein wenig frische Luft schnappen“

„Ist gut“

Er hing sich sofort wieder an sein Buch.

War ich ihm egal?

Nein, egal war ich ihm mit Sicherheit nicht.

Oder aber hatte er einfach … Angst?

Wusste er etwas? Bekam er auch solche Anrufe, wie ich es vorhin tat? Wie gerne hätte ich ihn gefragt. Aber ich durfte ihm ja nichts sagen.

„Ich... geh dann mal. Bin gleich wieder da“

„Viel Spaß“
 

Ich drehte mich um und ging in den Flur um meine Schuhe anzuziehen.

„Rod?“

„Ja?“

„Bitte bleib nicht zu lange wegen Essen“

„Keine Sorge, ich geh nur ne kleine Runde um den Block“
 

Ich verließ das Haus und ging die Treppenstufen hinab. Vor der Eingangstür zögerte ich. Ich wusste nicht was mich erwartet, geschweige denn warum es mich erwartet.

Doch die Angst um Jan und Dirk machte mich fast wahnsinnig und so trat ich doch vor die Tür.
 

Langsam ging ich die Straße entlang.

Ich hatte mir eine Zigarette angezündet. Eigentlich sollte ich nicht rauchen hatte der Arzt gesagt, aber ich glaube, dass das im Moment das kleinere Übel war.
 

Der Weg – insgesamt vielleicht nur 200 Meter – erschien mir wie ein Marathon lang. Ich hatte das Gefühl, dass ich Stunden für die Strecke benötigt habe, doch nun stand ich vor dem Stromkasten.

Dahinter hatte er gesagt.

Ich sah mich um. Kein Mensch weit und breit zu sehen.

Der Umschlag war nicht schwer zu finden. Locker lag er hinter dem Kasten. So, als wenn er aus Versehen von diesem herunter gerutscht wäre.

Gerade, als ich ihn in meinen Händen hielt, vibrierte schon wieder das Handy in meiner Hosentasche.
 

Dieses Mal nahm ich nur ab – ohne Begrüßung. Ich wusste, wer am anderen Ende war.

„Gut... du hast den Umschlag. Feiner Rod.“

„Verarschen kann ich mich alleine“

„Na na na... Warum denn so unfreundlich? Ich habe dir doch gar nichts getan... noch nicht. Aber wenn du gut zuhörst und artig das machst, was ich dir sage, wird es auch so bleiben.“

„Was muss ich tun?“

„Öffne den Umschlag und siehe dir die Fotos an“
 

Ich tat, wie mir geheißen. Der Umschlag war nicht zugeklebt, daher hatte ich keine Schwierigkeiten, ihn zu öffnen. Zum Vorschein kamen zwei Fotos.
 

„Oh mein Gott“

„Na? Geschockt?“

„Wer... wer war das?“

„Ich war es nicht! Aber ich würde mal deinen Herrn Lebensgefährten fragen. Obwohl nein. Du wirst gar nichts tun. Du gehst zurück und tust so, als wenn nichts gewesen wäre, verstanden?“

„J-ja“
 

Ich legte auf und ging zurück.

Wie widerlich.

Wer sollte... KÖNNTE jemanden so was...

Ich betrat wieder Jans Wohnung. Er saß immer noch auf dem Sofa und las.

„Na Rod, wie war der Spaziergang? Geht es dir besser?“

„Ja... besser“
 

Ab da wusste ich, dass ich in einem brutalen und perversen Spiel gefangen war...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  traumherz
2009-05-06T16:34:11+00:00 06.05.2009 18:34
soo, hab jetzt endlich alles nochmal gelesen, damit ich wieder den richtigen Anschluss habe^^

muss sagen, dass mir die Story immer besser gefällt, die Handlung wird immer spannender xD bin schonmal gespannt, wer der Täter ist^^

bin leider im Moment nicht so inspiriert, einen wirklich langen Kommentar zu verfassen, aber ich denke mal, dass du dich schon freust, dass ich wenigstens überhaupt mal wieder einen schreibe xD

hab dich lieb ^-^
*schmus*
danke für die tolle Story
Von:  Toozmar
2009-05-05T16:34:43+00:00 05.05.2009 18:34
unglaublich spannend geschrieben... bin neugierig auf das Kommende!


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