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Einzelposting: Schönheits-OP, die Zweite


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Von:    ADHD-no-Jutsu 24.06.2010 21:17
Betreff: Schönheits-OP, die Zweite [Antworten]
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Da es ja im letzten Thread leider Leute gab, die trotz einem eklatanten Mangel an Ahnung, geschweigedenn Erfahrung, meinten, andere MIT Erfahrung diskreditieren und zur Schnecke machen zu müssen, wurde besagter Thread geschlossen. In der Hoffnung, diesmal einen zivilisierten Meinungsaustausch unter Interessierten zu haben, eröffne ich das Thema erneut. Das Argument, Animexx sei die falsche Plattform, finde ich schwach, denn auch andere Aspekte des Äußeren und der Gesundheit werden hier diskutiert. OHNE Angriffe.

Es gibt zu PlaChi (meine Abkürzung für das lästig lange "Plastische Chirurgie") ja viele Contra-Argumente, teils fundiert, teils fußend auf Ignoranz oder falschen Vorstellungen des Wortes "Natürlich". Kurz: Vorurteile, Vorurteile, Vorurteile. Meine Meinung zu den Contras:

"Es ist nicht natürlich" - Die Natur meint es nicht mit jedem gut. Es gibt Penisnasen, fehlende Ohren, extra Finger, Titten bis zum Bauchnabel, nicht selbst verschuldete Fettleibigkeit, etc. Ist der Hang zur Natürlichkeit so viel wichtiger, als sich schön, oder wenigstens nicht abartig zu fühlen? Nehmt mal eine junge Frau, die durch Krankheit schwer zugenommen hat. Dann nahm sie durch ein Magenband 50 von ihren 160 Kilo ab, in nur einem Jahr. Resultat? Schlaffe Haut, Hängebrüste, doppelte Bauchfalte. Im zarten Alter von 20. Erstens ist ein solcher Körper nicht "natürlich", sondern ein leerer Sack, wo einst abnormal viel Fett war. Zweitens ist es psychisch und körperlich eine Qual, so zu leben - noch dazu in dem Alter!

"Es ist gefährlich" - Das ist das Überqueren der Straße auch. Wieviele Leute sind schon unnötig überfahren worden, weil sie zum Zigarettenautomat wollten, während das Hinnehmen der Risiken bei PlaChi die Lebensqualität erheblich verbessern kann? Zudem ist das wohl das Bier des Betroffenen. Und so viele Leute sterben nicht unterm Messer. Es gibt Pfuscher und Todesfälle, aber man muss bedenken, wie wenige das sind.

"Der Kommerz und die Medien sind schuld" - Ist doch egal, wenn das Resultat ist, dass man als tatsächlich oder gefühlt hässliche Person unglücklich ist. Dadurch, dass man mit dem Finger auf Modeblätter zeigt, die dürre Models als die einzig vollwertigen Frauen anpreisen, wird man selbst nicht schöner oder glücklicher.

Auch gibt es viele Vorurteile. Beispiel Nr. 1: Brust-OP. Nicht jede Frau, die sich dieser unterzieht, will riesige Pornotitten. Ich wollte beispielsweise nur nicht mehr, dass sie ohne BH 10cm über meinem Nabel hängen oder neben mir liegen, wenn ich auf dem Rücken liege. Das sieht monströs aus und ist psychisch noch belastender, als ein fetter Arsch. Da ruft auch keine Vergrößerung, sondern eine Straffung. Brust-OP ist nicht gleich Brust-OP.
Meine beste Freundin - hatte nen E-Cup! Rückenbeschwerden sind da vorprogrammiert und nur viel zu große, schlabberige Oberteile passten über ihre Riesendinger, wodurch sie meistens ziemlich schäbig rumlief. Sie hat sie verkleinern!! lassen und ist nun bedeutend glücklicher.
Sind das weniger gültige Argumente als der Verlust einer Brust durch Krebs oder Unfall? Monströse Brust ist monströse Brust, was interessiert die Ursache? Sind Männer, die dich nackt und geil sitzen lassen, wenn sie deine Pendeltitten sehen, kein Argument? Sowas tut verdammt weh, mal zur Info. Sind Rückenschmerzen hoch drei kein Argument? Der Wunsch nach einem weiblichen, schönen Körper?

Natürlich gibt es Frauen, die, unter Druck durch ihren Mann, Zuhälter oder Porno-Produzenten, sich die Brüste ewig vergrößern lassen und das aus Gründen, die der Frau selbst vielleicht gar nicht so eng am Herzen liegen. Aber man darf solche Fälle nicht mit Obengenannten über einen Kamm scheren und auch Porno-Silikonfrauen verurteile ich nicht: Ist nicht mein Bier! Ich würds nicht machen. Jeder darf aber gern.

Oder Fettabsaugung - "Friss die Hälfte" ist nicht immer die Lösung. Es gibt Fettpolster, oft sehr große, die nicht weg zu hungern/joggen sind. Ich nehme seit 9 Jahren nur noch im Gesicht ab, was ich auch tue: Sport, 700kcal/Tag, Gemüsesuppe, Pillen, FDH, Pro-Ana Methoden, NICHTS verkleinerte meinen fetten Arsch. Was dann? Was, wenn man als junge Frau doppelt so breit ist, wie der durchschnittliche gleichaltrige Mann, den man bekören will, weil auch ne fette Sau liebesbedürftig ist, einen hübschen Freund will und schön gefunden werden will? Was, wenn das Fett nicht weicht, egal, was man tut, und Liposuction der letzte Ausweg ist?
Mein Chirurg hat mir einen langen Verdacht diesbezüglich bestätigt. Nach Einsetzen meines Magenbandes nahm ich im ersten Jahr etwa 50 Kilo ab, danach kaum noch - außer im Gesicht. Was ich auch tat, der Arsch blieb so fett wie eh und jeh.
Was sagt der Arzt? Ich bin weder adipös/fettleibig, noch habe ich eine Essstörung (wahr ist, dass ich zwar gern nasche, aber insgesamt weniger und gesünder esse, als meine schlanken Freunde. Ich krieg keine ganze Pizza runter, Muskelfleisch kommt sofort wieder hoch). Ich habe festgesetztes, uraltes Fett, das nur noch chirurgisch zu entfernen ist. Ja und nu? Friss die Hälfte? Ernsthaft?

Thema Face Lift - ich selbst bin mit meinem Gesicht voll zufrieden, obwohl mein Chirurg es gern mit meinem Arschfett aufspritzen würde XD
Aber es gibt Leute, die laufen mit 40 schon rum, wie ein Kartoffelsack. Sie sehen in den Spiegel und sehen der Alterung in Richtung Einsamkeit und Tod ins Gesicht. Überdramatisch? Aber so fühlen sich viele, gerade Frauen, und die eigenen Gefühle darf kein Dritter als ungültig oder deppat abstempeln, sie sind da und sie sind eine Tortur, fertig. Klar, es ist nur normal, dass der Körper altert, die Haut erschlafft, etc. Aber bei manchen geht das extrem schnell und krass voran, und warum sollte so jemandem nicht gegönnt sein, den Prozess zu verlangsamen? Sicher sind Botox & Co. zwiespältig und in libanesischen Feuilletons kann man sich über Kürbisfressen lustigmachen, die's mit dem Botox zu bunt getrieben haben. Aber ein Lift ist nicht gleich Botox, zum einen, und zum anderen kann auch Botox in Maßen schöne Resultate liefern. In Maßen.

Der Mensch hat schon immer sein Aussehen modifiziert, ob durch Kosmetik, Kleidung, Körperbemalung/Piercing, Make-up oder nun auch PlaChi. Dass nur letztere permanent ist, macht es nicht schlechter. Im Gegenteil, warum sollte man nur zeitweise schlank, jung etc. aussehen? Wenn es doch die Möglichkeit gibt, weitgehend permanent (man kann jedes Resultat nachträglich noch verhunzen) so auszusehen, wie man glücklich damit wäre, warum nicht? Wer darf da für andere urteilen, ob es richtig ist? Ich finde PlaChi nicht dekadenter als Schminke. Eher sinnvoller, Schminke verläuft, bröselt, schmiert, ist am Ende des Tages fürn Arsch und muss erneuert werden - und hilft nicht bei fetten Ärschen und Hängetitten.

Zu mir:
Meine Schönheitsfehler sind ein fetter Arsch, eine doppelte Bauchfalte, wo kaum noch Fett drin ist (nur lose Haut), massive Oberschenkelzellulite, starke Körperbehaarung wegen einem abnormalen Testosteronspiegel + scheiß Erbgut, fleckige Zähne, Narben, schlabbrige Oberarme, verdammtes Jugendsünden-Tattoo und das war's auch schon.
Ich bin fast 27 und quäle mich mit diesen Macken, seit ich 12 bin, mit manchen mehr, mit manchen weniger bis kaum. Und wer ehrlich ist, würde nicht mit mir tauschen wollen.

Was habe ich machen lassen?
2001 - Magenband, von 160 Kilo runter auf 104. Schmerzfaktor: gut erträglich, die ersten Tage waren scheiße.

2005 - Fettabsaugung an Arsch und Hüfte, leider haben sie permanente Resultate versprochen und dem war nicht so - stattdessen kam eine Delle, bzw. weitere Falte, hinzu. Schmerzfaktor: Nie wieder Schlafnarkose, ich hab zu viel gespürt. Danach gut erträglich, nur das Stützmieder im Sommer war eine Tortur, aber kein Grund, es nicht wieder zu tun. Nächstes Mal nehm ich nen anderen Chirurgen als diesen Namenlosen, der nicht mal Follow-ups macht (obwohl versprochen).

2009 - Füllung aller Karieszähne und leichte Bleichung meiner wegen Depressionen vernachlässigten Zähne unter Vollnarkose. Schmerzfaktor: Null, bloß eklig, dass sie den OP-Dreck nicht von meinen Zähnen gewischt haben danach. Resultat: Die Pottsauen sollten auch die Flecken entfernen, haben sie verpennt... Aber ich kann wieder lächeln, was meine Lebensqualität massiv gesteigert hat. Mit Freunden nicht lachen können, nuscheln zu müssen, um die Oberlippe weitgehend über den Zähnen zu halten, das ist ne Quälerei die auf Dauer echt depressiv macht.

2010 - Oberschenkel- und Brustlift in einem. Bin noch in der Heilungsphase, kann also zum Resultat noch wenig sagen. Alles noch geschwollen und taub und schuppig und bäh. Meine Brüste brauchen aber angeblich ab nächsten Monat nie wieder nen BH und sind sogar ohne Implantate nicht zu klein (ein belgischer Chirurg meinte, ich müsse unbedingt für €700 Silikone einsetzen lassen, weil sonst nix übrig bliebe - der in Beirut hingegen meinte gleich: You don't need implants! Und siehe da...). Schmerzfaktor: Erträglich, kein Problem an der Brust, Gehbehinderung durch die Einschnitte in den Oberschenkel in der 1. Woche, sehr schmerzhaft, durch Komplikationen (selbstverschuldet) und dem Aufplatzen einer Wunde, auch 3 Wochen später noch gehbehindert und die betreffenden 2 Wunden im Schritt sind ekelhaft. Die bisher verheilten Wunden versprechen aber, nur unauffällige Narben zu hinterlassen. Sinn der OP war, dass Platz zwischen meinen extrem breiten, schlaffen OS gemacht wird, damit sie nicht mehr aneinanderkleben und durch Reibung zu Hautreizungen und Eingewachsenehaare-Entzündungspickel führten. Der Schweiß zwischen den Beinen war auch oft ne unangenehme Angelegenheit, sah aus, als hätt ich mich bepisst. Also keine reine Frage der Ästhetik, sondern auch der Hautgesundheit. Zugegeben, der OS-Eingriff war nicht das Gelbe vom Ei. Die Komplikationen, die offene Wunde, der massive Blutverlust und die Gehbehinderung ausgerechnet in dieser Hitze, und noch dazu die Tatsache, dass offene Wunden im Schritt ne Hygienefrage sind, dämpfen zur Zeit meine Vorfreude aufs Endresultat gewaltig. Dennoch ist dieser Fall von "Shit happens" nicht representativ für PlaChi allgemein! Ich freue mich schon sehr auf meine "neuen", weiblichen, schönen Brüste, die nicht mehr aussehen werden wie die einer 80jährigen 20fachen Mutter, denn so sahen sie vorher aus und ich musste selbst bei Freunden immer einen schmerzenden BH tragen.

Es gibt Leute, da frag ich mich, was sie im Wartezimmer des PlaChi-Arztes machen. Sehen perfekt aus. Oder zumindest gut. Aber Kleider verdecken oft monströse Grausligkeiten. Für manche Eingriffe, wie "aber hier hab ich 20ml Fett zu viel, mein Bauch steht 2 Millimeter über meiner Unterhose" habe ich wenig Verständnis, aber ich respektiere es. Is doch jedem selbst überlassen.

Warum also, sind viele Leute so missgünstig, wenn es um PlaChi geht - wenn es den Betroffenen glücklich machen könnte? Wollen wir nicht alle nur glücklich sein? Jeder hat eine andere Vorstellung vom Glück, für die einen ist es Schönheit, für die anderen Geld, Weltreise, Diplom, Karriere, Familie, was auch immer fehlt und wonach man sich sehnt.

Ich hoffe auf einen sachlichen Meinungsaustausch.

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