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Boston Boys - Fragmente

Kurzgeschichten zur Boston Boys Reihe
von

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Tino – September 2015

Er seufzte leise, drehte sich in meinem Arm um und kuschelte sich dichter an meine Brust. Langsam ließ ich meine Finger durch seine weichen Haare wandern und lächelte. Er war so niedlich, wenn er schlief.

»Ich muss bald aufstehen, oder?«, grummelte er und zog sich die Decke noch weiter über die Ohren.

Jedoch nicht so weit, dass ich ihn nicht weiter streicheln konnte. Leise erklärte ich: »Du kannst auch liegenbleiben. Aber ja, ich muss gleich aufstehen.« Auch wenn ich das ein wenig bereute. Ich hätte zu gern noch weiter mit ihm gekuschelt.

»Was ist mit deinem Besuch?« Er grub sich etwas aus der Decke und sah verschlafen zu mir auf.

Ich nutzte die Gelegenheit, um ihn zu küssen. Gleichzeitig ließ ich meine Hand an seinem Rücken nach unten wandern. »Es ist nur Nick. Du störst wirklich nicht, wenn du liegenbleibst. Schlaf dich aus.« Ich hatte zwar mitbekommen, dass er sich zu mir ins Bett gelegt hatte, aber ich wusste nicht, wann genau das gewesen war. Jedenfalls wieder sehr spät. »Und wenn du magst, kannst du dann dazukommen.«

Unschlüssig brummte er. »Ich weiß nicht ...«

»Du kannst es dir ja noch überlegen.« Hoffentlich zögerte er nicht, weil er und Nick eine gemeinsame Vergangenheit hatten. Ich hätte mich zumindest gefreut, wenn sie sich verstehen würden. Letztendlich entschied ich mich, ihm zumindest zu sagen, dass ich mich über seine Anwesenheit freuen würde.

»Ich überleg’s mir«, versprach er.

Ich zog ihn noch einmal fester an mich und küsste seine Schläfe. »Das ist alles, was ich möchte.« Dann stand ich auf und machte mich so weit fertig, wie es für den Besuch meines besten Freundes notwendig war.
 

Nick warf einen skeptischen Blick auf Samsas Schuhe, die neben der Tür standen, als er diese zuzog. »Du hast noch Besuch?«

Bevor ich irgendeine Frage beantwortete, zog ich ihn erstmal in eine kräftige Umarmung und gab einen Kuss auf seine Wange. Er erwiderte beides, drängt dann aber mit einem hochgezogener Augenbraue auf eine Antwort.

»Ja. Samsa schläft noch, ich hab ihm aber angeboten, sich später zu uns zu setzen, wenn er mag. Ich hoffe, das ist für dich okay?« Mit einem Blick machte ich klar, dass ich sein Einverständnis erwartete. Andernfalls würde er mir eine gute Erklärung geben müssen.

Seine Miene zeigte mir, dass er nicht begeistert war, und er kratzte sich am Hals. »Wenn es denn sein muss.«

»Gibt es einen Grund, warum nicht?« Ich ging vor ihm her in die Küche und stellte die Kanne mit dem Kaffee, die gerade fertig wurde, auf den Tisch.

Seufzend warf er die Tüte mit Bageln daneben und sank auf den Stuhl mir gegenüber. »Ich bin einfach nur nicht so begeistert von ihm. Weißt du denn nicht, dass er sich durch etliche Bars und Clubs vögelt?«

Eigentlich hatte ich ihm gerade eingießen wollen, hielt jedoch in der Bewegung inne. »Ist ja nicht so, als hättest du ihn nicht ebenfalls auf die Art kennengelernt.«

»Und das ist der Grund, warum ich skeptisch bin. Er hat mich einfach geghostet!«

Kommentarlos goss ich das braune Gold in seine Tasse, dann füllte ich meine eigene. Er wusste, was ich davon hielt. Es war ein One-Night-Stand gewesen. Ja, Samsa hätte es vielleicht deutlicher machen sollen, aber sich nicht mehr zu melden, wenn er Nick nicht noch einmal sehen wollte, war sein gutes Recht.

»Tino, ich mach mir doch nur Sorgen, dass er dich verletzt, wenn er einfach aus deinem Blickfeld verschwindet, weil er jemand besseres findet. Du wirkst sehr in ihn investiert.« Nicks Blick machte deutlich, dass die Aussage auch eine Frage beinhaltete: ›In welcher Beziehung steht ihr?‹.

Ruhig trank ich einen Schluck. »Nach zehn Monaten eher unwahrscheinlich, dass das so plötzlich passiert, meinst du nicht? Und selbst wenn: Samsa ist frei, jederzeit zu gehen. Wir haben keine Verbindlichkeiten.«

»Es wäre dir also vollkommen egal? Genauso wie es dir egal ist, dass er sich durch die halbe Stadt hurt?« Noch immer machte Nick keinerlei Anstalten, sich am Essen zu bedienen.

»Ich habe nicht gesagt, dass mir irgendetwas davon egal ist. Es würde mich verletzen und ich würde hoffen, dass ich ihm zumindest eine Erklärung wert bin, wenn er nichts mehr von mir wissen wollen würde. Das ist für mich zumindest ein Teil von Ehrlichkeit. Und das ist die einzige Bedingung, die wir aneinander stellen.«

»Okay, lass es mich umformulieren:«, Nicks Stimme nahm eine gewisse Schärfe an, »Was willst du von einem Mann wie ihm?«

»Ich möchte von ihm genau das, was wir miteinander haben.« Da er noch immer nicht anfing, bediente ich mich als erstes und suchte mir einen Bagel mit Erdnussbutter, Banane und Honig. »Ich hab keine Ahnung, was du von mir hören willst. Ich bin absolut zufrieden, wie es zwischen uns läuft.«

Ungläubig schüttelte er den Kopf. Er musste das wohl erstmal verarbeiten und kramte nun auch in der Tüte. Rasch zog er ein ›Green Monster‹ heraus. »Du willst mir ernsthaft erzählen, dass es dich glücklich macht, wenn er ständig mit anderen schläft und du keine Ahnung hast, wann du ihn das nächste Mal siehst?«

»Wenn ich ihn sehen will, dann frag ich, ob er herkommt. Dasselbe gilt, wenn ich wissen möchte, mit wem er sonst noch schläft: Ich frage einfach nach. Er übrigens auch.« Bevor ich weitersprach, stillte ich den ersten Hunger mit einem großen Bissen. »Ich weiß wirklich nicht, was du daraus für ein Drama machst. Ich brauche dieses große Paket, das mit den meisten Beziehungen einhergeht, nicht. Ich suche mir das raus, was ich möchte. Und genau das bekomme ich von Samsa.«

»Und das wäre?« Die Schärfe war schon eine Weile aus seiner Stimme gewichen, doch er war sehr offensichtlich noch immer skeptisch. Offenbar hatte nicht nur Samsa Freunde, die ein kritisches Auge auf unsere Beziehung hatten.

Ich nahm mir die Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Ich wollte Nick nicht alles unüberlegt vor die Füße werfen.

Bevor ich jedoch antworten konnte, öffnete sich die Schlafzimmertür und wenig später kam Samsa in die Küche. Er murmelte einen Gruß, zog sich den Hocker, den ich für die wenigen Male mit mehr Besuch unter der Spüle hatte, an den Tisch und setzte sich mit einer Tasse zu uns.

Schmunzelnd goss ich ihm ein. »Schon wach?«

»Zu dünne Wände. Ich höre euch reden.«

»Das tut mir leid. Möchtest auch etwas?« Fragend schob ich die Bageltüte in seine Richtung und stand auf, um ihm Geschirr hinzustellen.

Samsa sah nur kurz zu Nick, dann schüttelte er den Kopf. »Erstmal nicht, danke.«

»Wenn du es dir anders überlegst, bedien dich einfach.« Dann wandte ich mich wieder meinem besten Freund zu. Ich war ihm schließlich noch eine Antwort schuldig. »Einen echt sexy Kerl, mit dem ich nicht nur im Bett Spaß haben kann, weil wir einen ähnlichen Humor haben. Außerdem haben wir ähnliche Grundwerte und unsere Erwartungen und Bedürfnisse an Nähe und Distanz überschneiden sich. Wir können gut miteinander kommunizieren, wenn uns etwas zu weit geht oder wir etwas brauchen. Ich finde, da sind wir deutlich weiter, als es viele Menschen in klassischen Beziehungen sind. Außerdem bewundere ich seine Entschlossenheit.«

Samsa, der, während ich sprach, immer weiter hinter seiner Tasse verschwunden war, fragte leise: »Soll ich lieber ins Wohnzimmer gehen?«

»Von mir aus musst du nicht. Ich glaub nicht, dass wir irgendwas besprechen, dass du nicht hören solltest.« Und das sagte ich nicht, um Nick eins reinzuwürgen. Samsa durfte ruhig wissen, was ich zu unserer Beziehung dachte.

Nick zuckte als Antwort nur mit den Schultern, bevor er wieder mich ansah. »Das ist ja alles schön und gut, aber was ist mit gemeinsamen Interessen?«

»Mal abgesehen davon, dass ich nicht behaupten würde, dass wir keine gemeinsamen Interessen hätten, erwarte ich nicht von einer Person, alles mit mir gemeinsam zu machen oder alle meine Bedürfnisse zu erfüllen.«

Genervt stöhnte Nick. »So meinte ich das nicht!«

»Ja, ich auch nicht.« Wie kam er darauf, dass ich das nur aufs Sexuelle bezog? »Während ich mit dir gut Baseball schauen und spielen oder über Gefühle und Politik reden kann, brauch ich dich nicht nach Langlauf zu fragen und nehm dafür andere mit. Warum sollte das in irgendeinem Bereich anders sein?«

Die Falte auf seiner Stirn vertiefte sich. Ein untrügliches Zeichen, dass ihm die Argumente ausgingen, er aber mit dem Ausgang der Diskussion nicht zufrieden war. »Für eine Beziehung sollten aber mehr Gemeinsamkeiten da sein als Lust auf Sex.«

Kopfschüttelnd verdrehte ich die Augen, während ich wartete, dass Samsa sich einen Bagel ausgesucht hatte, um mir selbst einen Lachsbagel zu angeln. »Erstens: Niemand hat behauptet, dass das unsere einzigen gemeinsamen Interessen sind. Zweitens: Wer legt das fest? Selbst wenn es so wäre, wer verbietet das? Es gibt so viele Beziehungen, die gefühlt keine andere Basis haben und dann nach einer Weile genau deshalb auseinanderbrechen. Und dann sind die Beteiligten hinterher enttäuscht, weil nicht vorher darüber geredet wurde, was die Beziehung vielleicht sogar hätte retten können. Sorry, aber lieber kommuniziere ich gleich deutlich, was wir uns von der gemeinsamen Zeit erhoffen, und teile meine Zeit auf die Leute auf, die an den jeweiligen Aspekten Interesse haben, als sie einer Person aufzuzwingen oder Aspekte aus meinem Leben zu streichen, nur weil es irgendwelche gesellschaftlichen Konventionen so wollen.«

»Und trotzdem frage ich dich, ob du mit einer Person, die du liebst und die dich liebt, nicht besser dran wärst als das aus rein rationalen Gesichtspunkten zu sehen.«

Lächelnd legte ich Samsa, der stur auf seinen Bagel starrte und mit wütenden Bewegungen Frischkäse darauf verteilte, meine Hand in den Nacken und streichelte sanft darüber. Ich verstand, dass Nicks Art bei ihm nicht gut ankam, aber es war wirklich nicht böse gemeint. »Nichts von dem, was ich gesagt habe, schließt irgendeine Art von Gefühlen aus.«

Samsas Wangen färbten sich zart rosa und es schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen, auch wenn er den Kopf nicht hob.

Mein bester Freund, der es hasste, wenn ich mich in seinen Augen kryptisch ausdrückte, knurrte dagegen nur. »Was soll das heißen? Bist du nun in ihn verliebt?«

Ich zuckte einfach nur lächelnd mit den Schultern, wohl wissend, dass es meinem besten Freund fuchsig machen würde. Doch das war keine Frage, die ich zu beantworten bereit war. Nur eine Person hatte ein Recht auf diese Antwort und ich war mir sicher, er kannte sie bereits.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2021-03-06T18:19:19+00:00 06.03.2021 19:19
Das Ende ist mega niedlich! Ich bin mega froh, dass Samsa Tino gefunden hat. Und klar, doof für Nick, dass er geghostet wurde. Aber er wäre bei seiner Einstellung auch niemals mit Samsa glücklich geworden. Von dem her war Samsas Entscheidung gegen ein zweites Treffen das Beste für beide - auch ein das will ziemlich an Nicks Stolz gekratzt hat. Es ist natürlich verständlich, dass er sich Sorgen um seinen besten Freund macht, aber der scheint ziemlich genau zu wissen was er will und auf was er sich eingelassen hat :)
Antwort von:  Vampyrsoul
09.03.2021 14:39
Uh, nein, Samsa und Nick wäre nie etwas geworden xD Nick hätte Samsa sofort erdrückt. Das wäre für beide keine schöne Erfahrung geworden.


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