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Keep calm and fake on

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen zu der neuen Kickers Geschichte "keep calm and fake on".

Liebe Devilvegeta du hast dir doch eine Geschichte gewünscht, in der Elsa eine Beziehung mit Viktor hat und dann Mario wieder auftaucht - ein klein wenig abgewandelt, hier ist sie ;)

Ich mag sie und es hat gaaaanz viel Viktor, was besonders einer weiteren Person gefallen dürfte ;)
Viel Spaß damit ^^
Eure Tasha Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo miteinander :)
morgen ist bei mir einiges los und da ich nicht zu sehr in Stress kommen mag, lade ich das neue Kapitel einfach jetzt schon hoch ;)
Oh, und hier ist er wieder - der Vermisste
viel Spaß damit ^^ Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Here it is - das erste Aufeinandertreffen unserer Hauptprotagonisten nach der Trennung ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
tja, da ist es schon ... das letzte Kapitel dieser Geschichte - morgen folgt dann noch der Epilog ... Komplett anzeigen

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Prolog

“Hallo Elsa.”

Die Angesprochene sah auf. “Oh, hallo Taro.”

Die junge Frau lächelte ihren Kommilitonen an, ehe sie den Kaffeebecher to Go entgegen nahm, denn ihr der Besitzer des Kaffeewagens reichte und den sie soeben bezahlt hatte. Sie stellte sich an die Seite des Kaffeewagens und fügte Milch und Zucker hinzu.

“Ist dein Freund heute gar nicht dabei?”, fragte Taro neugierig und sorgte für ein Stirnrunzeln bei Elsa. Sie drückte den Deckel auf den Pappbecher, ehe sie ihn in die Hand nahm und sich zur Seite drehte.

“Ich bin nicht mehr mit ihm zusammen”, antwortete sie auf die Frage und widmete sich schon dem Unvermeidbaren, das tatsächlich nicht lange auf sich warten ließ.

“Wirklich? Würdest du dann vielleicht mal mit mir ausgehen?” Hoffnung lag in Taros Tonfall.

Elsa unterdrückte ein lautes Seufzen, zwang sich ein Lächeln aufs Gesicht und sah ihren Kommilitonen an.

“Entschuldige bitte, Taro, aber ich möchte mich aktuell auf mich konzentrieren, immerhin ist es noch nicht lange her, dass Misugi und ich uns getrennt haben. Ich hoffe du verstehst, dass ich gerade nicht auf Dates gehen will.”

Und schon konnte man die Enttäuschung auf den Zügen des neben ihr Stehenden sehen. Er blinzelte, dann grinste er schief. “Okay. Meld dich bei mir, wenn du doch wieder ausgehen willst, ich bin ein guter Typ. Ich bin nett, ich bin freundlich, ich lade dich auch gerne ein und …”

Mit versteinerter Miene hatte Elsa Taro zugehört, musste sich wirklich zusammenreißen, diesen nicht zu unterbrechen und war einfach nur dankbar, als ihr Name laut erklang.

“Elsa!”

Sie drehte sich um und strahlte den dort Stehenden an. “Viktor!” Dieser grinste ebenfalls, runzelte dann seine Stirn, als sie direkt auf ihn zukam und sich bei ihm einhakte. “Da bist du ja endlich! Ich warte schon auf dich.” Sie wandte sich noch einmal Taro zu. “Ähm, wir sehen uns dann an der Uni, bis dann.”

Sie nickte ihrem Kommilitonen zu und zog Viktor kurzerhand mit sich in eine andere Richtung. Der Ältere schob seine Sonnenbrille auf den Kopf und sah seine plötzliche Begleitung verwirrt an, wartete jedoch, bis Elsa stehen blieb und sich von ihm löste. Ihr Kopf fiel in ihren Nacken und ein lautes Stöhnen entkam ihr.

“Was ist los?”, fragte er und hob seine Augenbrauen.

“Entschuldige bitte, dass ich dich so vereinnahmt habe, aber ich hatte keinen Bock mehr. Ich bin mit Misugi nicht mehr zusammen und …”

“Oh, das tut mir leid zu hören.”

Elsa winkte ab. “Schon gut, ich habe Schluss gemacht, mir war es irgendwie zuviel. Aber jeder Typ, der das mitbekommt, denkt, dass das ein Freifahrtschein ist, mich um ein Date zu bitten. Ist es wirklich so schwer, jemanden, der gerade eine Trennung hinter sich hat, erstmal in Ruhe zu lassen? Ich würde mich gerne erstmal auf mich konzentrieren, ehe ich mich auf einen anderen Typen einlasse. Außerdem ist es doch ganz nett, auch mal Single zu sein. Aber gut, danke dir, dass ich dich ausnutzen konnte, du hast was gut bei mir.”

Auf Viktors Zügen erschien ein breites Grinsen und nun ließ er seine Augenbrauen auf und ab wackeln. “Du weißt, du darfst mich jederzeit ausnutzen.”

Die Frau neben ihm, lachte auf und stieß ihm ihren Ellenbogen spielerisch zwischen die Rippen, während sie ihren Gang im Park wieder aufgenommen hatten und gemütlich nebeneinander her liefen. Immer wieder trank Elsa einen Schluck von ihrem Kaffee.

“Was machst du hier?”, fragte sie ihren Begleiter dabei neugierig.

“Ich hatte Training und bin eigentlich auf dem Heimweg. Hier durch den Park ist es halt die kürzeste und schnellste Strecke.” Er deutete auf die Sporttasche, die über seinem Rücken hing.

“Das hätte ich mir denken können.”

“Was willst du damit sagen?”

“Dass wenn du nicht an der Uni bist, du entweder Fußball spielst oder Party machst. Wo soll ich anfangen? Keine Unisachen, keinen Drink in der Hand, bleibt doch nur noch Fußball übrig.”

Schon lachte Viktor laut auf. “Okay, hier kann ich nichts entgegnen, falsch liegen tust du damit eindeutig nicht. Na gut, ich muss hier entlang, falls du mal wieder ein Alibi brauchst, sag Bescheid. Und ich melde mich, wenn ich meinen Gefallen einfordern muss.”

Nun war es Elsa, die breit grinste. “Tu das. Ich bin für fast alle Schandtaten bereit, außer sie haben was mit der Horizontale zu tun.” Ihr Finger deutete zwischen ihnen beiden hin und her.

Auch Viktor grinste. “Schade drum. Aber keine Sorge, das hier”, nun war es sein Finger zwischen ihnen, “ist gut so, wie es ist. Also dann bis bald.”

Er hob seine Hand zum Abschied und lief davon. Schmunzelnd blickte Elsa ihm hinterher. Doch, Viktor war ein Typ, mit dem man Pferde stehlen konnte und sie war froh, dass sie beide Freunde waren.
 

///
 

Nachdem sie den letzten Schluck getrunken hatte, warf Elsa den Kaffee-to-go Becher in einen Mülleimer. Sie würde jetzt nach Hause gehen und dort ihre Notizen noch zusammentragen, die sie vorher gemacht hatte, während sie auf einer Bank gesessen war. Das Wetter war so schön, da hatte sie nicht in ihrem Studentenwohnheimzimmer sitzen wollen und dort an ihrem Schreibtisch arbeiten, der Park war dazu genauso geeignet, gerade, wenn die Sonne so schön schien wie heute. Sie lief los, sah dabei auf ihr Handy, als sie vor sich eine Gruppe junger Männer erkannte, die alle Fußball-Trikots trugen. Ein etwas wehmütiges Lächeln erschien auf ihren Zügen. Es erinnerte sie an ihren Bruder und dessen frühere Fußballmannschaft, die Kickers. Aber gut, das war wirklich schon lange her, sehr lange. Inzwischen war Gregor schon 21, sie 23 Jahre alt und sie beide studierten. Natürlich spielte Gregor immer noch Fußball, allerdings nicht mehr in einer Schulmannschaft und zu seiner großen Freude sogar mit Viktor als Torwart der gleichen Mannschaft, was es manchmal auch anstrengend machte bei Familienfeiern zu sein, wenn sowohl Gregor als auch Viktor da waren. Wenigstens hatte Elsa mit Conny, Gregors Freundin und gleichzeitig Viktors Schwester, immer eine weibliche Unterstützung an ihrer Seite.

Wie von selbst suchten Elsas Augen nach dem Torwart der Mannschaft vor sich. Als sie eine grüne Mütze erkannte, machte ihr Herz einen Satz. Es war schon fast acht Jahre her, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. In der Grundschule war sie damals sehr in ihren Klassenkameraden verliebt gewesen, der gleichzeitig der Torwart von Gregors Mannschaft und auch dessen guter, eigentlich schon bester Freund gewesen war. Auch in der Mittelschule hatte sie noch sehr für ihn geschwärmt, doch dann war er weggezogen und das war es dann gewesen. Doch zuvor hatten sie sich tatsächlich geküsst. Er hatte ihr ihren ersten Kuss geschenkt und sie wusste, dass sie das erste Mädchen gewesen war, das er geküsst hatte. Und kurz darauf war er weg gewesen. Wie gesagt, es war schon ewig her, sie sollte nicht nach ihm Ausschau halten und ihr Herz sollte ruhig bleiben, wenn sie an ihn dachte. Trotzdem verhielt es sich auch heute oft noch seltsam, wenn sie an ihn dachte … Mario.

In dem Augenblick drehte sich der Torwart herum, der in dem Pulk der Männer stand, sodass sie sein Profil erkennen konnte. Elsas Augen weiteten sich und sie starrte diesen ungläubig an, während ihr Herz sich zusammenzog. Das … das war er doch, oder? Zweifelnd betrachtete sie ihn, überlegte, ob er es wirklich sein könnte. Doch, das musste er einfach sein. Der Mann hatte die gleichen kurzen, schwarzen Haare, dunkle Augen, einen etwas dunkleren Teint. Natürlich wirkte er viel männlicher, aber damals war er ja auch noch ein Junge gewesen, es wäre seltsam, hätte er sich äußerlich nicht verändert.

Ehe sie groß reagieren konnte, hatten sich ihre Füße schon in Bewegung gesetzt und dann:

“Hey Seigo, komm, der Bus fährt sicher gleich.”

Einer der Fußballspieler klopfte dem Torwart auf die Schulter, der lachen musste.

Elsa blieb stehen und lachte leise. Gott, was war das denn gewesen? Sie konnte doch nicht in jedem schwarzhaarigen Mann mit einer grünen Mütze auf dem Kopf ihren früheren Schwarm vermuten, das war wirklich peinlich. Sie schüttelte ihren Kopf und drehte sich zur Seite. Wüsste sie es nicht besser, würde sie glatt behaupten, dass sie immer noch in den Jungen von früher verknallt war. Aber das war lächerlich, erstens war die Schwärmerei schon lange her und zweitens hatte sie ihn auch ewig nicht mehr gesehen, also war das Quatsch, eindeutig. Und jetzt wollte sie nach Hause, sie hatte noch genug zu tun.

Kapitel 1

“Viktor.”

“Ja?” Der Angesprochene drehte sich zu der Frau herum, die ihn angesprochen hatte. Hmm, auf den ersten Blick nicht schlecht anzusehen. Sie war schlank, hatte genau die richtigen Rundungen, die Kleidung die sie trug half dabei, dies deutlich hervor zu heben. Zudem spielte sie mit einer Strähne ihrer schwarzen, langen Haare, während sie ihn unter ihren Wimpern hervor ansah.

“Du warst unglaublich gut, das wollte ich dir nur sagen.” Ein Kichern folgte auf die Aussage. “Ich wollte dich fragen, ob du gerne mit mir ausgehen würdest.”

Viktor runzelte seine Stirn.

“Hey, ich wollte ihn doch fragen, ob er mit mir ausgeht.” Eine weitere Frau erschien neben der ersten.

“Ihr zwei könnt verschwinden. Er wird mit mir ausgehen!” Und da war die Dritte.

Mit großen Augen sah Viktor von einer zur anderen, während er langsam einen Schritt zurück machte. Er mochte Frauen. Er liebte sie regelrecht. Mit ihnen konnte man viel Spaß haben, aber das hier, das hatte mit Spaß überhaupt nichts mehr zu tun.

“Verschwindet gefälligst! Ich war als erste hier!”

“Ich stehe bereits seit der Mittelschule auf ihn! Also verschwindet gefälligst ihr!”
 

///
 

“Ehrlich? Das hat er gegessen? Normalerweise hasst Gregor Brokkoli, aber anscheinend liebt er dich so sehr, dass das total unwichtig ist. Mensch Conny, hätte unsere Mutter das bereits früher gewusst.” Lachend ging Elsa neben ihrer Freundin her, die gleichzeitig die Freundin ihres Bruders war. Sie hatten beide gemeinsam einem Fußballspiel von dessen Mannschaft angesehen.

Auch Conny lachte auf. “Ich war auch ganz erstaunt. Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht darüber nachgedacht, dass Gregor keinen Brokkoli mag, als ich das Rezept ausprobiert habe. Aber er hat es ohne Widerrede gegessen.”

“Er würde dein Essen auch noch essen, wenn es verbrannt oder versalzen ist. Er liebt dich nunmal.”

“Da bin ich auch sehr froh drüber, immerhin liebe ich ihn auch. Die Frage ist doch, ist es wirklich Liebe, wenn ich ihm Essen serviere, das er eigentlich verabscheut?”

“Nein, das bedeutet einfach nur, du achtest auf seine Ernährung und sorgst dafür, dass er Gemüse zu sich nimmt.”

Nun lachten beide Frauen. Plötzlich blieb die Jüngere abrupt stehen und seufzte.

“Okay, das ist doch typisch mein Bruder, oder?”

Elsa blieb ebenfalls stehen und erkannte, dass Connys älterer Bruder von Frauen umringt war. “Ja, das Bild kommt mir bekannt vor. Wobei …” Sie runzelte ihre Stirn, als sie Viktors Blick erkannte. Er sah nicht sonderlich begeistert von dem Auflauf vor ihm aus. Und dann traf sein Blick auf ihren und er bewegte stumm seinen Mund. Elsas Augenbrauen zogen sich noch mehr zusammen. Hatte er gerade um Hilfe gebeten? Sein Mund bewegte sich noch einmal, zusätzlich rollte er mit den Augen und versuchte ihr etwas anzudeuten. Meinte er wirklich, dass er Hilfe benötigte?

Sie sah neben sich. “Conny, geh schon mal vor, ich muss hier noch was erledigen.”

“Meinst du?”

“Klar, ich komme gleich nach.”

“Na gut, dann bis gleich.” Conny lächelte, ehe sie weiterlief.

Die von ihr Zurückgelassene sah zu Viktor, der seinen Blick immer noch auf sie gerichtet hatte. Okay, er sah wirklich so aus, als würde er Hilfe brauchen. Als sie ihm näher kam, konnte sie auch hören, was die Frauen vor ihm von sich gaben und das zeigte ihr auch, wie sie ihm aus dieser Situation heraushelfen konnte.
 

Hoffentlich hatte sie es verstanden! Viktor sah erneut zu Elsa und Conny, versuchte ihnen durch seinen Blick und seine Gesichtsgestik zu verstehen zu geben, dass sie ihm helfen und ihn von diesen dummen Weibern retten sollten, die alle drei lautstark um ihn stritten, ohne dass sie überhaupt eine Chance bei ihm hatten! In dem Augenblick ging Conny einfach weiter und Viktor sah bereits seine Felle davonschwimmen, da setzte sich Elsa in Bewegung und kam auf ihn zu. Erleichterung breitete sich in ihm aus.

“Entschuldigung, dürfte ich bitte mal?”, erklang ihre Stimme und sofort schwiegen die Weiber und sahen sie verwundert an. Elsa drückte sich an den Dreien vorbei und schob ihre Hand in Viktors, der verwirrt blinzelte. Was war das denn? “Schatz, ich warte schon auf dich. Ist alles okay?” Sie zwinkerte ihm schmunzelnd zu, ehe sie über ihre Schulter sah und die drei Frauen dort von oben bis unten betrachtete. “Kann ich euch vielleicht irgendwie helfen? Oder gibt es einen Grund, dass ihr meinen Freund so anmacht?”

Nun stand Viktors Mund ungläubig auf, ebenso waren seine Augen weit aufgerissen.

“Dein Freund?”

“Du hast eine Freundin, Viktor?”

Zwei der Frauen sahen das vermeintliche Paar an.

Als er einen Ellenbogen in seinen Rippen spürte, schluckte Viktor und nickte schnell. Kurzerhand zog er seine Hand aus Elsas, legte diese um ihre Taille und zog sie eng an sich.

“Ja, habe ich.” Er grinste breit und ließ seinen Blick abschätzend über die drei Weiber gleiten. “Und ihr seht ja, gegen diese Schönheit hättet ihr sowieso niemals eine Chance gehabt. Also, wenn ihr uns entschuldigen würdet.”

Er drückte Elsa sanft zur Seite, um sie so an den Frauen vorbei zu schieben. Sie waren ein paar Meter gelaufen, doch noch ließ Viktor seinen Arm um ihre Taille liegen, er hatte keinen Bock darauf, dass die Weiber ihm im blödesten Fall hinterher laufen würden.

“Okay, ich hatte ja auf eine Rettung gehofft, aber damit hatte ich nicht gerechnet”, sagte er grinsend.

Auch Elsa lachte. “Ich gestehe, ich war erstaunt, dass du wohl Hilfe gebraucht hast, normalerweise nimmst du doch auch kein Blatt vor den Mund. Und als ich dann da war, hast du das ja schließlich auch nicht mehr. Das war schon etwas fies zum Schluss.”

“Hey, ich habe mich echt zusammengerissen, dass ich sie nicht schon vorher dumm anmache. Und eigentlich wurde ich erzogen, nett zu Frauen zu sein.”

Viktor drehte seinen Kopf über seine Schulter. Gut, sie waren weit genug gekommen und von den Frauen, die sich gerade noch um ihn gestritten hatten, war nichts mehr zu sehen. Er ließ seinen Arm von Elsas Taille gleiten und blieb stehen. Auch die junge Frau blieb stehen und sah ihn immer noch schmunzelnd an.

“Danke für deine Hilfe, Elsa.”

“Gerne Viktor. Ich helfe immer gerne und wenn ich dann noch jemanden wie dich retten kann, warum dann nicht?”
 

Wieder grinste der Angesprochene breit, als ihm ein Gedanke kam.

“Du hast doch vor fast zwei Wochen mal gesagt, dass du aktuell gar keinen Bock auf Typen hast, dass du dich auf dich selbst konzentrieren willst und gerade kein Interesse an einer Beziehung hast.”

“Also so habe ich es jetzt nicht ausgedrückt, aber im Großen und Ganzen hast du damit ja auch recht”, stimmte Elsa zu und legte ihren Kopf fragend schräg. Was würde jetzt kommen.

“Ich habe gerade auch keine Lust auf Frauen. Also, nicht auf eine Beziehung und die meisten Weiber wollen gerade genau das. Daher habe ich gerade überlegt …”

“Ja?”

“Wenn du gerade keine Beziehung willst und ich ebenso nicht, das aber das eine ist, was andere davon abhält, dass man uns anmacht, dann könnten wir beide uns doch gemeinsam helfen.”

Elsa runzelte ihre Stirn leicht, ehe sie ihre Arme vor ihrem Oberkörper verschränkte. “Okay, ich höre.”

“Wir beide haben einfach eine Beziehung.” Viktor klang mehr als begeistert von seiner Idee.

“Ähm, wirklich? Ich dachte, du willst keine Beziehung. Und ich will übrigens auch keine, falls du das in den letzten Minuten vergessen hast.”

“Ich will auch keine echte Beziehung mit dir. Ich dachte daran” sein Grinsen wurde noch breiter, “dass wir das einfach nur behaupten - eine Fakebeziehung. Ich sage, du bist meine Freundin, du behauptest, ich wäre dein fester Freund und bämm, Ruhe, keine Leute mehr, die einen anmachen. Sorry, aber ich habe eine Freundin - oder in deinem Fall: Sorry, ich habe einen Freund, den heißesten Typen den es gibt übrigens. Wir haben beide Ruhe, müssen uns keine dummen anderen Ausreden einfallen lassen. Also, was denkst du? Wie klingt das für dich?”

Sie sah ihn mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Ernsthaft? Das war seine Idee? Eine irgendwie hirnrissige Idee, die … sinnvoll erklang. “Du meinst, wir beide tun so, als wären wir zusammen und können uns damit etwaige Verehrer vom Hals halten.”

“Genau.” Viktor wirkte sehr zufrieden, Elsa hingegen nicht sonderlich überzeugt.

“Hmm … Dir ist schon klar, dass es echter wirken müsste, als dass wir es nur behaupten …”

“Ja, ist doch kein Problem, dann lassen wir es halt echt aussehen. Wir treffen uns, unternehmen Zeug zusammen, allerdings nur als Freunde. Wichtig ist ja auch, dass die Leute das denken.”

“Wer sind die Leute? Denn wenn das wirklich funktionieren soll, dann müssen es alle denken.”

“Und mit alle meinst du …?”

“Alle.”

“Also … auch unsere Familien?”

“Ich weiß es nicht so recht. Bei den Eltern könnten wir ja noch abwarten, aber Conny und Gregor sehen wir ständig.”

Viktor ging zur Seite und ließ sich dort auf eine Bank sinken, Elsa gleich darauf neben ihn.

“Wenn wir die beiden davon überzeugen würden, dass wir zusammen sind, dann würden es vermutlich alle denken und vor allem glauben.”

Elsa nickte auf seine Überlegungen. “Ja, vermutlich.”

“Was hältst du generell von der Idee?” Der neben ihr Sitzende lehnte sich nach hinten, sah sie fragend an.

Ihre Zähne kauten auf ihrer Unterlippe herum, während sie nachdachte. “Hmm, also eigentlich ist die Idee nicht doof. Wenn man so Ruhe vor anderen Typen hat, in deinem Fall Frauen, warum nicht? Ich meine, wir haben ja keine Verpflichtung uns gegenüber. Du weißt hoffentlich, wie ich es meine.”

“Richtig. Und falls doch jemand kommt, die oder der für uns mehr bedeutet oder wir mehr von wollen, dann können wir unser Arrangement auflösen, wir können uns sozusagen wieder trennen.”

“Hmm … ja.” Wirklich überzeugt klang Elsa noch nicht.

“Oder bist du in mich verknallt? So ganz heimlich?”

“Was? Nein!” Elsas Kopf fuhr sofort herum und entsetzt sah sie Viktor an, der sie mit hochgezogenen Augenbrauen musterte.

“Wirklich nicht?”

“So etwas von absolut nicht! Viktor, ich mag dich, ich mag dich sehr gerne. Aber alles was darüber hinausgeht - nein, wirklich nicht. Du bist anstrengend.”

“Was soll das denn heißen?”

“Ganz einfach: du bist unglaublich von dir selbst überzeugt, das ist manchmal mehr als anstrengend. Dann kannst du alles, außer bescheiden sein, auch das ist anstrengend. Und dann kommt noch dazu, dass du …”

“Alles gut, alles gut, ich habe es verstanden.” Viktor hob beide Hände vor sich und unterbrach ihren Redeschwall. “Und wenn du nur meine Fakefreundin wärst, könnte dir das dementsprechend egal sein.”

Ein Seufzen entkam Elsa. “Trotzdem wäre es vermutlich anstrengend. Und”, sie musterte nun ihn nachdenklich, “du bist nicht in mich verknallt?”

“Ähm, nö, wirklich nicht. Damit angefangen, dass du Gregors Schwester bist und …” Als auf diese Aussage ihre Augenbrauen in die Höhe wanderten, musste Viktor lachen. “Ich wollte dich damit nicht beleidigen. Ich weiß nur, dass ich nicht der beste Freund aller Zeiten bin und ich will dich auf keinen Fall irgendwie verletzen. Elsa, ich mag dich sehr, ich schätze dich als Freundin. Mit dir habe ich immer eine gute Zeit und kann super mit dir reden, aber du bist wirklich nur eine gute Freundin, das ist mir wichtig. Und auch wenn du wirklich gut aussiehst, ich will nichts von dir, nichts in dieser Richtung.”
 

Sie beide sahen sich an, ehe sich Viktor zu ihr beugte. “Okay, ein Vorschlag.”

“Noch einer? Heute hast du viele Vorschläge.”

“Sind nur die besten.” Er winkte ab, ehe er zwinkerte. “Wir beide, wir küssen uns jetzt. Sollte es einem von uns etwas ausmachen, dann lassen wir die ganze Idee und reden nie wieder drüber. Falls es uns beiden etwas ausmachen sollte, naja, dann könnten wir das ja vertiefen und …”

“Viktor!”

“Okay, okay. Wenn es uns nichts ausmacht, dann ist die Idee mit der Fakebeziehung weiterhin im Rennen.”

Ein weiteres Seufzen entkam der jungen Frau. “Na gut, okay. Dann lass es uns schnell hinter uns bringen.”

“Wow, scheint ja eine Strafe zu sein, mich zu küssen.”

“Ist es ja vielleicht auch.”

“Es gibt genug Frauen, die das nicht so sehen würden. Alle vermutlich, die mich bisher geküsst haben, immerhin bin ich ein sehr guter Küsser und …”

“Viktor!”

“Bin ja schon ruhig.” Viktor beugte sich weiter zu Elsa hinunter, die ihn mit großen Augen ansah, in denen einiger Zweifel stand. “Also?”, murmelte er, als seine Lippen nur noch ein kleines Stück von ihren entfernt war.

“Bringen wir es einfach hinter uns”, gab sie leise von sich, streckte sich und schon berührten sich ihre Lippen.

Es war zuerst ein sanfter Kuss, ehe Viktor diesen intensivierte. Seine Hände fuhren an ihren Kopf, in ihre Haare, während ihre sich in sein Oberteil krallten. Als sie sich wieder trennten, hielten sie einen Augenblick inne und …

“Neee, wirklich nicht!” Viktor zog seinen Kopf zurück und verzog sein Gesicht.

“Ich stimme zu, das muss nicht mehr sein.” Elsa wischte sich über den Mund.

Sie beide sahen sich an, ehe sie laut lachen mussten.

“Okay, ich gebe zu, du bist wirklich ein ganz passabler Küsser und …”

“Was heißt hier nur passabler? Ich bin ein wirklich guter Küsser!”

“Ein ganz passabler Küsser, aber da war bei mir nichts. Nix, finito, absolut überhaupt nichts, kein Funke”, ignorierte Elsa seinen Einwand

“Okay, das kratzt zwar ein wenig an meinem Ego, aber da es mir genauso geht, kann ich damit gut leben. Elsa, ich mag dich, als Freundin, tut mir leid, aber mehr wird da nicht passieren.” Als sich ihre Augenbrauen hoben, wurde ihm klar, was sie eigentlich besprochen hatten. “Ähm, abgesehen von der Idee mit der Fakebeziehung, die ich immer noch nicht aufgegeben habe.”

Sie lachte kopfschüttelnd. “Gut. Zur Fakebeziehung, wie gesagt, diese müsste allen gegenüber laufen.”

“Ja, auch Conny und Gregor gegenüber …”

“Richtig. Aber dass diese echt wirkt, gehört mehr dazu, als nur zu sagen, wir sind ein Paar.”

“Bedeutet?”

“Händchen halten, in den Arm nehmen, solche Sachen. Um es den Leuten vorzuspielen.”

“Stimmt ja.” Viktor lehnte sich wieder nach hinten, legte den Fußknöchel des einen Fußes auf seinem anderen Knie ab. “Wenn ich so überlege, müssten wir uns vielleicht auch nochmal küssen …”

“Wirklich?” Elsas Gesicht verzog sich.

“Schau nicht so, ich bin ein guter Küsser! Was ich meine, ist, dass ich dir zum Beispiel einen Kuss auf die Wange gebe, vielleicht mal auf die Lippen, aber mehr nicht. Wir werden uns da was einfallen lassen.”

“Wir könnten behaupten, dass wir das in der Öffentlichkeit nicht wollen.”

“Ja, sowas zum Beispiel.”

Beide schwiegen und dachten über Viktors Vorschlag nach. Es war Elsa, die der Überlegung ein Ende setzte. Sie richtete sich auf und blickte Viktor in die Augen.

“Okay, ich bin dabei.”

“Du bist dabei?”

“Ja, machen wir es. Du bist ab sofort mein Freund, ich deine Freundin. Ich habe gerade echt keinen Bock auf eine Beziehung und auch wenn ich mich selbst gerade nicht verstehe, ich glaube, dass dein Vorschlag funktionieren könnte, also probieren wir es. Wenn es nicht klappt, okay, wir haben es versucht, wir können uns nicht vorwerfen, genau das nicht getan zu haben. Daher?”

Viktor grinste breit und richtete sich ebenfalls auf. “Sehr gut, meine Freundin.”

Er streckte ihr seine Hand entgegen, die sie gleich darauf ergriff und drückte. Sie beide hatten eine Vereinbarung!

Kapitel 2

Sechs Monate später
 

“Und noch eine Cola bitte.”

“Wissen Sie schon, was sie essen wollen?”

Elsa runzelte ihre Stirn. “Nein, wir warten, bis unsere Begleiter dazu stoßen, erstmal reichen die Getränke, danke.”

“In Ordnung, dann komme ich später wieder.”

Der Kellner lief davon und Elsa sah ihm hinterher, ehe sie seufzend ihren Kopf schüttelte und ihre Aufmerksamkeit der zweiten Frau am Tisch widmete.

“Ernsthaft? Denkt der echt, wir bestellen vier Getränke nur für uns beide?” Auch Conny wirkte etwas ungläubig, ehe sie mit ihren Schultern zuckte. “Was solls. Wenn unsere Männer nicht bald auftauchen, dann trinken wir deren Getränke auch noch.”

“Oh ja, das könnte ich mir gut vorstellen, wobei”, Elsa hob ihr Handgelenk an, um auf ihre Armbanduhr blicken zu können, “sie sind noch in der Zeit. Wenn es um Fußball geht, sind sie immer pünktlich, aber wenn es um alles andere geht, bekommen sie es nicht hin.”

“Ja, so sieht es tatsächlich aus, aber da sieht man auch mal, wie sie ihre Prioritäten setzen. Stört dich das nicht?” Conny legte ihren Kopf fragend zur Seite.

Ein Lachen entkam der ihr Gegenübersitzenden. “So habe ich ihn schließlich schon gekannt. Ich kann ja nicht erwarten, dass er sich ändert, nur weil wir jetzt zusammen sind.”

“Das stimmt schon. Gregor hat sich auch nicht geändert. Wobei, ich würde gar nicht wollen, dass er sich ändert, er ist toll, so wie er ist.”

“Siehst du?” Elsa schmunzelte und nickte dem Kellner dankbar zu, der ihnen gerade die Getränke gebracht hatte. Sie nahm einen Schluck ihres Saftschorles und verbarg ihr Grinsen hinter dem Glas.

Es war nun schon fast sechs Monate her, dass sie und Viktor eine Fakebeziehung besprochen und diese auch umgesetzt hatten. Sie hatten ein paar Wochen so getan, als ob sie daten und sich kennenlernen würden, ehe sie behauptet hatten, dass sie ein Paar wären. Und tatsächlich hatte es ihnen bisher jeder abgenommen. Sie hatten befürchtet, dass in allererster Linie Conny und Gregor sich nicht hereinlegen lassen würden, doch tatsächlich waren sie überzeugend genug, dass auch die beiden es ihnen abkauften. Es war zum Vorteil, dass sie und Viktor sich so gut kannten, denn so fiel es ihnen leicht und wirkte authentisch.

“Hallo die Damen”, erklang da seine tiefe Stimme hinter ihnen und schon stand er neben ihr. “Schwesterchen”, richtete er Conny, die Elsa gegenüber saß, ehe er sich seiner Fakefreundin zuwand. “Hallo Liebes.” Und dann beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie, zumindest sah es für alle anderen so aus. Auch dafür hatten sie sich etwas überlegt. Er setzte ihr einen leichten Kuss sehr nahe an den Mundwinkel, wenn er den Kopf dazu noch leicht drehte, fielen seine langen Haare so zur Seite, dass diese sie beide etwas abschirmten. Auf alle Anwesenden erschien es, als würde er sie auf den Mund küssen. Für sie beide war das okay, denn es half ihnen. Das einzige, was ihnen nach fast sechs Monaten gefühlsmäßig passiert war, war, dass sie noch bessere Freunde geworden waren, ansonsten hatte sich nichts getan, sie empfanden nicht mehr füreinander. Auch den Fall, falls das eintreten sollte, hatten sie besprochen. Dann mussten sie dringend miteinander sprechen, sie wollten ehrlich zueinander sein, immer und wegen allem, das war dafür wichtig, dass die Fakebeziehung funktionierte.

“Na, wie war euer Training?” Elsas Hand legte sich auf Viktors Arm und sie lächelte ihn an.

“War wirklich gut. Und wir haben sogar eine Überraschung für euch.” Seine Augen funkelten.

“Ach wirklich?” Nun war Elsa neugierig. Doch die Neugierde wurde sehr schnell befriedigt, denn schon erklang die Stimme ihres Bruders laut hinter ihr.

“Schaut, wenn wir getroffen und gleich mitgebracht haben!”
 

Seine Schwester drehte sich gespannt um und als sie erkannte, von wem Gregor da sprach, erstarrte sie. Ihre Augen weiteten sich, ihr Herz blieb einen Augenblick stehen, ehe es schneller zu schlagen begann. Alles um sie herum schien ausgeblendet zu sein. Sie sah nur ihn, hatte ihren Blick auf die dunklen Augen gerichtet, die auch sie direkt ansahen. Das Blut rauschte in ihren Ohren und sie hörte um sich herum nichts mehr. Er war hier … Mario.

“Elsa? Hey Liebes, alles okay?”

Als Worte zu ihr drangen, zuckte sie zusammen und riss ihren Kopf zur Seite, um den dort Stehenden anzusehen, der verwundert wirkte, dabei seine Stirn gerunzelt hatte.

“Was?”, fragte sie verwirrt.

“Ob alles okay ist. Du hast gerade wie weggetreten gewirkt.”

“Wirklich?” Elsas Wangen färbten sich rot und unsicher fuhr sie mit ihrer Hand durch ihre Haare. Das war doch mehr als peinlich, was würde Mario jetzt von ihr denken? Vorsichtig sah sie in seine Richtung und erkannte, dass er sie immer noch anblickte, dabei lächelte.

“Hallo Elsa”, richtete er mit seiner dunklen Stimme direkt an sie und sorgte dafür, dass sie eine Gänsehaut bekam. Sie schluckte.

“Hallo Mario”, brachte sie leise hervor und biss sich gleich auf die Unterlippe. Verdammt, was war mit ihr los? So kannte sie sich nicht.

“Ähm …” Auch Viktor beobachtete sie immer noch mit einem fragenden Blick. Seine Hand landete auf ihrer Schulter und drückte diese sanft. “Alles gut, Liebes? Brauchst du etwas zu trinken?” Sein Blick landete auf dem Glas vor ihr und griff danach, um es ihr zu reichen.

Unbewusst spannte sich Elsa an. Ihr Blick huschte wieder zu Mario, aus irgendeinem Grund wollte sie nicht, dass er sie so sah. Und mit “so” meinte sie, mit Viktor zusammen.

“Alles gut, ich habe einfach nur Hunger. Ich habe seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Okay, einen Apfel zu Mittag, aber das war wohl nicht genug.”

“Elsa, ich sage es dir immer wieder: Achte auf deine Ernährung. Um gesund zu sein und zu bleiben, ist das essentiell!”

“Natürlich, Mami.” Elsas Stimme hörte sich belustigt an.

Während ihr Fakefreund schnaubte, hörte man Gregor auflachen.

“Ignorier die beiden einfach, Mario. Die haben ihre ganz eigene Beziehung zueinander.” Er stockte und kratzte sich gleich darauf grinsend am Hinterkopf. “Also sowieso eine Beziehung, aber deren Beziehung ist anders als viele, die ich kenne.”

“Das liegt nur daran, dass deine Schwester einfach nicht tut, was ich ihr sage.” Viktor zog den Stuhl neben Elsa hervor und ließ sich darauf sinken, während er nach einer der Speisekarten auf dem Tisch griff und diese öffnete.

“Ich wusste nicht, dass in einer Beziehung eine Person sagt was zu tun ist und die andere diesen Befehlen Folge leistet”, konterte Elsa sogleich.

“Was denn? Unsere Beziehung ist schon so, nur dass du die Befehle erteilst.”

“Also eine ganz normale Beziehung?”, fragte Mario schmunzelnd und setzte sich Elsa schräg gegenüber.

Diese fühlte sich wieder unwohl und wusste nicht so recht, was sie darauf entgegnen sollte, doch noch bevor sie etwas erwidern konnte, antwortete bereits ihr Fakefreund.

“Vermutlich.” Viktor lachte auf und sah Mario an. “Du hast also Ahnung, was das angeht? Ist deine Freundin etwa auch so eine?”

Der Gefragte schmunzelte. “Kannte ich zumindest, aber aktuell gibt es da niemanden.” Sein Blick richtete sich für einen kurzen Augenblick auf Elsa, ehe er sich wieder Viktor zuwandte. “Und ihr beide”, er zögerte kurz, “seid ein Paar? Wie lange schon?” Klang da etwa Unsicherheit in Marios Stimme mit?

Ein Arm legte sich um Elsas Schultern. “Ja, sind wir und das schon fast sechs Monate.” Viktor grinste breit. “Ich hab sie überredet bekommen, meine Freundin zu sein.”

Elsa nickte und auch wenn sie bei dieser Aussage sonst lachen musste, denn wenn die Leute wüssten, zu was er sie da tatsächlich überredet hatte, wünschte sie sich gerade eben, dass es nicht so wäre.

“Das ist … schön.” Marios Blick wanderte zu Elsa, betrachtete sie, ohne etwas weiteres zu sagen.

Diese biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, ehe sie sich zu einem Lächeln und einem Nicken zwang. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der Speisekarte vor sich zu. Hatte Mario bei der Aussage gerade etwa gezögert? Und warum dachte sie so viel darüber nach? Wieder hob sie ihren Kopf und begegnete sogleich seinem Blick, da er sie angesehen hatte. Sofort spürte sie, wie ihre Wangen warm wurden, trotzdem zwang sie sich, seinem Blick stand zu halten. Er lächelte sie an und war es, der den Blickkontakt schlussendlich wieder unterbrach.
 

Sie bestellten etwas zu essen, Mario noch ein Getränk, dann redeten sie miteinander, bis das Essen gebracht wurde. Mario erzählte, dass er in einen Ort ungefähr eine halbe Stunde von hier entfernt gezogen war und dort in einem Fußballverein spielte. Dieser würde in vier Wochen gegen die Mannschaft von Viktor und Gregor spielen und er hatte diese vorher schonmal sehen wollen, daher war er heute hierher gekommen. Er hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass seine früheren Freunde ihn sofort erkennen und zu einem gemeinsamen Essen mitnehmen würden. Ansonsten studierte er inzwischen Informatik an einer Universität, die in die andere Richtung von seinem Zuhause lag, als die, in die die hier sonstigen Anwesenden gingen.

Elsa lauschte ihm gespannt. Sie mochte seine Stimme, wie er redete und vor allem sein Lachen. Alles an ihm gefiel ihr. Und sie bekam es nicht aus ihrem Gefühl, ihn schon getroffen zu haben, das Lachen hatte sie doch schon mal gehört. Und gesehen hatte sie ihn doch auch, aber wo nur? Fieberhaft überlegte sie, bis ihr eine Erinnerung kam.

“Seigo!”, platzte es aus ihr heraus und als alle am Tisch sie verwundert ansahen, lief sie rot an.

“Liebes?”, fragte Viktor.

“Wie kommst du denn jetzt auf den?”, fragte auch Gregor und sah sie fragend an.

Ihr Blick richtete sich Mario, der seinen Kopf leicht schräg legte.

“Woher kennst du denn meinen Spitznamen?”

Und nun wurde sie noch röter. Er war es wirklich gewesen! Der Torwart, den sie vor einiger Zeit gesehen hatte und bei dem sie an ihn hatte denken müssen.

“Ehrlich gesagt”, begann sie stotternd, “habe ich deine Mannschaft vor einigen Monaten mal gesehen und dachte, dass ich dich erkannt hätte, aber dann hat einer deiner Mannschaftskollegen Seigo zu dir gesagt und da war ich mir sicher, dass ich mich geirrt habe und du es gar nicht bist. Aber …”

“Aber ich war es doch. Schade, dass ich dich nicht gesehen habe, es wäre schön gewesen, dich schon früher zu treffen.”

“Seigo? Etwa nach dem Seigo?”, erklang Gregors Stimme und unterbrach seine Schwester und den neben ihm Sitzenden.

“Welcher Seigo?”, fragte Conny neugierig.

“Wie, du weißt nicht, welcher Seigko?” Viktor klang ungläubig, wandte sich gleich Elsa zu. “Sag mir, dass du es weißt?” Ein Kopfschütteln folgte als Antwort, woraufhin er stöhnte. “Mensch Frauen. Seigo Narazaki, einer der besten, wenn nicht sogar der beste Torwart Japans. Das hat man zu wissen.”

“Ah ja, hat man das?”, fragte Elsa und hob ihre Augenbrauen.

Sofort beugte er sich weiter zu ihr, um ihr in die Augen zu sehen. “Wenn man die Freundin eines Fußballspielers ist, dann ja.”

“Aha.” Elsas Mundwinkel zuckte.

Auch Viktor grinste. “Du hast natürlich recht, Liebste. Dir reicht es, meinen Namen zu wissen, kommt ungefähr aufs Gleich hinaus - der beste Torwart Japans.”

Nun lachte Elsa laut, ehe sie sich Mario zuwand. “Und wie sollen wir dich ansprechen? Mario? Seigo? Viktor, da der von sich mehr überzeugt ist als alle anderen? Bitte sag mir nicht den dritten Namen.”

Die am Tisch Sitzenden lachten, auch derjenige, über den Elsa sich gerade lustig gemacht hatte.

Mario zwinkerte ihr immer noch grinsend zu. “Ich denke, Mario reicht. Oder von mir aus auch Gott.” Beim zweiten Satz war seine Aufmerksamkeit auf Viktor gerichtet gewesen, der seine Augenbrauen hob.

“Das werden wir sehen, denn der Name gehört eigentlich mir und wird es auch weiterhin tun. Falls du dich erinnerst, der da”, er deutete auf Gregor, “ist eine harte Nuss und er wird dich fertig machen.”

“Ich hoffe, der da”, Mario deutete ebenfalls auf Gregor, “erinnert sich auch noch an mich, denn einfach habe ich es ihm noch nie gemacht, auch im Training nicht.”

“Ich sehe schon”, Viktors Grinsen wurde breiter, “das Spiel gegen euch wird mehr als interessant.”

Die beiden Männer maßen sich mit Blicken.

“Und ihr wisst nicht, wie sehr ich mich darauf freue.” Gregor strahlte vor Freude, bis am Tisch einstimmig erklang:

“Das wissen wir alle!”
 

///
 

“Alles okay bei dir?”

“Hmm?” Elsa hob ihren Kopf zu dem neben ihr Laufendem, der sie musternd ansah.

“Du bist so ruhig, relativ nachdenklich und das seit vorher.”

“Ach ja?” Ihre Wangen wurden rot.

Viktor zuckte mit seinen Schultern, die Hände in seinen Hosentaschen vergraben. “Zumindest bist du ruhiger, als du es sonst bist. Liegt das an Mario?”

“Was?” Schockiert blieb Elsa stehen und sah ihren Fakefreund mit weit aufgerissenen Augen an.

“Was denn?” Er hielt an, drehte sich herum und kam zu ihr zurück. “Du mochtest ihn früher, warst auch total verknallt in ihn. War er nicht dein erster Freund oder so?”

“Mein erster Kuss”, murmelte Elsa. “Dann ist er umgezogen …”

“Und jetzt? Willst du was von ihm? Denn dann müssen wir beide reden, wie es mit uns weitergeht. Ich bin zwar sehr zufrieden mit unserem Arrangement, es hat mir auch oft genug den Hintern gerettet, doch wir hatten ja abgesprochen, dass wir uns nicht gegenseitig im Weg stehen, wenn da jemand anderes auftaucht.”

Sofort schüttelte Elsa unwillig ihren Kopf, während ihr Herz einen Schlag zunahm. “Viktor, wir haben Mario heute Abend wie lange gesehen? Zweieinhalb Stunden? Wie kommst du darauf, dass ich von ihm mehr will, sodass wir unsere Fakebeziehung deshalb beenden müssen? Ich kenne ihn schließlich gar nicht!”

“Und trotzdem hast du ihn die ganze Zeit über angestarrt.”

“Habe ich gar nicht!” Elsas Wangen wurden tiefrot.

“Hast du doch, leugnen ist zwecklos.” Viktor zuckte mit seinen Schultern.

“Ich … ich habe ihn nicht angestarrt, weil …”

“Also gibst du es doch zu?” Seine Augen funkelten amüsiert auf.

“Ach halt doch die Klappe, Viktor.” Elsa verschränkte beleidigt ihre Arme. “Okay, dann habe ich ihn vielleicht angeschaut, aber ich konnte es halt nicht glauben, dass er da ist. Ich habe ihn schon fast acht Jahre nicht mehr gesehen. Er hat sich verändert, natürlich schaue ich ihn da genauer an, aber das hat jetzt nicht zu bedeuten, dass ich was von ihm will oder so, wie gesagt, ich kenne ihn doch gar nicht mehr. Außerdem weißt du genau, dass ich gerade weder Interesse an einer Beziehung, geschweige denn, einem Mann habe. Also bitte hör auf, da irgendwelche Dinge in eine Sache zu interpretieren, die es nicht gibt.”

Wieder funkelten Viktors Augen und er grinste breit, während er seine Hände mit den Handflächen in ihre Richtung hochhielt. “In Ordnung, keine Sorge. Ich bin froh, dass ich dich weiterhin behalten kann. Seitdem alle denken, du bist meine Freundin, habe ich wirklich meine Ruhe vor den Weibern, das ist sehr angenehm.”

“Na siehst du? Also los, bringe mich nach Hause, damit du deiner Stellung als meinen angeblichen Freund alle Ehre machst.” Elsa stieß ihm ihre Faust leicht gegen die Brust und setzte sich in Bewegung.

“Na wenn das alles ist, dann tue ich das doch sehr gerne. Und so kann ich auch verhindern, dass du entführt wirst. Wo würde ich nochmal so eine perfekte falsche Freundin wie dich finden?”

Ein lautes Lachen ertönte. “Nirgends, Viktor Uesugi, nirgends. Ich bin einmalig.”

“Siehst du? Wir passen perfekt zusammen, denn auch ich bin einmalig.”

“Zum Glück, denn wenn es dich zweimal geben würde, hätten alle anderen Leute echt ein Problem.”

“Elsa”, Viktor seufzte laut, “du bist wirklich gemein.”

“Und genau deshalb bin ich doch so perfekt.”

Und wieder lachte Viktor laut, während sie weiter gemeinsam nebeneinander herliefen.

Kapitel 3

“Du weißt schon, dass dein Freund auf der anderen Seite des Spielfeldes steht?” Belustigung hatte sich in Connys Tonfall geschlichen, während sie ihre Freundin beobachtete, die neben ihr an der Brüstung stand, die den Fußballplatz umgab auf dem Viktors und Gregors Mannschaft gerade spielte.

“Was?” Elsas Kopf fuhr herum.

“Der Torwart auf der anderen Seite des Spielfeldes ist dein Freund, nicht der, den du schon die ganze Zeit über anstarrst.”

“Ich … ich starre ihn nicht an!”

“Elsa, deine Wangen sind hochrot. Zudem ist es nicht zu übersehen, dass dein Blick die meiste Zeit über auf Mario liegt.” Die Jüngere legte ihre Arme auf der Brüstung vor sich ab und sah ebenfalls zu dem Torwart der gegnerischen Mannschaft. “Aber ich kann dich verstehen. Es ist schon komisch, dass er plötzlich wieder da ist, nach so langer Zeit. Und die hat ihm nicht geschadet, er sieht wirklich gut aus.”

Elsa sah ebenfalls wieder zu Mario. Sie konnte Conny nicht widersprechen, er sah tatsächlich gut aus, unglaublich gut. Und bereits das ganze Spiel über wirkte er hochkonzentriert. Das hatte er auch früher schon immer, aber heute schien er noch konzentrierter zu sein. Er hatte kein einziges Tor durchgelassen, Gregor biss sich seine Zähne an seinem früheren Freund aus. Doch nach jedem bisher misslungenen Versuch grinsten sich die beiden Kontrahenten an, eine wirkliche Rivalität schien es zwischen ihnen nicht zu geben.

“Hat mein Bruder einen Grund, eifersüchtig zu sein?”

Auf diese Frage sah Elsa wieder neben sich, ehe sie schmunzelnd ihren Kopf schüttelte. “Nein, hat er nicht und das weiß er. Wir haben an dem Abend darüber gesprochen, als er und Gregor Mario mit ins Restaurant gebracht haben.”

“Das ist gut. Wie geht es dir damit, dass er wieder in deinem Leben aufgetaucht ist? Ich weiß schließlich, dass du jahrelang ganz schön in ihn verknallt warst.” Conny hielt sich mit beiden Händen an der Brüstung fest und lehnte sich nach hinten.

“Das stimmt. Es war irgendwie … ich kann es nicht genau erklären, irgendwie seltsam, aufregend. Vieles. Es hat mich sehr überrascht. Aber es war doch auch wirklich nett an dem Abend und wir haben uns ja auch alle gut mit ihm verstanden, oder?”, antwortete die Ältere auf die Frage.

“Doch, das haben wir. Gregor hat es sich in den Kopf gesetzt, sich wieder mit ihm anzufreunden, wobei sie vermutlich schon Freunde sind beziehungsweise es immer waren. Auf jeden Fall will er ihn regelmäßig und oft sehen, was die beiden bisher auch gut hinbekommen haben. Sie waren auch schon so ein wenig kicken. Das bedeutet wiederum, dass du ihn vermutlich öfter zu Gesicht bekommen wirst, deshalb ist es ja auch sinnvoll, dass du dir über deine Gefühle im Klaren bist.”

“Ernsthaft? Erwartet ihr, dass ich, kaum dass ich Mario nach so langer Zeit wieder gesehen habe, Viktor verlasse und mich stattdessen ihm in die Arme werfen werde?” Ungläubig starrte Elsa die neben sich Stehende an, die daraufhin nur unsicher mit ihren Schultern zuckte. “Das ist nicht euer ernst! Ihr seid echt nervig.” Schnaubend sah sie vor sich auf das Spielfeld.

“Sei nicht böse, aber du warst wirklich sehr in Mario verliebt und hattest auch ganz schön lange Liebeskummer wegen ihm. So viel weinen habe ich dich seit diesem Zeitpunkt nie wieder gesehen, worüber ich natürlich auch sehr froh bin.”

“Mhm.”

Conny biss sich auf die Unterlippe und lehnte sich wieder an das Geländer vor sich. Vielleicht war das jetzt blöd gewesen, aber sie war froh, diese Antwort von ihrer Freundin bekommen zu haben. Diese war ihr wichtig, sehr wichtig, sie würde einmal ihre Schwägerin werden, zudem war Elsa wie eine Schwester für sie, immerhin waren Gregor und sie auch schon sieben Jahre zusammen, doch in allererster Linie war sie Viktors Schwester und sie wollte auf keinen Fall, dass dieser verletzt wurde.
 

///
 

“Herzlichen Glückwunsch.” Elsa warf sich um Viktors Hals und drückte ihm einen Kuss dicht neben den Mundwinkel, hielt einen Moment inne, sodass es echt aussah. Das hier diente ebenfalls der Außenwirkung, sie wollten ihre angebliche Beziehung zeigen und wo funktionierte das besser, als in der Öffentlichkeit?

“Wir haben nicht gewonnen, Liebes”, lachte Viktor und strich ihr sanft über den Rücken, während er sie amüsiert musterte.

“Ihr habt auch nicht verloren, das ist doch ebenfalls fast ein Sieg.”

Ein lautes Lachen erklang hinter ihnen, wo Mario gerade auftauchte und einen Handschuh abstreifte. “So kann man das wohl auch sehen.” Grinsend hob er eine Hand dem anderen Kapitän entgegen. “Gutes Spiel, ich hoffe, wir können das wiederholen.”

Viktor löste eine Hand von Elsa und ergriff mit dieser Marios. “Sehe ich ebenso. Und ja, ich denke das würde uns, allen voran vermutlich Gregor, gefallen.”

“Dann machen wir doch einfach mal einen neuen Termin aus.” Mario schmunzelte und ließ seine Hand wieder sinken.

Während Viktor zur Seite sah, wo ein paar seiner Mannschaftskollegen standen, blickte Elsa zu dem anderen Torwart und erstarrte gleich darauf. Er sah sie ebenfalls an, das Grinsen von gerade eben war verschwunden, er wirkte sehr nachdenklich. Ihr Herz stockte einen Augenblick. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich dabei unwohl, dass er sie so sah, in Viktors Armen, an dessen Seite. Da erschien ein Lächeln auf Marios Zügen.

“Nettes Trikot.”

An sich herunter sehend, zwang sich Elsa zu einem Schmunzeln. “Er wollte, dass man ganz klar sehen kann, zu wem ich gehöre.” Ihre Finger zupften an dem Trikot von Viktors Mannschaft, auf dem die Eins gut zu erkennen war, ebenso der Name Uesugi auf der Rückseite.

“Das … glaube ich.” Immer noch lächelte er sie an, auch wenn seine Aussage sehr zögerlich geklungen hatte.

Ein Arm legte sich um Elsas Mitte. “Eigentlich will ich nicht, dass die Leute sehen, dass sie zu mir gehört, sondern dass alle sehen, dass ich zu ihr gehöre, dass diese Schönheit ausgerechnet mich ausgewählt hat.” Viktors tiefe Stimme sorgte dafür, dass Elsa ihren Kopf zu ihm hoch hob. Sie zwang sich zu lächeln. Normalerweise machte es ihr nichts aus, von Viktor als seine Freundin bezeichnet zu werden, das war ja auch vollkommen richtig so und genauso besprochen. Aber hier vor Mario fühlte sich das nicht sonderlich gut an und sie konnte sich nicht erklären, warum das so war.
 

“Wie sieht es aus, Mario, kommen du und deine Mannschaft jetzt noch mit?” Gregor tauchte bei ihnen auf und nahm seinen ehemaligen besten Freund sofort in Beschlag.

Erleichtert atmete Elsa aus, als Viktor seinen Arm sinken ließ.

“Ich gehe noch schnell duschen. Wir sehen uns dann gleich?”, richtete er dabei an seine Fakefreundin.

Diese nickte. “Ja, Conny und ich warten auf euch.”

“Sehr schön. Dann bis gleich.” Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf den Mundwinkel, ehe er sich herum drehte und zu den Umkleideräumen mit den anschließenden Duschen ging.

Elsa sah ihm hinterher, bis er aus ihrem Sichtfeld verschwand, gefolgt von anderen seiner Mannschaftskollegen.

“Du kommst also auch noch mit?”

Erschrocken zuckte Elsa zusammen, ehe sie sich mit großen Augen umdrehte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er immer noch da war.

“Ähm, ja”, erwiderte sie.

“Das ist schön.” Mario lächelte und trat auf sie zu, schloss den Abstand zwischen ihnen und Elsa hatte das Gefühl, dass ihr der Atem stockte, dabei hatte er immer noch genug Abstand zu ihr. “Vielleicht können wir uns nachher ein wenig miteinander unterhalten und du erzählst mir, wie es dir die letzten Jahre ergangen ist, irgendwie hatten wir da vor ein paar Wochen gar nicht die Zeit dazu.”

Sie nickte und versuchte ihr Herz zu beruhigen, das einen viel zu schnellen Takt angenommen hatte. “Das fände ich schön.” Ihr Gesicht entgleiste. “Ich meine damit nicht, dass ich über mich reden will, sondern mich mit dir zu unterhalten. Ich bin nicht so, also dass ich nur über mich reden will, das ist vielleicht Viktors Spezialität, aber nicht meine.”

“So lange, wie ihr beide jetzt wohl schon zusammen seid, kann es doch gut sein, dass er auf dich abgefärbt hat, oder?” Mario lachte, während Elsa wie erstarrt war.

Wie lange sie und Viktor wohl schon zusammen waren? Ahnte der vor ihr Stehende etwas davon, dass ihre Beziehung nicht echt war?

“Nun gut, ich gehe auch noch duschen. Dann bis gleich, Elsa. Ich freue mich.”

Er ging bereits davon, als wieder Leben in die junge Frau kam. “Ich … mich auch.”

Sie sah ihm hinterher und legte eine Hand auf ihr stark schlagendes Herz. Was war das die ganze Zeit über?
 

///
 

Die beiden Mannschaften waren zu Viktor gefahren, der in einer sehr großen Wohnung lebte, in die alle hineinpassten. Sie hatten Pizza bestellt, aßen und tranken, feierten das Unentschieden.

Elsa hatte sich eine zeitlang mit ein paar der anderen weiblichen Anwesenden unterhalten, mit dem ein oder anderen Fußballer, ehe sie sich nach einiger Zeit heimlich auf den Balkon verdrückt hatte. Dort stand sie nun und sah in den Himmel hinauf. Es war bereits dunkel und man konnte bereits den Mond erkennen. Sie schloss ihre Augen. Ein wenig Ruhe konnte nur gut tun, sie hatte das Gefühl, ihre Gedanken und Emotionen ordnen zu müssen. Sie kannte sich nicht so aufgewühlt, wie sie es heute war. War der Stress an der Uni zu viel? Hatte sie generell Stress? Nicht wirklich, es ging ihr doch gut. Sie war gesund, das Studium machte Spaß. Klar gab es auch mal stressige Zeiten, aber das neue Semester hatte vor knapp zwei Monaten gestartet und lief gut. Und die Fakebeziehung mit Viktor lief ebenfalls super, da gab es gar keine Probleme. Sie verstand sich super mit ihm und ihre Freundschaft war enger geworden. Wurde sie vielleicht krank? Wäre das eine Erklärung dafür, dass sie zur Zeit so verwirrt war, sich so fühlte? Da erklang die Schiebetüre hinter ihr.

“Ah, hier bist du. Ähm, willst du allein sein? Dann gehe ich wieder rein. Oder magst du ein wenig Gesellschaft haben?”

Seine Stimme klang wunderbar. Sie hatte so einen schönen weichen Tonfall, obwohl sie dunkel war. Dieser Stimme könnte sie ewig zuhören. Über die Schultern schauend traf sie auf seinen Blick und lächelte.

“Du kannst mir gerne Gesellschaft leisten.” Sie legte ihren Kopf erneut in ihren Nacken. “Ich wollte den vielen Menschen entfliehen. Es war dann doch etwas laut und viel.” Zu viel zusätzlich zu der Aufregung in ihrem Inneren.

“Das glaube ich dir.” Mario trat neben sie. “Hier.”

Fragend sah sie zu ihm und erkannte, dass er ihr eine Flasche entgegenhielt. Blinzelnd musterte sie diese und erkannte dann, dass es kein Bier sondern eine Limoflasche war.

“Oh, dankeschön.” Während sie ihm die Flasche aus der Hand nahm, grinste er unsicher.

“Ich war mir nicht ganz sicher, ob du Orangenlimonade noch magst. Früher hast du das, aber heute …”

“Doch, ich mag sie immer noch”, unterbrach Elsa ihn und lächelte. “Es verwundert mich, dass du dir das gemerkt hast.”

“Hmm, ich glaube nicht, dass ich irgendetwas vergessen habe, was dich betrifft.” Mario lehnte sich mit einem Arm gegen das Balkongeländer, hob mit dem anderen seine eigene Flasche und setzte sie an, während er ebenfalls zum Sternenhimmel hinauf sah.

Das Herz der neben ihm Stehenden hatte einen Takt zugenommen und sie sah ihn mit großen Augen an.

“Wie geht es dir?”, fragte er in dem Augenblick und senkte seinen Kopf wieder.

“Ähm”, unsicher strich sie eine Haarsträhne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, hinter ihr Ohr, “eigentlich ganz gut.”

“Was genau studierst du denn? Das habe ich noch gar nicht mitbekommen.”

“Lehramt. Sport und Hauswirtschaft. Es hat mir immer Spaß gemacht und daher dachte ich, warum auch nicht?”

“Du als Lehrerin?”

“Findest du das etwa komisch?” Mit gerunzelter Stirn blickte sie ihn an.

Sofort lachte er. “Nein, finde ich nicht. Ich habe gerade eben gedacht, dass ich gerne so eine hübsche Lehrerin wie dich gehabt hätte, da hätte ich mich sicher noch mehr angestrengt.”

Auch die neben ihm Stehende lachte. “Du warst doch so schon der Streber.” Sanft stieß sie ihm ihren Ellenbogen in die Seite. “Was hättest du dann anstelle von Einsern gehabt? Einser mit Sternchen?”

“Vielleicht.” Grinsend sah er sie an, ehe er stockte. “Oh, halte kurz still, du hast da was.”

Ehe Elsa sich versah, hatte Mario eine Hand nach ihr ausgestreckt und griff nach ihr. Er strich ihr durch die Haare und hielt ihr seine Hand gleich darauf vor die Augen.

“Du hattest einen Fussel im Haar.”
 

Elsa war immer noch wie erstarrt. Mario war ihr plötzlich so nahe, sein Blick lag direkt auf ihrem. Wieder nahm ihr Herzschlag zu und ohne dass es ihr bewusst war, befeuchtete sie mit ihrer Zunge ihre Lippen, die sich plötzlich so trocken anfühlten. Und dann strichen seine Fingerspitzen sanft über ihre Wange.

“Du warst früher schon hübsch, aber heute bist du noch viel schöner.”

Ihre Wangen wurden warm und sie traute sich nicht, sich zu rühren. Und dann riss er seine Hand weg und machte einen Schritt zur Seite.

“E-entschuldige bitte”, stotterte er, “das … das wollte ich so nicht. Ich will damit nicht sagen, dass du nicht gut aussiehst, denn das tust du, aber ich … ähm …” Er schien nicht ganz zu wissen, was er sagen sollte, ehe er mit seiner freien Hand durch die Haare an seinem Hinterkopf fuhr. “Ich weiß, dass du mit Viktor zusammen bist, ich will eure Beziehung auf keinen Fall irgendwie gefährden.”

Elsa blinzelte, ehe auch sie ihren Kopf zur Seite drehte. “Schon okay”, gab sie von sich und lachte leise und gekünstelt auf.

Das schien der neben ihr Stehende zu bemerken, da er sich herumdrehte. “Ich gehe lieber mal wieder rein und …”

Noch ehe er aussprechen konnte, hatte Elsa nach seinem Arm gegriffen und hielt ihn fest, sah zu ihm auf. “Nein, bleib … bleib bitte noch hier.”

Mario erwiderte ihren Blick, dann nickte er und stellte sich wieder neben sie, aber mit ein wenig mehr Abstand zu ihr. “Wenn du das willst, dann natürlich.”

Ein Nicken bestätigte dies und so standen sie ein paar Minuten nebeneinander. Es war Mario, der das Schweigen unterbrach.

“Machst du immer noch Sport?”, fragte er und ein leises Kichern erklang.

“Ich hätte mit so einer Frage rechnen können.”

“Warum das denn?”, erklang erstaunt.

“Du bist einfach ein Sportler durch und durch, also ist es doch klar, dass du das fragst.”

“Ah ja.” Nun klang auch Mario belustigt.

“Ich bin in keinem Sportteam mehr, aber ich gehe regelmäßig joggen.”

“Ja, das tue ich auch.”

“Hast du überhaupt, außerhalb der Uni und deinem Fußballverein, dafür oder für etwas anderes Zeit?” Elsa schmunzelte, während sie sein Profil begutachtete.

“Ach, ich denke, man findet für alles Zeit, wenn man es wirklich will.”

“Damit hast du wohl recht.” Sie sah wieder nach vorne.

“Willst du mal mit mir laufen gehen? Joggen?”

Erstaunt drehte sie ihren Kopf und erkannte, wie auch seine Wangen rot wurden.

“Ich kann verstehen, wenn du das nicht wollen würdest, Elsa. Und ich würde auch verstehen, wenn Viktor ein Problem damit hat. Ich beabsichtige damit auch nichts anderes, als mit dir joggen zu gehen, wirklich!”, versuchte Mario sich mit hochgehaltenen Händen zu erklären.

Wieder kicherte Elsa auf. Irgendwie wirkte er gerade sehr niedlich und ohne weiter darüber nachzudenken, nickte sie. “Sehr gerne. Ich würde sehr gerne mit dir joggen gehen.”

“Das freut mich.” Er wirkte irgendwie erleichtert und lehnte sich wieder nach vorne an das Geländer. “Und was machst du sonst so in deiner Freizeit?”

Kapitel 4

“Ach, hier bist du.” Viktor sah auf das Paar vor sich, das gemeinsam am Geländer seines Balkons stand und miteinander lachte. Kaum dass er seinen Satz ausgesprochen hatte, machte Elsa einen Sprung zur Seite und sah mit großen Augen über ihre Schulter zu ihm. Sie wirkte wie ertappt, woraufhin er seine Stirn runzelte. Sein Blick wanderte zu Mario, der ebenfalls unsicher wirkte.

“Wir scheinen uns ein wenig verquatscht zu haben”, gab Elsa von sich und wich jedoch Viktors Blick aus. Hatte sie etwa ein schlechtes Gewissen?

“Wollt ihr mir vielleicht irgendetwas sagen?”

Wieder weiteten sich Elsas Augen und sie schüttelte ihren Kopf. Sie trat zu ihm und legte ihre Hand auf seine Brust. “Nein, mach dir keine Sorgen.” Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihre Lippen sanft auf Viktors Wange. “Alles gut.”

“Du weißt ja, rede mit mir, wenn etwas ist.” Viktor strich ihr sanft über den Rücken und sah sie ernst an.

“Ich weiß.” Sie erwiderte seinen Blick ebenso ernst, sah über ihre Schulter und drückte sich gleich darauf an ihre Fakefreund vorbei in dessen Wohnung hinein.

Viktor sah den noch auf dem Balkon Stehenden mit hochgezogenen Augenbrauen an. “Elsa ist meine Freundin, das ist dir klar, oder, Mario?”

Der nickte. “Natürlich, das ist es, keine Sorge.” Der Jüngere der beiden sah zu der Türe, durch die Elsa gerade hineingelaufen war. “Ich habe nur das Gefühl, dass wir uns gut verstehen und ich würde gerne …” Er stockte, dann sah er Viktor ernst an. “Mach dir keine Sorgen, ich weiß, dass ihr beide zusammen seid und ich werde mich auf keinen Fall irgendwie zwischen euch drängen. Ihr beide gehört zusammen.”

“Dann ist es ja gut, dass wir das geklärt haben. Dann zu der Sache, weshalb ich unter anderem nach dir geschaut habe.”

“Und die wäre?”

“Deine Mannschaft hat das Weite gesucht.”

“Wie bitte?”

“Ja.” Viktor lachte auf. “Ich habe ihnen gesagt, dass sie sich um dich keinen Kopf machen müssen und sie gerne gehen können.”

“Aha. Was genau bedeutet das? Und werde ich dann nachher noch einen Kopf haben? Denn so wie du mich angesehen hast, nachdem du Elsa und mich hier auf dem Balkon entdeckt hast, weiß ich nicht genau, ob du mich still und heimlich beseitigen willst.”

“Ich bin weder still noch heimlich.” Ein breites Grinsen lag auf Viktors Gesicht. “Aber eigentlich wollte ich dich fragen, ob du noch heimfahren oder einfach hier übernachten willst. Mein Sofa lässt sich ausziehen, wenn du dich das traust, nachdem du so schamlos mit meiner Freundin geflirtet hast.”

“Ich habe nicht mit Elsa geflir…” Mario bracht mitten im Satz ab. Hatte er mit Elsa geflirtet? Er konnte die Frage nicht einfach verneinen, denn er war sich nicht sicher.

“Vielleicht unterlässt du das zukünftig einfach. Ich bin mir nicht sicher, wie gut es bei den Leuten um uns herum ankommt, wenn meine Freundin mit einem anderen flirtet.” Mal ungeachtet dessen, dass Elsa eigentlich nicht wirklich seine Freundin war. Und auch aus diesem Grund: “Was willst du von Elsa?” Viktor schob seine Hände in seine Hosentaschen und sah Mario an. Dieser wurde rot und schüttelte seinen Kopf.

“Nichts, wirklich nichts. Ich wollte mich einfach nur mit ihr unterhalten. Entschuldige bitte, wenn ich dir das Gefühl gegeben habe, mit ihr zu flirten. Sie ist deine Freundin und das ist mir bewusst.”

“Gut. Dann überlege dir, ob du mein Sofa haben willst.” Viktor drehte sich herum und ging wieder in seine Wohnung hinein.

Mario blieb stehen und sah ihm hinterher, während es ihm schmerzhaft bewusst wurde. Elsa hatte einen Freund. Einen Mann, den er respektierte. Mehr als nur respektierte, er mochte ihn und er wollte keinem von den beiden im Weg stehen. Aber trotz dieses Wissens konnte er nichts dagegen tun, dass sich alles in ihm zusammenzog. Gerade wünschte er es sich sehr, er hätte Elsa wieder getroffen, bevor sie mit Viktor zusammengekommen war. Klar waren bereits viele Jahre vergangen, seit er in Elsa verliebt gewesen war und er war sich auch sicher gewesen, dass dies eben eine frühere Schwärmerei gewesen war, mit der er schon längst abgeschlossen hatte. Und dann hatten Gregor und Viktor ihn mit in das Restaurant genommen und dort hatte er plötzlich in ihre wunderschöne große, braune Augen gesehen und sein Herz hatte einen Satz gemacht. Und dann war ihm bewusst geworden, dass sie Viktor geküsst hatte, kurz bevor sie ihn angesehen hatte. Und obwohl er sich immer und immer wieder sagte, dass sie einen Freund hatte, in einer Beziehung war, mit einem guten Kerl, so konnte er nicht anders, als sich wieder in sie zu verlieben. Und er hasste sich selbst dafür, dass er sich nicht einfach zurückhalten konnte. Nein, stattdessen suchte er die Nähe zu ihr und fragte sie dann sogar noch, ob sie Zeit mit ihm verbringen würde. War er eigentlich dumm? Die Antwort war ja. Er war der größte Idiot aller Zeiten. Er sollte Abstand nehmen, von ihr, von diese unerlaubten Gefühlen für sie. Von ihrem Freund, den er mochte. Er sollte es sich nicht schwerer machen, als es tatsächlich schon war. Er schloss seine Augen und sammelte sich, ballte seine Hände zu Fäusten, dann folgte er Viktor ins Innere der Wohnung.
 

“Ich habe gehört, du bleibst über Nacht hier, Mario!” Gregor tauchte bei ihm auf, kaum dass er einen Fuß durch die Türe setzen konnte.

“Ähm …”

“Das ist mega, dann können wir uns morgen treffen und zusammen kicken gehen. Ich bin voll dafür. Wenn wir den anderen schreiben, dann schaffen wir es vielleicht sogar ein paar der alten Kickers-Spieler zusammen zu bekommen, was meinst du?”

“Das klingt wirklich gut.” Viktor legte eine Hand auf sein Kinn. “Ich kann schauen, ob ich die alten Teufel-Spieler zusammen bekomme. Meint ihr, die anderen hätten Lust auf ein Spaß-Match?”

“Uh, das machen wir. Ich schreibe sofort Kevin.” Und schon zog Gregor sein Handy heraus und ging ein paar Schritte davon, während er auf das Display tippte.

“Das mache ich auch.” Viktor wählte eine Nummer und hielt sich sein eigenes Handy ans Ohr. “Hey Eric, Alter. Was hast du morgen vor?”

“Ich glaube, deine Entscheidung wurde für dich getroffen.” Elsa erschien schmunzelnd neben Mario, der lachen musste und nickte.

“Es scheint so. Und was machst du?”

“Sie bleibt natürlich hier! Und morgen wird sie mich anfeuern, dass das klar ist.” Viktor sah über seine Schulter, ehe er das Handy erneut an sein Ohr drückte. “Steve, gut, dass ich dich erreiche. Hör mal, morgen werden wir …”

“Deine Entscheidung wohl auch.”

Elsa lachte auf Marios Aussage und nickte. “Ja, so sieht es tatsächlich aus.”

Sie zwang sich, weiterhin zu lächeln, wobei sie am liebsten ihre Stirn runzeln würde. Also würde sie hier schlafen … Zum Glück hatte Viktor ein sehr breites Bett, das würden sie schon schaffen, Wechselkleidung hatte sie auch in seinem Schrank verstaut, das diente ihrem Alibi. Sie hatte auch schon hier übernachtet, aber das im Normalfall auf dem Sofa, das nun von Mario genutzt werden würde. Gut, das war zu schaffen.

“Komm mit, ich gebe dir Handtücher und eine Zahnbürste”, richtete sie an Mario und berührte seine Hand leicht mit ihrer. Kaum dass sie das tat, fühlte es sich an, als würde ein Blitz durch sie schießen. Seine Augen weiteten sich, hatte er das auch gespürt?

Elsa biss sich auf die Unterlippe und zog ihre Hand an ihren Körper. Was war das die ganze Zeit über? Es überforderte sie.

“Komm”, wiederholte sie und ging einfach los, ohne abzuwarten, ob er ihr tatsächlich folgte.
 

///
 

“Geht es so oder brauchst du noch etwas?” Viktor erschien im Schlafzimmer und schloss die Türe hinter sich, sein Blick dabei auf Elsa gerichtet, die bereits in seinem Bett lag.

Zur Antwort schüttelte sie ihren Kopf. “Ich denke nicht.”

“Gut. Wenn du doch etwas brauchst, du weißt ja, wo du es findest. Hol es dir einfach.” Viktor kam ebenfalls in sein Bett, legte sich neben ihr auf den Rücken und verschränkte seine Hände unter seinem Kopf.

Elsa lachte laut los. “Du bist ja ein toller Gastgeber.”

“Warum? Weil du es dir selbst holen musst? Angeblich bist du meine Freundin, du solltest dich hier auskennen. Und mal abgesehen davon, kennst du dich hier tatsächlich gut aus.”

“Das stimmt.” Elsa schloss ihre Augen und drückte ihren Kopf in das Kopfkissen unter sich. Sie war wirklich müde.

“Elsa, sei ehrlich. Willst du unsere Fakebeziehung weiterhin?”

Sofort riss sie ihre Augen weit auf. “Was?”

“Ich habe gesehen, wie Mario dich ansieht und auch wie du ihn ansiehst. Selbst mit meiner sonst so geringen Auffassungsgabe …”

Ein Schnauben entkam der neben ihm Liegenden. Geringe Auffassungsgabe? Da konnte man genauso gut sagen, er könne nicht Fußball spielen. Doch Viktor ignorierte sie und sprach einfach weiter.

“... sehe ich doch, dass da mehr ist. Und ich will auf keinem Fall irgendeiner aufkeimenden Romanze im Weg stehen.”

Elsa vergrub ihr Gesicht mit den jetzt glühenden Wangen erneut im Kopfkissen. Sie biss sich auf die Unterlippe und versuchte sich zu fangen, ehe sie sich herumdrehte.

“Willst du etwa, dass ich unsere Beziehung beende? Hast du jemanden kennengelernt?”

“Wie kommst du denn jetzt darauf? Nein, mir geht es nur um dich und Mario. Wenn es nach mir geht, beenden wir unser Arrangement noch lange nicht, ich bin sehr zufrieden so, wie es ist. Ich fühle mich tatsächlich frei. Aber Elsa, ich bin dein Freund, nicht dein fester Fakefreund, nein, ein guter Freund. Deine Gefühle sind wichtiger als dass ich mich frei fühle. Ich genieße es, so mit dir zusammen zu sein, die Freundschaft zwischen uns gefällt mir sehr gut und vielleicht macht es mir etwas zu viel Spaß, anderen etwas vorzuspielen, doch ich genieße es auch. Und wie gesagt, ich habe echt wenig bis gar keinen Stress mit Frauen gehabt. Mal abgesehen von dir.” … “Hey!” Ungläubig stemmte Viktor sich auf seinen Unterarmen auf und sah Elsa an, die ihm ein Kissen ins Gesicht geschlagen hatte.

“Du behauptest, dass du Stress mit mir hast?”

“Äh …” Viktor deutete auf das Kissen, das er nun in seiner Hand hielt.

Elsa lachte laut auf. “Das ist kein Stress sondern gehört zu einer normalen Beziehung dazu.”

“Okay, vielleicht sollte ich Mario vorwarnen, dass für dich zu einer normalen Beziehung Schläge gehören. Soll ich auch noch Handschellen und eine Peitsche besorgen?”

“Viktor Uesugi! Untersteh dich! Ich glaube, du hast sie nicht mehr alle.” Elsa rappelte sich auf und sah ihn aus funkelnden Augen an. Ihre Hände hatte sie vor sich auf dem Bett abgestützt und schüttelte ihren Kopf. “Du sagst ihm überhaupt nichts, kein Wort!”

“Darf ich also gar nicht mehr mit ihm reden oder …”

“Manchmal bist du mehr als doof!” Elsa zog ihm das Kissen aus den Händen und warf es vor sich, um gleich darauf wieder ihren Kopf hinein zu drücken. “Aber”, sie hielt inne und drehte ihren Kopf in Viktors Richtung. Wollte sie das wirklich? Eigentlich wusste sie doch, was sie wollte, oder? “Hör zu, Viktor. Es ist gut so, wie es ist. Ich will aktuell eigentlich keine Beziehung, also … lassen wir es so laufen, ja? Und du sagst kein Wort zu Mario, was das alles angeht.”

“Wenn es für dich wirklich okay ist, dann ist das für mich vollkommen in Ordnung. Ich bin ja auch froh darüber wenn es so bleibt, ich fühle mich gut damit. Aber falls sich doch etwas ändert, dann sag mir Bescheid, ja?”

“Klar. Aber ich will nichts von Mario, das solltest du wissen.” Elsa drehte ihren Kopf so, dass sie von dem neben ihr Liegenden wegsah, der gleich darauf das Licht löschte und sich hinlegte.

“Gute Nacht, Elsa”, murmelte er.

“Gute Nacht”, erwiderte sie leise.

Und obwohl sie müde war, fand sie nicht in den Schlaf. Alles in ihr drehte sich. War das wirklich richtig, was sie zu Viktor gesagt hatte? Sie wollte doch keine Beziehung, nicht aktuell. Es war alles gut, wie es war. Und doch … Wieder kamen ihr Marios Augen in den Sinn, der Blick, mit dem er sie angesehen hatte, als er ihr gesagt hatte, wie hübsch sie war und ihr Herz nahm erneut einen Schlag zu. Hatte Viktor recht als er sagte, dass so, wie sie und Mario sich ansahen, da mehr dahinter stecken musste? Sicher dass das nicht irgendwelche Überbleibsel von der Zeit waren, als sie und er sich näher gekommen waren? Als sie in ihn verliebt gewesen war und sie sich sogar geküsst hatten? Denn so hatte sich das damals auch angefühlt, wobei es heute vielleicht sogar stärker war. War sie tatsächlich wieder in ihn verliebt? Aber das konnte doch nicht sein, sie hatte ihn viele Jahre nicht gesehen, sie kannte ihn doch gar nicht. Wieder biss sie sich auf die Unterlippe. Es war doch alles gut, so wie es gerade war. Die Fakebeziehung von ihr und Viktor tat genau das, was es tun sollte und er war ja auch zufrieden damit und er schien froh darüber gewesen zu sein, als sie gesagt hatte, dass sie es dabei belassen sollte. Ach verdammt, warum war alles nur so komisch? Sie schloss ihre Augen und zwang sich dazu, an etwas anderes zu denken. Und trotzdem schweiften ihre Gedanken immer wieder zu dem Mann ab, der auf Viktors Sofa schlief.
 

///
 

Es war mitten in der Nacht, als Mario von dem Geräusch einer sich öffnenden Türe aus dem Schlaf gerissen wurde. Er setzte sich auf dem Sofa auf, das mitten in Viktors Wohnzimmer stand und sah über die Lehne, wo aus der Richtung in der das Schlafzimmer lag, eine Silhouette in der Dunkelheit erschien.

“Oh, habe ich dich geweckt?”, erklang Elsas Stimme leise und sie kam auf ihn zu.

Sofort schüttelte er seinen Kopf. “Nein, keine Sorge. Wenn ich woanders schlafe, ist mein Schlaf meistens nicht so tief und ich wache bei jedem geringsten Geräusch auf.”

“Du auch?” Ein leises Lachen entkam Elsa und sie kam auf ihn zu. Nun konnte er ein wenig mehr ausmachen, unter anderem auch, dass sie nur ein langes T-Shirt trug, das den Großteil ihrer Beine freiließ, die er nun anblickte. Sie wirkten erstaunlich lang und die Haut dort … Mit großen Augen riss er seinen Kopf wieder hinauf.

“Und du konntest nicht schlafen?”, fragte er und hoffte, dass ihr nicht klar war, dass er ihre nackten Beine angestarrt hatte.

“Ich wollte mir in der Küche etwas zu trinken holen. Wie sieht es mit dir aus, willst du auch etwas?”

“Gerne.”

“Dann warte kurz.”

Und schon war sie auf und davon. Mario beobachtete, wie sie zu der offenen Küche auf der anderen Seite des Raumes ging. Er hörte sie klappern und das Geräusch von klirrenden Gläsern, ehe Wasserrauschen erklang. Kurz darauf kam sie zurück und reichte ihm ein Glas, gefüllt mit Wasser. Sie ließ sich selbst auf das Sofa sinken, dort wo Marios Beine noch lagen. Sie trank etwas von ihrem Wasser, sah in den im Dunkeln liegenden Raum hinein, ohne ein Wort zu sagen.

“Ist alles okay?”, fragte Mario leise und legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. Als sie ihren Kopf drehte und ihn ansah, erstarrte er, rührte sich nicht mehr. Ihr Blick brachte sein Herz wieder dazu, schneller zu schlagen. Warum genau löste sie das in ihm aus? Das durfte sie nicht, immerhin war sie vergeben. Er sollte sich keine solchen Gedanken über sie machen. Und noch weniger sollte er daran denken, sein Blick glitt zu ihren Lippen, wie es sich anfühlen würde, sie nach so einer langen Zeit noch einmal zu küssen. Ihre Zungenspitze blitzte auf und fuhr über ihre vollen Lippen, die so unglaublich weich aussahen. Als er wieder aufblickte, wurde ihm klar, dass sie es gemerkt haben musste. Ohne dass es ihm bewusst war, beugte er sich ein wenig vor, näher zu ihr. In diesem Augenblick sprang sie auf.

“I-ich … muss wieder”, stotterte sie, bewegte sich aber nicht von der Stelle, sah ihn nur an.

“Es tut mir leid”, sagte Mario leise, woraufhin sie ihren Kopf schüttelte.

“Dir muss nichts leid tun”, flüsterte sie.

“Doch, muss es. Du bist mit Viktor zusammen. Ich sollte nicht …”

“Was solltest du nicht?” Ihre Stimme war so leise, dass er sie kaum verstehen konnte.

“Dich so ansehen.”

“Und … wie siehst du mich an?”

Er sagte nichts und Elsa war nicht sicher, ob er überhaupt noch etwas kommen würde. Doch dann: “So, wie ich eine vergebene Frau nicht ansehen darf. Vor allem nicht die Freundin eines Mannes, den ich gerne wieder als meinen Freund bezeichnen würde.”

“Das … ist richtig.” Elsas Herz schlug heftig von innen gegen ihren Brustkorb, es fühlte sich schon fast nicht mehr angenehm an.

“Aber warum … kann ich es dann nicht lassen?”, fragte er und brachte Elsas Puls noch mehr durcheinander.

“Das weiß ich nicht …” Langsam ließ sie sich auf das Sofa zurücksinken, sah ihn an, konnte ihren Blick nicht abwenden.

“Ich würde es gerne lassen …” Marios Hand umfasste ihr Handgelenk.

“Wirklich?” Sie beugte sich etwas näher.

“Ja. Nein.”

“Beides?”

“Beides. Ich will es lassen, denn es ist falsch so zu empfinden. Aber auf der anderen Seite”, er kam ihr ebenfalls näher, sodass es nur noch ein paar Zentimeter zwischen ihnen waren, “können Gefühle wirklich falsch sein?”

Langsam hob Elsa ihre Hand, legte sie an Marios Brust, spürte sein Herz hart an ihre Handfläche schlagen. Sein Herzschlag ging auch so schnell, viel zu schnell.

“Ich weiß es nicht”, erwiderte sie, hob ihren Blick von ihrer Hand zu seinen Augen und wurde still, als sie erkannte, wie nahe sie sich waren.

“Ich will nichts falsches empfinden. Und doch bist da du und alles was ich will, ist an deiner Seite zu sein.” Seine zweite Hand wanderte zu ihrem Gesicht, strich über ihre Wange.

Elsas Blick huschte zwischen seinen Augen hin und her, ihre Hand umgriff sein Handgelenk. Als er bemerkte, dass sie seine Hand nicht wegzog sondern ihn nur festhielt, zog er sanft an ihr, sie zu sich und dann berührten sich ihre Lippen. Ihre Augen schlossen sich flatternd und sie seufzte, als sie sich nach so langer Zeit ein weiteres Mal küssten. Schmetterlinge breiteten sich in ihrem Bauch aus und sie wollte, dass das hier nie wieder endete. Es war wundervoll, ihn zu küssen.
 

Auf einmal zog Mario sich zurück, rutschte nach hinten und brachte Abstand zwischen sie beide. “Es - es tut mir leid. Entschuldige Elsa, das hätte nicht passieren dürfen.”

Er schob die Decke zur Seite, die noch auf seinen Beinen gelegen hatte und stellte seine Füße auf den Boden, sprang auf. Doch weit kam er nicht, da hatte Elsa sein Handgelenk ergriffen und hielt ihn fest.

“Geh nicht!”

Er sah sie an und schüttelte seinen Kopf. “Ich kann nicht hierbleiben, Elsa. Wie stellst du dir das vor? Wie kann ich morgen früh mit dem Mann am Tisch sitzen, dessen Freundin ich mitten in der Nacht geküsst habe? Wie soll ich ihm in die Augen sehen können?”

“Wir sind nicht wirklich zusammen!”, platzte es aus ihr heraus.

“Du … was?” Mario blieb stehen und sah Elsa ungläubig an. Was sagte sie da?

“Wir … wir behaupten nur, dass wir ein Paar sind, aber wir sind es nicht.” Verzweifelt hielt Elsa Marios Handgelenk fest. Er durfte nicht gehen, er durfte einfach nicht!

“Warum behauptet ihr, dass ihr ein Paar seid? Das macht doch überhaupt keinen Sinn und …”

“Er ist schwul!” Kaum dass sie das ausgesprochen hatte, schlug Elsa beide Hände vor ihren Mund. Oh Gott, was hatte sie da behauptet? Sie konnte das doch nicht so stehen lassen und …

“Er ist schwul?” Langsam ließ sich Mario sinken, sah die nun neben ihm Sitzenden mit großen Augen an. “Der Grund ist also, ihn vor Frauen zu schützen?”

Elsa schüttelte im ersten Moment ihren Kopf, ehe sie nickte. Verdammt. Sie konnte das doch so nicht stehen lassen! Sie musste es berichtigen! Wie war sie auf die Idee gekommen? Viktor war alles, aber ziemlich sicher nicht schwul.

“Du … bist also eigentlich frei?”

Marios Stimme drang zu ihr durch. Sie nickte vorsichtig. “Ich habe keine echte Beziehung, das ist richtig. Aber ich bin nicht wirklich frei, offiziell bin ich Viktors Freundin.”

Sie konnte ihrem Nebensitzer ansehen, wie dieser nachdachte. Dann sah er sie an.

“Okay, offiziell bist du mit Viktor zusammen, aber deine Gefühle für ihn …”

“Wir sind Freunde. Er ist mein bester Freund. Wir verstehen uns sehr gut und haben die Entscheidung hierfür vor über sechs Monaten getroffen. Bisher sind wir sehr gut damit gefahren, er hatte Ruhe vor Frauen und ich vor Männern.”

“Du willst also eigentlich gar niemanden haben?”

Sofort schüttelte sie ihren Kopf. “Nein, das ist es nicht. Nur zu der Zeit, als Viktor und ich auf diese Idee kamen, hatte ich erst kurz zuvor eine Beziehung beendet. Und kaum dass das publik wurde, standen die Kerle bei mir Schlange und haben um ein Date gebeten.” Er prustete leise und schon legte Elsa ihren Kopf schräg. “Findest du das lustig?”

“Ein wenig.” Er streckte eine Hand aus, strich ihr sanft die Haare auf einer Seite ihres Kopfes hinters Ohr. “Aber so wie du aussiehst, wundert mich das nicht. Du bist unglaublich.”

Sie wurde rot und musste lächeln. “Du Spinner. Aber im ernst”, und das wurde sie nun auch wieder, “ich wollte einfach mal meine Ruhe haben. Ich wollte mich auf mich selbst konzentrieren und da kam dann diese Idee. Ich konnte behaupten, einen Freund zu haben und so hatte ich Ruhe. Viktor behauptete, er hätte eine Freundin und fertig.”

“Aber behaupten reicht nicht immer aus …”

“Richtig und genau deshalb haben wir nach außen so getan, als wären wir ein Paar.”

“Wer weiß es? Dass ihr nicht wirklich zusammen seid.”

“Niemand.”

“Wirklich? Was ist mit Gregor und …”

“Gregor und Conny wissen es nicht. Und dass sie glauben dass wir wirklich ein Paar sind zeigt, dass wir es gut rüberbringen.”

“Ihr habt euch geküsst.”

“Nein, nicht wirklich. Also … nur einmal, aber das auch nur zum schauen, dass da nicht doch irgendetwas zwischen uns ist.”

“Und?”

Elsa lachte leise. “Keine Sorge, da ist nichts. Und daher konnten wir unsere Fakebeziehung auch so gut aufbauen.”

“Ich habe aber inzwischen ein paar Mal gesehen, dass ihr euch geküsst habt. Gestern beim Spiel, als ich damals ins Restaurant gekommen bin und …” Er verstummte, als Elsa ihm ihre Hand auf den Mund legte, um ihn so zum Schweigen zu bringen. Sie rutschte ein wenig näher.

“Warte, ich zeig dir, wie wir das machen”, flüsterte sie und beugte ihren Kopf zu ihm. Sie hielt einen Moment inne, als sie ihm wieder so unglaublich nahe war. “In etwa so.” Sie hob ihren Kopf und hauchte ihm einen Kuss neben den Mundwinkel. “Nur so, mehr nicht.”

“Mach das noch einmal.”

Als sie Marios heisere Stimme vernahm, zog sich eine Gänsehaut über Elsas Körper.

“So?”, fragte sie leise und legte ihre Lippen wieder dicht neben seinen Mund.

Das nutzte er, drehte seinen Kopf und schon streiften seine Lippen ihre. Zuerst nur sanft, er bewegte sich nicht weiter, überließ Elsa die Entscheidung, was passieren sollte. Und so war es sie, die den Kuss vertiefte. Marios Hände wanderten auf ihren Rücken zogen sie an sich und nach einiger Zeit ließ er sich vorsichtig nach hinten fallen, zog Elsa mit sich und intensivierte die Küsse noch weiter.

Kapitel 5

“Guten Morgen.” Als Viktor ins Wohnzimmer kam, erblickte er Mario, der dort gerade seine Sachen in seine Sporttasche stopfte. “Du siehst aber gut gelaunt aus.”

Der Angesprochene hielt inne ehe er sich herum drehte. “Guten Morgen, Viktor.”

Der runzelte seine Stirn. Warum musterte der Jüngere ihn so genau. “Alles okay?”

Sofort nickte Mario. “Ja, alles gut. Und bei dir?”

“Ja, auch.” Sie musterten sich, wägten ab, ob doch etwas war, dann zuckte der Ältere mit seinen Schultern und ging zu seiner Küche, um sich um das Frühstück und in allererster Linie um Kaffee zu kümmern. “Bist du auch gespannt auf das Spiel nachher?”

Mario stand auf und folgte ihm in die Küche. “Oh ja, das bin ich. Ich bin generell gespannt darauf, alle wieder zu sehen. Kaum zu glauben, dass alle zugesagt haben, vor allem so kurzfristig.”
 

Als Elsa frisch geduscht ebenfalls ins Wohnzimmer gehuscht kam, standen beide Männer in der Küche und unterhielten sich angeregt miteinander. Als sie die beiden erblickte, blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihr Herz machte bei Marios Anblick einen Satz und schlug doppelt so schnell weiter, aber bei Viktors Anblick wurde ihr anders. Verdammt, sie hatte es gestern total vergessen, Mario zu sagen, dass Viktor nicht schwul und ihr das nur herausgerutscht war. Doch dann hatten sie sich geküsst und alles andere war nebensächlich geworden. Sie musste ihm dringend die Wahrheit sagen, je schneller, desto besser.

“Elsa, Liebes, hier, dein Kaffee.” Viktor hielt ihr eine Tasse entgegen, lächelte sie an.

Mit schlechtem Gewissen nahm sie ihm die Tasse ab und da er ihr seine Wange entgegen hielt, gab sie ihm einen schnellen Kuss darauf, während ihr Blick zu Mario glitt, der sie nachdenklich ansah, aber lächeln musste, kaum dass ihre Blicke sich trafen. Wieder machte ihr Herz einen Satz und sie konnte nicht anders, als ebenfalls zu lächeln.

“Hast du gut geschlafen?”, fragte sie ihn und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse.

“Habe ich sehr gut, danke der Nachfrage.”

“Das freut mich zu hören.”

“Und du?”

“Ich habe auch gut geschlafen.” Wieder lächelten sie einander an.

Viktor sah zwischen ihnen hin und her, ehe er einen Arm um Elsas Schultern legte und sie an sich zog. “Ich ebenso.”

Mit schlechtem Gewissen sah Elsa ihn an, ehe sie schief grinste. “Hab ich gehört, du hast geschnarcht.”

“Was? Ich schnarche nicht!” Ungläubig schüttelte Viktor seinen Kopf.

“Tja, du schläfst ja auch, du hörst das nicht.”

“Elsa Daichi, vielleicht schnarchst ja auch du!”

“Wäre nicht schlimm, denn so laut wie du bist, würde man das sowieso nicht hören.”

“Womit habe ich das verdient?” Viktor warf seine Hände in die Höhe und ging davon. Elsa lachte laut und auch Mario konnte nicht anders.

Sie beide wechselten einen Blick, ehe Elsa sich herum drehte. Ihr Herz schlug so unglaublich schnell. In ihr zog sich alles angenehm zusammen, als sie an die Küsse dachte, die sie beide heute Nacht geteilt hatten. Aber, ihr Blick wandte sich Viktor zu, sie musste das alles irgendwie klären. Vielleicht nicht jetzt, sie sollte in Ruhe mit jedem den beiden Männer reden. Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, versuchte sich an der Tasse festzuhalten.

“Ich geh noch kurz ins Bad. Elsa, Liebes, kannst du nach dem Frühstück schauen?”

“Natürlich”, antwortete sie auf Viktors Frage, der bereits das Zimmer verließ.

Sie stellte ihre Tasse zur Seite und trat zum Kühlschrank, als sie hinter sich eine Bewegung bemerkte. Ihr Herz nahm einen Schlag zu, als sie Mario wahrnahm, der zu ihr getreten war. Kaum dass sie sich zu ihm herum gedreht hatte, strich er mit seiner Hand sanft über ihre Wange.

“Das heute Nacht”, begann er und wurde unterbrochen, als Elsa sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn küsste.

Einen Augenblick war er noch wie erstarrt, dann wurde Mario ganz weich, zog Elsa an sich und erwiderte ihren Kuss. Das hier, sie, es war unglaublich. Ihre Arme schlangen sich um seinen Nacken und sie intensivierte den Kuss. Das Klappern einer Türe ließ sie auseinanderfahren und sofort trat Elsa zum Kühlschrank und riss die Türe auf, stellte wahllos Sachen neben sich auf die Arbeitsfläche. Ihr Herz schlug viel zu schnell und in ihr kämpften die Glücksgefühle und auch das schlechte Gewissen gegenüber ihrem Fakefreund um die Oberhand.

“Gib mal die Eier her.” Viktor griff an ihr vorbei in den Kühlschrank, berührte dabei ihre Hüfte und zog sie eng an sich, küsste sie auf die Wange und entfernte sich wieder von ihr.

Elsa biss auf ihre Unterlippe, ihr wurde anders. Was tat sie hier?

“Viktor?” Sie drehte sich abrupt zu ihm herum, war kurz davor, dass alles aus ihr heraus platzte.

“Ja, Liebes?” Fragend blickte er zu ihr.

Merkte er ihr an, dass sie total durch den Wind war? Ziemlich wahrscheinlich, immerhin war er mehr als nur aufmerksam. Er wirkte tatsächlich etwas besorgt und dann kam ihr das Gespräch zwischen ihnen beiden wieder in den Kopf. Er wollte gar nicht, dass ihr Arrangement endete, er war sehr zufrieden darüber, wie es war und es ging ihm gut damit. Wenn sie diese Beziehung beenden würde, dann wäre er wieder an dem gleichen Stand wie zuvor. Sie konnte ihn nicht im Stich lassen, das konnte sie ihm nicht antun!

“Ähm, ich will heute keine Eier”, brachte sie hervor, um wenigstens etwas zu sagen.

“Okay, kein Problem.” Viktor nickte, ehe er sich wieder den Eiern widmete.

Elsa sah zur Seite und bemerkte, dass Mario seine Aufmerksamkeit auf sie gerichtet hatte, dabei nachdenklich wirkte. War ihm klar, was sie gerade hatte tun wollen? Und fand er es doof, dass sie nichts gesagt hatte? Sie schloss den Kühlschrank.

“Ich … ich muss kurz”, presste sie hervor und machte, dass sie wegkam.
 

Kaum dass sie in Viktors Schlafzimmer angekommen war, presste sie beide Hände vor ihren Mund, versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken, das in ihr aufstieg. Sie wollte das nicht!

Als es an der Türe klopfte und diese sich gleich darauf öffnete, blieb sie einfach mit dem Rücken in diese Richtung stehen.

“Elsa?”, erklang Marios sanfte Stimme und sofort erstarrte sie. Sie hörte, wie er die Türe schloss und auf sie zu trat.

“Was ist los?”, fragte er. Dann spürte sie seine Hände, die sich auf ihre Schultern legten. “Bereust du es?” Seiner Stimme war Unsicherheit zu entnehmen. “Oder … das was du gestern gesagt hast, dass eure Beziehung nicht echt ist … das stimmt doch, oder?”

Jetzt, jetzt war die Möglichkeit, ihm die Wahrheit darüber zu sagen, dass Viktor nicht schwul war! Elsa drehte sich herum und in dem Augenblick öffnete sich die Schlafzimmertüre erneut.

“Alles okay?”

Elsa machte einen Satz nach hinten und sah zu Viktor, der in seinem Schlafzimmer aufgetaucht war. Mario runzelte seine Stirn. Gerade als er den Mund aufmachen wollte, nickte die bei ihm Stehende.

“Ja, alles okay. Ich wollte nur kurz noch nach meinem Handy schauen, ehe ich es nachher noch vergesse.”

“Hmm …” Man konnte ihrem Fakefreund ansehen, dass er ihr nicht wirklich glaubte. Verdammt, dass er sie so gut kannte … “Mario, lässt du uns kurz allein?”

“Natürlich”, antwortete dieser und verließ das Zimmer, nicht ohne sie noch einmal nachdenklich anzusehen.

Kaum dass er die Türe geschlossen hatte, trat Viktor zu Elsa. “Okay, was ist los? Irgendetwas stimmt hier doch nicht.”

“Ich … war nur etwas überfordert. Wir”, verzweifelt suchte Elsa nach einer Ausrede, um ihm nicht sagen zu müssen, dass Mario und sie sich erst vor einigen Stunden draußen auf dem Sofa geküsst hatten, während er in seinem Bett gelegen und geschlafen hatte, “wir hatten diese Situation noch nie. Dass ich bei dir hier geschlafen habe und wir dann Besuch hatten, der auch hier übernachtet hat. Das ist …”

“Etwas überfordernd?”

Erleichtert nickte Elsa. Diese Ausrede schien Viktor tatsächlich zu glauben. Er hob seine Hand und legte sie auf ihren Kopf.

“Das glaube ich dir, Süße, aber das wird schon, wir bekommen das hin. Wir sind schließlich ein gutes und eingespieltes Team. Und jetzt komm, sonst denkt Mario noch, wir zwei zoffen uns hier drinnen und gerade er sollte ja glauben, dass wir beide ein Paar sind.”

“Gerade er?”

“Ja. Dir ist es doch sicherlich auch aufgefallen, dass er immer deine Nähe sucht. Daher muss es ihm wirklich klar sein, werden, wie auch immer, dass du einen Freund hast. Ich kümmere mich darum, keine Sorge.”

Noch bevor Elsa etwas sagen konnte, hatte er sich herumgedreht und verließ das Zimmer wieder. Ungläubig sah sie ihm hinterher. Verdammt, in was für eine Situation hatte sie sich da gebracht?
 

///
 

Lautes Stimmengewirr war um sie herum zu hören, doch was erwartete man, wenn 26 ehemalige Mannschaftskollegen, Schulkameraden und Freunde aufeinander trafen? Elsa blickte sich um, erkannte einige der Teufel und eigentlich alle der ehemaligen Kickers-Spieler, die sich heute trafen. Tatsächlich hatten sie vorher sogar ein Spiel gegeneinander gespielt, dass die Kickers klar für sich entschieden, immerhin hatten sie mit Mario einen Spitzen-Torwart und mit Gregor einen Spitzen-Mittelstürmer. Nicht alle von ihnen hatten nach der Schule weiter Fußball gespielt und das merkte man eben doch. Daher war es auch ein großer Spaß für alle gewesen, auch für Elsa, die viel hatte lachen müssen, ebenso wie Conny neben sich. Es hatte Spaß gemacht, den beiden Mannschaften zuzuschauen, vor allem, weil man allen angemerkt hatte, dass es hier wirklich nur um Spaß ging. Natürlich waren alle Spieler auch voller Ehrgeiz gewesen, gewinnen war immer schöner als verlieren.
 

Nun hatten sie tatsächlich noch ein Lagerfeuer am Strand organisiert, hatten Grillsachen und Brot aufgetrieben, ebenso Getränke. Es hatten sich viele Gruppen gebildet und alle redeten angeregt miteinander.

Elsa hatte sich in einigen Metern Abstand zum Lagerfeuer in den Sand gesetzt. In ihrer Hand hielt sie eine Flasche, aus der sie immer wieder einen Schluck trank. Ihr Blick war auf das Meer vor sich gerichtet, in dem sich der Mond spiegelte. Der Geruch des Salzwassers sowie das Geräusch der Wellen drangen bis zu ihr vor. Sie schauderte, es war recht kühl. Vielleicht hätte sie einfach beim Lagerfeuer bleiben sollen, doch sie hatte einfach etwas Ruhe und Zeit für sich selbst gebraucht. Stattdessen zog sie Viktors Jacke, die dieser ihr vorher gegeben hatte, enger um sich, atmete etwas von seinem Geruch ein, der sie die letzten Monate meistens beruhigt hatte, doch heute wirbelte er alles in ihr nur noch mehr auf. Plötzlich hörte sie den Sand hinter sich knirschen und gleich darauf erschien jemand neben ihr.

“Darf ich mich zu dir setzen?”

Elsas Herz machte einen Satz, als sie aufsah und lächeln musste, es nicht unterdrücken konnte.

“Gerne”, antwortete sie leise und schon saß er neben ihr, hatte sogar auf ein wenig Abstand zu ihr geachtet.

Er schwieg, sah ebenfalls aufs Meer hinaus. Seine Knie waren angewinkelt, seine Ellenbogen ruhten auf diesen und dazwischen drehte er einen Flasche zwischen seinen Händen hin und her.

“Musst du nicht noch nach Hause fahren?”, fragte Elsa nach ein paar Minuten, als sie das Schweigen nicht mehr aushielt.

“Willst du mich etwa schon wieder loswerden?” Belustigung klang in seiner Stimme mit und Elsa spürte ihre Wangen rot werden.

“Nein, das will ich nicht. Aber du musst ja auch noch nach Hause kommen und …”

Seine Hand legte sich auf ihren Unterarm, strich sanft mit dem Daumen darüber. “Mach dir keine Sorgen, ich habe vorher nach einem Zug gesehen. In ungefähr zwei Stunden fährt einer.”

“Das ist gut …”

“Hattest du etwa Sorgen, dass ich noch einmal eine Nacht auf Viktors Sofa verbringen muss?”

“Natürlich nicht!”

“Sicher?”

“Mario!”

Er lachte, zog seine Hand zurück und legte seinen Kopf in den Nacken, sah zum dunklen Himmel hinauf, an dem man die Sterne erkennen konnte.

“Heute morgen”, begann er zögerlich, “habe ich dich etwas gefragt, erinnerst du dich noch? Kurz bevor Viktor auch ins Schlafzimmer kam.”

Elsas Hände verkrampften sich um die Flasche herum. “Ja …”

“Und wie ist deine Antwort? Ist das mit Viktor und dir wirklich nicht echt? Muss ich mir Gedanken, vielleicht sogar Sorgen machen? Habe ich wirklich eine Chance bei dir?” Er drehte seinen Kopf, sah sie an. “Ich mag dich Elsa, sehr sogar. Ich denke seit Wochen nur noch an dich. Und ich mache mich verrückt, weil du einen Freund hast. Das letzte Nacht, unsere Küsse, das alles bedeutet mir etwas. Aber ich will nicht ein Typ sein, der etwas mit einer vergebenen Frau anfängt. Wenn du also doch richtig mit Viktor zusammen bist, dann sag es mir bitte. Ich werde es akzeptieren, aber dann dürfen wir uns nicht mehr sehen.”

Allein die Vorstellung, ihn nicht mehr sehen zu dürfen, sorgte dafür, dass es Elsa anders wurde. “Nein, ich … Das zwischen Viktor und mir ist nicht echt.” Sie betrachtete ihre Flasche, wich Marios Blick aus. “Wir behaupten das nur, glaube mir bitte.” Einen kurzen Augenblick sah sie doch auf, um gleich darauf wieder die Flasche anzublicken und mit ihrem Daumennagel am Etikett zu kratzen. “Gregor hat es doch noch gesagt, die Beziehung zwischen Viktor und mir ist anders als alle Beziehungen, die er kennt. Das liegt einfach daran, dass zwischen uns nichts romantisches läuft. Es ist eine reine Fakebeziehung, um andere Leute davon abzuhalten, uns anzumachen.”

“Und wie steht es da mit mir?”

Sie biss sich auf die Unterlippe.

“Was genau ist mit mir, Elsa? Was ist das zwischen uns? War das einfach nur ein wenig Rumgeknutsche für dich? Ein wenig Ablenkung zu deiner falschen Beziehung, wo so etwas ja keine Rolle spielt? Sag es mir bitte. Ich will wissen, was ich bin, was ich für dich bin.”

“Ich … ich mag dich, Mario. Sehr sogar. Vielleicht ist es sogar mehr, als dich nur zu mögen.”

“Mehr … Was genau bedeutet das, Elsa?”
 

Ihre Wangen glühten regelrecht und sie war froh, dass es dunkel war und Mario ihr nicht ins Gesicht sehen konnte.

“Ich glaube, dass ich mich wieder in dich verliebe …”, murmelte sie leise, weigerte sich jedoch weiterhin, ihn anzusehen.

“Du verliebst dich wieder in mich?” Mario klang erstaunt.

“Und?”, presste sie hervor, weigerte sich auch, sich nur das kleinste bisschen in seine Richtung zu drehen. “Ich war früher in dich verliebt. Und als wir uns dann endlich geküsst haben …”

“Bin ich umgezogen …”

“Ja.”

Sie schwiegen einen Moment, dachten beide über das nach, was sie gerade ausgesprochen hatte, da fühlte Elsa seine Hand an ihrer, hielt sie fest.

“Ich mich auch wieder in dich, Elsa.”

Nun drehte sie ihren Kopf doch, sah ihn mit großen Augen an.

“Doch eine Frage bleibt. Was wird das jetzt mit uns? Angeblich bist du mit Viktor zusammen.”

Was wird das mit ihnen? Elsa blinzelte.

“Viktor, ich kann ihn nicht im Stich lassen”, gab sie leise von sich und schloss ihre Augen, kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr herauf stiegen.

“Das bedeutet, dass du die Fakebeziehung nicht beenden willst, richtig?” Seine Stimme klang emotionslos. Einen kurzen Augenblick herrschte erneut Stille.

“Ja”, antwortete sie schließlich leise.

“Was willst du dann machen? Du kannst keine zwei Freunde haben, zumindest nicht offiziell …”

“Ich …” Ja, was wollte sie? Sie wollte, konnte Viktor nicht im Stich lassen. Aber sie wollte auch mit Mario zusammen sein. Wollte ihn küssen, ihm nahe sein, hier, vor allen. Und trotzdem … “Vielleicht könnten wir beide … also …”

“Was könnten wir?” Seine Hand drückte sanft ihre, zog sie nicht weg, das schien doch ein gutes Zeichen zu sein.

“Können wir uns so treffen? Heimlich? Nur du und ich?” Auf diese Frage fühlte Elsa sich an wie angespannt. Was würde er zu diesem Vorschlag sagen? Sie könnte sich vorstellen, dass er es ablehnen würde. Es wäre nicht übelzunehmen.

“Du meinst, dass wir beide heimlich doch irgendwie zusammen sind?”

Ein vorsichtiges Nicken folgte auf diese Frage.

“Hmm, ich weiß nicht. Was wenn uns jemand sieht, hat Viktor dann nicht Probleme? Wäre es nicht gut, wenn du erst mit ihm sprichst? Wenn er wirklich dein bester Freund ist, wie du es gesagt hast, dann würde er dich doch unterstützen, oder? Deine Gefühle werden ihm doch wohl wichtig sein, wichtiger als dass Frauen ihn in Ruhe lassen. Elsa, wenn du willst kann auch ich mit ihm reden und ihm sagen, dass ich Gefühle für dich habe und mit dir zusammen sein will. Er wird doch sicher Verständnis haben und …”

“Nein!”

“Was? Wie nein?” Mario sah die neben sich Sitzende ungläubig an.

“Ähm, ich werde mit ihm reden, das muss ich. Aber ich will ihn nicht im Stich lassen, das verstehst du doch hoffentlich.”

Ein Seufzen entkam Mario, dann ließ er sein Herz entscheiden. “Okay.”

“Was okay?”

“Okay, Elsa. Ich will mit dir zusammen sein. Du klärst das mit Viktor und bis wir beide dann offiziell zusammen sein können, behalten wir unsere Beziehung eben für uns.”

“Mario …” Rührung schwang in ihrer Stimme mit.

“Du bedeutest mir unglaublich viel, Elsa. Ich will dich an meiner Seite haben, am liebsten jede Minute meines Lebens. Aber bis es soweit ist, freue ich mich auch über die wenigen Minuten, die ich hoffentlich mit dir verbringen kann.”

Elsas Herz machte bei diesen Worten einen Satz. Sie drehte ihre Hand, umfasste seine und drückte diese sanft.

“Du mir auch, Mario.”
 

“Elsa?”, erklang eine laute Stimme, die ihren Namen rief.

Sofort fuhr das Paar im Sand auseinander, löste ihre Hände und umfassten die jeweiligen Flaschen fester.

“Da bist du ja, ich habe dich gesucht, Liebes. Und Mario, natürlich.”

Auf diese Aussage Viktors hob der Angesprochene erstaunt seine Augenbrauen. Was war das denn für ein Satz gewesen?

“Ähm, ja, ich bin auch hier … Elsa und ich haben uns unterhalten …”

“Ah ja, na wenn es nur das ist.”

“Mensch Viktor!”

“Was denn?” Er sah seine Fakefreundin an. “Ich denke, er versteht, was ich meine, zumindest gehe ich davon aus. Es wirkt eben seltsam, wenn man meine Freundin mit einem anderen zusammen sieht.”

Mario nickte. “Keine Sorge, sie ist deine Freundin. Noch …”

“Was soll das denn heißen?” Der Ältere stemmte seine Hände in die Seiten und sah den auf dem Boden Sitzenden mit gerunzelter Stirn an, woraufhin dieser ebenfalls aufstand.

“Vielleicht schnapp ich sie dir weg, Viktor.” Er klopfte diesem auf die Schulter und ging nach einem letzten Blick zu Elsa schmunzelnd davon.

“Was war das denn?”, fragte Viktor seine Fakefreundin, die inzwischen auch aufgestanden war.

“Ich weiß es nicht … Wer weiß, vielleicht ist dein Verhalten Grund genug, um dich aufzuziehen.”

“Und was soll das denn heißen?” Viktors Blick, der bis gerade noch auf dem davon Gehenden gelegen hatte, richtet sich nun auf Elsa.

“Dass du vielleicht zu gluckend bist.”

Nun lachte der Ältere und schloss beide Arme um seine Fakefreundin, zog sie eng an sich.

“Dem zeige ich doch gleich mal, was gluckend wirklich bedeutet.” Seine Umarmung festigte sich.

Elsa unterdrückte ein Seufzen, schloss ihre Augen und erwiderte die Umarmung. Sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Sie musste sich wirklich etwas einfallen lassen, denn sonst könnte das alles wirklich durcheinander geraten. Das durfte nicht passieren.

Kapitel 6

Ihre Daumen huschten über das Display ihres Handys, löschten die geschriebenen Worte jedoch gleich wieder. Elsa hob eine Hand zu ihrem Mund und kaute auf dem Daumennagel herum. Sollte sie Viktor noch irgendetwas schreiben? Er ging davon aus, dass sie eine Freundin übers Wochenende besuchen würde, bisher hatte sie es noch nicht über sich gebracht, ihm die Wahrheit zu sagen. Das wiederum war dem Mann gegenüber nicht fair, den sie tatsächlich besuchen würde. Und dass sie tatsächlich einen anderen Mann besuchte, war Viktor gegenüber unfair. Elsa ließ ihren Kopf gegen die Kopflehne ihres Sitzes fallen und sah aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft hinaus. Sie musste mit beiden Männern reden, immer noch, doch sie brachte es nicht über sich. Sie wollte, wie sie es auch Mario gesagt hatte, Viktor nicht im Stich lassen. Zwar hatte sie tatsächlich jemanden getroffen, der ihr Herz höher schlagen ließ, aber sobald die Fakebeziehung beendet wäre, stände Viktor vor dem gleichen Problem wie zuvor. Und Mario … Er wollte mit ihr zusammen sein, doch sie konnte die Fakebeziehung nicht beenden und vor allem hatte sie ihm gegenüber immer noch nicht aufgeklärt, dass Viktor in Wirklichkeit gar nicht schwul war. Das wollte sie dieses Wochenende unbedingt noch machen. Und trotzdem hatte sie ein schlechtes Gewissen, ihren besten Freund einfach anzulügen, denn immerhin hatte er ihr immer wieder gesagt, dass sie ganz offen miteinander reden konnten und sie ihm alles sagen durfte, was sie beschäftigte, erst recht, wenn sie einen anderen Mann traf.

In dem Augenblick wurde die Station angesagt, an der sie aussteigen musste und riss sie aus ihren Gedanken. Schnell bückte sich Elsa und sammelte ihre Sachen zusammen, ehe sie aufstand um zur Zugtüre zu gehen. Als der Zug gehalten und sich die Türen geöffnet hatten, stieg sie mit einigen anderen Fahrgästen aus. Auf dem Bahnsteig sah sie sich um, suchte nach demjenigen der sie abholen würde.

“Elsa!” Winkend kam er auf sie zu, strahlte übers ganze Gesicht und sorgte damit dafür, dass sie auch über das ganze Gesicht zu strahlen begann, ihr Herz einen Satz machte.

“Mario.”

Einen Augenblick sahen sie sich nur an, dann flogen sie sich in die Arme, hielten sich fest und drückten sich aneinander, immerhin war es bereits fast drei Wochen her, dass sie sich das letzte Mal gesehen hatten.

“Du bist wirklich da”, murmelte Mario und atmete ihren Geruch tief ein. Gott, wie hatte er sie vermisst. Sie hatten zwar wirklich viele Nachrichten miteinander geschrieben und auch telefoniert, sie nun aber wirklich hier zu haben, ins einen Armen, war doch nochmal etwas anderes. Sich nur auf einem Bildschirm zu sehen, war einfach nicht ausreichend.

“Natürlich.” Elsa lachte leise und vergrub ihr Gesicht etwas mehr in seiner Halsbeuge.

“Dann komm mal mit.” Mario nahm ihr die kleine Reisetasche aus der Hand und schob seine Finger in ihre, um sie mit sich zu ziehen.

Gemeinsam verließen sie den Bahnhof und Mario führte sie durch den Ort, in dem er inzwischen lebte. Schließlich kamen sie bei einer Apotheke an.

“Das ist die Apotheke meiner Eltern. Unsere Wohnung ist direkt darüber.” Er studierte an einer anderen Universität, die von seinem Zuhause nur eine knappe halbe Stunde mit dem Zug entfernt war und daher hatte er entschieden, zu pendeln, bei seinen Eltern wohnen zu bleiben.

Elsas Herzschlag nahm zu und Nervosität stieg in ihr auf. “Ähm, deine Eltern …”

“Sind das ganze Wochenende unterwegs. Sie sind vorher gefahren, wir haben die Wohnung also komplett für uns allein.” Mario drückte Elsas Hand in seiner sanft, sie war wohl doch etwas aufgeregt gewesen. Kaum dass er gesagt hatte, dass seine Eltern nicht da waren, entspannte sie sich schon wieder. “Na komm, lass uns reingehen.”

Und schon zog er sie mit sich zu dem Gebäude und kurz darauf schloss er bereits die Türe zu der Wohnung auf, in der er seit dem Umzug vor acht Jahren lebt.

“Willkommen in meinem Zuhause.” Mario schmunzelte und beobachtete seine Freundin, die sich neugierig umsah. “Also, wie sieht es aus? Ich habe gedacht, wir kochen zusammen etwas zu Abend und verbringen dann einen gemütlichen Abend auf dem Sofa. Wir können einen Film schauen, was spielen oder reden.” Er hielt inne. “Ähm, wenn du etwas unternehmen willst, ist das auch vollkommen in Ordnung, ich habe nur überlegt, ob wir vielleicht einfach ein wenig Zeit nur zu zweit verbringen wollen und …” Noch ehe er aussprechen konnte, lächelte Elsa ihn strahlend an.

“Sehr gerne. Ich fände es schön, nur mit dir Zeit zu verbringen, nur du und ich.”

Ihr Gegenüber lächelte ebenfalls und zog sie an sich, in seine Arme. “Darauf hatte ich gehofft. Und weißt du, worauf ich mich auch gefreut habe?”

Elsa schlang ihre Arme um seinen Nacken. “Ich habe da so eine Vermutung, aber mir fällt auch noch sehr viel mehr ein. Willst du es mir vielleicht zeigen? Oder sagen, aber vermutlich ist zeigen schöner.”

“Ja, das denke ich auch”, erwiderte Mario verschmitzt, dann beugte er sich zu ihr hinunter und legte seine Lippen auf ihre. Genau das hatte er herbeigesehnt und endlich war es soweit, sie war hier, bei ihm und in seinen Armen. Er brauchte nichts anderes!
 

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“Das hast du wirklich gemacht?” Elsa legte ihren Kopf in den Nacken und lachte.

Sie und Mario saßen vor dem Sofa auf dem Boden und während er mit dem Rücken dagegen lehnte, hatte sie einen Arm auf der Sitzfläche aufgestützt. Jeder von ihnen hielt ein Glas mit etwas zu trinken in der Hand.

“Oh ja. Ich habe den Ball abgespielt und dabei laut Kevin gerufen. Keiner von den Spielern hat sich gerührt, was ja auch kein Wunder ist, immerhin hieß keiner von ihnen Kevin. Der Fußball ist also mitten im Feld gelandet und die gegnerische Mannschaft hat sich gefreut.” Auch Mario musste bei der Erinnerung an diese Szene lachen. Das war gar nicht so lange nach seinem Umzug passiert.

“Da sieht man halt, wie sehr du irgendwie doch noch an den Kickers gehangen hast.” Elsa streckte ihre Hand aus, strich sanft über Marios Unterarm.

Der Angesprochene sah auf, seine Augen wirkten dunkler als vorher. “Ich habe an einer anderen Person mehr gehangen …” Sofort wurden Elsas Wangen rot. Mario räusperte sich und trank sein Glas in einem Zug leer. “Ähm … Wir sollten langsam ins Bett, oder? Immerhin ist es schon sehr spät. Wir haben ein Gästezimmer …”

“Willst du, dass ich dort schlafe?” Elsa legte ihren Kopf schräg und zog ihre Hand zurück, umfasste mit dieser ebenfalls ihr Glas.

“Ich … will nichts überstürzen, Elsa.” Unsicher blickte er zu ihr hinüber. “An sich ist das heute unser erstes richtiges Treffen seitdem wir darüber gesprochen haben, was das mit uns werden soll. Wir haben die letzten Wochen zwar viel miteinander geschrieben und telefoniert, aber …”

Elsa stellte ihr Glas zur Seite, rutschte näher zu Mario hinüber und kniete sich zu ihm. Sie legte beide Hände auf seine Wangen, zwang ihn so, ihr direkt in die Augen zu sehen. “Ich würde gerne bei dir schlafen, außer du willst es nicht. Ich finde nicht, dass wir hier irgendetwas überstürzen.”

Langsam tasteten sich Marios Hände an ihren Seiten entlang. Seine Augen wirkten nun fast schwarz. “Wirklich?”

“Vielleicht würde ich es bei jemand anderem langsamer angehen, aber es bist du, Mario.”

Ein Lächeln trat auf seine Lippen. “Mit mir ist es also kein Überstürzen?”

“Mit dir ist es niemals überstürzen. Mit dir ist es perfekt und genau richtig.”

Seine Griffe festigten sich. “Das finde ich auch.” Und damit zog er sie zu sich, um sie zu küssen.
 

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Als Elsa erwachte, benötigte sie einen Augenblick um zu realisieren wo sie war, doch dann lächelte sie. Die Erinnerung an letzte Nacht kam zurück. An Mario, wie sanft und liebevoll er gewesen war, gleichzeitig aber auch unglaublich heiß. Sie freute sich darauf, wenn sie das wieder erleben würde, vielleicht sogar schon sehr bald, zumindest hoffte sie das. Und würde sie nicht allein im Bett liegen, wie sie enttäuscht feststellen musste, würde sie das vielleicht jetzt gleich angehen. Als es an der Zimmertüre klopfte, setzte sich Elsa auf, zog die Bettdecke vor ihren nackten Oberkörper und gleich darauf steckte Mario seinen Kopf ins Zimmer herein.

“Hey, du bist ja schon wach”, sagte er und kam herein, in seinen Händen ein Tablett, das voll beladen war.

“Ja, allein kann ich wohl nicht so gut schlafen wie in deinen Armen.” Sie zwinkerte ihm zu.

“Ach, wie konntest du dann dein restliches Leben bisher schlafen?” Mario stellt das Tablett auf seinem Schreibtisch ab und kam zu der Frau in seinem Bett, setzte sich dort auf die Matratze.

“Schlecht, unglaublich schlecht.” Elsa schlang ihre Arme um seinen Nacken und ließ sich mit ihm wieder zurück ins Bett fallen.

Mario stützte sich links und rechts von ihr ab und sah sie mit blitzenden Augen an. “Bist du noch müde? Willst du gleich noch einmal schlafen?”

“Nur mit dir.” Auch ihre Augen funkelten.

Auf ihre Aussage lachte Mario leise. “Das können wir hinbekommen.”

Und wieder senkte er seinen Kopf und küsste sie, intensivierte den Kuss und zog die Decke zur Seite, um sich zu seiner Freundin ins Bett zu begeben.
 

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“Also, was machen wir heute?” Elsa hatte ihre Arme auf Marios Oberkörper abgestützt und sah ihn von oben herab an.

“Wir beide”, seine Hände strichen über ihren immer noch nackten Rücken, “gehen heute joggen.”

“Wirklich?” Sie verzog ihr Gesicht und entlockte dem unter ihr Liegenden ein Lachen.

“Oh ja, das werden wir, immerhin hatten wir das ausgemacht. Du hast deine Joggingschuhe doch mitgebracht, oder?”

Sie nickte, ehe sie ihren Kopf auf seiner Schulter ablegte. “ich hatte gehofft, du vergisst das”, murmelte sie.

“Niemals.”

“Ja, auch das habe ich befürchtet.”

Beide mussten lachen. Elsa drehte sich, so dass sie ihn wieder ansehen konnte.

“Okay, dann gehen wir joggen. Und danach?”

“Danach kommen wir hierher, duschen, vielleicht sogar miteinander, anschließend essen wir eine Kleinigkeit und wenn du Lust hast, können wir heute Nachmittag in die Stadt gehen und ich zeige sie dir ein wenig. Dann können wir dort auch noch zu Abend essen, wenn du magst. Und danach …”

“Ich fand es sehr schön, dass wir gestern Abend einfach nur geredet haben, uns von der Zeit erzählt haben, in der wir uns nicht gesehen haben aber auch über alles und sogar über früher.”

“Gut, dann machen wir das wieder, Elsa.” Mario strich ihr eine Haarsträhne hinters Ohr und zog sie für einen schnellen Kuss zu sich herunter. “Und jetzt richten wir uns und gehen joggen.”

“Du Sklaventreiber.”

“Wenn du meine Sklavin sein willst …”

Ein lautes Lachen erklang. “Niemals.”

Mario beobachtete, wie sie über ihn hinweg aus dem Bett ausstieg und nackt in seinem Zimmer stand. Nein, sie wäre niemals seine Sklavin, das wollte er auch gar nicht. Doch er war schon längst ein Sklave seiner Gefühle. Verdammt, er war dermaßen in sie verliebt, das hatte er nicht erwartet. Und es machte ihn glücklich. Mehr als glücklich.
 

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Sie hatten einen tollen Tag miteinander verbracht, viel gelacht, die Zeit miteinander genossen. Nach dem Essen in einem Sushi-Restaurant waren sie wieder zu Mario nach Haus gegangen. Wieder hatten sie sich ins Wohnzimmer verzogen, wo sie beide auf dem Sofa saßen beziehungsweise lagen.

“Okay, spielen wir entweder oder.”

“Was für ein Spiel?” Mario blickte zu seiner Freundin hinunter, die mit dem Kopf auf seinem Schoß lag und durch deren Haare er immer wieder mit seinen Fingern fuhr.

“Man nennt zwei Sachen und man muss sagen, was man lieber mag.”

“Okay, ich denke, ich weiß was du meinst. Fang an.

“Also Mario, lieber Entspannen oder Sport?”

Seine Hand hielt in ihrer Bewegung inne. “Ernsthaft?”

“Ja. Also entweder oder?”

“Ich mag beides, aber ich glaube, ich bewege mich lieber, also Sport.”

Elsa lachte auf. “Das war zu erwarten. Du bist dran.”

“Ketchup oder Mayonnaise?”

“Beides.”

“Ich dachte man darf nicht beides sagen.”

“Aber Pommes mit Ketchup und Mayo sind besser als nur mit einer Sache.”

“Da hast du natürlich auch recht. Du bist wieder dran, Elsa.”

“Gut. Berge oder Strand?”

“Strand, da kann man eher Fußball spielen.”

Wieder lachte Elsa laut. “Das hätte eine Gregor-Antwort sein können.”

“Naja, wenn er ist wie früher, sich nicht verändert hat, wundert mich das nicht. Elsa, Sommer oder Winter?”

“Eindeutig Sommer. Ich liebe es, wenn es warm ist und man schwimmen gehen kann, an den Strand gehen, Eis essen, schöne Sommerkleider tragen, die ganzen Sommersachen halt.”

“Da bin ich ganz bei dir.” Mario hatte seine Berührungen wieder aufgenommen, strich Elsa über den Kopf und die Haare, was diese mit geschlossenen Augen genoss. “Du bist dran.”
 

Sie spielten das Spiel einige Minuten, fanden mehr übereinander heraus. Doch es gab eine Sache, die Mario regelrecht auf der Seele brannte, das Spiel kam ihm gerade ganz passend. Er hatte lange gezögert, ob er das fragen könnte, doch dann entschied er sich einfach dafür.

“Liebe oder Freundschaft.”

Einen Augenblick herrschte Stille, die zum Greifen spürbar war. Elsa setzte sich auf, sah ihn ungläubig an. “Ist das dein ernst?”

Er erwiderte ihren Blick und nickte, woraufhin sie ihre Beine über das Sofa schwang und aufstand.

“Dann frag mich doch gleich, ob ich mich für dich oder für Viktor entscheide!”

“Irgendwie tue ich das doch, oder?” Mario sah sie nur an, tat sonst nichts.

“Weißt du was, ich glaube, es ist besser wenn ich gehe.”

Elsa drehte sich herum und stürmte aus dem Wohnzimmer heraus ins Marios Zimmer. In diesen war Bewegung gekommen und er folgte ihr, um zuzusehen, wie sie ihr Zeug einfach in ihre Reisetasche stopfte.

“Elsa, bitte”, brachte er hervor.

“Was?” Sie drehte sich um und sah ihn wütend an. “Du willst, dass ich eine Entscheidung zwischen zwei Männern treffe, zwei Personen die mir am Herzen liegen, mir etwas bedeuten!”

“Hast du inzwischen mit ihm gesprochen? Hast du ihm gesagt, dass zwischen uns beiden etwas ist und du die Fakebeziehung deshalb beenden willst?”

Elsa blieb still stehen, schüttelte langsam ihren Kopf. “Das … das will ich gar nicht”, piepste sie leise.

“Du … was?”

“Ich will, nein, ich kann die Fakebeziehung mit Viktor nicht einfach beenden.”

“Was heißt hier, du kannst sie nicht einfach beenden? Du wirst doch wohl mit deinem eigentlich besten Freund reden und ihm sagen, dass du dich verliebt hast oder geht das etwa nicht?”

“Mario, ich …”

“Nein Elsa. Es ist doch ganz einfach, du kannst keine zwei Beziehungen zeitgleich haben, selbst wenn eine davon nur eine Fakebeziehung ist und du die andere deshalb verheimlichst. Wenn sie dich einmal mit mir sehen, heißt es gleich, du betrügst Viktor, dabei ist es das gar nicht. Dann ist es für ihn bescheidener, als dass du eine Fakebeziehung beendest.”

Diese sah den im Türrahmen Stehenden ungläubig an. “Du hast doch keine Ahnung, ich kann ihm das nicht einfach antun. Wir haben diese Beziehung damals ausgemacht, weil wir keine Verpflichtungen haben wollten.”

“Ernsthaft, Elsa? Das was ihr habt, ist doch eindeutig eine Verpflichtung.” Mario stieß sich vom Türrahmen ab und kam auf sie zu. “Und willst du sagen, dass ich eine Verpflichtung bin? Willst du nicht mit mir zusammen sein? Dann sag es mir bitte, bevor du ein Wochenende mit mir verbringst und meine Gefühle für dich dadurch nur stärker und stärker werden!”

“Das hier”, Elsa deutete zwischen ihnen beiden hin und her, “das wollte ich doch gar nicht. Ich wollte keinen Freund, ich wollte mich nur auf mich konzentrieren und Viktor ging es genauso, deshalb haben wir uns doch für die Fakebeziehung entschieden. Und dann kommst da ausgerechnet du!”

“Ausgerechnet ich?”

“Ja! Der erste Junge, für den ich jemals Gefühle hatte und siehst mich mit deinen wundervollen Augen und diesem Lächeln an, das für Schmetterlinge in meinem Bauch sorgt. Ich wollte mich nicht verlieben!”

Mario war wie erstarrt, konnte nicht anders, als auf diese Geständnis zu lächeln. Er ging zu ihr und griff nach ihren Händen. “Du wolltest dich also nicht in mich verlieben?”

“Nein …” Sie klang beinahe verzweifelt.

“Aber du hast es?”

“Total.” Auch sie lachte nun leise und ließ sich nach vorne sinken, legte ihre Stirn an seine Schulter.

“Trotzdem”, Marios Hände griffen nach ihren Schultern, hielten sie dort und streichelten sie leicht mit dem Daumen, ohne sie von sich zu drücken, “du kannst uns nicht beide haben. Du musst eine Entscheidung treffen, Elsa.”

Tränen traten in ihre Augen. “Ich … ich weiß doch. Aber …”

“Du kannst dich gerade nicht entscheiden?”

“Das ist es nicht.” Elsa hob ihren Kopf. “Ich entscheide mich doch für dich, ich will mit dir zusammen sein. Das habe ich schon als Kind, als Teenager wollen und heute will ich es erst recht. Aber ich kann Viktor gerade nicht einfach im Stich lassen. Wir haben eine gemeinsame Entscheidung getroffen und ja, natürlich, ich habe jemanden gefunden, der mir wichtiger ist, aber ihn deshalb einfach so abweisen? Ich kann ihm nicht so in den Rücken fallen.”

Ein Seufzen entkam Mario. “Kannst du nicht wenigstens mit ihm sprechen, ihm davon erzählen, dass wir beide etwas füreinander empfinden? Dann könnt ihr gemeinsam entscheiden, wie es weitergehen soll. Vielleicht sagt Viktor dann ja, dass ihr die Fakebeziehung beenden sollt und wenn nicht und ihr diese weiterlaufen lasst, dann habe ich wenigstens nicht das Gefühl, dass wir ihn betrügen.”

Elsa versteifte sich, ehe sie langsam nickte. Vielleicht sollte sie das einfach machen … Da fiel ihr etwas ein. “Ähm, Mario?”

“Ja?”

“Als ich dir gesagt habe, dass Viktor schwul ist …”

“Ja?”

“Das hätte ich nicht sagen sollen.”

Marios Griffe verstärkten sich, waren aber immer noch liebevoll. “Das kann ich verstehen. Sicherlich solltest du das niemanden sagen.”

“Das … ist es nicht so richtig. Also doch, ich hätte es nicht sagen dürfen, zu niemanden …”

“Ich verspreche, dass ich nichts sagen werde, mach dir keine Sorgen.”

“Er … er ist nicht …”

“In Ordnung, er ist es nicht, okay.” Ein Zwinkern folgte als Teil der Aussage.

Elsa sah unsicher zu ihm auf. Hatte er sie wirklich verstanden? “Wegen Viktor …”

Und da legte er plötzlich seine Lippen auf ihre, brachte sie so zum Schweigen. Als er sich wieder von ihr löste, legte er seine Stirn an ihre.

“Könnten wir bitte nicht mehr von ihm sprechen? Ich habe nur noch ein paar Stunden mit dir, ehe du wieder fahren musst, die will ich gerne nur mit dir verbringen.”

Sie nickte.

“Und versprich mir, dass du mit ihm reden wirst.”

Wieder nickte sie, während sich alles in ihr zusammenzog. Sie hatte Angst vor diesem Gespräch.

Kapitel 7

“Wie war dein Wochenende?”

Elsa erstarrte. “Ähm, es war gut.” Ihre Wangen liefen rot an.

“Hatten du und deine Freundin eine gute Zeit?”

“Ja, hatten wir.” Sie kniff ihre Augen zusammen, versuchte sich zu beruhigen, ehe sie sich herum drehte und zu Viktor sah, der in seiner Küche stand und den Kühlschrank inspizierte.

“Ich habe fast nichts da. Sollen wir Sushi bestellen?”

Sushi … das hatte sie erst mit Mario gegessen. “Ich hätte Lust auf etwas anderes.”

“Na gut, du weißt ja, wo die Karten sind, such dir was aus.” Viktor wedelte mit einer Hand zu einer Schublade, aus der Elsa gleich darauf einen Stapel Speisekarten zog. Sie nahm eine nach der anderen in die Hand und sah darauf, ohne etwas wahrzunehmen.

“Liebes, ich bezweifle stark, dass wir heute Abend den Wäscheservice zum Essen bestellen.” Viktor nahm ihr sanft den Werbezettel aus der Hand und legte ihn zur Seite, ehe er seine Fakefreundin nachdenklich ansah. “Alles okay?”

Die Angesprochene zuckte zusammen und schüttelte ihren Kopf. “Entschuldige bitte, ich hatte wohl etwas wenig Schlaf die letzten Tage”, murmelte sie und vermied jeden Blickkontakt.

“Dann erzähl doch, was ihr gemacht habt.” Viktor durchblätterte nun auch die Speisekarten, hatte sich dazu mit dem Rücken an die Küchenschränke gelehnt.

“Was?”

Er sah mit hochgezogenen Augenbrauen auf. “Muss ich mir irgendwelche Gedanken machen? Hast einen Typen kennengelernt? Ich meine, wenn du eine gute Nacht hattest, dann freut mich das ja für dich, Sex dürftest du schon lange nicht mehr gehabt haben, zumindest habe ich diesbezüglich in den letzten Monaten nichts mitbekommen.”

Elsas Gesicht lief hochrot an. Das … das war ja … Sie kniff ihre Augen zusammen und presste ihre Lippen aufeinander.

“Du hast sie ja nicht mehr alle”, platzte es aus ihr heraus. “Ich will ja auch nicht wissen, wieviel Sex du hattest.”

“Aha, das heißt wohl, dass du welchen hattest. War er wenigstens gut?”

“Viktor! Hör auf so einen Schwachsinn zu reden.”

Er hielt seine Hände abwehrend hoch. “Alles gut, Liebes. Ich sehe schon, genießen, nicht darüber reden. Das ist auch okay.”

“Viktor Uesugi! Hör endlich auf dir irgendwelche Sachen auszudenken. Das Wochenende war gut, wir hatten eine tolle Zeit und gestern Sushi, weshalb ich heute keine Lust darauf habe.”

Er lachte. “Und deshalb muss ich darauf verzichten. Aber gut, kein Problem, dann such dir doch hiervon etwas aus.”

Ein paar Speisekarten wurden vor Elsa hochgehoben und sie deutete auf eine davon.

“Das übliche bitte.”

“Klar, bestelle ich gleich.”

“Danke dir.” Elsa stieß sich von der Küchentheke ab und wollte ins Wohnzimmer laufen, froh, der Befragung entkommen zu sein, doch …

“Oh Elsa, wie hieß eigentlich deine Freundin, mit der du dich getroffen hast? Du hast mir nicht einmal einen Namen genannt.”

Sie stockte, blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Ein Name? Verdammt, verdammt. Ähm …

“Maron. Sie heißt Maron.” Verdammt, der Name war Mario zu ähnlich, aber daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern.

“Du hast noch nie was von einer Maron erzählt.”

“Echt? Oder hast du mal wieder nicht zugehört?”

Hinter ihrem Rücken erklang ein Lachen und unsicher sah sie über ihre Schulter zu ihrem Fakefreund. Er zuckte grinsend mit den Schultern. “Wahrscheinlich das. Na gut, such einen Film aus, ich bestelle das Essen.”

“Mache ich.” Während sie zum Sofa ging, schlug ihr Herz viel zu schnell in ihrem Brustkorb. Irgendwie hatte Viktor ja recht gehabt. Sex war einer der Gründe, weshalb sie wenig geschlafen hatte dieses Wochenende und an sich war es ja auch nicht verwerflich, Sex zu haben, immerhin waren sie kein wirkliches Paar. Sie wollte auch nicht wissen, wie Viktor das machte, das war ein Thema, worüber sie im Normalfall nicht sprachen. Nur dass es hier nicht einfach nur um Sex ging. Es ging um den Mann, in den sie sich verliebt hatte und mit dem sie Sex hatte, mit dem sie das vielleicht sogar regelmäßig haben würde. Und vor allem, mit dem sie mehr hatte als nur Sex, für den sie Gefühle entwickelte, bereits empfand. Sie musste wirklich mit Viktor reden, immerhin hatte sie es Mario auch versprochen. Also würde sie es auch tun!
 

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“Oh man, was für ein Stress die sich machen!” Viktor deutete auf den Fernseher und verzog sein Gesicht. “Da lobe ich mir doch unsere Abmachung, nicht wahr, Elsa?”

Diese sah auf. “Hmm?”

“Mensch Mädel, du bist echt durch.” Mit einem Knopfdruck pausierte Viktor den Film und sah seine Fakefreundin an. “Ich sagte, dass ich mir unsere Abmachung lobe.” Als Elsa nur verwundert blinzelte, schmunzelte ihr Fake-Freund. “Ich war jetzt am Wochenende mit Eric, Steve und Gordon unterwegs und als wir in der Bar sind, tauchen da plötzlich so ein paar Fangirls auf, frag mich nicht, wo die herkamen.”

“Vermutlich von draußen”, sagte Elsa trocken und entlockte Viktor ein weiteres Lachen, der ihr dazu passend den Oberschenkel tätschelte.

“Da bist du ja wieder, Elsa. Aber ja, vermutlich von draußen. Und als die gerade so dumm anfangen, ist Gordon dazwischen gegangen und hat gemeint, dass ich glücklich vergeben bin und sie null Chancen bei mir haben und hey, sie haben schön das Weite gesucht. Das hat mir den Abend gerettet. Unsere Entscheidung ist mit eine der Besten, die zumindest ich je getroffen habe.” Und während Viktor zufrieden lachte, erstarrte Elsa. “Findest du es nicht auch? Elsa?”

Sie sah ihn an und nickte schnell. “Klar”, brachte sie hervor und war sich sicher, dass er ihr anhören würde, dass sie das nicht so meinte.

“Na siehst du. Hast du eigentlich in letzter Zeit was von Mario gehört? Ich meine, so wie ihr beide aneinander geklebt seid, als er vor ein paar Wochen hier war.”

Schnell schüttelte Elsa ihren Kopf und ihr Herz schlug viel zu schnell.

“Das ist auch gut, ich dachte schon, ich müsste ihm nochmal eine Ansage machen, was ich irgendwie schade gefunden hätte, ich mag ihn immerhin. Aber sich an die, wenn auch nur angebliche, Freundin eines anderen ranzumachen gehört sich einfach nicht. Na gut, weiter geht es.”

Und während Viktor den Film wieder startete, kauerte sich Elsa unter der Decke zusammen. Verdammt! Sie konnte es nicht. Sie konnte Viktor nicht sagen, dass sie die Fakebeziehung beenden wollte, immerhin tat es ihm gut und sie konnte ihn doch nicht so im Stich lassen. Und Mario … sollte sie ihm vielleicht einfach sagen, dass es für Viktor okay wäre? Aber, was, wenn die beiden dann doch miteinander sprechen würden? Oh, sie könnte Mario einfach erzählen, dass sie und Viktor die Fakebeziehung noch für eine gewisse Zeit laufen lassen und dann beenden wollte. Dann hätte sie noch ein wenig Puffer, Zeit, sich etwas zu überlegen. Vielleicht könnte sie Viktor dann auch sanfter auf das Ende vorbereiten. Doch, das war ein guter Plan …
 

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Sie konnte es kaum noch abwarten. Elsas Blick war durchgehend auf die Türe gerichtet. Ihr Herz schlug sehr schnell und dann war es endlich soweit und die angestarrte Türe ging auf. Sich lautstark miteinander unterhalten kamen viele junge Männer in den Raum herein und fast ganze vorne dran derjenige, der ihr Herz noch einmal einen weiteren Takt zunehmen ließ. Er sah auf, sein Blick richtete sich auf ihren und er lächelte. Auch sie lächelte, sie begann regelrecht zu strahlen und dann …

“Liebes, entschuldige bitte, es hat doch noch ein wenig länger gedauert.” Viktor tauchte auf und zog sie in seine Arme, beugte sich zu ihr und küsste sie zur Begrüßung, wie immer, neben ihren Mundwinkel.

“Kein Problem”, erwiderte sie lächelnd. Sie erwiderte die Umarmung, sah über Viktors Schulter zu dem Mann, dem ihr Herz in Wirklichkeit gehörte. Auch sein Blick war auf sie gerichtet und sie erkannte, dass es ihm lieber wäre, wenn sie bei ihm wäre und nicht bei Viktor, ihrem angeblichen Freund. Und da setzte er sich schon in Bewegung, kam auf sie zu.

“Hallo Conny”, wandte er sich erst der Frau zu, die hinter dem Fakepaar stand, anschließend an die Frau in Viktors Armen, der diese daraufhin los ließ. “Hallo Elsa.”

“Hallo Mario, schön dich zu sehen.” Elsa drehte sich zur Seite, sah ihn an und versuchte dabei möglichst normal auszusehen.

Das Treffen der Kickers und der Teufel vor einiger Zeit hatte diesen so gut gefallen, dass sie sich wieder verabredet hatten und das war heute immerhin schon das dritte Mal. Zwar konnten nicht alle kommen, aber eine gute Zeit würden sie sicherlich trotzdem haben. Und Elsa war froh, ihren tatsächlichen Freund sehen zu können, auch wenn sie beide wirklich aufpassen mussten, dass sie sich nicht verrieten. In den letzten drei Monaten hatten sie immer wieder versucht, sich nur zu zweit zu treffen, was zwar nicht super häufig geklappt hatte, aber doch das ein oder andere Mal und sie genossen jede dieser Minuten. Ansonsten telefonierten sie jeden Tag, oft auch mit Video und schrieben sich sehr viel, angefangen mit einem “Guten Morgen” nach dem Aufstehen bis zum letzten “Gute Nacht”, bevor man die Augen zumachte. Mensch, sie war so etwas von verliebt in diesen Typen. Manchmal kam die Liebe eben doch dann, wenn man sie am wenigsten erwartete.

Viktor legte eine Hand um ihre Taille, zog sie an sich und sah sich um. “Na gut, setzen wir uns und essen, oder?”

“Essen ist immer gut!” Gregor, der inzwischen neben seiner Freundin aufgetaucht war, nickte zustimmend und zog Conny direkt mit sich.

“Dann gehen wir doch mal.” Mario folgte den beiden und im Vorbeigehen ließ er seine Hand langsam über Elsas streifen, sah sie einen Augenblick an, ehe er auch schon an ihr vorbei war.

Mit stark schlagendem Herzen blickte sie ihm hinterher, konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

“Du siehst also anderen Männern hinterher?”

Ein Lachen entkam ihr. “Ständig und überall, Viktor. Vermutlich habe ich mich an dir sattgesehen.”

Auch er lachte leise. “Das wollte ich natürlich nicht hören. Dann komm, meine allerliebste Freundin, lass uns etwas mit unseren Freunden essen.”

Viktors Hand schob sich in Elsas und zog sie mit sich. Sie folgte ihm, war froh darüber, ihm den Wind rechtzeitig aus den Segeln genommen zu haben und sich nicht irgendwelchen Befragungen bezüglich Mario stellen zu müssen. Ihr Fakefreund schien immer noch davon auszugehen, dass sie kein Interesse an dem anderen Torwart hatte, daher ließ er sie bezüglich Mario einigermaßen in Ruhe. Sie war ein wenig besorgt, wie er reagieren würde, wenn sie ihm die Wahrheit beichten würde und hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie es immer noch nicht getan hatte. Nicht nur ihm gegenüber, auch Mario, denn diesem hatte sie schließlich zugesagt, mit Viktor zu reden, ehrlich zu diesem zu sein. Schlussendlich war es beiden Männern gegenüber unfair, was sie hier tat. Doch heute, sie straffte sich, heute hatte sie gute Laune und wollte sich diese nicht vermiesen lassen, in dem sie sich jetzt darüber Gedanken machte. Der Abend würde schön werden, da war sie sich sicher.
 

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“Hey.”

Mario stand in dem kleinen Flur vor den Toiletten, wo Elsa gerade aus der Damentoilette des Restaurants, in dem sie waren, getreten war.

“Hey”, erwiderte sie leise und sah sich um.

“Keine Sorge, gerade ist niemand hier. Aber zur Sicherheit ...” Marios Hand griff nach ihrer und zog sie ein Stück weiter, um die Ecke, wo es wohl zu Mitarbeiter-Räumen ging. “Hier sollte uns niemand überraschen.” Seine Hände legten sich um Elsas Hüften, zogen sie an sich. “Ich kann es kaum ertragen, dir so nahe zu sein und es doch nicht sein zu dürfen.”

“So geht es mir auch, daher verstehe ich, was du meinst.” Elsa legte ihre Arme um seinen Nacken.

“Genießen wir diese wenigen Sekunden, die wir nur für uns haben, ja?”

Elsa nickte und hob ihren Kopf, als Mario den seinen senkte und gleich darauf berührten sich ihre Lippen.
 

///
 

“Also dann bis in zwei Wochen. Freue mich.” Mario hob seine Hand und winkte in die Runde hinein.

“Bis bald, Alter. Machs gut.” Auch Gregor winkte, grinste ihn breit an.

“Sollen wir dich noch zum Bahnhof fahren?” Viktor sah den anderen Torwart fragend an.

“Ne, alles gut. Ist ja nicht so weit. Wartet deine Freundin nicht auf dich?” Bei diesen Worten zwang sich Mario, seine Hand nicht zur Faust zu ballen, auch wenn er es gerne tun würde.

“Die ist zu sich nach Hause ins Studentenwohnheim. Bei mir übernachten ein paar der Jungs, das wäre ihr vermutlich auch zuviel gewesen. Na gut, dann bis zum nächsten Mal, Mario. Und denk daran, wenn wir wieder gegen euch spielen, machen wir euch fertig.”

Der lachte auf. “Das bezweifle ich stark. Meine Mannschaft trainiert fleißig, wenn, dann werdet ihr fertig gemacht.”

“Hört, hört”, grölte Kevin und sorgte für lautes Gelächter, unter dem sich Mario schließlich verabschiedete und das Restaurant verließ. Er machte sich auf den Weg zum Bahnhof, schlug aber nach einigen Minuten einen Haken und machte sich auf den Weg zu einem anderen Ort. Sein Herzschlag nahm zu, als er endlich bei seinem Ziel ankam. Er klopfte an die Türe, die sich gleich darauf öffnete.

“Da bist du ja. Konntest dich etwa nicht lösen?” Elsa, die bereits früher nach Hause gegangen war, um keinen Verdacht zu schöpfen, schmunzelte.

“Tut mir wirklich leicht, ich habe es leider nicht früher geschafft, mich zu verabschieden.”

Ein Lachen ließ ihn innehalten.

“Wirklich, Mario, ich habe nicht damit gerechnet, dass du pünktlich los kommst, ganz im Gegenteil. Aber jetzt, freue ich mich, dass du da bist.” Und mit diesen Worten zog sie ihn in ihr Zimmer und schloss die Türe hinter ihnen.
 

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Gregor hielt die Tüte in der Hand, die er von Conny aus seiner Schwester bringen sollte, irgendwas, was er dieser zurückgeben sollte. Er hatte keine Ahnung um was es sich handelte, aber er war schließlich auch nur der Bote. Er wollte gerade in den Flur einbiegen, der zu Elsas Zimmer führte, als er eine Stimme vernahm, die er hier nicht erwarten würde. Abrupt blieb er stehen und streckte dann seinen Kopf um die Ecke, um mit aufgerissenen Augen innezuhalten. Stopp, das war doch Mario! Was machte er hier? Hatte er nicht gestern nach Hause fahren wollen, als er ihr Treffen verlassen hatte?

“Ich werde dich auch vermissen.”

“Ich dich sicher mehr.”

“Da wäre ich mir nicht sicher.”

Gregor hörte seine Schwester und Mario leise lachen, ehe sie beide seufzten.

“Ich mag nicht, dass du gehst”, murmelte Elsa.

Da beide hinter der geöffneten Türe standen, hatte Gregor nur Blick auf das Türblatt und einen kleinen Teil von Mario. Da sich Arme um seinen Nacken befanden, die eindeutig nicht seine konnten, war es sehr wahrscheinlich, dass Elsa ihn umarmte.

“Ich will auch nicht gehen, Elsa. Am liebsten würde ich hier bleiben, aber mein Zug fährt bald. Magst du mich vielleicht doch noch begleiten und zum Bahnhof bringen?”

Einen Augenblick sagte Elsa nichts, ehe sie seufzte. “Lieber nicht … Bevor uns jemand sieht …”

“Elsa …”

“Nein, sag jetzt bitte nichts.”

Wieder herrschte Stille.

“Okay. Doch ich muss wirklich gehen”, stimmte Mario zu. Elsa musste irgendeinen Gesichtsausdruck machen, den Gregor nicht sehen konnte, den die Stimmlage des Älteren änderte sich. “Oh Liebling, wir telefonieren nachher, ja?”

“Na gut. Trotzdem reicht mir das nicht aus.”

“Mir auch nicht. In zwei Wochen sehen wir uns, ja?”

“Auf jeden Fall, noch länger ohne dich würde ich es nicht aushalten.”

Gregor sah ungläubig zu der offenen Türe, als er erkannte, dass Mario sich etwas hinunter beugte und die Hände in seinem Nacken die Umarmung verstärkten. Küssten die beiden sich etwa? Fassungslos zog er seinen Kopf zurück und ließ sich gegen die Wand sinken. Das war doch unglaublich … Elsa und Mario? Seine Schwester, die mit Viktor zusammen war? Was ging hier ab?

Kapitel 8

“Ich muss.” Mario ließ seine Lippen noch einmal sanft über Elsas streifen, seine Hand über ihre Wange und trat einen Schritt zurück. “Bis nachher.”

“Bis nachher, ich zähle die Sekunden, bis ich wieder von dir höre oder dich sehe. Oder nur von dir lese.”

Mit einem Lächeln drehte er sich herum und ging los, trotzdem musste Mario sich wirklich sehr zusammenreißen, nicht wieder umzudrehen und zurückzugehen. Am liebsten würde er hier bei Elsa bleiben, aber das ging nicht. Sie hatten diese gemeinsame Nacht und eine wirklich schöne Zeit gehabt, er liebte es, mit ihr zusammen zu sein. Es ging ihm nicht allein um das Körperliche sondern um sie als Person. Sie war wundervoll und sie machte ihn wirklich glücklich, mal abgesehen von einer Sache - Viktor. Doch sicherlich wäre das auch nur noch eine Sache der Zeit, so wie er Elsa verstanden hatte. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht bog Mario um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Jedes kleine bisschen des Grinsens verschwand von seinem Gesicht, alles in ihm zog sich zusammen und ihm wurde anders.

“G-Gregor”, brachte er mit kratziger Stimme hervor.

Der lehnte mit verschränkten Armen an der Wand und sah ihn aus zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen an. Dann stieß er sich ab und stellte sich Mario in den Weg.

“Was genau war das? Wie kann es sein, dass du hier bist, obwohl du doch gestern angeblich bereits nach Hause gefahren bist? Warum kommst du aus dem Zimmer meiner Schwester? Und vor allem, warum verdammt nochmal hast du sie geküsst, obwohl sie mit Viktor zusammen ist?” Die Wut war dem Jüngeren anzuhören und auch anzusehen, hüllte ihn regelrecht ein.

“Das … das lässt sich erklären”, stotterte Mario und streckte beide Hände abwehrend vor sich aus.

“Dann los, raus damit, denn alles was ich gerade sehe ist, dass meine Schwester ihren Freund, einen sehr guten Freund von mir, betrügt und das mit dir. Und ein wenig kann man es sicherlich auch als Betrug von dir an einem Freund sehen!”

Seinen Gegenüber ansehend, dachte Mario fieberhaft nach, ehe er langsam nickte. “Gut, ich werde es dir sagen. Sollen wir uns dazu irgendwo hinsetzen?”

Nachdenklich legte Gregor seinen Kopf schräg, ehe er nickte. “Lass uns einen Kaffee trinken gehen.”

“Okay.”

Der Jüngere stieß sich von der Wand ab und ging los, Mario folgte ihm. Gregor sah über seine Schulter hinter sich.

“Denke nicht, dass das ein Friedensangebot ist, gerade habe ich eine unglaubliche Wut auf dich im Bauch. Und auch auf Elsa.”

Erneut nickte Mario. “Okay, kann ich verstehen.”

“Gut.” Gregor sah wieder nach vorne und lief einfach weiter, nahm keine Rücksicht darauf, ob Mario ihm wirklich folgte, er ging einfach davon aus, dass dieser es tat und für ihn wäre es auch besser, wenn er nicht einfach verschwinden würde.
 

///
 

“Also rede! Ich will sofort wissen, was das ist und wie lange das schon geht!” Gregor verschränkte erneut seine Hände vor seinem Oberkörper und sah den ihm gegenüber Sitzenden an. Seine Wut war immer noch da, doch er war ein wenig ruhiger als zuvor, als er fast explodiert wäre.

“Es ist etwas kompliziert”, murmelte Mario und legte beide Hände um die Tasse mit dem Kaffee, die vor ihm auf dem Tisch stand.

“Es ist immer alles kompliziert, also sag einfach. Was und seit wann?”

“Elsa, also deine Schwester und ich, wir sind zusammen, seit dem Wochenende, an dem das erste Spiel zwischen deiner und meiner Mannschaft stattgefunden hat.”

“Scheiße verdammt, ernsthaft? Elsa ist in einer Beziehung! Sie hat einen Freund, Mario! Was soll der Scheiß?”

“Sie ist meine Freundin, Gregor. An sich betrügen wir niemanden”, versuchte dieser sich zu erklären.

“Sie ist Viktors Freundin und das schon neun Monate oder so. Also nein, das ist eindeutig Betrug! Gestern Abend waren sie noch zusammen, falls du dich erinnerst. Gestern Abend, ach verdammt, ihr beide habt allen was vorgespielt und vor allem Viktor so zu hintergehen, vermutlich habt ihr auch noch hinter seinem Rücken gelacht!”

Die Augen des Älteren weiteten sich. Er hatte Gregor noch nie so viel fluchen hören, dieser war wirklich stinksauer. Und er würde zu Viktor rennen und diesem alles sagen, wenn er ihm nicht die Wahrheit sagen würde oder zumindest einen Teil davon. Er schloss seine Augen und holte tief Luft, ehe er seinen Freund ernst ansah.

“Gregor, Elsa und Viktor haben keine echte Beziehung, es handelt sich um eine reine Fakebeziehung. Sie tun nur so, als ob sie zusammen wären.”

“Wie bitte? Das ist doch Schwachsinn!” Gregor runzelte seine Stirn, hielt dem Blick stand. “Die beiden sind glücklich miteinander und das sieht man ihnen doch eindeutig an.”

“Sie sind sehr gute Freunde, das ist richtig. Elsa bezeichnet ihn als ihren besten Freund. Natürlich verstehen sie sich gut und wirken nach außen hin als ein glückliches Paar. Aber sie sind nicht zusammen, nicht im romantischen Sinn.”

“Warum sollten sie das nicht sein?”

Mario stockte. Jetzt musste er aufpassen, nichts Falsches zu sagen. “Sie beide wollten durch diese angebliche Beziehung dafür sorgen, dass sie nicht angemacht werden und ihre Ruhe haben, da sie eigentlich keine Beziehung haben wollten.”

“Das ist doch Quatsch.”

“Ist es nicht, Gregor, glaube mir bitte. Ich hätte es nie zugelassen, dass etwas zwischen Elsa und mir passiert, wenn es nicht so wäre. Ich will mich nicht in eine glückliche Beziehung einmischen, das wäre nie passiert, wenn es nicht ist, wie es ist. Ich gebe zu, ich hatte Schmetterlinge im Bauch, als ich sie das erste Mal wieder gesehen habe, doch als klar war, dass sie mit Viktor zusammen ist, war mir klar, dass ich sie so nicht ansehen darf und dann …” Er stockte, immerhin hatte er Elsa geküsst, als er noch davon ausgegangen ist, dass sie mit Viktor zusammen sei. “Gregor, du hattest doch selbst mal gesagt, dass die Beziehung der beiden anders ist als alle, die du kennst. Das liegt daran, dass es eben keine echte Beziehung ist.”

Gregor starrte auf seine Teetasse und wirkte sehr nachdenklich, gab kein Wort von sich. Mario wartete mit stark schlagendem Herzen auf eine Reaktion auf das von ihm Gesagte. Würde der Jüngere ihm glauben? Oder sofort zu Viktor rennen und diesen darauf ansprechen?

“Elsa und Viktor haben sich damals für dieses Arrangement entschieden, zusammen. Keiner von ihnen hat damit gerechnet, dass plötzlich jemand auftaucht, denn sie doch sehr mögen.”

“Du redest von dir. Und davon, dass Elsa dich mag …” Die Stimme des Jüngeren klang emotionslos. Ein Nicken folgte auf diese Aussage. “Und was genau empfindest du für Elsa?”

Auf diese Frage musste Mario lächeln, konnte es nicht verhindern. “Ich bin total verliebt in sie.”

“Und sie in dich?”

“Ja, zumindest sagt sie das und ich glaube es ihr.”

“Aha.”

Erneut verkrampften sich die Hände des Älteren um die Tasse vor sich, als Gregor weitersprach.

“Ich weiß nicht, was davon ich glauben soll. Elsa und Viktor täuschen uns monatelang eine Beziehung vor, lügen uns an?”

“Elsa meinte einmal, dass sie und Viktor ganz zu Beginn entschieden haben, dass es wirklich echt wirken muss und sie deshalb niemanden einweihen dürfen, auch dich und Conny nicht. Und dass wenn sie es schaffen, dass ausgerechnet ihr beide ihnen glaubt, dann wirkt es wirklich echt.”

“Hmm.” Gregor seufzte und sah auf. “Wie soll ich es dir einfach so glauben, Mario? Vielleicht behauptest du das jetzt auch einfach, um gut dazustehen. Vielleicht, wer weiß, hat Elsa dir auch einen Bären aufgebunden, obwohl ich mir das nicht vorstellen kann. Wobei, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie mir die Beziehung mit Viktor vorgespielt hat.”

Mario blickte ihn ernst an. “Gregor, hör zu, ich kümmere mich darum und dann werden wir dir die Wahrheit sagen. Elsa und Viktor, ich rede mit ihnen, ja?”

Sein Gegenüber sah seine Augenbrauen hoch. “Du hast eine Woche. Dann will ich es von Elsa und Viktor selbst hören, ansonsten werde ich es ihm sagen. Er ist mein Freund, mein Schwager in spe, mein Mannschaftskollege und er war immer mein Mentor, das weißt du. Das bin ich ihm schuldig.”

Mario nickte. “Ich werde mich darum kümmern, versprochen. Und danke dir.”

“Musst du nicht, ich tue das nämlich nicht für dich. Also, eine Woche!” Gregor hob sein Kinn, sah ihn herausfordernd an.

“Eine Woche.” Der Ältere hielt dem Blick stand, bis Gregor diesen senkte und aus seiner Tasse trank. Mario atmete aus, merkte erst jetzt, dass er die Luft angehalten hatte. Verdammt.
 

///
 

Unsicher blickte Mario zu seinem Kommilitonen hinüber, der dort an einem Tisch saß und in einer Zeitschrift blätterte, während er einen Apfel aß.

>Komm schon, gib dir einen Ruck! Du weißt doch, für was es ist<, redete er sich zu, ehe er genau das tat.

“Hey Kisho”, sprach er den jungen Mann mit stark schlagendem Herzen an.

“Oh, hallo Mario”, erwiderte dieser erstaunt, hatte sie doch bisher noch nicht wirklich miteinander zu tun gehabt.

“Ich hätte eine Frage und hoffe, du nimmst mir diese nicht übel.”

“Das weiß ich erst, wenn du sie gestellt hast, oder?” Kisho zuckte mit seinen Schultern.

“Vermutlich.” Mario fuhr sich leise und unsicher lachend durch die Haare.

“Also los, stell deine Frage.”

“Ähm, stimmt es, dass du … auf Männer …” Mario brachte die Frage nicht richtig heraus, musste sie aber zum Glück nicht aussprechen, da Kisho dazwischen redete.

“Ich stehe auf Männer, richtig. Ich bin schwul.”

Erleichterung kam in Mario auf. “Oh, sehr gut. Und … bist du Single oder hast du einen Freund?”

“Ich bin Single. Warum?” Erstaunt sah Kisho ihn an.

“Ähm, würdest du am Freitag vielleicht mit mir in eine Bar gehen?”

“Oh, wow.” Die Augen des Gefragten weiteten sich. “Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du auch schwul bist, Mario, du hast gar keine Vibes ausgestrahlt. Aber ja, ich würde gerne mit dir ausgehen und …”

“Nein, nein! Das hast du falsch verstanden!” Mario hatte seine Augen ebenfalls weit aufgerissen und hob seine Hände schockiert hoch, die er gleich darauf wieder sinken ließ. “Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass ich dich dem Freund meiner Freundin vorstellen kann, so dass die beiden sich endlich trennen können.” Und damit hatte er den anderen endgültig verwirrt.

“Ich … Was? Okay, bitte erkläre mir das mal genauer, denn das was du gerade gesagt hast, klingt sehr durcheinander.”

Mario ließ sich ebenfalls an dem Tisch auf einen Stuhl sinken und stützte seine Ellenbogen vor sich auf der Tischplatte auf, seine Hände ineinander verschränkt. “Ich erkläre es dir gerne. Ich könnte nämlich deine Hilfe brauchen. Also folgendes ist Sache …”
 

///
 

“Okay.” Kisho schüttelte langsam seinen Kopf. “Lass es mich wiederholen: Deine Freundin ist in einer Fakebeziehung mit einem Typen. Diese Fakebeziehung ist bereits entstanden, bevor du in ihrem Leben aufgetaucht bist, beziehungsweise, bevor du wieder in ihrem Leben aufgetaucht bist. Und obwohl sie, ebenso wie du für sie, Gefühle für dich hat, hat sie ihrem Fakefreund ein schlechtes Gewissen gegenüber, sodass sie die Fakebeziehung nicht beenden kann.”

“Genau, sie fühlt sich ihm verpflichtet.”

“Auch nicht gerade sinnvoll. Na gut, weiter im Text: Er ist also schwul und du denkst, wenn er jemanden kennenlernt, wird er es sein, der die Fakebeziehung beendet?”

“Zumindest ist das meine Hoffnung”, stimmte Mario zu.

“Und da komme also ich ins Spiel. Der Grund dafür, dass du mich gefragt hast, ob ich auf Männer stehe.”

Mario wurde rot und fuhr sich mit der Hand durch die Haare am Hinterkopf. “Ehrlich gesagt, ja. Ich hatte einfach gehofft, dass ich euch beide mal bekannt mache, wer weiß, vielleicht funkt es bei euch ja.”

“Hmm … und wer sagt, dass ich eine Beziehung will?” Kisho hob seine Augenbrauen. “Vielleicht will ich ja auch nur unverbindlichen Spaß.”

Und schon wurden Marios Wangen noch wärmer. “Okay, warte, ich zeige dir etwas.”

Er zog sein Handy hervor, öffnete seinen Nachrichten Messenger, scrollte durch diesen und tippte auf den Bildschirm, ehe er sein Handy vor seinen Gegenüber auf den Tisch legte. Dessen Augen weiteten sich und er griff nach dem Handy, vergrößerte das Foto und schaute das Bild weiter an. Er deutete auf den Bildschirm und sah Mario an.

“Du redest die ganze Zeit von diesem heißen Typen?”

Schulterzuckend nickte der gegenüber Sitzende. “Ja, das ist Viktor.”

“Okay, damit hast du mich. Verdammt ist der heiß. Also”, Kisho hob seinen Blick von dem Bildschirm, “wann und wo, Mario?”

Kapitel 9

Mario stand vor der Bar, in der er sich mit Viktor verabredet hatte. Seine Hände waren tief in die Hosentaschen seiner Jeans geschoben und er wippte auf seinen Füßen vor und zurück. Hoffentlich würde alles klappen. Sein Handy vibrierte in seiner Hosentasche. Eine Nachricht von Elsa, die ihm schrieb, dass es schade war, dass er heute keine Zeit hatte, immerhin war Viktor auch mit Freunden unterwegs. Schnell sendete er ihr ein Herz- und einen Kuss-Emoji, dann steckte er sein Handy wieder in seine Hosentasche zurück. Irgendwie hatte er ihr gegenüber schon ein wenig ein schlechtes Gewissen, doch er wollte richtig mit ihr zusammen sein, es in die Welt hinaus schreien, wie sehr er in diese Frau verliebt war. Es öffentlich zeigen, vor ihren Familien und ihren Freunden und daher war das jetzt ein Versuch wert.

“Hallo Mario”, erklang eine tiefe Stimme neben ihm.

“Hallo Viktor.” Der Angesprochene spannte sich erst an, dann drehte er sich herum. “Cool, dass es mit dem Treffen klappt.”

“Gerne, ich finde es ja auch gut, mal sowas mit dir zu machen. Sollen wir gleich rein?”

“Natürlich.”

Gleich darauf folgte Mario dem Älteren in die Bar, wo Viktor stehen blieb und sich umsah, ehe er direkt auf einen Tisch zusteuerte, der noch frei war. Er setzte sich auf einen der Stühle und wartete darauf, dass Mario sich zu ihm setzte. Die erste halbe Stunde redeten sie über Fußball, was auch sonst und tranken etwas, als Mario aus den Augenwinkeln Kisho erkannte, der auf sie zusteuerte. Bei ihnen blieb er stehen.

“Oh, hey Mario.”

“Hallo Kisho, du bist auch hier? Cool. Viktor”, wand er sich an den neben ihm Sitzenden, “das ist Kisho, ein Kommilitone von mir.”

“Ah, hallo, ich bin Viktor.”

“Schön dich kennenzulernen.” Der Neuankömmling ergriff die ausgestreckte Hand und betrachtete den Mann, wegen dem er hier war, der davon jedoch nichts wusste. “Da hat es sich ja wirklich gelohnt, heute hierher zu kommen.” Er zwinkerte Viktor zu, der seine Hand zurück zog und etwas verwirrt aussah. Kisho schien dies aber nicht wirklich zu beeindrucken. “Kann ich mich zu euch setzen?”

Mario sah den Ältesten fragend an, der nickte und auf den Stuhl deutete, der zwischen seinem und dem seines Begleiters stand. Sofort ließ sich Kisho auf den Stuhl sinken und sie unterhielten sich zu dritt, bis Viktor schließlich aufstand und auf die Toilette ging.

Mario wandte sich gleich seinem Kommilitonen zu. “Und? Wie findest du ihn?”

“Er sieht noch besser als aus dem Bild aus. Er redet ein wenig viel über Fußball und du ehrlich gesagt auch, aber darüber kann man gut hinwegsehen. Doch eines muss ich dir sagen, Mario.”

“Und das wäre?”

“Der Typ strahlt keinerlei schwule Vibes aus. Im Normalfall merke ich das schon, wenn jemand so wie ich auf Männer steht, aber der? Also wenn der schwul ist, fresse ich einen Besen.”

“Wenn wer schwul ist?”, erklang eine tiefe Stimme und sofort zuckten beide zusammen.

“Oh, ähm Viktor.” Mario lief rot an.

Der Ältere sah sie beide stirnrunzelnd an und man konnte erkennen, dass es in seinem Kopf arbeitete. Sein Blick blieb auf Mario liegen. “Sehe ich das richtig, dass er”, er deutete auf Kisho, “mich anmachen sollte?”

Langsam nickte der Gefragte. “Ich habe ihn gefragt, ob er mit dir flirten könnte, deshalb ist er heute Abend auch hier.”

“Warum das?” Fassungslos blinzelte Viktor.

“Weil wenn du, naja, wenn du jemanden kennenlernst, dann würde Elsa wieder frei sein und sie und ich könnten endlich …”

“Was heißt hier, ihr könntet endlich? Endlich was?” Viktors Stimme nahm einen bedrohlichen Unterton an.

“Zusammen sein.”

Nun weiteten sich die Augen des Älteren. Es schien klick gemacht zu haben. “Schläfst du mit meiner Freundin?”, platzte aus ihm heraus.

Auch Mario stand auf, um nicht mehr zu Viktor aufblicken zu müssen. “Du meinst, mit deiner Fakefreundin!” Als Viktors Augenlid zuckte, hob Mario sein Kinn, ohne den Blick zu unterbrechen. “Ich weiß es, Viktor, ich weiß alles. Dass du und Elsa eure Beziehung nur vortäuscht und auch dass du eigentlich auf Männer stehst und Elsa dein Alibi ist.”

“Dass ich was? Das ist nicht dein, nein, euer ernst!” Viktor wirkte wütend. Dann trat er einen Schritt zurück und deutete auf Mario. “Du, mitkommen, sofort!”

“Was? Wohin?”, fragte dieser verwirrt.

“Wir beide, wir haben da etwas zu klären. Also los, mitkommen! Und du”, er wandte sich Kisho zu, der neugierig dem Austausch der beiden Fußballer gelauscht hatte, “jap, ich bin null schwul. Also machs gut.”

“Ihr auch.” Kisho hob eine Hand und beobachtete dann, wie die beiden davon liefen, Mario mit sehr verwirrtem Gesichtsausdruck dem Älteren folgend. Der Zurückgelassene seufzte auf. Nun gut, dann würde er sich eben anderweitig umschauen müssen. Schade auch, dieser Viktor war ein echter Schnuckel gewesen.
 

///
 

Elsa hatte sich auf das kleine Sofa verzogen, das in ihrem Studentenzimmer gegenüber vom Bett an der Wand stand. Sie hatte sich in eine Decke gewickelt und las in einem Buch, als es plötzlich stark an ihre Türe klopfte. Verwundert hob sie ihren Blick. Wer war das jetzt? Sie erwartete niemanden. Viktor war mit seinen Freunden unterwegs und Mario hatte auch keine Zeit. Sie stand auf, legte die Decke auf ihr Sofa und ging zu der Türe, die sie öffnete. Im nächsten Augenblick erstarrte sie regelrecht, als sie die beiden Männer sah, die in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielten.

“Was …?”, brachte sie hervor.

“Wir haben zu reden!”, knurrte Viktor sie an und schob sich an ihr vorbei in den Raum hinein.

Mario folgte ihm, strich dabei sanft mit seiner Hand über Elsas Arm. Diese sah mit großen Augen zu den beiden Männern, die allein durch ihre Anwesenheit den ganze Raum einnahmen und ausfüllten. Das hier war nicht gut, da war sich Elsa sicher. Mario … Was machte er hier? Ihr Herz zog sich unangenehm zusammen. Hatte er doch mit Viktor geredet, obwohl sie ihn darum gebeten hatte, das nicht zu tun?

“W-was wollt ihr?”, fragte sie leise und sehr unsicher, ehe sie die Türe schloss und ebenfalls in die Mitte des Zimmers trat.

“Ich kann dir sagen, was wir, was ich will!” Viktors Stimme hallte laut durch den Raum und sie konnte ihm ansahen, dass es in ihm brodelte. Oh verdammt … Langsam ließ sie sich auf ihr Sofa sinken. Er würde es doch sicherlich verstehen, oder? Er würde doch Verständnis für sie haben. Sie hoffte es sehr.

“Ich habe einige Fragen an dich, Elsa. Fangen wir doch damit an: wie kann es erstens sein, dass Mario weiß, dass unsere Beziehung nicht echt ist?”

“Ich …”, begann Elsa, doch Viktor ließ sie nicht aussprechen sondern redete einfach weiter.

“Wie kann es zweitens sein, dass du nicht einfach mit mir geredet hast und stattdessen, drittens, mit ihm geschlafen hast! Eine Beziehung mit ihm begonnen hast?”

“Viktor”, gab Mario leise von sich und legte diesem die Hand auf die Schulter, die von dem Älteren jedoch sofort wieder abgeschüttelt wurde.

“Und viertens: Wie verdammt nochmal bist du darauf gekommen, ihm zu sagen, dass ich schwul bin?” Den letzten Teil brüllte er voller Wut heraus.

“Viktor, bitte.” Mario deutete auf Elsa, die ganz blass geworden war.

“Was? Soll ich Rücksicht auf sie nehmen? So wie sie auf dich und mich Rücksicht genommen hat?” Viktor sah von dem neben ihm Stehenden zu Elsa zurück. “Ich habe es dir wieder und wieder gesagt, seit dem Zeitpunkt, an dem wir Mario das erste Mal wieder begegnet sind. Ich habe dir gesagt, wenn du ihn magst, dann beenden wir die Fakebeziehung, es ist für mich gar kein Problem. Wir haben es doch so besprochen - wenn einer von uns beiden jemand ganz besonderen kennenlernt, dann beenden wir das mit uns beiden, damit wir uns nicht im Weg stehen. Immer und immer wieder habe ich dich auf Mario angesprochen in den letzten Monaten, habe dich gefragt, ob du etwas von ihm willst und du hast es wieder und wieder verneint. Warum also der Scheiß? Warum hast du es mir verschwiegen? Warum hast du ihm das angetan? Und nochmal: warum hast du ihm gesagt, dass ich schwul bin?”

Tränen liefen Elsa inzwischen über die Wangen. “Du … du hast immer gesagt, dass du so dankbar für die Fakebeziehung bist, dass es dich echt rettet. Und ich konnte dich doch nicht einfach im Stich lassen. Wie könnte ich das? Wir beide haben das doch aus bestimmten Gründen so entschieden. Wenn ich nun damit angekommen wäre, dass ich und Mario … Dann wäre es bei dir doch wieder von vorne losgegangen, das konnte ich doch nicht tun.”

“Elsa, es handelt sich nur um eine scheiß Fakebeziehung. Diese zu beenden wäre kein Weltuntergang gewesen, ich wäre mit ein paar Frauen schon klar gekommen. Aber dass du trotz all der Nachfragen bezüglich Mario nicht einmal die Wahrheit gesagt hast, das ist verdammt beschissen. Ich habe dich oft genug gefragt, immer wieder! Stattdessen behauptest du noch, ich wäre schwul und nimmst das als Ausrede?”

“Das … das ist mir einfach so rausgerutscht. Aber ich habe Mario doch gesagt, dass du es nicht bist und du”, ihr Blick wanderte zu diesem und gleich darauf riss sie ihre Augen auf, “du hast es mir nicht geglaubt sondern gemeint, ich würde es nur so sagen …”
 

Der Angesprochene nickte. Ihm ging es gerade nicht gut, überhaupt nicht. Was Viktor gesagt hatte - dass er Elsa oft genug auf ihn angesprochen hatte und die Fakebeziehung auch direkt beendet hätte, stattdessen hatte sie es einfach nur abgestritten. War alles, was sie ihm in den letzten Monaten gesagt hatte, echt gewesen? Empfand sie tatsächlich etwas für ihn? Gerade bezweifelte er es stark, denn dann hätte sie doch die Wahrheit gesagt. Stattdessen hatte sie ihn mit irgendwelchen, vermeintlichen, Ausreden hingehalten.

“Elsa hat tatsächlich zu mir gesagt, dass du nicht schwul ist, aber ich dachte, das wäre so gemeint gewesen, dass ich halt auf keinen Fall ein Wort sagen darf. Ich habe es wohl falsch verstanden, entschuldige bitte, Viktor”, richtete er an diesen.

“Schon okay, du kannst ja an sich nichts dafür”, erwiderte dieser und winkte mit einer Hand ab, ehe er Elsa ansah, die wie ein Häufchen Elend aussah. “Elsa, das wars, es ist aus. Nicht nur unser Fakebeziehung, unsere ganze Freundschaft. Du hast mich hintergangen, mich angelogen, monatelang. Alles, was uns beide verbunden hat, ist kaputt. Ich will nicht mehr, es ist vorbei.”

Sie war aufgesprungen, sah ihn ungläubig an, schüttelte ihren Kopf und versuchte Worte zu finden. “Du … Viktor, nein, bitte nicht. Es tut mir leid, es tut mir wirklich leid. Entschuldige bitte.”

Der zuckte mit seine Schultern, ehe er sich abwandte. “Es tut mir auch leid, Elsa, aber das war es. Ich packe deine Sachen zusammen und gebe sie deinem Bruder, dort kannst du sie abholen. Ruf mich weder an noch schreib mir, ich bin fertig mit dir!”

Tränen liefen über Elsas Gesicht. Ihr Blick wanderte zu Mario und streckte eine Hand nach ihm aus, hoffte auf seinen Trost, doch zu ihrem Entsetzen machte er einen Schritt nach hinten und schüttelte seinen Kopf. Sein Blick wirkte zerbrochen. Er öffnete seinen Mund, brachte jedoch kein Wort hervor, schluckte stattdessen, ehe er erneut ansetzte.

“Nein, Elsa. Es … es tut auch mir leid, aber es geht nicht mehr. Seit wir uns das erste Mal geküsst haben, habe ich dich darum gebeten, dass du mit Viktor redest und ihr eine Lösung findet. Ich habe dich darum gebeten, die Fakebeziehung zu beenden und mit mir zusammen zu sein. Du hast es aber immer wieder abgelehnt, mit der Begründung, dass es angeblich nicht gehen würde. Und jetzt höre ich von Viktor, dass du nie mit ihm darüber geredet hast, ihm gegenüber sogar verleumdet hast, dass ich dir etwas bedeute. Meine Gefühle sind dir egal.”

“Das stimmt nicht”, schluchzte sie.

“Wie kann ich dir noch glauben, wenn du etwas sagst, Elsa? Wie kann ich dir jemals wieder vertrauen? Es tut mir leid, aber das zwischen uns beiden, das ist ebenfalls vorbei.” Mario Stimme war immer leiser geworden, brach zum Ende hin regelrecht, dann drehte er sich herum und rauschte aus dem Zimmer, an Viktor vorbei, der die Zimmertüre offen gehalten hatte.

Als diese hinter den beiden Männern ins Schloss fiel, gaben Elsas Beine unter ihr nach und sie sank zu Boden. Ein lautes Schluchzen brach aus ihr heraus und sie schlug beide Hände vor ihren Mund, während dicke heiße Tränen über ihre Wangen hinunter liefen. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, was ihr Handeln für Konsequenzen hatte. Sie hatte alles verloren.

Kapitel 10

Und wieder kamen die Tränen, flossen in heißen Strömen ihre Wangen hinunter, ließen sich nicht aufhalten. Schluchzend versuchte Elsa diesen mit ihren Händen Einhalt zu gebieten. Sie wollte so nicht gesehen werden. Es war schon über zwei Stunden her, seitdem Mario und Viktor alles zu ihr beendet hatten und verschwunden waren. Sie hatte es nicht mehr in ihrem kleinen Zimmer ausgehalten, wo sie immer noch die Anwesenheit der beiden Männer spürte. Nun saß sie auf einer Bank im Park, in der Nähe des Platzes, wo sie Mario vor so langer Zeit das erste Mal wieder gesehen hatte und heulte immer noch Rotz und Wasser. Vielleicht sollte sie nach Hause gehen, bevor …

“Hey, ist bei dir alles in Ordnung?”

Erst war Elsa wie erstarrt, dann blickte sie vorsichtig auf und erkannte eine junge Frau, die in ihrem Alter sein musste.

“Ich … ähm …”, brachte sie hervor.

“Darf ich?” Die vor ihr Stehende deutete auf die Bank neben ihr.

Langsam nickte Elsa und schon setzte sich die junge Frau und sah sie an.

“Willst du mir sagen, was dich beschäftigt? Ich kann gut zuhören.”

Elsa blinzelte ungläubig. “Aber … wir kennen uns doch gar nicht!”

“Oh, stimmt ja, entschuldige bitte.” Ihre Nebensitzerin lachte auf und strich sich mit der Hand durch die schulterlangen, roten Haare, ehe sie diese Elsa entgegenhielt. “Hallo, ich bin Mayumi Hino, du darfst mich gerne Maya nennen. Ich bin 24 Jahre alt und habe dieses Semester mein Masterstudium für Eventmanagement hier an der Uni angefangen, davor war ich in Tokio, allerdings ist meine Mutter hierher gezogen und ich bin mit ihr mitgekommen. Ähm, ich kann gut zuhören, aber auch viel reden. Ich mache ganz gerne Sport und bin ein geselliger Mensch.”

Elsa blinzelte und musste einen kurzen Augenblick schmunzeln, ehe sie die ausgestreckte Hand ergriff. “Mein Name ist Elsa Daichi. Ich bin auch 24 und studiere Lehramt und heute habe ich richtig Scheiße gebaut.”

“So, jetzt kennen wir uns, also erzähl.” Mayumi lächelte sie an, was Elsa ein erneutes Schmunzeln entlockte.

“Es ist eine lange Geschichte.”

“Ich habe Zeit. Fang am besten von vorne an.”

Unsicher kaute Elsa auf ihrer Unterlippe. Konnte sie tatsächlich einer Fremden einfach erzählen, was passiert war? Aber wen sonst hätte sie? Normalerweise wäre sie bei so etwas zu Viktor gegangen, danach zu Conny und Gregor. Aber die beiden ständen hinter Viktor und Mario, da war sie sich sicher, daher kamen beide nicht in Frage. Und zu Mario konnte sie auch nicht mehr. Mario … Wieder schossen Tränen in ihre Augen.

“Eigentlich beginnt es damit”, murmelte sie und sah auf ihre Hände, die sie verschränkt auf ihrem Schoß liegen hatte, “dass ich mich in der Grundschule in diesen einen Jungen verliebt habe …” Unsicher sah Elsa zur Seite, von wo Mayumi sie ansah, ihr mit einem Lächeln und einem kleinen Nicken bedeutete, weiterzusprechen. “Als wir fünfzehn waren, haben wir uns dann auch tatsächlich das erste Mal geküsst und tja, direkt danach ist er weggezogen.”

“Oh man, das war aber verdammt schlechtes Timing.” Mayumi klang enttäuscht und wieder entlockte sie der neben sich Sitzenden ein kleines Schmunzeln.

“Du sagst es. Wenn ich in den letzten Monaten etwas gelernt habe, dann, dass ich was Timing angeht, echt schlecht bin.”

“Erzähl weiter, denn das kann es ja nicht gewesen sein, dass du heulend hier sitzt, oder?”

Wieder nickte Elsa und zog ihre Beine an. “Schön wäre es, wenn das das Schlimme wäre und es würde auch bedeuten, dass ich ziemlich schlecht im …”

“Aufarbeiten bist, ja.”

Und auf diese Aussage musste Elsa tatsächlich lachen. Mit einer Hand wischte sie sich die Tränenspuren aus dem Gesicht. “Das wäre ich dann wirklich. Naja, ähm, wo war ich? Ach ja, nachdem ersten Kuss der ersten Liebe ist dieser weggezogen … wer weiß, vielleicht war der Kuss wirklich so schlecht …”

Nun war es Mayumi, die lachen musste. “Elsa, ich mag dich. Trotz dessen, dass du so weinen musst, hast du noch Sinn für Humor.”

“Wer weiß, ob du mich am Ende noch mögen wirst …” Nun war der Anflug der Heiterkeit auch schon wieder verschwunden.

Die zweite Frau winkte ab. “Das werden wir nachher sehen, also erzähl weiter.”

“Du wolltest es so. Also, ähm, er ist weggezogen und mein Leben hat natürlich nicht aufgehört. Ich habe Männer kennengelernt, hatte Beziehungen, meine ersten Erfahrungen und so. Tja, aber irgendwann war es so, dass ich ständig von Männern angemacht wurde und wenn ich wirklich keinen Freund hatte, dann, naja, dann sind die Schlange gestanden.” Elsa zischte leise, ehe sie ihren Kopf mit großen Augen zur Seite riss. “Ich will damit nicht sagen, dass ich voll der Männermagnet bin oder so und …”

Wieder lachte Mayumi. “Alles klar, Elsa. Aber mal im ernst, hast du dich schon mal angesehen? Du bist eine elf von zehn, natürlich stehen die Kerle auf dich.” Als Elsa ihr Gesicht verzog, grinste sie nur. “Na gut, du bist vermutlich nur eine neun, vielleicht auch eine acht von zehn, ich wollte dich nur etwas aufmuntern.”

Elsa schmunzelte wieder. “Das schaffst du sogar ziemlich gut.”

“Sehr gut, erstes Ziel erfüllt. Erzähl weiter.”
 

“Ich bin von einem Kommilitonen angemacht worden und da kam ein guter Freund vorbei und ich habe die Chance genutzt und gesagt, dass ich mit ihm verabredet bin, mich aus der Situation gerettet. Und ein paar Tage später ich ihn aus der gegenteiligen Situation, als er von ein paar Frauen umgeben war. Er kam dann auf die Idee, dass wir beide doch ein Paar spielen könnten. Wir beide empfinden außer Freundschaft nicht füreinander, wollten beide zu diesem Zeitpunkt keine Beziehung und uns mehr oder weniger auf uns konzentrieren. Und obwohl es eigentlich auch irgendwie dämlich war, haben wir uns doch für eine Fakebeziehung entschieden und das echt durchgezogen. Wir haben es allen vorgespielt, unseren Familien und Freunden. Am schwierigsten war es unseren Geschwistern gegenüber, mein Bruder und seine Schwester sind nämlich schon seit Ewigkeiten ein Paar.

Aber die beiden haben es geglaubt und das bedeutete, dass es klappte, man hielt uns wirklich für ein Paar. Ich meine, wir haben es ja auch überzeugt vorgespielt.”

“Was bedeutet, ihr habt ein Paar gespielt?” Mayumi sah sie neugierig an.

“Zu Beginn haben wir so getan, als würden wir miteinander ausgehen, uns daten. Wir sind auch ins Kino und Essen gegangen, spazieren, aber eben als Freunde, auch wenn es nach außen anders aussah. Das haben wir durchgezogen. Ich habe auch bei ihm übernachtet, allerdings im Normalfall nur auf dem Sofa. Auch mal im Bett, aber da lief nichts, ist es nie, wird es nie.”

“Habt ihr euch geküsst?”

“Hmm, einmal zu Beginn um herauszufinden, ob da wirklich nicht mehr ist. Überraschung, ist es nicht gewesen. Ansonsten halt auf die Wange oder dicht neben den Mund. Es hat jedenfalls gereicht.”

“Okay, Respekt, dass ihr das so gut durchgezogen habt.”

“Ja, es lief auch alles gut. Vor allem hat diese Fakebeziehung eben genau das getan, was sie tun sollte - sie hat uns Verehrer vom Hals gehalten, wir konnten uns auf uns konzentrieren. Und er und ich, wir sind wirklich gute Freunde geworden, er war mein bester Freund. Ist ja auch irgendwie verständlich, wir haben wirklich viel Zeit miteinander verbracht.”

“Und was ist passiert, dass du heute hier sitzt?”

Elsa biss sich auf die Unterlippe und spürte, wie die Tränen erneut in ihre Augen schossen. “Er ist wiedergekommen …”

Mayumi runzelte ihre Stirn. “Wer ist wieder gekommen?”

“Er …”

“Oh.” Die Augen der Zuhörerin weiteten sich voller Verständnis. “Deine erste Liebe, richtig?”

Erneut wischte Elsa die Tränen weg, während sie nickte. “Ja. Plötzlich stand er da. Mein Bruder und Viktor, also mein Fakefreund, haben ihn mitgebracht. Er hat bei einem ihrer Spiele zugeschaut, da seine Mannschaft ein paar Wochen später gegen deren ihre spielen würde. Zu Erklärung noch, sie sind alle drei Fußballer, ziemlich gute …”

“Und dann war er also dort. Wie ging es dir damit?”

Elsa zuckte mit ihren Schultern. “Ich glaube zu sagen, dass ich überfordert war, trifft es ziemlich gut. Ich konnte es nur nicht einschätzen, aber ich denke, es war Liebe auf den ersten Blick … oder auf den zigten. Ich scheine also immer noch Gefühle für ihn gehabt zu haben, wollte mir das aber nicht eingestehen. Viktor hat mich an dem Abend schon darauf angesprochen, ob wir unsere Fakebeziehung beenden sollten, so wie ich Mario angesehen habe, das habe ich aber abgelehnt, ich wollte schließlich keine Beziehung zu dem Zeitpunkt. Als dann das Fußballspiel ein paar Wochen später war, habe ich danach ziemlich viel mit Mario geredet und da war so eine unglaubliche Anziehung zwischen uns. Dann kamen Viktor und mein Bruder auf die glorreiche Idee, dass er da bleiben und bei Viktor übernachten sollte. Ach ja, der hat seine Aufgabe pflichtbewusst ausgeführt, er hat die ganze Zeit über so getan, als wäre ich seine Freundin und hat Mario versucht in seine Schranken zu weisen. Schlussendlich ist Mario tatsächlich dageblieben und hat auf dem Sofa geschlafen, ich bei Viktor im Bett, aber wie gesagt, alles rein platonisch. Mitten in der Nacht musste ich in die Küche, was zum trinken holen. Ich konnte einfach nicht schlafen und dachte, das hilft vielleicht. Nur dass die Küche und das Wohnzimmer im gleichen Raum sind.”

“Und deine erste Liebe war noch wach?”

“Ich glaube, ich habe ihm geweckt … Zumindest haben wir geredet und dann haben wir uns plötzlich geküsst. Und er hatte ein schlechtes Gewissen, immerhin dachte er bis dato, dass ich mit Viktor zusammen wäre. Ich habe ihm dann die Wahrheit gesagt, dass das mit Viktor und mir nicht echt ist.”

“Und seine Reaktion?”

“Er hat es erst nicht geglaubt, doch ich habe ihm alles erzählt. Und dann haben wir eine Beziehung begonnen.”

“Und deine Fakebeziehung?”
 

Wieder biss Elsa auf ihre Unterlippe, starrte auf ihre ineinander verschlungenen Hände. “Die ist der Grund, dass ich alles kaputt gemacht habe … Mario hat mich, vollkommen verständlich, darum gebeten, dass ich mit Viktor rede und die Fakebeziehung beende, dass wir richtig zusammen sein können und nicht nur heimlich.”

“Aber?”

“Ich … habe es nicht geschafft. Viktor hat mir ständig gesagt, wie froh er ist, dass wir diese Fakebeziehung haben, dass er Ruhe vor den Frauen hat und wie dankbar er ist. Da konnte ich ihn doch nicht einfach im Stich lassen. Und Mario … ihm gegenüber habe ich einfach gesagt, dass es noch ein wenig dauern wird, bis wir die Fakebeziehung beenden werden, dass Viktor und ich das schon so besprochen hätten, der aber nichts von der Beziehung zwischen Mario und mir wissen darf.”

“Also wusste Mario, dein richtiger Freund, zwar von deiner Fakebeziehung zu Viktor, der aber nichts davon, dass du doch mit Mario anbandelst, beziehungsweise angebandelt hast?” Mayumi hob ihre Augenbrauen.

Die neben ihr Sitzende nickte. “Genau. Ich war einfach schrecklich. Viktor hat mich auch immer mal wieder darauf angesprochen, wie ich das sehe und ob es nicht jemanden gibt, den ich mag. Er hat immer wieder von Mario gesprochen und dass wir die Fakebeziehung beenden können, hat im gleichen Atemzug dann gleich gesagt, wie toll diese doch ist. Ich habe es mich nie getraut, ihm einfach die Wahrheit zu sagen. Ich meine, ich hätte die Chancen doch einfach nutzen können, er hätte es mir sicherlich auch nicht übel genommen. Doch stattdessen … Das war aber nicht alles …”

“Was denn noch?”

Elsa lachte trocken auf. “Mario hat zu Beginn nach dem Grund für die Fakebeziehung gefragt und mir ist rausgerutscht, dass Viktor schwul ist, was überhaupt nicht stimmt. Das war total dämlich von mir und ich weiß auch nicht, warum ich das gemacht habe. Ich habe ihm bei einem Treffen die Wahrheit gesagt, eben dass Viktor nicht schwul ist, aber anscheinend habe ich es nicht richtig rübergebracht, denn wie ich vorher erfahren habe, hat Mario bis heute geglaubt, dass Viktor schwul ist. Und vorher sind die beiden bei mir aufgetaucht. Viktor war so wütend, ich kann es ihm nicht einmal verübeln. Er hat mich regelrecht angeschrien. Warum ich Mario gesagt habe, dass das zwischen uns nur eine Fakebeziehung ist, dass ich mit ihm zusammen bin und dass ich nicht mit ihm geredet habe. Und richtig wütend war er darüber, dass ich behauptet habe, dass er schwul wäre. Er war so aufgebracht.” Elsa stockte in ihrer Erzählung und schloss ihre Augen, als alles in ihr wieder hochkam, als sie vor ihrem inneren Auge wieder sah, wie Viktor erst vorher vor ihr gestanden hatte und alles in ihr zog sich zusammen. “Er hat die Fakebeziehung beendet und mir die Freundschaft gekündigt. Ich kann ihn wirklich verstehen”, sie schluchzte auf, “wenn ich monatelang angelogen worden wäre, hätte ich vermutlich auch nicht anders reagiert. Aber das Schlimmste”, sie schlang ihre Arme um sich und schluchzte erneut auf, während wieder Tränen über ihre Wangen liefen, ohne dass sie diese aufhielt, “Mario hat das auch. Er hat mit mir Schluss gemacht. Er meinte, wie soll er mir jemals wieder vertrauen können? Immerhin habe ich ihn angelogen. Ich habe behauptet, dass ich mit Viktor geredet hätte, das ist aber nie so gewesen. Und vor allem, hat Viktor schließlich oft genug angeboten, dass wir die Fakebeziehung beenden könnten, doch das habe ich immer abgelehnt. Also, wie sollte ich glauben, dass er bei mir bleibt nachdem ich solchen Mist gebaut habe? Verdammt.” Elsa beugte sich nach vorne, lehnte ihre Stirn an ihre Knie. “Ich habe einfach so einen Scheiß gebaut. Ich habe beide angelogen und ihnen vor den Kopf gestoßen. Ich habe beide verloren. Und vor allem … ich liebe Mario, ich liebe ihn wirklich! Ich bin so eine dumme Kuh!”

Mayumi streckte eine Hand aus und streichelte sanft über den bebenden Rücken der jungen Frau neben sich, die sich nicht mehr halten konnte und laut schluchzte. Das war wirklich heftig, sie konnte verstehen, weshalb die beiden Männer so reagiert hatten. Aber Elsa hatte es ja nicht wirklich böse gemeint, als sie so gehandelt hatte. Das war wirklich eine verzwickte Situation.

“Wir bekommen das schon irgendwie geregelt!”

Elsa sah verwundert auf, blinzelte, um die Tränen aus den Augen zu bekommen, die ihre Sicht verschwimmen ließen.

“Wir?”, fragte sie leise.

Mayumi stockte, dann lachte sie leise. “Entschuldige bitte. Ja, wir, wenn du das magst. Weißt du”, sie biss sich kurz auf die Unterlippe, “ich bin noch nicht lange hier und habe noch keine wirklichen Freunde.” Schnell hob sie beide Hände mit den Handflächen ausgesteckt. “Also das heißt nicht, dass ich mich dir aufdrängen will oder …” Noch bevor sie den Satz beenden konnte, unterbrach Elsa sie.

“Nein, ich … ich würde mich freuen. Ich denke, eine Freundin könnte ich gerade wirklich gut gebrauchen.”

Mayumi ließ ihre Hände sinken und lächelte. “Das finde ich schön. Und ich glaube, wir beide besorgen uns irgendwo noch ein Eis, denn das hilft bei Liebeskummer immer.” Sie sprang auf und streckte eine Hand aus. “Na los, komm.”

Elsa sah sie ungläubig an, ehe auch sie ein wenig lächeln musste. Als sie aus ihrem Studentenzimmer geflohen war, hatte sie nicht erwartet, auf jemanden wie Mayumi zu treffen. Doch diese tat ihr gerade wirklich gut. Sie hatte ihr zugehört, sie sogar trotz der Situation zum lachen gebracht. Und daher tat sie das einzige Richtige - sie streckte ihre Hand aus und umgriff die der jungen Frau vor sich.

Kapitel 11

Mayumi blickte auf ihr Handy, Elsa hatte auf ihre Nachricht noch nicht geantwortet, aber das war in Ordnung. Seit sie sie vor eineinhalb Wochen kennengelernt hatte, hatten sie viel Kontakt und trafen sich fast jeden Tag. Wüsste sie es nicht besser, würde sie sagen dass sie beide sich schon viel länger kannten. Elsa war eine tolle Person und Freundin. Ja, sie hatte Mist gebaut und das auch noch gewaltigen, aber trotzdem hatte sie das Herz am rechten Fleck und sie mochte sie. Trotzdem war es sicherlich besser, zumindest fürs erste, dass ihre Freundin nicht wusste was sie heute tat. Mayumi steckte ihr Handy zurück in ihre Tasche und folgte dem Lärm, der gut zu hören war. Laute Stimmen, Pfiffe und das ein oder andere Raunen. Sie war wirklich gespannt darauf, was sie jetzt erwartete.
 

Nachdem Mayumi durch ein Tor gelaufen war, kam sie nach einigen Metern auf ein Fußballfeld zu, auf dem zwei Mannschaften gegeneinander spielten, umkreist von vielen Fans, die um die Bande herumstanden, die das gesamte Feld umgab und die beiden Mannschaften laut anfeuerten. Die gerade Angekommene sah sich um, versuchte zu erkennen, wo Elsas ehemaliger Fakefreund stand. Ihr Blick blieb bei dem Torwart auf der rechten Seite hängen. Gerade richtete er die schwarze Kappe auf seinem Kopf, den Blick auf den Fußball fokussiert. Aufgrund der langen schwarzen Haare entschied sie, dass das Viktor sein müsste. Sie hatte in Elsas Zimmer ein Foto von diesem gesehen, daher war sie sich sehr sicher, dass er es war. Mayumi drückte sich durch die Zuschauer bis ganz zur Bande vor, von wo aus sie einen guten Blick auf das Feld und den Torwart hatte. Immer noch musterte sie ihn, noch selten bis nie hatte sie einen Mann gesehen, der so lange Haare hatte. Sein kantiges Gesicht, der Körperbau und die breiten Schultern ließen ihn trotz der langen Haare sehr männlich wirken.

“Verdammt, sieht der gut aus”, murmelte sie, Elsas Fotos wurden ihm nicht gerecht.

“Was?”, erklang eine belustigte Stimme neben ihr.

Ertappt drehte Mayumi sich zur Seite und erkannte eine junge Frau mit langen, schwarzen Locken. Sie selbst lachte leise und fuhr sich mit ihrer Hand durch die eigenen, schulterlangen Haare. “Ich habe den Torwart da drüben gerade angeschaut.” Sie deutete auf Viktor. “Du musst ehrlich zugeben, dass er echt heiß aussieht.”

“Das, ähm, kann und will ich nicht wirklich beurteilen.”

Nun hielt Mayumi in ihrer Bewegung inne und ließ ihre Hand sinken. “Wie? Wie das denn? Schau ihn dir doch mal an. Der sieht aus wie ein Gott!”

Nun lachte die neben ihr Stehende laut. “Er ist mein Bruder, ich will mir wirklich keine Gedanken darüber machen wollen, dass er heiß aussieht. Und ein Tipp, wenn du dich jemals mit ihm unterhältst: Sag ihm auf keinen Fall, dass er wie ein Gott aussieht! Er bildet sich darauf nämlich etwas ein.”

“Okay, das merke ich mir besser mal. Falls ich überhaupt jemals mit ihm rede.” Mayumi lachte erneut und hielt der neben ihr Stehenden ihre Hand entgegen. “Ich bin Mayumi.”

Die Hand wurde ergriffen und gedrückt. “Mein Name ist Conny.”

“Und du siehst ihm beim Fußballspielen zu? Bildet er sich darauf auch etwas ein?”

Conny lachte laut. “Vermutlich. Aber tatsächlich schaue ich in erster Linie meinem Freund zu.”

“Dein Freund?”

“Ja, der da mit der Nummer 10.”

“Doch, der sieht doch auch gut aus. Oder willst du dir darüber auch keine Gedanken machen?” Amüsiert sah Mayumi zu Conny.

Diese schmunzelte. “Also der sieht sehr gut aus, keiner kann ihm das Wasser reichen.”

“Genau das wollte ich doch hören.” Mayumi lehnte sich an das Geländer und blickte zu dem Freund der neben ihr Stehenden. Das war also Gregor, Elsas Bruder. Ihr Blick wanderte wieder zu Viktor zurück, wegen dem sie ja in erster Linie hier war.

“Conny, dein Bruder …”

“Ja?”

“Hat er eine Freundin?” Da keine Antwort kam, wandte sich Mayumi der neben sich Stehenden zu und blickte diese fragend an. “Ähm, war das irgendwie eine blöde Frage? Ich meine, er sieht gut aus, wahrscheinlich sind hunderte, wenn nicht sogar tausende Frauen hinter ihm her, was ich wirklich verstehen kann. Ich meine, ich weiß nicht, ob ich ihn überhaupt ansprechen würde, aber naja …”

Sofort schüttelte Conny ihren Kopf, sah geknickt aus. “Nein, das ist es nicht. Er … hat gerade keine Freundin, nein.”

“Gerade … Heißt das, dass da doch etwas ist?”

Wieder schüttelte die Jüngere ihren Kopf. “Das ist es nicht. Er hatte bis vor kurzem eine Freundin, die Trennung ist an sich erst ein paar Tage her.”

Mayumi hielt inne. Nun kam es darauf an, sich nicht zu verraten, immerhin wusste sie hierüber mehr, als die neben ihr Stehende vermutlich. “Oh, das tut mir aber leid für ihn.”

“Ja, mir auch. Aber nicht nur für ihn.”

“Und das bedeutet?”

“Seine Freundin ist eine sehr gute Freundin von mir. Nicht nur das, sie ist Gregors Schwester. Ähm, Gregor, mein Freund.” Conny deutete zu diesem auf dem Fußballfeld. “Ich habe Angst, dass es jetzt nicht mehr so ist.”

“Was genau meinst du?”

“Ich habe Angst, dass sie nicht mehr meine Freundin sein will, dass unsere Beziehung einen Knacks bekommt. Einfach weil ich eben Viktors Schwester bin.” Die Jüngere wirkte plötzlich niedergeschlagen und sah auf den Boden.

Sofort streckte Mayumi ihre Hand aus und berührte Conny sanft an der Schulter. “Schreib ihr einfach. Ich denke, ihr seid durch mehr verbunden gewesen, als nur dadurch, dass sie die Freundin deines Bruders wars. Sie ist die Schwester deines Freundes und vor allem, das hast du doch selbst gesagt, sie ist eine sehr gute Freundin von dir.”

Conny sah blinzelnd auf, ehe sie langsam nickte. “Vielleicht, nein, vermutlich hast du recht, das sollte ich wirklich machen. Vielen Dank, Mayumi.”

“Sehr gerne.” Diese lächelte. Elsa würde sich auch freuen, wenn Conny sich meldete, da war sie sich sicher. Sie wandte ihren Blick wieder auf das Fußballfeld und erkannte, dass gerade Viktors Tor angegriffen wurde. Dieser wehrte den Fußball hervorragend ab, das musste Mayumi neidlos anerkennen. “Dein Bruder ist wirklich gut”, richtete sie an Conny. Diese nickte. “Das ist er. Aber warte nur mal ab, bis Gregor den Gegenangriff startet, denn auch der ist sehr, sehr gut in dem, was er da macht. Fußball ist einfach sein Leben.”

“Dann beobachte ich ihn jetzt genau. Aber ich hoffe doch stark, dass Fußball nur ein Teil seines Lebens ist und nicht sein Leben. Ich gehe doch davon aus, ohne euch beide zu kennen, sagen wir, ich hoffe es, dass er dich mehr liebt, als er Fußball liebt.” Sie erkannte, wie die Wangen der neben ihr Stehenden rot wurden, während sie zu Gregor blickte.

“Ich denke schon.”

“Genau so soll es sein.” Mayumi sah wieder vor sich und konzentrierte sich auf das Spiel.
 

///
 

“Na?” Gregor blieb breit grinsend vor seiner Freundin stehen, die sich ihm gleich darauf in die Arme warf.

“Ihr wart prima!”, rief Conny und küsste den vor ihr Stehenden.

“Wir haben uns auch alle viel Mühe gegeben”, lachte ihr Freund, nachdem sie sich wieder voneinander gelöst hatten.

“Wehe ihr macht das einmal nicht, dann komme ich nicht mehr zum zuschauen.” Conny lachte, ehe sie sich herum drehte und ihr Blick dabei auf Mayumi fiel, die immer noch dort an dem Geländer stand. “Ah, Gregor, darf ich vorstellen, das ist Mayumi. Mit ihr habe ich mich die meiste Zeit über unterhalten. Mayumi, das ist Gregor, mein Freund.”

Gregors Blick wanderte zu der jungen Frau.

“Hallo, ich hoffe, dir hat das Spiel gefallen.”

Die Angesprochene lächelte und kam zwei Schritte näher. “Es war sehr spannend. Sind eure Spiele das immer?”

Gregor zuckte mit seinen Schultern. “Ich weiß es nicht genau. Zumindest habe ich immer jede Menge Spaß dabei.”

“Wenn das nicht so wäre, wärst du ziemlich sicher auch nicht so gut.”

Während der Jüngere nun etwas verschämt durch die Haare an seinem Hinterkopf fuhr, zuckte Mayumi nur mit ihren Schultern und musterte ihn ein wenig. Elsa und er hatten die gleichen Augen, vielleicht noch leicht ähnliche Gesichtszüge, wobei Gregors recht kantig waren, im Gegensatz zu Elsas. Sie waren eben Geschwister.

“Ah, Viktor. Ihr wart gut”, sagte Conny in diesem Augenblick.

“Sind wir immer”, erwiderte er mit tiefer Stimme.

Sofort drehte sich Mayumi um und erstarrte im nächsten Augenblick, als sie Connys Bruder erkannte, der nun auf ihrer Höhe stand. Ihr Blick glitt über ihn, nahm seinen Anblick auf. Von nahem sah er noch besser aus, als von weitem und da hatte er ja sogar noch besser ausgesehen als auf den Bildern von Elsa. Wie würde er wohl nackt … Nein, nein! Stopp, auf keinen Fall! In dem Augenblick richtete sich der Blick aus seinen dunklen, schon fast schwarzen Augen auf sie. Wann hatte sie jemals solche Augen gesehen?

“Viktor, das ist Mayumi. Mayumi, das ist mein Bruder, hatte ich dir ja vorher schon gesagt.”

“Ähm, ja, hast du. Hallo”, brachte sie hervor und war froh, dass sie ihre Stimme unter Kontrolle hatte.

“Hallo”, erwiderte er ließ seinen Blick über sie gleiten, musterte sie ganz genau. Als er wieder bei ihren Augen ankam, hob sie ihre Augenbrauen und stemmte eine Hand in ihre Hüfte.

“Und, gefällt dir, was du siehst?”

Ein amüsierter Ausdruck legte sich auf seine Züge. “Willst du das wirklich wissen?”

“Würde ich sonst fragen?” Herausfordernd hob sie ihr Kinn.

“Vielleicht brauchst du ja auch nur jemanden, der dein Ego streichelt.” Seine Augen blitzten auf.

“Glaube mir, das brauche ich nicht, ich weiß, wie ich aussehe. Ich würde eher sagen, du brauchst so jemanden, aber das bekommst du mit mir nicht.”

“Ah, deshalb hast du mich so gemustert.”

“Darf ich einen Mann etwa nicht abchecken?”

“Du hast mich abgecheckt?”

“Du scheinst es auf den Ohren zu haben. Wenigstens funktionieren deine Augen, denn sonst hättest du die auf dich zukommenden Bälle nicht abgewehrt.”

“Ich bin eben gut in dem, was ich tue.”

“Also hast du ein großes Ego. Und ergo brauchst du wohl doch jemanden, der es ab und an streichelt.”

“Aha. Willst du vielleicht doch? Du kannst auch noch andere Dinge streicheln.”

Nun hob Mayumi erstaunt ihre Augenbrauen. Elsa hatte ihr nicht erzählt, dass der Typ so drauf war. Sie schüttelte ihren Kopf. “Viktor, ich brauche nichts zum streicheln.”

“Bei mir darfst du auch gerne deine Krallen ausfahren, wenn du nicht streicheln willst.” Nun grinste er dreckig. Seine Gesprächspartnerin konnte nicht anders, als laut zu lachen.

“Bevor ich jemanden streichle oder gar meine Krallen ausfahre, muss ich denjenigen kennenlernen, daher lassen wir das erstmal.”

Auch er schmunzelte amüsiert und seine Augen funkelten belustigt. “Dann müssen wir wohl das erst machen.”

“Vielleicht.” Mayumi zwinkerte ihm zu, ehe bemerkte, dass ihr Handy klingelte. Sie zog es aus ihrer Tasche und erkannte Elsas Namen auf dem Display. “Oh, entschuldigt, da muss ich rangehen.” Während sie sich herum drehte, drückte sie das Telefon an ihr Ohr. “Hey Süße”, begrüßte sie ihre Freundin und ging einige Schritte zur Seite. Sie wollte nicht, dass einer der Anwesenden auch nur eine Ahnung bekam, mit wem sie gerade sprach.
 

///
 

Nachdem sie mit Elsa telefoniert hatte, die sich noch wegen ihrer Nachricht bezüglich dem nächsten Tag gemeldet hatte, war Conny wieder Mayumi getreten und die beiden hatten sich ein wenig unterhalten. Mayumi musste sagen, sie mochte die Jüngere, diese war wirklich nett und lieb, zudem nicht auf den Kopf gefallen, sie war ihr sympathisch. Vielleicht könnten sie ja sogar mal etwas zu dritt machen, mit Elsa zusammen. Sie verabschiedeten sich mit einer Umarmung voneinander, nachdem sie ihre Nummern getauscht hatten.

“Und rede mit deiner Freundin”, richtete Mayumi nochmal an die Jüngere.

“Das werde ich. Vielen Dank dir noch einmal, dafür, dass du mir zugehört und mir den Ratschlag gegeben hast.”

“Das habe ich wirklich gerne gemacht.”

“Ich bin dir dankbar. Und bitte melde dich doch mal bei mir, darüber würde ich mich freuen.”

“Das mache ich, das verspreche ich dir.”

Mayumi winkte ihr noch hinterher, als Conny mit Gregor, der in der Zwischenzeit geduscht hatte, davon ging. Sie lächelte. Der Tag war schöner geworden, als sie es erwartet hatte. Ihre Hand glitt in ihre Tasche und schloss sich dort um ihr Handy. Sie würde Elsa schreiben, dass sie jetzt doch noch Zeit hätte und ob sie sich auch heute schon treffen wollten. Während sie das gerade tun wollte, drehte sie sich herum. Doch noch ehe sie die Bewegung ganz ausgeführt hatte, krachte sie in eine Person. Alles in ihr zog sich genüsslich in ihr zusammen, als sie den angenehmen Geruch wahrnahm. Zudem fühlte sich der Körper vor ihr so hart an. Hände griffen nach ihren Oberarmen, hielten sie fest, sodass sie von dem Aufprall und dem dadurch entstehenden Schwung nicht umfiel.

“Ah, gehört Umrennen etwa auch zu deinem Repertoire?”

Diese tiefe Stimme kannte sie doch. Mayumi sah belustigt auf. “Im Normalfall nicht, aber zu deinem Repertoire scheint zu gehören, lautlos zu sein.”

Viktor lachte leise. “Das könnte stimmen.” Er sah auf sie hinunter. “Ich hatte eigentlich vor, dich etwas zu fragen.”

“Ah ja? Und was?” Neugierig musterte die Gefragte ihren Gegenüber.

“Du hast ja gemeint, zum streicheln”, seine Hände lösten sich von ihren Oberarmen und er strich mit seinen Fingern sanft ein Stück hinunter und wieder hinauf, was bei der jungen Frau eine Gänsehaut auslöste, “müsstest du mich erst kennenlernen. Wie sieht es aus, hättest du Lust, etwas essen zu gehen? Ich bin nach dem Spiel jetzt sehr hungrig.”

Mayumis Augen weiteten sich überrascht. Er wollte mit ihr ausgehen? Warum? Und wie sollte sie Elsa das jemals erklären? Doch etwas in ihr schrie laut ja und auf diese innere Stimme hörte sie. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus und sie nickte.

“Sehr gerne.”

Kapitel 12

“Die Sandwiches schmecken hier ganz gut.” Viktor tippte auf die Speisekarte, die vor Mayumi lag.

“Dann werde ich mir wohl davon eines bestellen. Und was nimmst du?”

“Was wohl, einen Salat.” Als sich ihre Augen weiteten, lachte er auf. “Natürlich auch ein Sandwich! Ich sagte doch, die sind gut.” Er zwinkerte ihr zu, woraufhin sie lachend ihren Kopf schüttelte.

“Anscheinend hast du außer einem großen Ego auch ein wenig Humor.”

“Ein wenig? Ich bin ein lustiger Typ.”

“Aha.” Mayumi stützte ihr Kinn auf ihrer Handfläche ab, den Ellenbogen auf dem Tisch vor sich.

Viktor beugte sich ihr über den Tisch entgegen. “Bin ich wirklich, lern mich einfach kennen. Immerhin könnten wir dann ja auch mal das mit dem Streicheln ausprobieren.”

“Du meinst, darauf läuft es hinaus?”

Er zuckte mit seinen Schultern. “Das wird es, es ist unvermeidlich. Also solltest du dich dem Unvermeidlichen beugen und wir könnten das alles etwas verkürzen.”

Mayumi lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und wollte gerade etwas entgegnen, als der Kellner zu ihnen an den Tisch in dem kleinen Bistro trat, in das Viktor sie mitgenommen hatte. Sie bestellten beide, dann ging der Kellner auch schon wieder davon.

“Also, bevor es auf, deiner Meinung nach, irgendetwas Unvermeidliches hinausläuft, von dem ich noch nicht überzeugt bin, habe ich eine Frage an dich.”

“Und die wäre?” Nun war es Viktor, der seine Ellenbogen auf den Tisch vor sich aufstützte, seine Hände faltete und die ihm gegenüber Sitzenden über diese hinweg aus seinen fast schwarzen Augen ansah.

Sie erwiderte seinen Blick und legte ihren Kopf ein klein wenig schräg. “Hast du eine Freundin?”

Seine Augenbrauen hoben sich und er schüttelte er seinen Kopf. “Nein, habe ich nicht.”

“Und wie lange ist deine letzte Beziehung her?”

Er stockte und sein Blick verfinsterte sich, wich ihrem nun aus. “Das … ist schon sehr lange her, ich kann es dir nicht genau sagen.”

“Hmm.” Mayumi runzelte ihre Stirn, ehe sie seufzte und ihre Hände gefaltet vor sich auf den Tisch legte. “Conny hat mir erzählt, dass deine letzte Beziehung erst vor ein paar Tagen geendet hat. Ich will dir jetzt nicht vorwerfen, dass du mich angelogen hast oder sonstiges, es geht mich an sich auch nichts an, aber egal, was sich hier”, sie deutete zwischen ihnen beiden hin und her, “entwickeln könnte, ich habe keine Lust, nur irgendeine Lückenbüßerin zu sein, ich bin mehr wert als das.”

Seine Augen weiteten sich minimal, ehe er diese schloss und seine Augenbrauen nachdenklich zusammenzog. “Es … geht hier nicht darum, eine Lückenbüßerin zu sein. Ich habe diese Beziehung nicht erwähnt, da es keine wirkliche Beziehung war.”

“Und das bedeutet?” Mayumis Herzschlag nahm einen Takt zu. Sie kannte Elsas Seite der Geschichte, aber nicht die von einem weiteren Beteiligten. Würde er es ihr erzählen? Und wäre er ihr böse, wenn er erfuhr, dass sie die Geschichte bereits kannte?

“Okay, meine Schwester weiß es bisher noch nicht, ich werde noch mit ihr reden müssen. Ich erzähle es dir und dann kannst du selbst entscheiden, was du davon halten willst.”

“Da bin ich mal gespannt.”
 

Viktor runzelte erneut seine Stirn, lehnte sich auf seinem Stuhl nach hinten und legte seine Hände flach auf den Tisch vor sich, seine Finger tippten unsicher auf der Tischplatte hin und her.

“Meine letzte Beziehung war keine richtige Beziehung, es war nur eine Fakebeziehung. Meine beste Freundin und ich haben behauptet, dass wir ein Paar sind, damit wir Ruhe vor Leuten haben, die uns anmachen wollten. Das war nie wirklich etwas ernstes.”

“Und warum das? Ist es für dein Ego nicht toll gewesen, wenn Frauen dich anmachen?” Mayumi war neugierig. Elsa hatte sich zu der Zeit einfach mal auf sich konzentrieren wollen, sich nicht mit Kerlen rumschlagen, vor allem, da sie auch erst eine Beziehung hinter sich gehabt hatte. Aber Viktor? Was war sein Grund gewesen?

“Ich hatte einfach keinen Bock auf eine Beziehung und erst recht nicht auf eine Frau, die nur klammert. Sex finde ich gut, aber dazu braucht man keine Beziehung. Das war der Grund, weshalb ich die Fakebeziehung wollte. Und es hat super geklappt, alle haben uns geglaubt, dass wir ein Paar wären, selbst unsere Geschwister. Wir hatten wirklich unsere Ruhe. Wenn wir angemacht wurden, haben wir einfach behauptet, eine Freundin beziehungsweise einen Freund zu haben und zack, Ruhe.”

“Du hast gesagt, Sex ist dir wichtig. Habt ihr miteinander geschlafen?”

Elsa hatte zwar gesagt, dass es nicht so gewesen war und sie glaubte ihr auch, doch sie war gespannt, wie es Viktor ergangen war.

“Nein, haben wir nicht.” Er verzog sein Gesicht. “Sie war wie eine Schwester für mich, das hätte alles nur mehr als verkompliziert.”

“Und du willst mir jetzt nicht wirklich sagen, dass du solange keinen Sex hattest.”

“Warum? Denkst du, ich hätte aufgestaute Energien? Glaube mir, dann wäre ich nicht hier mit dir essen, sondern würde dich jetzt schon vernaschen.”

Auf diese Aussage wurden Mayumis Wangen rot.

“Das meinte ich gar nicht”, versuchte sie ihre Aussage zu verteidigen.

“Schon gut.” Er lachte und winkte ab. “Es gibt genug Möglichkeiten, an Sex ranzukommen, zumindest für mich. Ich hatte keine Durststrecke, keine Sorge. Aber wenn du denkst, dass ich dringend welchen brauche, ich bin bereit, versprochen. Du musst es mir nur sagen, dann können wir sofort gehen.”

Seine Augen blitzten auf und wieder zog sich alles in Mayumi zusammen. Sie biss sich auf die Unterlippe, ehe sie ihren Kopf schüttelte. “Nein, wirklich nicht. Ich bin nicht nur für Sex zu haben, nur dass du das weißt.”

Sein Gesichtsausdruck änderte sich. Er stellte sich auf, beugte sich über den Tisch und stützte sich mit den Händen ab, ehe er sich ein wenig weiter vorbeugte, sodass sich sein Gesicht dicht vor ihrem befand. “Sex mit mir ist gut, das kannst du mir glauben. Du würdest es bereuen, es zu verpassen.”

Ihre Augen funkelten und sie strich mit ihrer Zunge leicht über ihre Lippen, nahm zufrieden wahr, wie er scharf einatmete. “Sex mit mir ist besser. Doch”, sie legte ihre Hand gegen seine Brust, ließ ihre Fingerspitzen darüber gleiten, spürte die Muskeln unter dem T-Shirt und würde es ihm am liebsten herunterreißen, um ihn genauer betrachten zu können, doch sie riss sich zusammen, legte ihre Hand flach gegen ihn und drückte ihn nach hinten, “ich bin nicht nur für einmal oder mehrmals Sex zu haben. Für mich gehört dazu mehr, also sorry.” Sie zuckte mit ihren Schultern.

In diesem Augenblick kam der Kellner und brachte ihnen die gewünschten Sandwiches und die Getränke. Über die Unterbrechung war Mayumi sehr froh, denn das Thema, zu dem sie und Viktor gedriftet waren, war alles andere als unverfänglich und sie war sich sicher, dass er in ihren Augen fast hätte lesen können, dass sie es am liebsten austesten würde, ob er wirklich so gut im Bett war, wie er behauptete. So nutzte sie die wenigen Minuten, bis der Kellner wieder ging und versuchte sich zu beruhigen.
 

Kaum dass der Kellner ihren Tisch wieder verlassen hatte, sah sie ihren Gegenüber an, der wieder auf seinem Stuhl saß. “Warum hat die Fakebeziehung geendet? Du hast gesagt, sie hat gut funktioniert. Haben du oder dein Fakefreundin sich verliebt? Also du dich in sie oder sie sich sogar in dich?”

“Sie hat sich verliebt, das ist richtig, aber nicht in mich sondern in einen alten Freund. Er war sogar ihre erste Liebe und an sich ist das doch auch wirklich schön, ich hätte es ihr mehr als alles andere gegönnt.”

“Und das bedeutet was genau?” Mayumis Herz zog sich zusammen. Jetzt würde sie erfahren, wie Viktors Sicht auf das alles war.

Er wirkte erneut nachdenklich, sogar etwas unglücklich, als er daran dachte, versuchte Worte zu finden. “Er hat sich auch in sie verliebt und wie gesagt, ich hätte es ihr, ihnen beiden mehr als nur gegönnt. Doch dazu hätte sie es mir sagen müssen, es mir erzählen, anstatt hinter meinem Rücken eine Beziehung mit ihm zu beginnen, eine richtige. Ich habe, seit dem Moment, in dem er wieder in unserem, in ihrem Leben aufgetaucht ist, angeboten, dass wir die Fakebeziehung beenden. Das hatten wir ja sogar so besprochen - wenn wir jemanden kennenlernen, der uns etwas bedeutet, beenden wir die Fakebeziehung, um uns nicht gegenseitig im Weg zu stehen. Immer wieder habe ich sie darauf angesprochen, doch sie hat es immer verleugnet, behauptet, sie würde nichts für ihn empfinden, hat mich angelogen und auch ihn. Und dann … Egal, Tatsache ist, dass sie mich angelogen hat, mir nicht genug vertraut hat. Damit hat unsere Beziehung einen Riss bekommen. Ich weiß nicht, wie ich ihr nochmal vertrauen kann. Als das alles rauskam, habe ich die Fakebeziehung beendet - und auch unsere Freundschaft. Und ich weiß, dass auch ihr Freund sie verlassen hat.” Und obwohl Viktor auf den ersten Blick so wirkte, als wäre das für ihn genau richtig, auch das was er sagte sich so anhörte, so wirkte er auf der anderen Seite trotzdem unglücklich.

Mayumis Herz schlug schneller und alles in ihr zog sich zusammen. Es könnte sein, dass Viktor sie gleich hassen würde und das wollte sie nicht. Irgendetwas in ihr fühlte sich zu ihm hingezogen, gerade zu dieser verletzlichen Seite, die er sicherlich kaum jemanden zeigte. Er hatte noch nicht einmal seiner Schwester, mit der er laut Elsa eigentlich ein enges Verhältnis hatte, die Wahrheit über die angebliche Beziehung von Elsa und ihm gesagt. Vielleicht war das jetzt das letzte und auch das einzige Mal, dass Viktor Zeit mit ihr verbracht hatte. Trotzdem … Mayumi ballte ihre Hände zu Fäusten.

“Elsa bereut es”, gab sie leise von sich.

Die Stille, die an ihrem Tisch plötzlich herrschte, war zum schneiden dick.

“Du … Was?”, brachte Viktor nach einiger Zeit ungläubig hervor.

Unsicher griff Mayumi nach ihrem Glas und drehte es zwischen ihren Händen hin und her, während sie auf die Tischplatte starrte. “Viktor, ich will nicht, dass du denkst, dass ich hier bin, um dich irgendwie auszuhören oder so. Tatsache ist, dass ich Elsa kenne und sie mir die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt hat. Ich bin heute nur zu dem Fußballspiel gegangen, weil ich dich einfach mal ansehen wollte. Sie hat mir so viel Gutes von dir erzählt, was für ein toller Typ du bist und da wollte ich einfach nur schauen. Dass ich mit Conny ins Gespräch komme, war nicht geplant. Auch mit dir wollte ich eigentlich gar nicht reden, geschweige denn, mit dir sogar essen gehen. Aber als du da vorher vor mir gestanden bist, da konnte ich nicht nein sagen. Doch”, sie sah auf, richtete ihren Blick auf seinen, “ich will dich nicht verarschen oder dir nur das Gefühl geben, dich zu verarschen, daher sage ich dir die Wahrheit.”

Erneut herrschte Stille, keiner von beiden sagte etwas. In Viktors Kopf arbeitete es, das konnte man ihm ansehen.

“Ich … kann verstehen, wenn du jetzt gehen willst und mich nie wieder sehen willst. Wenn du aber … also …” Sie stockte, schloss ihre Augen einen Augenblick. “Wenn du mich trotzdem gerne kennenlernen willst, würde ich mich freuen, denn ich würde dich gerne kennenlernen. Nicht nur den tollen Typen aus Elsas Erzählungen, sondern dich selbst.”

Wieder schwieg Viktor, musterte sie, ohne ein Wort zu sagen und langsam wurde es Mayumi unbehaglich und sie rutschte hin und her. Er legte seinen Kopf schräg. “Im Normalfall hätte ich dich hierzu eingeladen, aber ich würde sagen, das hier ist kein Normalfall.”

Seine Gegenüber nickte unsicher. Worauf wollte er hinaus?

“Daher bedeutet das, dass du mich einladen wirst.” Der Ältere nahm sein Sandwich in die Hände, hob es hoch und biss davon ab.

Mayumis Augen waren groß, als sie ihn beobachtete. Was meinte er damit? Da deutete er mit dem Kinn auf ihr Sandwich und schluckte.

“Jetzt los, iss, es schmeckt wirklich gut. Über den Rest reden wir nachher, wenn du mir noch ein Eis spendierst.”

Nun blinzelte sie überrascht, ehe sie nach ihrem Sandwich biss und selbst vorsichtig davon abbiss. Im nächsten Augenblick weiteten sich ihre Augen erneut. Okay, Viktor hatte recht - diese Sandwichs waren wirklich gut.

Kapitel 13

Es war laut, Musik tönte durch die Räume und Flure, viele Menschen bedeutete auch lautes Stimmengewirr, unterschiedliche Unterhaltungen. Dazu noch der Alkohol, der sowieso die verschiedensten Reaktionen hervor rief. Studentenpartys waren eben so eine Sache - entweder mochte man sie oder man mochte sie nicht. Viktor gehörte eindeutig zur ersteren Sorte, auch wenn er schon lange auf keiner dieser Partys mehr war. Aber heute besuchte er eine und das auch nur wegen einer ganz bestimmten Person, die in letzter Zeit viele seiner Gedanken einnahm, womit er wirklich nicht gerechnet hatte, vor allem nicht, was in dieser Hinsicht die letzten Wochen und Monate bei ihm losgewesen war. Er drückte sich durch die Leute hindurch, die sich im Flur ausgebreitet hatten, bis in den großen Gemeinschaftsraum hinein. Sein Blick glitt über die Leute, glücklicherweise war er etwas größer als viele der Anwesenden. Sie hatte gesagt, dass sie heute hier wäre, also, wo war sie? Mit ihren roten Haaren sollte sie doch auffallen! Und dann traf sein Blick auf den der Person, die er suchte, wegen der er hier war. Sofort drückte er sich durch weitere Leute bis zu ihr durch. Sie stand an der Bar, hatte ihren Kopf über ihre Schulter nach hinten gedreht und ihn dabei bemerkt. Ein breites Grinsen erschien auf Viktors Gesicht und er ging an den restlichen Leute vorbei, bis er direkt vor ihr stand.

“Hallo Mayumi”, schnurrte er regelrecht, als er bei ihr ankam.

“Viktor.” Ihre Augen waren riesengroß. Sie hatte nicht mit ihm gerechnet, das war okay, aber warum bitte wirkte sie so, als würde sie sich unwohl fühlen?

“Ich dachte, ich komme auch hierher und wir verbringen ein wenig Zeit zusammen auf dieser Party.”

“Das freut mich”, erwiderte sie unsicher, “und ich freue mich auch wirklich sehr, dich zu sehen, nur ist es heute Abend eher ungeschickt …”

Seine Augen verengten sich und das Grinsen erlosch. “Warum? Triffst du dich mit einem anderen Kerl? Das ist okay, wirklich, nur sag es mir gleich. Ich habe keinen Bock darauf, dass ein anderer Kerl an dem Mädchen dran ist, für das ich mich interessiere.”

Mayumi biss sich auf die Unterlippe. Es war plötzlich, als würde ihn eine schwarze Aura umgeben, er wirkte finster. Und … Ihre Augen weiteten sich erneut. Hatte er gerade wirklich und ernsthaft gesagt, dass er sich für sie interessierte? Natürlich machte er immer zweideutige Andeutungen, wenn sie sich trafen, miteinander redeten oder telefonierten. Auch die ein oder andere schlüpfrige Nachricht war bei ihr eingegangen, doch sie hatte nie wirklich darauf reagiert, wie könnte sie auch? Immerhin war er der Kerl, der eine Fakebeziehung mit ihrer Freundin hatte und ob Elsa es gut finden würde, wenn sie ihr sagen würde, dass sie sich ausgerechnet ein wenig in deren früheren besten Freund verguckt hatte? Nein, das musste wirklich nicht sein, erstmal musste sich das alles klären. Und zudem, heute war wirklich undenkbar schlecht um da weiter darüber nachzudenken.

“Ich bin tatsächlich nicht allein hier, aber es ist anders als du denkst und …”

“Viktor?”, erklang da schon die Stimme ihrer Begleitung.

Der vor Mayumi Stehende wurde tatsächlich etwas blass, ehe er sich herum drehte und die Frau ansah, die hinter ihm stand. “Elsa.”

Sie wirkte sehr unsicher und kaute auf ihrer Unterlippe, während sie ihre Finger vor sich miteinander verflocht und damit herumspielte.

“Ich … wusste nicht, dass du kommen wirst”, sagte sie schließlich.

“Das hatte ich auch gar nicht wirklich geplant. Ich wollte eigentlich nur …” Viktors Blick glitt zu Mayumi, ohne den Satz zu beenden.

Elsa runzelte ihre Stirn, als er erst nicht weitersprach, folgte seinem Blick und dann schien es ihr klar zu werden, was er sagen wollte. Ihre Augen weiteten sich und ihr Mund formte ein leises Oh.

“Ich … ähm, ich werde einfach gehen, dann bin ich niemanden im Weg”, erklärte sie und wollte sich schon umdrehen, als Viktor seinen Kopf schüttelte und sich wieder ihr zuwandte.

“Quatsch, du warst ja mit Mayumi verabredet, also bleibst du hier und ich gehe.”

“Oder ihr bleibt einfach beide da und verhaltet euch wie normale Erwachsene!”, mischte Mayumi sich ein und verdrehte ihre Augen. “Das solltet ihr wohl auf die Reihe bekommen, immerhin kennt ihr euch schon eine Weile, völlig egal, wie eure Fakebeziehung auseinander gegangen ist. Also wie gesagt, seid erwachsen! Und ich muss Taro helfen, daher bis nachher. Mischt euch unter die Leute, redet von mir aus miteinander, aber bringt euch nicht um!”

Und damit verschwand die Person, die der Grund war, weshalb sowohl Elsa als auch Viktor unabhängig voneinander hier auf der Party waren. Die beiden sahen Mayumi noch einen Moment hinterher, ehe sie ihre Blicke aufeinander richteten.

“Sie hat ja eigentlich recht”, murmelte Elsa.

Viktor nickte. “Das hat sie.”

Sie sahen sich noch einen Augenblick an, dann drückte Elsa ihren Rücken durch. “Gut, ich hole mir etwas zu trinken.” Und nun war sie diejenige, die verschwand.

Viktor sah ihr hinterher, blickte auch noch in die Richtung, als sie bereits nicht mehr zu sehen war, da sie von den Massen verschluckt worden war und runzelte seine Stirn. Er hätte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, sie hier zu sehen.
 

///
 

Elsa saß an der aufgebauten Bar auf einem Hocker, in ihren Händen einen Becher mit irgendeinem zusammen gemixten Zeug, das nicht wirklich gut schmeckte, aber das war ihr gerade egal. Dass Viktor hier war, brachte sie durcheinander. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Sollte sie vielleicht mit ihm reden? Oder ihm lieber aus dem Weg gehen? Vermutlich war ihm das sowieso lieber und … In dem Augenblick setzte sich jemand neben sie an die Bar und kaum dass der bekannte Geruch von ihm zu ihr herüber wehte, versteifte sie sich.

“Wie geht es dir, Elsa?”, fragte er und aus ihren Augenwinkeln erkannte sie, dass auch er einen Becher zwischen den Händen hielt, diesen hin und her drehte.

“Ähm.” Verunsichert hielt sie in ihren eigenen Bewegungen inne. “Eigentlich, ganz okay. Also … ging schon besser, aber … ja.” Sie zwang sich, aufzuhören zu reden. Das war doch jämmerlich, was sie da von sich gab. “Und du?”, schob sie schnell nach. Er sollte nicht das Gefühl bekommen, dass ihr das egal war.

“Hmm …”

Anschließend sagte er nichts mehr und Elsa war sich schon sicher, dass es das gewesen war, als er doch noch weiter redete, doch zuvor gab er ein lautes Seufzen von sich.

“Ach Elsa, weißt du, ich vermisse meine beste Freundin zur Zeit wirklich sehr.”

Auf diese Aussage sah sie ihn mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund ungläubig an. Was?

“Weißt du, es gibt da eine Frau, die mich wirklich interessiert, doch ich bin mir nicht wirklich sicher, ob sie sich auch für mich interessiert. Vor allem, sie kennt da eine Geschichte von mir, die mich vielleicht in ein ganz anderes Licht taucht. Also warum sollte sie mich mögen? Mehr als nur als einen Freund? Wenn sie mich überhaupt als Freund mag.”

“Es … geht um Mayumi?”, fragte Elsa leise. Das war also der Grund. Gut, es war zu verstehen, sie war Mayumis Freundin, vermutlich sogar ihre beste, sie sollte diese daher kennen und …

“Ja, Mayumi. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich ausgerechnet mit dir reden will”, unterbrach Viktor ihre Gedanken. “Klar, als ihre Freundin bist du vermutlich die Ansprechpartnerin Nummer eins, aber eigentlich vermisse ich dich als meine beste Freundin, die mich kennt und dir mir gerne mal den Spiegel vorhält. Ich meine, du kennst mich schon ziemlich gut und du hättest mir ordentlich den Kopf gewaschen.” Er wandte sich ihr zu und sah ihr direkt in die Augen. “Ich finde immer noch nicht gut, was du getan hast, ich habe es dir auch nicht verziehen, dass du Mario und mich so gegeneinander ausgespielt hast. Und erst recht frage ich mich immer noch, wie du auf die dumme Idee kamst, ihm zu sagen, dass ich schwul bin!”

Elsa wurde rot und zog ihren Kopf ein. “Ich weiß es auch nicht”, nuschelte sie. “Es ist mir plötzlich rausgerutscht. Und sobald ich ihn wiedergesehen habe, habe ich ihm gesagt, dass ich das nicht hätte sagen dürfen und dass du nicht schwul bist. Aber anscheinend hat er es ganz anders verstanden, als ich es sagen wollte … Aber du hast recht, was ich da getan habe, das war nicht okay, weder dir, noch”, sie musste schlucken und es kostete sie Überwindung, seinen Namen auszusprechen, “Mario gegenüber.” Tränen traten in ihre Augen, wie immer, wenn sie an ihn dachte, was sehr, sehr oft vorkam, ihm gehörte ihr Herz, sie musste an ihn denken, ob sie es wollte oder nicht. “Ich habe wirklich Mist gebaut, euch beiden vor den Kopf gestoßen.” Sie hob ihren Kopf, sah Viktor an. “Es tut mir wirklich unglaublich Leid, was ich da getan habe.”

Er verzog sein Gesicht. “Elsa … ich weiß, dass ich zu einem gewissen Teil eine Mitschuld trage.” Sie verzog ihr Gesicht verwirrt, doch noch ehe sie etwas sagen konnte, hob er eine Hand, um sie am Sprechen zu hindern. “Du hattest ja recht, ich habe dir immer und immer wieder gesagt, dass ich unsere Fakebeziehung mag, wie dankbar ich dafür bin und sie am liebsten nie beenden würde, das war dir gegenüber blöd, natürlich habe ich dich da in eine dumme Situation gebracht und du hast zwischen den Stühlen gesessen. Vor allem, da es doch nur zu offensichtlich war, dass zwischen Mario und dir ziemlich viel war, eure gegenseitige Anziehung war doch regelrecht greifbar. Ich hätte nicht auf dich hören dürfen und vor allem nicht so eigennützig handeln und die Fakebeziehung laufen lassen sollen. Ähm, na gut, was ich eigentlich sagen will, mir tut es auch leid.”

Mit wieder großen Augen sah Elsa ihn an. “Viktor”, brachte sie ungläubig hervor. Sie hätte mit vielem gerechnet, mit Vorwürfen, Wut, Schweigen, aber nicht mit einer Entschuldigung.

“Meinst du, wir könnten wieder Freunde sein?”, fragte er kurz darauf und grinste schief.

Tränen traten in Elsas Augen und sie nickte, während diese über ihre Wangen rollten. “Das wäre schön”, schniefte sie.

Und bereits im nächsten Augenblick riss Viktor sie in seine Arme und hielt sie fest an sich gedrückt. “Das finde ich auch”, murmelte er und schloss seine Augen, hörte Elsa leise schniefen. Er holte tief Luft, dann schob er sie von sich, sah ihr in die Augen. “Und jetzt wo wir wieder Freunde sind, hilf mir, Elsa! Was soll ich mit Mayumi machen?”
 

///
 

Als Mayumi etwas später zur Bar kam, fand sie dort Elsa und Viktor in einem angeregten Gespräch vor. Auf dem Gesicht ihrer Freundin waren Tränenspuren zu erkennen, trotzdem wirkte Elsa sehr gelöst.

“Ihr konntet alles klären?”, fragte sie und trat neben diese, legte ihr einen Arm um die Taille.

Ihre Freundin nickte lächelnd. “Ja, haben wir.”

“Haben wir wirklich. Wir mögen uns wieder. Und du weißt, was das bedeutet, Mayumi?”, erklang die tiefe Stimme des Ältesten.

Diese verzog ihr Gesicht. “Ihr beide gegen mich?”

Viktor deutete auf sie. “Ganz genau.”

“Niemals”, mischte sich Elsa ein und sah die neben ihr Stehende an. “Ich bin auf deiner Seite, immer.”

“Das finde ich gut.” Mayumi lachte und Elsa stimmte gleich darauf ein, während Viktor sein Gesicht verzog.

“Na super, ich befürchte, das bedeutet eher, ihr zwei gegen mich.”

Und sofort nickten die beiden Frauen.

“Oh ja.”

“So was von.”

Er seufzte. “Na ob das schlau von mir war?” Doch dann lächelte er, als er Elsa und Mayumi betrachtete. Doch, ziemlich wahrscheinlich war es das, er war froh, dass er mit Elsa hatte reden können. Und was Mayumi anging, würde er ja sehen, was die Zukunft bringen würde.

Kapitel 14

“Schwesterchen.” Viktor schloss Conny fest in seine Arme, kaum dass diese zur Türe hereingekommen war.

“Danke für die Einladung, Viktor”, erwiderte sie.

“Ja, danke dafür”, meinte auch Gregor und kam hinter seiner Freundin in die Wohnung seines Schwagers in spe eingetreten.

“Klar.”

Die beiden Mannschaftskollegen stießen ihre Fäust aneinander, ehe sie alle gemeinsam ins Wohnzimmer gingen, wo Conny, die vorausgegangen war, abrupt stehen blieb.

“Elsa!”, platzte es aus ihr heraus. “Oh und Mayumi. Was macht ihr beide denn hier?” Mit großen Augen sah sie die beiden jungen Frauen an, die auf dem Sofa gesessen hatten.

“Hallo Conny”, erwiderte Elsa und lächelte schief. Da war die Jüngere schon bei ihr und schloss sie in die Arme.

“Dich hätte ich als letzte hier erwartet.”

“Das glaube ich dir gerne.” Elsa lächelte und erwiderte die Umarmung.

Als Conny diese wieder löste, wandte sie sich Mayumi zu und umarmte diese ebenfalls. “Dich vielleicht noch weniger. Wobei, nein, Elsa weniger.”

Mayumi lachte auf. “Mich trotzdem nicht.”

“Richtig. Ich wusste gar nicht, dass du und mein Bruder so gut miteinander befreundet seid.”

Die Ältere zuckte auf Connys Aussage mit den Schultern. “Das weiß ich auch nicht genau. Ich bin eigentlich wegen Elsa hier, um ihr seelische und moralische Unterstützung zu geben.”

“Was meinst du damit?”

“Wir … Viktor und ich müssen euch etwas sagen”, erklärte Elsa und riss sich zusammen. Das hier war wichtig. Sie hatten ihre Geschwister lange genug angelogen, sie mussten endlich die Wahrheit wissen. In den Augen der Jüngsten blitzte etwas auf und sie sah zwischen ihrem Bruder und ihrer Freundin hin und her. Elsa konnte Hoffnung in ihrem Blick erkennen, daher reagierte sie schnell. Die Wahrheit sollte nicht so herausposaunt werden, wenn sie gerade einfach nur sehr herumstanden, daher: “Okay, wer will einen Kaffee oder Tee?”
 

Etwas später saßen sie auf dem Sofa, hielten jeder seine Tasse in der Hand oder hatten sie auf dem Tisch vor sich abgestellt.

“Also, wir sind hier, weil du mit uns reden wolltest, Viktor.” Conny beugte sich aufgeregt nach vorne. “Sind du und Elsa wieder ein Paar?” Hoffnung stand in ihren Augen.

“Nein, das sind wir nicht.” Viktor und Elsa sahen sich an, ehe der Ältere sich seiner Schwester zuwand. “Und um ganz ehrlich zu sein, wir waren auch nie ein Paar, zumindest nicht so richtig.”

“Ihr … Was?” Verwirrt sah Conny ihn an, man merkte ihr an, dass sie nicht verstand, was er damit sagen wollte.

Viktor nahm Elsas Hand, die neben ihm saß, in seine und drückte sie sanft. “Elsa und ich waren nie zusammen, wir haben das nur behauptet, allen eine Beziehung vorgespielt. Auch euch.”

“Wir wollten euch heute die Wahrheit sagen und uns bei euch dafür entschuldigen”, fügte Elsa der Aussage hinzu.

“Ihr seid was?” Conny sprang auf, als das Gesagte zu ihr durchgedrungen war. “Ihr habt uns monatelang angelogen? Warum das?” Tränen standen in ihren Augen. Elsas zog ihre Hand aus Viktors und streckte sie nach der Jüngeren aus, wollte deren Hand ergreifen, doch Conny wich ihr aus. “Warum habt ihr das getan?”

“Das ist schwer zu erklären”, murmelte Elsa, doch Viktor schüttelte seinen Kopf.

“Ist es eigentlich nicht. Dass Elsa und ich uns für eine Fakebeziehung entschieden haben, liegt daran, dass wir keine Lust hatten, von anderen angemacht zu werden”, richtete er an seine Schwester. “Wir hatten gedacht, wenn wir behaupten, dass wir eine Freundin beziehungsweise einen Freund haben, dann hätten wir unsere Ruhe. Und das hat funktioniert.”

“Aber warum habt ihr es sogar uns nicht gesagt und uns das Ganze vorgespielt? Wir hätten euch doch nicht reingeredet! Wir hätten euch sogar unterstützt.” Conny hatte sich wieder neben Gregor auf das Sofa sinken lassen. Ihre Hand griff nach Gregors, die dieser sanft auf ihr Knie geschoben hatte, um ihr klar zu machen, dass er da war, bei ihr.

“Ehrlich gesagt, es musste echt wirken, so als ob wir wirklich zusammen wären und wir wussten beide”, Elsa sah zu Viktor, ehe sie sich wieder Conny zuwandte, “das wenn du es uns glaubst, dass es uns dann alles glauben werden. Du bist vermutlich mit die intelligenteste und aufmerksamste Person, die ich kenne.”

“Richtig. Und Gregor haben wir es nicht gesagt, weil der es nicht für sich behalten hätte.” Viktors Stimme klang trocken, als er das sagte,

“Was soll das denn heißen?”, fragte dieser sofort aufgebracht. “Ich weiß schon ziemlich lange davon, dass ihr eine Fakebeziehung habt und habe es bis gerade für mich behalten! Ich kann sehr wohl Geheimnisse bewahren!”

Nun sahen alle Gregor mit geweiteten Augen an.

“Was? Woher weißt du das?”

“Wie hast du davon erfahren?”

“Warum hast du mir das nicht gesagt?”

“Also jetzt wird es spannend.”

Elsa, Viktor und Conny wirkten fassungslos, während Mayumi ein Schmunzeln unterdrücken musste.

Der Jüngste von ihnen, auf den alle Blicke gerichtet waren, kratzte sich am Hinterkopf. “Ich habe Mario und Elsa in flagranti erwischt und …”

“Was? Wann das? Und warum hast du es mir nicht gesagt?” Viktor verengte seine Augen zu Schlitzen.

“Oh Gott.” Elsa schlug ihre Hände vors Gesicht.

“Mario? Mario und Elsa in flagranti? Was ist da los?” Conny sah ungläubig nun zwischen den Daichi Geschwistern hin und her.

“Das musst du erklären.” Der Älteste stieß der neben sich Sitzenden in die Rippen. Diese verzog ihr Gesicht kurz vor Schmerz.

“Okay, okay, ich mach ja schon”, murmelte sie und sah unsicher zu Conny, während sie sich über die Seite rieb. “Mario und ich, wir … wir haben …” Aussprechen konnte sie es nicht, denn allein bei dem Gedanken an ihn zog sich alles in ihr zusammen und Tränen traten in ihren Augen, was Conny erschrocken erkannte.

“Elsa, was ist los? Was ist passiert? Hat er dir etwas angetan?”

Die Gefragte schüttelte ihren Kopf, senkte diesen, während sie mit einer Hand die Tränen wegwischte. Mayumi legte ihren Arm um ihre Freundin, die auf deren anderen Seite saß.

“Die beiden haben sich ineinander verliebt. Oder wieder, wie man es sehen will.”

“Das hat Mario mir auch gesagt als ich mit ihm geredet habe, nachdem ich ihn bei Elsa erwischt und gesehen habe, wie die zwei sich küssen. Dass er in Elsa verliebt ist.” Gregors richtete seine Aufmerksamkeit auf Elsa, die auf diese Aussage wieder aussah, als würde sie in Tränen ausbrechen.

“Ich habe ihn auch geliebt”, schluchzte sie leise und legte ihre Hände vors Gesicht, während ihre Schultern bebten. Mayumi strich ihr sanft über den Rücken und flüsterte ihr etwas ins Ohr, während Viktor seine Ex-Fakefreundin besorgt ansah.
 

“Ich will jetzt sofort wissen, was hier genau los ist!”, erklang eine laute Stimme und er blickte erstaunt zu seiner Schwester, die ihre Arme verschränkt hatte und ihn herausfordernd ansah. So kannte er sie nicht. Er nickte.

“Gut, ich erzähle dir, was ich weiß. Elsa und ich haben uns gemeinsam für die Fakebeziehung entschieden und sie hat genau das getan, was wir erreichen wollte - Weiber und Typen von uns ferngehalten. Es hat alles super geklappt und dann hat sie Mario getroffen. Ich habe ihr von Beginn an auf den Kopf zugesagt, dass sie ihn mag, sie hat es jedoch immer verleumdet. Ich habe ihr monatelang angeboten, dass wir die Fakebeziehung beenden können, wenn sie will. Sie hat es abgelehnt und ich habe ihr immer wieder gesagt, wie gut ich unsere Fakebeziehung finde und dass ich froh bin, wenn sie weiterläuft. Tja, hätte ich ihr nicht sagen sollen, denn was ich nicht wusste, war, dass sie schon etwas mit Mario angefangen hatte, dass die beiden eine Beziehung hatten, heimlich und inoffiziell, denn offiziel war sie ja mit mir zusammen. Dadurch, dass ich ständig betont habe, wie toll unsere Fakebeziehung ist, hat sie sich wohl auch nicht getraut, diese wirklich zu beenden. Aber sie hat meine Angebote ja auch nicht angenommen, daher ist es nicht allein meine Schuld. Schließlich kam heraus, dass Elsa mich mehr oder weniger monatelang hintergangen und angelogen hat. Und daraufhin habe ich die Fakebeziehung beendet und auch unsere Freundschaft, da ich nicht verstehen konnte, dass sie nicht ehrlich zu mir war.”
 

Elsa hatte ihre Hände inzwischen sinken lassen, doch auch ihr Kopf war noch gesenkt, sie traute sich nicht, Viktor anzusehen. Er hatte ja recht, sie hatte ihn hintergangen und angelogen. Dass er tatsächlich wieder mit ihr befreundet sein wollte, wunderte sie irgendwie und gerade befürchtete er, dass wenn er sich das alles wieder durch den Kopf gehen ließ, dass er sich doch gegen ihre Freundschaft entscheiden würde, sie könnte ihn verstehen. Und während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, legte sich seine große Hand auf ihr Knie und streichelte sanft darüber. Als sie aufsah erkannte sie, dass er sie ansah und einen Augenblick lächelte, ehe er sich erneut ihren Geschwistern zuwandte, ohne seine Hand zurück zu ziehen.

“Als ich Elsa zur Rede gestellt habe, war ich nicht allein. Mario war ebenfalls dabei. Und als er gehört hat, dass ich ihr mehrmals angeboten habe, die Fakebeziehung zu beenden und sie das abgelehnt hat, hat er die Beziehung zu ihr ebenfalls beendet. Er meinte”, Viktor runzelte seine Stirn, “dass er ihr nicht mehr vertrauen könnte und kein Wort von dem glauben, das sie von sich gibt.”

Nach Viktors letztem Wort herrschte Schweigen. Elsa war es, die es brach.

“Er … hat ja recht. Wie sollte Mario mir jemals wieder irgendwie vertrauen können? Wie soll er mich lieben können?” Und kaum dass Elsa das gesagt hatte, schluchzte sie erneut auf und schlug ihre Hand vor ihren Mund, um jedes weitere Schluchzen zu unterdrücken. Es dauerte kurz, dann hatte sie sich wieder einigermaßen unter Kontrolle. “Vielleicht ist es besser, dass … dass er sich gegen mich entschieden hat. Denn so hat er niemanden, der ihm so vor den Kopf stößt.” Sie schluckte, ehe sie Viktor unsicher ansah. “Ich verstehe es auch immer noch nicht, dass du wieder mit mir befreundet sein willst. Du hast schließlich vollkommen recht - ich habe deine Freundschaft missbraucht, ich habe dich angelogen und dich hintergangen. Also wie …”

Der Ältere unterbrach sie. “Elsa, hör auf damit, dir solche Vorwürfe zu machen. Ich weiß, dass ich eine Mitschuld daran habe. Ja, es ist viel Mist passiert, aber es ändert nichts daran, wenn du jetzt rumheulst, also reiß dich zusammen. Es wird besser werden, alles. Ich hab dich lieb, ja? Und du mich hoffentlich auch!”

Trotz der Tränen in den Augen und den Tränenspuren über den Wangen, musste Elsa lächeln. “Ja, das habe ich auch.”

“Okay … alles ziemlich, ähm, scheiße”, warf Gregor ein.

Das ehemalige Fakepärchen nickte seufzend.

“Du sagst es, Brüderchen”, stimmte Elsa ihm zu.

“Ich gehe mal davon aus”, er sah seine Freundin an, “dass wir beide es ziemlich kacke finden, dass ihr uns angelogen habt”, Conny nickte zustimmend, “und dass das echt nicht okay war. Keine Ahnung, wie wir damit umgehen werden, aber trotz allem tut es mir, vielleicht sogar uns beiden”, erneut sah Gregor Conny an, “leid, wie das alles gelaufen ist und auch, dass das mit Mario anders ausgegangen ist, als ihr beide es euch gewünscht habt, Elsa.”

Diese nickte mit aus Scham roten Wangen.

“Du hast recht, Gregor”, stimmte Conny ihrem Freund zu. “Ich dachte, ihr beide wüsstet, dass ihr beide uns vertrauen könnt. Und ich muss sagen, ich kann Mario sogar ein wenig verstehen. Angelogen zu werden ist verdammt bescheiden, vor allem, wenn es doch nur darum geht, die Wahrheit zu sagen, die doch jeder verstehen könnte und euch keiner wirklich böse nehmen würde. Aber gut, Viktor hat recht, sich darüber aufzuregen und zu streiten ändert nichts daran, was gewesen ist.”

Elsa wirkte erleichtert und auch Viktor wirkte so, ließ es sich aber nur einen kurzen Augenblick anmerken.

“Danke”, richtete er knapp an seine Schwester und seinen Schwager in spe.

“Danke”, gab auch Elsa leise von sich.
 

Conny lächelte sie an, ehe sie wieder ernst wurde und an Elsa vorbei sah. “Trotzdem würde es mich jetzt doch sehr interessieren, wie du hier reinpasst, Mayumi. Du hast vorher gesagt, dass du als Elsas Unterstützung hier bist, aber woher kennt ihr euch? Du hast mir noch nie gesagt, dass ihr euch kennt.”

Mayumi und Elsa wechselten einen kurzen Blick, ehe sich erstere Conny zuwandte. “Entschuldige bitte, dass ich es bisher noch nicht gesagt habe. Ich war mir nicht sicher, ob du mich noch magst, wenn ich für dich nur die Freundin von der angeblichen Ex-Freundin deines Bruders bin.”

“Das macht mir nichts aus. Ich meine, Elsa ist in erster Linie meine Freundin gewesen, erst danach Viktors. Nicht zu vergessen, sie ist Gregors Schwester, wir hätten also immer Kontakt gehabt.”

“Du hast es mir ja auch gesagt, als wir uns das erste Mal getroffen haben. Trotzdem wollte ich etwas vorsichtiger sein.”

“Hättest du nicht müssen. Es ist doch schön, wenn ihr beide Freundinnen seid, dann können wir ja vielleicht auch mal nur etwas zu dritt machen.”

“Das fände ich wirklich schön.”

Mayumi und Conny lächelten sich an, Elsa nickte zustimmend.

“Das fände ich auch toll.”

“Da können wir dann auch mehr dazu erzählen, warum du uns beide jetzt oft im Doppelpack antriffst.” Mayumi deutete auf die neben sich Sitzende und zwinkerte Conny zu.

“Und nicht zu vergessen, Mayumi ist meine Freundin”, erklärte Viktor in diesem Augenblick und sofort wurde er von Conny und Gregor erstaunt angesehen, während Elsa ihn ungläubig ansah und Mayumi nach der erste Überraschung ihren Kopf schüttelte.

“Wir sind nicht zusammen.”

“Ach, nicht?” Viktor grinste breit und man erkannte, dass er diese Aussage nicht ganz ernst gemeint hatte. Nur ein klein wenig eben.

“Wie kommst du bitte darauf? Ich will gerade eigentlich nichts mit einem Typen anfangen.”

“Das kenne ich schon.” Viktor deutete auf Elsa, die das auch gesagt hatte. “Bis eben der richtige Typ auftaucht. Du kannst aufhören zu suchen, ich bin da.”

Mayumi blinzelte mit großen Augen. Was sagte er da?

“Aber gut, mach dir keinen Stress, bis es dir klar ist, bist du reserviert.”

“Ich bin was?”

“Reserviert. Für mich.”

“Ich … ich bin doch nicht reserviert!” Die junge Frau sah ihn ungläubig an Elsa vorbei an. “Hast du sie noch alle?”

“Nein, leider noch nicht. Aber bald gehörst du zu mir, dann ist alles klar.”

“Du … hast sie echt nicht mehr alle.”

“Wie gesagt.”

“Du bist unmöglich, Viktor”, mischte sich Elsa seufzend an.

Auch Conny seufzte. “Ob jetzt echt oder Fake, die Beziehung zu Elsa hat dir auf jeden Fall gut getan. Schade dass das rum ist.”

“Irgendwie muss ich beiden zustimmen. Das war wirklich angenehmer so”, murmelte auch Gregor.

Viktor sah sie der Reihe nach an. “Was habt ihr denn? Ich will doch nur von vorneherein für geklärte Verhältnisse sorgen. Und das bedeutet eben”, er sah Mayumi an, “dass sie weiß, wohin es für sie gehen wird. Und das ist zu mir.” Er beugte sich über Elsas Beine, sah der Frau, die ihn interessierte, genau an. “Zumindest weiß ich, was ich will. Und ich bekomme immer, was ich will …”

Mayumi sah ihn mit geweiteten Augen und offenem Mund an, als er sich wieder seiner Schwester und Gregor zuwandte, diese in ein Gespräch verwickelte. Als Elsa ihr sanft das Knie tätschelte, fand sie wieder zu sich und schloss ihren Mund.

“Er ist gar kein so schlechter Kerl, aber manchmal hat er einen an der Waffel. Es tut mir leid, dass du das jetzt abbekommst.”

Die Angesprochene runzelte ihre Stirn. “Na dann werden wir doch mal sehen, ob er immer bekommt, was er will. Denn ich bekomme auch, was ich will. Und das ist nicht er!”

Elsa sah ihre Freundin noch einen Augenblick nachdenklich an. >Ist das wirklich so?< Und dann wandte sie sich auch dem Gespräch zu, das ihre Runde einnahm. Sie war froh, denn das alles war besser ausgegangen, als sie befürchtet hatte. Sehr viel besser.

Kapitel 15

Mario strich sich durch die Haare, ehe er seine Kappe aufsetzte und diese etwas tiefer zog. Das Training war zu Ende, er freute sich darauf, wenn er nun gehen könnte ohne gleich wieder von irgendwelchen Frauen angemacht zu werden. Nicht, dass er das schon seit seiner Jugend, bereits seit der Grundschule und dem Fanclub dort kannte, doch er mochte es bis heute nicht. Manchmal konnte er es fast ein wenig verstehen, warum Viktor eine Abmachung mit Elsa eingegangen war. Elsa … Sein Herz zog sich zusammen und seine Hand griff erneut nach dem Schirm seiner Kappe. Er wollte nicht an sie denken, es brach ihm jedes Mal das Herz. Und doch konnte er es nicht lassen, sie hatte sich in sein Herz gebrannt, es ganz und gar eingenommen. Und dieses brach es immer wieder aufs neue, wenn er an sie und an ihren Verrat dachte.

“Hey Mario, gutes Trainingsspiel zum Schluss”, erklang eine tiefe Stimme mit einem amüsierten Unterton, die der Angesprochene schon lange nicht mehr gehört hatte.

“Viktor, was machst du denn hier?” Mario blieb stehen, sah diesen verwirrt an.

“Ach, ich dachte, ich schau mal bei vorbei und frage nach, ob deine Mannschaft Lust auf ein neues Spiel gegen uns hat.”

Mario legte seinen Kopf schräg. “Du hättest dazu auch bei unserem Trainer anrufen können, so wie wir auch die letzten Spiele vereinbart haben und hättest nicht persönlich vorbeikommen müssen.”

Sofort winkte Viktor ab. “Ach, dann hätte ich dir das Vergnügen genommen, mich zu sehen. Wäre doch schade gewesen.”

Während der Jüngere nur die Augenbrauen hob, schnaubte die junge Frau, die neben Viktor stand und die Mario erst jetzt wirklich wahrnahm, wobei sie allein durch ihre Haarfarbe eigentlich schon auffiel.

“Was denn?”, wandte sich Viktor ihr zu.

“Du bildest dir echt zu viel ein”, erwiderte sie.

“Ich bilde mir nichts ein. Ich weiß einfach, dass ich gut bin.”

“Ja, ja, von deinem Ego hatten wir es ja schon bei unserem ersten Gespräch”, winkte sie ab und ihr Blick landete neugierig auf Mario, der auch sie fragend ansah.

“Ah, stimmt, ihr kennt euch ja noch gar nicht, nicht im echten Leben.”

Mario runzelte seine Stirn und wollte Viktor gerade fragen, was dieser mit echtem Leben meinte, als der bereits weitersprach.

“Mario, das ist Mayumi, Maya, meine Freundin.”

“Ich bin nicht deine Freundin!” Sie wirkte verstimmt, anscheinend sah sie das ganz anders.

“Okay”, Viktor zuckte mit seinen Schultern, “ich berichtige, sie ist noch nicht meine Freundin! Lange wird das aber nicht mehr dauern, sie ist sozusagen meine Freundin-to-be.”

Mayumi sah ihn ungläubig an und schüttelte ihren Kopf. “Nein, bin ich nicht. Aber okay, Elsa hat mich oft genug vorgewarnt. Du bist unmöglich und hast einen an der Waffel! Aber total!”

Als sie den Namen seiner Ex-Freundin erwähnte, zuckte Mario zusammen. Was hatte Mayumi mit Elsa zu tun? Diese Reaktion hatte Viktor wahrgenommen.

“Hattest du”, er zögerte, “mal Kontakt zu Elsa?”

Sofort schüttelte der Angesprochene seinen Kopf. “Ich … nein.”

“Hmm, okay.” Viktor runzelte seine Stirn, ehe er zu der Bank ging, die an der Seite des Weges stand, auf die Sitzfläche trat und sich anschließend auf die Lehne setzte, ehe er Mario wieder ansah, der ihm zögerlich ein paar Schritte folgte.

“Wie geht es dir denn?”, fragte der Ältere, während auch Mayumi zu ihnen trat und sich kurz darauf neben Viktors Beinen auf die Bank setzte.

Der Stehende schob eine Hand in seine Hosentasche und ballte sie dort zur Faust, während die andere den Griff um die Henkel der Sporttasche festigte, so sehr, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten.

“Es … ging schon besser”, gab er nach einer gefühlten Ewigkeit von sich.

“Wegen ihr?”

“Was willst du hören?”, fragte Mario nun und sah Viktor gerade heraus an.

“Ehrlich gesagt”, der Ältere seufzte, “ich weiß es auch nicht so recht. Vielleicht, dass du inzwischen einen anderen Blick darauf hast? Dass du nochmal nachgedacht hast? Dass du sie immer noch liebst?”

Bei letzterer Frage weiten sich Marios Augen und schnell drehte er seinen Kopf zur Seite. “Es ist doch völlig egal, was ich für sie empfinde. Es ändert nichts daran, dass sie mich angelogen und vielleicht sogar ausgenutzt hat.”

Es herrschte Stille. Mario hatte gesagt, was er auf diese Fragen als Antwort hatte, Viktor schwieg, weil er nicht wusste, was er noch sagen sollte.
 

“Sie bereut es”, unterbrach Mayumis Stimme die Stille, “sie bereut es zutiefst. Sie sagt selbst immer wieder, dass es das Schlimmste ist, was sie hat tun können. Dass sie euch beide angelogen hat, es nicht auf die Reihe bekommen hat, einfach ehrlich zu euch zu sein, den Mund aufzumachen. Dass sie euch beiden so vor den Kopf gestoßen hat und auch, dass sie damit zwei der wichtigsten Personen in ihrem Leben verloren hat. Darunter die Person, die sie über alles liebt.”

“Sie hat gesagt …” Marios Herz setzte einen Schlag aus, ehe es doppelt so schnell weiter schlug. Ja, Elsa und er hatten sich gesagt, dass sie ineinander verliebt waren, aber dass sie wirklich Liebe füreinander empfanden, das hatten sie noch nie laut ausgesprochen, sich nicht gegenseitig gesagt.

Mayumi nickte und lächelte. “Das hat sie. Das war mit das erste, was ich von beziehungsweise über dich gehört habe, dass du ihre große Liebe bist.”

Er runzelte seine Stirn. “Woher kennst du sie? Ich habe deinen Namen noch nie zuvor gehört. Wenn sie dir das alles erzählt, dann müsstet ihr ja doch schon enger befreundet sein, oder?”

Viktor schnaubte belustigt, während Mayumi erneut nickte, immer noch lächelnd.

“Das sind wir. Dass du noch nie etwas von mir gehört hast, liegt an einem ganz einfachen Grund, der auch schnell erklärt ist. An dem Abend, nein, eher in der Nacht, in der ihr beide sie, nennen wir es verlassen habt”, sie deutete erst auf Mario, zeigte dann auf Viktor neben sich, ohne diesen anzusehen, “bin ich durch den Park gelaufen und dort saß sie weinend auf einer Bank. Da ich mir Sorgen gemacht habe, dass ihr etwas passiert ist, bin ich zu ihr und habe gefragt, ob alles in Ordnung ist. Ich habe befürchtet, dass sie sagt, dass ihr irgendetwas angetan wurde, Gewalt, Überfall, anderes in diese Richtung. Stattdessen erzählt sie mir davon, dass sie mit ihrem besten Freund eine Fakebeziehung hatte, ihre erste Liebe wieder aufgetaucht ist und sie sich wieder in ihn verliebt hat. Sie sich nicht getraut hat, ihrem Fakefreund vor den Kopf zu stoßen und die Fakebeziehung zu beenden, diesen dadurch im Stich zu lassen.” Aus den Augenwinkeln konnte Mayumi zufrieden erkennen, dass Viktor schuldbewusst seinen Kopf zwischen die Schultern zog und wandte sich wieder Mario zu. “Und sie hat sich nicht getraut, das ihrem inzwischen tatsächlichen Freund zu sagen, den sie dadurch auch vor den Kopf gestoßen hat, obwohl sie ihn so sehr liebt und weiß, dass er es nicht verdient hat, dass sie so ein Angsthase ist.”

Zweiterer betrachtete sie mit großen Augen. Elsa hatte das einfach so einer Fremden erzählt?

“Und wenn du jetzt denkst, das war einfach so eine Ausheulsache zwischen Elsa und mir, nein, war es nicht. Wir haben uns angefreundet, sehr gut sogar. Ich würde sie, trotz der kurzen Zeit, in der wir uns kennen, als meine beste Freundin bezeichnen. Mit ihr kann ich über alles reden, ich muss mich nicht das geringste bisschen verstellen, sie mag mich so, wie ich bin und das bedeutet mir sehr viel. Und ich weiß, dass es ihr auch so geht. Wenn ich das so sehe”, ein spitzbübisches Schmunzeln erschien auf Mayumis Zügen, “dann hat sie an diesem einen Abend euch beide gegen mich eingetauscht und ich behaupte, dass sie damit auf jeden Fall den besseren Deal gemacht hat.”

“Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich meine, da gibt es immer noch mich und gegen mich anzukommen ist sehr, sehr schwer.” Viktor hob seine Augenbrauen und grinste zufrieden.

“So gesehen hat sie vermutlich wirklich den besseren Deal gemacht”, warf Mario trocken ein.

Das Gesicht des Älteren entgleiste, ehe auch er schmunzeln musste und seinen Kopf schüttelte, sich wieder der neben sich Sitzenden zuwandte. “Das heißt, wenn ich dich haben will, muss ich Elsa loswerden? Denn du bist quasi mich und Mario losgeworden und …”

“Du wirst mich niemals bekommen.” Mayumi schüttelte entschieden ihren Kopf. “Außerdem verbindet Elsa und mich etwas ganz anderes, als euch.”

“Tut mir leid dir zu widersprechen, aber Elsa und mich verbindet ebenfalls Freundschaft, ich bin ihr bester Freund. Und der Kerl da”, er deutete auf Mario, der dem Gespräch verwundert lauschte, “zu dem muss ich gar nichts sagen, denn der läuft auf einer ganz anderen Skala.”

“Tja, dann muss ich vielleicht sagen, dass es gut ist, dass ihr beide schon weg wart, da es sonst nicht so gelaufen wäre?”

“Richtig, Maya, denn hättest du sie da nicht heulend im Park angetroffen, dann würdet ihr euch vermutlich gar nicht kennen.” Viktor legte seine Hand auf ihre Schulter und streichelte sanft mit seinem Daumen über diese.

“Aha. Vielleicht hast du da recht, aber ich hätte ihr diesen Schmerz wirklich gerne erspart. Ihr habt sie damals nicht gesehen, sie war ein Häufchen Elend.”
 

“Verstehe ich das eigentlich richtig”, mischte Mario sich ein und sah den Älteren an, unterbrach damit das Gespräch zwischen diesem und Mayumi, “dass du dich mit Elsa ausgesprochen hast?” Und wieder zog sich sein Herz zusammen, als er ihren Namen aussprach. Oh Gott, er vermisste sie unglaublich und wünschte sich, dass er bei ihr sein könnte.

Der Angesprochene sah auf und nickte. “Ja, das haben wir. Ich weiß inzwischen, dass ich auch eine gewisse Teilschuld habe. Das hatte sie ja auch zu mir gesagt, ich habe immer wieder gesagt, wie toll ich unsere Fakebeziehung finde, wie sehr sie mir den Arsch rettet, lauter solche Sachen. Natürlich hat sie sich nicht getraut, das zu beenden. Aber trotz allem hätte sie von vornherein offen mit mir reden müssen. Und dir zu sagen, dass ich schwul bin, finde ich immer noch echt bescheiden!”

Auf den letzten Teil der Aussage begann Mayumi laut zu lachen. “Das feier ich immer noch am allermeisten. Du und schwul. Ich habe keine Ahnung, wie sie darauf kam, aber es ist super lustig!”

Mit gehobenen Augenbrauen sah Viktor auf die neben ihm Sitzende hinunter. “Was genau willst du damit sagen?”

Sie grinste breit. “Viktor, wenn jemand nicht schwul ist, dann du. Das merkt man doch schon an deiner Ausstrahlung.”

Nun grinste auch Viktor, diese Aussage gefiel ihm doch sehr gut. “Eben. Ich bin nicht schwul und ich bin gerne bereit, es dir zu beweisen.”

“Das ist mir klar”, erwiderte Mayumi trocken.

Marios Mundwinkel zuckte. “Da hätte ich doch eine kurze Frage.” Beide wandten ihre Aufmerksamkeit ihm zu. Er deutete zwischen ihnen hin und her. “Sicher, dass ihr kein Paar seid? Denn so wirkt ihr schon die ganze Zeit auf mich.”

“Was? Nein, sind wir nicht!” Mayumi schien entsetzt zu sein.

“Sage ich doch schon die ganze Zeit.” Viktor hingegen wirkte sehr zufrieden mit der Aussage, während Mario seinen Kopf in den Nacken legte und lachte. Die beiden munterten ihn wirklich auf!
 

Mayumi betrachtete den jungen Mann, den Elsa als ihre große Liebe betitelte. Er wirkte sehr nett, sympathisch, sah zu dem ausgesprochen gut aus, das konnte sie nicht abstreiten. Auch wenn … ihr Blick streifte den neben ihr Sitzenden. Schnell zwang sie ihren Blick wieder nach vorne. Nein, sie musste aufhören, so etwas zu denken. Viktor bildete sich sowieso schon zu viel ein, da konnte sie ihm nicht noch den Platz als bestaussehenden Mann den sie kannte einräumen! Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Mario. Auch wenn er gerade lachte und gelöst wirkte, so merkte man ihm an, dass es ihm wohl nicht wirklich gut ging. Seine Augen hatten nicht gestrahlt, er hatte niedergeschlagen gewirkt. Und so, wie sie jede seiner Reaktionen auf Elsas Name oder Aussagen, die sie betrafen, beobachtet hatte, vermutete sie stark, dass das an ihrer besten Freundin lag. Er hatte vorher auch nicht abgestritten, dass er noch etwas für diese empfand und als sie gesagt hatte, dass Elsa ihn liebte, hatte er so erstaunt, erfreut und einen kurzen Augenblick sogar überglücklich gewirkt, doch sofort hatte sich das wieder geändert und als er dann gesagt hatte, dass es egal war, was er für sie empfand, war klar, dass er mit ihrem Vertrauensmissbrauch ihm gegenüber immer noch sehr zu kämpfen hatte. In dem Moment wurde Mario wieder ruhig und war auf einmal ganz ernst.

“Und jetzt seid ehrlich. Warum seid ihr hier? Sicher nicht, nur um einen Termin für ein Spiel unserer Mannschaften auszumachen, Viktor. Es geht sicher um”, er stockte einen Moment, ehe er sich wieder gefangen hatte, “Elsa.”

Okay, schlau war er auch, er schien wirklich ein gutes Gesamtpaket zu sein. Mayumi nickte, wurde ebenfalls ernst. “Ja, damit hast du recht, es geht um Elsa. Wir wollten dich darum bitten, dass du mit ihr redest. Dass ihr beide die Sache besprechen könnt, sie klären, vielleicht sogar ganz aus der Welt schaffen. Es geht ihr nicht gut, sie vermisst dich und macht sich starke Vorwürfe. Es würde ihr gut tun. Vielleicht auch dir.”

“Warum sollte ich das tun? Ich weiß nicht, was es bringen soll.”

“Mario, es geht auch dir bescheiden.” Als sich Marios Augen weiteten, legte Mayumi ihren Kopf schräg. “Ich habe deine Reaktionen sie betreffend gesehen, Mario. Und auch wenn du sagst, es ist egal, was du empfindest, so bin ich mir sicher, dass da noch etwas ist, dass du noch etwas für sie empfindest. Und wenn es nur ein ganz klein wenig ist, so bitte ich dich, triff sie und rede mit ihr! Es kann auch dir nur gut tun. Wer weiß, vielleicht ist es ja die Chance für einen Neuanfang. Oder ein Abschluss. Egal wie es danach weitergeht, es ist eine Möglichkeit, dass es euch beiden besser gehen kann.” Sie sah ihn bittend an, hoffte darauf, dass er zusagte, dass er mit Elsa reden würde. Beide brauchten das!

Er zögerte, dachte nach, kaute dabei auf seiner Unterlippe herum, ehe er seinen Kopf zur Seite drehte, um ihren Blicken auszuweichen. “Ich werde es mir überlegen.” Er sah Viktor an. “Und wenn du einen Termin für ein neues Spiel ausmachen willst, melde dich bei meinem Trainer.” Anschließend richtete er sich an Mayumi. “Es war schön dich kennenzulernen, Mayumi. Und es ist schön, dass du so hinter Elsa stehst, eine Freundin wie du tut ihr sicherlich gut.” Er trat einen Schritt zurück und nickte beiden zu. “Macht es gut.” Damit drehte er sich herum und ging davon.

Mayumi und Viktor sahen ihm hinterher, erstere geknickt, sie hatte mit mehr gerechnet.

“Oh man”, murmelte sie enttäuscht. Als ihre Schulter erneut sanft gedrückt wurde, sah sie auf.

“Alles gut, Maya. Ich denke, er wird sich in den nächsten Tagen bei mir melden. So wie er reagiert hat, bin ich mir sicher, er empfindet noch sehr, sehr viel für Elsa. Und jetzt komm, machen wir uns auf den Heimweg. Und vorher lade ich dich noch zum Abendessen ein. Ich weiß, dass es hier in der Nähe ein tolles Sushi-Restaurant geben soll.”

Mayumi erwiderte seinen Blick. “Hoffentlich hast du recht. Na gut, dann lass uns gehen, das Sushi-Restaurant hört sich gut an.” Sie stand auf und drehte sich zu ihrem Begleiter herum. “Aber denke nur nicht, dass das hier jetzt ein Date ist!”

Enttäuscht blickte Viktor ihr hinterher, als sie davon ging. “Oh man”, murmelte er, dann machte er, dass er ihr folgte.

Kapitel 16

“Jetzt komm schon, wir sind viel zu spät dran.”

“Jetzt hetz mal nicht so, Maya.” Elsa folgte ihrer Freundin kopfschüttelnd. “Was hast du es denn so eilig? Ein großer Fußballfan warst du bisher nicht.” Abrupt blieb sie stehen. “Willst du jetzt etwa doch etwas von Viktor?”

Jetzt blieb auch die vor ihr Laufende stehen und schüttelte mit großen Augen ihren Kopf.

“Was? Nein! Nein, wirklich nicht.”

Ihre beste Freundin verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. “Ach, tatsächlich? So wie du gerade Stress machst, gibt es einem aber schon das Gefühl, als würde da mehr dahinter stecken. Also?”

“Mensch Elsa!” Mayumi stemmte ihre Hände in die Hüften. “Du weißt genau, dass er mir an sich gefällt, aber erstens, ist er verdammt anstrengend und viel zu sehr von sich selbst überzeugt. Zudem ist er manchmal echt irre! Und ein Grund, von dem ich nicht wirklich weiß, ob er überhaupt zählt, er ist dein Ex-Fakefreund.”

Nun lachte ihre Freundin auf und trat zu ihr. “Betonung liegt auf Fake. Und ansonsten, das weiß ich doch. Es macht trotzdem Spaß, dich mit ihm aufzuziehen, dann werden deine Wangen immer so schön rot. Aber im ernst, Maya, ich war nicht unglücklich darüber, nicht mehr die, angebliche, Freundin eines Fußballers zu sein. Mal nicht bei allen Spielen dabei sein zu müssen, ist echt schön.”

“Das kann ich mir vorstellen. Ist Conny immer dabei?”

“Sie versucht es zumindest.”

“Vielleicht müssen wir drei einfach mal ein Gegenprogramm starten. Irgendwas unternehmen, zusammen.”

“Ich bin dabei, mal abgesehen davon, dass ich ja sowieso nicht mehr zu den Spielen muss.” Elsa zwinkerte und die beiden Frauen nahmen den Weg zum Fußballfeld wieder auf, auf dem Viktors und Gregors Mannschaft heute gegen eine andere spielte. Gegen wen wusste Elsa bisher nicht, eigentlich hatte sie auch nicht vorgehabt, zu dem Spiel dazuzustoßen, doch Mayumi hatte sie überredet. Anscheinend hatte Viktor ihr so von diesem Spiel vorgeschwärmt, dass sie es unbedingt sehen wollte und hatte dann so lange auf ihre beste Freundin eingeredet, bis diese zugesagt hatte, mitzukommen. Und jetzt waren sie zu spät dran. Tja, wenn man erst eine halbe Stunde vor Spielbeginn anrief und der Gesprächspartner noch im Bett lag, dann war es eben Pech, dass man es nicht rechtzeitig schaffte.

“Vielleicht sagst du ihm einfach mal, dass du ihn zwar magst, aber ihn auch blöd findest.”

“Ich sag ihm höchstens das Zweite”, murrte Mayumi auf die Aussage ihrer Freundin, während der Fußballplatz vor ihnen auftauchte, ebenso die vielen Zuschauer, die um den Platz herumstanden und die beiden Mannschaften lautstark anfeuerten. Das Spiel schien wirklich spannend zu sein. “Komm mit, Conny wollte uns einen Platz ganz vorne reservieren.” Mayumis Hand schloss sich um Elsas und zog diese durch die Leute mit sich bis zur Bande, wo sie bereits erwartete wurden.

“Conny”, rief sie, kaum dass sie diese entdeckte und winkte ihr zu.

Elsa folgte ihr schmunzelnd und kopfschüttelnd. Sie war wirklich froh und dankbar, dass Mayumi in ihr Leben getreten war und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie sie wirklich gebraucht hatte. Ohne sie würde sie sich vermutlich immer noch in ihrem Zimmer verkriechen und niemanden sehen wollen. Vermutlich hätte sie sich auch nicht mit Viktor versöhnt. Eigentlich fehlte ihr nur noch eine einzige Person in ihrem Leben, um wirklich glücklich werden zu können.

“Hallo Conny”, begrüßte sie die Jüngere ebenfalls, als sie bei ihr ankamen und ließ ihren Kopf über das Feld vor sich wandern. Als sie zum Tor der Gegner sah, stockte ihr Herz und ihr wurde anders. Alles zog sich zusammen und ihre Augen weiteten sich, auch ihr Mund stand offen, als ein Blick aus dunklen Augen auf ihren traf.
 

///
 

“Vorsicht da vorne! Deckt die Nummer 10 besser, er ist gefährlich, das habe ich oft genug gesagt!”, schrie Mario über das Fußballfeld und bemerkte, dass auf diesen Ruf ein Grinsen auf Gregors Zügen erschien, ehe er wieder ernst wurde.

“Gordon!”, rief der Mittelstürmer dem weiteren Stürmer zu und passte diesem den Ball zu.

“Nikko, deck Gordon, ähm, die Nummer 8. Und Seji, bleib an Gregor, der Nummer 10 dran!”

Doch Gordon hatte die Verteidiger schnell ausgespielt und dann war er schon vor dem Tor und schoss. Mario stieß sich ab, streckte eine Hand aus und wehrte den Fußball mit der Faust ab. Sobald er auf dem Boden landete, rappelte er sich bereits wieder auf, den Ball hatte er nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Er kannte seinen ehemaligen besten Freund und Mittelstürmer. Gregor ließ niemals locker! Er hatte den ersten Ball zwar abgewehrt, aber dieser war noch heiß und das bedeutete, dass die Gefahr noch sehr, sehr groß war. Und er behielt recht, denn da erfolgte schon der nächste Schuss. Alles deutete darauf hin, dass Gregor in die rechte Ecke spielte und Mario wandte sich dorthin, wollte sich bereits abdrücken, kaum dass Gregor sein Bein nach vorne durchzog. Doch Mario hielt doch inne und streckte seine Arme aus. Bereits im nächsten Moment hielt er den Ball zwischen den Händen und grinste Gregor äußerst zufrieden an, über dessen Gesicht sich Enttäuschung zog, ehe er ebenfalls breit grinste.

“Der nächste”, rief er und deutete auf den Torwart, ehe er sich herum drehte und zurück lief, begleitet von Gordon.

“Das glaube ich nicht”, rief Mario ihm zu und schoss den Ball ins Mittelfeld zu seinen Mannschaftskollegen.

Während sich alles nun im Mittelfeld abspielte, behielt er den Fußball die ganze Zeit über in den Augen, war die ganze Zeit über hochkonzentriert. Das hier, das war es, was ihn ablenkte, was seinen Kopf auf etwas anderes brachte, als darauf, immerzu an Elsa denken zu müssen und sie zu vermissen. Es war ihm jetzt schon klar, dass es ihm nachher wieder bescheiden gehen würde, dass er sie nicht aus seinem Kopf bekommen würde. Seit dem Besuch von Viktor und dessen Freundin, noch-nicht-Freundin oder niemals-Freundin, was wusste er schon, war es sogar noch schlimmer geworden, dabei hätte er nicht erwartet, dass es noch eine Steigerung geben könnte.
 

Nach einem versuchten Angriff auf Viktors Tor, waren Gregor und Gordon wieder mit dem Fußball auf dem Weg zu Marios Tor. Dieser grinste breit, ging leicht in die Knie und hielt seine Hände vor sich, bereit, den Ball zu halten. Sollten sie es sich doch trauen. Sein Blick huschte einen kurzen Moment zur Seite und dort … Seine Augen weiteten sich, sein Herz setzte einen Augenblick aus, ehe es doppelt so schnell zu schlagen begann. Was … was machte sie hier? Er bemerkte eine Bewegung neben sich, spürte den Luftzug, als etwas an ihm vorbeiflog, doch er konnte sich nicht rühren. Sein Blick war auf Elsa gerichtet, die auch ihn mit großen Augen von der Seite des Fußballfeldes aus ansah. Warum war sie hier?

“Alles okay?”, drang Gregors Stimme besorgt zu ihm durch.

Mario blinzelte verwirrt, als er ins Hier und Jetzt zurückfand. Langsam drehte er sich herum und sah den vor ihm Stehenden an. “Was?”

“Mario, was ist los? Du hast auf einmal so abwesend gewirkt. Hast du das gerade gar nicht mitbekommen?” Der Jüngere deutete neben dem Torwart auf den Boden.

Als dieser seinen Blick dorthin richtete, erkannte er den schwarzweißen Fußball, der gerade wieder über die Torlinie rollte. Was? Gregor hatte ein Tor geschossen? Wann das? Sein Blick richtete sich wieder zur Seitenlinie, wo Elsa immer noch stand. Eine Hand lag vor ihrem Mund, der andere auf ihrem Bauch.

“Oh”, erklang da Gregors Stimme verstehend. Als er Marios Blick gefolgt war und dort seine Schwester erkannte, war es dem Jüngeren klar, was seinen Gegenüber so abgelenkt hatte, dass er sich nicht mehr hatte konzentrieren können. Er trat zu diesem und legte ihm eine Hand auf die Schulter, zwang ihn dadurch, ihn anzusehen. “Okay Mario, ich kann verstehen, was los ist und was dich so ablenkt, aber das jetzt gerade ist der falsche Zeitpunkt dafür! Also reiß dich jetzt zusammen! Du kannst nachher mit ihr reden oder was weiß ich, küss sie von mir aus, wenn du sie immer noch magst, aber deine Gedanken haben jetzt ganz und gar hier zu sein!”

Marios Wangen liefen rot an. Sie küssen? Doch der Jüngere hatte recht, er konnte sich später immer noch Gedanken über sie machen, was er sowieso hätte. “Okay.”

“Ist hier alles in Ordnung?”, fragte der Schiedsrichter, der zu ihnen stieß.

Gregor wandte sich Mario zu, der zustimmend nickte, auch wenn es sich nicht ganz so anfühlte.

“Ja, ist es.”

“Dann bitte, weitermachen.” Der Schiedsrichter deutete auf den Fußball und anschließend auf das Fußballfeld vor dem Tor. “Jetzt.”

“Natürlich.” Mario bückte sich nach seinem Ball, während der Schiedsrichter wieder zurück ging.

Gregor sah ihn noch einen kurzen Augenblick an, ehe er ebenfalls ins Mittelfeld zurück lief. Mario hob den Fußball, warf ihn ein Stück hoch und beförderte ihn mit einem Tritt zu seinen Mannschaftskollegen. Sein Blick wanderte erneut zu Elsa, die nun mit der Frau neben sich, die er als Mayumi identifizierte, zu streiten schien. Nein, er durfte sich jetzt keine Gedanken über sie machen. Sein Blick richtete sich nach vorne und er fokussierte sich auf das Spiel. So ein Fehler durfte ihm nicht noch einmal unterlaufen.
 

///
 

Elsas Blick war immer noch auf Mario gerichtet. Auch sie nahm es kaum wahr, dass der Fußball an ihm vorbeiflog und im Netz hinter ihm landete, ohne dass er sich auch nur regte. Als er von Gregor angesprochen wurde und dadurch den Blickkontakt zu ihr löste, konnte auch sie sich wieder rühren. Trotzdem lag ihr Blick unverändert auf ihm, nahm seinen Anblick in sich auf. Ihr Herz schlug so unglaublich schnell und in ihr kämpften zwei unterschiedliche Gefühle um die Oberhand. Zum einen freute sie sich so unglaublich, ihn zu sehen, es machte sie glücklich. Am liebsten würde sie zu ihm gehen und sich ihm in die Arme werfen, ihn küssen und einfach nur bei ihm sein. Auf der anderen Seite wusste sie, was sie getan hatte, was der Grund dafür war, dass sie genau das nicht mehr tun durfte. Er hatte sich von ihr getrennt, weil er nicht mehr mit ihr zusammen sein konnte und auch nicht wollte. Wieso also sollte er sie jemals wieder in den Arm nehmen wollen, ihr sagen, dass er etwas für sie empfand? Es war allein ihre Schuld, dass alles zwischen ihnen beiden kaputt war. Sie drückte ihre Hand auf den Mund, als ein Schluchzen aufzusteigen drohte, ihre andere Hand drückte sie gegen ihren Bauch. Genau in dem Moment sah er sie erneut an. Und wieder war es Gregor, der dafür sorgte, dass ihr Blickkontakt abbrach. Ihr Kopf fuhr zu den neben ihr Stehenden herum.

“Habt ihr es gewusst? Habt ihr gewusst, dass er hier ist?”, fuhr sie Mayumi und auch Conny ein wenig an.

“Natürlich wusste ich, gegen wen Gregor und mein Bruder spielen. Aber ich dachte, du wüsstest das auch.” Die Jüngste runzelte verwundert ihre Stirn.

Elsa sah Mayumi an. “Du! Du hast das eingefädelt!”

Diese deutete auf das Fußballfeld. “Du denkst, dass ich ein Fußballspiel einfädeln kann? Mit einer Mannschaft, die ich nicht einmal kenne?”

Kurz war Elsa verunsichert und zögerte, ehe sie heftig nickte. “Du und Viktor, ihr beide schreibt euch regelmäßig! Ihr beide habt das sicherlich gemeinsam ausgeheckt. Und Viktor hat als Kapitän die Möglichkeit, Spiele zu vereinbaren. Das schreit regelrecht nach euch beiden!”

“Ich kann ihr nicht widersprechen.”

“Sei ruhig Conny”, murrte Mayumi über ihre Schulter, ehe sie sich wieder ihrer besten Freundin zuwandte. “Elsa, wir haben das doch nicht böse gemeint, ganz im Gegenteil. Es geht dir nicht gut, du weinst so oft. Sobald sein Name auch nur fällt, treten dir die Tränen in die Augen. Du musst mit ihm reden, ihr müsst die Sache abschließen. Und entweder findet ihr wieder zusammen oder ihr könnt endgültig abhaken. Du brauchst das, Elsa.”

Diese hob ihre Hände an ihren Kopf und schüttelte diesen erneut. “Maya, ich weiß nicht … ich …”

“Sie hat recht”, erklang Connys sanfte Stimme und sie sah ihre Freundin ernst an. “Du musst die Sache zu einem Abschluss bringen. Ich kenne dich jetzt schon so lange. Du machst dir sicherlich jeden Tag Vorwürfe, überlegst, was du zu ihm sagen würdest, wenn du wieder auf ihn triffst. Und auch, wie du dich bei ihm entschuldigen kannst, hab ich recht?”

Elsa ließ ihre Hände sinken und Tränen traten in ihre Augen. “Aber wie soll ich … ich weiß nicht, was ich … ich weiß doch nicht …”

Ein Arm legte sich um sie und schon wurde sie von Mayumi in eine Umarmung gezogen. “Du musst es auch nicht wissen. Es wird alles von selbst kommen, glaube mir bitte.” Mayumi löste sich von Elsa, umgriff mit beiden Händen deren Wangen und sah sie direkt an. “Es wird alles werden, du schaffst das. Ich glaube an dich.”

Der Blick wurde unsicher erwidert, dann schlossen sich die Augen mit flatternden Augenlidern. “Wir werden sehen”, murmelte sie, ehe sie ihren Kopf zur Seite drehte und auf das Fußballfeld und zu dem Mann sah, der all diese Gefühlsregungen in ihr anrichtete.

Kapitel 17

Wie auch die letzten Male, gingen die beiden Mannschaften nach dem Fußballspiel, das Viktors und Gregors Mannschaft gewonnen hatte, gemeinsam etwas essen. Es waren auch einige der früheren Kickers-Spieler dabei, die als Zuschauer zu dem Spiel gestoßen waren. Selbstverständlich waren auch Conny und Mayumi mit von der Partie. Elsa hatten sie nach langem Zureden überreden können, mitzukommen. Auch Viktor und sogar Gregor hatten sich dafür eingesetzt und ihr gut zugeredet, so dass sie schlussendlich gar nicht hätte ablehnen können. Nun saß sie an einem der langen Tische in Kevins Restaurant, das wegen der vielen Teilnehmenden für sie reserviert worden war, zumindest hatte Kevin sich darum gekümmert. Elsa umklammerte das Glas, das vor sich stand, hielt sich regelrecht daran fest. Ihren Blick hielt sie durchgehend darauf gerichtet, weigerte sich, ihn zu heben, um nur nicht dem von Mario zu begegnen, der am gleichen Tisch saß. Alles in ihr war angespannt und ihr Herz schlug unglaublich schnell, er war ihr so nahe.

“Nein, ich bin nicht deine Freundin, Viktor!”, ertönte Mayumis Stimme laut und aufgebracht neben ihr, als dieser sie wieder einmal so vorgestellt hatte.

“Das ist nur noch eine Frage der Zeit, mein Herz. Warum lässt du das Unvermeidbare nicht endlich zu?”, erwiderte er und man konnte seiner Stimme anhören, wie amüsiert er war.

“Ich weiß nicht, warum du das nicht endlich lässt! Ich sage es dir wieder und wieder. Zudem macht es das nicht besser oder dich interessanter, Viktor!”

“Mayumi, Liebes. Ich bekomme immer, was ich will. Und das bist nun mal du.”

“Tja, wo die Liebe hinfällt”, tönte Gordon, der neben Viktor saß und zwinkerte Mayumi zu.

Bei diesem Satz sah Elsa nun doch auf blickte direkt in Marios Augen, die in diesem Augenblick auch auf sie gerichtet waren. Sie erstarrte, ehe sie ihre Hände von ihrem Glas löste und aufsprang, dabei ihren Stuhl nach hinten schob.

“Ich … ich … muss kurz”, brachte sie stockend hervor, ehe sie sich herum drehte und davon stürmte.

“Elsa.” Auch Mayumi wollte aufstehen, wurde jedoch zum einen von Conny auf ihrer anderen Seite sowie von deren Bruder ihr Gegenüber aufgehalten.

“Nicht”, sagte die Jüngere leise.

“Bleib sitzen”, gab auch Viktor leise von sich und deutete zur Seite, wo Mario saß und Elsa nachsah. Man konnte erkennen, dass es in diesem arbeitete und noch ehe jemand etwas sagen konnte, sprang auch er wortlos auf und folgte Elsa aus dem Raum auf die Terrasse des Restaurants hinaus.
 

Elsa begab sich ins Freie, wo sie noch ein paar Meter lief, ehe sie stehen blieb. Mit der Hand wischte sie sich die Tränen von den Wangen. Wie sollte sie das überstehen, wenn er da war, nur ein paar Meter, vermutlich weniger, von ihr entfernt? Das ging doch nicht. Vielleicht sollte sie sich mit irgendeiner Ausrede verabschieden und nach Hause gehen. Doch, das war das Beste. Für sich selbst und er würde es sicherlich genauso empfinden. Sie atmete tief ein, ehe sie sich umdrehte und sofort erstarrte. Ihre Augen weiteten sich und sie schnappte nach Luft. Was tat er hier? Mario ließ seine Hand wieder sinken, die er gerade nach Elsa ausgestreckt hatte und ballte sie zu einer Faust.

“Ich”, begann er, brach aber wieder ab, wusste nicht, was er sagen wollte. “Ich wollte nur”, murmelte er und sein Blick huschte über ihr Gesicht, bemerkte die rot umrandeten Augen und auch die Tränenspuren auf ihren Wangen, die sie wohl wegzuwischen versucht hatte, doch trotzdem waren sie noch zu erkennen. Er drehte sich herum. “Ich … ich hole besser jemand anderen. Conny oder Viktor. Oder deine Freundin, vielleicht Gregor.”

Er war nur zwei Schritte gegangen, als ihre leise Stimme dafür sorgte, dass er wie angewurzelt stehen blieb.

“Es tut mir leid, Mario.”

Langsam drehte er sich wieder um. Elsa wirkte völlig verunsichert, hatte ihre Arme um sich geschlungen.

“Es tut mir leid, was ich getan habe”, wiederholte sie, als ihre Blicke sich trafen. “Es war wirklich nicht in Ordnung von mir, dich anzulügen, zu behaupten, dass ich mit Viktor alles kläre und dass ich die Fakebeziehung mit ihm nicht einfach beenden kann. Dass ich nicht einfach mit ihm geredet und sein Angebot angenommen habe. Es war dir gegenüber mehr als unfair und ich kann verstehen, weshalb du mich hasst. Es tut mir auch leid, dass ich hier bin. Ich … ich werde gleich gehen.”

Sie senkte ihren Kopf, wollte an Mario vorbeilaufen, der nach ihren Arm griff und sie festhielt. Kaum dass er sie berührte, durchzuckte ein Blitz ihn. Auch sie riss ihren Kopf mit geweiteten Augen hoch. Hatte sie es auch gefühlt? Schnell ließ er seine Hand sinken, steckte diese in seine Hosentasche, die andere ebenso.

“Du … musst nicht gehen, bleib einfach”, murmelte er und wich ihrem Blick aus.

Es herrschte Stille, ehe sie ihren Kopf schüttelte. “Ich kann nicht bleiben. Es ist zu viel, dich zu sehen, zu wissen, dass du da bist und ich … Es geht einfach nicht.”

“Was genau willst du damit sagen?”

Elsas Herz nahm einen weiteren Takt zu, als sich der Blick aus seinen dunklen Augen auf sie legte, ihren Blick festhielt.

“Ich … ich …”, brachte sie stotternd hervor. Was sollte sie ihm sagen? Sie biss sich auf die Unterlippe. Vermutlich wäre die Wahrheit das Beste, sie hatte ihn lang genug angelogen. “Es ist zu viel, in deiner Nähe zu sein. Es tut weh, hier.” Ihre Hand legte sich auf ihre Brust, in der Höhe ihres Herzens. “Ich weiß, dass ich schuld daran bin, dass du dich von mir getrennt hast und ich kann es verstehen, ich hätte vermutlich nicht anders gehandelt. Und trotzdem tut es immer noch unheimlich weh und ich kann nicht aufhören, an dich zu denken und dich zu vermissen. Es war der größte Fehler meines Lebens, dass ich nicht ehrlich gewesen bin, weder zu dir, noch zu Viktor und damit habe ich euch beide verloren. Doch dein Verlust war und ist für mich viel schlimmer, als dass ich die Freundschaft zu Viktor verloren habe. Du darfst das nicht falsch verstehen, auch das war schrecklich, aber dass du nicht mehr Teil meines Lebens bist, hat mein Herz zerbrochen, hat mich zerbrochen. Und es schmerzt bis heute. Daher gehe ich und lasse dich hier mit deinen Freunden feiern. Oder … nicht feiern, ich meine, ihr habt verloren und …” Elsa wurde klar, dass sie ins Plappern gekommen war und schloss erschrocken ihren Mund, presste die Lippen fest aufeinander. “Ich gehe”, brachte sie noch hervor und drückte sich an Mario vorbei, der mit offenem Mund dastand und ihr ungläubig hinterher sah.

Jedes einzelne ihrer Worte hatte etwas in ihm angerührt. Nein, nicht etwas. Sie fühlte dasselbe wie er. Sie vermisste ihn, es ging ihr nicht gut, weil er nicht mehr da war. Ihr Herz war gebrochen. Sie hatte immer noch Gefühle für ihn, da war er sich sicher. Und er hatte noch Gefühle für sie. Aber das alles änderte nichts daran, oder? Ja, sie hatte sich entschuldigt, hatte gesagt, dass es der größte Fehler war, den sie je in ihrem Leben gemacht hatte, aber wer sagte, dass das beim kleinsten Problem zwischen ihnen nicht noch einmal passieren würde? Dass sie ihn anlog, ihm nicht die Wahrheit sagte? Es war genau dieser Gedankengang, der ihn daran hinderte, ihr hinterher zu laufen, sie aufzuhalten und ihr zu sagen, dass sie bleiben sollte. Und es war der Grund, dass er sie nicht aufhielt und sie einfach küsste, ihr zeigte, was er für sie empfand, immer noch, nach all dem, was passiert war.
 

Elsa lief zu ihrem Platz zurück und griff nach ihrer Jacke und ihrer Handtasche.

“Schlussendlich haben wir es unserer lieben Elsa hier zu verdanken, dass wir gewonnen haben, nicht wahr?”

Auf Viktors Aussage sah sie verwirrt auf.

“Was?”, fragte sie nicht sonderlich intelligent.

“Na hättest du Mario nicht im passenden Moment abgelenkt, hätte Gregor kein Tor schießen können und daher …” Viktor brach seinen Satz ab, als er den verweinten Gesichtsausdruck seiner besten Freundin erkannte. “Elsa, was ist los?”, fragte er besorgt. War es doch keine so gute Idee gewesen, dass Mario ihr allein hinterher war? Dabei hatten sie das doch gedacht, die beiden hätten sich einfach aussprechen und am besten als Paar wieder hereinkommen sollen. Die Angesprochene senkte ihren Kopf wieder und antwortete nicht auf seine Frage.

“Ich gehe lieber nach Hause”, erklärte sie und nahm ihre Sachen hoch. “Viel Spaß euch noch.” Damit drehte sie sich herum und ging davon.

“Elsa, warte”, rief ihr ihre beste Freundin hinterher und folgte ihr zugleich. Im Vorraum des Restaurants hatte Mayumi sie eingeholt. “Elsa, was ist los? Hat Mario irgendetwas blödes gesagt? Hat er dich verletzt.”

Während sie in ihre Jacke schlüpfte, schüttelte Elsa ihren Kopf. “Nein, nicht wirklich.” Sie hielt inne, überlegte, was sie sagen sollte und seufzte leise. “Ich habe mich bei ihm dafür entschuldigt, was ich getan habe, dann bin ich gegangen.”

“Was hat er gesagt?”

“Nichts.”

Mayumi hob ihre Augenbrauen. “Was?”

“Er hat nichts gesagt.”

“Elsa, warum hat er nichts gesagt? Du hast dich entschuldigt und er sagt nichts dazu? Entgegnet kein Wort? Was ist das denn für ein Idiot! Auf eine Entschuldigung reagiert man doch! Man lässt die nicht einfach so im Raum stehen und …”, regte die Ältere der beiden sich auf, wurde jedoch von Elsa unterbrochen, die ihr eine Hand auf die Schulter legte.

“Maya, ich habe ihm keine Chance gegeben zu reagieren. Ich bin direkt gegangen …”

Kurz herrschte Stille, in der Mayumi ihre Stirn runzelte. “Okay, nochmal zu mitschreiben. Du hast dich entschuldigt und bist dann davon gestürmt?”

Elsa nickte mit roten Wangen.

“Mensch Mädchen!” Zweitere warf beide Hände in die Luft und schüttelte genervt ihren Kopf. “Das hat doch nichts mit aussprechen und mit der Sache abzuschließen zu tun! Es ist schön und gut, sicherlich auch mehr als wichtig, dass du dich bei ihm entschuldigt hast, aber du musst ihm auch die Chance geben, etwas dazu zu sagen.”

Die Augen ihrer Gegenüber blitzten auf. “Im Endeffekt ist das doch egal, oder? Er hätte etwas sagen oder mich aufhalten können! Doch er hat es nicht! Im Gegenteil, er hat mich gehen lassen und das sagt schlussendlich alles aus. Er hätte die Chance gehabt, etwas zu sagen. Dass er weder das eine noch das andere getan hat, ist Aussage genug. Und ich kann das hier nicht, ich kann nicht mit ihm in einem Raum sein, geschweige denn gemeinsam an einem Tisch sitzen und so tun als wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen.”

“Das verlangt doch keiner von dir. Es wäre nur gut, wenn …”

“Wenn was, Maya?” Tränen liefen über Elsas Wangen. “Einfach so zu tun, als wäre alles okay? Das kann ich nicht, denn das ist es nicht.” Sie schloss ihre Augen, wischte die Tränen erneut weg. “Hör zu, ich will keinem die gute Laune verderben. Ich gehe nach Hause und du, ihr alle hier genießt das einfach.”

Mayumi streckte eine Hand aus, schloss diese um Elsas und drückte diese sanft. “Soll ich mitkommen? Wir können Eis essen, uns auf dein Sofa verkrümeln und einen Film schauen. Von mir aus eine guten Thriller oder etwas anderes, was auch immer du magst.”

Ein kurzes Lächeln erschien auf Elsas Zügen und sie schüttelte erneut ihren Kopf, ehe das Lächeln wieder verschwand. “Maya, genieß die Zeit hier einfach. Versuche dich nicht zu viel von Viktor provozieren zu lassen, provoziere ihn nicht und verbring auch ein wenig Zeit mit Conny, sie freut sich doch, dass du da bist.”

“Aber ohne dich ist es nicht dasselbe. Und ich kann bezüglich Viktor nichts garantieren, der macht mich noch verrückt!”

“Verrückt verliebt?” Trotz dessen, dass in Elsa gerade die Gefühle überkochen zu drohten, konnte sie diese Frage nicht unterdrücken und auch das Schmunzeln nicht.

Mayumi erstarrte und nun war sie es, die ihren Kopf wie wild schüttelte. “Auf keinen Fall! Hörst du? Auf gar keinen Fall.”

“Naja, zumindest bin ich mir meiner Gefühle zu Mario bewusst. Dir sollte auch bewusst werden, was du empfindest. Bis dahin solltest du versuchen, Viktor nicht zu töten.”

Und während Elsas beste Freundin sie unglaublich ansah und nicht wusste, wie sie reagieren sollte, nutzte erstere den Moment und machte, dass sie davon kam.
 

“Diese …!”, knurrte Mayumi, als sie endlich wieder Worte fand. “Na gut, musst du selbst wissen”, murmelte sie, ehe sie sich herum drehte und wieder zu den Fußballern zurückkehrte. Vor der Türe, durch die man auf die große Außenterrasse gelangen konnte, auf der Elsa und Mario gewesen waren, stand Viktor bei Mario und schien auf diesen einzureden. Was ersterer wohl zu sagen hatte? Nun gut, sie würde es schon noch mitbekommen. Mayumi zuckte mit ihren Schultern und ging zurück zu dem Tisch, an dem sie gerade noch gesessen hatte. Als sie sich auf ihren Stuhl sinken ließ, beugte sich Conny zu ihr herüber.

“Wo ist Elsa?”, flüsterte diese.

Mayumi wandte sich der Jüngeren ebenfalls zu. “Nach Hause. Sie hat sich bei Mario draußen vor der Türe entschuldigt, dann ist sie auf und davon, ohne dass er was sagen konnte, sie hat ihm keine Chance dazu gelassen. Wobei sie gemeint hat, dass er sie ja hätte aufhalten können. Da er das nicht gemacht hat, ist es wohl eindeutig, was er damit aussagen will. Tja.”

“Oh man. Sollen wir zu ihr gehen?”

Die Ältere biss sich kurz auf die Unterlippe, ehe sie seufzte. “Ich habe ihr angeboten, dass ich mitkomme, wir einen Film schauen und Eis essen können. Wollte sie nicht. Sie meinte ich soll lieber hier bleiben und”, sie zögerte, “mich nicht von Viktor provozieren lassen.”

“Was dir wahrscheinlich schwer fallen wird.”

“Was soll das denn jetzt heißen?”

Conny lachte leise auf. “Dass er ganz genau weiß, wie er dich provozieren kann und du jedes Mal darauf reinfällst. Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, ihr beide seid ein Paar. Und wenn ich euch beide so sehe, dann frage ich mich, wie ich ein dreiviertel Jahr lang davon überzeugt war, dass Elsa und er zusammen sind. Ihr beide, also du und mein Bruder, ihr passt viel besser zusammen.”

Mayumis Augen schlossen sich zu schmalen Schlitzen und gerade als sie ansetzen und antworten wollte, erklang eine tiefe Stimme hinter ihr.

“Du sagst es, Schwesterchen. Ich weiß auch nicht, warum sie es nicht endlich einsieht.”

“Weil … weil …” Mayumi war regelrecht erstarrt, ehe sie kurzerhand nach ihrer Handtasche unter ihrem Stuhl griff und nach ihrer Jacke, die über der Lehne hing. “Weil es Männer gibt, die mich viel mehr interessieren!”, zischte sie Viktor an, der daraufhin seinen Kopf schräg legte.

“Sag mir einen Namen, Mayumi. Nur einen. Von einem Mann, der besser zu dir passen würde, als ich.”

“Alle, Viktor. Alle Männer würden besser zu mir passen, als du. Und jetzt noch viel Spaß.” Und damit rauschte sie an ihm vorbei.
 

///
 

Elsa hatte sich in gemütliche Klamotten geworfen, eine Jogginghose und einen großen Hoodie, dessen Kapuze sie über ihren Kopf gezogen hatte. Als es an ihrer Türe klopfte, hob sie verwundert ihren Kopf. Sie erhob sich von ihrem Sofa und trat zur Zimmertüre, die sie öffnete. Als sie die Person erkannte, die davor stand, weiteten sich ihre Augen erstaunt.

“Männer sind einfach nur dämlich”, zischte Mayumi, drückte sich dabei an ihrer besten Freundin vorbei und dieser eine Tüte aus einem Laden in die Hände.

Elsa sah ihr noch kurz hinterher, ehe sie einen Blick in die Tüte warf. Eiscreme. Und damit wusste sie, was sie beide nun noch tun würden. Sie schloss die Türe und folgte ihrer Freundin ins Zimmer hinein.

Kapitel 18

Mario lag auf seinem Rücken in seinem Bett und starrte im Dunkeln zur Decke hinauf. Er konnte einfach nicht schlafen. Der Tag war zu aufwühlend gewesen. Immer wieder musste er an Elsa denken, das musste er sowieso schon immer viel zu viel, aber heute ... Sie plötzlich zu sehen, in ihre wunderschönen Augen zu blicken, das hatte ihn komplett aus dem Konzept gebracht. Und wie Viktor gesagt hatte, war sie schon auch irgendwie der Grund dafür gewesen war, dass er den Fußball nicht hatte aufhalten können, der Grund für das 0:1, mit dem seine Mannschaft schlussendlich verloren hatte. Doch er konnte nicht ihr die Schuld dafür geben, nur sich selbst. Er hätte sich zusammenreißen müssen, er war es doch, der sich von ihr nicht so hätte ablenken lassen dürfen. Aber wie hätte er es nicht sein können? Er hatte sie so lange nicht gesehen. Sie war immer noch so wunderschön und sein Herz hatte ganz andere Takte angenommen. Dass er das Spiel überhaupt noch ohne ein weiteres Gegentor überstanden hatte, wunderte ihn immer noch. Immer wieder hatte er aus den Augenwinkeln nach ihr gesehen, danach, ob sie noch da war. Und dann war sie auch mit in Kevins Restaurant gekommen, natürlich, wie hätte es auch nicht so sein können? Wenn er ganz ehrlich war, dann hatte er doch sowieso damit gerechnet, dass sie heute da wäre. Es war mehr als wahrscheinlich gewesen. >Wirklich?<, meldete sich eine leise Stimme in seinem Kopf. Es hätte auch gut sein können, dass sie nicht aufgetaucht wäre, nicht, wenn er doch auch da war. Doch sie war gekommen - und wieder geflohen. Hatte sie es vielleicht gar nicht gewusst, dass Viktors Mannschaft gegen seine spielen würde? Er würde es Viktor zutrauen, immerhin war dieser ja erst vor ein paar Wochen bei ihm gewesen und hatte ihm auch gesagt, dass er sich wieder mit seiner besten Freundin versöhnt hatte. Seine, Marios, Vermutung war gewesen, dass der Ältere etwas im Schilde geführt hatte. Und dessen Begleitung, Mayumi, so hieß sie, war wohl Elsas beste Freundin, wenn er es richtig verstanden hatte, diese steckte mit Viktor sicherlich unter einer Decke. Von wegen, da lief nichts. Zwischen den beiden bestand doch eine sicherlich genauso starke Anziehung wie zwischen ihm und Elsa … Nein, stopp! Zwischen ihnen hatte eine Anziehung bestanden und … Ach verdammt, er sollte aufhören, über sie nachzudenken! Aber wie sollte das gehen? Er hatte sie heute wieder gesehen und alles was er sich gewünscht hatte, war sie in seine Arme zu ziehen, sie fest an sich zu pressen, sie zu küssen und …

“Argh!” Mit einem verärgerten Laut drehte Mario sich herum und drückte sein Gesicht in sein Kopfkissen, während er seine Hände rechts und links daneben zu Fäusten ballte. Was sollte er nur tun? Kaum dass er die Augen schloss, sah er sie vor sich. Und auch ihr Geruch war wieder frisch in seiner Nase. Gerade sah er sie deutlich vor seinem inneren Auge. Alles in ihm zog sich zusammen. Die Tränen in ihren Augen, wie sie ihn so verzweifelt angesehen hatte, ja, er hatte sie gerne in den Arm nehmen wollen, ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde. Ihr sagen, dass er sie liebte … Sie hatte sich bei ihm entschuldigt, damit hatte er nicht gerechnet. Doch sie hatte es getan und auch wenn er es nicht laut gesagt hatte, es hatte ihm etwas bedeutet. Er wollte ihr ja verzeihen, er wollte alles vergessen. Er wollte ihr sagen, dass er sie liebte, sie wieder an seiner Seite haben. Aber wie sollte er vergessen, was sie getan hatte? Was, wenn so etwas … ach, egal was, wenn wieder etwas passieren würde? Würde sie ihm wieder alles verschweigen, ihm gegenüber irgendwelche Sachen behaupten?

Er drehte sich murrend wieder zurück auf den Rücken, starrte erneut an die Decke hinauf. Sie hatte ihm gegenüber doch eindeutig angedeutet, dass sie auch noch etwas für ihn empfand - oder? Hatte er da etwas falsch verstanden? Er war wie erstarrt gewesen, als sie plötzlich an ihm vorbei gerannt war. Als er sich dann endlich wieder hatte rühren können und ebenfalls von der Terrasse wieder hinein gegangen war, hatte Viktor ihn direkt an der Türe abgefangen. Ein Seufzen entkam dem Liegenden. Der Ältere hatte von ihm wissen wollen, was er getan, zu Elsa gesagt hatte und als er daraufhin geantwortet hatte, dass er nichts getan hatte, wurde ihm genau das von Viktor vorgeworfen: dass er nichts getan hatte. Dabei wäre es doch so einfach gewesen, ihr einfach zu sagen, dass er noch etwas für sie empfand. Als er daraufhin erwidert hatte, dass er einfach nicht wusste, was wäre, wenn es mal wieder Probleme gäbe, hatte Viktor einfach nur abgewunken und gemeint, dass Elsa so etwas sicherlich nicht noch einmal zulassen würde. Würde sie das wirklich nicht? Da war er sich eben nicht sicher.

“Verdammt, verdammt, verdammt”, knurrte Mario und drückte sich beide Hände rechts und links gegen die Ohren, wünschte sich, dass er das Gedankenkarussell in seinem Kopf endlich ausstellen könnte. Doch es ging nicht, es hörte einfach nicht auf. Warum konnte er nicht endlich aufhören, an Elsa zu denken? >Weil du sie liebst<, ertönte wieder diese leise Stimme in seinem Innern. Und ehe er darüber nachdenken konnte, setzte er sich auf und griff nach seinem Handy. Er entsperrte das Display und ging in seine Nachrichten. Er suchte nach dem Kontakt und tippte eine Nachricht, die er gleich darauf absandte. Anschließend legte er das Handy wieder zurück, sich selbst wieder hin und schloss seine Augen. Jetzt musste er einfach schlafen können.

Gleich darauf schreckte er wieder hoch, griff erneut nach seinem Handy und öffnete die Nachricht wieder. Verdammt, was hatte er da gerade getan? Hoffentlich konnte er die Nachricht noch löschen! Doch die beiden blauen Haken unten in der Ecke der Nachricht zeigten ihm an, dass diese bereits gelesen wurde, er war zu spät. Oh Gott, was hatte er da getan?
 

///
 

Elsa seufzte leise. Sie hasste es, wenn sie nicht schlafen konnte. Ob es an der auf einem Futon auf dem Boden Liegenden und Schlafenden lag? An dem vielen Eis, das sie verdrückt hatte? Oder an dem komischen Film? Sie schüttelte ihren Kopf. Nein, sie wusste doch eindeutig, an was, beziehungsweise an wem es lag. Als ihr Handy im Dunkeln neben ihr aufleuchtete und den Eingang einer neuen Nachricht anzeigte, griff sie nach dem Gerät und entsperrte das Display. Sie erstarrte und ihr Herz nahm einen Takt zu, als sie erkannte, von wem die Nachricht war. Sie zögerte einen Augenblick, dann öffnete sie die Nachricht und ihr Herzschlag wurde noch stärker, als sie sie las.
 

An: Elsa

Von: Mario

Es geht nicht nur dir so.
 

///
 

“Aber was meint er damit?” Elsa lief Furchen in ihr Zimmer, während sie in dem kleinen freien Bereich zwischen Bett, Schreibtisch und Sofa, auf dem Mayumi saß, Kreise zog.

Ihre Freundin runzelte ihre Stirn und las die Nachricht auf Elsas Handy erneut.

Es geht nicht nur dir so.

“Will er damit sagen, dass er immer noch an mich denkt? Dass er mich vermisst? Oder dass es ihm zuviel war, mich zu sehen? Dass es ihn auch immer noch schmerzt, dass wir uns getrennt haben? Dass er auch zerbrochen ist oder nur sein Herz? Oder dass er auch gegangen und nicht geblieben ist? Steckt da mehr dahinter oder … oder nicht?”

“Ich habe keine Ahnung, Elsa.” Mayumi zuckte mit ihren Schultern und hob ihren Kopf zu ihrer Freundin, die stehen geblieben war.

“Ich glaube, ich drehe hier noch durch!” Elsa fuhr sich mit ihren Händen in die langen Haare und raufte diese. “Ich drehe wirklich durch. Maya, hilf mir!”

Diese wurde hilfesuchend angesehen.

“Okay, warte, zumindest einen Teil können wir klären.” Ein kurzer Griff nach ihrem eigenen Handy und schon hatte Mayumi einen Nummer gewählt und stellte auf Lautsprecher.

“Mayumi, Süße. Hast du Sehnsucht nach mir?”, ertönte eine tiefe Stimme.

“Das hättest du wohl gerne”, erwiderte diese.

“Du bist es, die mich anruft. Was sollte sonst der Grund dafür sein? Soll ich zu dir kommen? Gib mir nur eine Viertelstunde und …”

“Das ist es nicht, wirklich nicht, Viktor.” Mit einem Augenrollen unterdrückte Mayumi eine unfreundliche Aussage. “Ich will eigentlich nur wissen, ob Mario gestern geblieben oder auch gegangen ist.”

“Häh? Ne, der ist geblieben und dann mit seiner Mannschaft zusammen gegangen. Hast du etwa gedacht, dass er zu Elsa ist?” Viktor klang verwundert.

“Nein, da bin ich. Ich wollte nur wissen, ob er geblieben ist.”

“Ach so. Ne, ist er nicht. Da fällt mir ein, Maya”, Viktors Stimme bekam einen anderen Unterton, “du hast mir gestern keinen Namen genannt, wer besser zu dir passen würde als ich. Und alle ist leider keine Aussage, also passe wohl nur ich zu dir.”

Das Gesicht der Angesprochenen verzog sich und Elsa sah sie verwundert an. Doch plötzlich grinste erstere breit. “Oh doch, Viktor. Da fällt mir schon jemand ein.”

Was würde jetzt kommen? Elsa hob ihre Augenbrauen gespannt.

“Und wer, Maya? Ich verspreche dir, niemand passt so gut zu dir wie ich und nur wir beide …”

“Hättest du mir Gordons Nummer? Ich mag ihn und ich glaube, ich gefalle ihm auch ziemlich gut. Schick sie mir einfach, dann kann ich mit ihm ein Date ausmachen. Und danke schonmal.”

Damit beendete Mayumi das Telefonat und kaum dass sie das getan hatte, brach Elsa in lautes Gelächter aus.

“Dir ist klar, dass er das nicht auf sich sitzen lassen wird?”, brachte sie hervor.

Ein Schulterzucken folgte auf diese Frage. “Das ist mir doch egal, soll er denken, was er will. Vielleicht lässt er mich jetzt in Ruhe.”

Wieder hob Elsa ihre Augenbrauen. “Du hast ihn die letzten Monate doch kennengelernt, oder?”

Ein Seufzen ertönte und Mayumi ließ sich nach hinten auf das Sofa sinken. “Ja, habe ich. Und daher weiß ich, dass er nervt …”

“Er würde dich nicht so nerven, würdest du ihn nicht mögen.” Elsa ließ sich neben ihre Freundin auf das Sofa sinken.

Erst herrschte Schweigen, dann knurrte diese leise. “Okay, ich gebe zu, meine ersten Gedanken, als ich ihn das erste Mal live gesehen habe, waren, dass er noch besser aussieht, als auf den Bildern von dir. Und ja, vielleicht habe ich mich ein wenig zu ihm hingezogen gefühlt, vielleicht, aber nur vielleicht, ist das auch noch heute so. Aber er ist manchmal einfach so … so anstrengend. Und er provoziert mich doch am laufenden Meter!”

“Nur, weil du dich provozieren lässt. Er macht das doch nur, um deine Aufmerksamkeit zu erlangen. Und es funktioniert ja auch, du springst auf jede Aussage an. Er mag dich halt. Ganz ehrlich, so habe ich ihn noch nie erlebt.”

“Du hast ihn so nicht erlebt, weil du in einer Fakebeziehung mit ihm warst und er in der ganzen Zeit keinerlei Interesse an anderen Frauen gezeigt hat.”

“Vielleicht hast du wiederum damit recht.” Elsa seufzte und lehnte sich nach vorne, vergrub ihre Wangen in ihre Hände und stützte sich mit den Ellenbogen auf ihren Knien ab. “Aber ich bin nicht weiter, was Mario angeht.” Wieder nahm die Unsicherheit in ihr zu, die durch das Telefonat und das Geplänkel zwischen ihren besten Freunden etwas nach hinten gedrängt worden war.

“Doch, ein wenig.” Auch Mayumi lehnte sich nach vorne. “Immerhin weißt du jetzt, dass Mario nicht nach Hause gegangen ist. Damit bleiben für “es geht nicht nur dir so” noch folgendes übrig: Herz gebrochen, schmerzt ihn oder du warst zu viel und er ist froh gewesen, dass du gegangen bist.”

“Du bist doch so eine dumme Kuh”, kreischte Elsa und griff nach dem Kissen neben sich auf dem Sofa, das sie ihrer Freundin mit voller Wucht ins Gesicht schlug.

“Elsa!”, rief diese ungläubig.

“Du sollst mich unterstützen und nicht mich weiter runterziehen! Das ist deine Aufgabe als meine beste Freundin, Mayumi Hino!”

“Und deine, mich nicht umzubringen, denn sonst kann ich dir auf keinen Fall helfen!”

“Dann hilf mir gefälligst auch!” Alles an Elsa sackte zusammen. “Was soll ich nur tun, Maya? Was soll ich tun?” Und dann legte sie ihre Hände vor ihr Gesicht und die Tränen begannen zu laufen.
 

///
 

Als es fast zehn Minuten später an ihrer Türe klopfte, erstarrte Elsa und auch Mayumi sah verwundert in die Richtung. Die Bewohnerin, die sich inzwischen beruhigt hatte, ging unsicher zu der Türe und öffnete diese. Wer war dort? War es Mario? Und schon zog sich alles in ihr zusammen. Gleich darauf drängte sich Viktor an ihr vorbei.

“Ist sie noch da?”

“Häh?” Elsa sah ihm verwirrt hinterher.

Doch der Ankömmling ignorierte sie. Vor Mayumi blieb er stehen und sah sie verzweifelt an.

“Ist das dein ernst dass du Gordon magst? Mehr als mich? Warum ausgerechnet er? Was magst du mehr an ihm als an mir?”

Die Angesprochene blinzelte ungläubig. Er musste sich direkt nach dem Telefonat mit ihr auf den Weg gemacht haben und gerannt sein, denn sonst könnte er nicht jetzt schon hier sein! “Was?”

“Hör zu, Mayumi. Ich mag dich, ich mag dich wirklich! Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du mit einem anderen …”

Weitersprechen konnte er nicht, denn da hatte Mayumi ihm eine Hand auf den Mund gelegt.

“Du bist echt so ein Vollidiot!”, brachte sie hervor, ehe sie nach seinem Kragen griff und seinen Kopf so zu sich herunter zog, ehe sie ihre Lippen auf seine legte.

Elsa sah den beiden mit geweiteten Augen zu, ehe sie sich abwandte. Sie freute sich zwar für die beiden, aber es schmerzte auch in ihrem Herzen, denn die beiden hatten schlussendlich das, was sie verloren hatte und das durch ihre eigene Schuld. Aber … sie musste es klären! Ohne dass Mayumi und Viktor es mitbekamen, ging sie an ihren Kleiderschrank und verzog sich gleich darauf in ihr Bad. Als sie wieder herauskam, hingen die beiden immer noch aneinander. Elsa nahm ihre Jacke und ihre Handtasche, griff auch nach ihrem Handy und verließ gleich darauf ihr Zimmer. Hoffentlich blieben die beiden von ihrem Bett weg, aber zur Sicherheit sollte sie es heute Abend frisch überziehen. Kaum dass sie das Studentenwohnheim verlassen hatte, schlug sie den Weg zu Bahnhof ein. Sie würde die Antworten auf ihre Fragen nur bekommen, wenn sie diese der richtigen Person stellen würde, der einzigen, die die Antworten kannte. Und das würde sie jetzt tun.

Kapitel 19

Mario joggte durch den Park, vorbei an Pärchen, die gemeinsam auf Bänken saßen, zusammen und Händchen haltend spazieren waren. Miteinander lachend, sich verliebt ansehend. Verdammt, gab es vielleicht auch noch anderes? Er war bereits heute Vormittag eine Runde draußen gewesen oder sagte man eher heute Morgen? Diese Nacht hatte er kaum ein Auge zubekommen. Erst hatte er generell wegen Elsa und ihrem Aufeinandertreffen, dem was sie gesagt hatte, schlafen können und seine Nachricht, die er ihr geschrieben hatte, hatte ihm den Rest gegeben. Um kurz nach halb sechs hatte er es aufgegeben, zu versuchen endlich einzuschlafen und war eine Runde raus gegangen. Er hatte es nicht mehr Zuhause und in seinem Zimmer, in seinem Bett, in dem er auch schon mit Elsa gelegen und ganz andere Dinge getan hatte, ausgehalten. Aber es hatte nicht gereicht, einfach nur spazieren zu gehen, es reichte nicht, in auszupowern, alle Gedanken schweifen zu lassen. Spoiler: hatte das Joggen auch nicht wirklich. Wenn er gleich heimkommen würde, würde er erst duschen und anschließend seine Mutter fragen, ob diese eine Aufgabe für ihn hatte. Vielleicht musste man ja in der Apotheke etwas machen, da hätte er sogar noch eine sinnvolle Aufgabe. Wobei, hatte sie nicht auch demletzt mal gesagt, dass man die Garage ausräumen musste? Vielleicht sollte er das machen, da könnte er sich das duschen gleich sparen und erst danach duschen gehen, er hätte es sicherlich notwendig. Sein Blick fiel auf die Smartwatch an seinem Handgelenk. Es war jetzt kurz vor zehn Uhr. Gott, wie lange würde es noch dauern, bis dieser Tag endlich vorbei war?

Kurz darauf verließ er den Park und lief durch die Straßen, bis er in die einbog, in der das Haus lag, in dem er wohnte. Er war nur noch ein paar Meter davon entfernt, als er jemanden erkannte, der vor der Apotheke stand und unsicher auf die Türe sah, anscheinend nicht wusste, ob sie hingehen sollte oder nicht. Marios Herz zog sich kurz zusammen und wurde danach schneller als zuvor. Was tat sie hier? Er wurde wieder langsamer, blieb stehen, als er nur noch ein paar Meter von ihr entfernt war. Entweder hatte sie ihn gehört oder sie spürte, dass er da war, denn schon drehte sich ihr Kopf zu ihm. Ihre Augen weiteten sich und sie biss sich auf die Unterlippe, sagte aber kein Wort.

“Elsa … Was machst du hier?” Mario machte einen Schritt auf sie zu. Sie drehte sich zu ihm herum, kam ihm aber nicht weiter entgegen.

“Mario, ich …”, sie zögerte, ehe sie doch einen Schritt in seine Richtung machte, “ich muss es wissen. Was willst du damit sagen, dass es nicht nur mir so geht? Was wolltest du mit deiner Nachricht sagen?”

Seine Augen weiteten sich. Was? Sie war wegen seiner Nachricht hierher zu ihm gekommen? Sie musste mit dem Zug gefahren sein, danach hierher gelaufen. Hätte sie tatsächlich geklingelt oder wäre sie einfach wieder gegangen? Den ganzen Weg nur seinetwegen?

“Was wolltest du sagen? Dass es dir geht wie mir, dass es dich fertig macht? Oder dass es dir zu viel war mich zu sehen und du einfach nur froh warst, dass ich gegangen bin?”, fragte sie und er konnte ihr die Aufregung und Unsicherheit ansehen. “Warst du froh, als ich weg war?”

“Ich weiß es nicht”, antwortete Mario auf die letzte Frage.

Sie trat zurück und ihre Hand hob sich mit einer geballten Faust an ihre Brust. “Du weißt es nicht? Aber warum hast du mir dann geschrieben?”

“Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht. Ich konnte nicht schlafen und dann habe ich dir die Nachricht einfach geschickt.”

Die Unsicherheit wich und sie schüttelte verärgert den Kopf. “Deswegen bin ich hierher gekommen? Ich bin doch einfach nur dumm”, murmelte sie, drehte sich herum und ging davon.
 

Mario sah ihr hinterher, bis endlich wieder Leben in ihn kam. Er wusste sehr wohl, weshalb er ihr das geschrieben hatte.

“Du willst wissen, weshalb ich dir das geschrieben habe?”, rief er und sofort blieb sie wieder stehen, drehte sich zu ihm herum.

“Deshalb bin ich da, ja”, antwortete sie.

“Gut, dann sag ich es dir. Was du gestern ausgesprochen hast, so geht es mir auch. Ich denke ständig an dich, jede Minute, in der ich nicht irgendwie abgelenkt bin und wahrscheinlich auch dann. Alles in mir tut weh, wenn ich an dich denke. Ich vermisse dich, will dich einfach nur in meinen Armen halten! Und daher ist es zu viel, wenn ich dich sehe und das alles nicht tun kann. Wenn du da bist, ich dich sehe, deine Stimme höre, deinen Geruch vernehme, zu wissen, wie perfekt du in meine Arme passt. Und jedes Mal, wenn mich die Sehnsucht nach dir überkommt, Elsa, dann fällt mir wieder ein, warum ich das nicht mehr kann, vielleicht sogar gar nicht mehr darf!” Sie sah ihn verwirrt an, während er einen weiteren Schritt auf sie zutrat. “Verdammt Elsa, ich wünschte, ich könnte einfach auf dich zugehen, sagen, dass alles okay ist, dass ich darüber hinweg sehen kann, was passiert ist. Aber ich kann es nicht! Selbst wenn ich wollte, ich frage mich immer wieder, ob du es erneut machen würdest, ob du mich bei der kleinsten Kleinigkeit anlügen würdest, weil es für dich der leichtere Weg ist als mir einfach die Wahrheit zu sagen. Könnte ich dir einfach vertrauen? Die Frage kann ich gerade nicht einfach nur mit einem Ja beantworten und daher ist das alles einfach nur kompliziert.”

“Alles …”, murmelte sie und er konnte die Tränen erkennen, die sich in ihren Augen sammelten. In ihren wunderschönen Augen, die in ihm wieder einmal den Wunsch weckten, sie in seine Arme zu ziehen. Sie blinzelte und schluckte, ehe sie sich verbeugte. “Vielen Dank, dass du mir die Frage beantwortet hast.” Und damit drehte sie sich herum und lief einfach los.

Mario blieb wie angewurzelt stehen und sah ihr mit großen Augen ungläubig hinterher. Was war das jetzt? Sie war den ganzen Weg hierher gekommen, um danke zu sagen, weil er ihr seine Gedanken und Gefühle endlich offenbart hatte um dann einfach wieder zu gehen? Er lief los, holte sie ein und griff nach ihrem Arm, um sie wieder zu sich herum zu drehen. Die Tränen, die über ihre Wangen liefen bemerkte er zwar, konnte aber nicht darauf reagieren.

“Wirklich? Du läufst einfach weg, Elsa? Ich sage dir, was mir Sorgen macht, wovor ich Angst habe, wenn ich mich wieder auf dich einlassen würde, meinen Gefühlen für dich einfach folgen würde und du haust ab? Ist das deine Art, die Sache zu klären?” Warum überkam ihn jetzt Wut? Das wollte er doch eigentlich gar nicht!

Sie sah ihn erschrocken an und schüttelte ihren Kopf. “Was willst du hören, Mario? Ich habe dir mein Herz gestern schon ausgeschüttet, daran hat sich nichts geändert. Und selbst wenn ich dir jetzt sage, dass ich nie mehr so einen Fehler machen werde und dass ich immer ehrlich zu dir sein werde, dich nicht mehr anlügen und mit dir über alles reden werde, mit allem zu dir kommen werde, hast du es doch gerade ganz deutlich gemacht: du kannst mir nicht mehr vertrauen und würdest immer erwarten, dass ich eben doch wieder lüge. Und weißt du was? Ich kann es dir nicht einmal übel nehmen, du hast ja recht! Ich habe so richtige Scheiße gebaut und ich kann dich verstehen, an deiner Stelle würde ich vermutlich genauso reagieren. Also, was soll ich sagen? Was willst du von mir hören, Mario? Was kann ich tun oder sagen, dass du mir glaubst? Nichts vermutlich, denn du kannst mir ja nicht mehr glauben. Was soll ich also noch hier, wo es doch uns beiden nicht gut geht, wenn wir uns sehen? Das einzig Richtige, das wir machen können, ist es, uns nicht mehr zu sehen, keinen und wirklich keinen Kontakt mehr zu haben. Ich muss dich vergessen und du mich. Mir ist klar, dass das schwer werden wird, zumindest für mich, doch wir müssen weitermachen, einfach loslassen.” Sie schluchzte auf und fuhr sich über das Gesicht. “Verdammt, das wird schwer werden. Ich bin bereits seit der Grundschule in dich verliebt. Du warst immer mein Traummann und dass du tatsächlich auch Gefühle für mich hattest, war als ob mein größter Traum in Erfüllung gegangen ist. Und dann baue ich so Mist und verliere dich. Ich habe es doch nicht anders verdient.” Wieder schluchzte sie auf und versuchte mit ihren Händen die Tränen aus ihrem Gesicht zu wischen, doch es kamen immer wieder neue nach, es schien ein aussichtsloses Unterfangen zu sein.

“Elsa”, murmelte Mario. Es fühlte sich schrecklich an, sie so zu sehen. Er wollte nicht, dass sie weinte, nicht seinetwegen.

“Daher, entschuldige bitte, aber ich muss einfach gehen. Ich kann nicht hier bleiben, nicht hier wo du wohnst und erst recht nicht in deiner Nähe und …”
 

Ehe Elsa weitersprechen konnte, ergriff Mario erneut ihren Arm und zog sie zu sich. “Ich liebe dich, Elsa. Verdammt, ich liebe dich so sehr, dass es schon fast weh tut. Hast du eine Ahnung, wie schlimm es sich anfühlt, dass immer, wenn ich mir sicher bin, dass wir es trotzdem schaffen können, dieser Zweifel in mir auftaucht, der mir sagt, dass wir es eben doch nicht können? Dass ich denken muss, das kann nicht funktionieren, du wirst mich doch wieder verraten. Dabei will ich nichts mehr, als dir vertrauen zu können und sicher zu sein, dass so etwas nie wieder passieren wird! Ich weiß doch, dass du mich nicht angelogen hast, weil du mich anlügen wolltest! Viktor hat es mir erst gestern wieder gesagt - du hast dich doch nur nicht getraut, die Fakebeziehung zu beenden, weil du ihn nicht im Stich lassen wolltest. Doch”, er biss die Zähne einen Augenblick zusammen, “du hättest mir die Wahrheit sagen können, du hättest mich nicht anlügen müssen, wir hätten eine Lösung gefunden, gemeinsam. Doch du hast es nicht. Warum hast du es nicht?”

Mit großen Augen starrte sie ihn an, dann zerrte sie plötzlich wie wild an ihrem Arm, den er weiterhin festhielt, nicht losließ.

“Warum sagst du mir das?”, schluchzte sie und wieder liefen die Tränen über ihr Gesicht, die sie dieses Mal nicht aufzuhalten versuchte. “Warum sagst du mir, dass du mich liebst, wenn du doch gar nicht mehr mit mir zusammen sein willst und mir keine Chance mehr gibst, um mich für meinen Fehler zu entschuldigen, dir zu zeigen, dass ich so etwas nicht nicht mehr machen werde und du mir vertrauen kannst? Warum sagst du mir, dass du mich liebst? Warum sagst du mir, dass du dasselbe fühlst wie ich, nur um mir dann doch das Herz zu brechen?”

“Elsa.”

“Nein, nicht Elsa!” Immer noch zerrte Elsa an ihrem Arm, doch nun umschloss Mario sogar noch ihren anderen, zog sie eng an sich, so dass ihre Körper sich berührten. “Du kannst das nicht sagen und nicht tun. Du darfst das nicht! Es macht alles nur noch schlimmer!”

Und dann senkte Mario seinen Kopf, legte seine Lippen auf ihre und schnitt ihr das Wort ab. Im ersten Moment war Elsa wie erstarrt, ehe sie ihren Körper an seinen sinken ließ, die Augen schloss und seinen unglaublich liebevollen Kuss erwiderte. Marios Griffe lösten sich an ihren Armen, seine Hände schoben sich stattdessen auf ihren Rücken und drückten sie enger an sich, presste sie regelrecht an sich. Er wollte sie spüren, sicher sein, dass sie wirklich hier in seinen Armen lag. Sein Kuss wurde begieriger, plünderten ihren Mund. Oh Gott, er hatte sie vermisst, so sehr. Er wollte sie am liebsten nie wieder loslassen.

Sie war es, die den Kuss löste, ihre Hände zwischen sich und auf seinen Brustkorb schoben, einen leichten Druck ausübten, doch ohne ihn wegzudrücken.

“Du … du kannst das nicht einfach tun”, flüsterte sie mit gesenktem Kopf. “Du willst nicht mehr mit mir zusammen sein, also küss mich nicht einfach, sag mir nicht, dass du mich liebst.”

“Aber ich liebe dich, Elsa.”

“Sag das nicht”, schluchzte sie leise.

“Ich kann nicht anders. Ich will …” Was wollte er? Sie immer so in seinen Armen halten, sie nie wieder gehen lassen. Sie lieben. “Ich liebe dich. Ich will dich. In meinen Armen, an meiner Seite. In meinem Leben.”

“Wie soll das gehen, Mario?” Ihre Stirn lehnte sich an seine Brust, sie kam zu ihm, ihm entgegen. “Du sagst doch, dass du mir nicht mehr vertrauen kannst.”

Er schloss seine Augen. “Dann muss ich es eben wieder lernen. Ich … wir beide … Meinst du, wir können es schaffen?”

“Es schaffen?”

“Mein Herz will mit dir zusammen sein, mein Kopf ist es, der mir immer wieder einredet, dass es nicht klappen kann. Ich brauche dich. Brauche ich sowieso, aber … wie soll ich dir jemals wieder vertrauen, wenn ich dir nicht die Chance gebe, es mir zu beweisen?”

“Willst du denn”, Elsa hob ihren Kopf, sah ihn an, “dass ich es dir beweise?”

“Ich will dich, Elsa. Also ja, ich will, dass du es mir beweist. Also … gibst auch du mir eine Chance?”

Sie lachte leise auf, erstaunt über seine Frage. “Ich war es doch, die alles kaputt gemacht hat. Der einzige, der noch eine Chance geben kann, bist du, Mario.”

“Und du musst mir eine geben, so ist das eben.”

“Hmm … du willst wirklich mit mir zusammen sein?” Unsicherheit war ihr anzusehen und anzuhören.

“Ich will dich einfach nur lieben, Elsa. Ohne alles drum herum. Nur du und ich.”

Auf diese Aussage nickte sie langsam. “Das will ich doch auch …”

“Gut.” Mario sah sie ernst an. “Dann versuchen wir es nochmal. Ohne Lügen, nur die Wahrheit, keine Ausflüchte.”

Wieder nickte Elsa, dieses Mal schneller. “Ja, keine Lügen und kein Verheimlichen mehr. Ich werde über alles mit dir reden.”

“Das wollte ich hören.” Und dann senkte Mario seinen Kopf erneut, um ihre Lippen wieder in Beschlag zu nehmen und sie nicht mehr gehen zu lassen. Nie wieder.

Epilog

“Schön, dass ihr gekommen seid. Wir wollen euch etwas sagen”, richtete Gregor an die Personen, die auf dem großen L-förmigen Sofa in Connys und seinem Wohnzimmer saßen.

“Das ist jetzt nicht wichtig!”, schnitt seine Freundin ihm das Wort ab und wedelte dazu mit der Hand, ehe sie wieder nach vorne blickte. “Ich muss das jetzt nochmal nachfragen. Also ist das richtig, dass ihr beide”, sie deutete zwischen ihrem Bruder und der neben diesem sitzenden Mayumi hin und her, “und ihr beide”, nun schwang der Finger zu Elsa und Mario, die neben den anderen beiden saßen, “zusammen seid?”

“Korrekt.” - “Ja.” - “Genau.” - “Richtig”, erklang die Zustimmung von allen Vieren.

“Das ist wirklich sehr schön. Und auch ein wenig unerwartet. Aber wir haben euch eingeladen, weil …”

“Pscht, Gregor!” Wieder fiel Conny ihm ins Wort. “Also bei euch beiden, war das ja wirklich zu erwarten.”

Wieder deutete ihr Finger auf ihren Bruder und dessen Freundin, um deren Schultern der Ältere seinen Arm gelegt hatte und sich zufrieden nach hinten ans Sofa lehnte. Mayumis Hand lag auf seinem Oberschenkel und ihr Daumen fuhr sanfte Kreise darüber.

“Ich habe ja gesagt, es ist nur eine Frage der Zeit.” Viktor zuckte mit seinen eigenen Schultern.

“Klappe, Viktor”, knurrte Mayumi leise und zwickte ihm, passend zu dem Tonfall ihrer Worte, in den Oberschenkel.

“Ach Maya”, Conny kicherte und hob dazu ihre Hand vor den Mund, “ganz unrecht hat er damit ja nicht, er hat es gesagt, mehrmals, immer wieder.” Ein Schmunzeln lag auf ihren Zügen. “Und ich habe es dir ja auch erst gesagt, ich weiß nicht, wie ich glauben konnte, dass Elsa und er neun Monate ein Paar waren, zwischen dir und Viktor hat es viel mehr gefunkt, von Anfang an.”

“Wir waren halt gut, Elsa und ich. Ich meine, ihr habt uns alle geglaubt, dass wir wirklich zusammen wären. Bei Gregor wundert mich das nicht, aber du Schwesterchen?”

Viktor wackelte mit seinen Augenbrauen und erntete dafür ein beleidigtes Schnauben von Gregor, während Elsas Wangen sich rot färbten und sie unsicher ihren Kopf senkte. Der neben ihr Sitzenden bemerkte das und drückte sanft ihre Hand mit seiner, deren Finger mit ihren verschlungen waren. Sie sah auf und musste lächeln, konnte nicht anders, wenn er sie mit seinen wundervollen Augen und diesem Blick ansah.

“Na danke dir.” Gregor rollte mit seinen Augen. “Aber um mich beleidigen zu lassen, seid ihr nicht hier. Nein, wir wollen euch …”

“Gregor, warte noch kurz.” Wieder war es Conny, die ihn nicht aussprechen ließ.

“Ernsthaft?”, fragte der seine Freundin, die wiederum erneut nur mit ihrer Hand vor seinem Gesicht hin und her wedelte und ihn ignorierte.

“Und ich wusste ja, dass Elsa noch was für Mario empfindet, aber wie habt ihr beide das jetzt geschafft? Ich will mich auf keinen Fall beschweren, ich finde es wirklich toll, ich bin nur neugierig.”

“Wir haben viel tollere Neuigkeiten”, murmelte Gregor verstimmt.

“Wir haben miteinander gesprochen”, antwortete Mario auf die Frage der Jüngsten von ihnen, während er Gregor ebenfalls ignorierte und zu seiner Freundin neben sich sah.

“Ja, das haben wir.” Elsa erwiderte seinen Blick, immer noch lächelnd.

“Und wann? Gestern Abend ist Elsa einfach aus dem Restaurant geflohen und jetzt seid ihr zusammen.” Conny sah sie immer noch neugierig an.

“Als ich heute Vormittag vom Joggen gekommen bin, stand sie bei mir vor der Haustüre. Und ihre Reaktion war es, einfach wegzulaufen, ich habe sie jedoch aufgehalten. Immerhin hatte sie den Weg bis zu mir auf sich genommen, da wäre es doch doof gewesen, das Ganze nicht endlich abzuschließen.”

“Ist ja nicht so, als ob wir das nicht schon seit Monaten sagen würden”, stöhnte Mayumi neben ihrer besten Freundin auf und bekam sofort den Ellenbogen von dieser in die Rippen gestoßen.

“Das ist toll. Dann können wir das Gespräch jetzt auch abschließen und wir können euch endlich sagen, weshalb ihr hier seid!”, gab Gregor laut von sich.

“Schön, dass ihr das schon seit Monaten sagt”, murrte Elsa und ignorierte ihren Bruder ebenfalls, reagierte nur auf Mayumis Worte, “aber manche Sachen brauchen eben ihre Zeit. Und das Ganze zwischen Mario und mir hat eben auch seine Zeit gebraucht.”

“Das Wichtigste ist doch, dass wir es geklärt haben und jetzt glücklich sind”, mischte sich auch Mario ein.

“Ihr hättet viel früher glücklich sein können, wenn ihr auf uns gehört hättet”, gab nun auch Viktor seinen Senf dazu.

“Also wir sind auch glücklich, denn …”, versuchte Gregor wieder sein Glück und wurde, wie bereits die ganze Zeit über, ignoriert.

“Wir sind jetzt glücklich und darauf kommt es doch schlussendlich an”, wehrte sich Elsa ebenfalls.

“Trotzdem hättet ihr es euch einfacher machen können, immerhin …”, wollte Viktor auf seine Worte bestehen, konnte den Satz jedoch nicht zu Ende bringen.

“Verdammt nochmal!”, brüllte Gregor plötzlich laut und sprang vom Sofa auf, woraufhin ihn alle erstaunt ansahen. Er deutete auf seine Freundin. “Ich habe Conny heute Vormittag gefragt, ob sie mich heiraten will und sie hat ja gesagt!”

Es war still, immer noch sahen alle ihn mit großen Augen an, doch dann wurde es laut. Alle sprangen auf, Elsa und Mayumi fielen Conny um den Hals, während Mario und Viktor Gregor gratulierten.

“Oh Gott, Conny!” Mayumi griff nach deren Hand und sah den schmalen, silbernen Ring mit einem rosa Stein an. “Wie hat mir der nicht auffallen können?”

“Das frage ich mich auch.” Elsa beugte sich ebenfalls über den Ring, ehe sie aufstand und zu ihrem Bruder trat, um diesen ebenfalls in die Arme zu schließen. “Herzlichen Glückwunsch, Brüderchen.”

“Danke dir, Schwesterherz”, erwiderte Gregor, ebenso die Umarmung.

“Warum hast du uns das denn nicht gleich gesagt?”, fragte Viktor kopfschüttelnd.

Gregor erstarrte und sah den Ältesten an, während er langsam die Umarmung zu Elsa löste und sich Viktor zuwandte.

“Das ist nicht dein ernst”, brüllte er erneut und schüttelte seine Fäuste über dem Kopf.

Mario trat neben Elsa und legte ihr seinen Arm um die Hüfte, zog sie sanft an sich. “Also so kenne ich ihn gar nicht.”

“Ich auch nicht”, stimmte Mayumi zu, die neben Mario trat und ihren Freund und dessen zukünftigen Schwager betrachtete.

“Tja, Viktor schafft es wohl, jeden von uns auf die Palme zu bringen”, stellte Conny fest.

Und statt zu antworten, nickten sie alle. Damit hatte Conny eindeutig recht.
 

///Ende///


Nachwort zu diesem Kapitel:
und da ist er - der Kuss ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, da ist es also ...
Mayachan_ - du hattest mit deiner Vermutung recht - schlussendlich verliert sie durch ihre Aktion beide :( Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich muss sagen, mir war zu Beginn gar nicht klar, dass Mayumi auftauchen wird - aber ich mag es, sehr sogar ;)
Hoffe ihr freut euch auch ein bisschen über sie ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich will euch gerne noch meinen neuen OS "Melodie der Liebe" mit Conny und Gregor ans Herz legen - weil er fürs Herz ist ;)
https://www.animexx.de/fanfiction/autor/794692/396790/ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war es einmal wieder mit einer meiner Geschichten ;) Mittwoch startet schon die nächste, keine Sorge ;p

ansonsten konnte ich es mir nicht verkneifen und ich hatte mit dem Epilog wirklich Spaß ^^

Vielen Dank fürs lesen und kommentieren ^^
Eure Tasha Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (103)
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Von:  Centranthusalba
2022-06-13T18:59:30+00:00 13.06.2022 20:59
Dass du Spaß hattest, merkt man hier total 😂😂😂 armer Gregor!
Und wie Conny immer mit der Hand fuchtelt, ohne dass ihr jemand mal richtig auf den Finger guckt. 🤣🤣🤣🤣

Und alle gegen Viktor… dabei ist es auf dieser Palme ganz schön.😅😅😅

Das war eine schöne Story, mit einigen seeehr hübschen Episoden (hust). Ich freue mich auf das nächste 👍🏻

Antwort von:  Tasha88
13.06.2022 21:24
:) oh ja, so etwas macht mir einfach am meisten Spaß :)
ich liebe es, lustige Sachen zu schreiben ^^ - und ich hoffe immer, dass die Leser so lachen müssen wie ich ... zb Gregor in der Küche ;)

zudem: da sind alle total unaufmerksam XD haben wohl nur Augen für die neben ihr/ihm Sitzende/n

Alle gegen VIktor - ich glaube, der kann das ab :D .. merkt der so etwas überhaupt oder freut sich sein Ego einfach nur, weil sich alles um ihn dreht? ;)

Danke dir ^^
aus bisherigen Erfahrungen weiß ich, dass du dich auf die übernächste Geschichte noch mehr freuen wirst ;P
Antwort von:  Centranthusalba
13.06.2022 21:25
Du weißt, wie du mich bei der Stange hältst 😂
Antwort von:  Tasha88
13.06.2022 21:28
ach, das wärst du auch so ;)
Von:  Mayachan_
2022-06-13T12:44:22+00:00 13.06.2022 14:44
Eine tolle Story. Bin echt froh das die alle jetzt zusammen sind und das Gregor und Conny Heiraten 😊

Freue mich auf deine neue Story. Bis dann 😍
Antwort von:  Tasha88
13.06.2022 15:30
vielen Dank :)
freue mich auch, wenn du bei der nächsten wieder dabei bist ;)
Von:  Centranthusalba
2022-06-12T11:58:44+00:00 12.06.2022 13:58
Ach Gott, ach Gott. Da machen es sich die beiden mal wieder schwer 😉 Andererseits kann ich mal wieder bewundern, wie gut du Dialoge schreiben kannst. Bei mir ist ja immer spätestens nach 2x hin und her Schluß😆.
Am schönsten fand ich, dass sie beiden sagen, dass und warum es nicht geht und gleichzeitig ziehen sie sich immer näher an sich heran. So ähnlich war es beim ersten Kuss hier auch schon.👍🏻
Antwort von:  Tasha88
12.06.2022 14:20
:) du meinst, ich mache es ihnen schwer ;)
wäre ja auch langweilig, wenn nicht ;p
und da sind wir ... mario und elsa wieder vereint ...
ach, habe ich schonmal gesagt, dass ich den Epilog feier? ich weiß gar nicht, ob du den schon kennst XD
Antwort von:  Tasha88
12.06.2022 14:20
doch, ich glaube schon ...
aber gut ^^ morgen dann ;)
Antwort von:  Centranthusalba
12.06.2022 14:28
Öhm… ich musste kurz überlegen… 😅
Jaaa der wird gut. 😆 Und jetzt weiß ich auch woher deine plötzliche Affinität zum „neuen“ Pairing kommt.😉
Antwort von:  Tasha88
12.06.2022 14:50
XD
hey, das war noch nie neu - das war, wie Elsa und Mario schon immer gesetzt ;p
Von:  Centranthusalba
2022-06-10T13:14:40+00:00 10.06.2022 15:14
🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳🥳
Wie sie ihn so trocken fragt: Hast du mir seine Nummer? 😂😂😂
Und Elsa kennt ihren Freund gut genug um zu ahnen was jetzt passiert. Ist klar, dass sie sofort an ihr Bett denkt😂

Und Marios Gedankengänge vorneweg finde ich auch gut.👍🏻
Antwort von:  Tasha88
10.06.2022 15:20
ja, Elsa weiß viel von Viktor XD
Und da war das Gordon Kapitel also - okay, er hat keine wirkliche Rolle gespielt, aber egal ;p
Mario halt ... der denkt auch zuviel ... aber deshalb ist er der Kapitän ;p
Antwort von:  Centranthusalba
10.06.2022 16:11
Manch einer ist halt wichtig, auch wenn er gar nicht anwesend ist 😉
Antwort von:  Tasha88
10.06.2022 16:16
merke dir das für Geschichten von mir, in denen VIktor nicht auftaucht >.< er ist trotzdem immer seeehr wichtig ;p
Von:  Kyomi
2022-06-09T11:36:27+00:00 09.06.2022 13:36
Hallo Tasha 😊

Es ist sehr mutig von Elsa, ihre Fehler gegenüber Mario zuzugeben und sich für ihr ganzes Verhalten zu entschuldigen.

Ebenso all die Gefühle, die sie immer noch für Mario empfindet, zuzugeben und auch, dass sie nicht in seiner Nähe sein kann, da es zu sehr schmerzt.

Beide fühlen das gleiche.

Doch der Vertrauensbruch ist für Mario zu groß, er befürchtet, dass dies wieder passieren könnte, wenn er mit Elsa zusammen ist.

Trotzdem tun mir Elsa und Mario hier sehr leid 😢

Mario gib dir einen Ruck und gebe Elsa wenigstens eine Reaktion auf ihre Offenheit und ihre Entschuldigung.

Wahrscheinlich versucht auch Viktor Mario davon zu überzeugen, nochmals mit Elsa zu reden und zwar richtig.

Ich hoffe, Viktor kann Mario davon überzeugen.

Eine schöne Freundschaftsszene am Ende, als Mayumi vor Elsas Tür steht und Eiscreme dabei hat 🥰

Gefällt mir sehr 😊

Mayumi und Elsa 🥰

Liebe Grüße

Kyomi 😊
Antwort von:  Tasha88
09.06.2022 14:05
Hallo Kyomi :)

ich sage immer, Kommunikation ist das A und O einer Beziehung. Und es war wichtig, dass Elsa da so ehrlich ist - zu Mario, zu einem gewissen Teil auch sich selbst gegenüber.

Tatsächlich ist Mario hin und her gerissen - er liebt Elsa, immer noch - aber er will so etwas nicht nochmal erleben. Das Vertrauen ist weg.

Und Elsa und Mayumi sind einfach tolle Freundinnen ^^ jeder braucht so eine Freundin ^^

Liebe Grüße
Tasha
Von:  Centranthusalba
2022-06-08T19:41:36+00:00 08.06.2022 21:41
Hmmm… so war der Ausgang des Abends nicht geplant gewesen…🤔
Theam war: Aussprechen, oder? 😅 Das impliziert, dass man sich auf den anderen einlässt (oder wie Elsa es so treffend gesagt hat: nicht tötet).
Conny muss sich ja auch manchmal denken, wo sie da hin geraten ist… alles verrückte.

Kommt im nächsten Kapitel meine Lieblingsszene?😍
Antwort von:  Tasha88
09.06.2022 14:06
eindeutig nicht XD
und reden ist überbewertet - natürlich nicht ;p

nicht töten ist übrigens auch manchmal ganz gut ^^

wenn ich die richtige Szene im Kopf habe, dann ja ;p
Antwort von:  Centranthusalba
09.06.2022 14:10
Yay 🤩
Antwort von:  Tasha88
09.06.2022 14:15
ich hoffe, es ist die richtige Szene, nicht dass du enttäuscht bist >.<
die mit Gordon?
Antwort von:  Centranthusalba
09.06.2022 14:20
Genau
Antwort von:  Kyomi
09.06.2022 14:24
Jetzt bin ich neugierig 😅
Antwort von:  Centranthusalba
09.06.2022 14:33
😈 sehr gut
Antwort von:  Tasha88
09.06.2022 14:35
:D morgen ist es ja schon soweit ;)
und ja, Gordon ist morgen dran :D
Von:  Centranthusalba
2022-06-08T14:41:12+00:00 08.06.2022 16:41
Schöne Fußballszene👍🏻 Mochte ich.
Ich könnte mir aber vorstellen, dass Gregors Vorschlag Elsa einfach zu küssen, nicht gerade zu Marios Ablenkung beigetragen hat. eher im Gegenteil. 😂
Antwort von:  Tasha88
08.06.2022 17:26
sehr gut :)
ich glaube, Mario war da erstmal komplett raus, kaum dass er Elsa gesehen hat. wie als ob er das jetzt einfach ignorieren könnte ;)
Von:  Centranthusalba
2022-06-08T14:30:22+00:00 08.06.2022 16:30
😂😂😂😂😂😂😂😂 Was für ein Feuerwerk!😂😂😂 Von vorne bis hinten herrlich…. Die zwei! Wie Devilvegeta schon richtig bemerkt hat: Da kämpft Maya gegen das unvermeidliche an, während Viktor einfach schon so tut als wärs ein Fakt. Am besten gefiel mir ihr Gedankengang, als sie sich Mario genauer anschaut 😂😂😂 Kein entkommen!

Achso, Mario kam ja auch vor… find ich gut, dass er noch ein bisschen schmollt und nicht gleich jubelnd zu Elsa läuft…

Antwort von:  Tasha88
08.06.2022 16:33
achso, Mario kam ja auch vor :D
stimmt... ist ja nur eine der Hauptcharas XD

Ach, Maya und Viktor - dachte mir schon, dass es dir gefällt, dass ihre Gedanken von Mario zu Viktor abschweifen ;) ... eben wie Devilvegeta sagt - unvermeidbar XD
Von:  Mayachan_
2022-06-07T06:50:56+00:00 07.06.2022 08:50
Hallöchen 😊
Jawohl sie ahnen sich gesehen und müssen bestimmt im nächsten oder übernächsten Kap miteinander reden. Maya und Conny werden dafür schon Sorgen 🤭

Ich freue mich schon auf die nächsten Kapitel 😁

LG
Antwort von:  Tasha88
07.06.2022 14:08
Hallo Nessa,

schön von dir zu lesen ^^
zumindest müssen sie irgendwann miteinander reden - wann? sehr bald, versprochen ;)

LIebe Grüße
Von:  Kyomi
2022-06-06T18:21:48+00:00 06.06.2022 20:21
Hallo Tasha 😊

Endlich 🥰

Mario und Elsa haben zwar noch nicht miteinander geredet, aber sich schon mal gesehen 🥰🥰🥰

Die Reaktionen der beiden so was von eindeutig.

Mario ist total abwesend und in Gedanken, dass er den Fußball gar nicht wahrgenommen hat und auch noch ein Tor kassiert hat 😅😅😅

Und alles nur, weil Elsa dort steht 😅

Elsa genauso, total in Gedanken und wie erstarrt als sie Mario bemerkt.

Gregors Ansage an Mario feier ich 😅

".......oder was weiß ich, küss sie von mir aus, wenn du sie immer noch magst......."

Ich freue mich sehr auf das nächste Kapitel 😊

Bin auch sehr gespannt, wie die beiden miteinander umgehen werden.

Liebe Grüße

Kyomi 😊
Antwort von:  Tasha88
06.06.2022 20:29
Einen schönen Abend dir :)

ein Anfang ist gemacht - sie haben sich wahrgenommen ... was für beide total überfordernd war. aber total.

Das nächste Kapitel ... ja - das wird was ;)

Liebe Grüße
Tasha


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