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Cursed

von

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Treppen rauf und Treppen runter

Kapitel 3 – Treppen rauf und Treppen runter
 

„Das ist doch... wie?... Häää!?!“ Aiden fluchte.

Verzweifelt kämpfte er mit seiner schwarzen Krawatte und auch sein Verbündeter 'das YouTube-Tutorial' vermochte nicht ihn zu retten.

Skeptisch sah Reel von seinem Buch hoch – 'Lost Boy' in der englischen Originalfassung.

Aiden hatte es extra in der Buchhandlung in der Innenstadt bestellen lassen um seinen Schatten zu bestechen. Dieser bekam das Buch und würde sich dafür für die Dauer des Balls nicht in Aidens Körper aufhalten.

Wenn Reel in der Etage unter der Aula blieb, in der der Tanz stattfinden sollte, würden sie ihren Maximalabstand nicht überschreiten.

Seufzend legte der Dämon das Buch zur Seite und sprang mit einer geschmeidigen Bewegung vom Schreibtisch, landete nahezu lautlos und huschte entspannt zu Aiden. Mit einer raschen Berührung des Handybildschirms ließ er den Sprecher des Tutorials verstummen.

Wortlos nahm er Aiden die Enden der Krawatte aus den Händen und entwirrte das Durcheinander, welches Aidens erfolglose Versuche verursacht hatten.

Mit geschickten Bewegungen verknoteten Reels schlanke Finger den schwarzen Stoff. Fachmännisch zog er die Krawatte fest, deren Ende perfekt mit Aidens weißem Gürtel abschloss. Zufrieden betrachteten die roten Augen ihr Werk.

„Ein doppelter Windsor-Knoten. Einen einfachen solltest selbst DU beherrschen“, sagte er gespielt spöttisch.

„Wozu denn? Lange lebe ich ja eh nicht mehr und für die Zeit, die mir noch bleibt, hab ich ja dich“, gab Aiden grinsend zurück. Galgenhumor hatte sich mittlerweile zu ihrer zweiten Sprache entwickelt. Manchmal schaffte Aiden es auf diese Weise sogar dem Dämon ein aufrichtiges Lachen zu entlocken.

„Wie gut tanzt du?“, fragte dieser plötzlich.

„Was?“

„Wie gut du tanzt.“

„Ähm... so unterer Durchschnitt?“

„Dann trag' Socken in schwarz oder weinrot.“ Verwirrt sah Aiden auf seine hellblauen Socken runter.

„Aber-“, begann er.

„Doch!“, schnitt Reel ihm das Wort ab. „Man kann die Socken auch bei langen Hosen sehen – besonders bei Anzughosen.“

„Aber was hat das denn damit zu tun, wie gut ich tanze?“, fragte der immer noch sichtlich irritierte Aiden, während er sich geschlagen zu seiner Kommode bewegte. Der Dämon seufzte.

„Wenn man besonders gut tanzen kann, dann würde man zu solchen Gelegenheiten weiße Socken tragen, um die Aufmerksamkeit auf die Beine und das Tanzen zu lenken. Michael Jackson ist ein gutes Beispiel dafür.“

„Du kennst dich wirklich gut aus,“ gab Aiden anerkennend zu.

„Bin viel rum gekommen“, winkte Reel ab. Endlich zog Aiden ein Paar schwarzer Socken aus der Schublade und ließ sich mit diesen aufs Bett fallen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass ihm der Kampf mit der Krawatte mehr Zeit geraubt hatte, als er angenommen hatte. Schnell zog er seine Schuhe an und ging Richtung Zimmertür. Jackett war keine Pflicht und es war auch viel zu warm dafür, also ließ er es weg.

„Hey!“, rief Reel ihn zurück und drückte ihm sein Buch in die Hand.

„Vergiss mich nachher bloß nicht!“

„Ich bin mir sicher, du wirst dich mir ins Gedächtnis rufen“, gab Aiden zurück und zwinkerte seinem rotäugigen Schatten zu.
 

Mit dem Buch in der Hand und Reel im Körper marschierte er schnellen Schrittes los.

Er wollte Mara in der Eingangshalle treffen, doch vorher musste er das Buch in einem Klassenraum unter der Aula deponieren. Er wählte einen Geschichtsraum und legte das Buch auf einen Tisch in der ersten Sitzreihe. Verstohlen eilte er zur Haupthalle zurück und erschien dort grade rechtzeitig, um Mara in einem bodenlangen asymmetrischen Kleid und silbernen Riemchenschuhen die Treppe hinab schreiten zu sehen.

Zu Aidens freudiger Überraschung trug auch sie weinrot. Ihre Haare waren zu einem wahren Meisterwerk verflochten und einzelne kleine Blüten in der Farbe ihres Kleides gaben ihrer Frisur den letzten Schliff.

Aiden klappte die Kinnlade runter. Mara sah aus wie eine Prinzessin aus einem Märchen. Gentlemanlike bot er ihr am Treppenende seinen Arm an und Mara hakte sich dankbar ein.

„Du siehst absolut umwerfend aus“, platzte es aus Aiden heraus und Mara lief sofort rot an.

„Danke.“ gab sie mit einem verlegenen Lächeln zurück. „Du auch. Weinrot ist eben einfach deine Farbe.“

„Dir selbst steht sie aber auch sehr gut.“ Verlegen lächelnd machten sie sich gemeinsam auf den Weg zum Unterrichtsflügel und stiegen dort die Treppen zur Aula hoch. Dort angekommen sicherten sie sich zwei Plätze, bevor Aiden sich bei Mara entschuldigte und mit einer Ausrede aus dem Saal stahl. Flink huschte er die Treppen in die nächsttiefere Etage hinab und wich auf dem Weg weiteren Pärchen und kleinen Gruppen aus.

Im Geschichtsraum angekommen löste sich der vertraute schwarze Nebel von ihm und manifestierte sich zu der schlanken Gestalt des Dämons.

Mit prüfendem Blick richtete dieser erneut die Krawatte des Kleineren und zog dessen Kragen grade.

„Tu nichts, was ich tun würde“, sagte er mit einem schwachen Lächeln. „Und stirb bloß nicht.“

„Ich weiß, ich weiß. DAS Privileg gebührt ganz allein dir“, antwortete Aiden mit gespielter Dramatik in der Stimme. Schmunzelnd griff Reel nach seinem Buch und machte es sich auf dem Lehrertisch bequem. Kopfschüttelnd betrachtete Aiden den gepolsterten, leeren Stuhl des Lehrers bevor er sich umdrehte und mit den Worten „Bis nachher.“ aus dem Zimmer verschwand.

Wieder bei Mara entschuldigte er sich erneut für seine Abwesenheit, bevor er sich zu ihr setzte und sie gemeinsam auf den Beginn der Eröffnungsrede warteten.
 

Unter sich hörte Reel die Musik des Balls. Über die Hauswand hatte er sich aufs Dach geschlichen und betrachtete nun traurig den Himmel. Viele Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte existierte er nun schon auf diese Weise. In so langer Zeit veränderte sich viel, aber der Himmel war eine Konstante. Die einzige Konstante auf die Reel sich verlassen konnte.

Wenn er den Sternenhimmel betrachtete, konnte er für einen Moment ignorieren, wie viel Zeit bereits vergangen war und was die Zeit ihm alles genommen hatte.

Der Walzer unter ihm verklang und nach einer kurzen Pause ertönten die zarten Klänge eines Stückes, das Reel nur zu bekannt war. Ein Pianist, der einst mit Reel verflucht worden war, hatte es oft gespielt und der Dämon hatte gefallen daran gefunden.

Es war ein verträumtes und melancholisches Stück – hier in der Orchesterfassung.

Mit sicheren Schritten bewegte sich Reels Silhouette über den Giebel. Er ließ sich von der Musik führen und tanzte geschickt ohne eine feste Schrittfolge über die Dachziegel. Eine einsame Träne ran über seine blasse Wange während seine Lippen stumm einen Namen flüsterten.

Lange blieb er auf dem Dach, betrachtete den Nachthimmel und tanzte. Reel wusste nicht mehr, wann er es sich das letzte mal gestattet hatte zu weinen.

Vor seinen Opfern, tat er es nie.
 

Aiden gab sich größte Mühe sich wie ein Gentleman zu verhalten und versuchte sich beim Tanzen möglichst wenig zu blamieren. Rhythmusgefühl war noch nie seine Stärke gewesen, doch Mara half ihm immer wieder aus der Klemme indem sie ihm den Takte laut vorzählte und ihn ab und an wieder in die richtige Richtung schob. Irgendwann wurde von Klassik auf Pop gewechselt und so tanzten und redeten sie die ganze Nacht, bis der Ball offiziell für beendet erklärt wurde und die Schüler von müden Lehrkräften in die Schlaftrakte gescheucht wurden.

Auf dem Weg die Treppe hinunter hielt Aiden kurz inne. „Ich hab heute Vormittag ein Buch im Geschichtsraum liegen lassen. Wartest du kurz hier? Ich hole es schnell“, unterbrach er sein Gespräch mit Mara.

„Na gut, aber beeil' dich. Die Lehrer werden schon ungeduldig.“

Aiden lief die paar Stufen, die er zu weit gelaufen war, wieder hoch um sein Buch und seinen Dämon einzusammeln.

Dieser klappte nur wortlos sein Buch zu, drückte es seinem Opfer in die Hand und und verschwand in dessen Körper. Aiden stutzte.

Reel hatte irgendwie fertig ausgesehen und so schweigsam war er sonst auch nicht. Allerdings verstand Aiden selten, was in dem eigensinnigen Dämon vorging und er wollte sich die gute Laune auch nicht verderben lassen. Eilig richtete er den Lehrertisch wieder ordentlich her, schloss die Tür und lief zurück zu seiner Begleitung, die bereits ungeduldig auf ihn wartete.

In dieser Nacht schlief Aiden selig. Mara hatte ihm zum Abschied einen Kuss gegeben.

Einen Echten. Auf den Mund. Noch roter als ihr Kleid, war sie dann im Mädchen-Trakt verschwunden und Aiden hatte einige Sekunden gebraucht um zu begreifen, was grade passiert war. Müde und glücklich war er nach einer schnellen Dusche in sein Bett gefallen und sofort eingeschlafen.
 

Als Aiden gegen Mittag erwachte, war Reel nirgends zu sehen. Auch das Buch lag noch unangetastet an der Stelle, an die Aiden es bei seiner Rückkehr gelegt hatte.

Verwirrt fühle er in sich hinein. Er hatte mittlerweile gelernt, Reel zu spüren. So konnte Aiden herausfinden, wo sein Schatten war, auch wenn er sich grade nicht in seinem Körper befand.

Aiden konzentrierte sich und spürte eine Art mentale Mauer, mit der Reel sich von ihm abgeschirmt. So konnte der Dämon sicher gehen, dass Aiden seine Emotionen nicht erahnte.

Dem Jungen war aufgefallen, dass er manchmal vage spüren konnte, wie es Reel grade ging oder was er grade fühlte. Dass es sich bei ihre Verbindung nicht um eine Einbahnstraße handelte, war Reel bewusst, aber nur selten waren Opfer geschickt genug (und lang genug am Leben) um diese Verbindung bewusst nutzen zu können. In solchen Fällen musste er sich dann mit einigen Tricks, die Reel sich im Laufe der Zeit angeeignet hatte, vor seinen Opfern schützen.

Aiden war noch dazu ein besonderer Fall.

Je mehr Zeit er mit ihm verbrachte und je mehr Sympathien er für den Jungen entwickelte, umso leichter schien es für ihn zu werden den Dämon zu lesen und das musste er so gut wie möglich verhindern.

Niemanden ging an, was in Reels Kopf vor sich ging. Er wühlte gern im Geist anderer, aber seinen eigenen schütze er vehement.

Grade gegenüber Aiden musste er aufpassen, denn zu seiner Überraschung hatte sich der Schuljunge als erstaunlich geschickt in der Nutzung ihrer Verbindung erwiesen und noch dazu weckte er in Reel immer wieder Erinnerungen aus anderen Zeiten, die ihn unwillkürlich schwach werden ließen.
 

Den ganzen Tag verschanzte sich der Schatten.

Erst am nächsten Morgen fand Aiden seinen dämonischen Mitbewohner an dessen gewohntem Platz auf dem Schreibtisch vor.

„Morgen“, begrüßte er ihn vorsichtig und erhielt als Antwort nur ein knappes Nicken.

Aiden versuchte gar nicht erst zu erfragen was los war. Wenn der Dämon nicht sprechen wollte, dann sprach er auch nicht. Schlimmstenfalls verlor er die Geduld und reagierte wütend oder sogar aggressiv, und darauf hatte Aiden nun wirklich keine Lust.

Stattdessen hievte er sich aus dem Bett und begann in seinem Kleiderschrank nach einem Paar Socken zu suchen. Schweigend zog er sich an und sah dabei immer wieder verstohlen zu seinem Dämon. Erneut schaffte er es nicht Reels Schweigen zu ertragen.

„Danke“, gab er leise von sich, während er in seine Schuhe schlüpfte.

„Hm?“, fragend schaute der Angesprochene von seinem Buch auf und sah den Jungen endlich an. „Danke, dass du mir den Abend überlassen hast.“

„A Deal is a Deal. Und ich war nicht besonders scharf darauf dich dabei zu beobachten, wie du dich hoffnungslos blamierst“, antwortete der Dämon trocken und wich seinem Blick aus.

Während Reels Augen wieder zu den Buchseiten wanderten, stand Aiden unschlüssig vor der Zimmertür. Kurzentschlossen überwand er die paar Schritte zum Schreibtisch und streckte Reel seinen Arm entgegen. Verwirrt sah dieser ihn an.

„Wir müssen los“, erklärte Aiden mit einem flüchtigen Blick zur Tür.

„Oh.“ Vorsichtig legte der Angesprochene das Buch zur Seite und griff nach dem dargebotenen Arm. Noch bevor der schwarze Nebel vollständig verschwunden war, konnte Aiden eine gewisse Unruhe von seinem Rachedämon ausgehen spüren. Diese kämpfte Reel allerdings schnellstmöglich nieder und schickte Aiden stattdessen einen kurzen, stechenden Schmerz, der ihm unmissverständlich klar machte, dass er Reel wohl lieber nicht drauf ansprechen sollte.

„Schon gut. Tut mir leid“, murmelte Aiden schuldbewusst und verließ schließlich sein Zimmer.
 

Auf dem Flur traf er auf Lukas und zwei weitere Jungs seines Jahrgangs, die ebenfalls auf dem Weg zum Frühstück waren. Nach einer knappen Begrüßung reihte er sich neben Lukas und vor den beiden anderen Jungen ein. Verschlafen wechselten sie einige Worte.

An der Treppe zur Haupthalle angekommen spürte Aiden plötzlich einen starken Stoß im Rücken. Einer der Mitschüler hinter ihm war wohl gestolpert und dabei gegen Aiden geprallt. Dieser verlor nun das Gleichgewicht, taumelte einige Schritte nach vorn und rutschte schließlich von einer Treppenstufe ab.

Hart schlugen Aidens Schulter und Hüfte auf die steinernen Stufen bevor sein Körper begann den Gesetzen der Physik folgend die Treppe hinunterzustürzen.

Zu Aidens Glück waren Reels Reflexe weitaus besser als seine eigenen und so riss der Dämon erneut die Kontrolle über den Körper an sich.

Instinktiv schütze er Aidens Kopf mit den Armen vor dem Aufprall, bevor er verbissen in Richtung des Geländers griff und dieses glücklicherweise auch zu fassen bekam.

Durch den Halt des Geländers gebremst, kam Aidens Körper abrupt auf den Stufen zum Stillstand. Aiden hatte noch nicht recht verarbeitet was hier passierte.

Er fühlte sich taub und entfremdet. Alles passierte so schnell und der Schmerz, den er hätte spüren sollen, war dumpf und schwach.

Doch nun, da sein Körper nicht mehr fiel, gab Reel die Kontrolle wieder ab und der Schmerz durchzog Aiden nun in vollem Ausmaß.

Kurz von diesem übermannt gab Aiden einige gequälte Laute von sich und fluchte leise während er sich die geschundene Schulter hielt.

„Aiden! Alles in Ordnung?“ Lukas kam um ihm aufzuhelfen, doch Aidens Beine gaben beim Versuch aufzustehen nach.

„Fuck!“, fluchte er erneut als er wieder in sich zusammensackte. Vorsichtig stemmte er sich ein zweites Mal am Treppengeländer hoch und hatte dieses Mal auch Erfolg damit.

„Verdammt! Ich bring dich besser ins Krankenzimmer.“ Mit zusammengebissenen Zähnen und weiteres Fluchen unterdrückend, hievte Aiden sich die restlichen Stufen hinunter und dann in Richtung Krankenzimmer.
 

Dort angekommen erklärte Lukas der Schwester, was passiert war.

„...aber er hat sich abgerollt wie ein Pro“, endete er witzelt deine Ausführungen und grinste Aiden aufmunternd an.

„Du hattest wirklich großes Glück. Wer weiß, was dir passiert wäre, wenn du die gesamte Treppe hinunter gestützt wärst.“ Besorgt zog die Krankenschwester die schmalen Augenbrauen hoch.

„Du hast dir einige Prellungen zugezogen, aber nichts Ernstes soweit ich das beurteilen kann. Vielleicht solltest du trotzdem dem Krankenhaus einen Besuch abstatten.“

„NEIN!... Ich meine... Ich glaube das wird nicht nötig sein.“ Nervös lächele Aiden die Schwester an, auf deren Gesicht sich erneut Sorge abzeichnete.

„Das musst du selbst wissen. Ich kann es dir nur als Herz legen, Aiden. Behalte deine Prellungen im Auge und falls dir noch etwas anderes auffällt oder du dich unwohl fühlst, komm bitte sofort wieder zu mir.“

„Zu Befehl“, gab sich Aiden geschlagen.

„Außerdem befreie ich dich vom Sportunterricht. Erstmal nur für diese Woche. Falls du eine Verlängerung der Sportbefreiung brauchst, komm bitte nächsten Montag noch einmal her.“ Aiden nickte schweigend.

Langsam liefen er und Lukas über den Flur. Zum Einen taten Aiden alle Knochen weh und zum Anderen hatte es keiner von beiden besonders eilig zum Englischunterricht zu kommen und nun hatten sie eine legitime Ausrede fürs Zuspät-sein.

„Dein Schutzengel hat echt zu tun bei dir“, begann Lukas. „Erst springst du todesmutig vor ein Auto und jetzt wählst du den Direktweg beim Treppensteigen. Beides hätte echt scheiße für dich enden können und trotzdem bist du ohne ernsthafte Verletzungen davongekommen. Lass das bitte nicht zur Gewohnheit werden, sonst verpasst du mir noch 'nen Herzinfarkt.“

„Sorry. Ich werde versuchen nicht all zu bald draufzugehen“, antwortete Aiden, wobei die Worte einen bitteren Nachgeschmack hinterließen.
 

Gelangweilt quälte er sich durch den restlichen Schultag. Jedes Mal, wenn er von seinem Platz aufstand oder sich hinsetzte, schmerzten seine Prellungen an der Hüfte und mehrmals beging er den fatalen Fehler, seinen Rucksack aufsetzen zu wollen und jedes Mal meldete sich daraufhin seine Schulter mit einem stechenden Schmerz.

Zurück in seinem Zimmer legte sich Aiden vorsichtig auf sein Bett. Im Laufe des Tages hatte der Schmerz, welchen die Prellungen verursachten, mehr und mehr zugenommen.

„Ich werde mich morgen keinen Millimeter bewegen können“, stöhnte er mit dem Arm über den Augen. Er brauchte nicht aufzusehen um zu merken, dass Reel sich neben ihm materialisierte. Er konnte die vertraute Präsenz neben sich deutlich spüren.

„Jammer nicht rum. Ich hätte dich auch noch ein paar Stufen weiter fallen lassen können.“

„Danke, dass du mich überhaupt aufgefangen hast. Aber es fühlt sich unglaublich seltsam an, wenn du meinen Körper übernimmst.“

„Also soll ich dich nächstes mal einfach fallen lassen?“

„NEIN! Das meinte ich doch gar nicht...“ Erschöpft und resigniert seufzte er. „Ich sag nur, dass es sich seltsam anfühlt. Bitte rette mich auch weiterhin. Wie du sicher weißt, möchte ich eigentlich noch nicht sterben.“

„Dann hör auf zu Jammern. Schmerz zeigt, dass du noch am Leben bist. Und grade du solltest wissen, dass sich dieser Umstand sehr schnell ändern kann.“ Ein kurzes Schweigen entstand als Aiden plötzlich ein Gedanke kam.

„Warum tat es eigentlich so weh als du mir die Kontrolle zurück gegeben hast? Letztes Mal tat es doch auch nicht weh.“

„Das hatte nichts mit der Kontrollübernahme an sich zu tun. Was du gespürt hast, war der Schmerz vom Sturz. Du konntest ihn vorher nicht spüren, weil diese Art Schmerz hauptsächlich an den Körper gebunden ist.“

„Heißt das, DU hast den Schmerz beim Sturz gespürt?“

„Du bist also doch nicht ganz so schwer von Begriff.“

„Ein einfaches 'Ja.' hätte mir auch gereicht“, maulte er Reel an, der mit einem vielsagenden Grinsen seine Reißzähne entblößte.

„Brr. Ich krieg jedes mal eine Gänsehaut, wenn du das machst.“

„Und genau darum macht es so viel Spaß“, antwortete der Dämon und grinste noch breiter.

„Du bist anstrengend.“

„Danke. Ich geb' mir ja auch die größte Mühe.“
 

Schwerfällig hievte sich Aiden aus dem Bett und bewegte sich mühevoll in sein Badezimmer.

Im Spiegel begutachtete er seine Blessuren. Mehrere kleine und mittlere blaue Flecken übersäten seinen ganzen Körper, gekrönt von zwei riesigen Hämatomen, die auf seiner Schulter und seiner Hüfte thronten.

Vorsichtig betastete er die blau-grünlichen Flecken und verzog sofort schmerzverzerrt das Gesicht. Ein müdes Seufzen entfuhr ihm. Von diesem Treppensturz würde er wohl noch eine ganze Weile was haben.

Frisch geduscht und mit geputzten Zähnen verließ er das Bad. Sein Rachedämon saß wie immer auf dem Schreibtisch – d ie Beine übereinander geschlagen und die Nase in einem Buch.

Aiden legte sich in sein Bett und spielte einige Runden eines Mobile Games auf seinem Handy um sich abzulenken, bevor er seine Nachttischlampe löschte und sich schlafen legte.

„Nacht, Reel.“

„Jetzt schon?“ Überrascht zog er die Augenbrauen hoch.

„Ja... Ich bin aus völlig unerfindlichen Gründen echt erschöpft. Ich will ja nicht spekulieren, aber es könnte an meinem spektakulären Sturz von der Treppe liegen.“ Ungelenk drehte er sich noch einige schmerzhafte Male in seinem Bett herum, dann schlief er endlich ein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Fle
2019-07-10T05:31:03+00:00 10.07.2019 07:31
Hallo :) ich bin gestern auf deine Story gestoßen und mir gefällt sie jetzt schon sehr gut! Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel, vielleicht gibt's da ja schon ein bisschen sexy time zwischen den beiden :D
Antwort von:  Lycc
10.07.2019 11:44
Hi. Freut mich sehr, dass sie dir gefällt. Leider muss ich dich da enttäuschen. So leicht mach ich es den beiden nicht. Die zwei idioten werden noch n bisschen brauchen, ehe sie verstehen was sie an dem jeweils anderen haben. ;)


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