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Schatten über Kemet

von

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56. Kapitel

„Du wolltest mich sprechen?“ Atem schloß die Tür hinter sich und sperrte den geschäftigen Trubel der Magier aus. Der Duft nach Kräutern und etwas Undefinierbarem lag in der Luft, kaum mehr als ein Hauch, doch Atem entspannte sich. „Was ist das? Es riecht gut.“

 

Mahaad stand von seinem Stuhl auf. „Ein Mittel gegen Schmerzen.“ Er lächelte. „Hilft auch bei drohenden Kopfschmerzen. Wie geht es Yugi?“

 

„Besser. Aber deshalb wolltest du sicher nicht mit mir sprechen. Du kannst schließlich jederzeit zu Yugi.“ Atem lehnte sich an den Holztisch.

 

Mahaad nickte. „Ich will dir etwas zeigen. Es könnte der Schlüssel zu einigen unserer Fragen sein.“ Er erhob sich, an seinem Arm blitzte das Diaha Diank. „Kristallmonster Amethystkatze, zeig dich!“

Die Luft über dem Diaha Diank schimmerte golden, dann löste sie sich und schwebte zu Boden.

 

Eine große, rosafarbene Katze, an deren Hals ein Amethyst blitzte, nahm Form an. Sie betrachtete Atem, dann fauchte sie mit verengten Augen. „Unrein!“

 

„Ich nehme an, sie kritisiert nicht meine Hygiene.“ Atem verschränkte die Arme und beobachtete die Ka-Bestie, deren langer Schwanz unruhig zuckte.
 

“Nein, sie reagiert so auf jeden, der einen der Millenniumsgegenstände trägt.“

 

Amethystkatze machte ein angewidertes Geräusch.

 

„Geh voraus, zeig uns, wo die Unreinheit am stärksten ist.“

 

Die große Katze drehte sich zu Mahaad. „Das weißt du doch schon.“
 

“Zeig es auch dem Pharao.“
 

Die violetten Augen richteten sich auf Atem. „Wie du wünschst.“ Mit hocherhobenem Haupt schritt die Amethystkatze zur Tür, wo sie dann sichtlich ungeduldig darauf wartete, daß Atem ihr diese öffnete.

 

„Jetzt bin ich gespannt“, murmelte Atem, während sie der Ka-Bestie hinaus auf den Gang folgten. Keiner nahm Notiz von ihnen, dafür waren die Magier zu beschäftigt und zu seltsame Dinge gewöhnt.

Amethystkatze führte sie tiefer in den Trakt der Magier, dann nahm sie eine Treppe hinunter zu den privaten Gemächern der ausgewählten Priester. Atem kannte die Tür, vor dem die Katze stehenblieb und erneut fauchte.

 

„Meister Aknadin? Bist du zu sprechen?“ rief Mahaad, nachdem er geklopft hatte.

 

Atem fühlte eine seltsame Schwere in seiner Brust. Sie hatte sich während ihres Weges gesammelt und nun schien sie ihm die Luft aus der Lunge zu drücken.

 

„Unrein, unrein“, wisperte Amethystkatze. „Er hat die Dunkelheit in Gold gegoßen. Gold aus Fleisch, Knochen und Seele.“
 

Atem zuckte zusammen, als die Tür sich öffnete und er im flackernden Schein der Öllampe das bärtige Gesicht seines Onkels sah, von Falten zerfurcht. Das falsche Auge glänzte.

 

„Atem, mein Neffe… Meister Mahaad…“ Aknadin blinzelte mit seinem gesunden Auge, dann sah er auf die Katze, deren Fell sich sträubte. „Ist das die experimentelle Ka-Bestie?“

 

„Ja, und sie hat uns gezeigt, worauf es die von der Dunkelheit verunreinigten Ka-Bestien abgesehen haben. Ihr Ziel.“ Mahaad deutete auf Aknadins Millenniumsauge. „Sie wollen, was in den Gegenständen ist.“

 

Atem hätte nie erwartet, was nun geschah und sein Herz setzte einen Schlag aus.

 

Aknadin erbleichte, sein Mund öffnete sich und ein merkwürdiges Krächzen drang aus seiner Kehle.

 

„Onkel, bitte. Was… was ist hier los? Die Katze sagt, die Gegenstände sind unrein. Und sie sprach davon, daß du Seelen zu Gold gegoßen hast.“

 

Aknadin wich zurück in sein Gemach, die jüngeren Männer folgten ihm.

 

„Meister Aknadin, du trägst die stärkste Unreinheit.“

 

„Meine Sünden…“ Aknadin wich noch weiter in den Raum zurück, zu seinem Schreibtisch. Trotz der Lampe wirkte der Raum unangenehm düster und eng.

 

Atem schauderte. „Sünden? Die Millenniumsgegenstände sind… Sünden? Du hast gesündigt, um…“

 

„Ich wollte uns doch nur beschützen!“ Aknadin taumelte, dann sank er auf seinen Stuhl. Das alte Holz knarzte. „Ihr wart noch Kinder, als ein schrecklicher Krieg unser Land bedrohte. Die Gegenstände waren unsere einzige Hoffnung. Ich habe meinem Bruder nie erzählt, wie ich ihrer habhaft wurde. Wie sie erschaffen wurden…“

 

„Du hast Menschen dafür getötet.“

 

Atem schwindelte. „Das ist schwärzeste Magie. Verbotene Magie.“

 

„Ich sah keinen anderen Ausweg mehr! Es war mir kein Vergnügen, falls du das glaubst. Ich wollte doch nur unser Reich, unser Volk schützen. Ich brach mit Soldaten auf, mit Magiern, mit Isis’ Vater… Zuerst hatten wir uns ein anderes Ziel erkoren, aber dann hörten wir von dem Einsturz einer Mine. Sie war uns näher und als wir sie erreichten, fanden wir die meisten der Zwangsarbeiter sterbend vor oder schwerverletzt. Wir fanden genug für unser Ritual… Ich wußte, eines Tages würde ich dafür bezahlen müssen, Atem. Aber ich wollte nie, daß es dich oder sonst jemanden trifft. Es war und ist meine Bürde, mein Verbrechen.“

 

Atem starrte seinen Onkel an, sein Mund war unangenehm trocken und klebrig. Die Luft, die er einatmete, war zu trocken. Zu schwer… Atem berührte seine Stirn, schloß kurz die Augen. „Wenn das stimmt… dann sind die Gegenstände die reine Dunkelheit. Ein Anziehungspunkt für ebenfalls dunkle Kreaturen. Das also hat unsere Schutzschilde geschwächt.“
 

“Und Dämonen und anderen Kreaturen die Möglichkeit gegeben, ihr Unwesen auf dem Palastgelände zu treiben.“ Mahaad nickte. Mit einer Hand stützte er Atem.

 

„Bitte vergebt mir“, wisperte Aknadin. „Ich wußte nicht, daß ich einen Konflikt gegen einen anderen getauscht hatte.“

 

„Mein Vater wußte es wirklich nicht?“

 

Aknadin schüttelte den Kopf. „Ich habe es ihm nie erzählt. Was er sich allerdings gedacht haben mag, das kann ich dir nicht sagen.“
 

Atem atmete tief durch. „Isis’ Vater aber wußte Bescheid. Hat er deshalb den Hof verlassen.“
 

“Für keinen von uns war es angenehm.“

 

„Manas Eltern waren auch dabei“, fügte Mahaad hinzu.

 

„Das erklärt so einiges.“

 

Aknadin senkte den Kopf, weiße Strähnen hingen wirr vor seinem Gesicht. „So sollte es niemals kommen“, wiederholte er. „Ich bin bereit, für all meine Verbrechen gerade zu stehen. In diesem Leben wie auch im Jenseits.“
 

“Dann hilf uns, die Gegenstände unschädlich zu machen. Ich brauche den ursprünglichen Zauber, Meister Aknadin, dann kann ich einen Weg finden, die Dunkelheit zu vertreiben.“
 

Atem atmete tief durch. „Mahaad, wenn du das kannst… Dann können wir die Gegenstände anders verwenden. Gegen die Kreaturen!“

 

„Als Waffe?“ Mahaad runzelte die Stirn, dann nickte er langsam. „Ich verstehe…“
 

“Wir können sie als Köder benutzen und sie dann zusammen mit den dunkken Kreaturen vernichten. Daran habt ihr doch eben gedacht?“ Aknadins Miene wirkte nun klarer, sein Kinn schob sich vor. „Meister Mahaad, du kannst in jeder Hinsicht über mich verfügen.“ Er hob eine Hand und strich über das Millenniumsauge. „Und über dies.“
 

Atem lächelte. “Dein Verstand ist noch immer schnell.“
 

“Ich mache das hier auch schon eine ganze Weile. Ich werde den Zauber aus seinem Versteck holen und dann Meister Mahaad bringen, gleich morgen früh.“
 

“Gut. Dann werde ich mich jetzt zurückziehen, um für morgen ausgeruht zu sein.“ Mahaad verneigte sich, dann verließ er das Zimmer.
 

Atem blickte ihm nach, dann wandte er sich wieder seinem Onkel zu. „Ich hoffe, auch du findest heute Nacht etwas Ruhe.“
 

Aknadin senkte erneut den Kopf. „Mein Pharao, verfüge über mich. Ich bin bereit, für meine Verbrechen zu büßen, sobald unsere Feinde bezwungen sind.“

 

Atem senkte den Blick und starrte auf den Teppich. Er atmete tief durch, bevor er seine Schultern straffte und den Kopf hob. „Du büßt bereits. Außerdem… Soll ich dich für etwas strafen, was mein Vater dir erlaubt hat? Am Ende mögen allein die Götter zu sagen, ob das Gute das Schlechte in deinem Herzen überwiegt, Onkel.“
 

“Du wirst es Set sagen müssen.“
 

“Wahrscheinlich. Aber nicht heute. Und wenn du meine Meinung wissen willst: Er sollte es von dir hören. In diesem Palast wurden schon zu viele Geheimnisse gelüftet, ohne daß noch die sprechen können, denen sie einst gehörten. Ihnen solltest du dich nicht anschließen. Gute Nacht, Onkel.“

Atem sah keine Regung in Aknadins Gesicht, aber er spürte, wie etwas an der Stimmung sich änderte, noch bevor er aus der Tür getreten war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  KrisyWa789
2022-10-25T18:44:27+00:00 25.10.2022 20:44
Mega coole Story....spannend und einfach gut geschrieben, ich hoffe es geht weiter. Möchte unbedingt wissen wie es weiter geht!
Von:  -Pharao-Atemu-
2022-01-09T15:06:59+00:00 09.01.2022 16:06
Huiii bedrückend....
Aber gut geschrieben


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