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Schatten über Kemet

von

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23. Kapitel

Atem erinnerte sich nicht mehr, daß er Yugi aufgefangen hatte, nur daß er diesen plötzlich im Arm gehalten hatte. Alles um ihn herum war verblaßt gewesen, nur noch Yugis Gesicht und Haar hatten so ausgesehen wie immer. Er hatte wie durch einen Schleier den Tumult um sie herum wahrgenommen.

Seine eigene Stimme war ihm unendlich fern vorgekommen, als hätte er auf den Wind aus der Wüste gelauscht.

 

Die Magier hatten Ryou umstellt, ihre Zauber hatten den Verfluchten beruhigt, bis der nur noch ab und an zuckte. Der Weg zurück in den Palast war Atem schier endlos vorgekommen und doch, als sie angekommen waren, hatte er das Gefühl, als sei alles an ihm vorbeigeflogen. Er hatte Yugi in seine Gemächer getragen, ohne irgendwen anderen auch nur eines Blickes zu würdigen. Nicht mal Siamun.

Der Gedanke, Yugi allein zu lassen, irgendwo dort draußen, wo schwarze Monstren lauerten, war Atem einfach unerträglich gewesen.

 

Nun ruhte Yugi auf Atems Bett, auf edlen Laken, eine Stoffrolle unter dem Nacken, eine dünne Decke über dem Körper. Er sah so winzig aus, so zierlich, fast so, als könne er einfach verschwinden, wenn auch nur ein Windhauch ihn berührte.

 

Doch Atem wußte, daß Yugi nicht verschwinden würde. Er hatte heute einigen Menschen das Leben gerettet, er hatte tapfer alles durchgehalten, doch selbst seine unglaubliche Stärke hatte vor dem Grauen kapituliert. Atem zog es das Herz zusammen.

 

Er wußte, er mußte nach seinen Soldaten sehen, seiner Familie und seinen Freunden, doch er konnte auch den Gedanken nicht ertragen, Yugi allein zurückzulassen. Er rang mit sich, doch er konnte sich nicht erheben.

Seine Entscheidung wurde ihm erst abgenommen, als er Schritte hinter sich vernahm.

 

„Wie geht’s ihm?“ Mana klang, als sei sie nicht sicher, ob sie die Antwort hören wollte.

 

„Er ist nur ohnmächtig. Die Heiler sagen, er muß sich nur ausruhen, daß der Schrecken ihn überwältigt hat.“ Atem wandte den Blick nicht von Yugi, doch er hörte, wie Mana einen Schemel neben den seinen schob und sich dann neben ihn setzte. Atem lehnte sich an sie und sie legte einen Arm um seinen Nacken.

 

„Ryou ist jetzt im Haus der Sachmet in magischer Quarantäne. Jeder wird untersucht, der mit ihm Kontakt hatte in letzter Zeit“, berichtete Mana leise. Ihr Atem kitzelte Atems Ohr. „Es gab einige Verletzte, aber nichts Gefährliches. Dank Exodia ist uns Schlimmeres als gebrochene Knochen erspart geblieben.“

 

Atem atmete auf. „Das ist gut. Mana?“

 

„Hm?“

 

„Du bist ein guter Mensch.“

 

Sie lachte leise. „Ich hab ja ein gutes Vorbild.“

 

„Nein, das meine ich ganz ernst“, murmelte Atem, doch lächeln mußte er dennoch. „Du bist ein guter Mensch. Du folgst dem Pfad des Lichts.“

 

„Ich glaube, du solltest schlafen. Du redest schon komisches Zeug.“ Mana half ihm hoch und dann auf das Bett. Es war so breit, daß Atem auch mit Yugi noch bequem darin Platz hatte.

 

„Du bist gut, Mana. Du wirst… ein mächtiges Ka beschwören. Ich habs geträumt.“ Atem gähnte und rollte sich zusammen, während Mana nun über ihn eine Decke breitete.

 

„Und ich habe geträumt, daß mein Ziehbruder sehr lange lebt und glücklich wird. Dafür werde ich alles tun!“

 

„Mana…“ Atem sah sie sanft an. „Ich will, daß du überlebst. Das würde mich sehr glücklich machen.“

 

„Schlaf jetzt. Du bist bei Yugi.“

 

Atem blinzelte sie an, dann sank er in einen tiefen Schlaf.

 

***

 

Das erste, was in sein Bewußtsein drang, war der Duft von frischen, warmen Fladen und Obst. Sein Magen knurrte und verlangte, sich diese Dinge genau jetzt einzuverleiben.

Aber auch wenn Yugi sehr gerne aufstehen würde, etwas lag auf ihm. Gähnend öffnete er die Augen. Korrektur: Nicht etwas, sondern jemand.

 

Yugi verkniff sich ein Lachen, als er Atems ansichtig wurde, der den Kopf auf seine Brust gelegt tief und fest schlief. Und etwas sabberte. Oh, er konnte es sich nicht verkneifen! Gewackel und Geräusche ließen Atem bald die Augen öffnen, um ihn verwirrt, aber freundlich anzusehen.

 

Yugi kicherte hinter vorgehaltener Hand, während Atem sich von ihm rollte. Nun konnte Yugi sehen, daß er in einem großen Zimmer war, das er nicht kannte.

Bilder der Götter Ra, Horus, Amun, Isis und Hathor schmückten eine Wand, eine Jagdszene auf dem Nil eine andere und die dritte zeigte Atem mit seinen Töchtern.

 

Ein Tischchen stand unter einem kleinen Fenster und war mit Schmuck, Tiegeln und Fläschchen schier überladen. Auf einem zweiten Tischchen ruhten eine irdene Schüssel und ein Krug, um sich zu waschen. Mehrere Truhen säumten die Wände, sicher voller edler Kleidungsstücke.

 

Yugi blinzelte. Das hier war das Schlafgemach des Pharaos, sein Allerheiligstes! Plötzlich saß Yugi aufrecht im Bett. Was machte er hier? Er blickte neben sich. Atem hatte die Augen geschlossen und atmete gleichmäßig. Er war einfach wieder eingeschlafen. Was sollte Yugi jetzt tun? Er sah sich erneut um und entdeckte den Balkon, dessen Tür hinter einem Tuch verborgen lag. Yugi rutschte aus dem Bett und trat nackt wie er war auf den gemütlichen Austritt. Hierher hatte ihn der appetitliche Duft gelockt. In abgedeckten Schüsseln, Schalen und Krügen standen auf einem aus Papyrus geflochtenen Tisch die Speisen, ein kleines Sonnensegel milderte die Wärme. Ra hatte seine Reise über den Himmel der Lebenden gerade erst begonnen.

 

Yugi trat an die steinerne Balkonbrüstung und blickte hinunter in den Garten. Natürlich keinen Teil, der jedermann zugänglich war. Ebenso wie das Schlafgemach des Pharaos war dieser Teil des Gartens nur einem ausgewählten Personenkreis zugänglich.

 

Er blickte zurück, durch den Türbogen in das Schlafgemach. Atem mußte ihn hergebracht haben. Er hatte Yugi entkleidet und sich dann neben diesen gelegt.

Yugi schlug das Herz bis zum Halse. Mit einem Stück Fladen im Magen kehrte er ins Schlafgemach zurück. Atem schlief noch immer, die Nase in den Kissen vergraben.

 

Yugi setzte sich aufs Bett und betrachtete den Mann, der ihm immerzu im Kopf herumspukte und der sein Herz so heftig zum klopfen brachte. Das entspannte Gesicht, das wirre Haar, das sich über das Kissen ausbreitete, den Schatten von erstaunlich langen Wimpern auf den Wangen… Atem sah so zufrieden aus, daß Yugi es einfach nicht übers Herz brachte, ihn zu wecken. Wenn die Alpträume Atem einmal nicht plagten, dann sollte er nur ausschlafen. Yugi beugte sich hinunter und gab Atem einen federleichten Kuß auf die Stirn, dann stand er leise auf und ging wieder auf den Balkon. Noch war er nicht satt.

 

Ungefähr eine halbe Stunde später schob Yugi aufatmend den tönernen Teller voller Krümel und Kerne von sich und griff zu einem Alabasterbecher voll Wasser. Ah, das tat gut! Erfrischt stellte Yugi den Becher ab und wischte sich mit dem Arm über den Mund, als er leise Schritte hinter sich hörte.

 

„Ich sehe, du hast schon gefrühstückt.“ Atems Stimme klang noch weich und tief vom Schlaf.

 

Yugi drehte sich um. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“

 

„Absolut nicht.“ Atem setzte sich gegenüber Yugi an das Tischchen und griff nach einem Stück Fladen. Yugi inzwischen goß Atem einen Becher Milch ein. „Danke.“

 

Yugi stellte den Krug ab. „Ich wollte dich nicht wecken. Du sahst so friedlich aus.“

Sie lächelten einander an. „Das Frühstück stand schon bereit, als ich aufgewacht bin. Das ist wirklich reichlich.“

 

„Ja, sie sehen ja, ob jemand die Nacht mit mir verbracht hat und wenn ja gibt es auch ein größeres Frühstück.“ Atem leckte sich Fruchtsaft von den Fingern.

 

Yugi spürte ein Brennen auf den Wangen. „Oh. Ich hatte nicht bedacht, daß deine Diener sogar in dein Schlafgemach dürfen.“ Dann hatte man ihn zweifellos gesehen.

 

„Sie sind verschwiegen“, schien Atem Yugis Gedanken zu erahnen.

 

Yugi atmete auf und für eine Weile war es still, während Atem seinen Hunger stillte. Erst als er sich zurücklehnte, kam Yugi auf das unangenehme Thema zu sprechen, das er selbst bisher verdrängt hatte. „Geht es Ryou gut?“

 

„Er ist in magischer Quarantäne. Ich nehme an, sein Zustand ist derselbe wie gestern, jedenfalls hat man mich nicht geweckt, um mir eine Veränderung mitzuteilen.“

 

Yugi nickte langsam. „Und der Junge, von dem Anzu berichtete?“

 

„Er wurde gründlich untersucht. Er ist vom Fluch befreit.“ Atem seufzte leise. „Die Hohepriesterin aber hat den Ritus nicht überlebt.“

 

„Oh.“ Yugi starrte auf seinen Teller.

 

„Ja.“ Atem seufzte erneut. „Deinem Großvater geht es gut.“

 

Yugi lächelte. „Das ist gut. Ich hoffe, meinen Freunden geht es ebenfalls gut.“

 

„Ganz sicher. Ihr habt euch alle gestern sehr tapfer geschlagen.“ Atem trank seinen letzten Rest Wasser aus. „Aber es wird Zeit, daß ihr mehr als nur eine Bestie zu beschwören lernt.“ Sein Gesicht war von konzentriertem Ernst.

 

„Bestien wie Exodia?“

 

Atem lachte warm. „Exodia ist unvergleichlich. Nein, ihr müßt schon ein paar Nummern kleiner beginnen.“

 

Yugi nickte, dann stand er auf und trat neben Atem, der sich ebenfalls erhob. Sie sahen sich an. Einen Wimpernschlag später lagen sie einander in den Armen und ihr Kuß brannte in Yugis Leib wie Ras Strahlen auf seiner Haut.

 

Atem keuchte als sie sich lösten. „Ich habe die letzte Nacht so gut wie lange nicht geschlafen. Am liebsten hätte ich dich immer bei mir, mein Augenstern.“

 

Yugi errötete. „Großvater wäre nicht erbaut.“

 

„Aber was denkst du, Yugi?“

 

Der lächelte. „Was glaubst du? Am liebsten wäre ich immer bei dir.“ Sanft legte er Atems Hand auf seine Brust, die unter seinem aufgeregten Herzschlag vibrierte. „Sonst macht das hier niemand mit mir.“

 

Atems Lippen berührten weich Yugis Stirn. „Mein Yugi… Dann spielen wir aber ein gefährliches Spiel.“

 

„Nein, gefährlich war diese schreckliche Kreatur gestern.“ Yugi lehnte sich an Atem, umarmte diesen. „Das hier ist viel einfacher.“

 

Atem strich sanft über Yugis bloßen Rücken. „Ich hatte große Angst um dich.“

 

„Ich weiß. Aber wir würden auch nicht glücklich sein, wenn wir uns voneinander fernhalten. Und diese Kreatur kann zurückkehren, nicht wahr? Dann wäre es doch sowieso sinnlos. Der Gefahr würden wir uns immer aussetzen.“ Yugi blickte in Atems warme Augen. „Lieber bin ich an deiner Seite und helfe dir, so gut ich es vermag, als mich der Wahrheit zu verschließen. Das hier ist keine Narretei, keine einfache Schwärmerei, nicht Freundschaft mit einer gewissen körperlichen Anziehung.“ Yugi hatte sich noch nie etwas so sicher gefühlt wie dem Geständnis, das er danach aussprach: „Ich liebe dich, Atem. Hathor hat mich zu dir geführt.“

 

Kräftige Arme umschlangen Yugis Hüfte, dann wurde der Kleinere mühelos hochgehoben und herumgewirbelt. Atems glückliches Lachen verflog im Wind wie ein Vogel. „Und ich liebe dich, Yugi“, erwiderte er atemlos, aber voller Ernst als er innegehalten hatte. Sanft küßte er Yugis Nase, dann den weichen Mund und Yugi versank in einem Gefühl, warm und weich und heimelig, das ihm Ewigkeit versprach.

 

***

 

Es war nach dem Mittagessen, als Yugi sich mit dem noch gesunden Teil seiner Mitschüler und Kameraden traf. Alle wirkten erschöpft oder nachdenklich. Ryous Zustand war unverändert und es gab auch nichts Neues bezüglich der schwarzen Kreatur. Yugi strich abwesend über sein Diaha Diank. Mana gähnte verhalten.

Gemeinsam gingen sie zu einem tempelartigen Bauwerk. Hier wurden die Ka-Bestien verwahrt, die in Stein gebannt worden waren.

 

Am Eingang erwartete sie Meister Set mit starrer Miene. „Folgt mir.“ Er drehte sich mit wehendem Umhang um und marschierte voran in die Dunkelheit. Es dauerte einen Moment, bis Yugis Augen sich umgewöhnt hatten und er in der Schwärze dünne Lichtstrahlen erkennen konnte, die wie scharfe Messer die Dunkelheit durchschnitten.

 

Yugi merkte, wie sein Atem flach wurde, wie er seine Füße behutsamer aufsetzte. Hier herrschte eine solche Ruhe, daß ihm sein eigenes Herz in den Ohren dröhnte. Vor ihm erstreckten sich scheinbar endlos lange Gänge, in deren Wänden riesige Steintafeln eingearbeitet waren. Seltsame Wesen waren in diese Tafeln gemeißelt worden. Nein, nicht gemeißelt. Sie waren in diese Tafeln gebannt worden.

 

Unter einer Öffnung im Dach, die Licht und Luft hereinließ, hielt Meister Set inne und wandte sich ihnen zu. Die kleine Gruppe scharte sich schweigend um ihn.

„Also dann.“ Meister Set sah jeden von ihnen eindringlich an. „Um unsere Stärke zu erhöhen, wird sich jeder von euch eine Bestie aus den hier aufbewahrten aussuchen.“

 

„Auch ich?“ erkundigte Mana sich und blickte zu Boden.

 

„Auch du. Auch wenn du sie jetzt noch nicht beschwören kannst, es ist gut, wenn du bereits eine Wahl getroffen hast. Haltet euch in diesem Bereich.“ Er deutete um sie herum ein Quadrat an. „Hier finden sich die Ka-Bestien, die für Anfänger wie euch am geeignetsten sind. Könnt ihr mit diesen umgehen, dürft ihr eure persönliche Mannschaft mit mächtigeren Bestien ausbauen. Ihr könnt gleichzeitig drei Stück beschwören, vorausgesetzt, euer Ba reicht dafür aus, aber eure persönliche Mannschaft kann aus mehr Bestien bestehen.“ Meister Set wandte sich Mokuba und Yugi zu. „Euch beiden würde ich empfehlen, euch eine ordentliche Bestie für den Kampf zuzulegen. Honda, Jono, bei euch kann etwas Magie nicht schaden. Mana, dir würde ich zu einer starken Verteidigung raten.“ Meister Set atmete tief durch.

 

„Großer Bruder, zeig mir doch mal ein paar gute Bestien.“ Mokuba lächelte und nahm Meister Set einfach bei der Hand. Das schien Letzteren aufzubauen und die beiden Brüder gingen gemeinsam tiefer in den Bestienhort.

 

„Es scheint ihm nicht gutzugehen“, murmelte Yugi Mana zu und diese nickte.

 

„Ja, er war so ungewöhnlich ruhig und… höflich.“ Sie runzelte die Stirn.

 

„Er ist für die Sicherheit der Menschen dort draußen verantwortlich“, mischte Honda sich leise ein. „Das gestern muß ihn hart getroffen haben.“

 

„Vielleicht hast du recht.“ Nachdenklich blickte Yugi den ungleichen Brüdern nach, dann atmete er tief durch. Darüber konnte er sich auch später den Kopf zerbrechen. Nun mußte er eine Bestie aussuchen, die fürs Kämpfen geeignet war.

Er konzentrierte sich und ein goldenes Licht schwebte aus seiner Brust und landete ihm zu Füßen, nun rosa und von seltsamer Gestalt.

Dennoch fühlte Yugi sich wohler, als er Marshmallon sah, der sich tröstend an ihn schmiegte. „Dann finden wir mal einen Kameraden für dich.“

 

Das gefiel Marshmallon, denn mit weiten Sprüngen verschwand er anscheinend in der Mauer. Yugi eilte ihm nach und stellte fest, daß vom Hauptbereich noch ein Gang abzweigte. Sicher war es auch nicht der einzige.

„Warte mal! Ich glaube, hier sind wir falsch.“ Yugi rannte Marshmallon hinter her, doch der hielt nicht inne. Stattdessen führte er Yugi immer tiefer in das Gebäude und immer weiter weg von dem kleinen Bereich, den Meister Set ihnen für ihre Suche gestattet hatte.

Auf einmal war Yugi doch froh, daß die Ausbildung auch Leibesübungen beinhaltete, sonst wäre er gnadenlos abgehängt worden.

 

Marshmallon hielt erst inne, nachdem er das Ende des Gangs erreicht hatte. Er drehte sich und blickte sich um. Links und rechts zweigten weitere Korridore voller Steintafeln ab. Yugi vermutete, daß sie an der Außenwand angelangt waren. Über ihnen war die Decke geöffnet, um genug Licht hereinzulassen, daß sie sich umsehen konnten.

 

„Was machst du denn? Die Ka-Bestien hier sind nichts für Anfänger.“ Yugi stemmte die Arme gegen seine Knie und schnaufte durch.

Marshmallon derweil zirpte und hüpfte zu einer großen Steintafel.

Yugi richtete sich auf und trat zu seinem kleinen Freund. Er mußte den Kopf in den Nacken legen, um die Zeichnung zur Gänze erkennen zu können.

 

Eine merkwürdige Kreatur mit mächtigen Schwingen, aus deren Kopf und Nacken seltsame Zacken wuchsen, war hier gebannt. Kreise, vielleicht eine Art von Juwelen, zog sich über große Teile der Haut.

 

Marshmallon zirpte aufgeregt und versuchte, Yugi auf die Steintafel zuzudrücken.

Der seufzte. „Diese Bestie ist doch viel zu mächtig für mich.“

Marshmallon hüpfte Yugi von hinten gegen die Beine und der stolperte empört aufschreiend vorwärts. Gerade konnte Yugi sich mit den Armen abfangen, sonst wäre er mit dem Schwanz der riesigen Kreatur kolidiert. „Marshmallon!“

Yugi schüttelte den Kopf. Erst jetzt konnte er die Hieroglyphen erkennen, die in die Steintafel eingemeißelt worden waren.

Er brauchte einen Moment, um die fremdartigen Worte zu entziffern.

„Gandora… der Drache… der Zerstörung“, murmelte Yugi.

 

Kaum ausgesprochen glühte Yugis Diaha Diank auf und auf einem Teil davon erschien, viel kleiner als das Original, die Zeichnung des Drachens. Yugi stolperte keuchend zurück. „Oh nein!“ Er hatte vergessen, daß er nicht einfach den Namen einer Ka-Bestie laut aussprechen konnte, ohne, daß diese dann erschien. Doch dieser riesige Drache würde jetzt nicht wirklich hier erscheinen, oder? Der Gang war doch viel zu eng!

 

Plötzlich wurde es dunkel und Yugi riß automatisch den Kopf hoch. Die Dachöffnung war schwarz, durchbrochen von roten, polierten Juwelen. Yugi setzte fast das Herz aus, als er an mißgestaltete Schakale und Krähen dachte. Dann schob sich ein riesiger Kopf durch die Luke, größer als Yugi selbst. Ein erstaunlich helles Augenpaar musterte Yugi, der nicht wagte, sich zu bewegen.

Ra, war dieses Maul riesig! Ein Haps und Yugi wäre nicht mehr als eine Vorspeise für Gandora.

 

Das Maul klappte auf und Yugi schrie… Dann glitt etwas langes und feuchtes über sein Gesicht und seine Brust. Ein zufriedener Laut entkam der Brust des Drachen.

Yugi starrte Gandora an… dann sah er an sich hinunter. Er triefte! Der Drache hatte ihn abgeleckt! Aber er machte keine Anstalten, Yugi zu verspeisen.

Viel eher versuchte Gandora, sich näher an Yugi zu bewegen, wobei er seltsame Laute ausstieß. Ungeduldig, aufgeregt… glücklich?

 

Yugi hob vorsichtig beide Arme und legte sie um die Schnauze des Drachen, der ihn daraufhin mit einem zufriedenen Blinzeln bedachte. Fast schien es Yugi, der Drache würde lächeln.

 

„Ja, du bist ein feiner Drache“, versicherte Yugi Gandora und der fiepste und winselte wie ein an Menschen gewöhnter Schakal. Yugi streichelte die Haut Gandoras, die sich angenehm glatt anfühlte. Und erstaunlich warm! Gandora schnaubte und Yugi lachte, als dessen Atem ihn kitzelte.

 

„Was, bei Apophis in der Unterwelt, machst du da?“

 

Yugi zuckte zusammen und wandte dann schuldbewußt den Kopf nach hinten. Meister Set stand in der Mitte des Gangs, die Arme verschränkt und ein gefährliches Funkeln in den Augen. Um ihn herum standen Yugis Freunde und starrten Gandora an.

 

„Ähm, Freundschaft schließen?“ Yugi lächelte schief und lachte dann, als Gandora ihn erneut ableckte. „He, das kitzelt!“

 

„Woah! So einen will ich auch haben!“ rief Jono mit glänzenden Augen.

 

„Ich wußte, es war die richtige Entscheidung, herzukommen. Das würde ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.“ Aus einem der seitlichen Gänge trat Atem, grinsend, Marshmallon auf dem Arm.

 

Meister Set hob theatralisch beide Arme gen Himmel, seufzte aufgesetzt und verließ dann wortlos den Gang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  -Pharao-Atemu-
2017-10-23T14:18:49+00:00 23.10.2017 16:18
Hahaha, armer Set
Ich habe nun endlich Zeit gefunden deine ff komplett durch zu lesen.
Die ist wie deine anderen ffs wunderschön und einzigartig.
Ich bin nicht gut im Komi Schreiben, doch hoffe ich dass du auch so verstehst wie sehr ich deine ffs mag.
Von:  Usaria
2017-10-21T20:24:02+00:00 21.10.2017 22:24
Aaaah, Mooniiiee! sie sind zusammen, wie schön. So schnell hätte ich es jetzt nicht gedacht. Und wie immer ist Yugi Atemus Ruhepol, denn deine Geschichte ist nicht die Erste in der Yugi eine beruhigende Wirkung auf den Pharao hat. Trotdem frage ich mich, immer noch was vor drei Jahren geschehen ist. Auf die Lösung dieses Geheimnisses werde ich wohl noch warten müssen.

Gandora, ich muss mal googeln wie der Drache aus sieht, denn so wie du ihn beschrieben hast kann ich ihn mir noch nicht richtig vor stellen.

Ja, da kann ich Honda nur zu stimmen, dass dies Seth sehr getroffen hat, dass er die Leute außerhalb des Palastes nicht besser beschützen konnte, denn wenn ich richtig zwischen den Zeilen gelesen habe, dann hat... ist... ich weiß jetzt nicht wie ich´s ausdrücken soll, den Charakter von Seto. Und Seto, dies wissen wir alle kann keine Niederlagen ertragen.

Da hat sich Mashmellow aber einen ziemlich großen Gefährten aus gesucht. Aber war ja klar, dass für Yugi eine sehr mächtige Ka-Bestie in frage kommt, schließlich fließt ja in seinen Adern sehr mächtiges Bestienzämer Blut.
Schade dass es eine FF ist und kein Doijshi, denn ich hätte zu gerne das Gesicht von Seth gesehen.
Freu mich schon auf´s nächste Kapitel
Und morgen einen schönen So.


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