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Schatten über Kemet

von

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22. Kapitel

Yugi hatte nie zuvor so viele Bestien auf einmal gesehen. Einige sahen aus wie Menschen, andere wie Tiere, andere wie Mischwesen und einige, ähnlich Marshmallon, glichen nichts, was Yugi je gesehen hatte.

Einige der Bestien flogen, mit Flügeln oder auch ohne, andere hatten zwei Beine oder vier oder sogar noch mehr!

 

Jono half Yugi, sich hinzusetzen, während die ersten Bestien anfingen, den Rest der Statue zu stützen und dann abzutragen. Aber der weitaus größere Teil stürzte sich auf die schwarze Fratze am Himmel.

 

Yugi schloß die Augen. Als er sie wieder öffnete, trug Jono eine bewußtlose Frau zu ihm und lehnte sie an die Mauer. Ihr kurzes, brünettes Haar war mit golden schimmernden Perlen geschmückt und auf ihrer Brust ruhte ein kunstvolles Amulett, das die Göttin Hathor zeigte.

 

Jono kniete sich neben sie und gab ihr einen leichten Klaps auf die Wange. „He! He, hörst du mich?“

 

Die Frau stöhnte leise, ihre Lider flatterten.

 

Yugi blickte hinauf in den Himmel. Die Bestien hatten das monströse Gesicht eingekreist. Dieses schnappte nach ihnen und heulte, noch mehr, als ein heller Energieblitz es traf und ein Loch in es riß.

„Was ist das nur, Jono?“

 

Der folgte Yugis Blick, bevor er sich wieder um die Frau kümmerte. „Frag mich was leichteres.“

 

„Ein… Ein Fluch…“

 

Yugi drehte sich überrascht um.

 

Die Frau atmete schwer. Ihre Stimme war schwach. „Die Hohepriesterin… wollte das Kind… das Kind retten. Vor dem Fluch…“

 

Yugi fiel der kleine Junge ein, den Marshmallon davongezerrt hatte. „Der Junge war verflucht?“

 

„Ja… Mit etwas Schwarzem ohne Namen…“

 

Jono stützte die junge Frau. „Ganz ruhig! Die besten Leute des Pharaos kümmern sich jetzt darum.“

 

Sie alle wandten den Blick zum Himmel. Noch immer versuchte der schwarze Schädel auszubrechen und die Ka-Bestien mußten seinen zuschnappenden Kiefern ausweichen. Weitere Lichtblitze schlugen in das Monstrum ein.

Yugi blickte hinunter, zu den Leuten des Pharaos. Er glaubte, Meisterin Isis zu erkennen, aber in dem Gewirr der bodengebundenen Bestien, Soldaten und Zauberer war nur schwer etwas auszumachen.

 

Yugi rappelte sich wieder hoch. „Ich muß ihnen helfen…“

 

„Das wäre Selbstmord! Du hast schon genug deines Bas benutzt!“

 

Honda! Yugi starrte ihn an, als der ihn wieder runterdrückte.

 

„Ihr bleibt hier, kümmert euch um die Verletzten. Wir übernehmen den Rest.“

 

Auch wenn Honda keinen höheren Rang als seine Freunde bekleidete, sein entschlossener Blick reichte aus, um jeglichen Protest im Keim zu ersticken.

„Der Pharao ist selber hier. Wir sollten ihm keine Sorgen machen.“

 

Das Letzte galt eindeutig Yugi. Der versuchte im Gewirr der Leute Atem zu entdecken, aber… Es knallte und zischte und das wabernde Monstrum knurrte. „Was ist das nur?“ fragte er niemand Bestimmten.

 

„Ich wünschte, ich wüßte es.“ Die junge Frau saß nun allein, während Jono zu den anderen Leuten eilte. „Ich bin übrigens Anchsunamun, aber meine Freunde nennen mich alle Anzu“, stellte sie sich vor.

 

Yugi lächelte sie an. „Yugi. Bist du eine Priesterin?“

 

„Ich bin Erste Tänzerin im Tempel der Hathor von Waset“, berichtete Anzu. „Ich wünschte wirklich, ich könnte etwas tun, um euch zu helfen.“

 

Ein furchtbares Heulen erklang und alle starrten wieder hinauf in den Himmel. Vorhin hatte das Monstrum eher einem Schakal geglichen, nun sah es wie ein deformierter Geier aus, der mit gebogenem Schnabel nach den Ka-Bestien hackte. Ein rötlicher Nebel stieg aus den Federn ihres Feindes empor und umhüllte die Ka-Bestien. Schmerzensschreie zerrissen die schwüle Luft und Yugi krümmte sich unwillkürlich zusammen. Der Schmerz der Ka-Bestien traf natürlich auch ihre Beschwörer und Yugi konnte ihn nachempfinden.

 

Die Bestien zogen sich zurück, einige stürzten sogar vom Himmel, bis sie sich in goldenen Funken auflösten. Sie und ihre Meister würden ruhen müssen, bevor…

Das Geierwesen kreischte und sein Flügelschlag ließ erneut Wind über den Platz rasen.

 

„Vorsicht!“

 

Yugi fühlte sich in die Luft gehoben, eine Hand faßte seine Schulter und riß ihn zurück. Jono! Anzu auf den Armen und Yugi an der Schulter haltend eilte der weiter zurück zwischen die Tempel. Yugi entdeckte weitere Soldaten, die Menschen trugen oder sie mit lauten Befehlen zurückscheuchten.

Yugi drehte sich gerade noch, um den schwarzen Schädel zu entdecken, der ihnen folgte. Wie hatte der nur die Blockade der Ka-Bestien überwinden können? Wieso geschah das überhaupt?

Hoffentlich ging es Atem und den anderen gut.

 

Ein neuerlicher Wind fegte durch die Gasse, so kalt, daß Yugi glaubte, seine Zehen würden erfrieren. Sie rannten und rannten und um sie herum die Soldaten ohne Ka-Bestien, die Bürger, die flüchteten. Mütter und Väter mit Kindern, Männer und Frauen… Yugi keuchte, seine Füße schienen kaum noch den Boden zu berühren und sein Herz schlug ihm bis in den Schädel.

 

Da erbebte die Erde! Yugi verlor den Tritt und riß Jono und Anzu dabei zu Boden. Viele andere stürzten ebenso. Yugi drehte sich keuchend auf den Rücken und seine Augen wurden groß.

 

Über der schwarzen Monstrosität hatte sich eine Art fünfzackiger Stern gebildet, golden schimmernd und von der Größe eines großen Hauses, und aus diesem stieg die größte Ka-Bestie, die Yugi je gesehen hatte! Gut, er hatte nicht so viele gesehen, aber dennoch… Die Bestie trug ein Nemes-Kopftuch und sein riesiger, menschenartiger Leib strahlte fast golden.

Es hob die Faust und schlug zu!

Mit einem grauenhaften, unmenschlichen Schrei zerstob der dunkle Vogel. Durch seinen zermalmten Körper drang langsam wieder die Strahlen Ras.

 

Die Ka-Bestie glühte einmal auf, dann verschwand sie.

 

„Exodia, die Verbotene“, wisperte Jono voller Ehrfurcht. „Es ist wahr. So mächtig wie die Beschützerin Kemets ist sonst kein Monster.“

 

„E-exodia?“ Yugi wandte langsam den Kopf zu seinem Freund.

 

„Ja. Sie mußte in fünf Steintafeln gebannt werden und es gibt nur einen Menschen, dem sie gehorcht.“ Jono blickte Yugi an. “Dem Wesir, deinem Großvater.“

 

Yugi starrte Jono ungläubig an. „W-was?“

 

„Ja.“

 

Kein Wunder, daß er nun Teil der Armee war. Sie mußten ja annehmen, daß Yugi über große Kräfte als Bestienzähmer verfügte, wenn sein Großvater die mächtigste Bestie kontrollieren konnte.

 

Da sprengte, unter Wiehern, ein Soldat heran, nein, ein Offizier und sprang, kaum daß sein Reittier stand, von dessen Rücken.

 

„General!“ Jono strahlte. „Das Monster ist besiegt!“

 

„Das habe ich gesehen.“ Der General nahm seinen Helm ab.

 

Anzu strahlte und streckte beide Arme nach der anderen Frau aus. General Mai zog die Tänzerin mühelos an sich, ihre Lippen berührten sich…

 

Mit flammenden Wangen wandte Yugi den Blick ab. Das ging ihn nichts an! Jono neben ihm machte ein ungläubiges Geräusch.

 

„Geht es dir gut, Anzu?“

 

„Ja, dieser junge Mann da hat mir geholfen und auch seinen Kameraden beschützt.“

 

Yugi wagte es wieder zu den Frauen zu sehen. Er bekam noch mit, daß Anzu auf Jono deutete. Er lächelte. „Er hat sich heute auch sehr gut geschlagen. Ohne ihn und Mana wäre die Statue sicher umgestürzt.“

 

„Du und Mokuba, ihr habt schon vorher versucht, die Menschen wegzubringen. Und das obwohl ihr noch lange nicht genug Energie für solche schwierigen Manöver habt“, konterte Jono.

 

„Ihr habt euch alle tapfer geschlagen. Das werde ich auch dem Pharao berichten.“ Mai lächelte, doch ihr Blick lag auf Anzu. „Wir sollten euch alle ins Haus der Sachmet bringen und euch untersuchen lassen.“

 

„Mir geht es schon viel besser!“

 

„Das liegt nur an den großen Schrecken. Wenn er nachläßt, wirst du zusammenklappen, Anzu. Und deinem Retter und Yugi könnte es ebenso ergehen.“

 

„Da ist was dran. Außerdem sagtest du doch, das Ganze sei erst losgegangen, als eure Hohepriesterin einen Fluch lösen wollte, nicht?“ Yugi blickte Anzu aus großen Augen an.

 

„Echt? Dann sollten die Magier sich uns auch noch ansehen. Nicht, daß der Fluch auch uns befällt.“ Jono schüttelte es.

 

Anzu seufzte erschöpft. „Ihr habt recht. Sicher ist sicher.“

 

„Dann laß uns zu den Heilern und Magier gehen.“ Mai hob Anzu mühelos auf ihr Pferd. Jono grinste und klopfte sich beim Aufstehen den Staub ab, dann half er Yugi hoch. Zu viert kehrte ihr Grüppchen Richtung Marktplatz zurück.

 

Kaum war dieser in Sichtweite mit den vielen Soldaten und Bestienzähmern fühlte Yugi sich viel besser. Atem war auch dort und natürlich sein Großvater. Er hoffte, er konnte sich auch versichern, daß es Mokuba gut ging, Mana, Honda und Ryou. Dann wäre ihm viel wohler ums Herz.

 

Mai führte sie an Heilern und Verletzten vorbei, an Magiern und Soldaten, bis sie den Pharao erreichten, der halb an einem weißen Hengst lehnte. Zu seinen Füßen saß Yugis Großvater und stürzte einen Krug Bier hinunter.

 

Yugi lief sofort zu diesem und kniete sich neben ihn. „Geht es dir gut, Großvater?“

 

„Ja, ich bin nur sehr erschöpft.“

 

„Ich wollte ihn abhalten“, mischte Atem sich mit einem resignierten Lächeln ein, „doch der alte Sturkopf hat sich nichts sagen lassen.“

 

„Bei allem Respekt, ich habe schon gekämpft, mein Pharao, da lagst du noch in den Windeln.“

 

Atem lachte, ebenso Mai, die inzwischen Anzu vom Pferd geholfen hatte.

 

„Bruder, ich will, daß sie sich alle hier untersuchen lassen, von Heilern wie Magiern.“

 

Atem nickte. „Natürlich. Ist das nicht deine Freundin?“

 

Besagte Freundin verneigte sich und Mai nickte. „Das ist Anzu.“

 

„Zu gütig, daß du dich an mich erinnerst, ehrenwerter Göttersohn.“

 

„Ich hoffe, ich werde dich wieder öfter im Palast sehen, solange Mai uns die Ehre erweist.“

 

Anzu nickte, dann schwankte sie etwas. Mai stützte sie und half ihr, sich neben Yugis Großvater zu setzen. Yugi holte Bier für sie alle und war froh, als das Gebräu seine Kehle hinunterfloß und ihm etwas Stärke zurückgab. Gerade wollte er fragen, wie lange es dauern würde, bis die Heiler bei ihnen angekommen waren, da stürzte eine Gestalt auf den Platz.

Die weißen Haare wirr im Gesicht stieß diese einen unmenschlichen Schrei aus. Yugi bekam Gänsehaut. Die Gestalt taumelte auf sie zu, krallte ihre Finger in die Arme. Sie schrie erneut und voller Grauen sah Yugi nun das Schwarz, das der Gestalt aus dem Mund rann. Das Schwarz, das sich unter den Füßen ausbreitete.

 

Ryou sank lautlos in sich zusammen und wimmerte. „Macht… Macht es weg!“ heulte er wie von Sinnen und riß sich mit den Fingernägeln seine blaße Haut auf. Aus jeder Wunde quoll noch mehr Schwarz.

 

Yugi wurde schlecht und dann bestand seine Welt nur noch aus Schwärze.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Black_Magic_Rose
2017-10-15T21:42:12+00:00 15.10.2017 23:42
Wow ... Also ich hab ja schon eher mit Ryou gerechnet, aber damit? Krass ...

Mach weiter so. ^~^


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