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Afterworld

von

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Cal ging durch das Penthouse. Er kontrollierte jeden Raum. Stimmte die Luftfeuchtigkeit? War die Temperatur richtig eingestellt? War alles staubfrei und aufgeräumt? Funktionierte die Technik in den Räumen und waren die Systeme online? Wie er es in seiner Ausbildung zum Furniture gelernt hatte, sorgte er für eine angenehme und bequeme Unterkunft, sowie eine exquisite und herausragende Versorgung für seinen Meister und dessen Haushalt. Wobei er in den letzten 3 Monaten eher für sich selbst und die Unterkunft sorgte. Es war ja niemand weiter da, außer ihm.

Cal hatte bereits Küche, Bad und nun den Wohnraum inspiziert. Jetzt begab er sich zu Lord Iason Minks Privatbüro. Die Tür öffnete sich, und gab so den Blick auf einen großen Schreibtisch frei, hinter dem ein Panoramafenster die Aussicht auf Tanagura und den dahinter befindlichen Raumflughafen preis gab. Da das Büro nach Norden ausgerichtet war, konnte man in der linken Seite Parthea sehen. Ein Gebäude, in dem sich Festsäle, Konferenzräume, und diverse Suiten sowie Salons befanden. Alles was für die Arbeit und Empfänge mit Politiker, Diplomaten und wirtschaftlichen Vertretern aus allen Welten notwendig war.

Doch es war die rechte Seite des Fensters, die Cals ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Den dort sah man den Jupiter Tower über die Stadt aufragen. Es war ein imposanter Anblick, wie er da stand, und von der Morgensonne in flammend rotes Licht und einen malvenfarbenen Schein getaucht wurde. Ein neuer Tag brach an.

„Tag Nummer 112!“ sagte Cal zu sich selbst und schlug die Augen nieder.

Er erinnerte sich an den Tag, als Lord Iason Mink das letzte mal sein Heim verließ, und auch an die Tage zuvor. Fast 2 Wochen vor der Katastrophe,die Cal allein zurück lies, bekam sein Meister einen Anruf auf seine private Nummer. Diese Nummer war nur für wichtige Nachrichten und Notfälle gedacht, und auch nur 4 Personen hatten sie. Zum einen Lord Raoul Am, der einzige Vertraute seines Meisters unter allen Blondies. Dann der Ex-Furniture Katze, der im Auftrag von Lord Mink, dem Kaisers des Schwarzmarktes und Herr des Amoi-Syndikates, alle täglichen Geschäfte leitete. Auch Cal selbst hatte diese Nummer, um seinen Herrn zu erreichen, wenn es wichtig war und er auf normalen Weg nicht erreicht werden konnte.

Aber die vierte Person, die diese Nummer hatte, war wohl auch die wichtigste Person für seinen Herrn. Es war sein Mongrel-Pet Riki. Nach dem Riki von seinem Jahr der Freiheit nach Eos zurück gekehrt war, wurde er auf Grund eines Zwischenfalls mit dem Furniture Simon, bei dem der Mischling schwer verletzt wurde, nach Apatia verlegt. Dadurch konnte Lord Mink nicht mehr ständig mit seinem Liebling zusammen sein. Er gab ihm die Nummer, weil er hoffte, dass Riki ihn anrufen würde. Aber das tat er nie. Obwohl es seine Exzellenz ärgerte, schien er auch froh über diese Eigenheit von Riki zu sein. Hatte er so doch einen Grund nach Apatia zu fahren, um nach den Rechten zu sehen, egal wie spät es war.

Aber dieser eine Anruf! Er kam von Katze, und veränderte alles. Eine ganze Woche war Sein Meister in einer grüblerischen und missbilligenden Stimmung. Bis eines Abends ein weiterer Anruf kam. Zuerst dachte Lord Mink, dass es Riki sei, aber dem war nicht so. Es war jemand der Riki kannte. Cal hatte das Gespräch mit angehört. Er wusste das etwas mit Riki passiert war, aber was genau, wusste er nicht. Erst an diesem Abend hatte er eine Ahnung, das der Junge verschwunden sein musste. Und so wie sein Meister reagierte, bestimmt nicht freiwillig.

Es war dann an dem darauf folgenden Mittwoch. An diesem Morgen wirkte Lord Mink aufgeregt und angespannt. Er hatte sich bereits am frühen morgen in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und wollte nicht gestört werden. Dann, um 14 Uhr, kam er heraus und verließ direkt das Penthouse.

Einige Stunden später gab es eine riesige Explosion und ein starkes Beben, das die Wände erzittern lies. Cal war die ganze Nacht wach geblieben und wartete. Aber sein Meister und dessen Pet kehrten nicht in die Sicherheit des Eos Palace Tower zurück.

Erst am nächsten Morgen um 5 Uhr erfuhr er, was geschehen war. Lord Raoul Am kam persönlich und unterrichtete ihn, das es einen schweren Unfall gab, bei dem Lord Iason Mink stark beschädigt wurde. Dieser Unfall wurde durch dem Kollaps von Dana-Burn verursacht. Cal würde also für einige Zeit allein im Penthouse sein. Aber er sollte wissen, was seine Aufgaben sind. Und so wandte sich Lord Am wieder zur Tür. Doch bevor er gehen konnte, richtete Cal das Wort an ihn.

„Lord Am! Darf ich fragen, ob es nicht besser wäre, wenn Meister Riki vorerst wieder zurück kommt und in meiner Versorgung ist, bis der Meister wieder voll funktionsfähig ist?“

Raoul stand unbeweglich da, mit Blick auf die Tür und Cal den Rücken zu gewandt.

„Das wird nicht nötig sein. Außer du willst dich um eine verkohlte Leiche kümmern.“

Mit diesen Worten verließ Lord Am das Penthouse, und lies einen vollkommen geschockten Cal zurück.

Der junge Furniture kehrte mit seinen Gedanken in die Gegenwart zurück.

Die Bedeutung dieser Worte trieben ihm noch immer die Tränen in die Augen. Er atmete tief durch, wandte seinen Blick vom Fenster ab, und ging zum Schreibtisch. Dort griff er nach einem Handprojektor. Eine kleine, runde Plattform, die verschiedene Bilder und auch Töne wiedergeben konnte. Wie jeden Morgen schaltete Cal die Wiedergabe an und stellte das Objekt zurück auf den Schreibtisch. Die Wiedergabe, die Lord Mink eingestellt hatte, öffnete sich. Cal betrachtete die holografischen Projektionen. Es waren Aufnahmen von Riki.

Sie zeigten ihn in den verschiedensten Situationen. Wie Riki vollkommen verwundert nach oben starte, und sich dann wieder fing und zum verbalen Angriff über ging. Oder wie er rücklings auf einen Stuhl saß, schlafend und mit einer Flasche Alkohol in der Hand. Aber auch das Bild von ihm, weswegen er drei Wochen Hausarrest hatte. Cal wusste, dass dies eines von Lord Minks Lieblingsbildern war. Riki war in einen Baum auf dem Gartenlevel von Eos geklettert, und dort eingeschlafen. Zwei Vögel hatten sich auf Riki niedergelassen, und zwitscherten fröhlich vor sich hin.

Es gab aber auch Sequenzen, in denen Riki zusammen mit seinem Meister zu sehen war. Wie die, als Riki seine 2. Coming-Out-Party hatte. Von den Möbeln, die an diesem Abend dort auf der Party dienten, hatte Cal erfahren, das Lord Mink Riki mit dem Petring stimulierte, um so dem Wunsch von Lord Gideon Lagat nach ein wenig Spaß zu entsprechen. Aber die Wiedergabe zeigte Lord Mink, wie er seinem völlig verwirrten und aufgewühlten Riki auf den Schoß nahm, und ihm etwas zutrinken gab. Dies geschah in Form eines Kusses.

Cal schmunzelte. Das war bestimmt eine ziemliche Aufregung für die Eliten.

Wenn die Pets zuvor schon neidisch auf diesen Bastard waren, weil er zurück geholt wurde, dann würden sie danach Töten, um so von ihren Meistern geliebt zu werden.

Aber keines dieser, von den Akademien gezüchteten Pets, oder gar den Eliten, verstand die wahre Natur dieser Beziehung. Vielleicht verstanden es die Beiden nicht mal selbst.

Als Cal des Arbeitszimmer verließ, um in den nächsten Raum zu gehen, dachte er an die Veränderungen, die es im Wesen von Lord Mink gab, zu den Zeiten, in denen Riki noch frei in Ceres lief, zu denen, in der er wieder in Eos war, und zu der Zeit, als Riki nach Apatia verlegt wurde.

'Die Stimmungsschwankungen eines Weibchens, das sich in seinem Zyklus befindet, sind ein Witz dagegen!'

Cal seufzte und betrat das Schlafzimmer seines Herrn. Ja, sein Meister war tatsächlich launisch. Hätte man ihm gesagt, dass eine Elite, noch dazu ein Blondie, zu solch einem Charakterzug fähig ist, hätte er denjenigen für verrückt erklärt. Aber er hatte es ja selbst erlebt.

Als er zu Iason Mink kam, zeigte dieser ihm eine Fassade der Kälte und Unnahbarkeit. Er schien von allen und jeden unbeeindruckt und nicht im geringsten interessiert. Erst im Lauf der Monate, nahm Cal die kleinen Veränderungen im Verhalten seines Meisters war. Am Abend starrte Lord Mink immer aus den Fenstern in Richtung von Midas. Manchmal stand er sogar auf den Balkon. Dann wandte sich sein Blick direkt nach Südwesten, vorbei an die grellen Neonlichter der Stadt, in die Dunkelheit dahinter.

Cal wartete dann immer gehorsam in gebührenden Abstand, im Falle sein Meister hätte einen Wunsch. Aber Lord Mink sprach nie zu ihm.

Bis an diesen einen Abend, 5 Monate nach dem er zu seinen Meister kam.

An diesem Tag war Iason ausgegangen. Er wollte die Auktion im Mistralpark besuchen. Als Lord Mink dann am Abend nach Hause kam, hatte dieser ein Lächeln auf den Lippen, und seine Augen strahlten ein Feuer aus, dass Cal nie für möglich gehalten hätte. Sein Meister reagierte gar nicht auf den verwunderten Ausdruck in dem Gesicht seines Furnitures. Er ging direkt in sein Arbeitszimmer. Eine Stunde später kam dann Katze. Es war das erste mal, dass Cal auf den Ex-Furniture seines Meisters traf. Er sagte kein Wort, als ihm die Tür geöffnet wurde. Er nickte nur kurz und ging dann direkt in das Arbeitszimmer zu Meister Iason. Kurze Zeit später das selbe Szenario beim gehen. Kein Wort, nur ein Nicken. Etwas Später, Als bereits die zwei Monde aufgegangen waren, kam sein Meister auch aus seinem Arbeitszimmer und ging direkt auf den Balkon. Aber anders als sonst, hatte er dieses mal einen zufrieden Gesichtsausdruck. Er lächelte sogar leicht.

„Sagt dir der Name Riki in Verbindung mit dem Guardian etwas, Cal?“

Zurück in der Gegenwart, schloss Cal die Tür des Schlafzimmers, und ging zu dem letzten Raum am Ende des Flures.

'Ja, der Name sagt mir etwas. Sogar sehr viel!' Mit diesem Gedanken betrat er das Haustierzimmer.

Cal war 14 Jahre alt, als er von Lord Mink gekauft wurde. Und 15, als Riki zurück kam. Ja, er kannte Riki sehr gut. Auch wenn sie 5 Jahre auseinander waren. Im Guardian gab es niemanden, der Riki nicht kannte. Abermals glitten Cals Erinnerungen zurück. Zurück zu den Abend, an dem Iason Mink ihn nach diesem Jungen fragte.
 

„Du kannst offen und ehrlich antworten, Cal. Ich weiß, dass du aus dem Guardian stammst.“ Iason drehte sich zu seinem neuen Furniture um, als dieser nicht sofort antwortete. Er sah das blasse Gesicht und die Panik in den Augen des Jungen. Für Furniture war es ein absolutes Tabu, über ihre Vergangenheit zu reden. Das Leben das sie vorher hatten, gab es nicht. Sie waren keine Menschen mehr, nur Gegenstände. Sie hatten auch keinen Namen. Dieser wurde ihnen von ihren Meistern gegeben. Aber Iason wollte diese Vergangenheit. Er hatte diesen jungen direkt und ohne Vorkenntnisse als Möbel aus dem Guardian geholt. Nur mit der Grundausbildung und der Konditionierung, die für seine Arbeit notwendig war. Und das aus einen bestimmten Grund. Und jetzt wurde es Zeit diesen offen zu legen.

„Du und Riki, ihr habt einen Altersunterschied von 5 Jahren. Das bedeutet, du warst etwa 8 Jahre alt, als Riki Guardian verließ.“

Iason ging langsam auf Cal zu, faste dessen Kinn und hob es nach oben, so das der Junge gezwungen war, ihm direkt in die Augen zu sehen.

„Hinzu kommt, das ihr beide im selben Block erzogen wurdet.“

Iason beugte sich zu dem Jungen hinunter. Sein zuvor warmer und verständnisvoller Blick wurde zu einem eiskalten Himmel, der einen tödlichen Sturm ankündigte. Sein Lächeln verzog sich grausam und verhieß Schmerz und Leid.

„Also, Cal. Du willst mich doch nicht ebenso enttäuschen, wie es dein Vorgänger Daryl getan hat. Nur weil er wissen wollte, ob Riki noch immer der selbe unzähmbare Bastard ist, wie der Junge, den er aus dem Guardian kannte. Hm?“

„N- Nein, my Lord. Ich will euch nicht enttäuschen. Ich weiß nur nicht, was ihr von mir verlangt, Herr.“

„Was ich verlange?“

Iason lies Cal los, richtete sich auf und zog eine Augenbraue hoch.

„Ich verlange absoluten Gehorsam und die Wahrheit über deine Verbindung mit Riki, da er noch immer als mein Haustier registriert ist.“

Cals Augen weiteten sich bei dieser Offenbarung. Dann senkte er den Kopf und atmete schwer ein und wieder aus, sammelte seine Gedanken.

Er hob den Kopf und sah seinen Meister direkt in die Augen.

„Ja, Herr. Ich erinnere mich an Riki aus unserer Zeit im Guardian.“

Iasons Blick wurde mit einem Schlag ruhig. Er war zwar immer noch streng und bedingungslos, aber er hatte die Tödlichkeit verloren. Stattdessen huschte ein Ausdruck über sein Gesicht, den Cal für ein Moment verwirrte.

„Erzähl!“ befahl Iason mit festem, strengem Ton.

Und so beschloss Cal, das es besser für ihn war, alles offen zu legen, woran er sich erinnerte.

Iason lauschte Aufmerksam den Ausführungen seines jungen Furniture. Lächelnd drehte er sich wieder um, und blickte in die Dunkelheit, die für Cal nun nicht länger unbekannt war. Seit diesem Abend hatte sie einen Namen. Ceres!
 

Cal hatte sich auf das Bett gesetzt, und hielt ein Stofftier in der Hand. Ein kleines, schwarzes Wesen, das mit liebe zum Detail gefertigt wurde. Es hatte vier wunderschöne, große Flügel, mächtige, mit Klauen bewehrte Pranken, einen starken Schwanz und einen gewaltigen Kiefer. Auf seinem Kopf waren zwei Hörner, die sich in einer Spirale nach oben wanden.

Es wurde von dem Furniture Daryl genäht, und war ein Geschenk für Riki zu dessen 18. Geburtstag. Obwohl es nur ein Stofftier war, hatte es eine unglaubliche Präsenz und eine tiefe Bedeutung. Grade für jene, die aus dem Guardian stammen.

'Der Varja! Symbol für Ragun, dem Gott der Unterwelt und Grendel, dem Seelenzerstörer. So wurde über dich geflüstert. Und das schon zu deiner Zeit im Guardian, sogar darüber hinaus. Riki!'

Raouls Worte Kamen ihm in den Sinn.

„Außer du willst dich um eine verkohlte Leiche kümmern.“

Es war vollkommen egal, wie lange der Elite sein Pet behielt. Egal, wie sehr der Android den Menschen schützte. Es war auch egal, wie sehr sich Iason Mink und Riki liebten. Am Ende bleibt die Kluft zwischen künstlichem und biologischem Wesen. Zwischen fast Unzerstörbarkeit und Verletzlichkeit. Die Kluft zwischen der Unsterblichkeit der Schöpfungen Jupiters, die als Elite in dessen Auftrag über Amoi herrschen, und der Sterblichkeit eines einfachen Menschenlebens, das in dieser Welt ohne Bedeutung war.

Katze hatte ihm erzählt, das Riki und Iason zusammen waren. Aber während Iason Mink bis zu einem gewissen Grad rekonstruiert werden konnte, konnte Riki nichts und niemand zurück bringen. Iason sollte zurück kehren, aber Riki war für alle Zeit verloren.

Mit dieser Gewissheit rollte sich Cal auf dem Bett zusammen, drückte den kleinen Varja stärker an sich, und gab sich seiner Trauer und seiner Tränen hin.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Endlich geschafft! Ich habe mich lange mit diesem Kapitel aufgehalten, da ich nicht recht wusste, wie ich es schreiben soll. Besonders da meine Gedanken schon sehr viel weiter in der Zukunft hängen.
Ich hoffe es gefällt euch. Viel Spaß beim lesen. Komplett anzeigen

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