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Was die Hitze des Sommers nicht alles bewirken kann...

The Vessel and the Fallen 1
von

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Zauberei

~*~
 

Der schwarze Magi versuchte gar nicht erst sein Lachen zu dämpfen. Der Zottel war ohnehin viel zu geschafft von seinem ereignislosen Tag und schlief wie ein Toter. Ganz schutzlos lag der Idiot da, ohne seinen Zausel mit dem Bogen, der ihn vor Unholden beschützen könnte. Chuu'un war ein unerträglich steifer Geselle, der es mit der Sicherheit seines Herrn viel zu genau nahm. Doch nun war er fort. Ein dummer Zufall. Perfekt. Und sein Opfer wehrlos.
 

Die Rukh des Prinzen tanzten traumwandlerisch vor Judars Augen. Egal wie sehr er auch die Finger in Koumeis Schulter krallte, den anderen ließ es völlig unbeeindruckt. Hervorragend, alles war wie für seine kleine, aber göttliche Rache geschaffen. Mit einem harschen Befehl brachte er die Rukh seines Königsgefäßes dazu, hektischer zu flattern. So wie der Prinz mit ihm gespielt hatte, fiel dem Magi nur eine angemessene Strafe für ihn ein. Momentan leuchteten dessen Rukh noch in einem reinen Weiß, doch je mehr Judar sich mit ihnen beschäftigte und ihnen Anweisungen gab, die nur ein Magi kannte, verfärbten sie sich zu einem zarten Rosa. Eine scheußliche Farbe. Genauso scheußlich wie Koumei sich fühlen würde, wenn er irgendwann wieder zu sich kommen sollte und merken würde, was es bedeutete, es sich mit Judar zu verderben.
 

Während die kitschige Rosafärbung der Rukh intensiver wurde, kam plötzlich Leben in den Schlafenden. Unruhig wälzte er sich hin und her. Griff blind in die Luft. Bereitwillig schob Judar seine Finger zwischen die seines Opfers. Erbärmliches, hässliches Prinzlein. Wobei, trotz seines vernarbten Gesichts und seiner verschreckenden Ausstrahlung gab es da etwas an ihm, das Interesse in dem Priester weckte, ansonsten hätte er sich wohl kaum mit ihm abgegeben. Schwerfällig flatternde Augenlider belohnten ihn für seine Anstrengungen. Nie war ihm aufgefallen, dass Koumeis Augen dieselbe Farbe wie liebeskranke Rukh besaßen. Na ja, nun besaß er die beste Vergleichsmöglichkeit. Was für ein passender Zufall.
 

„Judar?“, murmelte der Prinz.

„Natürlich bin ich es, du dämlicher Zottel“, keifte er, woraufhin sich ein erfreutes Lächeln auf den Zügen des anderen abzeichnete. Der Magi lachte auf. Der Anblick war zu verrückt um wahr zu sein: Sein griesgrämiger Königskandidat lächelte ihn an. Voller Zuneigung, obwohl er sich keinerlei Mühe gab, nett zu sein. Oh, der Trottel würde sich so sehr schämen, wenn er sich irgendwann seines Verhaltens bewusst werden sollte.

„Wie schön, dass du da bist, ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet“, sagte Koumei.  

Judar kicherte. Den hatte es voll erwischt. Wenn der zweite Prinz die Wahl zwischen Schlaf und einer geliebten Person hätte, hätte er für gewöhnlich wohl immer noch sein Bett vorgezogen. Zumindest schlief er lieber, als bei seinen Brüdern zu sein. Es war fast unheimlich, wie sehr ihn der Zauber verändert hatte. Sicherlich würde dieser Bann nicht allzu lange anhalten. Doch das musste ihm reichen, um zu bekommen was er wollte: Einen Dämpfer für den hochmütigen Prinzen. Der ihn wie Dreck behandelt hatte. Gedemütigt und weggestoßen.
 

„Wie schön, dass du mit dem Schlafen auf mich gewartet hast“, keckerte der Magi und ließ sich zu seinem Königsgefäß aufs Bett pumpsen.

„Ja, nicht wahr?“ Der Idiot lächelte selig und ließ ihn für keinen Moment aus seinen unnatürlich geweiteten Augen. Seine Rukh platzten regelrecht vor Zuneigung zu ihm. Hervorragend. Koumeis Finger waren untrennbar mit den seinen verwoben. Anscheinend würden sie sich so schnell nicht wieder von einander lösen. „Bleibst du heute Nacht bei mir?“, bat der Prinz und versuchte, Judar näher an sich zu ziehen.  

Auf dieses Angebot werde ich zu gerne eingehen. Ich hoffe nur, du hast deinen üblichen guten Schlaf. Dann folgt morgen ein böses Erwachen! „Aber natürlich.“ Er schaffte es einfach nicht, einen Satz herauszubringen der kein höhnisches Kichern beinhaltete.

Allerdings kümmerte das den anderen überhaupt nicht. Arglos blinzelte Koumei ihn an und strich über seinen Unterarm. „Das freut mich sehr.“

Dieses völlig unpassende freundliche Lächeln, welches er dem Magi immer schenkte! Unheimlicher Zottel! Plötzlich ruckte dieser so heftig an Judars Arm, dass er Bekanntschaft mit einer mageren Hühnerbrust unter verrutschten Nachtgewändern machte. Ziemlich hart und unbequem, er wollte wieder weg von hier.

Keine Chance. Sofort schlang Koumei die dürren Arme um ihn und Judar zuckte zusammen. Kalte Hände strichen über seinen bloßen Rücken. Eine Gänsehaut überfiel ihn. „Lass mich los!“, presste er hervor, aber der Griff verfestigte sich unerbittlich.

Koumei drehte sich mit ihm zur Seite, wobei sie beinahe aus dem Bett gefallen wären. „Bleib doch hier, du hast es mir versprochen.“

Judar wusste nicht, was er tun sollte. Dieses seltsame Verhalten begann, ihm unangenehm zu werden.
 

Zum ersten Mal befiel ihn ein ungutes Gefühl bei der Sache. Was, wenn die Schlafmütze gleich völlig von Sinnen über ihn herfallen würde? Ja, Judar hatte keinen Gedanken daran verschwendet, dass dieser Zauber für ihn selbst Gefahren bereithalten könnte. Er vertraute darauf, dass der Zottel zu schwach war, um ihm irgendetwas anzutun, obwohl er es besser hätte wissen müssen. Koumei grummelte irgendetwas Unverständliches und zog ihn noch näher an sich. Seine Augen waren längst wieder zu gefallen. Nein, er würde ihm nichts antun, dazu war er tatsächlich zu schlaff.
 

Der Priester grinste höhnisch. Dieses dumme Königsgefäß. Niemand verscherzte es sich mit seinem Magi! Alles lief nach Plan. Der Zottel würde ihn in den nächsten Stunden nach dem Aufwachen wahrscheinlich auf Händen tragen. Was würde es wohl für einen Aufruhr und böse Zungen im Palast geben, wenn jeder wüsste, dass der schläfrige zweite Prinz ein besonders Interesse an ihrem Hohepriester gefressen hatte? Mit ihm sogar sein Bett teilte? Zu schön, um es sich auszudenken. Koumei würde sich vor Gerüchten nicht mehr retten können. Seine Rache war perfekt. Dass er damit vor allem sich selbst schaden könnte, war Judar in seiner Schadenfreude bedauerlicherweise entgangen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Königskandidat auch wirklich schlief und ihm keinen Streich spielte, viel es ihm nicht schwer, ebenfalls im Schlaf zu versinken. Die gnadenlose Umklammerung hatte sich ein wenig gelockert und er merkte, wie erschöpft er war. So ein hinterhältiger Zauber kostete schließlich Kraft.
 

Natürlich bemerkte niemand der beiden Schlafenden, dass unten im Hof eine Kutsche vorfuhr. Ja, die Sache mit Koumei beschäftigte Judar so sehr, dass er sogar für ein paar Stunden die nahende Testamentsverkündung des verstorbenen Kaisers vergaß.
 

Am nächsten Morgen erwachte Judar davon, dass ihm schlanke Hände durch das lange Haar fuhren. Moment… was war mit seinem Zopf geschehen? Verwirrt stammelte er irgendetwas vor sich hin, ehe die Erinnerung überkam und sich ein zufriedenes Lächeln auf seine Züge schlich. Koumei stand also immer noch unter seinem Bann.

„Wie schön, dass du aufgewacht bist, Judar…“

Durch die Zimmerfenster drang das Licht eines leicht vorangeschrittenen Morgens, vielleicht hatte der Prinz verschlafen, aber anstatt sich darum zu sorgen flüsterte er ihm grade schnulzige Liebesbekundungen ins Ohr. Herzerwärmend. Wirklich herzerwärmend. Doch der Prinz runzelte unmerklich die Stirn, als erwartete er eine Antwort.

Judar gluckste schadenfroh. Er sollte ihm wohl etwas entgegen kommen, damit es später auch wirklich genügend Dinge gab, die er dem anderen vorhalten konnte. Oh ja, er konnte ihm mithilfe der Rukh bald ganz genau zeigen, was er getan hatte. Koumei begann anstelle seiner Haare wieder seinen Rücken zu streicheln und Judar hätte Luftsprünge anstellen können. Was war er doch für ein großartiger Zauberer. Außerdem fühlten die zärtlichen Berührungen sich nicht unbedingt schlecht an.

„Ich liebe dich“, murmelte Koumei und legte plötzlich seine Stirn an die des Magi.

Dieser wich ein wenig vor dem schlechten Morgenatem zurück, ehe er betont schleimig beteuerte, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Koumei lächelte wie ein Verrückter, als Judar ihm über die Wange strich. Sie sahen sich tief in die Augen und Judar hätte sich schütteln können vor Lachen. Der Prinz wirkte von nahem völlig weggetreten. Wie besessen kraulte er den Magi im Nacken, nichts von seiner üblichen Müdigkeit schimmerte durch.
 

Auf einmal ertönte ein leises Knarzen. Verwirrt hielt Judar inne. „Lass mich los!“, befahl er leise.

Im Gegensatz zu gestern Abend ließ Koumei ihn ziehen, bedachte ihn aber mit einem enttäuschten Blick.

„Ich komme ja gleich wieder“, gurrte er (schon hatte er wieder ein Strahlen auf das Gesicht des Prinzen gezaubert), ehe er lautlos vom Bett glitt, um unauffällig durch den Raum zu schweben. Sogleich bemerkte er, dass die Tür zu dem Schlafgemach einen auffällig kopfgroßen Spalt geöffnet stand. Hatte sie etwa jemand beobachtet?! Im ersten Moment wollte er vor Freude einen Salto in der Luft schlagen, dass Koumei nun wohl nicht nur mit der Peinlichkeit von Judar bloßgestellt worden zu sein zu kämpfen haben würde. Nein, nun würden sicherlich bald alle im Palast wissen, was er hinter verschlossenen Türen trieb. Dann jedoch wurde ihm mit kaltem Schrecken gewahr, dass es hierbei ja nicht nur um den Prinzen ging. Er hing schließlich genauso mit. Verdammt!
 

Da wanden sich wieder zwei Arme um seinen Bauch. Koumei musste im gefolgt sein. Genüsslich vergrub er die Nase in Judars leicht zerzaustem Haar. Er wollte ihn hoffentlich nicht auch in einen ungepflegten Zottel verwandeln! So ein Mist, irgendwie lief die Sache wohl doch nicht so nach Plan, wie gedacht.

„Hör auf damit, Trottel“, knurrte Judar, „irgendjemand hat uns gesehen!“

Koumeis Augen weiteten sich, dann sagte er jedoch: „Na und? Was ist daran so schlimm?“

Dem Magi blieb der Mund offen stehen.  Vielleicht hatte er Koumei ein wenig zu viel Hirn gestohlen. „Was daran so schlimm ist? Dass bald jeder in Rakushou von uns weiß! Jeder wird denken, wir wären Geliebte oder so ein verfluchter Quatsch!“

„Aber das ist doch richtig?“, fragte Koumei angstvoll. Hecktisch kratzte er sich am Hinterkopf.

„Nein, du Vollidiot!“, keifte Judar.

„A-Aber…?“

„Ich habe deine Rukh manipuliert, hast du das nicht gemerkt?“

Das zerklüftete Prinzengesicht glich einer Maske der Verwirrung.

Scheiße, da hatte er sich mit seinem Plan selbst geohrfeigt. Jemand würde bald üble Gerüchte über ihn verbreiten, nicht dass es ihn für gewöhnlich kümmerte, aber dieses hier würde ihm dann doch nicht gefallen. Und zu allem Überfluss musste er sich jetzt mit einem liebeskranken Zottel herumschlagen, der scheinbar seine Intelligenz restlos eingebüßt hatte. Was für ein dummer schwarzer  Magi er doch war!

 

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