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Was die Hitze des Sommers nicht alles bewirken kann...

The Vessel and the Fallen 1
von

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Erfolglosigkeit

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Als die ersten Mitglieder der kaiserlichen Familie im Palast von Rakushou eintrafen, hockte Judar mit seinem obligatorischen Pfirsich auf einem der geschwungenen Dächer. Zwar frischte der Wind gegen Mittag auf, doch für den anstehenden Herbstbeginn war es auszuhalten. Die roten Ziegel speicherten die Wärme der Sonne, sodass sie oft einen behaglichen Ort zum Verweilen darstellten, fern von allen ätzenden Menschen mit denen sich der Priester ansonsten herumschlagen musste. Es dauerte lange, bis Judar bemerkte, dass langsam Leben in das vorher so stille Gebäude kam.
 

Zuerst hatte er sich über den geschäftigen Trubel gewundert, doch bald verstand er, dass es die Sprösslinge des verstorbenen Kaisers sein mussten, die ihrem Vater die letzte Ehre erweisen wollten. Dessen krankheitsbedingter Tod war keine Überraschung. Die Kaiserin hatte ihm vor Wochen bereits von dem schlechten Zustand des Regenten erzählt. Wahrscheinlich hatte die alte Hexe sogar ihre Finger mit im Spiel. Zuzutrauen wäre es ihr alle Mal. Aber was kümmerte es den schwarzen Magi, solange Gyokuen ihn in Frieden ließ. Koutoku Rens Leichnam bot zwar einen äußerst abschreckenden Anblick, aber vielleicht geschah dieses unwürdige Ableben dem tyrannischen Idioten ganz recht. Es verschaffte Judar immerhin ein wenig mehr Ruhe vor seiner bösartigen Gattin, welche sich nun natürlich darum bemühte, ihre hohe Stellung im Reich beizubehalten. Der Magi freute sich bereits auf ihre Auseinandersetzung mit Kouen, welcher in der Erbfolge an nächster Stelle stand. Ob Gyokuen ihm die Macht einfach überlassen würde? Bestimmt nicht. Blöde alte Schachtel. Alles wäre besser, wenn an Koutokus Stelle sie gestorben wäre, dann müsste Judar nicht länger Ergebenheit und Gehorsam heucheln. An Kouens Seite ließ es sich viel angenehmer leben. Sie könnten erbarmungslose Kriege gegen all die winzigen, schwachen Länder auf der Welt führen und Kou endlich zu wahrer Größe verhelfen. Der erste Prinz schien seine Kriegslust in gewisser Weise zu teilen. Die Kaiserin hingegen war für seinen Geschmack viel zu sehr mit ihrer bescheuerten Sekte beschäftigt und ihr bösartiges Wesen schreckte selbst den chaosversessenen Magi ab. Wie sehr er diese verfluchte Hexe hasste!
 

Missmutig schnipste der Hohepriester den abgekauten Pfirsichkern vom Dach. Mal sehen, wer von den kaiserlichen Kindern bereits angereist war. Offenbar hielten sie momentan eine Art Versammlung in einem der zahlreichen Palastsäle ab, denn aus einem großen Fenster drangen aufgeregte Stimmen zu ihm hinauf. Hoffentlich würde er dort auch dem hässlichen Zottel Koumei begegnen, dann könnte er ihm den heimtückischen Teleport zurückzahlen, welcher ihn vor den Augen der Kaiserin zu Boden befördert hatte. Judar schüttelte es allein bei der entwürdigenden Erinnerung an ihr falsches Lächeln, als sie auf ihn hinuntergeblickt hatte. Ja, etwas Rache würde ihm sicherlich helfen, sich besser zu fühlen.
 

Während er zum Fenster des Versammlungsraumes hinüberschwebte, zerrte er seinen silbernen Zauberstab aus dem Schultertuch hervor. Welcher Zauber würde seinem Königskandidaten wohl am meisten Unwohlsein bereiten? In seinem Kopf manifestierte sich bereits eine gute Idee, die den Zottel mit Sicherheit aufs Tiefste verstört zurück lassen würde. Mal schauen ob er danach immer noch seine übliche desinteressierte Miene zur Schau stellen würde oder gar noch gähnen konnte. Bestimmt nicht, er würde vor Scham in Grund und Boden versinken! Alleine beim Gedanken an dessen überrumpeltes, verschlafenes Antlitz stahl sich ein schadenfrohes Grinsen auf sein Gesicht. Doch bereits im Näherfliegen ahnte er, dass seine Rachepläne warten mussten. Er spürte die Rukh des zweiten Prinzen nicht. Enttäuscht ballte er die Hände zu Fäusten. Vielleicht waren wenigstens Kouen oder Kougyoku anwesend, um ihm Auskunft über den Aufenthaltsort ihres missratenen Bruders zu geben. Die Rukh des ersten Prinzen schienen zumindest in unmittelbarer Nähe zu sein. Die Luft vibrierte vor ihrer überwältigenden Kraft. Leider interessierte sich der Magi momentan nicht die Bohne für den furchteinflößenden Kerl.
 

Zornig schoss er in den Saal hinein, woraufhin erschrockenes Kreischen ertönte und er beinahe mit einer rothaarigen Person zusammengestoßen wäre. Keine Seltenheit, sobald man sich im Hause Ren befand. Im letzten Moment wich er aus und landete prompt quer über einem Beistelltischchen. Der Schmerz des Aufpralls überfiel ihn völlig unerwartet und erweckte seinen Zorn. Dem Klirren und dem Brennen von heißer Flüssigkeit auf seiner Haut nach zu urteilen, hatte er grade auch noch eine gemütliche Teerunde gestört.

„Scheiße! Wer stellt dieses blöde Ding auch direkt in meinen Weg?!“, fauchte er und sprang wie von der Tarantel gestochen auf. Seine Finger schienen gekocht worden zu sein wie Hühnerfüße. Fluchend schüttelte er die schmerzende Hand, bis er bemerkte, dass alle Anwesenden ihn mit großem Erstaunen musterten.

„Bruder Kouen, wer ist diese ungehobelte Gestalt?“, flüsterte eine dickliche Frau, welche nicht viel jünger als der Befragte sein konnte, hinter vorgehaltener Hand.

Irritiert starrte Judar sie an. Sie wirkte nicht wie die Schwester des ersten Prinzen. War sie überhaupt eine Tochter Koutokus? Ihr Haar schien nicht einmal richtig rot zu sein. Zwar waren viele der Kaisertöchter nach ihrer Heirat in fremde Länder gezogen, als der Priester noch ein Kind gewesen war, doch Judar hatte immer geglaubt, sie wiedererkennen zu können. Angestrengt überlegte er, ob er wenigstens eine der drei jungen Damen einordnen konnte, welche ihm nicht vertraut vorkamen, doch auch die beiden schlankeren Frauen sagten ihm nichts. Dies schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Bis auf Kouen und Kougyoku glotzen ihn alle erschrocken an. Und ziemlich angewidert, als ihr Blick auf seine Kleidung oder eher gesagt auf seinen bloßen Bauch fiel.

Doch plötzlich rief die augenscheinlich jüngste der drei Unbekannten überrascht: „Ah, jetzt fällt es mir wieder ein! Du bist doch Judar, oder? Ja, du musst Judar sein! Es ist so lange her, dass ich dich beinahe nicht wiedererkannt hätte, du hast dich vielleicht verändert! Damals warst du noch wirklich klein und niedlich!“

Der Magi zeigte ihr lediglich eine unwillige Grimasse. Hast du keine Augen im Kopf? Außer mir schon mal jemanden mit einem derart prächtigen Zopf gesehen, dumme Schnepfe?, hätte er am liebsten hinterhergeschoben. Doch als er Kouens drohende Miene sah, nickte er lediglich grummelnd.

Die dumme Prinzessin jedoch bemerkte nichts von seiner Verstimmung.

„Es ist schön, euch alle nach dieser unvorstellbar langen Zeit noch einmal wiederzusehen“, lächelte die Kleine und Kougyoku, diese alte Vettel, nickte schüchtern.

„Das finde ich auch, Kousen!“

Der Priester hätte sich allerdings fast übergeben. Solch eine vorgespielte Familienidylle widerte ihn an und wie furchtbar ängstlich und verklemmt die achte Prinzessin sich benahm, konnte er nicht aushalten. Eigentlich hätte sie einen bissigen Kommentar verdient. Doch Judar stand leider nicht der Sinn danach, sie zu ärgern. Nein, er wollte so schnell wie möglich zu Koumei, um sich endlich an ihm zu rächen! Der Prinz würde schmerzhaft zu spüren bekommen, wie entwürdigend er seinen Magi behandelt hatte!
 

Die rothaarigen Schnepfen ignorierend sprang er auf Kouen zu. „Wo ist dein Trottel von einem Bruder?“, keifte er und stemmte wütend die Hände in die Seiten.

Die ohnehin stets ernste Miene des ersten Prinzen und möglicherweise neuem Kaiser des Kou Reichs verfinsterte sich bedrohlich. „Nicht hier, wie du siehst“, grollte Kouen, dem offenbar der respektlose Ton missfiel. Spießer.

„Wo steckt er dann?!“

„In unserem Geburtshaus, vermute ich. Zumindest wollte er dem Anwesen noch einen Besuch abstatten. In ein paar Stunden wird er sicherlich hier eintreffen. Was gibt es denn so dringendes mit ihm zu besprechen? Kannst du nicht auch mit mir darüber reden?“, brummte sein Königskandidat ungehalten. Seine roten Augen maßregelten Judar ohne Worte. Er konnte beinahe die polternde Stimme in seinem Kopf schimpfen hören: Begrüß wenigstens meine Schwestern auf angemessene Weise! Du kannst nicht einfach hier hereinschneien und Chaos anrichten!, schienen sie zu tadeln.

"Vergiss es!“, spie der Priester aus, während er sich in die Luft erhob. Die ganze Koubagage konnte ihm gestohlen bleiben! Immer machten sie nur das, was ihnen gefiel und nahmen niemals Rücksicht auf ihren Magi, dem sie so viel zu verdanken hatten! Eitles Pack, mal sehen ob Koumei nach einem erneuten Aufeinandertreffen immer noch derart hochmütig an ihm vorbeischreiten würde. Ganz sicher fiele es ihm danach im Traum nicht mehr ein, Judar in einen Baumwipfel zu schleudern und davor ein drittes Mal so grausam mit seinen Gefühlen zu spielen würde er sich bald krampfhaft hüten.
 

Oh ja, Judar hatte einen Plan. Und dieser Plan würde nicht aus ein wenig harmloser Zauberei bestehen, oh nein. Bei einem Magi hatten sie schon mit raffinierteren Tricks zurechnen. Sie würden ihn alle fürchten lernen! Besonders der Zottel würde ihm bald unterwürfig zu Füßen liegen und jeden seiner Wünsche mit Freude erfüllen. Wie schön es wäre, diese eingebildete Abgeklärtheit aus seinem Narbengesicht zu wischen. Was würde Kouen wohl sagen, wenn er von dieser ganz speziellen Verbindung zwischen seinem kleinen Bruder und dem Magi wüsste? Oder der gewalttätige kleine Kouha? In seiner Eifersucht konnte er wahrhaft beängstigende Züge entwickeln. Daran dass diese Enthüllung vor allem ein Fallstrick für ihn selbst werden könnte, dachte Judar allerdings keine Sekunde. Zu groß war die Euphorie, als er seinem vorläufigen Ziel entgegenrauschte. Koumei sollte sich besser in Acht nehmen!
 

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