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Was die Hitze des Sommers nicht alles bewirken kann...

The Vessel and the Fallen 1
von

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Gefühle

 

*~*
 

Koumei lehnte fröstelnd an der Wand und ließ sich den eisigen Wind um die Nase wehen. Diese elende Vergangenheit. Weshalb musste ein Ereignis in der Gegenwart sie nur so schrecklich aufwirbeln? Er wollte sie nicht mehr sehen, zu schmerzhaft waren diese schönen Erinnerungen. Es war, als wollten sie ihn verhöhnen und ihm immer wieder vorhalten, was nun schon so lange verloren war. Hakuren und er hatten sich damals so gut verstanden, wie er es sich heute bei keinem Menschen mehr vorstellen konnte. Es gab niemanden mehr, dem er sein Herz öffnen konnte. Höchstens seinem Vasall Chuu’un, eine der wenigen Personen, die ihm direkt unterstellt und treu ergeben waren und einiges über ihn wussten. Dinge, die andere nie erfahren hatten. Allerdings war es nicht klug, sich ihm anzuvertrauen, wo er doch nicht annähernd mit ihm gleichgestellt war. Zu oft hatte es schon abschreckende Beispiele von zu engen Freundschaften zwischen Königen und Dienern gegeben, die in einer Katastrophe geendet hatten, denn so mancher liebenswerter Bediensteter oder General entpuppte sich, nach Jahren der scheinbar gegenseitigen Sympathie, als Spion für verfeindete Staaten. Hohe Stellungen machten es ihrem Inhaber nie leicht. So blieb ihm auch keine alter Kindheitsfreund oder ein verständnisvoller Bruder. Kouen oder Kouha kamen aufgrund ihrer viel zu unbarmherzigen oder verrückten Art ohnehin nicht in Frage und Judar, der immer noch wie ein Stein in Koumeis Bett schlief, schon gar nicht. Nein, derartige Gefühle sollte man vorsichtig behandeln. Der Magi würde sie sicherlich sofort vernichten, wenn er die Gelegenheit dazu bekäme. Vielleicht nicht einmal aus Absicht oder Boshaftigkeit, sondern weil es zu tief in seinem Wesen und seiner Erziehung verwurzelt lag. Aber daran konnte und wollte Koumei momentan nicht denken. Nicht jetzt, wo sich die Vergangenheit schmerzhaft klar in seinen Geist zurück drängte. Hakuren… Wieso hatte es früher nicht für immer so herrlich einfach bleiben können? Damals, nach ihrem glücklichen Wiedersehen, hatte es nicht lange gedauert, bis etwas geschehen war, dass ihre Freundschaft schrecklich durcheinander gebracht hatte.

 

*
 

Hakuren weilte unterdessen bereits einige Wochen bei Koumeis Familie abseits des regen Kaiserhoflebens. Seine einzige nennenswerte Pflicht stellten die Kampfübungen mit Kouen dar. Dieser glückliche Umstand erlaubte ihm, oft bei seinem alten Freund zu sein.
 

So verbrachten sie mehr und mehr Zeit miteinander. Und währenddessen ging etwas Seltsames in ihnen beiden vor. Etwas ungekanntes, das Koumei so unendlich fremd war. Etwas unvorstellbar Aufregendes. Zuerst bemerkte er es an Hakuren. An dem Tag am See, an welchem ihn der Ältere immer wieder so merkwürdig intensiv musterte, dass Koumei sich am liebsten wieder in seine Gewänder gehüllt hätte. Dann seine Sanftheit, als er ihm beim Entfernen der Blutegel immer etwas zu lange über den Rücken strich. An dessen Art, ihm bei jeder ihrer eigentlich so gewöhnlichen, unveränderten Begrüßungen tief in die Augen zu sehen. Dessen Begeisterung, wenn Koumei einmal von seinem selbstauferlegten Studium sprach, wo er all die Bücher früher als öde abgetan hatte. Wie er jedem seiner kostbaren Worte still Gehör schenkte, obwohl er doch am liebsten selber wild drauflos redete. Seine offensichtliche Freude, wenn Koumei ihn trotz seiner, noch vom Schlafen verfilzten, roten Zotteln, der zerfurchten Haut, tiefdunklen Augenringen und schrecklich müde an ihrem vereinbarten Treffpunkt erwartete. Wie Hakuren mit diesem strahlenden Blick beteuerte, dass er ebendiese Zotteln so sehr an ihm mochte.
 

Anfangs hatte es Koumei gewundert und verwirrt. Ihn betrübt und verunsichert. Sein bester Freund schien mit einem Mal wie ausgewechselt. Was ging nur in ihm vor? Er behandelte ihn so anders als sonst. Zuvorkommender, aber mit einer seltsamen Distanz, als wären sie einander plötzlich fremd geworden, obwohl sie sich schon ewig kannten. Koumei wusste nicht, was dieses Verhalten zu bedeuten hatte. Doch dann bemerkte er die Veränderungen auch an sich selbst. Leistete keinerlei Widerstand, als Hakuren seine Aufgabe mit den Blutegeln scheinbar viel zu wichtig nahm. Errötete bei jeder winzigen anerkennenden Bemerkung des anderen. Senkte verlegen den Blick, wenn Hakuren ihm in die Augen sah. Bereitwillig ließ er sich von seinem Vetter mit zu verrückten Schwertübungen schleifen, bei denen er ohnehin nur über seine eigene Unfähigkeit staunen konnte. Doch es machte ihm nichts aus. Stattdessen freute er sich, wenn der andere immer wieder zu ihm hinüber eilte, um ihm die richtige Griffhaltung oder Bewegungsfolge zu zeigen. Besonders, wenn er nah an ihn herantrat, sodass er seinen vertrauten Geruch wahrnehmen konnte, beinahe übertüncht durch die scharfe Schwertpolitur, die sie nach den Übungen immer in die Waffen einreiben mussten. Koumei ertappte sich dabei, ihm nach ihrer, ihm immer schwerer fallenden, Verabschiedung hinterher zu starren, auch wenn er schon lange außer Sicht war. Wie er es kaum aushielt, auf den nächsten Nachmittag zu warten. Dieser begeisterten Stimme zu lauschen. Es war verrückt. Dieses stechende, beinahe unangenehme Gefühl in seiner Brust, wenn sich ihre Hände beim Nebeneinandergehen ausversehen berührten.
 

Er war verliebt. Das erste Mal in seinem Leben, vielleicht aber auch schon seit unendlich langer Zeit. Der Junge wusste es nicht. Nein, er begriff erst viel zu spät, was da Neues zwischen ihnen entstanden war: Sie spazierten eines schönen Tages im verlassenen Garten umher, als sie ein Wolkenbruch überraschte. Der Regen donnerte mit einer erstaunlichen Wucht auf die Erde nieder, als wolle er sie niederringen. Die beiden rannten. Fanden Schutz unter den Bäumen. Durchnässt bis auf die Haut und außer Atem. Koumei fühlte sich feucht und unterkühlt, wollte am liebsten zurück in sein warmes Bett, das er an diesem Morgen viel zu früh hatte verlassen müssen. Plötzlich zuckte der Rothaarige zusammen. Eine warme, kräftige Hand legte sich auf seine Schulter, ein scharfer Kontrast zu dem unbarmherzigen, kalten Regen, brachte ihn dazu, sich umzudrehen und Hakuren in die Augen zu schauen. So tief und blau wie das Meer, welches er nur einmal in seinem Leben gesehen hatte. Doch solch ein atemberaubender Anblick ließ sich nicht vergessen. In Hakurens Blick glomm etwas unerklärliches, als er Koumei ansah. Begeisterung? Nein etwas anderes. Es verunsicherte ihn ein wenig. Der Junge bemerkte, wie sich der Prinz innerlich wand. Mit unausgesprochenen Worten rang.

Schließlich erklang seine vertraute Stimme ungewohnt rau und leise, im Regenprasseln kaum vernehmbar:

„Mei? Kennst du dieses verdammte Gefühl, wenn du jemandem etwas Wichtiges sagen möchtest, aber du dich fürchtest, dass du dann etwas zwischen euch…zerstörst und du dich immer und immer wieder fragst, wie er wohl reagieren wird? Du an nichts anderes mehr denken kannst?“

Die Worte klangen gründlich zurechtgelegt und mussten ihn wahrhaft Überwindung kosten, so sehr wie er herumzappelte.

Koumei legte den Kopf einen Moment lang schief, dann nickte er eifrig: „Oh ja, bei Kouen geht es mir oft so!“
 

Hakuren ballte die Hände zu zitternden Fäusten. Er schien so seltsam nervös. Warum? Ratlos starrte Koumei ihn an, eher der andere entgegnete:

„Nein, das meine ich nicht. Denk noch mal nach: Kennst du es wenn du Angst hast, etwas zwischen euch zu zerbrechen?“

Der Rothaarige runzelte verwirrt die Stirn: „Was denn?“

„N-naja, Freundschaft zum Beispiel?“, presste der Prinz hervor.

„Warum? Hast du etwa Angst davor?“, fragte Koumei verblüfft.

„Ja Mei, sogar sehr“, kam es prompt zurück und der Jüngere fühlte sich mit einem Mal von seinem flackernden Blick gefesselt. Er war vollkommen verwirrt.

„Mh? Aber weshalb? Und was möchtest du jemandem sagen, Ren? Und wem? Etwa mir?“, fragte er angstvoll, ergriffen von einer unbehaglichen Erwartung.

Wollte Hakuren nicht mehr so viel Zeit mit ihm verbringen? Ging er ihm auf die Nerven? Hatte er etwas Schlimmes getan, das ihr Beisammensein unmöglich machte?

Nach einigem Zögern antwortete der Prinz endlich stockend: „Ja. Genau, es…ich muss mit dir reden. Du bist wirklich scharfsinnig. Es ist…ach…ich weiß nicht wie. Ich will nicht, dass du gleich in Panik davon rennst und mich nie wieder sehen möchtest. Also…“

Koumei kratzte sich verwundert am Hinterkopf. Seine Armbänder klirrten laut. Solch verhaltene Worte war er von seinem Freund nicht gewohnt. Es musste ihn sehr mitnehmen. Gerne hätte er einen Blick auf seine Gedanken geworfen und bedauerte, dass er kein Magier war, denn sie beherrschten diese Technik sicherlich. So musste er seinen Freund eben zum Reden bewegen. Aber wollte er das wirklich hören? Was, wenn es etwas Furchtbares war?

Selbstbewusster, als er sich in diesem seltsamen Moment fühlte entgegnete er: „Du kannst mir alles sagen, Ren.“

Dieser biss sich verkrampft auf die fest zusammengepressten Lippen, die normalerweise zu einem breiten Grinsen verzerrt waren. Jetzt zeigten sie genau das Gegenteil.

„Das ist wirklich großherzig von dir, Mei. Aber…“ Der Schwarzhaarige verstummte verzweifelt. Rang die Hände, als wolle er die Worte damit überreden, endlich aus seiner Kehle zu dringen. Koumei bekam es nun wirklich mit der Angst zu tun, so etwas sah dem anderen gar nicht ähnlich, da musste es etwas Schreckliches sein.

„Sag es mir!“, bettelte er.

„Ich kann nicht, Mei. Du wirst mich hassen.“

Sofort widersprach der andere: „Das glaube ich nicht!“ Wie könnte er nur? Hakuren war die wichtigste Person in seinem Leben, sein einziger wirklicher Freund, der ihm näher stand als seine Brüder. Mit niemandem sonst wollte er beisammen sein. Selbst dieser fürchterliche Wolkenbruch war ihm mit Hakuren an seiner Seite egal.
 

Ein angespanntes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Unangenehm. Bis der Ältere es nicht mehr aushielt.

Mit einem ergebenen Stöhnen stieß er hervor: „Na schön, es muss sein. Aber bitte, bitte lauf nicht gleich weg, ja?“

Wie kam er nur auf diese absurde Idee? Er und Laufen? Da konnte Hakuren lange warten. Koumei hatte nichts dergleichen vor, sondern musterte ihn lediglich in gespannter Erwartung.

Ren seufzte bebend und dann sprudelte es mit einem Mal aus ihm heraus: „ Mei…ich…ich glaube ich liebe dich. Nein, ich weiß es. Es tut mir so leid, ich weiß, dass es so unangemessen ist, aber ich…ich glaube das ist wirklich so. Falls du verstehst was ich meine, es ist wirklich komisch und ich kann es nicht glauben, aber…ähm…“ Der Prinz verstummte peinlich berührt, als sein Satz nur noch ein wirres Gestammel ergab. Er schien tatsächlich zu fürchten, dass Koumei davon stürmen würde, kaum hätte er zu Ende gesprochen, denn er streckte vorsichtshalber die Hand nach ihm aus, zog sie aber schnell wieder zurück, als er merkte, dass er es so nur noch schlimmer machen würde. Unsicher begegnete er dem roséfarbenen Blick des Jüngeren. Zartes Rot breitete sich auf dessen Wangen aus. Die Augen schüchtern gesenkt, nur ein scheues Aufblinzeln zwischen dichten Wimpern.

Dann aber meinte er überraschend unbeeindruckt: „Ja und?“ Dabei fühlte er sich alles andere als entspannt. Koumei war verwirrt. Wie hatte er das nur übersehen können? Er wusste nicht was diese Enthüllung bedeutete und dennoch kam sie ihm so selbstverständlich vor, als hätte er die ganze Zeit nur darauf gewartet.
 

Er kannte diese Empfindungen nicht, die ihn da plötzlich überfluteten. Diese Worte… so warm und unbekannt. Die Gefühle so unendlich fremd. Doch er verstand, dass Hakuren sie teilte, sonst hätte er es ihm nicht gesagt. Nie zuvor hatte er dergleichen für einen anderen empfunden. So sehr, dass alle anderen Personen in seinem Umfeld zu gesichtslosen Schemen verschwammen. Irrelevant. Alle bis auf Hakuren. Auch der zweite kaiserliche Prinz, der bald eine Frau aus adeligem Hause heiraten sollte, interessierte sich nur noch für einen: Koumei. Und diesem erging es seltsam ähnlich, blendete er doch sämtliche Pflichten aus und vergaß alles außer dem anderen. So war er auch nicht allzu sehr überrascht, als der Ältere ihm seine Liebe an diesem regnerischen Tag unter dem dichten Blätterdach eines roten Ahornbaumes gestand. Nein, seltsam erleichtert, endlich Gewissheit zu haben. Zu wissen, was er all die vergangenen Tage und Wochen gefühlt hatte. Zu erkennen, woher diese weit mehr als freundschaftliche Anziehung herrührte, die ihn so lange verunsichert hatte. Es war eine erlösende Befreiung.
 

Der erste Kuss kam so flüchtig und scheu wie ein Windhauch. Die folgenden zärtlich und behutsam. Ebenso wie die fallenden Blätter, die sanft auf sie herniedergingen. Koumei ließ sich gedankenlos darauf ein. Er vertraute Hakuren mehr als jedem anderen. Der tosende Regen war längst vergessen. Diese plötzliche Nähe! Sie löste Dinge in ihm aus, die Koumei nicht verstand. Obgleich sie ihm gefielen. Flatternd. Brennend. Eine seltsame Leidenschaft, die dem müden und schwachen Jungen bisher stets gefehlt hatte. Irgendwann wurden sie stürmischer, als wäre ihnen aufgefallen, dass ihnen nicht mehr viel gemeinsame Zeit verblieb. Doch dass ihre Zuneigung verboten sein könnte, kümmerte sie nicht. Was konnte an diesem reinen Gefühl falsch sein? Trotzdem trafen sie sich nur noch heimlich. Niemand sollte von ihnen erfahren,  denn Hakuren wusste: Sollte sie jemand sehen, den zweiten Prinzen und seinen Cousin, in einer innigen Umarmung versunken, hätte dies schwerwiegende Folgen für alle beide. Ihre Väter hätten keinerlei Verständnis für sie. Koumei allerdings wunderte sich, weshalb sein Seelengefährte diese Vorsicht zeigte. Wo er doch die Hingabe in dessen strahlend blauen Augen sehen konnte. Diese Heimlichtuerei passte nicht zu ihm, sondern eher zu dem Rothaarigen, der sich gar nicht vorstellen mochte, was ihm sein Vater für diese Verfehlung antun könnte, würde er sie bemerken. Letzen Endes blieb ihm jedoch kaum Zeit, an Koutoku zu denken, Hakuren zog ihn vollkommen in seinen Bann.
 

Verborgen hinter den dornigen Zweigen der Brombeerbüsche wurden aus vorsichtigen Küssen innige Berührungen. Keiner der beiden hatte Bedenken. Sie vertrauten einander schon seit Anbeginn ihrer Zeit. Die Liebe war nur eine neue, wenngleich wunderbare Vertiefung ihrer Verbundenheit. Sie wussten nicht, wie sie darauf gekommen waren, sich an diesem Ort zu treffen, doch niemand anders hatte je die Muße sich durch die stacheligen Ranken zu kämpfen und so blieb ihnen ein einsamer Rückzugsort. Die Tage vor Koumeis sechzehntem Geburtstag trugen den Geschmack von Heidelbeeren, die Hakuren so sehr liebte, und das tiefe Gefühl von Geborgenheit. Etwas, dass er lange nicht mehr gespürt hatte. Hakuren schien sich ebenso wohl zu fühlen, war wie verwandelt. Die Sorge um seine Familie und das seltsame Verhalten der Kaiserin ließ sich für die meisten Stunden des Tages verdrängen, ebenso wie die einengende, fremdbestimmte Zukunft, der er mit jedem Tag schneller entgegen schritt und die ihn mit kalter Panik erfüllte. Dort, abgeschottet vom Rest der Welt, konnte er seine finsteren Ängste verdrängen. So genossen sie diese kostbaren Tage. So schön und sorglos, auch wenn sie beide wussten, dass es nicht ewig andauern konnte. Hakuren würde bald seine kaiserlichen und ehelichen Pflichten zu erfüllen haben. Für den zierlichen Koumei wäre in diesem Leben kein Platz mehr. Auch wenn der Ältere schwor, ihn nie mehr alleine zu lassen, der Jüngere wusste, dass seinem Prinzen keine andere Wahl bleiben würde. Sie lebten vielleicht in materiellem Überfluss, doch auch bei ihrem hohen Stand gab es keinerlei Freiheiten und wenn man sie sich nahm, hatte es spätestens irgendwann schwere Konsequenzen. Selbst Mitglieder des Hochadels mussten sich den Werten und Normen der Gesellschaft beugen. Ja, irgendwann würde dieses Schöne ein jähes Ende nehmen. Umso mehr genossen sie beide ihre unbezahlbaren Stunden. Koumei wusste nicht, wann er sich jemals in seinem Leben so gut gefühlt hatte. Lag so zufrieden in den Armen des Schwarzhaarigen, wie er es lange nicht mehr gewesen war. Drückte sich an den warmen Körper und strich fasziniert über dieses fröhliche Gesicht, welches so oft von einem strahlenden Grinsen und nun ebenso häufig von einem sanften Lächeln erhellt wurde. Seufzte wohlig, wenn dessen kräftige Hände, vom täglichen Üben mit Kouen von Schwielen übersäht, durch sein wildes Haar und über seinen mageren Rücken fuhren. Lauschte Hakurens immer noch lebhaften Worten und schwelgte verloren in dessen tiefer gewordenem Lachen, das damals noch so glockenhell und unschuldig gewesen war. Die tiefe Stimme wollte kaum zu den Worten passen, die ihn in alte Zeiten zurück versetzten und an längst vergessene Kinderspiele erinnerten. „Sieh nur wie schön die Sonne auf deinem roten Haar glänzt, Mei…scharlachhell. Am liebsten würde ich dich einmal zu meiner Kaiserin machen!“  Koumei seufzte entspannt. Ein gelöstes Behagen ergriff von ihm Besitz, das nicht einmal das gemütliche Lesen eines Buches aufwiegen konnte.  Nichts auf der Welt konnte diesen wunderbaren Klang übertreffen. „Ich liebe dich, Koumei. “ So aufrichtig und unbedacht.
 

Die Tage vergingen wie im Rausch. Die Stunden, während denen Koumei über seinen Schriften und ellenlangen Listen hockte, glichen einer unerträglichen Folter. Die verschlungenen Schriftzeichen, fremdländische Buchstaben und Zahlen verschwammen vor seinen Augen und ehe er es bemerkte, hatte er fast eine ganze Stunde lang mit leerem Blick aus dem Fenster gestarrt, während er verzweifelt wünschte, endlich von dieser Sehnsucht erlöst zu werden. Die Zeit mit Hakuren hingegen verstrich viel zu schnell. Süß und kostbar. Seltsam eingelullt von dessen traulichem Geruch nach warmem Leder und feinen Beeren. Zugleich merkwürdig wachsam. Seine Sinne schienen so geschärft, wie nie zuvor. Nahmen Bilder, Laute, Farben, Gerüche, Berührungen unglaublich stark und ungebrochen wahr. Wollten den herrlichen Anblick und die Präsenz seines Geliebten in sich aufnehmen und nie mehr freigeben. Für alle Ewigkeit ein Teil von ihm, auch wenn diese Ewigkeit nicht lange andauern sollte. Doch vorerst blieb ihre gemeinsame Existenz zeitlos und gab ihm das Gefühl, das erste Mal in seinem Leben frei zu sein.

 

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