Night
Hallo ihr, danke für eure Kommis! Ich kann erst nächstes WE wieder an
den PC hier, also dauert es, bis ich wieder was hochladen kann.
So, mit diesem Kapitel beginnt die eigentliche Handlung! (Armer Ren... armer armer Ren)
Das Lied ist inspiriert von Billie Myers.
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Ren fuhr die schmale Straße zu der Villa der Agentur hinauf. Er machte das Radio an.
Kiss the rain
thinking of me
never forgetting our sweet embrace
Ren schaltete das Radio wieder aus. Er blickte geradeaus auf die Straße, versuchte an nichts zu denken und konzentrierte sich auf das Fahren. An der Villa angekommen stieg er aus und ging die Auffahrt hinauf zur Tür. Er kramte den Schlüssel heraus und ging hinein. So wie seine Wohnung, die ebenfalls von der Agentur bereitgestellt wurde, war die Villa neutral eingerichtet. Sie wirkte irgendwie unwirklich. ,Ein vorgetäuschtes Haus für vorgetäuschte Menschen.' dachte er. Ohne das Licht anzumachen, ging er in die Küche und mischte sich einen Drink. Er trank das Glas aus und goss sich neu ein. Dann setzte er sich auf das Sofa und wartete darauf, dass es Nacht wurde. Ohne seine Arbeit gab es für ihn nichts zu tun. Manchmal konnte er es nicht verhindern zu denken, dass sein einziger Wert darin bestand, oberflächliche Charaktere in mittelmäßigen Filmen mit konstruierter Handlung zu spielen. Meistens verbot er sich diese Gedanken. Seine Arbeit war das Einzige, was er hatte. Er musste sie lieben. Auf Außenstehende wirkte Ren Tsuruga oft, als stürze er sich voller Begeisterung in seine Arbeit, doch er hatte gar keine andere Wahl.
Das Lied aus dem Radio ging ihm durch den Kopf. Er kannte es gut genug.
And if your lips long for me
wait for me
in the pouring rain
Ren ging in die Küche und schenkte sich ein neues Glas ein. Zurück im Wohnzimmer blieb er kurz vor einem Bücherregal stehen und griff wahllos ein Buch heraus. Er setzte sich und begann zu lesen. Es war ein historischer Roman über einen jungen Mann im Europa des späten Mittelalters. Die Geschichte interessierte ihn nicht. Er las um der Beschäftigung willen.
And still we are
under the same sky
looking up to the same stars
even if I can't hold you now
Ren legte das Buch zur Seite und ging ins Badezimmer. Im Spiegel betrachtete er sein Gesicht. Die Konturen verschwammen, dahinter meinte er die Züge eines Kindes zu sehen. Ein kleiner Junge, schwarze Haare, vielleicht 12 Jahre alt. Er selbst. Er drehte den Wasserhahn auf und wollte sich mit kaltem Wasser sein Gesicht abwaschen. Seine Hände zitterten.
Sonnenstrahlen, die durch die heruntergelassenen Jalousien fallen. Im Radio das Lied. Der Geruch von Alkohol. Eine glühenden Zigarette, die sich seiner Haut nähert. Ich weine nicht ich weine nicht ich weine nicht. Das Kind ballt die Hände zu Fäusten.
Ren starrte auf seine Hände. Dann stürzte er zur Toilette und erbrach sich.
Das Kind rennt durch den Wald. Weg. Ich will nur weg. Es stolpert und stürzt.
Noch immer zitternd ging er zur Dusche und drehte den Hahn auf. Er zog sich aus und stellte sich unter das fast kochende Wasser. Es war so heiß, dass ihm schwindelig wurde. Seine Haut schmerzte.
,Koon?' Ein kleines Mädchen sieht ihn mit schwarzen, weit aufgerissenen Augen an. Es läuft zu ihm und hilft ihm auf. ,Was ist los, Koon?' ,Ich muss weg.' ,Wohin?' ,Ich weiß nicht.'
Langsam ließ das Zittern nach. Er stieg aus der Dusche, trocknete sich ab, zog einen Bademantel über und ging zurück ins Wohnzimmer. Müde ließ er sich auf das Sofa fallen und barg sein Gesicht in seinen Händen.
Das Mädchen nimmt die Hand des Jungen und zieht ihn mit.
,Komm, ich kenne eine geheime Höhle. Wir verstecken uns dort.' Ihr schwarzer Pferdeschwanz, der im Takt ihrer Schritte wippt. Die kleine Hand in seiner.
Ohne nachzudenken griff Ren nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Es klingelte dreimal. Dann meldete sich eine Stimme. "Hallo?" Ren schloss die Augen. "Hallo? Wer ist denn da?" Plötzlich wurde Ren bewusst, was er gerade tat. "Kyoko, hallo. Tut mir leid, ich muss die falsche Nummer gewählt haben." Einen kurzen Moment herrschte Stille, dann fragte Kyoko hastig: "Tsuruga-san, sind Sie das?" "Ja, entschuldige bitte, dass ich dich störe. Also, tschüss dann." Damit legte er auf. ,Jetzt starrt sie erst verdutzt auf ihr Handy, und dann wird sie wütend werden und sich irgendwelche Rachefeldzüge ausdenken.' dachte er unwillkürlich und lächelte. Übergangslos wurde er wieder ernst. Diese Gefühle machten keinen Sinn. Wenn dieses Mädchen ihm zu nahe käme, würde er es nur wieder verletzen. Ren griff nach dem Buch und las weiter. Irgendwann schlief er ein.