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Verlangen und Freundschaft-Kapitel 3 ist on ^-^

von

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Neue Wege

Es war einer jener Tage, in denen ich mein Leben gründlich durchdachte. Ich saß hier in dem größten Raum, den unser Nankatsu-College zu bieten hatte. Das Auditorium. Unser Professor mit den grauen Locken und der Rundbrille auf der Nase, schweifte mal wieder vom eigentlichen Thema ab, dem Aufbau des Immunsystems des menschlichen Körpers. Statt dessen kam er plötzlich auf das Endspiel der japanischen Liga zu sprechen und wie schrecklich sich die Sportmediziner bei jedem Spiel aufführten. Keiner der Hörerschaft wusste etwas damit anzufangen, sei es weil viele es nicht verstanden wovon der Professor sprach oder weil sie auf den Bänken schliefen. Schon wieder das Thema Fußball. Seit ich denken kann, spielt Fußball eine wichtige Rolle in meinem Leben. In der Grundschule war ich noch Cheerleader für unseren Fußballclub. Es hatte sich gelohnt, denn unser Schuljahr gewann den Pokal der Landesmeisterschaft. Ab diesem Zeitpunkt war mein Leben wie derer vieler anderer dem Fußball verschrieben. Mittlerweile hatte Japan eine echte Chance an der Weltmeisterschaft teilzunehmen. Das hatten wir größtenteils den Nachwuchstalenten zu verdanken. Ja, genau die Talente die meine Freunde sind. Und ich? Ich sitze nun im dritten Jahr am Nankatsu-College und studiere Sportmedizin. Eigentlich war auch dieser Lebensweg unausweichlich, da ich mich als Managerin des FC Nankatsu doch schon in der Oberstufe um kleinere Verletzungen der Mannschaftsmitglieder gekümmert hatte. Als ich mich nach unserem Schulabschluss einmal um eine Wunde von Ryo gekümmert hatte, meinte dieser plötzlich "Wow Fane, du solltest wirklich überlegen, ob du Ärztin wirst, ich glaube, du hast das Talent und den Ehrgeiz dazu." Ich glaubte, dies war das erste Mal dass sich Ryo Ishizaki keine Kopfnuss eingehandelt hatte, da ich ernstlich darüber nachdachte diesen Weg einzuschlagen. Und nun ist die Zeit bereits so rasend schnell vergangen, dass mir bald mein erstes Examina bevorstand.

Ich bemerkte mal wieder nicht, wie ich begann, Löcher in die Luft zu starren. Nächste Woche würde mein einundzwanzigster Geburtstag sein und insgeheim planten meine Freunde eine Überraschungsparty. Sie glaubten wirklich, ich wäre von gestern. Hatte ich doch die heimlichen Gespräche zwischen Kumi und Ryo bemerkt. Ich begann zu lächeln.

"Fane! Hey Fane! Die Vorlesung ist vorbei...", stupste mich Rokiru an, ein Kommilitone aus dem gleichen Studienjahr "Wollen wir zusammen zu Mittag essen?", fragte er mich und seine braunen Augen strahlten mir entgegen. Augenblicklich wurde ich in die Realität zurückgeholt "Es tut mir leid, aber ich bin bereits mit Kumi verabredet." "Na, kein Problem, dann eben das nächste Mal", Rokiru lächelte und hob zum Abschied die Hand, dann drehte er sich um und verließ den Hörsaal. Mir wurde bewusst, dass ich die letzte war, die noch an ihrem Platz saß, bis auf Professor Makamuro, der seine Skizzen von der Tafel entfernte. Ich schnappte mir meine Bücher und Notizen und war aus dem Hörsaal verschwunden.

Auf dem breiten langen Gang zur Kantine erinnerte ich mich an den Brief von Yukari, den ich gestern erhalten hatte. Diesen zog ich aus meiner Tasche und las ihn zum zweiten mal durch.

"Liebe Fane,

ich vermisse dich schrecklich. Wie geht es dir? Mir ist heute wieder einmal bewusst geworden, dass wir uns das letzte mal im Winter gesehen haben. Das ist jetzt ganze sechs Monate her. Ich kann es kaum erwarten dich bald wiederzusehen. Hier in Deutschland sind bald Semesterferien und dann werde ich dich besuchen kommen! Darauf freue ich mich schon sehr. Trotzdem würde ich dich auch irgendwann einmal gern unsere Universität hier in Hamburg zeigen. Der Campus ist riesig und die Menschen hier sind sehr nett. Mein Studium der Sprachwissenschaften läuft auch sehr gut. Mittlerweile gebe ich auch japanische Sprachkurse an der Volkshochschule. Das macht mir viel Spaß. Jetzt würde bestimmt noch die andere Frage von dir kommen, oder? Wie geht es Genzo? Ihm geht es sehr gut oder besser gesagt, uns geht es sehr gut. Seine Fußballkarriere in der ersten Bundesliga geht voran und er trainiert jeden Tag sehr hart dafür. Wir haben beschlossen noch während meines Hauptstudiums zusammen zu ziehen. Eigentlich halten wir uns momentan sowieso mehr oder weniger nur in einer Wohnung auf, aber es halt nicht unsere eigene. Aber das wird sich ja nun bald in naher Zukunft ändern. Ganz ehrlich Fane, ich bin zur Zeit sehr glücklich. Das einzige was mir fehlt bist du und die Nankatsu-Mannschaft. Eine Sache beschäftigt mich noch. Wie ist deine Beziehung zu Tsubasa? In deinem letzten Brief, klang es, als ob du keinen Kontakt mehr zu ihm hättest. Du weißt doch, du kannst mich Tag und Nacht anrufen, wenn du mit jemanden reden möchtest... Wir werden uns bald wiedersehen, das verspreche ich dir! Ich umarme dich,

deine Yukari"

Sie war mir von allen die liebste Freundin. Ich vermisste sie schrecklich. Eigentlich war Yukari vor zwei Jahren nur als Austauschstudentin für zwei Semester nach Hamburg gegangen. Aber sie hatte Genzo wieder getroffen, von dem sie gar nicht wusste, dass er sich in der Stadt aufhielt. Sie sagte, es wäre reiner Zufall gewesen, als er ihr auf den Landungsbrücken mit seinem Fußball in die Arme gelaufen war. Mittlerweile glaubte ich aber, dass es Schicksal für die beiden gewesen war.

Ich faltete den Brief mit einem Grinsen wieder zusammen und betrat die Kantine. Der Platz für zwei Personen am Fenster war frei. Sehr schön. Von dort konnte ich über den Campus schauen. Ich setzte mich und sah hinunter auf die Grünanlagen. Ich legte meine Kinn in meine aufgestützte Hand und dachte an Tsubasa. Es stimmte, was Yukari geschrieben hatte. Mein Kontakt zu Tsubasa war schon seit einiger Zeit nicht mehr so intensiv wie früher. Ich wusste nicht, was die Ursache dafür war. Ich wusste nur das es mich furchtbar traurig machte und ich mich umso mehr in mein Studium dafür vertiefte.

"Fane!", erklang es plötzlich vor mir und eine außer Atem scheinende Kumi ließ sich mir gegenüber in den Stuhl fallen.

"Kumi? Du bist schon hier? Du hattest doch eben eine Vorlesung auf der anderen Seite des Campus. Bist du etwa hergelaufen?!", fragte ich mit weit geöffneten Augen, weil ich ihre Eile nicht verstand.

"Ja, aber das ist jetzt egal, ich hab dir was wichtiges zu erzählen", sprach Kumi hintereinander weg, ohne Luft zu holen "Nächste Woche wird ein Freundschaftsspiel oder auch Übungsspiel, nenn' es wie du möchtest, zwischen der japanischen und französischen Nationalmannschaft stattfinden...", sie erwartete jetzt eine Regung von mir, doch ich tat nichts dergleichen. Sie wollte mir auf die Sprünge helfen "Weißt du, was das für einen gewissen Profifußballer bedeutet, der gerade in Brasilien lebt?!"

"Ja... Und?!", flüsterte ich kaum hörbar. Kumi ergriff dabei meine Hände, die vor mir auf der Tischoberfläche geruht hatten und drückte sie fest "Er wird nach Japan kommen, Fane...", sprach sie mir eindringlich lächelnd entgegen, doch ich schloss die Augen und erwiderte "Das ist nicht gesagt... Er wird sicher sehr beschäftigt sein in Brasilien...".

Als ich die Augen wieder öffnete, blickte mich meine Freundin entgeistert an "Hat er dir etwa immer noch nicht geantwortet?", fragte sie mich nach einer Weile sanft, wobei mir klar wurde, dass mich Kumi inzwischen doch besser kannte, als ich zugeben wollte. Ich hatte mich ihr vor kurzer Zeit erst anvertraut. Sie wusste darüber Bescheid, dass ich mit Tsubasa seit über drei Jahren regelmäßigen Briefkontakt hielt. Aber in den letzten Monaten waren seine Briefe weniger geworden du die Themen über welche wir sprachen oberflächlicher. Jeden Morgen ertappte ich mich dabei, wie ich auf den Postboten wartete, während ich am Frühstückstisch mit meiner Familie saß. Und am Abend sobald ich das College verlassen hatte, wagte ich auch noch einmal einen Blick in den Briefkasten und wurden nun jedes mal aufs Neue enttäuscht. Ich vermisste seine Briefe, seine Handschrift, einfach alles was damit verbunden war. Aber nie hätte ich das gegenüber einem anderen zugegeben. Kumi kannte nur Bruchstücke des Ganzen. Mittlerweile waren nun zwei Monate seit meinem letzten Briefwechsel zwischen Tsubasa und mir vergangen. Kumi hatte sich somit ihre Frage selbst beantwortet, indem ich nichts erwidert hatte. Ich stand von meinem Platz auf und nahm meine Sachen "Ich muss jetzt zu meiner Anatomie-Vorlesung...", entfuhr es mir abrupt und verschwand aus dem Essenssaal.

"Aber Fane, heute ist der letzte Vorlesungstag, da wird niemand weiter zur letzten Vorlesung da sein", murmelte Kumi traurig vor sich her und sah mir nach.
 

***
 

Der Abend war sehr angenehm. Die Grundschul-Nankatsuelf trainierte und ich war wieder an Ort und Stelle. Als ich das erste Jahr meines Studiums abgeschlossen hatte, hatte mich mein ehemaliger Schuldirektor gefragt, ob ich nicht Lust hätte, die Grundschüler von Nankatsu beim Fußballtraining medizinisch zu betreuen. Natürlich handelte es sich dabei nur um kleinere Schürfwunden oder Kratzer. Aber ich erfüllte diese Aufgabe gern. Die Grundschüler waren aufgeweckt und ich hatte immer Spaß daran ihnen beim Training zuzuschauen und jeden Tag aufs Neue festzustellen, dass sie sich verbesserten. Ich hätte heute Nachmittag auf Kumi hören sollen. In der Anatomie-Vorlesung waren ganze fünf Studenten anwesend. Es war nicht verwunderlich, war doch heute der letzte Vorlesungstag gewesen und die meisten nun schon auf dem Weg nach Hause. Die Nankatsu-Grundschüler hingegen mussten noch eine weitere Woche am Unterricht teilnehmen, bevor auch sie schulfrei hatten. Tief in Gedanken versunken stand ich am Spielfeldrand und beobachtete die Jungs, als plötzlich zwei während eines Trainingsspieles zusammenstießen und der kleine Mitao am Boden liegen blieb. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Der Trainer und ich liefen zu ihm herüber und brachten ihn zur Bank am Rande des Spielfeldes.

"Na Mitao, wo hast du Schmerzen?"

"Ich gaube, ich habe mir den Fuß verdreht...", antwortete er kleinlaut und versuchte seine Tränen zu unterdrücken. Er war sehr tapfer. Ich war dabei ihm die Schuhe auszuziehen samt Kniesocken und entdeckte einen geschwollenen Knöchel, den ich abtastete. Mitao zuckte zusammen "Sanae-senpai?", er blickte mir fragend entgegen, doch ich nickte als Zeichen, dass er weitersprechen konnte "Hier ist vorhin ein Mann gewesen, der wissen wollte, ob du hier bist...", erzählte der Kleine schnell. Der Satz erstaunte mich "Ach so? Wie hieß denn der Mann?", fragte ich und verband gleichzeitig seinen Knöchel.

"Als ich ihn das gefragt habe, hat er nichts gesagt...".

Na, das hätte ja jeder sein können von meinen Freunden oder gar Rokiru, der mich wieder einmal nach Hause begleiten wollte. Ich hatte mir gerade vorgenommen später zu Ryo zu gehen und ihn zu fragen, ob womöglich jemand aus der Mannschaft mir etwas ausrichten wollte. Aber eigentlich wussten alle meine Freunde, ab welcher Zeit ich hier immer auf dem Sportplatz war. Das war alles sonderbar. Doch ich wurde noch verwirrter als Mitao weitersprach "Aber weißt du Sanae, eigentlich sollte ich dir das gar nicht erzählen...".

"Warum?"

Mitao senkte den Blick "...das hat der Mann zu mir gesagt. Er meinte, ich solle dir nicht erzählen, dass er nach dir gefragt hat."

Meine Gedanken waren durcheinander. Wer sollte das gewesen sein? Ich war plötzlich sehr aufgeregt "Mitao! Wie sah der Mann aus? Was hatte er an?".

"Na, irgendwie kam er mir bekannt vor... Er ist auch Fußballer, da bin ich mir sicher. Er hatte sogar einen Ball dabei...", grinste Mitao und da drängte sich auf einmal ein klarer Gedanke in meinem Kopf nach vorn.

Nein, das konnte nicht sein. Oder doch?

Verwirrungen

Ein Wort vorab: Dieses Kapitel widme ich Kathryn24 -vielen Dank noch mal für deinen Kommi!- und vor allem fastcaranbethrem, als treuer Autor ;o)

Würde mich über jede Art von Kommis freuen.

Bis dahin,

DKrisi
 

Editierung: Natürlich gilt ganz besonderer Dank auch mimi und iatreia-chan! ich hab euch nicht vergessen! Danke für eure Kommis!
 

Das gesamte Training über hüpfte ich von einem Bein auf das andere. Konnte es sein? Konnte es denn wirklich sein? Meine Gedanken drehten sich nur noch um diese eine Frage. Ich wusste, dass ich nach dem Grundschultraining sofort zum Sportplatz am Fluss gehen würde. Dort würde ich Ryo, Kisugi, Mamuro und all die anderen treffen, die zu dieser Zeit noch trainierten. Es war noch nicht sehr spät. Ich war mir sicher, dass die Jungs eine Antwort auf meine Frage hatten. Schon von weitem hörte ich die Zurufe der Spieler, die sich gegenseitig Anweisungen gaben. Als ich auf der Erhöhung vor dem Platz stand, verschaffte ich mir erst einmal einen Überblick. Alle meine Freunde waren da, auch Kumi saß unten auf einer Bank und beobachtete die Bewegungen der einzelnen Spieler.

"Ryo! Ryo!", ich war so nervös, dass ich seinen Namen zu dem Feld herunterrief. Ishizaki wusste überhaupt nicht, was los war. Er drehte sich in alle Richtungen und erkannte mich erst gar nicht. Als ich dann den Abhang herunterlief, wurde das Spiel unterbrochen. Ich stand vor Ryo und packte ihn an den Schultern "Ist er hier? Ist er in Japan?".

"Wovon redet du?", fragte Ryo nur entgeistert zurück.

"Tsubasa! Ich spreche von Tsubasa! Ist er hier?!", noch immer war ich total aufgelöst, zudem hatte sich nun die gesamte Mannschaft um uns versammelt. Alle schauten ungläubig, als sie den Namen Tsubasa hörten.

"Wie kommst nur auf so was, Fane?", rief Kisugi dazwischen, da ich nicht bemerkte, dass ich Ryo so sehr durchschüttelte, dass er gar nicht mehr fähig war, ein Wort rauszubringen. Widerwillig trennten mich die Jungs von Ishizaki. Marmuro führte mich zur Bank, auf welcher Kumi bereits saß "Beruhige dich erst einmal, Sanae...".

Einige Zeit später hatte ich es fertig gebracht, meinen Freunden zu erzählen, was Mitao mir mitgeteilt hatte.

Als ich meinen gesenkten Blick erhob, starrten mir unzählige Augenpaare entgegen. Da wurde mir plötzlich bewusst, wie weit hergeholt meine Idee doch war. Als ob ich es nicht anders erwartet hätte, waren meine Freunde der gleichen Meinung.

"Fane...", begann Taki leise "glaubst du nicht, dass Tsubasa, wenn das alles stimmen sollte, nicht wenigstens einen von uns davon in Kenntnis gesetzt hätte, wenn er in Japan sein sollte?", er zuckte mit den Schultern. Die anderen waren still. Sie hatten recht, aber vergaßen sie doch etwas "Ihr habt doch nächste Woche das Freundschaftsspiel gegen Frankreich hier in Tokyo, nicht wahr? Denkt ihr nicht auch, dass Tsubasa dafür nach Japan kommt? Schließlich ist es ein wichtiges Spiel, auch für ihn... Vielleicht hatte er nicht genügend Zeit in Brasilien, um uns davon zu erzählen", meinte ich verwirrt. Ich versuchte mir eine Lösung zurecht zu basteln. Wäre da nicht Ryo gewesen "Aber Fane, ich habe erst vor kurzem mit Trainer Mikami telefoniert, der mir sagte, dass Tsubasa nicht versprechen kann, rechtzeitig oder überhaupt zum Spiel da zu sein... Er muss in Brasilien noch Liga-Spiele ausführen. Die können da wenig auf ihn verzichten. Schließlich hat er einen Vertrag zu erfüllen. Freundschaftsspiele müssen da zurückstehen...", erklärte er mir einfühlsam. Ryo wusste genau, was ich für Tsubasa fühlte, obwohl wir nie darüber gesprochen hatten. Man mochte es kaum glauben, aber Ryo war einer der wenigen gewesen, der mich in den letzten drei Jahren, seit Tsubasa fort war, trösten konnte ohne dabei Worte zu gebrauchen. Er nahm mich manchmal in den Arm, wenn er merkte, dass Tage anbrachen, in denen ich Tsubasa ganz besonders vermisste. Das genügte dann meistens schon, dass ich mich nicht gar so allein fühlte. Ich musste erneut zugeben, dass alle recht hatten. Langsam machte sich die Angst in mir breit, dass ich mir vor Sehnsucht nun schon begann Dinge einzubilden. Ich musste damit aufhören "Ihr habt recht, Jungs! Es war sicher nur ein Missverständnis. Es tut mir leid, dass ich euch vom Training abgehalten habe!", sagte ich und stand von der Bank auf, um mich schnell zu verabschieden. Als ich den Fußballplatz verließ, stürmte Ryo hinter mir her "Warte Fane!".

Ich drehte mich um und Ishizaki kam kurz vor mir zum Stehen. Er nahm meine Hände "Du wirst doch trotzdem zum Freundschaftsspiel kommen und uns anfeuern, oder?".

Darauf nickte ich leicht und zwang mir ein Lächeln über die Lippen. Verlegen nahm Ryo seine Hand hinter den Kopf "Tja, weißt du, ich kann mich doch nur konzentrieren, wenn ich weiß, dass du im Publikum sitzt und mir nach dem Spiel eine kräftige Kopfnuss vergibst, wenn ich scheußlich gespielt haben sollte", Ryo begann zu lachen und ich doch tatsächlich auch. Er hatte es wieder einmal geschafft. Nach einer Weile wurde Ryo Ishizaki aber schon wieder ernst "Ich kann mir denken, was dich bedrückt, es wird sich sicher wieder alles einrenken. Versprich mir, dass du zu dem Spiel kommen wirst..."

"Ich verspreche es..."
 

***
 

Als ich gegen neun zu Hause ankam, ging ich geradewegs in mein Zimmer und schloss die Tür. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und stützte mein Gesicht ab. Mein Blick fiel auf meinen Kalender, der an der Wand hing und da wurde mir erst einmal bewusst, dass das Freundschaftsspiel für Mittwoch angesetzt war. Der Tag an dem ich Geburtstag hatte. Aber das kam mir sehr gelegen, da musste wenigstens nicht ich an diesem Tag im Mittelpunkt stehen.

Das erinnerte mich an das letzte Jahr. Tsubasa hatte mir damals eine silberne Anstecknadel zugesandt, welche die Form eines Fußballs hatte. Er war ja schon immer sehr ,feinfühlig', wenn es um Mädchengeschenke ging. Ich schmunzelte bei diesem Gedanken. Und trotzdem verstaute ich die Nadel in dem Schmuckkästchen nie ganz unten im Regal. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und schloss die Augen. Bilder tauchten auf. Vergangene Bilder.

Ich sah mich selbst im Terminal des Flughafens von Tokyo vor drei Jahren. Ich sah, dass ich nervös und unentschlossen war. Aber mein Blick sprach auch Traurigkeit aus. Ich wusste warum. Es war der Tag von Tsubasas Abreise. Er hatte an diesem Tag nicht geahnt, dass ich mich auf dem Flughafen von ihm verabschieden würde. Vielleicht hatte er angenommen, dass einander nicht mehr sehen würden. Wenn er doch nur im entferntesten geahnt hätte, wie schwer mir das alles fiel. Ich hatte niemanden davon erzählt, dass ich am Flughafen war. Ich wollte nicht, dass die anderen sehen konnten, wie sehr es mir weh tat ihn gehen lassen zu müssen. Ich war zum Gate acht gegangen, denn von dort sollte sein Flugzeug starten. Als ich um die Ecke bog, konnte ich ihn bereits auf einen Stuhl sitzen sehen. Er trug seinen Trainingsanzug und las eine Sportzeitschrift. Obwohl er mit dem Rücken zu mir saß, hatte ich kaum einen Schritt in seine Richtung getätigt, da hatte er sich schon zu mir herumgedreht "Sanae...", murmelte er und stand sofort auf und ließ dabei seine Zeitschrift achtlos auf den Boden fallen. Ich ging langsam auf ihn zu und kam kurz vor ihm zum Stehen. Uns trennten wenige Zentimeter voneinander. Er schien wie erstarrt "Ich dachte, wir würden uns nicht mehr sehen...", sprach er mir leise entgegen. Ich schaute ihm in die Augen "Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich mich nicht von dir verabschieden würde...", zwinkerte ich und lächelte, woraufhin auch er seine Lippen zu einem Grinsen verzog "Ich hatte mich schon gewundert... Aber warum der extra lange Weg nach Tokyo?".

Manchmal war Tsubasa einfach ein Dummkopf. Und so ein Augenblick, in denen er das bewies, war gerade wieder eingetreten. Ich schenkte ihm als Antwort nur einen tiefgehenden Blick. Plötzlich verloren seine Augen diesen Dummkopf-Ausdruck und ihm wurde klar, wie tief meine Gefühle für ihn waren, zumindest glaubte ich in diesem Moment, dass er dies verstanden hatte. Sicher war ich mir bis heute noch immer nicht darüber.

"Wann wirst du uns besuchen kommen?", fragte ich um vom Thema abzulenken.

"Ich weiß nicht genau...", stotterte Tsubasa überrascht über den plötzlichen Themenwechsel.

"Ich werde dir schreiben, Tsubasa-san...".

"Ich werde dir antworten...", sprach er ebenso und damit war ein stilles Versprechen zwischen uns besiegelt. Nämlich dass wir auf jeden Brief des anderen auf alle Fälle antworten würden.

Umso trauriger machte es mich, seit über zwei Monaten kein einziges Wort von ihm erhalten zu haben. Ich wusste, es könnten wichtige Gründe dahinter stehen, von welchen ich nichts ahnte, aber es war schwer noch weiter zu warten.

Die Bilder gingen weiter.

"Lass deinen Traum wahr werden, Tsubasa...", flüsterte ich ihm entgegen. Er erwiderte nichts, er sah mir nur weiterhin tief in die Augen. Mein Wunsch für ihn blieb damit im Raum stehen. Und plötzlich erklang unerwartet die ach so nette Stimme der Durchsage, die alle Fluggäste nach Sao Paolo zu Gate acht bat.

Es wurde um uns beide herum laut, da die meisten Menschen sich nun in Bewegung setzten, um Gate acht zu erreichen. Doch Tsubasa und ich blieben nur reglos inmitten der Menschenmengen stehen.

"Ich muss los...", murmelte er irgendwann. Und in mir stieg das Gefühl auf, dass er das nur widerwillig gesagt hatte.

Ich wollte alles herausschreien. Ich wollte sagen: ,Ich liebe dich! Bitte geh nicht! Flieg nicht nach Brasilien! Du kannst deine Fußballkarriere auch in Japan fortsetzen!'. Doch damit hätte ich mich nur selbst belogen, stattdessen entgegnete ich gefasst "Ja, du musst los, sonst verpasst du deinen Flug...".

Damit hatte ich ihm also wieder nicht gestanden, wie sehr ich ihn liebte, doch bevor ich zu einer Bewegung zum Gehen ansetzen konnte, hatte er mich in seine Arme gezogen. Ich war zunächst überrascht, denn so was hätte ich nie von Tsubasa erwartet, doch nach kurzer Zeit legte auch ich meine Arme um seinen Rücken und genoss einfach das gefühl ihm noch ein letztes mal so nahe sein zu dürfen. Ich spürte, dass dies ein Augenblick war, den ich niemals vergessen wollte.

Wir umarmten uns länger, als es zwischen einfachen Freunden üblich war... glaubte ich zumindest...

Als wir uns dann schließlich langsam voneinander trennten, sträubte sich etwas widerwillig in mir. Meine Lippen streiften seinen Hals, als er sich von mir löste und bevor er mir wieder in die Augen sehen konnte, gab ich ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Dabei bemerkte ich, wie er kurz den Atem anhielt. Es war ein angenehmes Gefühl, zudem glaubte ich, dass mir eine Bürde weniger von den Schultern genommen worden war, indem ich mich zu diesem Schritt überwunden hatte. Mir wurde warm und mein Herz schlug schneller. Alles ausgelöst durch einen einzigen Kuss.

Nur langsam ließ ich wieder von ihm ab und fand sogar den Mut, hinauf in sein Gesicht zu schauen. Zu meiner Verwunderung lächelte er mir sanft entgegen.

Ich lächelte zurück.

Er berührte darauf noch einmal kurz meine Hand "Pass auf dich auf, Fane", flüsterte er mir entgegen, bevor er sich nach seiner Reisetasche bückte und sich zum Gehen umwandte. Ich war sprachlos über das, was eben geschehen war. Ich begann erst zu dem Zeitpunkt zu realisieren, als Tsubasa der Flugbegleitung sein Ticket vorwies, um das Flugzeug betreten zu können.

Er drehte sich zum Abschied noch einmal um.

Dann hörten die Bilder auf und ich wurde leicht an der Schulter gerüttelt. Ich öffnete die Augen und sah meine Mutter vor mir stehen "Sanae? Bist du eingeschlafen?"

"Nein, Ma", antwortete ich knapp.

"Du hast gelächelt, während deine Augen geschlossen waren...", fügte sie hinzu.

Ich streckte mich kurz "Ja, Ma, ich weiß...".
 

***
 

Die Tage zum Freundschaftsspiel waren schnell vergangen. Ich war das ganze Wochenende über bei der Grundschulnankatsuelf, da die Jungs sich auf ein wichtiges Spiel vorbereiten mussten, welches sie am Montag austragen sollten. Ich hatte also eher weniger Zeit um mich noch einmal mit Kumi oder Ryo zu treffen. Ryo hatte Samstag früh bei mir angerufen und mir mitgeteilt, dass sich alle Spieler auf den Weg nach Tokyo machen würden, um vor dem Austragungsspiel unter Leitung von Herrn Mikami noch einmal zu trainieren. Ob Genzo und Tsubasa dabei sein würden, hatte Ryo selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfahren. Das machte mich wieder traurig. Doch zum Glück wurde ich durch das Grundschulturnier weitgehend davon abgelenkt. Außerdem blieben größere Verletzungen der kleinen Superstars auch aus. Und noch viel schöner war die Tatsache, dass Nankatsu auch dieses mal wieder ungeschlagen blieb. Diese kleinen Talente wuchsen wirklich über sich hinaus. Inzwischen war ich gemeinsam mit Kumi per Bahn in Tokyo angekommen.

"Ob Ryo schon im Stadion ist?", fragte mich Kumi jetzt scheinbar zum tausendenden Male.

"Wieso sprichst du eigentlich die ganze Zeit nur von Ryo? Die japanische Nationalmannschaft besteht aus mehr als einem Spieler..."

"Tue ich das?", fragte Kumi verdattert, worauf sie nur einen kritischen Blick von mir erhielt "Ja! Das tust du! Was ist nur los mit dir? Man könnte meinen, du hast etwas für Ryo Ishizaki übrig...", warf ich ihr lachend vor und ging weiter. Als ich merkte, dass mir Kumi nicht folgte, schaute ich zurück.

Vor mir stand eine Kumi mit gesenktem Blick, um die Wangenröte zu verbergen. Mein Kiefer klappte nach unten und meine Augen wurden größer "Nein!", sagte ich und lächelte schon bald darauf. Außerdem begann ich um Kumi herumzuschleichen, als ob ich meine Beute gefunden hätte "Seit wann?".

"Ich weiß es nicht... Ich weiß es nicht!", entgegnete Kumi kleinlaut und legte die Hände auf ihr Gesicht, als ob ihr es peinlich wäre. Ich blieb hinter ihr stehen und klopfte ihr kräftig auf den Rücken, dass sie bald vornüber gekippt wäre "Das ist toll! Ich freu mich für dich...", lachte ich und auch sie sah endlich wieder auf und begann sacht zu schmunzeln. Ich glaubte, durch dieses Geständnis von ihrer Seite, ihr näher gekommen worden zu sein. Unsere Freundschaft war tiefgreifender geworden. Und mittlerweile betrachtete ich Kumi mit ganz anderen Augen, als noch vor ein paar Jahren. Kumi war ehrlich, aufrichtig und vertrauenswürdig. Kurz: Sie war eine meiner Vertrauenspersonen geworden.

Wir lachten und machten uns gemeinsam auf den Weg zum Tokyoer Stadion. Auf den Weg dorthin stellte ich mir bereits in Gedanken alle japanischen Nationalspieler vor. Es war eine lange Zeit vergangen, seit ich das letzte mal ihrem Spiel zuschauen konnte. Es war einer dieser Tage, an welchen ich die Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüren konnte. An welchem mir ein Moment wie ein ewig währender Augenblick vorkam. Menschen gingen gemächlich an uns vorüber. Autos bewegten sich langsam. Ich zog die Luft tiefer in mich hinein als sonst. Ich fühlte mich vollkommen. Genau in diesem Moment. Hier und jetzt mit Kumi in Tokyo. Außerdem hatte ich soeben einen Moment erlebt, in welchem ich keine Sehnsucht und kein Verlangen verspürt hatte.

Als wir am Stadion angekommen waren, warteten bereits unzählige Fans vor dem Eingang.

Ich sah nur noch blau.

Fast jeder japanische Fan hatte sich ein Imitat der Nationaltrikots gekauft.

Aber was wären Kumi und ich für Fans gewesen, wenn wir unsere Trikots nicht auch sorgfältig in unseren Taschen verstaut hätten? Ich kicherte ich mich hinein. Als dann endlich der Einlass vonstatten ging, ergriff Kumi meine Hand und zog mich durch die Menge. Ich wusste nicht, wie wir so schnell an so vielen Menschen vorbei gekommen waren, aber irgendwie hatten wir es vollbracht, zwei Plätze genau hinter den Spielerbänken zu ergattern. Das war wohl der beste Blick, den man über ein Stadion haben konnte. Ich bewunderte Kumi für ihr Durchsetzungsvermögen. So was hätte ich kaum alleine fertig gebracht.

Alles fühlte sich so vertraut an. Die Musik die vom langen Warten bis zum Spielbeginn ablenkte. Der allgemeine Jubel der Zuschauer die das Stadion zum Leben erweckten. Ich erinnerte mich an meine Kindheitstage zurück. Wie ich selbst am Spielfeldrand ausgeharrt und meine Mannschaft angefeuert hatte. Seitdem war ich dem Fußball verfallen gewesen. Es war ungewöhnlich für ein Mädchen, dass eigentlich nie Fußball gespielt hatte. Trotzdem sah ich mir noch heute viele Spiele an. Schließlich kümmerte ich mich nicht umsonst um die Grundschulelf, sondern weil ich Freude daran hatte und das unbeschreibliche Gefühl, welches ich jedes mal in einem Stadion verspürte nicht misse wollte. Und genau dieses Gefühl kam nun wieder in mir zum Vorschein.

"Fane Nakazawa! Erklär mir bitte ganz schnell, warum du hier im schönsten Stadion Japans so bedrückt dreinschaust?!"

Ich hatte gerade bedrückt geschaut? Bevor ich mir über solch eine Frage Gedanken machen konnte, sollte ich wohl vielmehr herausfinden, wer mir das überhaupt gerade zugerufen hatte. Denn Kumi neben mir blickte ebenso überfordert drein wie ich.

Mein Blick ging geradewegs nach unten zu den Spielerbänken. Genau dazwischen winkte mir eine zierliche Gestalt entgegen. Die Haare offen, ganz entgegen dem, wie man sie kennen gelernt hatte.

Es handelte sich um Yukari!

Mich überkam eine Welle der Freude, als ich sie erkannte. Nie im Leben hätte ich gerade jetzt mit ihr gerechnet. Zwar hatte sie in ihrem letzten Brief geschrieben, wir würden als bald wiedersehen, aber das übertraf bei weitem alles "Was machst du hier?!", rief ich nach unten zum Feld. Doch Yukari deutete mir, dass sie sich zu uns hinauf auf die Tribüne begeben würde. Nach kurzem Warten konnte ich sie bereits auf der Treppe kommen sehen. Sie ging schneller auf uns zu und fiel uns schließlich in die Arme. Wie sehr ich sie wirklich vermisst hatte, spürte ich erst vollkommen in diesem Augenblick. Yukari hatte wohl das Gefühl bald von uns erdrückt zu werden, da sie nun versuchte sich langsam aus unserer Umklammerung zu lösen "Ich hab euch so sehr vermisst. Nie hätte ich gedacht, dass ich euch auf Anhieb in der Menschenmenge sehen würde. Aber ihr hattet euch doch tatsächlich zu den besten Plätzen vorgekämpft!", Yukari grinste.

"Wie kommt das nur?! Wie kommt es nur, dass du ohne ein einziges Wort zu sagen in Japan bist?!", das klang von meiner Seite aus vorwurfsvoller, als es eigentlich sein sollte, aber Yukari fasste es richtig auf "Hey, mich hat nichts mehr in Hamburg gehalten... Nein, Spaß beiseite, Genzo hatte gestern das Einverständnis seines Fußballclubs erhalten, für das letzte Liga-Spiel der Saison fernzubleiben, um hier an dem Freundschaftsspiel teilnehmen zu können. Und ich bin natürlich mit hierher geflogen. Ansonsten hätte ich euch sowieso allerspätestens nächste Woche mit meinem Besuch überrascht...".

Ich betrachtete Yukari genauer. Ihre Haare waren länger und ihre gesamte Ausstrahlung anziehender. Ihr schien das Leben in Hamburg zusammen mit Genzo gut zu tun. Außerdem fiel mir auf, dass sie einen V.I.P.-Ausweis an der Jacke trug. Das erklärte auch, warum sie sich am Fußballfeld bei den Spielerbänken aufhalten durfte. Den Ausweis musste ihr Genzo verschafft haben.

"Außerdem wollte ich um jeden Preis schon heute in Japan ankommen, schließlich gibt es heute etwas wichtiges zu feiern", zwinkerte Yukari uns zu und es war wohl offensichtlich, dass sie damit meinen Geburtstag meinte "Alles Gute zum Geburtstag, Sanae!", sagte sie und ergriff dabei meine Hände.

"Du glaubst nicht, wie viel es mir bedeutet, dass du hier bist, Yukari!", erwiderte ich, wobei ich glaubte gleich losheulen zu müssen.

Da bekam sie plötzlich einen anderen Ausdruck im Gesicht, sie lächelte geheimnisvoll "Bist du dir da sicher?", ihr Blick schweifte dabei von mir hinunter zum Spielfeld ab. Die japanische und französische Nationalmannschaft liefen soeben in zwei Reihen ins Stadion ein. Kraftvoll und mit erhobenem Haupt suchten die Schritte der Spieler angeführt von den vier in schwarz gekleideten Schiedsrichtern den Weg zur Spielfeldmitte. Zuerst erblickte ich Genzo der mit seinem langen und dunklen grün-schwarzen Dress aus der Fülle von blauen Trikots herausstach. Wie immer trug er sein Basecap, welches sorgfältig seine Augen verbarg, die nur im Ernstfall darunter zu erkennen waren.

Erst dann brach mein Blick zur Spitze der aufstrebenden Reihe ab. Die Trikotnummer zehn stach mir ins Auge. Ich schloss und öffnete meine Augen erneut, um mich zu vergewissern keinem Tagtraum verfallen worden zu sein.

Er war in Japan. Er stand soeben auf dem Spielfeld und konzentrierte sich auf den bevorstehenden Anpfiff.

Ich war traurig und glücklich zugleich über seine Anwesenheit. Meine Gedanken schwebten hin und her. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ich total verwirrt und durcheinander war. Tsubasa stand dort unten wie ein Fels in der Brandung mitten im Gras. Er verzog keinerlei Miene. Ich war darüber enttäuscht, dass er sich nicht bei mir gemeldet hatte. Mir nicht mitgeteilt hatte, dass er bereits in Tokyo war. Langsam kamen Zweifel in mir auf, dass ich ihm nicht halb so viel bedeutete wie er mir.

Ich musste mich setzen.

Außerdem verfiel mein Blick in ein Starren auf meine Hände, die in meinem Schoß lagen. Yukari hatte sich die ganze Situation eigentlich anders vorgestellt "Oh, das ist aber nicht der Optimismus, den ich erwartet hatte... Was hast du?", fragte sie sanft und kniete sich vor mir hin. In diesem Moment befreite sich eine einzelne Träne aus meinem Augenwinkel und suchte den Weg über meine Wange. Das war alles zu viel. Zu viele unbeantwortete Fragen. Alles auf einmal. Yukari wischte die Träne fort "Du wolltest ihn doch wiedersehen? Ist das deine Art Freude zu zeigen? Wenn ja, dann glaube ich nicht, dass du dich über meine Ankunft wirklich gefreut hast...", schmunzelte sie.

Sie versuchte immer wieder mich aus meiner Traurigkeit zu holen. Und es gelang ihr auch jedes mal. Ich begann wieder zu lächeln. Ungezwungen. Auch als Kumi dies erkannte, atmete sie hörbar erleichtert aus.

Ich erhob mich wieder und legte meine Hände vor mir auf das Geländer. Yukari und Kumi waren an meiner Seite. Wieder erregte das Geschehen auf dem Spielfeld meine Aufmerksamkeit. Mittlerweile hatten bereits beide Mannschaften ihre Aufstellung auf dem Grün eingenommen. Japan hatte den Anstoß eingeholt. An der Mittellinie stand Tsubasa gemeinsam mit Kojiro. Nahe hinter beiden hatte Taro seinen Platz eingenommen. Weiter hinten hatte ich Ryo erkannt, der sehr entschlossen wirkte.

Mir fiel auf, dass sich Tsubasa sie Zuschauerränke ansah. Das war für ich ungewöhnlich, da normalerweise ab diesem Zeitpunkt bereits seine Augen am Leder hafteten.

Dann drehte er sich in unsere Richtung und verharrte. Obwohl ich seine Augen nicht genau erkennen konnte, wusste ich irgendwie, dass er uns entdeckt hatte.

Und plötzlich lächelte er. Er hatte sich weder abgewandt noch in sonst einer Weise bewegt.

Er lächelte einfach nur sanft. Und da wusste ich, dass dieses Spiel wichtig war. Für ihn und für mich. Denn ich würde die gesamte Zeit hier sein und mit ihm mitfühlen.

Geständnisse

Greetings @ all,

kurz vor Weihnachten hab ich mich noch einmal aufgerafft, ein neues Kapitel zu beenden, ich hoffe, es gefällt euch :o) Kommentare werden jederzeit in Empfang genommen ;o)

Dabei möchte ich mich noch ganz besonders bei meinen fleißigen Kommi-Schreibern bedanken, especially:

Kathryn24, Lorelei89, mimi_alis und Iatreia-chan, ihr seid die Besten! Und dann bedank ich mich noch ganz lieb bei Fiepsy, steffinator, FluchderKaribik und Kerry für eure Kommis! Daaaaaanke!

Ich wünsche allen animexx-Fans Frohe Weihnachten und nen Guten Rutsch!
 

LG DKrisi
 

GESTÄNDNISSE
 

Das Spiel war einzigartig gewesen. Zu Beginn der ersten Halbzeit wartete Frankreich mit einigen Toren auf. Sobald sie sich in die Enge getrieben fühlten, wandten sie die Abseitsfalle an. Durch einige Unaufmerksamkeit seitens der japanischen Mannschaft glückte die Falle sogar zweimal. Als dann nach dreißig Minuten noch immer kein Tor gefallen war, begannen sich die Gemüter zu erhitzen.

Das Spiel aller Stürmer wurde aggressiver. Doch der Captain hatte das Mittelfeld unter Kontrolle. Japan war geduldiger und spielte nicht so überhastet wie Frankreich.

Jeder Spielzug war durchdacht gewesen, weshalb Kojiro auch das erste Tor dieser Partie schoss. Also ging Japan mit einem Tor in Führung in die Pause.

Natürlich hatten wir Heimvorteil, was es der gegnerischen Mannschaft sichtlich erschwerte voran zu kommen.

Nach Ende der Pause marschierten die Nationalspieler wieder auf das Grün, jeder einzelne fest entschlossen Tore zu schießen.

Einmal konnte Pierre einen Zweikampf gegen Tsubasa für sich entscheiden. Ein einziges Mal nur in diesem Aufeinandertreffen. Doch dieses Mal hatte es zur Folge, dass Pierre dadurch einen Treffer gegen Genzo landete. Wakabayashi ärgerte ich laut über dieses Missgeschick. Aber sein Kampfgeist war damit erst herausgefordert wurden.

Er begann die Defensive zu leiten, was sich ungeheuer positiv auf den gesamten Spielfluss auswirkte. Bald hatte Frankreich keinerlei Möglichkeit mehr, auch nur bis zum Strafraum vorzudringen. Pierre und Napoleon begannen sichtlich zu verzweifeln und zogen sich als Abwehrspieler zurück, da die japanische Mannschaft an Überhand gewann.

Damit war die französische Abwehr gestärkt.

In der zweiten Halbzeit fiel dann nur noch ein Tor.

Aber diese wurde von Japan verwirklicht. Wir hatten gewonnen!

Pierre und Tsubasa schüttelten einander die Hände. Dies war mit Abstand immer das schönste Szenario, wenn internationale Mannschaften aufeinander trafen. Es zeigte die Freundschaft der verschiedenen Nationen.

Als die Zuschauer dies sahen, jubelten sie ohrenbetäubend. Das Übungsspiel hatte sich gelohnt.

Dann machte sich die japanische Elf bereit dem Publikum für die lautstarke Unterstützung zu danken. Dazu stellten sich alle in einer Linie auf und blickten zu den Zuschauerränken hinauf.

Da wehrte sich plötzlich der Gedanke in mir, Tsubasa jetzt in die Augen zu schauen.

Ich wusste nicht warum. Aber wahrscheinlich war ich auf eine Begegnung mit ihm einfach noch nicht vorbereitet. Ich war mir ja noch nicht einmal über meine Gefühle im Klaren. Ich musste hier weg. Ich sagte Kumi und Yukari, dass ich vor dem Stadion warten würde.
 

Nahe vor den Eingängen war der Tokyoer Park angesiedelt. Am Rande dieses Parks standen vereinzelt schneeweiße Bänke aus Holz.

Ich wählte eine aus, setzte mich und hatte nun einen genauen Blick auf den Hauptausgang des Stadions.

Es verging eine lange Zeit. Die Sonne stand nun schon sehr tief. Nach einer guten Stunde war Kumi zu mir gestoßen. Sie hatte gesagt, dass sie nun unbedingt nach Hause müsse und mich gebeten sie zu begleiten. Ich hatte abgelehnt. Ihr war klar, dass ich nur auf ihn wartete. Dabei berichtete sie mir, dass die Nationalelf Interviews führte, was wohl noch einige Zeit beanspruchen konnte. Kumi meinte außerdem, dass ich heute Abend unbedingt in die Nankatsu-Nachtbar kommen sollte. Nichts und niemand sollte mich davon abhalten, nicht einmal er, hatte sie gesagt.

Und ich wusste natürlich, was geplant war. Insgeheim konnte sich Kumi das eigentlich denken.

Ich hatte ihr versprochen pünktlich zu kommen. Danach hatten wir uns voneinander verabschiedet.

Yukari war ebenfalls im Presseraum, um sich die Meinung Genzos zum Spiel anzuhören. Außerdem hatte ich darum gebeten allein zu sein.

Der riesige grauasphaltierte Platz vor dem Stadion war nun beinahe menschenleer. Die Fans hatten keinen Zutritt zum Presseraum, weshalb der größte Teil nun schon den Heimweg angetreten hatte, um sich die Übertragung der Interviews im Fernsehen anschauen zu können. Die wenigsten erhofften sich noch ein Autogramm von den Nationalspielern. Dennoch harrten einige vor dem Stadion aus. Wartend auf ein Wunder.

Sie sollten ihr Wunder bekommen.

Nach einer weiteren langen Stunde, fragte ich mich langsam, worauf ,ich' eigentlich wartete. Was erhoffte ich mir, wenn ich mir hier die Beine in den Bauch stand?

Er hatte in den letzten Monaten nicht mehr auf meine Briefe geantwortet, warum sollte er wohl gerade jetzt meine Nähe suchen.

Ich begann zu zweifeln. Wieder einmal.

Als ich noch dazu auf meine Uhr schaute, wurde mir außerdem bewusst, dass ich schon jetzt spät dran war, wenn ich meine eigene Geburtstagsparty nicht versäumen wollte.

Ich beschloss den Rückweg anzutreten und kehrte dem Stadion den Rücken zu.

In diesem Moment trat ein junger Mann durch den Hauptausgang, der von Yukari in Erfahrung hatte bringen können, dass ich mich vor dem Stadion aufhielt.

Ich sah nicht, wie er mich entdeckt hatte. Auf dem Weg zum Bahnhof.

Ich hörte nicht, wie er meinen Namen rief.

Ich bemerkte nicht, wie daraufhin die letzten wartenden Fans ihn als den Kapitän der japanischen Nationalmannschaft erkannten.

Und erst recht erkannte ich nicht, wie die Fans ihn auf einmal umringten und förmlich nach Autogrammen bettelten. Er hatte keine Möglichkeit mehr, dem zu entfliehen.

Zuletzt sah ich nicht, wie er mir traurige Blicke zukommen ließ.

Denn ich... Ich hatte mich auf den Weg nach Hause begeben.
 

***
 

Es war gegen neun Uhr abends, als ich mich für das Treffen in der Nankatsu-Bar fertig machte. Ich entzündete eine Duftkerze und ließ das Radio leise rhythmische Musik ertönen. So konnte ich mich am besten entspannen, bevor wahrscheinlich Dutzende von Glückwünschen in Zusammenhang mit lauter Musik auf mich niederprasselten.

Aus meinem Schrank blitzte mir mein schwarzes Trägerkleid entgegen. Nicht zu weit ausgeschnitten und der Rock weitfächerig bis zu den Knien. Darin fühlte ich mich wohl.

Außerdem glaubte ich, dass es zu diesem Anlass angemessen war. Noch dazu kam aber auch, dass Kleidungspflicht in der Nachtbar herrschte. Wahrscheinlich wollte Kumi um jeden Preis verhindern, dass die anderen im Alltagsoutfit auf der Party aufkreuzten.

Als ich im Bad war, um noch einmal meine Haare durchzukämmen, fiel mein Blick durch den Türrahmen in mein Zimmer zurück. Auf eine kleine Schachtel die auf der Tischoberfläche lag.

Ich wusste, was sich darin befand, wunderte mich aber, dass die Schachtel nicht in der Schublade verstaut war.

Ich musste es wohl vergessen haben. Ich schaute wieder in den Spiegel vor mir. Doch meine Gedanken hafteten an dem Kästchen. Als ich im Bad fertig war, ging ich zurück in mein Zimmer, um das Radio auszuschalten und das Kerzenlicht zu löschen.

Dann griff ich nach meiner Handtasche, die ich bereits auf das Bett gelegt hatte.

Ich war spät dran.

Ich wollte das Zimmer verlassen, da erinnerte ich mich wieder an das schwarze Samtkästchen. Heute fiel es mir schwer mich dafür oder dagegen zu entscheiden. Ich schritt zum Schreibtisch hinüber und öffnete es.

Die Anstecknadel funkelte mir entgegen. Ich seufzte und wurde wieder schwach. Meine Finger berührten die glatte silberne Oberfläche der Nadel. Da wusste ich, ich würde heute Abend einen Fußballanstecker an dem schwarzen Träger meines Kleides tragen.

Draußen war es schon finster, aber zum Glück war der Club nur einige Blocks entfernt.

Die Nacht war klar und frisch. Und auf den Strassen war es bereits so ruhig, dass meine Schuhe bei jedem Schritt wiederhallten.

Es kam selten vor, dass ich zu solch einer Zeit umherlief. Normalerweise war einer der Fußballer nicht weit.

Doch es sollte anders kommen.

Eine Querstrasse vor dem Club, in welchem ich erwartet wurde, erkannte ich eine dunkle Gestalt vor mir, die sich gegen einen Zaun lehnte.

In der Hand war etwas Rundes zu sehen. Sofort glaubte ich, einen Fußball ausgemacht zu haben.

Ich blieb stehen und verharrte. Mein Herz schlug schneller und meine Hände zitterten. Pure Nervosität machte sich breit.

Die Frage war doch: War ich bereit?

Der Schatten verflog und ins Licht trat, wie geahnt, ein junger Mann.

Doch er hielt keinen Fußball in der Hand, sondern einen rund gesteckten Strauß roter Rosen.

Als ich kurz davor zum Stehen kam, schaute ich von den Blumen auf in das noch unbekannte Gesicht.

Es war Rokiru, der mir schüchterne Blicke zuwarf.

Als ich ihn wirklich wahrgenommen hatte, musste mein Gesicht eingeschlafen sein. Ich war perplex. Am wenigsten hatte ich mit meinem Studienkommilitonen gerechnet. Und noch weniger wohl damit, dass er mit einem Strauß roter Rosen in der Nacht meines Geburtstages auf mich wartete.

"Alles Gute, Fane...", flüsterte er in die Dunkelheit "ich hoffe, es ist okay, wenn ich dir das schenke?", dabei streckte er mir den Blumenstrauß entgegen.

Langsam beschlich mich das Gefühl, dass Rokiru wohl mehr als ein einfacher Freund für mich sein wollte. Verschüchterte Blicke, ständige Einladungen zum Mittagessen, das regelmäßige Abholen vom Nankatsu-Sportplatz nach dem Grundschultraining.

Wie konnte ich nur so blind gewesen sein? Jetzt stand er mit einem Strauß Rosen hier, der mir die gesamte Wahrheit offenbarte.

Hatte Rokiru etwa gemerkt, dass ich ihn nur als Freund sah und tat er dies nun um mich endlich wachzurütteln?

Ich bekam keinen Ton heraus. Rokiru hingegen ließ sich davon nicht beirren "Darf ich dich in die Nankatsu-Nachtbar begleiten?".

Aha. Ihm war bekannt, wohin ich gehen wollte. Wahrscheinlich wusste er damit auch von der Party. Kumi hatte ihn sicher mit eingeladen. Sie kannte Rokiru auch. Wir waren oft alle zusammen auf dem Campus gewesen.

Endlich nahm ich die Rosen von ihm an und nickte leicht.

Verstohlen gingen wir einige Schritte nebeneinander her, als Rokiru meinte "Ich hoffe, du fühlst dich jetzt nicht von mir überrannt, Fane. Kumi hatte mich gefragt, ob ich mit auf die Party kommen wolle. Das hab ich natürlich nicht abgeschlagen, denn ich wollte sehr gern deinen Geburtstag mit dir feiern...", er schaute zu Boden und fügte dann murmelnd hinzu "ich bin nämlich sehr gern in deiner Nähe".

Etwas durchzuckte mich augenblicklich. Er hatte es gesagt. Genau da war das kleine Geständnis eben gewesen.

"Danke für die Blumen", brach es plötzlich aus mir heraus, worauf ich nur einen Überraschten Gesichtsausdruck von Rokiru erntete.

Es wurde wieder zwischen uns still. Ich machte mir dabei über die Beziehung zu ihm Gedanken. Nie hatte ich ihn als festen Freund betrachtet. Heute Abend müsste ich mich entscheiden, ob ich so einen Schritt je in Erwägung ziehen würde.

Nein. Es ging nicht. Er war ein Freund.

Ein lieber Freund. Doch wie gut konnte ich nachvollziehen, wie er sich in den letzten Wochen gefühlt haben musste. Immer das Gefühl bei sich tragend, von der Liebe übergangen worden zu sein.

Ich spürte es selbst schon so lang.

Ich blieb plötzlich reglos inmitten auf der Strasse stehen. Mein Begleiter drehte sich überrascht zu mir herum.

"Es tut mir leid, Rokiru", begann ich traurig "ich mag dich wirklich sehr, aber nicht so wie du dir das wünschst. Glaub mir, wenn ich dir sage, dass du jemand anderen finden wirst, der das gleiche für dich empfindet, wie du das im Augenblick tust...".

Er atmete ein paar mal durch, bevor er leise antwortete "Irgendwie hatte ich mir schon gedacht, dass du so etwas sagen würdest... ich kenne dich einfach zu gut...", er hielt kurz inne und überlegte "Ich habe halt gegen diesen Tsubasa keine Chance. Aber eins möchte ich sagen: Dieser Tsubasa hat dich nicht verdient. Wenn er soviel für dich empfinden würde, wie ich, dann würde er jetzt hier an meiner stelle stehen und dir diese Blumen schenken."

Es war nicht böse von ihm gemeint, was er eben gesagt hatte. Er war lediglich ehrlich mit seinen Gefühlen gegenüber mir. Und ich musste zugeben, dass er nicht ganz Unrecht hatte.

Doch ich hatte nicht aus diesem Grund die Art von Wahl getroffen "Ich verstehe, was du meinst, aber ich weiß auch, dass die Freundschaft zwischen dir und mir ein Leben lang halten wird. Eine Beziehung aber möglicherweise nicht. Und ich bin mir darüber im Klaren, dass ich diese Freundschaft mit dir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen möchte. Dafür ist sie mir zu wichtig...", mit diesen Worten bewegte ich ihn wieder dazu mir in die Augen zu sehen "Du hast vermutlich recht, auch wenn es mir schwer fällt das zu sagen...", er begann plötzlich zu lächeln und deutete in Richtung Nachtbar, die jetzt genau vor uns lag "Ich hoffe, ich kann trotzdem dein heutiger Begleiter bleiben?".

"Da musst du nicht zweimal fragen, Rokiru...", entgegnete ich und reichte ihm meinen Arm. Zusammen ließen wir die letzten Meter hinter uns und steuerten geradewegs den Eingang der Nachtbar entgegen.

Man konnte schon hier peppige Musik und gedämpfte Stimmen darunter wahrnehmen.

Wir durchschritten den langen Flur, vorbei an der Garderobe und standen nun am obigen Ende der Treppe, die hinunter zum Saal führte. Schwaches Licht erfüllte den Raum, wie in fast jeder Nachtbar. Zu meiner Linken auf gleicher Höhe befanden sich mehrere Sitzgelegenheiten, was ähnlich einer Art Veranda gestaltet war. Vier breite Säulen waren symmetrisch zueinander im Saal mit eingebaut worden, was dem Ganzen eine rustikale Ader verlieh. Am Fuße der Treppe reichte der Tanzbereich tief in den Raum hinein. Dahingehend zur Rechten war in einem Halbkreis eine breite hölzerne Bar errichtet worden. Hohe Hocker umsäumten diese und gewährten Einblicke in die Schnelligkeit und Wendigkeit der Barkeeper.

Rokiru deutete mir die Treppe hinabzugehen und es dauerte nicht lang, bis die ersten Freunde zu mir liefen und erste Geburtstagswünsche ausschütteten.

Es waren alle da. Na ja, fast alle.

Nachdem ich Ryo, Kisugi, Marmuro und die anderen aus der alten Nankatsu-Mannschaft begrüßt hatte, fiel mein Blick zurück zur Bar, wo sich Genzo auf einem der Barhocker niedergelassen hatte und mir entgegengrinste.

"Entschuldigst du mich bitte kurz, Rokiru?", ich wartete erst gar keine Antwort von ihm ab, was sehr unhöflich war, doch als ich zurückblickte, konnte ich sehen, dass sich Kumi Rokiru griff und ihn den anderen vorstellte.

Ich ging weiter und stand plötzlich vor Genzo. Nicht einmal hier in der Nachtbar, wo es sowieso schon relativ dunkel war, konnte er nicht auf sein Basekap verzichten.

Seine Augen musterten mich.

"Du hast heute gut gespielt", sagte ich achselzuckend als Begrüßung.

"Oh, na dank ich dir, Betreuerin", entgegnete er lachend, worauf ich lapidar erwiderte "Diese Bezeichnung ist für dich bereits verjährt".

"Komm her, Fane! Lass dich umarmen", Genzo erhob sich und zog mich zu sich. Mir wurde bewusst, um wie viel größer er mir gegenüber doch geworden war. Er murmelte mir Geburtstagswünsche ins Ohr und ich fand es schön, einen so langjährigen Freund endlich einmal wiederzusehen. Schließlich kannte ich Wakabayashi seit der Grundschulzeit und es war schon erstaunlich, wie er sich entwickelt hatte.

Plötzlich vernahm ich hinter mir, eine mir sehr wohlbekannte Stimme "Hey, muss ich mir über euch zwei Gedanken machen?"

Ich löste mich aus der Umarmung und drehte mich um. Vor mir stand eine lächelnde Yukari mit zwei Cocktails beladen, woraufhin sie mir auch sofort einen davon in die Hand drückte.

"Na Yukari, wer wird denn eifersüchtig sein? ,Du' bist und bleibst unter allen meine Lieblingsbetreuerin", verteidigte sich Genzo schnell mit einem Augenzwinkern in meine Richtung, während Yukari grinste und sich auf seine Schulter lehnte.

Es war schön mit anzusehen, wie gut sich beide verstanden und aufeinander eingespielt waren. Sie neckten sich und lachten miteinander, als ob sie sich schon ewig kennen würden. Dabei hatte Genzo Yukari damals eigentlich gar nicht in der Grundschule kennen gelernt, da sie erst in der Oberstufe als Betreuerin bei Nankatsu begonnen hatte. Er hatte sie nur einmal kurz gesehen, als er zu Besuch in Japan war vor einigen Jahren. Tja, und der Rest der Geschichte ist ja bekannt.

Ungelogen waren die beiden das ideale Paar und es machte mich zufrieden Yukari so glücklich zu sehen. Man konnte sie wirklich beneiden. Genzo war ein toller Fang. Er war attraktiv und intelligent. Manchmal vielleicht ein wenig zu arrogant, aber diese dicke Fell musste sich ein Profifußballer wohl stricken, damit man in der Profiliga bestehen konnte.

Doch Yukari schien das im Griff zu haben. Genzo erschien in ihrer Nähe wie ein zahmes Hündchen. Bei diesem Gedanke musst ich unweigerlich schmunzeln.

"Wer ist dieser Kerl, der dich heute Abend begleitet?", fragte Wakabayashi auf einmal und holte mich damit in die Realität zurück.

Ich starrte ihn an und zögerte kurz "Er ist ein Kommilitone von mir...".

"Hat er auch einen Namen, Fane?"

"Rokiru Kanamura"

"Hast du von ihm den Strauß Rosen bekommen, den du vorhin hier hereingetragen hast?", fragte er weiter.

"Was soll die Ausfragerei?", gab ich etwas spitz zurück, worauf Genzo mir einen langen Blick schenkte, der etwas vorwurfsvoll wirkte.

Was wollte er damit zur Sprache bringen? Es ging doch hier hoffentlich nicht um Tsubasa.

Aber wenn ich es mir recht überlegte, hatte ich diesen Blick den Genzo mir zuwarf, zum Teil auch schon bei den anderen bei meiner Ankunft hier gesehen. Wunderten sich etwa alle, dass ich mit einem anderen, noch dazu fremden Mann hier aufkreuzte?

Wenn meine Freunde doch nur wüssten, wie sich Tsubasa in den letzten Monaten mir gegenüber verhalten hatte. Ich hatte allen Grund mit jemand anderem hierher zu kommen.

Ach, hör auf dich selbst zu belügen, Fane! Noch vor einer halben Stunde, hatte ich gar keinen Begleiter. Da war ich auf dem besten Wege, allein zur Party zu gehen.

Ich blickte Genzo wieder in die Augen.

Irgendwie konnte ich mir vorstellen, dass Wakabayashi Kontakt mit Tsubasa hatte. Weniger konnte ich mir jedoch vorstellen, dass sich die beiden über mich als Gesprächsthema unterhielten. Das war nicht Tsubasas Art, weshalb ich zu dem Schluss kam, dass Genzo mich das eben wohl aus persönlichem Interesse gefragt hatte.

Yukari warf mir beschwichtigende Blicke zu, um mich zu beruhigen.

"Sei mir nicht böse, Genzo, aber das was zur Zeit in meinem Leben diesbezüglich passiert, geht dich nichts an...", platzte es aus mir heraus und das wohl in einem schrofferen Ton als es gut war.

Er hatte mit dieser Aussage die Anspielung auf Tsubasa bemerkt, da er leicht zu nicken begann.

Ich wollte mich umdrehen um zu gehen, da sprang Genzo plötzlich von seinem Barhocker auf und hielt mich am Arm fest "Es tut mir leid. Ja, du hast recht, es geht mich nichts an und ich entschuldige mich für diesen Vorwurf", sprach er sanft zu mir und ich wusste, dass ich ihm nicht lange böse sein konnte. Denn in einem konnte man Genzo immer vertrauen. Er war stets ehrlich.

"Warum durchschaust du meine Absichten nur so schnell, Fane?", fragte er mich lächelnd.

"Tja, du bist mir halt einfach nicht gewachsen, Goalkeeper", schmunzelte ich.

Doch auf einmal wurde er wieder ernst "Hör zu, ich weiß, dass sich Tsubasa in den letzten Monaten nicht bei dir gemeldet hat", auf meinen fragenden Blick hin, erklärte er weiter "Yukari hat es mir erzählt...", und für diesen Satz hatte er sich eine Kopfnuss von Yukari eingehandelt, die ihn schmerzlich daran erinnerte, das eben Gesagte doch eigentlich gar nicht auszuplaudern.

Aber insofern hatte ich nichts anderes erwartet. Immerhin waren die Beiden ein Paar und wohnten zusammen, da war es wohl unumgänglich, dass Yukari ihm das erzählt hatte. Außerdem war es eh schon kein großes Geheimnis mehr.

Genzo holte wieder Luft "Ich glaube, das wird sich klären. Es gibt bestimmt wichtige Gründe für sein Verhalten..."

"Dann frage ich dich, warum ist er dann nicht hier, um sie mir zu erklären?! Er ist in Japan, er war heute bei dem Spiel, wie all ihr anderen auch, warum ist er aber ,jetzt' nicht hier, Genzo?! Warum?!", die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Es war das Verlangen danach, ihn endlich wiederzusehen. So sehr hatte ich es gehofft, als ich mich auf den Weg hierher gemacht hatte.

Die Enttäuschung in mir war groß, als ich ihn hier nirgends entdecken konnte.

Genzo blickte nun bestürzt drein "Er wird sicher noch kommen. Tsubasa ist niemand, der sein Freunde vergisst...".

Ich unterbrach ihn "Ja ,Freunde', genau das bin ich... Ein Freund für ihn", zischte ich ironisch und Wakabayashi merkte, dass er einen wunden Punkt in mir getroffen hatte.

Da griff auf einmal jemand von hinten an meine Schulter, sodass wir gezwungen waren, unser Gespräch zu unterbrechen.

Als ich mich umdrehte, strahlte mir Taro entgegen. Ein Anblick bei dem ich wieder lächeln konnte. Stürmisch fiel er mir um den Hals. Auch ihn drückte ich fest an mich.

"Fane! Ich wünsch dir das Beste! Du hast es verdient! Alles alles Gute zu deinem Geburtstag!"

"Na du alter Franzose! Geht's dir gut?!", neckte ich ihn zurück und grinste ebenfalls übers ganze Gesicht "Du hast heute super Vorlagen abgeliefert und Pierre hatte es sich sichtlich schwer, dir einen Ball abzunehmen. Man erkennt bei dir die französische Technik wieder!"

Taro zwinkerte mir zu "Na, das muss ich schnell ändern, schließlich bin ich doch Vollblut-Japaner!"

"Das möchte ich wohl hoffen!", ließ meine Antwort nicht lange auf sich warten.

"Was meinst du, möchtest du mit mir tanzen?"

Ich dachte kurz über die Aufforderung von Taro nach. Und eigentlich hätte ich sofort zugesagt, wäre mein Blick da nicht auf Rokiru gefallen, der allein und abseits an der Tanzfläche stand und still die anderen Gäste beobachtete.

Mein Entschluss stand fest "Tut mir leid, Taro, aber können wir da noch einmal später drauf zurückkommen?".

Er nickte leicht verwirrt als Zustimmung.

Ich tauschte noch einen Blick mit Yukari und Genzo, bevor ich zu meinem eigentlichen Begleiter für diesen Abend hinüberging.

Ich stupste ihn an. Er schien ein wenig überrascht.

"Hey! Möchtest du tanzen?", fragte ich offen heraus und zog ihn auf die Tanzfläche.



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Kommentare zu dieser Fanfic (21)
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Von:  ChilliSchote
2007-09-13T15:02:34+00:00 13.09.2007 17:02
die Story ist einfach super gut
du musst sie unbedingt zu Ende schreiben
du hast gar keine andere wahl bei so vielen Fans ...

büddde büdde büdddee
Von: abgemeldet
2007-09-07T09:43:34+00:00 07.09.2007 11:43
so und wo ist der rest der geschichte....bitte antworten^^
Von:  Gedankenchaotin
2007-06-05T11:56:30+00:00 05.06.2007 13:56
Hey, ih kann mich nur anschliessen.. find die Story tollig und bin schon auf eine Fortsetzung gespannt..

LG Qui
Von: abgemeldet
2006-08-03T10:17:27+00:00 03.08.2006 12:17
Wie herzergerifend, ich hoffe dsa Tsubasa woirklich gute gründe dafür hatte sich nicht zu melden...deise geschichte gefällt mir wirklich gut, ich leibe dieses Pairing sehr udn ich hoffe das du bald weiter schreibst!^^

Lg^^
Von:  moonlight_82
2006-01-09T11:57:27+00:00 09.01.2006 12:57
Da guckste, was? Ich habe mit Schrecken festgestellt, dass ich dir noch gar keinen Kommi hinterlassen habe. Und da dachte ich mir, dass ich das ganz schnell ändern muss.
Die Story ist wirklich gut, ein sehr schöner Gedanke, den du aufgreifst. Ich bin - wie immer - mächtig gespannt, was du dir für den weiteren Verlauf hast ausgedacht. Lass uns nicht lange warten und schnapp dir die Tasta.
"Verlangen und Freundschaft" - der Titel verspricht viel.
LG Mooni :D
Von: abgemeldet
2005-12-29T21:14:45+00:00 29.12.2005 22:14
Hey^^

Danke dir für die ENS! Also echt...WOW! Dieses Chap hat mir gefallen, genauso wie die anderen. Du hast einen sehr schönen Schreibstil. Toll finde ich auch wie du auf Fane's Gefühle eingehst, d.h. sie richtig toll beschreibst.
Mir haben ebenfalls Yukari und Genzo gefallen^^
schreib also weiter!!!!

cu Sarah_Jane
Von: abgemeldet
2005-12-26T17:09:27+00:00 26.12.2005 18:09
Mit dem Kappi hast echt du mein Interesse geweckt. Ich will nämlich wissen wie es weiter geht. Ob Tsubasa endlich auftaucht und einen guten Grund für sein vollidiotisches Verhalten haben wird?
Schön find ich, dass sich Yukari Genzo so toll verstehen. Man kann nur hoffen, dass sie imstande ist, ihn dazuzubringen, sein Kap endlich in Ruhe zu lassen
Naja, dafür dass Fane Taros Vorschlag ablehnte, muss ich wohl eingreifen.
*sich Taro zu tanzen schnappt* ^.^v
Also ich wünsche mir schnell eine Fortsetzung!
*wink*
mimi
Von:  Kathryn24
2005-12-26T16:57:11+00:00 26.12.2005 17:57
Wo ist Tsubasa, das ist hier die Frage. Hoffentlich hat er eine gute Entschuldigung, sonst ... na ja er ist ja nicht Ryo. Fane wird Tsubasa wohl eher keine Kopfnuss geben.
Wie üblich wieder klasse. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, LG Kath
Von:  Lorelei89
2005-12-24T09:52:38+00:00 24.12.2005 10:52
klasse kapi schreib bitte achnell weiter ok? bitte bitte

bye deine lorelei89
Von:  Derya
2005-12-23T15:01:40+00:00 23.12.2005 16:01
Danke für die ENS!^^

Wieder ein super Kapitel!
*applaudiert*
*jetzt wieder auf's nächste wartet*


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